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Je älter der SL umso geerdeter die Abenteuer?

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Namo:
Eigentlich wollte ich die Überschrift ja noch etwas provokativer gestalten, aber das hätte mir zu reißerisch bzw. zu sehr nach clickbait geklungen.

Mal wieder aus meiner Serie - zurück zur Spielleitung bzw. der Wandel als Spielleiter im Lauf der Jahre: Mir fällt seitdem ich wieder ins Hobby eingestiegen bin vermehrt auf, dass sich die Art meiner Welt bzw. der Umgang mit den fantastischen Kreaturen und fantastischen Orten darin gegenüber früher deutlich geändert hat. Ich komme eigentlich aus der high fantasy. Habe natürlich HdR gelesen, aber als Einstiegsdroge alles von Drachenlanze, bin Elric von Melnibone geprägt und noch einige einschlägige Literatur mehr. Dazu auch durchaus der ein oder andere Anime Einschlag von um die 90er. Das führte dazu, dass meine Abenteuer früher wirklich vor Fantastik übergequollen sind. Da kam quasi alles an Monstern und Ortschaften vor was möglich ist.

Und heute? Tja, da tue ich mich schon schwer mal einen Troll oder eine Trollbande während einer Reise um die Ecke stiefeln zu lassen. Natürlich spielen wir noch Fantasy und der ganze Background ist Fantasy. Aber im Vordergrund stehen fast nur noch Menschen bzw. Charaktere allgemein. Alles wirkt etwas geerdeter. Es geht um Intrigen und Machenschaften im Geheimen. Natürlich Allmachtsfantasien von manchen NSC - aber diese schicken dazu nicht ein kunterbuntes Monstercompendium Heer auf die freien Völker los. Der Schwerpunkt liegt auf social encountern und nicht Kämpfen. Die kommen eher selten vor bzw. ich muss mich regelrecht dazu "zwingen" diese einzubauen. Noch dramatischer ist der Umgang mit Dungeons. Die werden noch weniger genutzt und sollen etwas besonderes sein, während die Abenteuerplots früher eher der Aufhänger waren um in den nächsten Dungeon zu stiefeln. Magische und besondere Kreaturen und Kämpfe mit ihnen kommen entsprechend viel weniger vor. Das zieht sich dann aber auch weiter durch die magischen Gegenstände die ich kaum noch unterbringe. Die sollen eher etwas besonderes bleiben bzw. sich weiter entwickeln (Der Stab des Magiers z.B. wird mit der Zeit neue Fähigkeiten erlangen, so dass er immer etwas besonderes bleibt bzw. an diesen gebunden bleibt und nicht einfach der 10. Stab in der Reihe wenn ein besserer gefunden wird.). Auch besondere Orte fallen mir schwerer zu erschaffen die von der "Norm" deutlich abweichen.

Das liest sich jetzt etwas tragischer und langweiliger wie es tatsächlich ist. Im Kern stelle ich bei mir aber fest, dass ich mehr zu "Realismus" als fantastischem Eskapismus neige. Wilde Reisen durchs Multiversum und verrückte Begebenheiten wie früher scheitern bei mir gedanklich daran, dass ich die irgendwie unlogisch oder nicht passend finde. Ich mag dann momentan auch einfach keine Szenen, in denen die Charaktere an eine Brücke kommen und drei Trollbrüder ihnen den Weg versperren. Das erscheint mir in meinem Weltenbau unlogisch/unpassend und so mache ich es dann auch nicht. Obwohl die Spieler das ohnehin nicht stören würde oder sie sich solche Gedanken überhaupt nicht machen. Ich ziehe viel mehr Spannung und Spaß für mich auch menschlichen Dramen und Handlungen. Um den Vergleich zu machen - war ich früher eher ein Drachenlanze SL bin ich heute eher ein game of thrones Spielleiter.

Und das ist dann die Gretchenfrage: Liegt das daran, dass ich älter geworden bin und schon zu unflexibel und zu sehr durch den Alltag geerdet im Kopf bin oder dann doch nur daran, dass ich einfach eine lange Rollenspielpause hatte und mich aufgrund der ganzen Lebensumständen eben auch nicht mehr täglich mit entsprechenden Medien beschäftige?

Kennt ihr das? Hat sich eure Art der Spielleitung in Zusammenhang mit dem Weltenbau, Realismus darin oder auch den Abenteuer im Kleinen geändert im Laufe der Jahre?


1of3:
Bei mir hat sich das Küchenabflussversenken über die Jahre höchstens erhöht.

Unser Masks Setting hat Vampire aus einer anderen Dimension, mindestens vier Alienfraktionen - eine davon hat so wohlklingende Schiffsnamen wie Happiness in Pancakes -, gestrandete Elfen ohne spize Ohren, dimensional invariante Engel, eine vielschichtige Unterwelt mit einem Eisenbahnnetzerwerk, eine Alienkolonie im legalen Niemandsland, eine Superhelden-Konklave tief im Pazifik, wiederkehrend eine untote Mafa-Enforcerin namens Bat Girl (She is a girl, she has a bat) und vieles mehr.

Das ist aber auch so kumulativ, ich hab ja nicht alleine Ideen.

nobody@home:
Hm. Ich werde den Deibel tun und hier versuchen, unbekannterweise irgendwelche Ferndiagnosen übers Internet zu stellen. :)

Allerdings sehe ich nicht, was ausgerechnet das Alter damit zu tun haben sollte. Aus meiner Sicht ist es erst mal so, daß jemand mit mehr Jahren auf dem Buckel doch eigentlich auch mehr gesehen haben und damit aus einem größeren Inspirationstopf schöpfen können sollte als irgendso ein naßforscher Jungspund, für den Fantasy mit beispielsweise der GoT-Fernsehserie anfängt und dann auch gleich schon wieder aufhört. :korvin:

Runenstahl:
Genau wie du (Namo) mag ich Realismus. Kreaturen etc. müssen für mich innerweltlich einen Sinn ergeben. Das war bei mir allerdings auch schon früher so, ich habe mir allerdings im Laufe der Jahre mehr Wissen angeeignet was ich ins Spiel einfließen lasse so das tatsächlich noch "geerdeter" ist als früher.

Heißt jetzt aber nicht das bei mir keine seltsamen Kreaturen / Ereignisse etc. mehr gibt. Nur haben diese dann in irgendeiner Form eine Daseinsberechtigung und ihren Platz im Setting.

So wie das schreibst klingt das ja fast schon negativ. Das sehe ich jedoch absolut nicht so. Meiner Meinung nach kann es nur ein Gewinn sein wenn die Abenteuer die Spieler dazu einladen die Fantasy-Welt als einen realen Ort wahrzunehmen dessen Gesetzmäßigkeiten zwar nicht immer mit den unseren übereinstimmen aber innerhalb des Settings durchaus Sinn machen.

Namo:
Genau den Punkt meine ich - daher auch den Vergleich mit GoT. Ich habe z.B. geplant später einen Drachen als wichtigeren NSC in der Kampagne zu haben. Da freue ich mich jetzt schon drauf. Und wenn ein Drache nicht fantastisch ist was dann? Die Fantastik ist nicht weg, sie ist eben nur viel punktueller und mehr eingewoben. Es muss mir irgendwie logisch erscheinen. Und so wird der Drache zwar körperlich ein Drache sein, aber letzten Endes wird es mehr um seinen überlegenen Intellekt und seine eigenen Pläne in der Welt gehen. Der stellt am Ende keinen einfach nur stärkerer Bossgegner dar, sondern ein weiteres Individuum in der Welt das seine eigene Agenda hat, die fern von denen der Charaktere ist oder sich teilweise mit deren überkreuzt.

Das für mich Interessante daran ist für mich tatsächlich die Frage woraus diese Änderung der Haltung letzten Endes stammt.

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