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Wann wird etwas im Spiel real? Zwischenlösungen gesucht!

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Haukrinn:

--- Zitat von: Weltengeist am 14.09.2025 | 11:24 ---Falls die Metaregel "Es wird erst verbindlich, wenn es am Spieltisch passiert ist" lautet, dann ist eben nichts verbindlich. Das ist dann aber nicht der Mittelweg, um den es hier geht.

--- Ende Zitat ---

Ich gewinne hier bei deiner Argumentation schon den Eindruck, dass du das umbedingt binär sehen willst. Das geht IMHO nicht. Und ich bin mir auch nicht sicher, ob das überhaupt die Frage ist, die einen hier wirklich weiter bringt.

Wichtiger sollte meiner Meinung nach die Frage sein: "Was möchte ich (als SL) im Spiel gerne sehen und wie sorge ich dafür, dass das verbindlich wird". Und da kommen wir dann zu den Techniken, die Extreme wären "nichts" (was der Formulierung in dem obigen Zitat entsprechenden würde) oder "ich bestimme das". (Die Frage sollte sich in einer gut funktionierenden Gruppe meiner Meinung jede:r Mitspielende ebenso stellen. Und man sollte sie auch als Gruppe diskutieren. Nicht nur in Session 0, sondern auch regelmässig vor oder nach den Spielsitzungen).

Ich habe Dinge (NSC, Orte, Geschehnisse, Bedrohungen) die ich als SL sehr gerne im Spiel sehen will. Weil ich da viel Zeit und Mühe reingesteckt habe. Oder weil mir das einfach gefällt. Dann rücke ich diese Sachen häufiger in den Fokus,  mache vielleicht auch auf der Metaebene klar, dass mir diese Spielaspekte wichtig sind. Wenn ich für den Antagonisten einen Evil Masterplan ausgearbeitet habe, dann passiert der, wenn die Spielenden nichts dagegen unternehmen. Der ist dann wohl irgendwie verbindlich. Ich vermeide es aber tunlichst, den Spielenden vorzuschreiben, wie sie den durchkreuzen. Schlicht und einfach weil vielleicht die Idee des Abenteuerautors (egal ob ich das bin oder nicht) im Vergleich zur Idee der Spielgruppe einfach mal kacke oder super langweilig ist. Die Vorgehensweisen sind also nicht verbindlich, die zugehörigen Details ebenso wenig.

Ich finde Spielleitung ist da immer ein wenig wie guter Vertrieb. Ich hab hier Angebote, einige besonders tolle, für die ich mich ins Zeug lege, dass die Gruppe die haben will, einige in der Hinterhand, um Lücken zu füllen, die aber auch wieder in der Kiste verschwinden können, ohne dass mir das weh tut. Einige, die ich wieder, mit dem geeigneten Feedback der Gruppe, mitnehme, um sie nochmal zu überarbeiten. Und manchmal muss das überarbeiten halt auch ad-hoc passieren, damit der Vertriebsprozess nicht einfach endet.

Die Frage "was ist verbindlich" hat sich meiner Meinung nach der Frage "was sorgt für ein Spiel, an dem alle Freude haben" unterzuordnen. Die kann ein Teilaspekt sein - aber selbst das geht meiner Meinung nach nur, wenn es eine Frage ist, die sich die Gruppe beantwortet. Nicht die Spielleitung.

gunware:

--- Zitat von: Weltengeist am 14.09.2025 | 11:24 ---
Die Frage ist: Falls Teile dessen, was ihr vorbereitet, in jedem Fall verbindlich sind - welche sind das? Und welche Teile sind eher optional (oder werden gar nicht erst vorbereitet)? Nach welchen Metaregeln entscheidet ihr das? Könntet ihr das benennen?

--- Ende Zitat ---

Ich habe hier https://www.tanelorn.net/index.php/topic,130542.msg135282598.html#msg135282598 beschrieben, wie ich es mit der Realität und der Verbindlichkeit im Spiel sehe. Ich hoffe, dass das so bisschen deine Frage beantwortet, wie ich es entscheide. Es ist mehr Zwiebelprinzip als binäre Entscheidung.
Dir geht es wahrscheinlich speziell um den Teil, den ich für mich  IReal genannt habe. Um mehr in Detail zu gehen. Die Struktur ist quasi fest, die Details sind schwammig. So nach dem Motto, morgen Mittag wird es regnen. Das ist fest, nur ob es vor dem Mittag oder danach passiert, in dem Detailgrad ist es nicht entschieden. Und wenn die Charaktere mit Wetterkontrolle kommen, könnte es passieren, dass es doch nicht regnet. Aber da muss eben etwas aktiv dagegen  unternommen werden.

Weltengeist:

--- Zitat von: Haukrinn am 14.09.2025 | 11:55 ---Wenn ich für den Antagonisten einen Evil Masterplan ausgearbeitet habe, dann passiert der, wenn die Spielenden nichts dagegen unternehmen. Der ist dann wohl irgendwie verbindlich. Ich vermeide es aber tunlichst, den Spielenden vorzuschreiben, wie sie den durchkreuzen. Schlicht und einfach weil vielleicht die Idee des Abenteuerautors (egal ob ich das bin oder nicht) im Vergleich zur Idee der Spielgruppe einfach mal kacke oder super langweilig ist. Die Vorgehensweisen sind also nicht verbindlich, die zugehörigen Details ebenso wenig.
--- Ende Zitat ---

Deshalb habe ich ja oben mit "Dingen, die in der Vergangenheit liegen" argumentiert. Natürlich geht es mir nicht darum, dass die NSCs, die in der Spielsitzung handeln, nur Automaten sind, die ohne Rücksicht auf die Handlungen der SC einem vor zwei Wochen aufgeschriebenen Skript zu folgen haben. Und schon gar nicht geht es darum, den SC ihre Handlungen vorzuschreiben.

Ich versuche mal ein paar Beispiele:

* Die klassische Murder Mystery. Der Mord ist ja in der Spielwelt schon passiert. Die SC fangen an, darüber nachzudenken. Warum auch immer kommen sie nach fünf Minuten auf den richtigen Trichter, brechen beim Butler ein und finden durch drei tolle Würfelwürfe auch noch das Versteck hinter dem losen Stein und knacken den Code der Geheimschrift des belastenden Dokuments. Zehn Minuten, Abenteuer zu Ende. Ändert ihr jetzt die Vergangenheit und sagt: Ach, dann war es eben doch die Marchesa, damit hier heute Abend noch ein bisserl was passiert?
* Der Informant. Ähnlicher Fall (und oben auch schon als Beispiel genannt): Eigentlich besitzt NSC Alrik die wichtige Information, aber die SC haben einfach nicht mit ihm geredet. Wandert jetzt die Info einfach zu NSC Ulrik?
* Die klassische Gangfalle. Die Falle wurde ja schon vor längerer Zeit gebaut, ihre Werte würden im klassischen Rollenspiel feststehen. 6W10 Schaden steht da in den Notizen der Spielleitung. Blöderweise haben die SC jetzt nicht mehr so viele Hit Points. Also schnell die Falle abschwächen? Oder doch die Falle verändern?
* Der verrückte Plan. Die SC hecken einen Plan aus, wie sie in die Burg kommen können. Leider sieht der vor, dass es einen Geheimgang gibt, der in dieser Burg aber gar nicht existiert. Aber der Plan klingt so toll (Rule of Cool)... Führt ihr den Geheimgang jetzt doch ein, damit der Plan stattfinden kann?Das sind meiner Meinung nach alles Sachen, die in der Spielwelt eigentlich in der Vergangenheit geschehen sind. Die Frage ist, ob (und unter welchen Umständen) ihr die als Spielleitung retconnt.

P.S.: Natürlich habt ihr Recht, und das ist thematisch recht nah an dem Realitäts-Thread vom Mai. Ich hatte nur gehofft, dass die Fragestellung hier deutlich konkreter wäre und die Antwort weniger "42"...

Haukrinn:

--- Zitat von: Weltengeist am 14.09.2025 | 14:41 ---Deshalb habe ich ja oben mit "Dingen, die in der Vergangenheit liegen" argumentiert. Natürlich geht es mir nicht darum, dass die NSCs, die in der Spielsitzung handeln, nur Automaten sind, die ohne Rücksicht auf die Handlungen der SC einem vor zwei Wochen aufgeschriebenen Skript zu folgen haben. Und schon gar nicht geht es darum, den SC ihre Handlungen vorzuschreiben.

Ich versuche mal ein paar Beispiele:

* Die klassische Murder Mystery. Der Mord ist ja in der Spielwelt schon passiert. Die SC fangen an, darüber nachzudenken. Warum auch immer kommen sie nach fünf Minuten auf den richtigen Trichter, brechen beim Butler ein und finden durch drei tolle Würfelwürfe auch noch das Versteck hinter dem losen Stein und knacken den Code der Geheimschrift des belastenden Dokuments. Zehn Minuten, Abenteuer zu Ende. Ändert ihr jetzt die Vergangenheit und sagt: Ach, dann war es eben doch die Marchesa, damit hier heute Abend noch ein bisserl was passiert?
* Der Informant. Ähnlicher Fall (und oben auch schon als Beispiel genannt): Eigentlich besitzt NSC Alrik die wichtige Information, aber die SC haben einfach nicht mit ihm geredet. Wandert jetzt die Info einfach zu NSC Ulrik?
* Die klassische Gangfalle. Die Falle wurde ja schon vor längerer Zeit gebaut, ihre Werte würden im klassischen Rollenspiel feststehen. 6W10 Schaden steht da in den Notizen der Spielleitung. Blöderweise haben die SC jetzt nicht mehr so viele Hit Points. Also schnell die Falle abschwächen? Oder doch die Falle verändern?
* Der verrückte Plan. Die SC hecken einen Plan aus, wie sie in die Burg kommen können. Leider sieht der vor, dass es einen Geheimgang gibt, der in dieser Burg aber gar nicht existiert. Aber der Plan klingt so toll (Rule of Cool)... Führt ihr den Geheimgang jetzt doch ein, damit der Plan stattfinden kann?Das sind meiner Meinung nach alles Sachen, die in der Spielwelt eigentlich in der Vergangenheit geschehen sind. Die Frage ist, ob (und unter welchen Umständen) ihr die als Spielleitung retconnt.

--- Ende Zitat ---

Ja, weil du die Vergangenheit schon als vollständig etabliert betrachtest. Aber schauen wir uns mal die Beispiele an:

Murder Mystery: Konsens ist dass ein Mord passiert ist. Wahrscheinlich gibt es auch einige Hinweise, die du schon definiert hast. Dass eine bestimmte Person der Mörder ist, ist noch nicht Teil des gemeinsamen Vorstellungsraums. Gerade in deinem Beispiel könnte ja alles auf einen offensichtlichen Mörder hindeuten (den du als SL auch im Auge hattest), aber (weil die SC so schnell sind) hat der echte Mörder ihm das nur in die Schuhe geschoben.

Informant: Der wichtige Aspekt scheint mir hier zu sein, dass die Information irgendwie zu den Spielercharakteren kommt. Nicht, durch wen. Man könnte jetzt, wenn es unbedingt deiner Meinung nach Alrik sein muss, weil nur der die wahre Identität des Spions kennt, weitere Spuren legen die alle zu Alrik führen, damit die SC dort auftauchen. Oder man schafft weitere Möglichkeiten, an die Info zu kommen (PS: Ich tu mich mit dem Beispiel schwer. Wenn es solche Flaschenhälse gibt ist das für mich vor allem eins: schlechtes Abenteuerdesign. Würde ich im Spiel nicht machen. Wenn die Logik den Flaschenhals zwingend erfordert, dann gibt es die Info für die Spielenden auf dem Silbertablett)

Gangfalle: Spielstilabhängig. In OSR würde ich die genauso lassen. Weil ich viel zu lieb bin (oder wenn ich nicht OSR spiele) würde ich den SC mehr Möglichkeiten geben, die Falle zu entdecken. Wenn die echt auf dem letzten Loch pfeifen, dann hat vielleicht irgendein Kobolddussel die Falle auch schon ausgelöst.

Verrückter Plan: Ist der Plan logisch? Ergibt es Sinn, dass es da einen Geheimgang gibt? Dann gibt es den jetzt. Die Spieler haben da viel Grips und Mühe reingesteckt, welche SL sagt denn dann: Ätsch, geht nicht? Da wäre ich als Spieler raus. Ich hätte da die Erwartungshaltung als Spieler, dass der SL die Gelegenheit gibt zweifelsfrei festzustellen, dass es keinen Geheimgang gibt, bevor so ein Plan ausgeheckt wird. Gut, eigentlich wäre meine Erwartungshaltung, dass die Spieler selbst auf die Idee kommen das abzuchecken, aber wenn das nicht passiert, darf man auf mal als SL zaunpfahlen.

Weltengeist:
Okay, aber das läuft ja wirklich darauf raus, dass du sagst: ALLES ist während des Spiels verhandelbar. Noch einmal: das ist völlig okay, und ich mache das auch häufiger so. Aber es ist absolut nicht das, wonach ich in diesem Thread gefragt habe.

Ich hatte ja schon beim Eröffnen des Threads so meine Zweifel, ob diese Diskussion überhaupt Zweck hat, und die Antwort scheint "nein" zu lauten. Es scheint mir nicht zu gelingen, überhaupt zu kommunizieren, worum es mir geht. Interessanterweise ist der bereits zitierte Thread zur Realität im Spiel ja ähnlich zerfasert geendet. Das Thema scheint irgendwie nicht zu funktionieren. Ich mache daher hier mal zu - danke an alle, die sich um Antworten bemüht haben.

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