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no railroading ... or so they think!

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omlox:
Hallo ihr Lieben!
Ich bin ganz neu hier und starte gleich mal mit der ersten Frage, ich hoffe ich hab den richtigen Bereich dafür gefunden und nicht irgendwie 50 Themen übersehen wo genau dieses issue schon ausgiebig besprochen wurde @.@

Ich bin grade dabei eine recht große Kampagne für meine Spieler zu planen ... and talking like ... G7 kind of scale. Natürlich hab ich für diese Kampagne entsprechend einen recht ´fixen´ roten Faden an Dingen die so passieren sollen und diversen Agendas der Bösewichte, NPCs und ihre Aufgaben, etc.
Ich möchte aber auf alle Fälle verhindern, dass die Spieler das Gefühl haben gerailroaded zu werden, keinen Einfluss auf die Ereignisse haben und die Motivation der Charaktere aus nicht mehr besteht als ´we heros, so i guess we gon be doing that´. Ist es möglich die Spieler ´geheimerweise´ zu railroaden ohne, dass die das überhaupt mitbekommen oder is das einfach unachievable??

Wie findet ihr eine gute Balance zw ´alles is fix´ und ´die Spieler kontrollieren die story´? Bzw. wie ändert sich euer Planungszugang für so große Projekte wenn ihr einerseits die ganze Story vorbereitet haben wollt (auch um ausreichend Twists und Überraschungen einzubauen) aber gleichzeitig die Spieler Einfluss haben auf den Verlauf der Ereignisse??

rillenmanni:
Tatsächlich hast Du diverse Diskussionen übersehen und tatsächlich hast Du in ein Wespennest gestochen. :) Also sei bitte nicht allzu negativ überrascht und habe stets ein bisschen Popcorn dabei, falls die Sache hier bald heißläuft.

Railroading beinhaltet stets das Gefühl der Spieler, dass ihre Aktionen "entwertet" werden, dh im Begriff schwingt eine gewisse Unzufriedenheit der Spieler mit. Wonach Du suchst, ist "Illusionismus", dh die Dinge nehmen unabhängig ihren Lauf (bzw passieren einfach doch), während die Spieler denken, sie hätten entscheidenden Anteil daran.

So ganz allgemein aber würde ich sagen, dass Du Dir je mehr RR-Probleme einhandelst, desto fixer der rote Faden ist. Davon abgesehen ist es aber freilich sehr sinnvoll, Funktion. Motivation, "Reichweite", Beziehungen etc der NPCs vorab zu definieren. Je besser Du das gemacht hast, desto leichter fällt es Dir, auf Aktionen Deiner Spieler sinnvoll einzugehen (und ihnen am Ende wirklich Einflussnahme zu gestatten).

Vielleicht ist es sinnvoll, wenn Du Dir zur Lektüre mal die Werke The Lazy Dungeon Master und The Return of the Lazy Dungeon Master von Michael Shea reinziehst. (Wahrscheinlich ist es sogar besser, gleich mit Return zu beginnen.) Das könnte Dich vor der Falle bewahren, unnötig viel Mühe in die Vorbereitung zu stecken - indem Du etwa versuchst, zu viel roten Faden auszulegen - und Dich stattdessen von Michaels Techniken und Ideen inspirieren zu lassen.

Mein Ding ist das ja nicht mehr zu versuchen, die Spieler den roten Faden abtingeln zu lassen. Aber ich hoffe, ich konnte dennoch ein Fitzelchen Hilfe reichen.

Der Läuterer:
Was rillenmanni schreibt, ist auch so ziemlich meine Meinung.

Den Chars NUR das Gefühl zu vermitteln, nicht gerailroadet zu werden, ist simpel. Als SL zu cheaten? Kein Problem. Aber das ist Illusionismus.
Wenn es offensichtlich wird, dass Du das machst, bist Du bei den meisten Spielern unten durch.

Und es ist vor allem kein guter Stil.

Die Frage ist also 'Will man das als SL wirklich so handhaben?'

Persönlich empfinde ich es als Mehrwert von den Ideen der Spieler überrascht zu werden. Wenn sie einen Kniff entwickeln, das Problem zu lösen, ohne dass das Szenario oder ich das vorher auf dem Schirm hatten.
Das gibt mir als SL den Kick. Wenn ich umdenken und die vorgegebenen Pfade verlassen muss. Das macht es für mich interessant. Diese Überraschungen.

Wenn die Chars in einem bestimmten Moment by the book scheitern müssen, damit das Szenario dort weitermachen kann, dann taugt das Szenario nichts.

Und die Spieler so lange würfeln zu lassen, bis der letzte Char gescheitert ist, fällt schnell auf. Auch ständig neue Gegner aus dem Boden spriessen zu lassen, solltest Du vermeiden.

Ich bin immer am besten damit gefahren, die Spieler laufen zu lassen und das Szenario an deren Ideen anknüpfen zu lassen und nicht umgekehrt.

Das heisst jetzt nicht, dass Du den roten Faden verlieren sollst, oder die Zügel aus der Hand gibst.
Gib Deinen Spieler Freiraum, um durchatmen zu können, und dirigiere sie mit leichter Hand. Dann klappt das schon.

Sollten sie aber richtig Mist bauen, dann sei auch konsequent und lass sie die Auswirkungen ihres Handelns zu spüren bekommen.

Tegres:
Ist es möglich? Bestimmt, aber deine Spielerinnen und Spieler sind nicht doof. Es besteht immer die Chance, dass sie es merken.
Ist es sinnvoll? Nein. Wenn du deine Spielerinnen und Spieler heimlich railroadest, also verhinderst, dass ihre Entscheidungen einen signifikanten Einfluss haben, veräppelst du sie. Das ist schlichtweg unehrlich. Wenn deine Spielerinnen und Spieler herausbekommen, dass du sie heimlich gerailroadet hast, dann wird sie das vermutlich stören. Besser wäre aus meiner Sicht zu sagen: "Ey, ich finde diesen und jenen Verlauf der Geschichte richtig cool und würde den gerne durchziehen. Wie seht ihr das?" Dann können deine Spielerinnen und Spieler ja oder nein sagen, und niemand wird veräppelt.

Wenn du eine gute Geschichte von Anfang bis Ende im Kopf hast, schreib ein Buch, zeichne einen Comic oder drehe einen Film. (Das meine ich ernst.) Rollenspiel zeichnet sich hingegen gerade dadurch aus, dass die Entscheidungen der Spielerinnen und Spieler den Verlauf der Geschichte verändern können. Um daher deine letzte Frage zu beantworten: Bereite Situationen und Interaktionselemente (NSC, Orte, Monster, Fallen, Rätsel, Verbrechen ...) vor, keine Geschichten. Eine coole Geschichte inklusive Wendungen und Überraschungen ergibt sich dann automatisch. Der eine NSC kann die Charaktere immer noch betrügen, weil sie ihm bei der einen Sache nicht geholfen haben. Vielleicht haben sie aber doch geholfen und wird daher ein wertvoller Unterstützer. Wer weiß das schon im Vorfeld? Es ist wesentlich spannender, gerade für dich als SL, wenn nicht alles im Vorfeld festgelegt ist, sondern sich die Geschichte organisch aus dem Spielverlauf ergibt. Das ist im übrigen auch viel leichter zu leiten, weil du nie den Stress hast, Charaktere auf "die richtige Bahn" zu bringen, sondern nur nach Plausibilität und Würfelwürfen entscheiden musst. Das einzige, was du mehr im Gegensatz zur festen Geschichte machen musst, ist Dokumentation, um relevante Entscheidungen festzuhalten. Dann kannst du anhand der Entscheidungen der Charaktere die Reaktion der Spielwelt ableiten.

Edit: Was auf kleinen Skalen ebenfalls gut funktioniert (ich habe das auf großen Skalen noch nicht ausprobiert), sind lineare Abenteuer mit einem recht starren Ablauf an Szenen, in denen die Spielerinnen und Spieler aber dennoch bedeutungsvolle Entscheidungen treffen können, die den Ausgang der Geschichte beeinflussen. Der Klassiker ist zum Beispiel die Jagd nach einem okkulten Serienmörder, der solange weiter tötet, bis die Charaktere ihn aufhalten, oder er durch die Morde so viel magische Energien sammelt, dass er ein bedrohliches Ereignis auslöst (hervorragend umgesetzt im Abenteuer "Wort der Macht" für Cthulhu).
(Erinnerung an mich selbst: Ich wollte noch einen Artikel zum Thema "Lineare, nicht-railroadige Abenteuer" schreiben.)

Quaint:
Naja, ne lange epische Story ohne (oder mit wenigen) Verzweigungen macht sich halt nur so mäßig als Rollenspielabenteuer. Wobei es wohl auch Leute gibt, die sich daran gewöhnt haben und dann quasi-freiwillig den Schienen folgen. Das Fachwort fehlt mir nur gerade. Kann man aber gegebenenfalls mit geeigneten Spielern so aushandeln. Ist evtl. ne Alternative zu Railroading und Illusionismus.
Die Frage ist aber halt auch: wenn du so nen Oschi zusammenschreibst, wieso schenkst du dir nicht die Spieler, die dann eh wenig Einfluß haben, und machst ne geeignetere Form draus, etwa einen Roman (oder, wenn es wirklich G7 Umfang hat, eine Romanreihe).

Mir geht es halt im Rollenspiel auch darum, dass sowohl Würfel als auch Spieler einen echten Einfluß haben. Und das geht halt beides nicht so richtig, wenn man halt dem großen Metaplot zu folgen hat und das Ende vorher schon klar ist, und sei es nur dir als Spielleiter.

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