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Einschätzbarkeit von Würfen

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ArneBab:
(aus dem Deutsches crunchy Universalsystem-Thread ausgelagert)


--- Zitat von: OldSam am  5.01.2022 | 00:44 ---Also für mich definitiv ein starkes Feature! Nicht nur die Einschätzbarkeit sondern v. a. auch eine gewisse "Verlässlichkeit" macht das Würfelsystem IMHO besonders gut für taktische Anwendungen, v. a. bei professionellen Einsatzszenarien wie SpecOps.
...persönlich kann ich echt ein Lied davon singen wie viel Pech ich oft habe bei direkten Würfelergebnissen mit linearer Verteilung ;) (Und bei "starken" Chars nervte das sehr oft in diversen Systemen, wenn bspw. der eigentlich mächtige Hochelf bei Warhammer dann bei mir ständig seine normalen Zauber verkackte, eben mangels bell curve beim Würfeln :/)

Aber ich spiele definitiv deutlich mehr Games, wo die Chars wirklich Profis darstellen sollen...
--- Ende Zitat ---
Da finde ich Gurps vom Gefühl her passend, aber in den Punktwerten nicht sehr intuitiv: Werte um 17 bringen fast nie einen Fehlschlag, Werte zwischen 8 und 12 dagegen oft. Für die Wahrscheinlichkeit, dass was schiefgeht, ist der Schritt von 15 auf 17 riesig, und das wird nicht sehr deutlich an den Werten.

Beim EWS skalieren die Fertigkeiten stattdessen frei hoch — wir hatten in der 10-Jahres-Runde vereinzelt Werte um 30 — und ab 6 Punkten über dem Mindestwurf würfeln wir nicht mehr.

Das liefert trotzdem ein anderes Spielgefühl: Weniger die dreckige Taktik, sondern eher die mächtigen Charaktere, die sich was rausnehmen können, solange sie im für sie sicheren Bereich bleiben. Es ist immer klar, was du sicher kannst. Beispiel Fernkampf bei Wert 24 (legendär): Aus dem Hinterhalt Unbewegte treffen (MW auch auf große Distanz höchstens 15) klappt immer. Ins Bein geht auch noch sicher. In die Hand oder in den Kopf auf mittlere Distanz. Das heißt, einzelner Gegner, ungerüstet, stillstehend, Kopfschuss aus dem Hinterhalt auf mittlere Distanz mit starker Waffe: klappt einfach. Bei Gerüsteten (Helm) oder mit schwacher Waffe ist nicht die Frage, ob du triffst, sondern, ob du genug Schaden verursachst — dafür würfelst du also.

(für SpecOps, die sich nach professioneller Planung unter Unsicherheit anfühlen sollen, halte ich allerdings Gurps für passender)

Nebenbei (auch Universal): Wir spielen zur Zeit eine Space-Opera mit Fate, und es erschreckt mich immer wieder, wie swingy sich das Würfeln anfühlt. Gefühlt pendeln die Ergebnisse zwischen -2 und +2, und 0 oder ±1 fallen kaum auf. Wenn ich das aus dem Fühlen in konkret einzelwürfe erinneren ziehe wird dan anders, aber die Mittelergebnisse fallen irgendwie nicht auf. Vielleicht auch, weil bei der Fate-Edition, die wir nutzen, erst 3 Punkte Differenz ein voller Erfolg sind, und dafür reicht bei mir oft erst +2. -2 ist ein harter Fehlschlag, 0 bis +1 lässt sich mit Fate-Punkten kompensieren (braucht also nur Resourcen), +2 ist ein voller Erfolg. Vielleicht erklärt dieses Wegkaufen das allerdings schon hinreichend …

--- Zitat ---Das Setting-Feeling ist halt genau der Punkt hier, insofern kann ich das bzgl. High-Fantasy schon gut verstehen, wenn man etwas mehr Drama bei den Results will.

--- Ende Zitat ---
Ich sehe es weniger als Drama (die Storyversion) und eher wirklich als unerwartete Ergebnisse. Sobald Ergebnisse eine gewisse Planbarkeit erreichen, planen wir am Spieltisch weit vor, so dass das Spiel taktischer wird, als ich es möchte.

Der Würfelwurf brachte zu selten etwas unerwartetes rein.

Der Weckruf dazu war, als ich realisiert hatte, dass in unserer Gurps-Fantasy-Runde die erinnerungswürdigen Ergebnisse von Würfen die kritischen Erfolge und Patzer waren, die anderen Würfe aber alle in Vergessenheit gerieten und auch kaum Einfluss auf die Handlung hatten.

--- Zitat ---@ArneBab: Ein cooler Mini-Trick übrigens, falls du den noch nicht kennst: Wenn du bei GURPS statt 3W6 die Kombi W4+W6+W8 verwendest ist es weiterhin voll kompatibel, aber leicht cinematischer, mache ich auch öfter mal ganz gerne, da wo es passt  8) Der Unterschied ist zwar statistisch nur klein, aber schon erkennbar, die Extrema werden etwas häufiger...

--- Ende Zitat ---
Das ist eine schöne Idee — danke!

Allerdings ist das Unberechenbare beim EWS auch nochmal stärker, weil die Differenz zum Mindestwurf das Ergebnis beeinflusst — auch im Kampf liefert die Differenz direkt den Schaden. Das reduziert zusätzlich die langfristige Planbarkeit: Nach drei bis viel Handlungen ist unklar, wie sich der Zustand der Beteiligten verändert hat.

Für Gurps ließe sich das nachrüsten, indem wie bei Dungeonslayers der gewürfelte Wert das Ergebnis angibt — wenn er unter dem eigenen Wert liegt ist es ein Erfolg. Dafür müsste dann allerdings wahrscheinlich recht viel an den Grundmechaniken nachgearbeitet werden, damit sie damit sauber zusammengreifen.

nobody@home:

--- Zitat von: ArneBab am  5.01.2022 | 10:08 ---Der Weckruf dazu war, als ich realisiert hatte, dass in unserer Gurps-Fantasy-Runde die erinnerungswürdigen Ergebnisse von Würfen die kritischen Erfolge und Patzer waren, die anderen Würfe aber alle in Vergessenheit gerieten und auch kaum Einfluss auf die Handlung hatten.
--- Ende Zitat ---

Wobei sich mir unwillkürlich die Frage stellt, ob das dann wirklich ein Problem der Würfel ist oder mehr schlicht eins der Benutzer -- denn daß das menschliche Gedächtnis dazu neigt, sich die "ganz besonderen" Ereignisse von vornherein einfach besser zu merken als die tägliche Routine, ist ja auch keine ganz neue Erkenntnis. Und daran dürfte sich auch mit noch so viel Tüftelei mit dem Ziel, ein Würfelsystem zu entwickeln, das mehr "außergewöhnliche" Resultate liefern soll, um dem entgegenzuwirken, höchstens sehr begrenzt etwas ändern lassen, denn wozu werden die, je öfter sie vorkommen? Eben: ihrerseits zum Teil der Routine!

Sosthenes:
Wie heisst's so schön in der IT: Intuitiv ist gestillt werden, alles andere ist gelernt.

Lineare Würfelsysteme sind da natürlich etwas einfacher zu greifen. Vielleicht ja sogar ein direktes Prozent-Unterwürfel System, was zumindest unser Redeweise über Wahrscheinlichkeiten recht entspricht – wie gut tatsächliche Chancenabschätzung allgemein funktioniert ist eine andere Frage. Da hatte ich mal mehr Optimismus...

Bei vielen Systemen muss ich meine grobe Chancenverteilung dann vielleicht etwas mühsamer lernen. Würfelpools zum Beispiel. Oder auch der genannte 3w6 Wurf von GURPS. Wenn da die Varianten halt nicht zu hoch bleiben, ist das recht schnell drin. GURPS hat ja jetzt bei Chancen selten andere Würfel. Würfelpools mit statischer Erfolgsnummer sind auch gut zu lernen.

Fudge's Verteilung ist eigentlich auch recht einfach. Wenn da die besagte FATE Runde "swingy" war, dann wohl weil die durchschnittliche Erfolgsschance um die 50% lag. Hat eigentlich nichts mit dem Würfelsystem zu tun, in dem Extremfall ist 3w6 = 4wF = w20.

Aber dann gibt es eben auch Systeme wie das 1w6[explodierend] + 1wX[explodierend] bei Savage Worlds, wo die Wahrscheinlichkeits"kurven" seltsam aussehen. Oder die DSA 3w20 Probe, wo dir ziemlich niemand einen konkreten Prozentwert anbieten kann.

Das zitierte EWS hat aber doch auch keine lineare Verteilung, ist jetzt also per se hier auch nicht gerade im quasi-intuitiven Bereich. Ein Nicht-Mehr-Würfeln-Müssen (d.h auf Patzer verzichten) ist doch wieder eine andere Sache.

ArneBab:

--- Zitat von: nobody@home am  5.01.2022 | 10:45 ---Wobei sich mir unwillkürlich die Frage stellt, ob das dann wirklich ein Problem der Würfel ist oder mehr schlicht eins der Benutzer

--- Ende Zitat ---
Da spricht dagegen, dass es bei anderen Systemen anders ist.

--- Zitat ---wozu werden die, je öfter sie vorkommen
--- Ende Zitat ---
Das gilt auch nur, wenn die Häufigkeit das Problem war.

Soweit ich es verstehe, war für uns aber eher das Problem, dass meistens das Vorberechnete passiert ist, der Würfelwurf also meist nur die Entscheidung getroffen hat „ja, passiert so, wie ihr es euch gedacht habt.“

ArneBab:

--- Zitat von: Sosthenes am  5.01.2022 | 11:49 ---Fudge's Verteilung ist eigentlich auch recht einfach. Wenn da die besagte FATE Runde "swingy" war, dann wohl weil die durchschnittliche Erfolgsschance um die 50% lag.

--- Ende Zitat ---
Das eher nicht. Sie lag ja üblicherweise bei „ich brauche +2 für einen vollen Erfolg“. Und +2 ist bei Fate ja nur 18%.

Aber mit Fate Punkt wurde es halt doch 61%, und damit waren alle Ergebnisse zwischen 0 und +2 in Bereichen mit passendem Aspekt eigentlich gleich — also egal (in beiden Bedeutungen).

Konkret: Wert 1, Zielwert für vollen Erfolg: 3, Erfolg mit Haken: 0.

Bei +0 und +1 ist mit Fate Punkt ein voller Erfolg erreicht.
Bei +2 bis +4 ist ein voller Erfolg erreicht.

Bei -1 ist es ein Erfolg mit Haken, egal ob mit oder ohne Fate Punkt.

Bei -2 und -3 muss ich entscheiden, ob ich einen Erfolg mit Haken will oder nicht. Also „soll es klappen?“

Nur bei -4 ist kein Erfolg mit Haken mehr möglich.

Also machte bei genug Fate Punkten das Würfeln irgendwie nichts aus.

Im Spiel ist mir das nicht aufgefallen, sondern nur, dass ich im losen Rückblick nur noch Erinnerungen an -2 und +2 hatte. In der Analyse jetzt ist irgendwie klar, dass die anderen Würfelergebnisse halt wenig bedeuteten.

(kurzer Überblick: https://faterpg.de/2015/08/die-wahrscheinlichkeiten-der-fatewuerfel/ )


--- Zitat ---Aber dann gibt es eben auch Systeme wie das 1w6[explodierend] + 1wX[explodierend] bei Savage Worlds, wo die Wahrscheinlichkeits"kurven" seltsam aussehen. Oder die DSA 3w20 Probe, wo dir ziemlich niemand einen konkreten Prozentwert anbieten kann.

--- Ende Zitat ---
Ich würde beim Explodieren eher Shadowrun (3rd) anschauen. Da ist es klar, dass die Würfe sich massiv hochschaukeln können, und das wird Teil des Spiels.

--- Zitat ---Das zitierte EWS hat aber doch auch keine lineare Verteilung, ist jetzt also per se hier auch nicht gerade im quasi-intuitiven Bereich. Ein Nicht-Mehr-Würfeln-Müssen (d.h auf Patzer verzichten) ist doch wieder eine andere Sache.

--- Ende Zitat ---
Es ist eher, dass du siehst, dass Mindestwürfe und Werte auf der gleichen Skala sind. Bei Wert 18 und Mindestwurf 9 ist klar, dass du dir keine Sorgen machen musst. Bei Wert 18 und Mindestwurf 21 ist klar, dass es schwer wird.

Ähnlich wie bei Fate, aber ohne den ich-hab-aber-trotzdem-Erfolg-deswegen-war-es-egal-Faktor.

Quasi intuitiver wäre ein ±W10 mit Mindestwürfen in 5-er Schritten (das ist beim EWS nicht gewählt, weil es dann nicht mehr Gurps-Kompatibel wäre — Designziel).

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