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[Night´s Black Agents] The Dracula Dossier

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Chiarina:
Come High, Get Higher (12)



Zunächst fahren die Agenten in ihr Hotel, beschließen aber in der Nacht zum Friedhof zurückzukehren und zwischen dem Geröll des zusammengefallenen Mausoleums noch einmal genauer nachzusehen. Ein paar Stunden später klagt Samir über Müdigkeit. Er bleibt im Hotel, die anderen starten Richtung Friedhof und stehen etwas später erneut vor dem Grab der Gräfin Dolingen zu Graz.

Mit aufgesetzten Nachtsichtgeräten wenden die Agenten ein paar Steine und Trümmer hin und her bis Cevas seine Gefährten herbeiruft. Er hält eine verrostete Eisenstange in der Hand, die an einem Ende in einer Spitze ausläuft. „Seht euch das an! Holzpflöcke scheinen aus der Mode gekommen zu sein!“, witzelt er. Auf der Eisenstange sind seltsame Symbole eingraviert, irgendwelche vampirischen Überreste sind allerdings nirgendwo zu finden. Etwas später findet Vasily auf einem Mauerrest eine alte Gravur in kyrillischer Schrift. Mit Mühe entziffern die Agenten den russischen Satz: „Die Toten reisen schnell.“ Es sieht aus, als sei der Satz nachträglich von irgendeinem Grabbesucher in der Art eines Graffitis in den Stein geritzt worden. Yuri erinnert sich: „War das nicht ein Satz aus Stokers Dracula?“ Vasily schaut nach und wird fündig: „Russische Stokerleser in München am Grab einer österreichischen Gräfin. Wer kann etwas damit anfangen?“ Niemand antwortet. Schließlich stößt Kristina noch auf ein Loch im Boden. Es führt wie ein Gang ins Erdreich, der Zugang ist aber sehr eng – so eng, dass nur der schmale Yuri in der Lage ist, sich dort hinein zu begeben. „Wartet!“, sagt er kurz entschlossen und kriecht in den Gang. Sein Vorwärtskommen ist alles andere als komfortabel. Viele Meter rutscht er auf Knien oder zwängt sich durch irgendwelche Engpässe. Nach etwa 50 Metern schreckt er schließlich eine Horde Ratten auf, die fauchen und dann aggressiv über ihn herfallen. Arg zerschrammt zieht sich Yuri zurück. Zurück auf dem Friedhof erstattet er seinen Freunden Bericht. Cevas meint: „Erdställe! Ich habe davon gehört. Es gibt Quellen, die behaupten, ganz Süddeutschland sei von diesen engen Gängen durchlöchert!“ Yuri zuckt mit den Achseln und behauptet, er wolle noch einen letzten Versuch unternehmen. Er präpariert einen Ast, indem er ein Tuch um eines seiner Enden wickelt und mit Feuerzeugbenzin tränkt. Dann kehrt er in den Gang zurück. Bei seiner nächsten Begegnung mit den Ratten zündet er den Ast an, muss heftig husten, kann aber die Ratten vertreiben, bevor er sich eine ernsthafte Rauchvergiftung zugezogen hat. Noch ein paar Meter weiter erreicht er eine kleine Kammer, in der der Gang endet. Hier liegen fünf Skelette, der Größe nach zu urteilen die Überreste von Kindern im Alter von 9 oder 10 Jahren. Yuri schüttelt sich und kehrt an die Erdoberfläche zurück.

Nachdenklich fahren die Agenten zurück in ihr Hotel. Am nächsten Morgen vermissen sie Samir am Frühstückstisch. Sie fragen beim Portier nach, der aber nicht weiß, wo sich ihr Gefährte aufhält. Auf Anrufe meldet sich lediglich Samirs Mailbox. Schließlich schauen die Agenten bei seinem Zimmer vorbei und stellen fest, dass die Tür aufgebrochen wurde. Sie treten ein und stellen fest, dass sich Samirs persönlichen Besitztümer noch im Zimmer befinden. Er selbst allerdings ist nicht anwesend. Dann findet Vasily neben Samirs Bett eine leere Ampulle mit der Aufschrift „Etomidate“. Kristina googelt das Wort auf ihrem Smartphone und erklärt: „ein Schlafmittel“. Cevas nickt und sagt: „Ja, das Zeug wird in England hergestellt!“ Vasily meint: „Es sieht aus, als sei mal wieder jemand hinter uns her. Lasst uns hier erstmal verschwinden!“ Seine Gefährten sind einverstanden, als sie aber das Hotel verlassen wollen, übergibt ihnen der Portier eine handgeschriebene Nachricht und behauptet: „Das hat eben gerade ein Herr für sie abgegeben.“ Yuri bedankt sich, faltet den Zettel auseinander und liest: „Ihr Kollege ist in die Dienste seines britischen Arbeitgebers zurückgekehrt. Mehr oder weniger freiwillig. Es ist anzunehmen, dass er nach Proserpine gebracht wurde. Sie können Geerd Hoorn in Rotterdam nach näheren Details fragen. Ein Freund.“ Vasily fragt den Portier: „Vom wem ist das?“ Der Portier aber zuckt mit den Achseln und sagt: „Ich kenne ihn nicht. Er trug ein weißes Käppchen.“

Dann überprüfen die Agenten ihr Auto gründlich nach Wanzen, finden nichts und reisen ab. Sie wollen Deutschland verlassen, wissen aber noch nicht, was ihr nächstes Ziel sein wird. Auch Österreich weckt unangenehme Erinnerungen in ihnen, und so steuert Cevas zunächst Prag an. Auf dem Weg dorthin werden Pläne gemacht und Recherchen durchgeführt.

Vasily kümmert sich zunächst um die Botschaft. „Proserpine! War das nicht dieses Schiff, von dem wir schon gehört haben?“ fragt er. Er durchsucht alle Unterlagen und stößt in den Dokumenten, die sie aus dem NIEP in Bukarest entwenden konnten auf den Namen. „Hier! Es ist das Schiff, dass 1901 Tiefenmessungen im Schwarzen Meer durchgeführt hat und dabei beschädigt wurde. An anderer Stelle heißt es, es sei vor der Küste von Sheerness beschädigt worden, als habe jemand die Mission des Schiffes im Schwarzen Meer verheimlichen wollen!“ Vasily recherchiert im Dracula Dossier und stößt auch da auf Einträge: „Hört euch das an: Hier fragt sich der Kommentator aus den 70ern, ob Vampire das Wetter beeinflussen können, oder ob es sich ihren Gemütsschwankungen entsprechend automatisch verändert. Er will diesbezüglich Wetterberichte von „Proserpine“ überprüfen. Und hier berichtet der moderne Kommentator von einem Schiff namens HMS Proserpine, auf dem irgendwelche Agenten ausgebildet wurden, das aber nach 1919 in keinen Gehaltslisten mehr auftaucht.“

Die Agenten beginnen ein paar Theorien aufzustellen. Cevas überlegt: „Mal angenommen, es gibt irgendetwas, was Dracula oder seine Vampire alle Jahrzehnte mal wieder von neuem aktiviert… Erdaktivitäten, Erdbeben… irgend so etwas. Vielleicht wissen diese Briten davon und können entsprechend frühzeitig reagieren, wenn es mal wieder soweit ist. Vielleicht haben sie irgendeine Vorrichtung getroffen, die sie informiert, wenn es mal wieder soweit ist. Vielleicht ist derzeit mal wieder so ein Moment gekommen, und als die Vorrichtung die Leute von Operation Edom informierte…“ „…da hat es uns gleich mit wachgerüttelt“, ergänzt Vasily und fügt hinzu: „Kann schon sein. Ich möchte bloß wissen, wer uns diese Botschaft geschrieben hat. Wir sollten ein paar genauere Untersuchungen anstellen!“

In Prag angekommen nehmen die Agenten das, was sie haben, genauer unter die Lupe. Yuri gelingt es, von der rumänischen Zigarettenschachtel und von der handgeschriebenen Nachricht aus dem Münchener Hotel ein paar Fingerabdrücke zu nehmen. Vasily verschickt diese Fingerabdrücke an einen ehemaligen Mitarbeiter, der inzwischen bei Interpol arbeitet und Zugang zu deren Archiven hat. Cevas nimmt sich die Eisenstange vor. Die eingravierten Symbole weisen okkulten Charakter auf, was sie konkret bedeuten, weiß Cevas allerdings nicht zu erkennen. Immerhin bemerkt Cevas, dass die Stange schwach magnetisch ist. Er sägt daraufhin kurzerhand vom stumpfen Ende ein Stück ab. Dieses Stück schickt Vasily zur näheren Untersuchung nach Kreuzburg zu Dr. Ionesco. Der Mann ist zwar Mediziner, die Agenten hoffen aber, dass er als Universitätsmitarbeiter leicht einen seiner Kollegen dazu überreden kann, eine Spektrografie von dem Material zu machen.

Als nächstes kontaktiert Vasily Linus Linderoth, einen befreundeten schwedischen Anwalt, und befragt ihn zu den Vorkommnissen um seine Frau Natasha Zhukovskaya. Linderoth erzählt ihm, dass die Angelegenheit tatsächlich recht rätselhaft sein. Er bestätigt, dass Natasha angeklagt sei, einem orthodoxen Priester das Ohr abgebissen zu haben. Vasily will den Namen des Priesters wissen. Linderoth nennt ihn. Es ist ein Mann, den seine Frau schon immer unangenehm fand. Linderoth berichtet weiter, Natasha habe sich ihrer Festnahme widersetzt und sei gegenüber der schwedischen Polizei aggressiv geworden. Derzeit sitze sie in Untersuchungshaft. Linderoth bestätigt Vasily, dass sich all das ganz und gar nicht nach seiner Frau anhöre und bittet ihn darum, ihn als Anwalt mit der Verteidigung seiner Frau zu beauftragen. Vasily tut es, indem er ihm eine digitale Unterschrift zusendet. Linderoth verspricht ihm, Bescheid zu sagen, wenn er neue Informationen habe.

Kristina recherchiert inzwischen ein wenig nach Geerd Hoorn, dem Niederländer, den sie ihrer Botschaft zufolge über Proserpine befragen sollen. Sie erfährt, dass Hoorn in den Siebzigern sein muss und jahrzehntelang neben seiner beruflichen Tätigkeit auf Schiffen und im Hafen Rotterdams als Gewerkschaftsaktivist für die niederländische sozialistische Linke tätig war. Telefonnummer oder Adresse lässt sich nicht ermitteln. Kristina führt ein Telefonat mit der Gewerkschaftssekretärin in Rotterdam, die natürlich auch keine Adressen herausgibt, immerhin aber verrät, dass Hoorn inzwischen in Amsterdam wohne. Sie bietet Kristina außerdem an, eine Email an Hoorn weiterzuleiten. Kristina legt eine neue Email-Adresse an in der sie Hoorn um ein Gespräch bittet und schickt sie an die Gewerkschaft.

Irgendwann gehen die Agenten zu Bett. Am nächsten Tag beschließen die Agenten nach Amsterdam zu fahren. Auf der Fahrt meldet sich als erstes der Mann von Interpol. Er berichtet Vasily, dass der Fingerabdruck auf der handgeschriebenen Botschaft keinen Treffer erbracht hat. Den Fingerabdruck auf der Zigarettenschachtel habe er aber identifizieren können. Er gehöre einem gewissen Sergiu Popescu, einem Mitarbeiter des rumänischen Inlandsgeheimdienstes SRI. Normalerweise führe Interpol keine Dateien über Geheimdienstmitarbeiter. Bei Popescu sei das allerdings anders. Er habe vor dem Zusammenbruch des Warschauer Pakts für die Securitate, den berüchtigten Geheimdienst der kommunistischen Regierung Rumäniens, gearbeitet und sei dann 1990 einfach weiterbeschäftigt worden. Über solche übernommenen Agenten mit unsicherer Loyalität führe Interpol Dossiers. Vasily bedankt sich und erzählt seinen Gefährten, was er erfahren hat. Die Fahrt nach Amsterdam wird trotzdem fortgesetzt.

Drei Stunden später bekommt Kristina eine Email von Geerd Hoorn. Der Mann will wissen, wie er ihr weiterhelfen kann. Nach kurzer Diskussion beschließen die Agenten, konkreter zu werden. Kristina schreibt ihm in ihrer Antwort, dass sie von ihm eine Auskunft über „Proserpine“ haben möchte. Hoorn schickt eine weitere Email. Er schreibt: „Sind Sie sicher, dass Sie an der richtigen Adresse gelandet sind? Ich weiß nicht, ob ich Ihnen weiterhelfen kann, werde Ihnen aber sicherlich nur mündlich bei einem Gespräch in der Öffentlichkeit Auskunft geben.“ Kristina erklärt sich dazu bereit und bekommt in einer dritten Email von Hoorn die Adresse eines Coffee-Shops namens „Voyagers“ genannt. Er wird am nächsten Tag am frühen Nachmittag dort sein.

Vasily forscht in der Zwischenzeit dem Namen HMS Proserpine nach und stößt auf Widersprüche. Offiziell besitzt die britische Marine gegenwärtig kein Schiff mit dem Namen HMS Proserpine. Dann aber gelingt es ihm, sich in die Gehaltslisten der Royal Navy zu hacken. Dort findet sich eine kleine Besatzung einer HMS Proserpine. Vasily überprüft ein paar der angegebenen Namen und stellt fest, dass es sich um Tote handelt: „Beim Manöver umgekommen, gefallen in Afghanistan, gefallen im Irak… ob das nun Tarnnamen sind oder ob diese Männer noch leben – hier wird irgendetwas verheimlicht… und es scheint kleine Kleinigkeit zu sein!“

Schließlich erreichen die Agenten Amsterdam und nehmen sich ein Hotelzimmer. Am nächsten Tag statten sie dem Coffee-Shop einen Besuch ab. Das Gespräch führen Kristina und Vasily, Yuri und Cevas halten sich im Hintergrund bereit, falls es gefährlich werden sollte. Cevas setzt ein schiefes Grinsen auf, als er das Motto des Coffee-Shops über den Tresen liest: „Come high – get higher!“ Kristina und Vasily sind etwas überrascht. Vor ihnen sitzt ein Mann, der nicht so aussieht, als sei er über 70. Er wirkt vielleicht 20 Jahre jünger und gehört zu den Typen, die ihr Leben lang körperlich gearbeitet haben, dabei aber nicht zerbrochen sind, sondern sich irgendwie frisch gehalten und gestählt haben. Über Hoorns weitstehenden blauen Augen befinden sich gestutzte Augenbrauen, seinen Schädel und seinen borstigen, grauen Bart hat er bis auf eisengraue Stoppeln abgeschoren. Er starrt seine Gesprächspartner an und zieht zwischendurch hin und wieder an seltsam riechenden selbstgedrehten Zigaretten. „Marihuana riecht anders“, denken Kristina und Vasily. Dann beginnen sie das Gespräch.

Hoorn erzählt ihnen, dass er ein paar Informationen über die HMS Proserpine habe. Allerdings habe er kein Interesse daran, sie irgendwelchen dahergelaufenen Fremden auf die Nase zu binden. Er will daher zunächst einmal wissen, was seine Gesprächspartner für ein Interesse an dem Ort haben. Der weitere Verlauf des Gesprächs ist von einer relativ großen Offenheit geprägt. Kristina und Vasily merken, dass sie hier nur etwas erreichen können, wenn sie die Karten auf den Tisch legen. Sie erzählen Hoorn von ihren bisherigen Informationen über die HMS Proserpine, von Ausgrabungen in Rumänien, machen überdeutliche Anspielungen auf dort existierende Vampire, berichten von seismischen Aktivitäten und Erdfeuern und erwähnen auch die Lisky Bratva. Als der Name der russischen Mafia Organisation fällt, ballt Hoorn seine Hände und er hakt nach. Kristina und Vasily erzählen ihm von dem Menschenlager bei Debrecen und von grausigen Erlebnissen im Kloster Dragovir. Daraufhin wird Hoorn gesprächig. Er erzählt, dass er 1954 als hitzköpfiger Teenager auf einer sozialistischen Arbeiterkonferenz in Warschau gewesen sei. Für Moskau sei er damals nicht mehr als ein einfacher Zuarbeiter gewesen, der linke Ideen im Westen publik macht. Dann habe er seine Tätigkeit als Gewerkschaftsaktivist begonnen und irgendwann – warum auch immer – habe Moskau wohl erkannt, dass Hoorn zu nützlicheren Tätigkeiten herangezogen werden könne. Er habe daraufhin seine Kontakte zum holländischen Seeschiffahrtsgewerbe genutzt und den Russen Informationen über ungewöhnliche Frachten geliefert. Besonderes Interesse erregten dabei Meldungen über verschiffte Särge, Leichen, auffällig große Mengen Blutes und rumänische Erde.

In diesem Zusammenhang sei er wiederholt auf die HMS Proserpine gestoßen. Das sei eine Ölplattform in der Nordsee, eine sogenannte „steinerne Fregatte“. So nennen die Briten ihre Marinestützpunkte. Oft gäben sie ihnen Namen von Schiffen, um die dort arbeitenden Soldaten daran zu erinnern, dass auch an diesen Orten das Seerecht gelte. An die HMS Proserpine seien vor allem große Mengen Blutes und hin und wieder auch Spezialsärge geliefert worden. Zuständig für die Lieferungen sei die Spedition HGD Shipping gewesen.

Hoorn erzählt Kristina und Vasily von diesen Dingen, weil er in den letzten zwei, drei Jahren im Zusammenhang mit seinen russischen Kontaktleuten immer mal wieder von der Lisky Bratva gehört habe. Er habe nicht genauer nachgefragt, was die Lisky Bratva für eine Organisatin sei. Er wisse auch nicht, ob es sich bei diesen Leuten um Gegner oder Verbündete seiner Kontaktleute handele. Schon die Möglichkeit, dass die Leute, denen er jahrzehntelang geheime Informationen übermittelt hat, mit Menschenhändlern und Verbrechern gemeinsame Sache machen könnten, mache ihm allerdings schwer zu schaffen.

„Sollte ich auf das falsche Pferd gesetzt haben, bin ich wahrscheinlich zu alt dafür, diesen Fehler wieder gutzumachen. Ich habe die Hoffnung, dass ihr es vielleicht für mich machen könnt. Ihr wisst jetzt, was ich weiß und was ich den Russen erzählt habe. Vernichtet die Email und die Email Adresse, über die wir kommuniziert haben. Wir gehen jetzt los und kaufen zwei Einweg-Handys. Über das eine verabrede ich mich wieder mit euch, wenn ich die geographischen Koordinaten der HMS Proserpine herausbekommen habe. Das kann ein, zwei Tage dauern. Über das andere könnt ihr mich kontaktieren, wenn ihr herausgefunden haben solltet, dass ich für Verbündete der Lisky Bratva gearbeitet habe. Die Organisation meines Kontaktmannes ist die URPO, die „Direktion zur Infiltration krimineller Organisationen“, eine Sonderabteilung des russischen Geheimdienstes. Mein Kontaktmann benutzte den Namen Olya Obolonchyk. Sollte sich herausstellen, dass sie mit der Lisky Bratva gemeinsame Sache machen, dann sagt Bescheid. Ich gebe euch dann die Adresse im Darknet, über die ich Obolonchyk Informationen geliefert habe.“ Kristina und Vasily sind einverstanden. Nach ihrem Handykauf verabschieden sie sich von Hoorn, für den das Gespräch offenbar nicht einfach gewesen ist.

Zurück in ihrem Amsterdamer Hotel erfahren die Agenten noch etwas mehr. Dr. Ionescu hat sich aus Kreuzburg gemeldet und berichtet, dass es sich bei dem Eisen, das Cevas von der spitzen Stange entfernt hat, um ganz gewöhnliches Metall handelt.

Dann beginnen die Agenten zu planen. Wenn es stimmt, dass Samir auf der HMS Proserpine gefangen gehalten wird, sollten sie dieser Ölplattform einen Besuch abstatten. Vielleicht geht das sogar, ohne britischen Boden zu betreten. Vorstellbar wäre, sich ein Boot zu beschaffen, sich damit in die Nähe der Ölplattform zu begeben, vor Anker zu gehen und dann über Tauchscooter zur Plattform zu gelangen. Auf diese Weise könnte ihr Besuch möglicherweise unerkannt bleiben.

Zwei Tage später ruft Geerd Hoorn an und vereinbart mit Kristina und Vasily ein weiteres Treffen im Coffee-Shop Voyagers. Hier teilt er den Agenten die geographischen Daten der HMS Proserpine mit. Sein Händeschütteln zum Abschied fällt lang und herzlich aus. Tief schaut er den Gefährten in die Augen. Dann geht er. Die Agenten haben sich schon vorher dagegen entschieden, Hoorn heimlich zu seiner Wohnung zu folgen.

Mit den neuen Informationen bekommt Vasily noch ein paar Kleinigkeiten mehr heraus. Er erfährt, dass HGD Shipping hauptsächlich im Schwarzen Meer operiert. Mit zwei kleineren Versorgungsschiffen sei die Spedition aber auch in der Nordsee aktiv. Vasily erfährt außerdem, dass an dem von Hoorn genannten Koordinaten 1977 eine Ölplattform erbaut wurde, die aber nie Öl gefördert hat. Kurz nach ihrer Fertigstellung sei sie aus irgendwelchen Gründen gedeckelt worden. „Sieht danach aus, als sei sie von Anfang an als Stützpunkt des Geheimdienstes errichtet worden“, sagt er. Die Agenten nicken und packen ihre Koffer.

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Endlich wieder eine Sitzung Dracula Dossier – der vorangegangene Termin ist leider geplatzt. Der Spieler Samirs macht gerade Examen und pausiert deshalb bei uns. Ob er danach wieder einsteigt, ist noch nicht ganz klar. Wenn er das tut, werde ich versuchen, das Mirror-Game voll auszuspielen. Auf welcher Seite befindet sich der befreite Samir? Die Frage sollte den Agenten ein wenig Kopfzerbrechen bereiten. Ich komme aber auch zurecht, wenn er aussteigen sollte.

Inzwischen hat die Gruppe den vierten Level der Conspyramid erreicht und hängt jetzt mittendrin in dem Spiel, dass sich Draculas Verschwörung und Operation Edom liefern. Geerd Hoorn ist ein Nachfahr Van Helsings und die letzte Legacy, die ich ins Spiel bringen wollte.

Die Recherchen waren nochmal ziemlich intensiv und aufwändig, aber immerhin von Erfolg gekrönt. Wenn die Agenten beim nächsten Mal wirklich zur HMS Proserpine aufbrechen, steht uns ein aufregender Abend bevor. Eine Mitspielerin sagte zu dem Plan, den sie gemacht haben: „Wir machen dann so etwas Ähnliches, wie es in diesen James Bond Filmen passiert, ist euch das klar?“ Antwort ihrer Mitspieler: „Äh, ja…“ Ich habe natürlich gegrinst.

Was immer auf der Ölplattform geschehen wird, ich werde wohl versuchen, ein paar weitere Spuren nach England zu legen. Es kann sein, dass das die letzte Chance in unserer Kampagne für Großbritannien ist.

Chiarina:
Auf der HMS Proserpine (13)



Die nächste Aktivität der Agenten besteht darin, dass sie sich eine Karte für eine Fähre nach Norwegen besorgen. Drei Tage später sind sie in Stavanger und klappern ein paar Organisationen ab, die für Touristen Hubschrauberflüge anbieten. Sie wollen einen dieser Hubschrauber, die sich auch auf dem Wasser landen lassen, ohne Piloten chartern und dann von Yuri fliegen lassen, der einen entsprechenden Flugschein besitzt. Als sie durch die Tür des Anbieters Guide Companiet treten, wird Kristina plötzlich auf Schwedisch angesprochen. Hinter den Thresen steht Sven, ein ehemaliger Schulkamerad von ihr, den es offensichtlich in die Tourismusbranche verschlagen hat. Zunächst wehrt sich Sven ein wenig gegen Kristinas Plan. Die Organisation vermietet Hubschrauber eigentlich nur mit Piloten. Nach einigem guten Zureden, erklärt sich Sven bereit, den nächsten Hubschrauber, der aus der Wartung kommt, noch einen Tag länger zurück und ihn stattdessen den Agenten zur Verfügung zu stellen. Bis es soweit ist, besorgen sich die Agenten das nötige Equipment: Tauchscooter, Neoprenanzüge, Waffen, Schalldämpfer.

Zwei Tage später ruft Sven bei ihnen an. Es kann losgehen. Sie fahren bei Guide Companiet vorbei und Sven weist sie ein. Er erzählt ihnen auch, dass der Helikopfter mit einem Funker namens Matthijs in Verbindung stände. Wenn es irgendwelche Probleme gebe, sollten sie sich an ihn wenden. Alle Agenten nicken. Dann fliegt Yuri eine ereignislose Proberunde und landet den Hubschrauber in einem unübersichtlichen Fjord. Zur HMS Proserpine wollen sie erst gegen 2 Uhr in der Nacht aufbrechen.

Die Agenten vertreten sich ein wenig die Beine. In der Nacht ist es dann soweit. Alle klettern in den Helikopter und Yuri startet in Richtung HMS Proserpine. Nach einer knappen halben Stunde empfängt er einen Funkspruch von Matthijs. Die Agenten beschließen, ihn zu ignorieren. In etwa 2 Kilometer Entfernung zur Ölplattform landet Yuri den Helikopter auf dem Wasser. Die Agenten nehmen ihre Tauch-Scooter, springen ins Wasser und lassen sich zu Ölplattform ziehen. Auf diesem Weg können sie erkennen, dass die Plattform im Wesentlichen aus drei Decks besteht. Die unterste dieser Ebenen befindet sich etwa15 Meter über dem Meeresspiegel. An einem der gewaltigen Gerüstbeine befindet sich eine Anlegestelle für kleine Motorboote, von denen sechs zu sehen sind. Dort führt eine enge Leiter hinauf auf das unterste Dock. Die Agenten können außerdem erkennen, dass von der untersten Ebene ein großer Container an Ketten herabhängt. Er befindet sich auf halber Strecke zwischen Plattform und Meeresspiegel und besitzt ein paar Lüftungsöffnungen.

Die Agenten steuern die Anlegestelle mit den kleinen Booten an. Sie befestigen ihre Tauch-Scooter an der Anlegestelle und klettern die metallenen Stufen hinauf. Kristina macht ihren Gefährten ein Zeichen und deutet auf ein bullaugenartiges Fenster im nächstliegenden Raum, aus dem etwas Licht fällt. Die Agenten ducken sich und wenden sich zur nahegelegenen Südwestecke der Plattform. Schnell sind sie hinter der Ecke verschwunden.

Von dort aus erreichen sie eine kleine Plattform, an der vielleicht Waren angeliefert werden. Die an dieser Stelle befindliche Tür lassen sie links liegen. Ein paar Meter weiter führt eine weitere Tür ins Innere der Ölplattform. Das einfache Schloss hat Vasily schnell überwunden und die Agenten dringen in einen Bereich mit vielen Türen und offensichtlich dahinter befindlichen kleineren Räumen vor. Jede dieser Türen besitzt ein Namensschild mit teilweise absurder Beschriftung: Eddie, Buffalo Bill, aber auch King Kong sollen hier wohnen. Die Agenten vermuten, dass sie sich in den Mannschaftsquartieren befinden. Noch immer ist es mitten in der Nacht. Es scheint niemand unterwegs zu sein.

Am Ende des Wohnbereichs finden die Agenten einen Treppenaufgang zur mittleren Ebene der Ölplattform. Sie schleichen hinauf und gelangen in einen Bereich, der aussieht, als würden in ihm medizinische Untersuchungen angestellt, er enthält aber auch eine Wand mit Schließfächern für irgendwelche persönlichen Besitztümer. Werden hier neue Gefangene eingecheckt? Die Agenten sind sich nicht ganz sicher.

Eine Tür weite befinden sich die Agenten in einem kurzen Verbindungsgang. Zur linken ist ein Hochsicherheitsaufzug, der auf das Oberdeck führt. Zur rechten geht es ins Freie. Geradeaus deuten allerdings gekreuzte Messer und Gabeln über der Tür auf die Messe hin. Die Agenten dringen dort ein, sehen sich um und finden einen weiteren Ausgang, der aber über ein Chipkartenschloss gesichert ist. Vasily beschäftigt sich eine Weile damit und kann die Tür schließlich öffnen.

Im dahinter liegenden Bereich befinden sich mehrere Computer-Arbeitsplätze. Noch immer sind die Agenten niemandem begegnet. Vasily setzt sich an einen der Arbeitsplätze und sieht nach, was sich hier an Informationen mitnehmen lässt.

Zunächst stößt er auf einen umfangreichen Email-Verkehr. Die wichtigsten Kommunikationspartner mit der Belegschaft der HMS Proserpine ist eine Einrichtung namens „Ring“. Vasily findet heraus, dass es sich dabei um das Hauptquartier der Operation Edom handelt und dass es sich in Surrey, genauer gesagt in dem Örtchen Godalming, etwa 50 Kilometer südwestlich von London, befindet. „Godalming?“, fragt Cevas. „So hieß doch dieser Aristokrat bei Stoker!“ Seine Gefährten nicken. Kristina sagt: „Arthur Holmwood, Lord Godalming! Übrigens der Vorfahr unserer reizenden Freundin Tabitha, die wir in Bukarest kennengelernt haben.“ Vasily entdeckt außerdem noch, dass die meisten Emails aus „Ring“ von einem gewissen „Duke Tenan“ stammen. Auch nach diesem Namen wird recherchiert. Die Agenten erkennen, dass es sich offensichtlich um einen Decknamen handelt. Duke Tenan war ein Stammesfürst des hebräischen Volkes der Edomiter. „Bizarr!“, sagt Cevas. „Irgendwie scheint Operation Edom von einem göttlichen Sendungsbewusstsein beseelt zu sein.“ Vasily entdeckt außerdem noch ein paar Emails von „Seward´s Asylum“. „Das Irrenhaus von Dr. John Seward… ein weitere Handlungsort aus Stokers Roman!“, sagt Cevas. „Und auch hier kennen wir einen Nachkommen“, meint Kristina: „Dr. Jaqueline Seward, die Nervenärztin mit Adoptivambitionen.“

Dann stößt Vasily auf eine Datei, in der die gegenwärtigen Gefangenen der HMS Proserpine festgehalten sind. „Eine Handvoll Leute mit südamerikanisch oder arabisch klingenden Namen!“, sagt Vasily. „Hier ist Samir: Zelle 3! Aber schaut euch das an!“, er ruft erstaunt aus: „Es scheint einen oder mehrere besondere Sicherheitsbereiche zu geben. Und dort finden sich die Namen Lucy Westenra und Elizabeth Báthory!“ Die Agenten sind schockiert. Die Blutgräfin hier auf der Ölplattform? Lucy Westenra, Stokers Roman zufolge Draculas erstes britisches Opfer, ebenfalls hier? „Das gibt´s doch nicht!“, sagt Yuri. Aber Vasily forscht noch in ein paar weiteren Dokumenten und findet ein paar Informationen mehr: „Hier sieht es danach aus, als wäre Lucy Westenra zunächst auf einem Kreuzer gefangen gehalten worden, dann hat man sie nach Scapa Flow gebracht und nach dem Bau der Ölplattform wurde sie dann hierher gebracht. Elizabeth Báthory wird offenbar erst seit den Siebziger Jahren hier festgehalten.“ Die Agenten schauen sich mit großen Augen an. Yuri sagt: „Wir müssen noch vorsichtiger sein, als gedacht! Ein paar Hinweise haben wir. Lasst uns Samir befreien und dann verschwinden.“ Seine Gefährten sind einverstanden.

Aus dem Raum mit den Computer-Arbeitsplätzen führen abgesehen vom Durchgang zur Messe noch drei weitere Ausgänge hinaus. Alle Türen lassen sich nur mit Chipkarten öffnen, der Mechanismus ist aber immer gleich, sodass Vasily schnell eine weitere Tür zur Linken öffnen kann. Hinter dem Durchgang befindet sich ein Aufenthaltsbereich mit bequemen Sofas, einem Tisch, auf den ein Schachbrett eingraviert wurde und ein paar Regale mit ein paar Spielsachen und Büchern. Links von dem Bereich befindet sich ein Hochsicherheitsaufzug – vielleicht ein weitere Zugang zu dem Aufzug, den sie bereits entdeckt haben. Geradeaus befindet sich eine Tür mit Bullaugen, durch die Licht fällt. Zur Rechten ist ein Bereich durch den ein paar große Lüftungsschächte führen, die offensichtlich auf der gesamten Ölplattform für Frischluft sorgen. Die Agenten gehen zwischen den großen Rohren hindurch und gelangen in einen dahinter liegenden weiteren Wohnbereich mit kleineren Kabinen. Auch hier befinden sich Namensschilder neben den Türen, diese aber besitzen höhere Titel. „Hier wohnt das Führungspersonal“, flüstert Vasily. „Was sollen wir hier? Kehren wir zurück!“

Nun schleicht sich Cevas im Aufenthaltsbereich an das erleuchtete Bullauge heran und blickt vorsichtig in den dahinter liegenden Raum. Seinen Gefährten sagt er: „Ein Wachraum. Zwei Typen sind dort und schauen auf irgendwelche Überwachungskameras. Sie sehen nicht alarmiert aus, machen aber ihren Job. Im hinteren Bereich des Raumes befindet sich ein weitere Hochsicherheitsaufzug und zwei weitere Türen.“ Was bewachen diese Wachen, fragen sich die Agenten. Vielleicht Gefangene? Die Agenten beschließen, die Wachen auszuschalten. Kristina reißt die Tür zur Wachstube auf, schießt und einer der Gegner fällt tot zu Boden. Auch Yuri gibt einen Schuss ab, verfehlt seinen Gegner aber. Dafür schiebt sich Cevas an ihm vorbei, stürzt mit seinem Kukri-Messer auf die verbliebene Waffe zu und schlitzt ihr, noch bevor sie ihre Waffe aus dem Halfter ziehen konnte, mit einem einzigen Schlag die Kehle auf. Nach einem kurzen Röcheln bricht auch dieser Gegner zusammen. Die Wachstube ist blutbesudelt, Cevas auch.

Die Agenten wenden sich nach links, passieren eine Tür und finden sich in dem Bereich für das Einchecken neuer Gefangene wieder, in dem sie zu Beginn ihrer Infiltration schon einmal waren. Als sie in die Wachstube zurückkehren, sind irgendwo in einem entfernten, höher gelegenen Bereich der Ölplattform Geräusche zu hören. Türen schlagen, Rufe sind zu hören, Schrittgeräsuche erklingen. Es sieht so aus, als wären die Agenten entdeckt worden. Erst jetzt fällt den Agenten auf, dass die Nacht auch schon vergangen ist und ein diesiges Tageslicht durch die Fenster fällt. „Jetzt aber los!“, sagt Vasily.

Die Agenten sich nach rechts, passieren eine Tür und sind in einem Bereich mit Zellen. Die Nummern reichen von 11 – 20, sie suchen aber Samirs Zelle mit der Nummer 3. Durch eine zweite Tür verlassen die Agenten den Bereich wieder und stehen plötzlich am Rand der Ölplattform auf dem metallenen Laufsteg, der um die gesamte Anlage herum führt. In unmittelbarer Nähe befindet sich eine Treppe, die zurück zur untersten Ebene führt. Die Agenten steigen hinab und stehen vor weiteren Zellenbereichen. Noch einmal durchqueren sie einen falschen Bereich, dann stehen sie endlich im Bereich mit den Zellen 1 – 10. Schnell ist Samirs Zelle gefunden und von Vasily geknackt. Samir macht große Augen und folgt seinen Gefährten schnell.

Wieder wenden sich die Agenten nach draußen, denn auch auf dem unteren Deck läuft ein metallener Steg um die gesamte Ölplattform herum. Da es nicht mehr lange dauern kann, bis sie von irgendwelchen Verfolgern gestellt werden, springen sie ins Meer, schwimmen zu ihren Tauchscootern und mit diesen dann zurück in Richtung Helikopter. Nachdem sie den Bereich deer Ölplattform verlassen haben werden Männer auf dem Unterdeck sichtbar, die ihnen ein paar Kugeln hinterherjagen. Vasily bekommt dabei einen Streifschuss ab, ansonsten erreichen alle wohlbehalten den Hubschrauber. Yuri setzt sich hinter das Steuer und startet, aber schon bald sagt Kristina: „Schaut mal, auf der Plattform startet eben auch ein Helikopter!“

Obwohl Yuri Gas gibt wird schnell deutlich, dass sich der verfolgende Helikopter nicht so leicht abschütteln lassen wird. Schüsse fallen, sowohl von den Verfolgern, als auch von den Agenten. Der gegenrische Hubschrauber gerät zeitweilig ins Trudeln, aber auch der Hubschrauber der Agenten wird beschädigt. Schließlich ist der Feind sehr nah. Cevas wirft sein Kukri-Messer direkt in die Rotoraufhängung der gegnerischen Maschine hinein und hat Glück. Offensichtlich wurden die Propeller blockiert. Eine Rauchfahne hinter sich herziehend stürzt der gegnerische Helikopter ins Meer.

Auf dem weiteren Flug erzählt Samir, wie es ihm ergangen ist. Er wurde von ein paar Leuten von Operation Edom verhört. Gefragt wurde er vor allem nach den Plänen und dem Informationsstand der Agenten. Bisher konnte er schweigen, musste sich aber immerhin die Drohung anhören, dass man ihn leicht zum Renfield machen könne. Dann würde er schon gesprächig werden.

Cevas kennt sich aus: „Zum Renfield? Das war in Stokers Roman dieser wahnsinnige Diener von Dracula, der übermenschliche Stärke besaß und seinem Herrn und Meister willenlos ergeben war! Die Drohung sollten wir ernst nehmen. Wenn Operation Edom schon zwei Vampire in ihrer Gewalt haben, besitzen sie sicherlich auch die Möglichkeit, aus Menschen Renfields zu machen!“

Kurz darauf meldet sich über Funk ein aufgeregter Matthijs und spricht: „Endlich habe ich wieder Kontakt zu euch! Wo bleibt ihr denn? Wir vermissen euch seit gestern abend!“ Yuri antwortet ohne längere Erklärungen: „Wir sind gleich zurück.“ Zunächst aber landen die Agenten den Helikopter in einem einsamen Waldgebiet. Yuri schaut sich die Einschusslöcher an, die der Hubschrauber abbekommen hat, und erkennt: „Den werden wir nicht ohne peinliche Nachfragen zurückgeben können. Lasst ihn uns einfach hier lassen und verschwinden.

So geschieht es. Ein geknacktes Auto später fahren die Agenten die Landstraße entlang und überlegen sich, wie sie weiter vorgehen. Sie wissen, wo das Hauptquartier von Operation Edom liegt, dass Seward´s Asylum Verbindungen zu Edom unterhält, kennen ein paar Gefangenennamen von der HMS Proserpine und eine Galerie in London, in der sich Bilder von Francis Aytown, einem der Dracula Jäger aus viktorianischen Zeiten, befinden. Vasily aber sagt: „Wir sind in Norwegen, Freunde! Schweden ist nicht allzu weit. Mir wäre es lieb, wir nutzten die Gelegenheit und sähen mal nach, was mit meiner Frau los ist.“ Die Agenten schweigen eine Weile, dann sagt Cevas: „Kann ich verstehen.“ Er lenkt den gestohlenen Wagen Richtung Stockholm.

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Das war ein cooles Kommandounternehmen. Wie üblich waren meine Spieler vorsichtig. Zu den Vampiren und den wirklich heißen Orten auf der HMS Proserpine sind sie gar nicht gekommen. Macht aber nichts. Sie haben wichtige Informationen bekommen, mit denen das Spiel weitergehen kann. Und sie sind ohne gravierende Folgen wieder von der Ölplattform herunter gekommen. Insgesamt also ein Erfolg, der meine Spieler auch gefreut hat.

Jetzt muss ich allerdings erstmal sehen, was ich aus dieser Sache mit Vasilys Frau mache. Hier bewegen wir uns gerade mal über die Grenze des Dracula Dossiers hinaus. Ich habe das Abenteuer „The Slayer Elite“ aud den „The Edom Files“ im Kopf, dass sich vielleicht ein bisschen ummodeln lässt und so als Befreiungsaktion für Vasilys Gattin verwendet werden kann. Das muss ich mir aber nochmal genauer ansehen.

Chiarina:
In den Schären von Stockholm (14)



Am zweiten Tag ihrer Fahrt durch Skandinavien nähern sich die Agenten Stockholm. Vasily versucht Linus Linderoth zu erreichen, den befreundeten Anwalt, den er mit der Verteidigung seiner Frau beauftragt hat. Allerdings ist der Mann nicht erreichbar. Die Mailbox seiner Kanzlei enthält eine automatische Information, dass die Kanzlei noch bis zum Ende des Monats Urlaub mache. Dann werden Anrufer aufgefordert, sich in dringenden Fällen an die Kanzlei Viklund zu wenden.

Vasily wundert sich: Warum macht Linderoth gerade jetzt Urlaub und erzählt ihm nichts davon? Nach einer Weile ruft er die Kanzlei Viklund an. Von einer dortigen Mitarbeiterin erfährt Vasily, dass die beiden Kanzleien tatsächlich ein gutes kollegiales Verhältnis miteinander pflegen und auch öfter gegenseitig Urlaubsvertretungen machen. Vasily sei allerdings jetzt der dritte Klient von Linderoth, der bei Viklund anruft und das seltsame ist, dass Linderoth Viklund über seinen Anruf gar nicht informiert habe.

Vasily wundert sich noch mehr. Dann erzählt er der Mitarbeiterin, dass Linderoth die Verteidigung seiner Frau übernommen habe und auch ihm von seinem Urlaub nichts erzählt habe. Die Frau aus der Kanzlei fragt Vasily, ob er möchte, dass Viklund den Fall übernimmt. Etwas zögerlich willigt Vasily ein. Nach ein paar ersten Informationen erzählt ihm die Frau, dass sie sich zunächst einmal bei der schwedischen Polizei melden wolle. Normalerweise lässt sich so herausbekommen, in welchem Gefängnis Vasilys Gattin in Untersuchungshaft sitzt und ob ein Besuch der Gefangenen möglich sei. Vasily stimmt zu und verspricht auf den Rückruf der Kanzlei zu warten.

Inzwischen erreichen die Agenten Stockholm. Sie nehmen sich ein Hotelzimmer, richten sich ein wenig ein und beginnen weitere Pläne zu machen, als die Kanzlei Viklund zurückruft. Die Anruferin wirkt etwas durcheinander: „Hören Sie, wir können Ihnen nicht sagen, was da los ist. Als wir aber der Polizei erzählt haben, dass wir die Vertretung des Gatten von Natasha Zhukovskaya übernommen haben, war es, als hätten wir in ein Hornissennest gestochen. Wenig später hatten wir den Stockholmer Polizeidistriktleiter am Apparat, der uns dringend um Kooperation gebeten hat. In diesem Moment sind ein paar Beamte auf dem Weg zu uns, denen wir in Kürze das Wenige erzählen werden, was wir wissen. Es sieht alles danach aus, als wolle man Sie in die Finger bekommen. Insgesamt ist uns die Sache zu heiß. Weil Sie offen zu uns waren, wollten wir sie aber nicht uninformiert lassen. Alles Gute!“

Genervt vernichtet Vasily sein Handy und blickt fragend seine Mitstreiter an. Kristina meint: „Immer mit der Ruhe. Das hier ist auch meine Stadt. Ich habe hier ein paar Freunde und Bekannte. Besorgt doch inzwischen neue Ausrüstung, ich höre mich ein wenig in Polizeikreisen um und versuche zu erfahren, was mit Vasilys Frau passiert ist.“

Es dauert eine Weile, bis Kristina einen alten Bekannten erreicht. Der Mann ist Polizist und freut sich, dass Kristina sich meldet, als aber der Name von Vasilys Frau schweigt er erst einmal. Kristina redet geduldig auf ihn ein und irgendwann erzählt ihr Bekannter widerstrebend, dass Natasha Zhukovskaya bei einem Gefangenentransport, der sie zu einer Vorladung bringen sollte, geflohen sei. Alles deute darauf hin, dass sie Unterstützung gehabt habe. Kristina gibt vor, lediglich aus beruflichem Interesse neugierig auf den Fall zu sein, aber ihr Bekannter weigert sich, ihr weitere Informationen zu liefern. „Jedenfalls nicht am Telefon…“, sagt er. Am frühen Abend trifft er sich mit Kristina in einem Starbucks Café.

Nach ein wenig Smalltalk packt der Polizist schließlich aus. Natasha Zhukovskaya sollte vor 5 Tagen einem Richter vorgestellt werden und ist mit einem Sicherheitstransporter dorthin gebracht worden. Vier Sicherheitsbeamte haben sie aus diesem Weg begleitet. Das Auto sei aber durch ein anderes Auto so aggressiv gerammt worden, dass es zum Stillstand gekommen sei. Dann habe ein Überfall stattgefunden, bei dem die vier Wachen ermordet wurden. Der Transportraum, in dem sich die Gefangene befunden habe, sei durch unerklärbare Kraftanstrengungen aufgebrochen worden. Von der Gefangenen fehle jede Spur. Der einzige Hinweis auf irgendeinen Täter habe sich auf einem Handy eines der Beamten befunden. Der Mann habe offensichtlich im letzten Moment noch ein Foto machen können, bevor er getötet wurde.

Kristinas Bekannter sagt: „Dieses Foto kennt inzwischen jeder Polizist in Stockholm. Für die Öffentlichkeit ist es allerdings nicht freigegeben.“ Trotzdem lässt er Kristina einen kurzen Blick darauf werfen. Auf dem Bild ist ein vermummter Mann in einem kurzärmligen T-Shirt, der dem Fotografen seine rechte Faust entgegenstreckt. Sein Arm sieht knochig aus, auf seinem rechten Ellbogen und Unterarm ist ein russisches Kreuz, dessen oberer Arm schräg steht, tätowiert. Den Unterarm hinunter befinden sich kyrillische Schriftzeichen. „Ein Zalozhniy“, denkt Kristina sofort und bearbeitet ihren Bekannten noch etwas. Irgendwann erlaubt er ihr, das Foto mit ihrem eigenen Handy abzufotografieren. Die Qualität ist nicht berauschend, vielleicht reicht es aber für ein paar weitere Nachforschungen. Kristinas Bekannter nimmt ihr das Versprechen ab, das Foto nicht weiter zu verbreiten. Nach zwei weiteren Bier verabschiedet sich Kristina und fährt zurück in ihr Hotel.

Hier zeigt sie Vasily und ihren anderen Kollegen das Bild. Vasily, Yuri und Cevas erkennen die kyrillischen Schriftzeichen aus dem Unterarm des Killers: Verhöhnt sei das Land! Yuri erklärt: „Verballhornte russische Insignien und die lästerlich umgedichtete russische Hymne: das sind Tätowierungen wie sie in der russischen Mafia üblich sind. Und wenn ich mich nicht irre, kennen wir genau diese Tätowierungen bereits. Wir haben sie in Wien auf dem Unterarm des Zalozhniy gesehen, der in dieser U-Bahn-Station diese CIA-Agentin ermordet hat.“ Vasily versucht sich zu erinnern: „Haben wir damals nicht sogar nach diesen Tätowierungen recherchiert?“ Cevas erinnert sich, dass sie in der Wiener Stadtb ibliothek auf Mikrochips ein Werk des russischen Kriminalisten Danzig Baldajew einsehen konnten, darin von den von russischen Gefängnistattoos erfahren haben und durch einen glücklichen Zufall sogar eine Abbild genau der Tätowierungen finden konnten, die der besagte Zalozhniy trug. „Ich glaube, weiter sind wir nicht gekommen“, sagt Vasily. „Vielleicht sollten wir nochmal in das Buch hineinschauen. Mit etwas Glück erfahren wir, wer diese Tätowierungen auf dem Arm trug… oder trägt.“

Diese Nachforschungen nehmen den nächsten Tag in Anspruch. Die Mikrochips sind erfreulicherweise digitalisiert und lassen sich über eine Fernleihe einsehen. So erfahren die Agenten, dass es sich bei den Zalozhniy um Aslan Ussojan alias Opa Hassan handelt. Der Mann ist ein hochrangiges Mitglied einer russischen Mafiaorganisation und hat in einem Anfall unüberlegter Großmäuligkeit 2011 allen seinen Gegnern den offenen Krieg erklärt. Einer seiner Gegner war die Lisky Bratva. 2013 wurde Opa Hassan auf offener Straße durch einen Heckenschützen per Kopfschuss ermordet wurde.

„Interessant!“, sagt Cevas. „Wir können mal ausprobieren, ob es stimmt, dass sich die Zalozhniye ins Grab bringen lassen, wenn man ihnen zum zweiten Mal dieselbe tödliche Wunde beibringt“. Kristina nickt. „Wir wissen allerdings nicht, wo Opa Hassan steckt“, sagt Vasily. „Und wir wissen auch nicht, wo meine Frau ist. Wenn das aber Russensind, werden sie sie vielleicht früher oder später dorthin bringen wollen.“ Vasily überprüft ein paar Schifffahrtsgesellschaften, die regelmäßig zwischen Schweden und Russland verkehren und stößt dabei irgendwann auf einen russischen Großindustriellen namens Vitya Yakovich, der ganz in der Nähe von Stockholm, im Vorort Nacka, an einem See eine Villa besitzt. Die Agenten schauen sich die Lage des Hauses an. Es liegt auf einer kleinen Halbinsel an einem See, eine einzige Straße führt dorthin. Der See ist ist aber groß genug für Bootsverkehr und besitzt sogar einen Zugang zu den Schären und damit letztlich auch zur Ostsee. Die Agenten beschließen, sich am nächsten Tag ein Boot zu leihen und sich das Haus von der Seeseite aus ein wenig näher anzusehen.

Für alle Fälle chartert Vasily auch noch eine hochseetaugliche Yacht. Die Agenten wollen darauf vorbereitet sein, bei Bedarf eine längere Verfolgungsjagd über die Ostsee nach Russland unternehmen zu können. Die Yacht wird an einer relativ nahen Anlegestelle in den Schären abgestellt, dann mieten die Agenten ein kleines Motorboot für die Fahrt auf dem See hinter Yakovichs Villa.

Langsam tuckert Yuri mit dem Motorboot an dem Anwesen vorbei. Die Agenten erkennen ein großes Herrenhaus mit einem kleinen Turm. Das Gelände ist mit einem hohen und stabilen Zaun abgeriegelt. Ein oder zweimal kommt ein Security-Mann mit einem Hund in Sicht. Neben dem Haus steht eine relativ große Garage, ein paar Autos stehen aber außerdem noch auf einem Parkplatz im Freien. Direkt am See befindet sich ein Bootshaus, dessen Zugang für Wasserfahrzeuge durch ein herunterfahrbares Tor gesperrt ist. Wie weit das Tor ins Wasser reicht, ist nicht zu erkennen. Yuri schätzt, dass das Bootshaus etwas vier kleinen Booten Platz bieten könnte. Am Ende beschließt Vasily seine Beobachtungsdrohne einmal über das Grundstück fliegen zu lassen. Die Aktion bringt eine interessante neue Information: Das Dach des Bootshauses lässt sich besitzt einen Schiebemechanismus und lässt sich offenbar öffnen. Die Agenten beschließen daraufhin, dass sie genug gesehen haben.

Dann wird ein Plan entwickelt. Allessieht danach aus, als sei Vasilys Frau von der Lisky Bratva und einem ihrer Zalozhniye entführt worden. Wenn sie sich hier im Haus von Yakovich befinden sollte, wird sie vielleicht früher oder später nach Russland gebracht. Der Weg dorthin könnte eine Gelegenheit sein, sie zu befreien.

In der Dunkelheit des frühen Morgens fahren die Agenten erneut mit dem Boot zu Yakovichs Villa. Vasily und Kristina haben Neoprenanzüge dabei, springen vom Boot und tauchen unter dem Tor des Bootshauses ins Innere. Sie gelangen zu einer Anlegestelle. Gedämpftes Licht erfüllt den Raum. Es stammt von einem Nachbarraum mit einer großen Glasscheibe zur Anlegestelle. Vasily späht vorsichtig über die Kante und erkennt zwei Männer, die sich dort recht zwanglos unterhalten. Sie sehen nach weiteren Security Männern aus. An der Anlegestelle liegt ein einzelnes Boot, ein paar Meter weiter steht außerdem noch ein kleiner Helikopter für vier Personen. Kristina und Vasily sind beeindruckt. Dann bringt Vasily eine kleine Kamera im Bootshaus an, über die die Agenten erkennen können, wann hier ein Fahrzeug startet. Am Boot wird außerdem ein Peilsender befestigt. Und nach einigem Überlegen, wagt es Vasily, zum Helikopter zu sprinten und auch dort einen Peilsender anzubringen. Kristina gibt ihm Feuerschutz, aber obwohl Vasily kurz stolpert, bemerken ihn die Männer im Nebenraum nicht. Kristina und Vasily verlassen schnellstmöglich wieder das Bootshaus und entfernen sich mit ihrem Boot.

Dann warten die Agenten in ihrem Hotel. Zwei Tage später können sie über die Mikrokamera in Yakovichs Bootshaus beobachten, wie das Boot startklar gemacht wird. Sie begeben sich ebenfalls zum See, leihen sich erneut ein kleines Motorboot und beobachten zeitgleich, wie Vasilys Frau auf Yakovichs Boot gebracht wird. Begleitet wird sie von zwei wenig vertrauenswürdig aussehenden Russen und einem Zalozhniy: Opa Hassan!

Das Boot der Russen startet, auf dem Deck sind die beiden Russen. Einer steht am Steuer, der andere unterhält sich mit ihm. Vasilys Frau und der Zalozhniy sind nicht zu sehen und halten sich offenbar unter Deck auf. Yuri nimmt mit dem Boot der Agenten die Verfolgung auf. Nach einigen Kanälen erreichen die Boote die Schären. Das russische Boot nimmt eine Route abseits der touristischen Fährverbindungen. Der dortige Steuermann entdeckt irgendwann, dass sein Boot verfolgt wird und versucht zu entkommen, aber Yuri hat ihm bereits geschickt den Weg abgeschnitten. Nun ziehen die Russen Revolver und wenig später stürmt der Zalozhniy mit einem Sturmgewehr auf das Deck.

Kristina legt auf ihn an und schießt ihm in den Schädel. Opa Hassan bricht blutüberströmt zusammen. Cevas grinst. Er empfindet Genugtuung, einem Zalozhniy seiner wohlverdienten ewigen Ruhe zuzuführen. Die beiden Russen beginnen jetzt allerdings zurückzuschießen. Kristina bekommt bei der Gelegenheit einen Streifschuss ab, aber eine echte Chance haben ihre Gegner nicht. Vasily schießt einen von ihnen an und Cevas´ über das Wasser sausende Kukrimesser gibt ihm den Rest. Tödlich verwundet stürzt er ins Wasser. Der andere Russe wird von Kristina angeschossen und ergibt sich.

Yuri steuert das Boot an das der Russen. Der Verwundete Gegner wird gefesselt und unter Deck gebracht. Wenig später führt Vasily seine Frau an Bord. Sie nickt Vasilys Mitstreitern mühsam zu. Offensichtlich hat sie viel durchgemacht. „Und jetzt?“, fragt Cevas. „Wie geht es weiter?“ „Erstmal den Gefangenen verhören, meint Kristina. „Alles weitere besprechen wir später.“

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Nette kleine Episode zwischendurch, die meinen Spielern Spaß gemacht hat.

Den Gegner kommen zu lassen, statt die Villa zu infiltrieren, fand ich ein kluges Vorgehen.

Noch hat niemand nachgesehen, wie es Vasilys Frau ergangen ist. Ich habe Zeit, um mir das gut durch den Kopf gehen zu lassen.

Die nächste Sitzung wird spannend für mich, weil ich noch gar nicht so genau weiß, was meine Spieler planen: England? Rumänien? Vielleicht sogar Russland? Wir werden sehen.

Chiarina:
Kunst in Soho, London (15)



Während die Kristina, Cevas und Vasily den gefangenen Russen befragen, steuert Yuri das Boot der Spieler Richtung Helsinki.

Der Gefangene gibt zu, dass er zur Lisky Bratva gehört. Als Namen gibt er Urvan Buturovich Vladimirovich an. Angeblich hatte er gemeinsam mit seinem Kompagnon den Auftrag, Natasha Zhukovskaya mit dem Boot nach Russland zu bringen. Als Auftraggeber nennt der Mann Olya Obolonchyk, ein Name, den die Agenten bereits kennen. Es ist derselbe Mann, dem Geerd Hoorn im Darknet seine Informationen über auffällige Schiffsfrachten geliefert hat. „Der war bei dieser seltsamen Sonderabteilung URPO…“, sagt Cevas. „Direktion zur Infiltration krimineller Organisationen. Kennst du eine Möglichkeit mit dem Mann Kontakt aufzunehmen?“ Der Gefangene murmelt: „Im Moment ist er öfter im Nachtclub Colectiv in Bukarest.“ Und der Zalozhniy, den ihr da an Bord hattet?“, will Vasily wissen. „Weiß die russische Regierung von diesen Monstern?“ „Keine Ahnung“, sagt der Gefangene. „Die Lisky Bratva hat manchmal Geschäfte mit Leuten von der Regierung.“ "Was für Zalozhniye kennst du?", will Cevas wissen. Der Gefangene starrt Cevas zunächst verständnislos an. Dann sagt Cevas: "Na, die Namen... und die Todesursachen!" Erst zögert der Mann, dann packt er aber aus: "Die Namen kenne ich nicht. Ich weiß sicherlich auch nicht von allen. Die Lisky Bratva hat vielleicht ein Dutzend, vielleicht auch etwas mehr. Ich weiß von einem Verbrannten mit fast völlig schwarzer Haut, von zwei Vergifteten, einem im Kugelhagel Gestorbenen mit etlichen Einschusslöchern, einem mit zerschmettertem Schädel und einem, der einen Abhang heruntergestürzt ist." Die drei Agenten schauen sich an und legen die Stirn in Falten. Cevas sagt: "Na, immerhin".

Auf ihrem Weg nach Finnland steuert Yuri eine dieser kleinen Inseln mit einem Durchmesser von 500 Metern an, von denen es zwischen Ostsee und bottnischem Meerbusen einige gibt. Dort laden sie den Gefangenen ab und überlassen ihn seinem Schicksal.

In der Nacht kommt es zu einem Gespräch zwischen Vasily und seiner Frau. Es ist der erste Moment zu zweit, den die beiden seit langer Zeit erleben können. Natasha erzählt ihrem Mann, sie habe nie einem Priester das Ohr abgebissen und auch ihr Widerstand gegen die Ordnungskräfte sei frei erfunden. Vasily erzählt ihr ein paar Dinge, die er seit ihrer letzten Begegnung erlebt hat. Als die beiden Eheleute Pläne für die Zukunft machen, beginnt Natasha über Russland zu sprechen: „Es sieht doch ganz so aus, als ob ihr einen übernatürlichen Gegner verfolgt! Wäre es da nicht gut, selbst auf übernatürliche Unterstützung zurückgreifen zu können? Mit den Briten scheint ihr schlechte Erfahrungen gemacht zu haben, aber warum versucht ihr nicht mit den Russen Kontakt aufzunehmen? Mit diesen Zalozhniye als Gefolge hättet ihr doch eurem Feind gegenüber weitaus bessere Karten!“ Vasily erzählt ihr, dass diese Wesen durch irgendwelche finsteren Rituale zu einem unheilvollen Nachleben erweckt werden. Er erzählt ihr auch, dass es nicht die Regierung ist, sondern eine Mafiaorganisation, die diese Rituale durchführt. Dann erzählt er ihr, dass das Erscheinen des Zalozhniys unter ihren Entführer wahrscheinlich darauf hindeutet, dass die russische Regierung mit diesen Mafialeuten kooperiert. Und die Tatsache, dass sie Natasha entführen wollten, sähe für ihn auch nicht unbedingt nach einer friedlichen Kooperation aus. Natasha sagt: „Vielleicht ist es ihre Art einer Kontaktaufnahme. Sicherlich recht aggressiv, aber vielleicht nicht unbedingt feindlich. Es scheint doch fast zu sein, als hätten sie an dir und deinen Leuten ein besonderes Interesse. Selbst wenn du mit ihren Methoden nicht einverstanden bist, ist aber doch vielleicht eine Art begrenztes Bündnis mit ihnen möglich!“ Vasily sagt: „Diese Mafiatypen, mit denen sich die russische Regierung wahrscheinlich eingelassen hat, sind Menschenhändler, die nach Europa geschmuggelte Menschen als Sexsklaven weiterverkaufen!“ Natasha schweigt. Vasily auch. Beide hängen eine Weile ihren Gedanken nach.

Am Morgen nimmt Vasily Kontakt zu ein paar finnischen Bekannten auf, verschafft seiner Frau eine winzige, unbedeutende Stelle als Redakteurin bei der Regionalzeitung von Laitila, einem Örtchen, etwa 40 Kilometer nördlich von Turku, und setzt sie dort ab. „Pass auf dich auf!“, sagt Vasily. „Du auch“, sagt Natasha. Daraufhin kehren die Agenten zu ihrem Boot zurück, das Yuri nach London fährt.

Zwei Tage später schieben die Agenten ihr Boot heimlich nachts auf einen verlassenen Strand an der Themsemündung. Am nächsten Morgen machen sie sich auf nach London. Sie haben großen Respekt vor den allgegenwärtigen Überwachungskameras, weil sie wissen, dass sie in Großbritannien als vermeintliche Terroristen gesucht werden. Gegen Mittag stehen sie in Soho an einer Straßenecke. Schräg gegenüber befindet sich der „Drawing Room“, die Galerie von Vivienne Aytown-Baptiste. Sie befindet sich in einem dreistöckigen Mehrparteien Mietshaus. Zuerst wird das Gelände sondiert. Cevas betritt einen kleinen Hinterhof. Von hier ist ebenerdig ein Wintergarten zu erreichen, der an das Haus angebaut wurde. Durch die großen Fenster ist zu sehen, dass in ihm ein paar Kunstwerke ausgestellt sind. Der Zugang ist allerdings abgeschlossen. Die Agenten an der Straße können miterleben, wie eine Person das Haus verlässt. Mit einem schnellen Schritt nutzt Vasily die Gelegenheit und verhindert, dass die Tür ins Schloss fällt. Cevas kommt zurück und berichtet. Dann begeben sich alle Agenten ins Treppenhaus. Ein Klingelschild an der Tür im Erdgeschoss links trägt Aytown-Baptistes Namen, aber auf das Klingeln der Agenten tut sich nichts. Ein Mann kommt die Treppe herab, sieht die vier Agenten klingeln und sagt nebenher: „Ich habe die Galeristin schon zwei, drei Tage nicht mehr gesehen.“ Dann verlässt er das Haus. Vasily schaut seine Gefährten an, diese nicken ihm zu und er knackt die Wohnungstür der Galeristin.

Im Inneren der Wohnung machen die Agenten ein paar interessante Entdeckungen:

In der eigentlichen Galerie hängen moderne Kunstwerke. Die meisten zeigen afrikanische Einflüsse. Die Werke sind für die Agenten uninteressant.

Im Wohnzimmer findet sich eine helle Stelle an der Wand. Offensichtlich hing hier längere Zeit ein Gemälde, das seit kurzem nicht mehr hier hängt. Außerdem hängen ein paar alte Fotos an den Wänden. Hinweisschilder informieren darüber, dass diese Fotos Francis Aytown gemacht hat. Die Agenten können aber auch auf ihnen nichts Interessantes erkennen.

Cevas sagt: „Möglicherweise ist uns jemand zuvorgekommen. Hier könnte gut dieses Doppelportrait gehangen haben, von dem uns Schlomo Andrejew erzählt hat.“ Die anderen Agenten nicken grimmig.

Irgendwann entdecken die Agenten auch den Lagerraum der Galeristin. Neben vielen anderen aussortierten Stücken finden sie hier irgendwann hintereinander auf dem Boden an der Wand stehend fünf gerahmte Fotografien hinter Glas. Hinter der letzten befindet sich noch eine grüne Kartonmappe mit weiteren Fotos, vier Schnappschüssen und sechs misslungenen Bildern. Auf der Rückseite der Bilder ist mit einem Bleistiftvermerk als Fotograf Francis Aytown genannt. Außerdem finden sich dort auch Datierungen der Aufnahmen und hin und wieder auch Hinweise auf das fotografierte Motiv.

Die Agenten nehmen die Fotos mit und wollen schon die Galerie verlassen da sagt Vasily: „Moment! Ist euch schon aufgefallen, dass es gar keinen Computer in der Wohnung gibt?“ Die Agenten sehen genauer nach und können sogar feststellen, dass an zwei Stellen der Wohnung noch Kabel an Netzanschlüssen hängen. Die Computer selbst sind weg. „Sieht nicht gut aus“, meint Yuri. Beim Verlassen der Wohnung ruft Kristina aber aus: „Seht mal da! Da hängt ein USB-Stick an einem der Schlüsselhaken neben der Eingangstür!“ „Den hat wohl jemand übersehen!“, sagt Vasily und steckt den Stick in die Tasche.

Dann nehmen sich die Agenten in einem nahe gelegenen Hotel ein paar Zimmer und schauen sich in Ruhe an, was sie gefunden haben. Parallel dazu recherchieren sie immer wieder im Dracula Dossier. Schließlich können sie folgende Schlüsse ziehen:

Francis Aytown war offenbar Mitglied der Gruppe um Abraham Van Helsing, die 1894 versuchte Draculas Pläne in London zu vereiteln und ihm nach Transsylvanien gefolgt sind um auf Vampirjagd zu gehen. Aus irgendeinem Grund wurde Aytown in der Fassung letzter Hand von Stokers Dracula Roman nicht mehr erwähnt. In der Originalfassung, die den Agenten im Dracula Dossier zur Verfügung steht, ist er aber noch als Romanfigur enthalten.

Auf den Rückseiten der Fotografien in der grünen Kartonmappe befindet sich die Angabe „März 1894“. Es ist das Jahr, in dem die Handlung von Stokers Roman spielt. Die Bilder sind 10 x 13 cm groß und mit einem zusammenfaltbaren Kodak Apparat geschossen, der sich auf Reisen relativ leicht transportieren lässt. Die Bilder sind in zerknittertem und verblasstem Zustand. Fotografiert wurden Van Helsing mit einer Pistole in der Hand, Jack Seward beim Zeitunglesen und Quincey Morris. Die Abgebildeten befinden sich in einem Wohnzimmer oder in der Diele eines Hauses bzw. einer Wohnung in London. Ein viertes Bild ist verschwommen und zeigt das Innere eines verfallenen Gebäudes. Die Agenten können sich keinen rechten Reim darauf machen. Das Foto mit dem zeitunglesenden Jack Seward scannt Vasily ein und jagt es durch ein geeignetes Programm. Dann sagt er: „Seward liest die London Times“. Sechs weitere Bilder sind offensichtlich misslungen. Sie scheinen falsch entwickelt worden zu sein und zeigen seltsame sternförmige Muster. Cevas meint: „Als wären sie mit radioaktivem Material in Kontakt gekommen!“ Auf drei dieser Bilder setzen sich die Muster auf unheimliche Art und Weise zu einem schädelförmigen Umriss zusammen. Cevas ergänzt: „Es kann aber auch sein, dass hier jemand einen Vampir fotografieren wollte.“

Die gerahmten Fotos bestehen aus mehreren Portraitfotos und einem gestellten Gruppenfoto. Sie sind 13 x 18 cm groß und mit einem No. 5 Cartridge Kodak geschossen worden. Die Angaben auf der Rückseite der Portraits lauten: „Jonathan, Mina and Q Harker, 9. Mai 1897“, „Lord Godalming, 9. Mai 1897“, „Van Helsing, 10. Mai 1897“ und „Jack, 10. 5. 1897“. Auf der Rückseite des Gruppenfotos ist lediglich „10. Mai 1897“ vermerkt. Ihr Rahmen und die Glasplatte hat sie relativ gut erhalten, sodass die Agenten ein paar Deja-Vu Erlebnisse machen dürfen.
„Schaut euch Lord Godalming an“, mein Yuri. „Er sieht unserer Freundin Tabitha Holmwood doch recht ähnlich!“ „Und Jack Seward kann seine Verwandtschaft mit der adoptierwilligen Dr. Jaqueline Seward auch nicht verhehlen“, meint Vasily. Cevas aber meint: „Und Van Helsing? Schaut euch die Stirn an! Irgendwie erinnert er mich ein wenig an Geerd Hoorn aus Amsterdam!“ „Ist das dein Ernst?“, meint Kristina. Als sie genauer hinsieht meint aber auch sie eine gewisse Ähnlichkeit zu erkennen. „Wir dürfen die Hintergründe nicht übersehen!“, meint Yuri. Vasily zitiert Stokers Roman und murmelt: „Der alte Boden, der für uns voller schrecklicher Erinnerungen war und ist. Ich nehme an, unsere Freunde hier befinden sich in der Nähe von Burg Dracula.“ Die Hintergründe sind auf jedem der Fotos ein wenig unterschiedlich, Vasily gelingt es aber, sie mit anderen Fotos aus den Karpathen zu vergleichen. Irgendwann kann er zumindest behaupten: „Es ist im Gebirgszug der Calimani Berge, nicht weit entfernt vom Borgo Pass.“

Der gefundene USB-Stick der Galeristin enthält alle ihre Finanztransaktionen. Es lässt sich erkennen, dass vor einigen Tagen ein gewisser „Tinman“ ein Gemälde für 50000 £ erstanden hat. Das Bild wird als „Francis´ Portrait“ bezeichnet. Auf dem Stick findet sich auch ein Auftrag für die Speditionsfirma „Pinnocks Freight Limited“, die das Gemälde einem Kunden bringen sollte. Die Zieladresse liegt in Godalming. „Ring“, sagt Cevas. „Operation Edom hat das Bild gekauft!“ "Und dann die Galeristin entführt?", fragt Kristina. Cevas zuckt mit den Schultern.

Die Agenten machen einen Versuch, über die Speditionsfirma weitere Informationen zu erhalten. Sie brechen in der folgenden Nacht in deren Büros und Fahrzeughalle ein und bekommen das Dienstbuch in die Finger. Diesem Dokument lässt sich entnehmen, dass zumindest einer der Spediteure, die Aytowns Portrait nach Godalming gefahren hat, ein gewisser Kayden Richards war. „Und jetzt?“, meint Kristina. „Sollen wir den Mann aufsuchen, nur um uns anzuhören, dass er tatsächlich der Spediteur war? Das erregt viel zu viel Aufmerksamkeit.“ „Was ist die Alternative?“, will Yuri wissen. „Wir fahren direkt nach Godalming und schauen uns mal im Hauptquartier von Operation Edom um“, meint Cevas. Ein Moment herrscht Stille, aber dann beginnen seine Gefährten langsam zu nicken und Vasily meint: „Auf geht´s!“

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Das war die Sitzung der Handouts. Die „Hawkins Papers“ sind natürlich eine tolle Sache. Meine Spieler freuen sich immer, wenn sie eins davon in die Finger bekommen. Das Betrachten und Auswerten der Fotos hat bestimmt die halbe Sitzung in Anspruch genommen.

Jetzt noch der Besuch in „Ring“ und dann sind die wichtigsten Örtlichkeiten in England abgegrast, denke ich. Der Einbruch ins Hauptquartier von Operation Edom ist auch ein wenig Showdown für die Angelegenheiten in England. Zumindest die wichtigsten Informationen über die Organisation, ihre Erkenntnisse und ihre Aktionen sollten dann vorliegen.

Dann wäre auch Level 4 beendet und die Kampagne geht in ihre drittletzte Phase. Ich vermute, es wird nach Rumänien zurück gehen. Schon jetzt gibt es ja ein paar Spuren dorthin.

Chiarina:
In Draculas Keller (16)



Trotz Cevas Vorschlag dem Hauptquartier von Operation Edom einen Besuch abzustatten und Vasilys aufmunternder Worte gerät das Vorhaben ins Stocken. Es ist wie eine Lähmung, die die Gefährten befällt und vor einer großen Entscheidung zurückschrecken lässt. „Gibt es nicht noch etwas anderes in England zu tun?“ fragt Yuri. „Es ist gut möglich, dass wir das Hauptquartier von Operation Edom fluchtartig verlassen müssen. Vielleicht müssen wir sogar aus England fliehen. Dann kommen wir so bald nicht mehr hierher zurück.“ Nachdenklich blättern die Agenten im Dracula Dossier, diskutieren ein paar Details, machen Pläne und verwerfen sie wieder, bis plötzlich Kristina sagt: „Carfax! Es scheint das Haus zu bezeichnen, das Dracula gekauft hat, als er sich zu Stokers Zeiten in London aufhielt. Sollten wir dort nicht erst einmal vorbeischauen?“

Die Gefährten sind einverstanden, aber es ist gar nicht einfach herauszufinden, wo dieser Ort liegt. Vasily schließt aus den Beschreibungen Stokers, dass das Haus in Plaistow liegt, einer Gegend im London Borough of Newham. Der Stadtteil wurde allerdings im 2. Weltkrieg durch deutsche Luftangriffe zerstört und danach neu aufgebaut. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Agenten Draculas Residenz zu Gesicht bekommen. Dennoch forschen sie weiter und stoßen auf ein paar historische Gebäude, die sich laut Stokers Roman in der Nähe befunden haben sollen: das alte Abbey Mills Pumpwerk, der East London Cemetary und das alte Gebäude des Sanatoriums von Dr. Seward. Vasily wertet schließlich ein paar Satellitenbilder aus, die die Infrarotstrahlung des verdächtigen Gebietes darstellen, wodurch sich der verdächtige Bereich auf die Harcourt Road verengt. Die Agenten statten der Straße einen Besuch ab und machen einen Spaziergang. Am Anfang der Straße befindet sich eine Kirche – die große Iglesia ni Cristo, die hauptsächlich von philippinischen Einwanderern besucht wird.

Während eines Ganges entlang der Straße halten die Agenten vor dem Haus Nr. 81 B und beobachten es aufmerksam. Es ist ein einfaches Reihenhaus, Seite an Seite von ähnlichen Häusern. Ein verblasstes, kaum noch lesbares Schild im Fenster behauptet, dass das Haus gemietet werden kann. Die Agenten sind überzeugt davon, dass das schon lange nicht mehr geschehen ist.

Die Agenten gehen durch den Vorgarten und Vasily öffnet mit einem einzigen beherzten Ruck die Haustür. Im Erdgeschoss schauen die Eindringlinge in ein verstaubtes Wohnzimmer, durchqueren einen Flur, der zu weiteren Zimmern und in den hinteren Bereich des Hauses führt und erreichen schon bald das Treppenhaus. Eine seitlich angebrachte Tür führt in den Keller. Die Agenten wissen, dass sie – wenn überhaupt – nur im Keller auf erhaltene Architektur aus Draculas Zeit hoffen können und steigen zielstrebig nach unten.

Der Keller ist kahl und muffig. Im ersten Raum steht lediglich ein alter Tresor. Die Agenten erblicken außerdem zwei weitere Ausgänge. Vasily macht sich an dem Tresor zu schaffen, hat ein paar Probleme, aber irgendwann bekommt er ihn auf und stößt auf einen Batzen Geld in unterschiedlichen historischen Währungen (Dollars, Pfund, Deutsche Mark, rumänische Lei). Die Agenten nehmen das Geld mit und steuern dann den nordwestlich gelegenen Ausgang an. Hier durchschreiten sie eine ganze Reihe von Kellerräumen, gerade so, als handelte es sich um die Keller eines kompletten Häuserblocks, von dem überirdisch nichts mehr übrig ist. Die Kellerräume reichen von enormen Gewölbekellern in der Größe von Fußballfeldern bis zu winzigen Zellen, in denen man kaum stehen kann. Es sieht so aus, als seien sie im Verlauf vieler Jahrhunderte angelegt und immer wieder ausgebaut worden. Einige der Räume wirken sogar wie mittelalterliche Verliese und sind aus Feldsteinen gemauert. In den Räumen findet sich allerdings nur Schutt, Müll und Rattenkot.

Am Ende der Keller stoßen die Agenten auf einen mit Mauern umschlossenen, tiefen, dunklen Teich oder Brunnen: ein Wasserreservoir, o. ä. Von der Eingangstür aus führen ein paar glitschige Stufen hinab ins dunkle Wasser, das den gesamten Raum ausfüllt. Es gibt keinen trockenen Boden. Mit Mühe lässt sich im Nordwesten ein mit Mörtel verkleideter Tunnel erkennen, der aus dem Raum herausführt. Sein Boden liegt nur knapp über dem Wasserspiegel. Cevas vermutet, dass es sich um einen Abflusskanal handelt. Der Tunnel ist groß genug, um einen Kriechenden passieren zu lassen. Zunächst steht aber keinem der Agenten der Sinn danach. Sie kehren um, gehen zurück bis zum Raum mit dem geöffneten Tresor und nehmen den nordöstlichen Ausgang.

Die sich hier anschließende Flucht von Kellerräumen ähnelt im Prinzip der, die die Agenten bereits erkundet haben. Dennoch stoßen sie hier auf ein paar interessante Details. In einem Raum liegt ein Tierskelett. Cevas tippt auf einen großen Hund… vielleicht sogar ein Wolf? An einer Stelle befindet sich eine Seitentür, die zu einem Abflussschacht führt. Ein Blick nach oben zeigt einen Gullideckel, der ins Freie führt. Die Agenten vermuten, dass sie in der Nähe der Kirche sind.

Etwas später passieren die Agenten einen Bereich, in dem sich irgendwelche alten Kerkerzellen befinden. Hier werden sie von einem großen, aggressiven Rattenschwarm überfallen, der aber mit grellem Licht, eine paar gezielten Hieben und ausgreifenden Rundumschlägen Yuris mit einem im Dreck gefundenen Schürhaken wieder vertrieben werden können.

Schließlich stoßen die Forscher auf eine Art Krypta. Die dazugehörige Kirche ist nicht mehr vorhanden. Es sieht so aus, als sei diese Krypta nachträglich nach Westen erweitert worden. Am erstaunlichsten ist, dass Wände, Boden und Decke des Raumes mit einem dunklen, rotbraunen Farbstoff gestrichen wurde. Cevas nimmt eine Probe der Sibstanz und erkennt, dass es sich nicht um Blut, sondern um eine rötliche Farbe handelt.

Aus dem Raum führt ein Gang, der aber völlig mit zerschlagenen Brettern verstopft wurde. Die Agenten wollen wissen, wohin er führt, und beginnen damit, die Holztrümmer in die Krypta zu ziehen. Dabei stellt sich heraus, dass es sich bei den Brettern um Reste von sargähnlichen Holzkisten handelt. Yuri schaut sich die Bretter genauer an und entdeckt auf einigen von ihnen ein Brandzeichen: „Billington & Sons, Whitby“. „Vielleicht eine brauchbare Spur“, meint er und zeigt seinen Gefährten seine Entdeckung. Insgesamt ziehen die Agenten die Reste von knapp 30 Holzkisten aus dem Gang. Dann lässt er sich passieren und führt schon bald etwas abwärts zu demselben Wasserreservoir, auf das sie schon von der anderen Seite gestoßen sind. Der Zugang, von dem sie jetzt kommen, war von dort nicht zu sehen. Zu sehen ist aber auch von hier der Abflusskanal.

Es sieht so aus, als sei die Exkursion der Agenten beendet. Viel gefunden haben sie nicht. Kristina und Cevas beschließen daher, den Abwasserkanal zu erforschen. Sie kämpfen sich durch sehr unangenehme Gewässer, die direkt durchs Rattenland führen. Immer wieder müssen sie ein paar freche Nager vertreiben. Der Gestank und Schmutz raubt ihnen streckenweise fast den Atem. Die Fortbewegung ist mühsam und aufwändig. Nach etwa eineinhalb Kilometern erreichen die beiden ein Becken, aus dem sie heraussteigen können. Sie passieren zwei Türen und gelangen völlig verdreckt in das Abbey Mills Pumpwerk, aus dem sie mit etwas Mühe aber unentdeckt entkommen können. Frustriert kehren sie in ihr Hotelzimmer zurück.

Vasily und Yuri kehren auf dem Weg, den sie gekommen sind, zurück ins Freie. Sie schauen sich noch ein wenig nach den Örtlichkeiten um, die möglicherweise über den erforschten Kellerräumen liegen und vermuten, dass die rotgestrichene Krypta zumindest teilweise unter einer Straßenkreuzung liegt. Als sie das, zurück im Hotel, Cevas erzählen, sagt dieser: „Tote, die unter einem Kreuzweg bestattet werden – allerliebst!“

Eine Nacht später brechen die Agenten in ein nahegelegenes Schulgebäude ein und missbrauchen das dortige Chemielabor für eine Untersuchung des roten Farbstoffs, mit dem die Krypta gestrichen ist. Es handelt sich bei ihm um rotes Blei, vermischt mit caput mortuum, einem roten Eisenoxid-Farbstoff, der sehr nach Blut aussieht, und Zinnober. Cevas meint, als Farbe für den gesamten Raum sei diese Mischung sehr kostspielig. Offenkundig habe jemand tief in die Taschen gegriffen, um dem Raum sein blutrotes Äußeres zu geben.

„Das war´s“, sagt Vasily. „Und jetzt?“ Die Agenten überlegen, ob sie es jetzt in „Ring“, dem Hauptquartier von Operation Edom, versuchen. Eventuell machen sie aber auch vorher noch einen kleinen Ausflug nach Whitby.

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Ja, das war eine typische Improvisationsrunde, die zustande kam, weil die Spieler überraschend ihre Pläne über den Haufen warfen, etwas völlig anderes machten und sich in einer Richtung bewegten, in der ich eigentlich nichts mehr vorgesehen hatte. Die alten Keller von Carfax hätten „warm“ sein können, aber ich habe mich für „cold“ entschieden, weil ich schon genügend Eisen im Feuer habe. Dafür ist das Ganze dann allerdings ein bisschen langwierig gewesen.

Wenn sie wirklich noch nach Whitby fahren, werde ich´s flott abhandeln. Die nächste Action wartet in „Ring“.

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