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Settings mit Geheimnissen: Schwachsinn?
Wonko:
Ich versuche mal, von den durchaus weltbewegenden Fragen, was Science Fiction oder Midichlorianer sind, wieder auf das Thema zurück zu kommen.
Ich denke, Geheimnisse sind oder besser das Aufdecken von Geheimnissen ist einer der entscheidenden Stützpfeiler des Rollenspiels. Andere sind zum Beispiel das Schöpferische (Gestalten der Welt durch die Charaktere oder der Geschichte durch die Spielenden), Konflikte (Innere wie äußere, zwischen PCs und zwischen PCs und der Welt) oder eher mechanische Aspekte wie das Ausspielen von Kämpfen und für alle jene sind Geheimnisse eher weniger wichtig. Je nach Spielertyp sind die Pfeiler mehr oder weniger wichtig und das ist sicher weder vollständig noch immer klar zu trennen.
Genrebegriffe wie Mystery, Suspense oder schlicht Abenteuer haben immer mit dem Aufdecken von Geheimnissen zu tun. Ich benutze Geheimnisse hier aber eher als Synonym für das Unbekannte. Ob und wie weit es sich in der Spielwelt selbst dabei um Geheimnisse handelt, ist eigentlich zweitrangig. Wenn sich die Hobbits auf eine Reise machen, ist das, was jenseits des Auenlands liegt, schwerlich alles ein "Geheimnis", trotzdem trägt es dazu bei, eine interessante, spannende Geschichte zu erzeugen.
Ich verstehe die Ausgangsfrage eher so, ob es Geheimnisse im Sinne von verborgenem Wissen geben soll. Und das ist eben für die Zwecke von spannenden Abenteuern nicht unbedingt nötig. Es erhöht höchstens (im besten Fall) die Brisanz und die Bedeutung des Aufdeckens. Und es ist natürlich relevant, wer in der Welt das Geheimnis kennt. Aber solange es keine Möglichkeit zur Interaktion gibt, sind solche Geheimnisse tatsächlich völlig unnötig. Im besten Falle Bespaßung der Spielleitung, im Schlimmsten Falle ein Ärgernis für sie.
Was ebenfalls in der Diskussion eine Rolle gespielt hat: Für wen ist das Unbekannte unbekannt? Für die Spielenden, die Spielleitung, für die SC für NSC für alle oder eine Teilmenge davon? Alles ist möglich, beeinflusst aber ganz entscheidend die Spielerfahrung. Es kann für mich als Spieler befriedigend sein, etwas Unbekanntes zu entdecken, ebenso kann ich mich daran erfreuen wie meine Spielfigur auf etwas reagiert, was mir längst bekannt ist und auf ich deshalb vielleicht auch ganz anders hinarbeiten kann. Oder ich kann die ganze Tischrunde einschließlich Spielleitung mit einem Geheimnis aus meiner Hintergrundstory überraschen. Oder im schlimmsten Fall vor den Kopf stoßen; ein Risiko gibt es immer, dass die plötzliche Enthüllung ein WTF-Gefühl hervorruft, aber das sollte uns nicht davon abhalten, sie in unser Spiel einzubauen.
Also, um noch mal zur Ausgangsfrage zurückzukommen: Ist dieser Ansatz überflüssig, unnötig verkomplizierend, schwachsinnig?
Kommt darauf an. Du solltest jedenfalls eine klare Vision davon haben, wie die Spielenden mit deiner Welt interagieren sollen oder können und - womöglich verschiedene - Vorschläge machen wie diese Interaktion konkret stattfindet und mit welchem Ergebnis. Und je nach Setzung wirst du damit verschiedene Spielertypen verschieden glücklich oder unglücklich machen, das ist nun mal so, wenn man kreativ arbeitet.
Paßwächter:
--- Zitat von: Wonko am 10.02.2025 | 20:27 ---Ich verstehe die Ausgangsfrage eher so, ob es Geheimnisse im Sinne von verborgenem Wissen geben soll. Und das ist eben für die Zwecke von spannenden Abenteuern nicht unbedingt nötig. Es erhöht höchstens (im besten Fall) die Brisanz und die Bedeutung des Aufdeckens.
--- Ende Zitat ---
Ich fand die Formulierung von KhornedBeef dafür sehr gelungen:
--- Zitat von: KhornedBeef am 9.02.2025 | 09:20 ---Ein Geheimnis, das nur herumsitzt und "seine Miete nicht bezahlt", also keinen Wert erzeugt, ist ebenso Schwachsinn wie eine seitenlange Hintergrundgeschichte für einen NSC, der unerreichbar weit weg lebt und von die SC nie auch nur erfahren werden.
--- Ende Zitat ---
Solange das Geheimnis irgendetwas dazu beiträgt, daß das Spiel für die Spieler besser wird, ist es okay. Je nach Welt kann es auch sein, daß das Geheimnis den Charakter und die Reaktionen von bestimmten NSCs prägt - das ist auch okay. Dann schafft es eine "Leitlinie" für den Spielleiter, um die Welt konsistent(er) zu gestalten - selbst wenn die Charaktere davon nichts mitbekommen (oder nur, daß da wohl noch irgendwas sein muß, was auch immer).
Aber irgendeinen Nutzen muß das Geheimnis mitbringen. Andernfalls kann ich Feuersänger nur zustimmen:
--- Zitat von: Feuersänger am 9.02.2025 | 22:28 ---Gewichse.
--- Ende Zitat ---
nobody@home:
In jedem Fall sollte das Geheimnis auch in die Kampagne passen. Ich kann mir zur Macht einen noch so finster-gruseligen Hintergrund ausdenken, der Jedi wie Sith gleichermaßen zur spontanen Abstinenz motivieren würde, wenn sie nur von ihm wüßten...wenn meine Star-Wars-Gruppe aber eigentlich nur eine Bande fröhlich-respektloser Schmuggler spielen will, die dem Imperium öfter mal eine lange Nase drehen, ohne sich andererseits deswegen gleich der Rebellion zu verschreiben, dann bin ich mit diesem speziellen Geheimnis recht offensichtlich im falschen Film.
unicum:
Ich hab schon genügend Abenteuer gelesen in denen ich mich bei der ein oder anderen SL Information gefragt habe "warum steht das da? Das werden die Spieler nie erfahren!" an anderer Stelle denke ich mir dann eher "hier hätte man vieleicht zumindest ein paar Sätze schreiben können,..."
Exemplarisch: die entstehungsgeschichte eines Dungeons wenn die Spielfiguren keine Möglichkeiten haben das je rauszubekommen und es für den SL auch nicht irgendwie wichtig ist - und die Leiche eines Abenteurers wenn davon auszugehen ist das in jeder zweiten Gruppe jemand ist der zumindest mit Toten sprechen kann.
Braucht es aber ein großes Setting Geheimnis oder solche die in einen MetaPlot eingewoben sind und die es gilt zu ergründen? Ich denke daran scheiden sich die Geister, ich hab genügend positives wie negatives darüber gehört/gelesen.
Ja es gibt auch genügend Leute da draussen welche eben nicht Charchterwissen und Spielerwissen trennen können.
Zed:
Weder scheint mir der Begriff "Geheimnis" wirklich richtig, noch der "Metaplot". Was könnte besser passen?
Vor sehr vielen Jahren gab ich dem Silmarillion eine Chance - und legte als HdR-Fan das Buch nach einigen Seiten enttäuscht und gelangweilt zur Seite.
Dann sagte mir jemand, dass ich durch das Silmarillion herausfinden werde
• dass es ein ganzes Gottheitenpantheon in Mittelerde gibt
• wohin Gandalf geht, als er stirbt, und warum er zurückkommen kann
• ob die Ents ihre Frauen finden werden
• wie es ein kann, dass Gandalf, Radagast, Saruman, Sauron und der Balrog "Geschwister" sind
• dass Sauron nur ein Handlanger eines wirklichen Big-Bads ist
• wohin die Gefährten genau segeln, wenn sie in den Westen segeln
• welche unglaubliche Ehre es für die Nicht-Elben ist, in den Westen segeln zu dürfen
Diese und viele andere unerklärte Zusammenhänge und Hinweise im HdR erklärt das Silmarillion und vertieft so den Genuss des HdR um ein Vielfaches in meinen Augen.
Das ist doch kein Gewichse*.
Die im HdR spürbare Dichte und Tiefe der Erzählung, ihr sich derart gelebt anfühlender Background, wird vom Silmarillion "bewiesen" und noch viel weiter ausgeführt.
Diesen Hintergrund zu erforschen, immer weiter zu durchdringen und besser zu verstehen - das macht das ganze Mittelerdeuniversum nochmal spannender, interessanter, lebendiger und sorgt für maximales Involvement.
Das sind die "Geheimnisse", die ich meine.
*Außer es ist schlecht gemacht. Aber dann ist ja sowieso alles Mist.
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