Das Tanelorn spielt > [Cthulhu] Spawn of Azathoth

[SoA 2. Akt] Am Kaiserdamm - Fr., 16.09.1927

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Katharina:
IM AUTO

Während ich auf eine Antwort von Hans warte, blättere vorsichtig ich in dem Buch auf meinem Schoß, darauf bedacht, dass abgewetzte Material nicht noch weiter zu beanspruchen. Meine Gedanken sind ohnehin noch immer bei dem Leichenschmaus und so nehme ich erst nach einer Weile wahr, dass große Teile des Buches auf Lateinisch geschrieben sind, manche Passagen aber auch in fremdartigen Schriftzeichen verfasst sind. Ich versuche ein paar Brocken des Textes zu verstehen, vergeblich. Irritiert blicke ich die Blätter vor mir an. Der Titel klingt nach einem Einführungswerk und auch Dr. Alexander Roth hat nichts davon erwähnt, dass dieses Buch außergewöhnliche Sprachkenntnisse erfordert. Angestrent blicke ich daher auf die Schrift, bis die Symbole vor meinem Auge verschwinden. Dann zeige ich Hans eine der Passagen. "Hast du eine solche Schrift schon einmal gesehen?"

Joran:
IM AUTO

Die angespannte Stimmung verweilt nicht im Font, sondern ergreift unvermutet auch von mir Besitz. Als hätten die beiden eine nicht materielle und dennoch spürbare atmosphärische Spannung aus dem Haus der Witwe mit in den Wagen gebracht, die nun leise knisternd auf die unausweichliche Entladung wartet.

Während der Fahrt muss ich immer wieder an das Gespräch mit Lewi denken: "... von Eisensteins uneheliches Kind und sein Verhältnis zu einer ... Minderjährigen? ... der Physiker Nebolowski, der offenbar für von Eisensteins finanzielle Misere verantwortlich ist, den Mann vielleicht erpresst hat ..." Und dann sind da noch die Gesprächsfetzen, die ich durch den Speiseaufzug und zuvor im Wohnzimmer mitbekommen habe ... "Wie war das mit der Tochter? ..."

"Und was stimmt mit diesem rüde Kerl im Rollstuhl nicht? ... Dann noch die Toten, nicht zu vergessen! ... Gibt es da wohlmöglich irgendeinen Zusammenhang? ... Es wäre verwunderlich, wenn es nicht so wäre ... Wenn Menschen gewaltsam oder unter mysteriösen Umständen ums Leben kommen, geht es meistens entweder um Geld oder um Gefühle ... Eifersucht, Hass, Liebe ... Hier scheint beides in Unordnung geraten zu sein: das Finanzielle und die Gefühle!"

Ich rutsche unruhig auf meinem Sitz hin und her. Seufzend gebe ich den untauglichen Versuch auf, durch eine Veränderung meiner Sitzhaltung das ungute Gefühl zu vertreiben. Mein Blick verweilt immer wieder auf dem Rückspiegel, durch den ich verstohlen die Lohensteins beobachte.

"Was kann schon an diesem Buch so besonders sein? Warum schaut sie nicht in die Zeitungen?"

Meine Stirn legt sich in Falten, als ich erfolglos versuche, durch den Rückspiegel einen Blick auf den Buchtitel zu erhaschen.

"Und der Professor bekommt die Zähne mal wieder nicht auseinander! ... Manchmal möchte ich ihn einfach nur packen und ordentlich durchschütteln, damit sein Verstand aufwacht und zurückkommt ... von wo auch immer er dann ist!"

Resignierend schüttele ich kaum merklich den Kopf.

"Das ist sicher kein guter Augenblick, um Klatsch und Tratsch zu verbreiten. Die Lohensteins wären vermutlich eher angewidert von solchen Reden über einen Toten. Die Konversation der Herrschaft unterliegt anderen Regeln als die Gespräche der Dienstboten bei der Arbeit. ... Aber letztendlich reden 'DIE' auch über ihren Arbeitstag und unsere Arbeit, SIND nun einmal die, für die wir buckeln. Da kommt es auch schon mal vor, dass man sich ein wenig Luft macht oder einen kleinen persönlichen Ausgleich für die Unbillen des Lebens schafft. ..."

Und doch gehen mir das Kind, das Geld und Nebolowski nicht aus dem Kopf. Ich werde das Gefühl nicht los, dass hier irgendetwas gar nicht gut läuft. "Ein Gefühl, dass mir im Krieg schon das eine oder andere Mal das Leben gerettet hat. ... Nur hat damals niemand über sowas geredet."

Schlussendlich bin ich darum über mich selbst verärgert und mahne mich zur Vernunft: "Ein uneheliches Kind kommt in den besten Familien vor ... schlechte Investitionen auch ... Vergiss es einfach! ... Du wirst Dich doch von Trudi mit ihrer Neigung zu Räuberpistolen nicht aus der Spur bringen lassen!!!"

Katharina:
IM AUTO

Eine zunehmende Unruhe erfasst mich, während ich durch die Buchseiten blättere und ich rücke intuitiv eine Spur näher zu Hans. Dennoch übt dieses Werk auch eine befremdliche Faszination auf mich aus, sodass ich immer weiterlese. Oder es zumindest versuche. "Herr Anton", sage ich schließlich, ohne jedoch den Blick von den Seiten zu heben, "Sprechen Sie eigentlich irgendwelche Fremdsprachen? Sie sind ja im Krieg vielleicht ein wenig herumgekommen?"

Joran:
Im Auto

"Ich bedaure, Frau Professor! Auf der Volksschule hat man uns sowas nicht beigebracht ... und im Krieg ... nun ... da haben Franzosen nur eine andere Sprache verstanden, wenn Sie verstehen, was ich sagen will ... wir waren nun einmal nicht zum Reden dort, auch wenn zu Beginn manche glaubten, es ginge auf eine Urlaubsreise. Mit Kriegsgefangenen hatte ich auch nicht wirklich zu tun. ... Ich kann Ihnen da leider nicht behilflich sein."

Nachdem Agathe Lohenstein mich angesprochen hat, wäge ich erneut ab, ob ich nicht doch auf das Gespräch mit Lewi eingehen sollte. "Ich kann es wenigstens versuchen. Mal sehen, wie sie reagieren."

"Ich habe Ihnen die Zeitungen bereitgelegt. ... Da stehen ein paar Artikel drin ... die Sie vielleicht lesen sollten. Sie scheinen den seligen Herrn Professor von Eisenstein zu betreffen. ... Man redet hier in der Nachbarschaft darüber ... vielleicht nur Tratsch ... aber ich weiß nicht recht, mir scheint mehr dran zu sein ..."

"Dieser Physiker, Krassimir Nebolowski, hat in der Archenhold-Sternwarte gearbeitet bevor er ... nun ... vielleicht lesen Sie es besser selbst. ... Der Herr Professor von Eisenstein, Gott hab' ihn selig, soll so manchen Ärger mit diesem Mann gehabt haben. Man sieht ja jetzt, dass das ein übler Kerl zu sein scheint."

Katharina:
Im Auto

Als Herr Hempel zu verstehen gibt, dass er keine Fremdsprachen spricht, gebe ich bloß ein knappes "Schade.", von mir und lese dann weiter in dem Buch, während Herr Hempel noch spricht.

Erst als Herr Eisenstein erwähnt wird, blicke ich überrascht wieder auf und ich höre den Worten des Fahrers nun wieder bewusst zu, während ich mir die angesprochene Zeitung nehme. "Vielen Dank, sehr aufmerksam."

Rasch überfliege ich den Artikel und will ihn schon Hans reichen, als ich bemerke, dass dieser eingeschlafen ist. Kurz betrachte ich ihn, ein leichtes Lächeln auf den Lippen, bevor ich mich wieder Herrn Hempel zuwende. "Das alles ist in der Tat sehr seltsam...und interessant." Nochmals blicke ich zu Hans, diesemal jedoch um mich zu vergewissern, dass er tatsächlich schläft. Immerhin ist es nicht gerade höflich, mit dem Personal Klatsch und Tratsch über Hans Bekannte auszutauschen. Doch wie so oft ist meine Neugier einfach zu groß. "Sagen Sie, was erzählt man sich denn in der Nachbarschaft? Und warum glauben Sie, dass da mehr dahintersteckt?" Ich habe meine Stimme dabei gedämpft, obwohl der Regen, der laut gegen die Scheiben des Autos klatscht, die meisten Geräusche ohnehin verschluckt.

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