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Die Abenteuer von Thorin und Joe
bolverk:
Nach dem obenstehenden Abenteuer in voller Gruppenstärke hat Joe angekündigt, in unserer regulären Runde mitspielen zu wollen. Aber so leid es mir tut, daraus wird nichts. Erstens will Vadder auch mal in Ruhe mit Gleichaltrigen spielen, zweitens spielen wir nach Anbruch der Bettzeit und drittens spielen wir Shadowrun (zwar mit alternativen Regeln, aber trotzdem ist die ganze Sache insgesamt nicht wirklich kindgerecht).
Inzwischen aber hat Joe das Fieber des Spielleiters gepackt, was mir sehr entgegenkommt, denn da muss ich nicht viel machen. Mittlerweile haben wir an insgesamt drei Samstagen kleinere Soloabenteuer gespielt, die Joe spontan ersonnen hat. Jeweils Dungeoncrawls, bei denen er die Dungeons mit seinen Wandteilen auf dem Kampfplan erbaut hat. Hin und wieder lässt er auch einen DMPC mitlaufen, eine Eismagierin die er Thyria getauft hat.
Die Abenteuer laufen immer gleich ab, mein Charakter - ich wurde angewiesen, einen halbelfischen Schurken zu spielen - kämpft und räteslt sich durch eine Perlenkette von Räumen und besiegt schießlich den Bösewicht im Thronsaal. Dabei hat Joe nebenbei die Itemkarten erfunden: Er hat einen kleinen Abreißblock und ein paar Buntstifte und malt die von mir gefundenen Schätze und Gegenstände einfach auf - Heiltränke, Gifte, Juwelen und Goldbarren und das eine oder andere magischen Artefakt. Manchmal stellt er auch mehrere zur Auswahl. Mein Lieblingsgegenstand bis jetzt sind die "Schuhe der Zombieangst", bei deren Anblick Zombies die Flucht ergreifen. Das (winzige) Bild, dass er dazu gemalt hat, sind so kleine Plüschpantoffeln mit Katzengesichtern vorne drauf.
Was die Regeln angeht, die werden ständig neu definiert oder umgewälzt, aber auf folgenden Regelkern kommt Joe immer wieder zurück: Auf dem Charakterbogen stehen 4 Werte: Stärke, Geschick, Wille und Charisma, auf die Werte von +3, +2, +1 und 0 verteilt werden. Alle Proben werden mit d20+Attributsbonus gewürfelt, andere Würfel kommen für Waffen- und Zauberschaden zum Einsatz, je nach Größe der Waffe d6, d8 oder d10. Zauber machen immer 3d6 Schaden und die Trefferpunkte der Gegner würfelt Joe aus, wobei er mehr Würfel nimmt, wenn der Gegner stärker sein soll. Normale Gegner würfeln zumeist ohne Bonus, besondere Gegner bekommen aber fast immer +3 auf alle Proben.
Bislang ist das ganze recht kurzweilig. Wir spielen immer so ungefähr eine Stunde lang, dann sind seine Ideen aufgebraucht und wir packen ein. Erfahrungspunkte oder Charakterfortschritt gibt es übrigens nicht, das kam bisher bei keiner unserer gespielten Runden vor und Joe ist das Konzept nicht geläufig. Samstag soll es weitergehen. Ich bin gespannt, wann er auf die Idee kommt, den Dungeon zu verlassen und mal z.B. ein Wildnisabenteuer zu leiten.
Herr Moin:
Oh, schoenes Thema. Ist bisher leider an mir vorbeigegangen.
Namo:
Ich habe das heute auch gerne nachgelesen. Habe eigentlich auch die Idee, mal ein kleines Schwesternabenteuer für unsere 11 und 5 Jährige zu leiten. In der Hoffnung, dass sie da als Team arbeiten und zum ranführen. ~;D Schöne und süße Berichte :d
Herr Moin:
--- Zitat von: Namo am 3.07.2025 | 13:11 ---Ich habe das heute auch gerne nachgelesen. Habe eigentlich auch die Idee, mal ein kleines Schwesternabenteuer für unsere 11 und 5 Jährige zu leiten.
--- Ende Zitat ---
Tolle Idee. Wobei ich anmerken moechte, dass der Altersunterschied schon recht gross ist. Meine Kinder sind elf und acht und man merkt auch schon hier die unterschiedlichen Altersstufen. Daher habe ich sowohl mit der Elfjaehrigen mit einem ihrer Klassenkameraden als auch mit unserem Achtjaehrigen und seinem (gleichaltrigen) besten Freund gespielt.
bolverk:
Es freut mich, dass euch unsere Abenteuer unterhalten haben.
Neulich kam Joe mal wieder mit dem Wunsch, eine Runde Rollenspiel zu leiten. Eigentlich wäre es an mir, das ab und an anzubieten, aber in letzter Zeit ist Joe im Alleingang die treibende Kraft - ich bin wohl einfach ein Raben-Rollenspielvater.
Das System der Wahl war Cairn, weil man dort die Charaktere auswürfelt und daran hat Joe den allergrößten Spaß. Er hofft jedes Mal, dass er endlich eine fette Waffe und eine ebensolche Rüstung bei der Startausrüstung würfelt, ist aber, bis ich ihn darauf gebracht habe, nicht auf die Idee gekommen, dass man beides auch im Spiel kaufen oder erobern könnte. Tja.
Für dieses Mal hatte er "was ganz besonderes" angekündigt. Ich musste die Kiste mit dem Playmobilwald holen und außerdem die mit den Schleichtieren. Davon haben wir etliche, aber da die Kinder vor einiger Zeit fanden, sie seien zu alt dafür, verstauben sie (die Tiere) nun auf dem Dachboden. Bis jetzt.
Ich sollte den Raum verlassen, während Joe laut singend den Wohnzimmertisch zum Abenteuerschauplatz umgebaut hat. Beim Eintreten fand ich einen dichten Wald vor, der von diversen Schleich-Eidechsen, Schlangen und Spinnen bevölkert war. Ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern, was die Mission war, mein Charakter, ein Zwerg namens Anhun (ausgewürfelt), hat sich mit seiner Axt nach Strich und Faden durch den Wald gemetzelt. Etwa auf halber Strecke stieß Thorin dazu, der sich beim Rollenspiel in letzter Zeit eher rar macht, und wollte plötzlich mitspielen. Also haben wir schnell einen Charakter ausgewürfelt, den er "Grog" genannt hat. Nicht nach dem Getränk, Grog ist bei meinen Kindern der typische Fantasyname geworden, ähnlich wie Alrik bei DSA. (Angefangen hat das, als wir gemeinsam Age of Wonders 4 gespielt haben. Die Kids haben entschieden, dass unser Herrscher ein Orkschamane namens Grog Zauberbär sein soll, weswegen das Spiel mittlerweile auch "Grog Zauberbär" heißt, denn wer kann sich schon "Age of Wonders" merken?)
Nun durchstreiften Grog und Anhun also gemeinsam im Wald und kämpften gegen allerlei Viehzeug aus der Schleichkiste. Der Endgegner war eine Felsbestie, der Grog auf den Rücken gesprungen ist um sie mit einer Kette (gehörte zur Startausrüstung) anzubinden. Ein paar wirklich guter Rettungswürfe später war das Ding praktisch handlungsunfähig und wurde über die Wupper geschickt. Allseitiges Schulterklopfen und austeilen diverser Schätze, Cut.
Ich wollte den Wald schon einpacken, da verkündete Thorin völlig überraschend, er wolle ja auch nochmal spielleiten, am besten jetzt gleich. Okay, dann aber los, es ist schon Zeit zum Abendessen.
Da die Zeit knapp wurde, beschäftigte Thorin sich erstmal eine ganze Weile damit, die Anfangsszene aufzubauen. Mit Dominosteinen, Jengaklötzen, Dungeonteilen und anderem Zubehör entstand so ein stattliches Herrenhaus, in dem wir ungefähr 30 Sekunden verbracht haben, nämlich genauso lange wie der Hausherr - der Miniatur nach ein ältlicher Magier - dazu brauchte, uns den Auftrag zu erklären: Seine Frau sei aus dem Garten des Hauses entführt worden und seitdem nicht auffindbar. Den NSC hat Thorin sogar ausgespielt und beim Reden die Stimme verstellt, was der erste ernsthafte Versuch war, mal ein wenig zu schauspielern. Normalerweise spricht er von seinen Figuren in der 3. Person und in indirekter Rede.
Anhun und Joes hastig ausgewürfelter Charakter (den Namen muss ich nochmal nachschauen, er war auf jeden Fall mit Bastardschwert und Schild bewaffnet und ich musste erklären, was ein Bastard ist) sind den offensichtlichen Fußspuren gefolgt und mussten einen (Überraschung!) gefährlichen Wald durchkämmen. Auf einem alten Friedhof fanden wir den eingang in eine verlassene Gruft, wo ein paar Skelette besiegt werden wollten, dann ein Kampf mit einem Totenbeschwörer, der der entführten Frau eben das Blut abzapfen wollte, um, tja, Nekromantendinge damit anzustellen. Nekromant erledigt, Frau befreit, Belohnung kassiert.
Die verschiedenen Abschnitte des Abenteuer wurden von Thorin sehr aufwendig und liebevoll gestaltet, da tat es mir schon leid, dass ich so auf die Tube gedrückt habe. Wir haben zwischendurch für zwanzig Minuten unterbrechen müssen, um hastig zu Abend zu essen, dann ging es weiter mit dem Abenteuer. Letztendlich war es fast 9 Uhr, als wir zum Ende kamen. Die Kinder haben viereinhalb Stunden ziemlich konzentriert gebaut, geplant und gekämpft, aber ich war dann doch froh, als sie endlich im Bett waren.
Beobachtungen:
Ich bin ziemlich erstaunt darüber, wie konzentriert die beiden beim Rollenspiel sein können. Bei meinem Jüngsten überrascht mich das weniger als bei Thorin, der doch deutlich sprunghafter als sein Bruder ist. Es hat mich aber sehr gefreut, dass auch Thorin leiten wollte. Spaß hatten wir auf jeden Fall alle drei.
Witzig auch, wie unterschiedlich die beiden sind: Thorin, der alles in eher geordneten Bahnen haben möchte, alle sollen sich bitte an die Regeln halten und seine Erfolgschancen möchte er so gut wie möglich abschätzen und maximieren, wobei er genau plant, wie man dem Gegner zuvorkommen oder einen Kampf gleich ganz vermeiden könnte. Dagegen Joe, welchen langes Geschwätz langweilt und der einfach brüllend in den nächsten Raum stürmt, um dem Gegner volle Pfund aufs Maul zu geben. Joe liebt ein bisschen Chaos und möchte vom Spiel überrascht werden, selbst wenn er leitet. Das geht so weit, dass er selbst die Trefferpunkte der Gegner spontan auswürfelt. Ich nehme an, das Kerlchen würde sich über ein paar Zufallstabellen fürs Spielleiten sehr freuen.
Ich denke auch, ich muss mal wieder für ein paar Sessions leiten, um den Kindern neuen Stoff zu geben. Viele der von ihnen verwendeten Motive sind von früheren Abenteuern, die ich geleitet habe, abgeschaut. Das ist ja überhaupt nicht schlimm, aber vielleicht kann man ihnen ein paar neue Impulse geben, und wenn es nur eine veränderte Szenerie ist.
Gelegentlich musste man den beiden regelseitig unter die Arme greifen, aber ihre Abenteuer, so einfach gestrickt sie auch waren, haben sie jeweils in Eigenregie zu Ende gebracht. Auch haben beide auf unerwartete Spieleraktionen spontan und mit Improvisation reagiert. Ich habe größtenteils vorhersehbar gehandelt, habe aber an ein paar Stellen absichtlich anders als erwartet agiert, einfach um zu sehen, wie sie damit umgehen. Was gut funktioniert hat, war, dass ich nebenbei Feedback über die erwartete Schwere der diversen Herausforderungen gegeben habe (“Das werden wir locker schaffen!" oder “Oh, ich glaube das wird ein schweres Gefecht!”), das hat beiden etwas Sicherheit und Gelegenheit gegeben, bei Bedarf Anpassungen vorzunehmen.
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