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Sword & Sorcery ... & Uzis (eine Analyse)

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Buddz:
Viele Spiele haben schon diesen Spagat versucht/geschafft und da ich selber gerade an einer Kampagne arbeitet bei welcher mir diese Kombination vorschwebt möchte ich hier ein paar Beispiele analysieren. Dabei erhoffe ich mir von der Community weitere Beispiele (gute und schlechte) und eigene Erfahrungen / Tipps.

IRL hat die Technologie klar gewonnen. Niemand rennt mehr mit Schwertern in eine Schlacht. Selbst im Häuserkampf ist man mit einem guten Sturmgewehr in den meisten Situationen besser ausgerüstet als mit einem Schwert/Messer/etc.  Um also eine (annähernde) Parität zu schaffen muss die Realität auf gewisse Art und Weise gebrochen werden - idealerweise so, dass dabei die Immersion nicht völlig flöten geht.

iirc war es Halo, welches in Computerspielen Insta-Knife Kills etablierte. Dies führte zu schönem, Skill-basiertem Gameplay. Man musste sich nur dem Sniper unbemerkt nähern und zack! fettes Grinsen auf der einen Seite und wüste Flüche auf der anderen Seite. Allerdings basiert dieses Balancing auf "schnödem Fiat". Warum macht das Messer InstaKills? Darum! Das geht sicherlich auch in einem Rollenspielkontext, aber mit ziemlicher Sicherheit kommt man dann irgendwann als SL/Designer in die Verlegenheit das zu erklären. Dennoch bietet es einen guten Ansatzpunkt: Nahkampfwaffen müssen gut sein. Sie müssen hohe Nummern haben. Ansonsten werden die Spieler sie nicht wählen.

In Shadowrun ist es ebenfalls so, dass Nahkampfwaffen (bei entsprechender Skillung) sehr effektiv sein können. Dies ist natürlich auch den Werten (Fiat) zu verdanken, hat allerdings noch ein paar andere Gründe. Zum einen ist die Bewegungsreichweite zu nennen. Dies ist hier ziemlich gut gelöst. Sowohl der Nahkampfskill als auch die Bewegunsreichweite sind von DEX abhängig. Die Bewegungsreichweite steigt zudem linear mit DEX an (entgegen z.B. DnD wo diese ziemlich fix ist). Dies führt automatisch dazu, dass Nahkämpfer (mit hohem DEX) auch die nötige Bewegungsreichweite haben um die Distanz zu den Schützen schnell zu überwinden. Zudem sind die Distanzen meist recht gering. Dies führt dazu, dass man als Nahkämpfer in den meisten Fällen sogar schon in der ersten Kampfrunde angreifen kann. Weiterhin ist es in der Welt von SR so, dass ein verzaubern von Gegenständen von deren technischer Komplexität abhängt. Dies macht es einfacher Schwerter zu verzaubern als Hi-Tech Wummen.

Zwar habe ich es nicht selber gespielt, aber ein paar Berichte darüber gelesen: Necropolis 2350 für Savage Worlds. Falls ich hier Bullshit erzähle, nehmt es mir bitte nicht krumm. Hier ist es so, dass die Hauptgegner skelettartig sind und daher gegen den typischen Beschuss durch Sturmgewehre recht resistent sind. Um sie zu besiegen müssen die Spieler (notgedrungen) näher an die Gegner heran (Schwerter, Flammenwerfer, Handgranaten). Das o.g. Gameplay entsteht also emergent aus der Spielwelt heraus.

Letztlich muss man natürlich auch noch die entsprechenden Ressourcen betrachten. Schusswaffen benötigen Munition und haben einen hohen technischen Wartungsaufwand (raffinierte Öle, spezielle Werkzeuge, Wissen, usw.) während man ein Schwert mit einem einfachen Schleifstein scharf halten kann (und selbst wenn nicht, ist es immer noch ziemlich tödlich).

Was sind also die Stellschrauben, welche beeinflusst werden könne/müssen, damit in einem Setting, welches sowohl Schwerter als auch Uzis (und Magie) enthält, die Technologie nicht auf ganzer Linie triumphiert?

* Nahkampfwaffen müssen einen (zu) hohen Damageoutput haben
* Kampfdistanzen müssen kurz sein, bzw. für Nahkämpfer einfach zu überwinden sein
* Die Nachteile von Schusswaffen (Munitionsverbrauch, Wartung, hohe Kosten) müssen zum tragen kommen
* Gegner müssen oftmals einen Resistenz gegenüber Schusswaffen haben (wie auch immer dies gerechtfertigt ist)
* Nahkampfwaffen zu verzaubern muss einfacher sein als moderne Schusswaffen
* Dezidierte Nahkämpfer müssen schwerer zu treffen sein
* Die Sperrfeuer- und Einschüchterung/Moral darf nicht zu effektiv sein
Was fällt euch zu der Thematik noch ein?

Althalus:

--- Zitat ---Warum macht das Messer InstaKills?
--- Ende Zitat ---
Weil das Bedrohungspotential tatsächlich größer ist. Durchschnittene Arterien, Nierenstiche, durchtrenntes Rückenmark ... militärischer Messerkampf (und darauf basiert die Sache ja) zielt auf genau diese Bereiche. Nahkampfwaffen haben grundsätzlich ein höheres Potential, mehr oder weniger sofort zu töten als die 08/15 Schusswaffe. Abgetrennte Körperteile führen recht schnell zum Ableben ...

Der 1-Schuss-Tod ist ein Mythos. Es ist sogar relativ schwer, einen sofort tödlichen Treffer zu setzen - weshalb militärische Waffen oft auf den Gewebeschock durch Hochgeschwindigkeit setzen. Oder eben viele Kugeln binnen kurzer Zeit ins Ziel jagen, um die Gesamtwirkung zu erhöhen.

Militärisch will man ja aber auch gar nicht primär töten. Verletzte Gegner binden Kräfte. Ein Toter ist ein Toter - ein Verletzter bindet zwei Soldaten, die ihn versorgen.

IMHO ist die Hollywood-geschuldete Vorstellung der absolut tödlichen Feuerwaffe der eigentliche Irrglaube. Inzwischen gibt's ja schon Untersuchungen die zeigen, dass Angeschossene umfallen, einfach weil sie verinnerlicht haben, dass das so sein muss - obwohl die Verletzung das gar nicht hergäbe.

So sinnlos sind Nahkampfwaffen also sicher nicht. Noch dazu sind sie leise, billig im Unterhalt und brauchen keine Munition. Das Problem ist, nahe genug an den Gegner ranzukommen ...

Gib den Nahkampfwaffen ein erhöhtes Potential für Kritische Treffer und du bist auf der richtigen Spur.

gilborn:
Schöne Überlegungen.

Ich würde sagen der Nahkämpfer selber braucht auch eine eher unrealistische Ausweichchance / Schussresistenz damit es Sinn macht (sieht man mal von einem Stealthangriff ab), was wohl z.B. bei Stealth gegeben ist.
D.h. die Resistenz gegen Schusswaffen würde ich nicht nur bei den Gegnern sehen.

Ansonsten scheint mir deine Liste schon ziemlich vollständig.

Corporation scheint ein Spiel zu sein das zu dem Thema wohl auch sehr viel richtig macht:

--- Zitat von: Quaint am  7.08.2007 | 10:32 ---Also automatische Waffen haben die Schwäche dass sie einen niedrigen Schadenswürfel haben und der jeweils seperat abgerechnet wird. Bei Zielen mit einer vernünftigen Panzerung reißt man da garnix (1w6 Einzelschaden und ein kämpferisch ausgelegter Anfangschara kann durchaus mit 4 Rüstung rumlaufen, also nur bei 5 & 6 überhaupt Schaden). Die normale Pistole ist eine der schwächeren Waffen, das ist schon richtig, aber dafür kriegt man sie gratis nachgeworfen bei Charaerschaffung, man kann zwei davon tragen mit dem richtigen Training usw.
Nahkampf schließlich räumt so auf dass es nimmer schön ist. Ich hab einen Shi-Yukiro der ein bissle darauf ausgelegt ist und der kann z.B. 2x 2w4+10 + 3x 1w6+10 Schaden machen (Katana und Wakizashi) oder gegen gut gepanzerte Gegner das Katana in beide Hände nehmen und richtig draufzwiebeln (2w4+20). Aufgrund eines Trainings kann er auch noch was er unter den Zielwert würfelt auf den Schaden addieren. Und dann gibt es noch Kampfdrogen die unter anderem die Stärke erhöhen, aber auch das Attribut welches für den eigentlichen Angriffswurf gut ist.

[...]

Dazu kommt noch die Energieschildproblematik: Es gibt sog. Hard Ion Shields die eben Fernkampf ganz passabel abhalten, zumindest so 2-3 Treffer. Bei Nahkampf machen die aber keinen Unterschied. Man kann also als "Selbstmordjapaner" mit Energieschild völlig wahnsinnig auf die Gegner zustürmen (ihre Kugeln prallen am Schild ab) und sie dann, ohne sich um ihre Schilde zu kümmern, so richtig zotig auseinandernehmen. Wenn man eine auch nur ansatzweise vernünftige Stärke hat ist Nahkampf exorbitant tödlich und effektiv.

--- Ende Zitat ---

Buddz:

--- Zitat von: Althalus am 27.02.2018 | 13:07 --- Das Problem ist, nahe genug an den Gegner ranzukommen ...

--- Ende Zitat ---

Du bringst mich da noch auf einen weiteren interessanten Punkt: Einschüchterung. Mündungsfeuer - und Knall sind bei Schusswaffen ziemlich einschüchternd. Das darf man als SL bei den Gegner dann auch nicht übertreiben. Und die Sperrfeuerregeln dürfen dann auch nicht so strikt sein, bzw. für dezidierte Nahkämpfer einfacher zu ignorieren/überwinden.

@gilborn: danke, habe den Punkt auch mal oben mit rein genommen.

Quaint:
Naja, ich würd halt auch die Magie nicht vernachlässigen, wenn die eh Teil des Settings sein soll. Schusswaffen wirken nichtmehr so überlegen, wenn die Angreifer unsichtbar sind - oder sich direkt hinter dich teleportieren. Oder eine Kugelsichere Metallhaut haben. Oder oder oder

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