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Nachladen als Spielmechanik

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Buddz:
Achtung, Anglizismen!

Das Nachladen einer Schusswaffe ist in vielen Rollenspielen eine Notwendigkeit - allerdings ist sie in den wenigsten Fällen spielmechanisch durchdacht.

Jedes Kind weiß, dass man irgendwann eine Schusswaffe nachladen muss. Aber warum muss das eine Spielmechanik sein? Bzw. was macht das mit meinem Spiel? Warum kann das nicht, wie der Toilettengang, off-screen passieren?

In den meisten Rollenspielen verliert man durch das Nachladen einen Angriff, manchmal sogar wesentlich mehr (z.B. Feuerwaffen in Lamentations of the Flame Princess, yay! 10 Runden  :gasmaskerly:). Also letztlich resultiert das Nachladen in einer Reduktion des Damage Outputs over Time. Es ist quasi eine Bestrafung, aber sie ist auch unausweichlich. Hm, klingt wenig sexy.

Zudem ist die Notwendigkeit des Nachladens oftmals an "realistische" und konkrete Magazingrößen gekoppelt (jede Patrone zählt). Ich habe z.B. lange Shadowrun gespielt und muss hart nachdenken, wann ich überhaupt mal mitten in einem Kampf nachladen musste. Ich meine aber, dass es vorgekommen ist. Sowas ist aus Spieldesign-Sicht natürlich schlecht, man möchte, dass die Mechanik benutzt wird (also spätestens in Runde 3, oder so).

Wenn das Nachladen aber eine Spielmechanik sein soll, welche den eigenen Anblick im Spiegel morgens beim Rasieren nicht nur ertragen, sondern auch genießen kann, dann muss sie mehr liefern als die sprichwörtliche Toilettengangstabelle. Idealerweise ist das Nachladen also etwas, was einen non-triviale Entscheidung seitens der Spieler erfordert, relativ häufig relevant wird und mehr ist als nur eine Bitch des Realismus.

Ich hab da mal folgende Idee für einen eher abstrakten Nachlademechanismus:
- Schusswaffen haben einen abstrakten Magazinwert (welcher sich durchaus auch an konkreten Vorbildern orientieren darf, aber nicht muss)
- Jeder Angriff hat einen variablen und zufälligen Munitionsverbrauch, z.B. einem W6 (und ja, d.h. dass ein Standardangriff aus mehreren Schüssen besteht und - nein, der Spieler kann nicht bestimmen wie oft genau sein Char den Triggerfinger krümmt)
- Der Munitionsverbrauch wird vom Magazin abgezogen
- Ist der Munitionsverbrauch höher als das Magazin macht die Waffe click! anstatt boom!, der Angriff schlägt fehlt, macht keinen Schaden und die Spielerin verbringt die Runde mit nachladen (und wahrscheinlich fluchen)
- Man kann natürlich auch schon früher freiwillig nachladen um dies zu verhindern

Was ist daran jetzt anders? Durch den abstrakten Magazinwert kann man als Designer viel besser die Werte anpassen und so tweaken, dass es Spielrelevant wird (ohne, dass jemand meckert, dass das Brauning M3 doch 43 Schuss im internen Rohrmagazin hat und nicht 34!!!). Zudem kann man super irgendwelche Kewl Pwrz (TM) erstellen, welche diese Werte verändern. Aber das muss auch nicht in Cartoons enden, man kann auch reale Waffen verwenden und deren Werte dann abschätzen (z.B. eine M16 hat einen doppelt so hohen Wert wie eine M9)

Wesentlich wichtiger ist jedoch die Situation der Spieler. Im Grenzbereich - wenn nur noch wenig Munition im Magazin ist - müssen sie eine Entscheidung treffen. Sie wissen, welchen Munitionswürfel sie werfen und können sich ausrechnen, dass sie eine ganz okaye Chance haben, aber ein Restrisiko bleibt. Gehen sie es ein, oder nicht?

So. Full Disclaimer: Keine Ahnung, ob das funktioniert - ich hab's noch nicht ausprobiert, komme mir aber gerade ziemlich clever vor.

Was meint ihr dazu? Gibt es evtl. schon Spiele welche interessante und durchdachte Nachladeregeln haben? Habt ihr noch Anregungen?

Pyromancer:
Das haben wir vor ein paar Jahren im Kontext von Savage Worlds diskutiert, da warst du sogar dabei.  :)

Buddz:
 :o mein Such-Fu muss schwach sein. Ich weiß aber, dass mich das Thema schon etwas länger beschäftigt.

OldSam:
Das kommt mir sehr schräg vor... Vielleicht könnte es in pulp games einen gewissen Unterhaltungswert bringen, aber z.B. für ein taktisches Spiel wirkt es IMHO in verschiedenen Situationen kontraproduktiv, wenn die Waffenladung zufällig ist. Manchmal passt es sicherlich cool rein und trägt zur Stimmung bei, wahrscheinlich ist es aber oft auch gegenteilig, für die Stimmung/Dramaturgie eher ungünstig. (Eben Zufall)

Bspw. zwei Spieler haben beide das gleiche Sturmgewehr schießen jeweils ihre 1. Salve ab, in einem Stellungsgefecht.
Spieler a) Gib mir Deckung!
Spieler b) Alles klar! *schießt* ...Spieler a rennt los... *klick* Die Waffe von a ist vorschnell plötzlich leer.
...nun hat b keine Feuerdeckung (sondern Probleme), kann aber selbst noch schießen, weil sein Magazin kein Montagsprodukt (?) ist. ...mysteriöser Zwischenfall, wo nicht einmal etwas Besonderes Einfluss genommen hätte...  wtf?

---

Ich würde ja eher in die Richtung denken, dass man erlauben könnte <während> des Nachladens z.B. eine zusätzliche freie Handlung zu machen... (z.B. evtl. parallel ausgeführte Nahkampf-Tritte... ;))
(mit einem gewissen Augenzwinkern in Richtung der Action Movie Klischees)

Zusätzliche Optionen/kleine Vorteile geben beim Nachladen (ganz allgemein) würde jedenfalls genau da Handlungs-Raum schaffen, wo Du ihn haben willst und würde für mich persönlich auch sehr viel mehr Sinn ergeben als sich zufällig leerende Magazine. Schön fände ich, dass das auch in das typische Filmmuster passt, wo ja auch meistens "nebenbei" geladen wird, während noch irgendwas anderes abläuft...

Quaint:
Naja, warum nicht einfach Boni für mehr Kugeln geben? Und dann können die Spieler abwägen, ob sie absurd viele Kugeln raushauen und dann schnell das Magazin leer haben, oder ob sie eher kontrolliert schießen und dann quasi mit einem Magazin gleich drei Gefechte durchhalten.

Und realistisch betrachtet: Bei Dauerfeuer ist so ein Sturmgewehrmagazin von 30 Kugeln in 2 bis 3 Sekunden weg. Das ist natürlich taktisch meist nicht sinnvoll, aber manche Systeme bieten ja die Möglichkeit auch garnicht. Gerade Shadowrun ist mir da als notorisch im Gedächtnis geblieben: eine Waffe mehr Kapazität als die nächste, aber mal so richtig den Rambo machen dann wieder regelseitig vermiest bis unmöglich gemacht. Und dann fragt man sich, warum Munitionskosten und Nachladen eher ausnahmsweise mal eine Thema sind.
Und auch bei halbautomatischen Waffen: ein halbwegs geübter Schütze kann durchaus 5mal die Sekunde den Finger krumm machen, aber Rollenspielregeln, wo man in einer Runde eine Pistole komplett leer schießen kann sind dann wieder die Ausnahme.

Wir hatten mal bei einer cyberpunkigen Exalted Modern Runde viel Spaß mit sowas, da konnte man sich auch ne Gatling kaufen, dicken Munitionsrucksack auf den Rücken, und ab geht die Luzi. Dass dann allerdings die meinetwegen 500 Kugeln im Rucksack bei 50 Kugeln pro Sekunde auch ned ewig reichen, und man dann beim dritten Gefecht des Einsatzes doch wieder mit der lumpigen Pistole dasteht, oder mit irgendwas, was man halt aufgesammelt hat, das war dann halt auch so. War aber durchaus auch bissle pulpig. Was hatten wir einen Spaß!

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