Pen & Paper - Spielsysteme > Fate
Wie meta darf's denn sein? - Oder: Ist Fate ein Theorie-Schwafel-Spiel?
1of3:
--- Zitat von: HEXer am 16.06.2019 | 10:17 ---Aber wozu führt denn die Unbestimmtheit? Zu Diskussionen. Über das System, nicht über die Spielwelt. Meta?
--- Ende Zitat ---
Ja. Aber das macht nicht das Spiel oder die Regeln "meta". Es ist kein Agenda oder essentielles Element von Fate "meta" zu sein. Niemand hat jemals gesagt: Lasst uns ein Spiel machen, wo die Leute ganz viel Zeit damit verbringen über die Regeln zu diskutieren!
Ich mein, es gibt ja Spiele, die sind noch mehr artsy-fartsy als Fate. So ohne SL oder Charakterbögen oder Würfel oder so. Und bei den meisten dieser Spiele ist trotzdem sehr klar, wer was wann zu tun hat. Also wenn du Kingdom spielst, hat z.B. jemand die ehrenvolle Aufgabe den Zusammenhalt des Kingdom einzuschätzen und das hat dann so Konsequenzen. Klingt kompliziert? Du hast einen Schieber mitten auf dem Tisch und dein Job ist, ihn rauf oder runter zu schieben, wenn du das so befindest. Natürlich kann jemand anderes dir einen Hinweis geben: "Hmm, meinst du, das zieht den Zusammenhalt runter?" Aber es ist dein Job diesen Regler zu bedienen. Man kann Sachen natürlich auch free for all machen. Capes hat überhaupt keine Aufgabenverteilung und RAW nicht mal szenenübergreifenden Charakterbesitz. Und es leistet sich so Dinge wie das Fate-Fraktal, also alles kann ein Charakter sein. Die Regel ist aber ganz klar: "Wenn du es cool findest, jemanden oder etwas als Charakter in die Szene zu bringen, solange du einen Slot frei hast, ab dafür!" Das Spiel hat aber auch nur Charaktere. Entweder etwas ist ein Charakter oder es ist regeltechnisch nicht da. Ich muss nicht überlegen, ob ich das als Charaker baue, als Aspekt oder als Schwierigkeit für ein Overcome.
Maarzan:
--- Zitat von: Jiba am 16.06.2019 | 08:49 ---@Maarzan:
A: Okay, und wenn ich dir jetzt sage, dass Fate-Punkte das in diversen Fate-Auskopplungen auch sind? Also in „Malmsturm“ oder „Dresden Files“ zum Beispiel?
B: Und was ist mit Konstrukten wie Edge-Points bei SR, Bennies bei Savage Worlds und Willenskraft in der WoD?
C: Und was ist mit meinem Argument oben, nämlich dass gewisse Formen von Aspekten z.B. Konsequenzen die Spielwelt sogar mehr repräsentieren als HP oder sowas?
D: Und wieso ist die eine Abstraktion Meta und die andere eben nicht? Das sind doch willkürliche Kategorien... Gerade Kampfrunden würde ich da als superanstrakt bewerten...
--- Ende Zitat ---
A: Das kann ich mir durchaus vorstellen, sähe aber dann ja doch in den entscheidenden Punkten völlig anders aus als die üblichen fate-Anwendungen, oder? Der Querverbund in der Bennywirtschaft zwischen innerweltlich unzusammenhängenden Elementen wäre so wohl nicht gegeben.
B: Stören da auch und zwar um so mehr, umso meta. Autorenrechte / farmen geht gar nicht, Buffs sind schon schwierig, mit Save-your-Ass-Points kann ich leben.
C: siehe #267 und #279. siehe meinen Link von #183
Abstraktion ist eine andere Achse als meta.
Und "Aspekte" rein als Name für "beschreibendes Element" ist erst einmal völlig neutral.
Was dort (und bei entsprechend schwammigen Systemen eher klassischer Bauart auch) stört, ist die notwendige Nachdiskussion - quasi als Nachholen des üblich schwer mangelhaften/lückenhaften Basisdesigns - auf der Ebene letztlich des Regel/Spielweltdesigners darüber, was hier denn nun als bindend angenommen werden kann.
Hitpoints oder Spielrunden sind Abstraktionen, aber für direkt in der Spielwelt anliegende und von dort aus auch verwaltete/abgeleitete Elemente: Zeit und Gesundheitszustand.
Eine per Fatepoint etc plötzlich auftauchende Tür oder ein umzustoßendes Faß sind sehr konkret, aber ihre Verwaltung/Invocation kommt aus der Autorenebene und ist daher meta.
D: Siehe C:
--- Zitat von: greywolf am 16.06.2019 | 10:06 ---Innerweltliche Zustände ist ein gutes Stichwort; Gerade Situationsaspekte und Konsequenzen sind doch nichts anderes als abstrakte Repräsentationen innerweltliche Zustände. (Mit einem höheren Abstraktionsgrad, das ist aber doch ein feature, not a bug)
--- Ende Zitat ---
Wie gesagt: rein beschreibend ist das nur ein anderes Wort für etwas, was es mehr oder weniger abstrahiert auch anderswo gibt -der Umgang mit /das Editieren solcher ist der Knackpunkt.
Wisdom-of-Wombats:
--- Zitat von: Jiba am 16.06.2019 | 09:13 ---Alle tun immer so als gäbe es am Spieltisch ständig Diskussionen darüber, wann man einen Fatepunkt einsetzen darf. Dem ist aber nicht so.
--- Ende Zitat ---
Da habe ich deutlich anderes erlebt. Wenn Spieler mit der Einstellung: "Jeder Aspekt passt, ich muss nur lang genug rum-bullshitten um ihn einsetzen zu können." an das Spiel ran geht, dann sind wir entweder bei jeder Menge Diskussion oder bei dem Argument "Dann ist der Spieler nicht für das System geeignet. " (Was ich überheblich finde).
--- Zitat von: Jiba am 16.06.2019 | 09:13 ---Die meisten Aspekte in meinen Runden waren klar genug formuliert, damit derjenige, der den Punkt einsetzt, und die SL genau wissen, warum die +2 jetzt gerechtfertigt ist. Oft sind da nicht einmal erläuternde Worte nötig und wenn, dann ergibt sich die Erläuterung aus der Beschreibung des Spielers, die sich meist auch streng aus der Charakterperspektive erfolgt.
--- Ende Zitat ---
Da sind wir dann wieder im Ungefähren. Statt zu sagen, mein Charakter hat Intelligenz 15 (was ein klarer Wert ist), sage ich "Löst Sudokos im Schlaf". Was ist da klar und präzise? Dazu kommt noch dieses unmögliche bei Fate ist alles "+2". Egal was. Alles ist immer 2 Punkte wert. Die Crux bei Fate: alles ist relativ, alles ist vom SL und den Mitspielern abhängig. Bei Systemen mit klaren Zahlen und Regeln muss nicht alles in jeder Runde (oder gar Spielsitzung) neu verhandelt werden.
--- Zitat von: Jiba am 16.06.2019 | 09:13 ---Und wenn dann doch mal diskutiert wird, dann nur, wenn der gemeinsame Vorstellungsraum nicht bei allen gleich ist. In diesem Fall ist es aber sogar im Interesse der Spielgruppe, dass diese Divergenzen ausgeräumt werden. Kommunikation ist der Motor des Rollenspiels.
(Vielleicht will es mir aber auch einfach nicht in den Kopf, warum es zum Ideal erhoben wird, dass am Spieltisch möglichst wenig miteinander abgeklärt wird... so nach dem Motto: „Hey, ich imaginiere hier gerade, quatscht nicht so viel dazwischen!“)
--- Ende Zitat ---
Es gibt mindestens zwei Arten von Kommunikation am Spieltisch: Reden über die Situation im Spiel und Regeldiskussionen. Regeldiskussionen reißen aus dem Spielfluss. Und bei Fate ist man sofort bei Regeldiskussionen, sobald man einen Aspekt auf Teufel komm raus einsetzen will, oder man anfängt das System aus der Perspektive des Powergamers unter Ausnutzung aller Regeln zu spielen. Man kann als Systemkenner bei Fate sich nämlich sofort Vorteile verschaffen (Achtung: Wortspiel), wenn man bedenkt, dass man bekannte Aspekte mit der Aktion "Vorteil verschaffen" mit freien Einsätzen aufladen kann.
Dazu ein Beispiel: Mein Charakter hatte den Aspekt "Das geklaute Katana von Raven". Ich habe gesagt wie ich es Pflege und Schleife, um den Aspekt mit freien Einsätzen aufzuladen. Das erste Mal fand die SL das noch super. Aber beim zweiten Mal war es dann: Nee, das ist mir nicht kreativ genug." Sorry, ich möchte ein Spiel bei dem Regeln Regeln sind und nicht der absoluten SL-Willkür unterworfen sind. Und das zieht sich durch ganz Fate. Wenn der SL mauert, hilft der beste Aspekt nix. Und Aspekte sind eben nicht klar umrissen, sondern interpretierbar. Wenn ich jedes Mal drum kämpfen muss einen Aspekt einzusetzen, macht das Spiel Null Spaß. Umgekehrt, wenn ich als SL einen Aspekt als unpassend empfinde, aber quasi "tot diskutiert" werde, bis ich am Ende "ja" sage, nur damit wir weiterspielen können, dann ist das auch unspaßig.
Hier lasse ich das Argument: "Dann passt das System nicht zum Spieler/SL" nicht gelten. Denn ich kann Leute an D&D, Shadowrun, DSA, Savage Worlds, Splittermond, Earthdawn, etc ransetzen, ohne das es irgendwo den Vorwurf "Der Spieler passt nicht zum System" von Außen geben wird. Ja, jeder Spieler/SL entscheidet, ob ihm/ihr ein System Spaß bringt, aber bei keinem System außer Fate hört man bei Beschreibung von Situationen so schnell: "Dann darfst Du das System mit der Person eher nicht spielen."
Caranthir:
--- Zitat von: Wisdom-of-Wombats am 16.06.2019 | 11:30 ---Dazu ein Beispiel: Mein Charakter hatte den Aspekt "Das geklaute Katana von Raven". Ich habe gesagt wie ich es Pflege und Schleife, um den Aspekt mit freien Einsätzen aufzuladen. Das erste Mal fand die SL das noch super. Aber beim zweiten Mal war es dann: Nee, das ist mir nicht kreativ genug." Sorry, ich möchte ein Spiel bei dem Regeln Regeln sind und nicht der absoluten SL-Willkür unterworfen sind. Und das zieht sich durch ganz Fate. Wenn der SL mauert, hilft der beste Aspekt nix. Und Aspekte sind eben nicht klar umrissen, sondern interpretierbar. Wenn ich jedes Mal drum kämpfen muss einen Aspekt einzusetzen, macht das Spiel Null Spaß. Umgekehrt, wenn ich als SL einen Aspekt als unpassend empfinde, aber quasi "tot diskutiert" werde, bis ich am Ende "ja" sage, nur damit wir weiterspielen können, dann ist das auch unspaßig.
--- Ende Zitat ---
Mmmh, das hört sich tatsächlich nach einem Stunt an. Sonst würden wohl alle Spieler in Zwischenszenen einfach nur ihre Aspekte mit freien Einsätzen aufladen. Das klingt eher nach etwas Besonderem.
Oder: In Shadow of the Century gibt es die Montagen. Das sind kurze Szenen in Filmen oder Serien, in denen die Figuren Dinge abhandeln, die nicht super detailliert ausgespielt werden müssen. Dazu gehört auch, sich auf Kämpfe vorzubereiten. Man stellt sich da Szenen vor, in denen der Techniker, den Traktor in einen Panzer umbaut, der Ninja sein Katana schärft und das Face Anzüge für seinen Auftritt raussucht.
In deinem Beispiel war die SL wohl einfach genervt, weil du das System auszunutzen wolltest. Das könnten dann nämlich auch die anderen Spieler machen und dann auch die Gegner und dann wird wieder ein Nullsummen Spiel daraus.
Ich denke, in Fate muss man sich stärker darauf einigen, was man da spielen will und wozu man die Regeln nutzt. Nämlich nicht unbedingt immer dafür, die Charaktere mit den höchsten Boni zu versehen, sondern eine aktiongeladene Geschichte voranzutreiben. Aber ich sehe durchaus, dass die Regeln einen da aufs Glatteis führen können und Erwartungen nicht erfüllt werden.
Jiba:
Mit anderen Worten: Fate kann man nicht gut mit Mitspielern oder SLs spielen, die sich unkooperativ verhalten? Damit kann ich leben.
Nein, auf was willst du hinaus? Selbst in klassischen Systemen ist SL-Willkür doch ein riesiges Problem. Jede Regelanwendung in jedem System kann vom SL oder von verbissenen Mitspielern torpediert werden.
In deinem Katana-Beispiel ist das schlechte Kommunikation der SL, weil er ganz allgemein hätte klar machen müssen: Aufladen von Charakter-Aspekten bedeutet für mich: den Aspekt jedes Mal mit neuer Bedeutung füllen. Es bedeutete für dich: Sich vorbereitend mit dem Aspekt beschäftigen. Ich hätte die Sache zum Beispiel wahrscheinlich erlaubt – hätte aber, wenn du das zum vierten, fünften, sechsten Mal gemacht hättest, schon gefragt, ob du uns auch noch was anderes über dein und mit deinem Schwert erzählen kannst. Einfach weil ich gerne mehr darüber erfahren würde, nicht um Dir eins reinzuwürgen. So tickt Fate nämlich: Erzähl uns was Nettes. Mach deinen Scheiß interessant für die anderen am Tisch. (Du weißt schon: Characters that lead dramatic lives).
Und zugegeben: Aspekte sind interpretierbar. Das sind Disziplineneffekte bei Vampire aber gelegentlich auch. Oder Cyberware bei Shadowrun. Oder oder oder. Und selbst wenn sie das irgendwie „mehr“ sind als die anderen Beispiele, wieso sollte das ein Problem bei gemeinsamen Geschichtenerzählen sein? Ich meine, wir beschreiben doch beim Rollenspiel ständig vage und unspezifisch vor uns hin. Viele Spieler beschreiben noch nicht mal das Aussehen ihrer Charaktere, es sei denn ich frage konkret nach. Und nur weil ich die „Regennasse Nacht“ aus meiner SL-Beschreibung plötzlich noch als Regelelement am Tisch habe, ist das jetzt ein Problem? Interpretierbar bedeutet nicht beliebig.
Und es wird in unseren Beispielen bislang auch gerne ausgeklammert, dass ein Aspekt VOR dem Spiel irgendwann mal abgesprochen wurde, so in der Gruppe. Die 3 Phasen machen es sogar notwendig, dass immer mehr als ein Spieler an einem Aspekt herumgedoktert haben. Ich will nicht sagen, es gäbe keine Missverständnisse, das kann vorkommen. Meine Erfahrung ist aber, dass die sich schnell ausräumen... also nix stundenlange Diskussionen. Da erläutert jeder seinen Standpunkt und man stimmt ab oder SL entscheidet. Und das wird dann im Zweifelsfall als Ruling fürs nächste Mal vermerkt.
Zumal Fate ja auch deutlich in die „sag Ja“-Kerbe schlägt. Wenn’s keinen zwingenden Grund gibt etwas nicht zu erlauben, erlaub es halt. Bricht keinem einen Zacken aus der Krone.
(Und wenn du ein Problem mit den ständigen +2 hast... im Fate Toolkit steht eine gute Optionalregel dafür, bei der Aspekte unterschiedliche Boni verleihen).
@Marzaan: Aber klar wird bei der Diskussion über Aspekte immer auch über die Spielwelt diskutiert. Ich rede darüber, ob ich meinen „Stark wie ein Ochse“-Aspekt beim Einschüchtern einsetzen darf. Antwort: Gegen ängstliche Lauchs, wahrscheinlich. Gegen Riesen, wahrscheinlich nicht. Das hat immer auch Spielweltrelevanz. Eben weil alle Aspekte Elemente in der erzählten Welt abbilden, sind Diskussionen über solche Elemente eben nicht rein Meta, im Gegensatz zu anderen Spielen wo z. B. über HP-Erholungsraten gestritten wird.
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