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[Age of the rising Sun] Überlegungen zu einem Solarpunk-Setting
Waldviech:
Stümmt - jetzt wo Du es sagst - die Grundidee ist tatsächlich die gleiche. Und das in diesem Falle sogar unbeabsichtigt ;D. Aber das Grundkonzept der "weltrettenden Geheimorganisation" ist meines Erachtens tatsächlich eine sehr gute, wenn es darum geht, die klassische, diverse Abenteurergruppe in einem vergleichsweise modernen Setting einigermaßen plausibel zu verorten. Und wo wir gerade bei Eclipse Phase sind:
Wie sicher schon aufgefallen ist, ist die Welt im Age of the rising Sun im Vergleich tatsächlich nur moderat futuristisch, was High-Tech angeht. Der springende Punkt an den vorkommenden Technologien wie solargetriebenen Magnetschwebebahnen und Zeppelinen, Dieselalgen, Hochhausfarmen u.ä. wäre tatsächlich eher, das sie (und wenns nur im Rahmen der Fiktion ist) nachhaltig sind und so, im Gegensatz zu diversen problematischen Technologien des Erdölzeitalters, der Menschheit potentiell eine laaaaaaaaaaaange Zukunft ermöglichen. In den Metropolen darf (und soll!) es durchaus Dinge geben wie Roboter, Cybernetzwerke, Hologramme und ähnlich beeindruckendes Zeugs - doch im Vergleich zu wirklich transhumanen Settings ist das AosS doch eher "lowtech" zu nennen. Nicht anders als heutzutage auch ist Hightech auf der Welt eher ungleich verteilt und da es durchaus solche Dinge wie weiter entwickelte 3D-Drucker gibt, nicht selten auch eher eine "individuelle" Angelegenheit. Vielleicht ließe sich das Ganze so aufschlüsseln:
- ein großer Teil der landlebenden Bevölkerung lebt auf einem Technologieniveau, das man grob als "mit etwas Hightech abgeschmecktes, spätes 19. Jahrhundert" bezeichnen könnte. Wer als Zeitreisender einfach nur durch ein Dorf stolpert, wähnt sich vielleicht erst einmal im Wilden Westen, bis ihm auffällt, dass der Sheriff ein Funkgerät hat und ein (wasserstoffgetriebenes) Motorad fährt, der Salloon Solarzellen hat und jeder Einwohner standardmäßig gegen HIV geimpft wurde. Wie nun der allgemeine Grad an Recht und Ordnung ist, hängt davon ab, wo genau man sich befindet. Das desolate Russland und Mexico abseits der großen Städte erinnert vielleicht eher an Fallout, ländliche Gegenden der USA oder Argentiniens eher an Anne of Green Gables mit Ökostrom.
- Die Stadtbewohner haben es, was Hightech angeht, etwas besser. Die Masse könnte einen Lebensstandard haben, der durchaus ähnlich wie der heutige ist - allerdings mit den an den Solarpunk notwendigen Anpassungen. Man hat selbstverständlich Zugang zum städtischen Cybernetzwerk und speist seine Haushaltsgeräte aus perfekt regenerativen Energiequellen, verwendet Hightech aber bevorzugt da, wo sie nach allgemeiner Maßgabe sinnvoll ist. Einen smartphoneartigen Universalcomputer zu haben, ist sinnvoll und gängig. Sich als Privatperson eine aufwendige, elektische Espressomaschine zu kaufen, wenn eine stinknormale Espressokanne es genauso tut, würde eher als schräg gelten. Ebenso haben nur noch wenige Privatpersonen eigene Autos. In den gut geplanten Metropolen sind die Teile nämlich so gut wie unnötig, es sei denn, man wäre die Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst oder Logistikunternehmen.
- Wirkliche Sci-Fi-Technik gibt es selbstverständlich! Universitäten und Regierungen "beschäftigen" Super-KIs. Abgetrennte Gliedmaßen lassen sich kybernetisch oder biotechnisch ersetzen. VR- Simulationen können täuschend echte Niveaus erreichen. 3D-Drucker können kleinere, technische Gegenstände in kürzester Zeit auf Knopfdruck herstellen. Gehirnimplantate erlauben Pseudotelepathie. Solarsegelgetriebene Raumschiffe können auf Forschungsexpeditionen in wenigen Monaten bis zum Saturn vorstoßen. Das Ganze Zeug ist aber eher für abenteuerliche Plots und den generellen Sense-of-Wonder zuständig als für das allgemeine Alltagsleben.
Das hat natürlich auch auf der Meta-Ebene so seine Gründe: zum Einen ist der Technologielevel "bodenständig" genug, um die angestrebten "Neo-Pulp-Abenteuer" zu erlauben. Zum anderen ist er aber, wenn benötigt, hoch genug, um auch abgefahrenere Dinge, wie durchs städtische Cybernetz geisternde Rogue-KIs oder dank Lifeextension 150 Jahre alte Konzernchefs ermöglichen.
gilborn:
Cooles Szenario!
Folgendes würde mich interessieren:
--- Zitat von: Waldviech am 4.06.2019 | 11:18 ---- politische Zentren der neuen Ära sind ein florierendes Südamerika, ein föderales Europa, (dass die Kurve gekriegt hat) und Indien. In "zweiter Reihe" stehen aufstrebende, afrikanische Republiken, die in Ost und West geteilten USA und diverse, südostasiatische Staaten. "Sorgenkinder" sind ein weitgehend kollabiertes Russland, ein in sich zusammengefallenes Saudi-Arabien, ein bürgerkriegszerrissenes Japan und ein von faschistischen Australiern besetztes China.
--- Ende Zitat ---
Wie kommt es zu den Zuständen in Russland / Saudi Arabien / Japan und China?
Wurde da eine momentane Entwicklung extrapoliert?
Ich würde Russland z.B. geologisch betrachtet als sehr attraktiv sehen in Post-Klimaerwärmungsszenarien => Während Dritte Welt Länder eher verlieren (Wüstenbildung, Verlust an nutzbarer Ackerpflanzung =>Afrika wäre für mich das wahrscheinlichere "Fallout"-Szenario) ist das dort eher umgekehrt => Permafrostböden aufgetaut etc.
=> Politisches Ränkeschmieden sich die Filetstücke des kollabierten Russlands zu sichern?
Es könnte auch Programme geben CO2 wieder aus der Atmosphäre zu holen; quasi als übergeordnetes Ziel der Menschheit / KI, um das "Irreversible" der Klimaerwärmung schneller wieder weg zu kriegen.
Ein anderer Punkt wäre die Besiedelung der freigewordenen Fläche an der Antarktis. Da könnte man Wildwest-mäßige Besiedelungsszenarien machen, nur halt "Wild South".
Und noch eine Frage drängt sich mir auf: Wo ist der Punk im Solarpunk?
Waldviech:
Politische Entwicklungen habe ich eigentlich nur insofern "extrapoliert", als dass ich davon ausgegangen bin, dass einige der Staaten (konkret Saudi-Arabien), die heute stark von Ölförderung leben, vielleicht stärker die Grätsche machen als andere. Das war es auch schon. Da der zeitliche Abstand von zwei Jahrhunderten schon ziemlich lang ist, habe ich mich nicht groß damit aufgehalten, heutige politische Trends zu extrapolieren. In 200 Jahren kann einfach ZU VIEL passieren. Daher sind die meisten Ideen, wie die Australier als Nazi-Ersatz, der japanische Bürgerkrieg oder der Umstand, dass die USA so ala Ostrom-Westrom "aufgespalten" sind, ziemlich frei Schnauze hingerotzt.
Die Idee, das Ganze klimatisch und geologisch nochmal zu überarbeiten, hat allerdings stark was für sich und auch der Antarktis-Run hat was!
First Orko:
--- Zitat von: gilborn am 5.06.2019 | 11:41 ---Und noch eine Frage drängt sich mir auf: Wo ist der Punk im Solarpunk?
--- Ende Zitat ---
Das zusammen mit der Frage, was man dort spielen soll, stellte sich mir auch.
Gewagte und... etwas zynische Idee: Nachdem retrospektiv festgestellt wurde, dass der Neoliberalismus mit seinem freien Markt so gar nicht geregelt bekommen hat und menschlicher Unwille zur Verhaltensänderung bzw. allgemeine Dissonanz zwischen eigenem Lebensstil und Kosten desselben auf lange Zeit uns erst in die Lage gebracht hat, hat sich vielleicht eine alternative Gesellschaftsform entwickelt - die sprichwörtliche "Ökodiktatur":
* alles wird mit Ecos bezahlt, eine Währung die direkt an den ökologischen Fingerabdruck gekoppelt ist. Die Nachhaltigsten sind die Reichsten - so die Theorie!
* die Basisform ist Diktatur, das System wird mit Härte und teilautomatisiert (durch Bots, Sperren und Chips) durchgesetzt und ggf. von Semi-KI-Automaten unterstützt - die Menschen sind aber noch Herren über die Maschinen! (den Fehler will man auch nicht nochmal begehen ;))
* ALLES, wirklich ALLES ist der Forderung nach Nachhaltigkeit untergeordnet: Von Grundbedürfnissen (Wohnen, Essen, Sex) bis zu Kunst und Kultur. Es darf möglichst nichts "Überflüssiges" produziert werden => Der Knackpunkt ist aber: Was ist überflüssig? Wer bestimmt das?
* Triebfeder des Ganzen ist der Wissenschaftliche Rat, eine Gruppe aus den stets intelligentesten und kreativsten Köpfen der Welt. Dabei fließt aber auch ein Empathiewert ein: Zum Einen muss man fähig sein, harte Entscheidungen zu treffnen - andererseits aber steht das Wohl der Tiere (als eine wichtige Basis des Ökosystems) mindestens soweit oben wie das der Menschen. Entmenschlichte Produktionsanlagen, Sklaverei, Massentierhaltung muss verhindert werden!
* Abweichende Haltungen werden zT geduldet aber eben nur bis zu einem gewissen Grad
* Revolutionsbewegungen orientieren sich am dekadenten Lebensstil des ausgehenden 21. Jhd, "Nach uns die Sinnflut" ist ein Wahlspruch, Herstellung kurzlebiger Produkte, immer neue Stile (Mode, Technik, Medien) sind Ausdruck der eigenen Individualität
* die Haltung: "Es geht doch gut, wir haben alles im Griff! Wozu noch weiter sparen?" - setzt sich langsam durch
Kardinal:
hmmm... aus ökologischen und dramaturgischen Gründen würde ich eher zu einer von "De-Zentralismus" geprägten Ökotechnokratie neigen:
BTW - Sehr gutes, aber krasses Buch zu den wahrscheinlichen Entwicklungen: https://smile.amazon.de/Uninhabitable-Earth-Life-After-Warming/dp/1984826581/
Ideen
- die Gigacities der zweiten Hälfte des 21. Jh. wurden zu dystopischen Hellholes, nun zu Beginn des 23. Jh. sind einige wenige davon Pilotprojekte und auf dem Weg der Besserung - der Rest ist *übel*
- die "green zones" sind geprägt von semi-autarken vernetzten Kollektivhofschaften, Neo-Dörfern und ultra-tech Öko-Arkologien
- es gibt riesige, teilweise durch "grüne Korridore" verbundene Schutz- und Erholungszonen für die Rest-Natur
- schwimmende Aquakulturen/Solarfarmen/Wasserstofffabriken
- Raumkolonien auf Mars, Mond, Jupitermonden
- Konzerne unterliegen einer strengen Aufsicht, die ihre Expansion auf 21. Jh. Niveau verhindern soll, d.h. es gibt viele sehr große Konzerne, aber keine interplanetaren Megacorps
- Uplifting, "Retrolifiting" zur Wiederbelebung ausgestorbener Arten und Biotech sind ganz groß
- es gibt einige hundert kleiner und eine Handvoll großer ökologischer "Deadzones"
- interstellare Sonden
- Groß/Schwerindustrie ist grundsätzlich im All oder auf leblosen Monden/Asteroiden angesiedelt
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