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[Dogs] Entscheidung in Small Creek

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Fredi der Elch:
Nachdem jetzt die ersten zwei Sitzungen Dogs (Real-Life) vorbei sind und wir die erste Stadt hinter uns gebrach haben, möchte ich einfach kurz etwas darüber schreiben. Ich würde mich freuen, wenn die Spieler, die sowieso im GroFaFo aktiv sind, sich ebenfalls mit ihren Eindrücken und ihrem Feedback zu Wort melden.

Dogs: das krasse Wester-Rollenspiel von Vincent "Lumpley" Baker. Dazu gab es mal einen schönen Thread zu einer Runde beim Sommertreffen 05, aber der ist weg und ich weiß nicht, wo die alten Threads von den Treffen hingehen... Naja, mehr zum Spiel gibt’s hier.

Die Spieler waren Toastbrot, Ta'al und J, ein alter Kumpel von mir, mit dem ich schon seit Jahr(zehnt)en spiele. Ta'al hat schon etwas "Indy-Erfahrung" (PtA), J ebenfalls (Sorcerer, Donjon, HQ, usw., von mir aufgedrückt), Toastbrot eher nicht (glaube ich).

Die Charaktere zu machen ging relative schnell. Bei den Accomplishments kam das übliche Problem auf, dass sich alle erst einmal an die Würfelmechanik gewöhnen mussten. Das ging aber (wie immer) relativ schnell. Nachdem die Jungs erst einmal verstanden hatten, wie es läuft, waren sie vom System doch ziemlich begeistert. (Die genauen Accomplishments spare ich mir jetzt)

Dann ging es los nach Small Creek. Den Leuten vom Sommertreffen dürfte die Stadt bekannt vorkommen... (Recycling!) :)

Kaum kommen die Dogs in die Stadt, wollen alle was von ihnen. Der Stuart (Bürgermeister) will, dass die Dogs den Krämer bekehren (er ist ein Ungläubiger). Der Krämer ist wichtig für die Stadt, da er sie mit wichtigen Gütern (durch Handel mit Indianern) versorgt. Die Mutter eines Jungen (Eliah) will, dass er ein nettes Mädchen heiratet, an dem er aber kein Interesse zeigt. Die Dogs sollen mal mit ihm reden.

Dann zwei schöne Konflikte mit Eskalation: Eliah läuft vor einem Gespräch davon (Eskalation to Physical), der Krämer schubst Bruder Tamir (J's Charakter) aus dem Laden (Eskalation to Fighting). Da haben die Dogs noch verloren...

Nach einem Gespräch mit Obedience (dem Mädchen, dass gerne Eliah heiraten möchte), packt ihre Schwerster aus: Eliah hat was mit dem Krämer. Eherbruch und Unzucht unter Männern! Damit schloss die erste Sitzung. Wir hatten schon lange Charaktere gemacht usw.

Die zweite Sitzung zieht den Konflikt zu: Eliah ist dolle verliebt in den Krämer, dessen Frau liebt ihn auch und will bei ihm bleiben, der Steward betont, wie wichtig der Krämer für die Stadt ist, Eliahs Mutter will ihren Sohn unbedingt verheiraten (sie ist scharf auf die Mitgift), der Stewart war früher in Eliahs Mutter verliebt...

Meine Lieblingszitate von Toastbrot (sinngemäß): "Hier ist ja plötzlich alles voller Konflikte!" und "Das ist voll fies, was du hier zusammengebastelt hast!". Das erfreut des NARren Herz. ;D

Schön fand ich jetzt, dass die Charaktere (und auch die Spieler) sich nicht über die richtige Vorgehensweise einig waren. So kamen einige schöne In-Character Diskussionen zustande. Besonders J, der seinen Dog als Verteidiger der Außenseiter und Ausgestoßenen aufbaute und das auch schön aus der Hintergrundgeschichte begründete, war da echt gut drauf. So war das IMO viel spannender, als wenn alle gleich dieselbe Meinung gehabt hätten.

Insgesamt entstand gerade dadurch ein Thema von Außenseiter vs. Gemeinschaft bzw. Glück des einzelnen vs. Glück der Gesamtheit. Dieses Thema zog sich durch den ganzen Abend, sowohl in den Diskussionen unter den Dogs als auch in den Entscheidungen, die dann fielen.

Die Dogs überzeugten dann den Steward und Eliahs Mutter davon, dass diese vorgeplanten Hochzeiten nicht gut sind und überzeugten Obedience davon, dass Eliah nicht der richtige für sie ist. Sie stellten hier das Glück den Einzelnen einmal über das von allen, einmal ... naja geht so. ;)

In einem großen Endkonflikt mit mehreren Beteiligten versuchten die Dogs dann, den Krämer von seiner (gläubigen aber ihn liebenden) Frau zu scheiden und ihn der Stadt zu verweisen. Cool war hier die Predigt von Toastbrot, die Tatsache, dass J sich gegen seine Mit-Dogs stellte und versuchte, den Konflikt zu deeskalieren, und Ta'al, der mechanisch alle Register zog und den Konflikt mit einem coolen "die Jungfrau beschützt mich!" für sich entschied. Der Krämer verließ also die Stadt, gefolgt von seinem Geliebten Eliah, die Frau blieb gebrochen zurück. Hier wurde zwar das Wohl der Gemeinschaft berücksichtigt, aber doch ein mildes Urteil für den Krämer gefällt (immerhin wurde er nicht erschossen wie auf dem Sommertreffen).

Was richtig gut geklappt hat, war die Mechanik des Systems. Die Jungs nahmen Fallout, kriegten XP, eskalierten usw. Je länger wir spielten, desto besser wurde es. Gelernt habe ich, dass man früh "Rede"-Fallout nehmen sollte um damit seine schlechten Würfel wegzubekommen. Und die w4 Fallout sind nicht schlimm, bringen oft sogar XP.

Zu einigen möglichen Problemen würde ich gerne von meinen Spielern (und anderen) wissen, ob sie das überhaupt als Problem sehen (bzw. gesehen haben):

Die In-Char Diskussionen waren relativ lang. Ich fand es von der Länge ok und habe dann gegen Ende etwas auf die Tube gedrückt, um Tempo zu machen. War das ok so? Mehr Diskussion? Früher abbrechen?

Am Ende war die Entscheidung der Dogs gefallen und sie haben sie auch so durchgesetzt. Hätte ich da noch mehr Druck machen sollen (also die Nachteile der Entscheidung betonen)? Hätten die NSC z.B. den Krämer lynchen sollen (oder es versuchen? Immerhin war es eine Todsünde)? Oder war das ok so?

Dann hatte ich den Eindruck, dass es zu leicht war in Konflikten zu deeskalieren. Nachdem die Würfel für Waffen bzw. Kämpfen einmal auf dem Tisch waren, wurde wieder nur geredet. War das ok? Hätten die NSC mehr Druck machen sollen (durch eigenen Waffeneinsatz)?


Insgesamt war ich sehr, sehr zufrieden. Das waren die besten beiden RL Sitzungen seit sehr langem (wenn man mal die Treffen außen vor lässt). Großes Lob an die Spieler, die sich richtig auf die menschlichen Probleme der NSC und auf die harten, zu treffenden Entscheidungen eingelassen haben. Es entwickelte sich eine richtige Dynamik, bei der die Spieler sich gegenseitig unterstützt haben und aufeinander eingegangen sind. Das war Narrativismus pur! Hach, was bin ich glücklich! :D ;D

Dogs ist meinen Erwartungen wieder gerecht geworden. Es ist auch für Leute, die nicht so viel Indy-Erfahrung haben, leicht verständlich und entwickelt eine wunderbare Dynamik. Wir machen auf jeden Fall weiter. Mal sehen, was den Dogs noch so bevorsteht.

Lord Verminaard:
Klingt doch super! :d Gab es auch Konflikte zwischen den Dogs? Man kann ja auch zwischen Spielercharakteren eine Diskussion als Konflikt würfeln. Stakes: Überzeuge ich dich? Das ist allerdings ziemlich heftig, wenn eskaliert wird...

Bin gespannt zu hören, wie sich die Experience auswirkt, ich habe ja bisher nur One-Shots gespielt. Ich glaube, über längere Distanz ist das System noch stärker. Na ja, bei mir geht es ja nächsten Freitag auch endlich los! :D

wjassula:
Klingt nach Spass und macht Appetit auf mehr...Sobald ich endlich mal PtA hingekriegt hab, hol ich mir Dogs. Yehaa!

Tele-Chinese:
So da ich zu den Spielern gehöre geb ich mal meinen Senf dazu ab. Wird ja gewünscht.

Bevor ich beginne will ich noch eins los werden: Dogs ist endgeil! Ich hatte (wie von Fredi erwähnt) keine Erfahrungen mit Indie-RPG's und bin begeistert. Endlich mal was wo ich von D&D wegkomme - das mag ich eh nich mehr.
Besonders geil war bei uns natürlich der "Endkampf" Bei D&D kloppt man einfach den Bösewicht weg. Hier war der "Endkampf" ein Riesenkonflikt - ein Endkampf sozialer Natur sozusagen. Und mit zunemender Stunde wurde es vertrackter. Fredi hat es uns nicht gerade einfach gemacht (und um es einfacher zu machen hätte meine Schrotflinte Recht sprechen müssen, aber das wäre auch wieder nicht gegangen, weil man hadert ja doch mit sich...) und immer mal wieder ein neues Detail ins Spiel gebracht. Fies sag ich da nur. Hat aber auch den Reiz des Spiels ausgemacht.

Die schwierigste Entscheidung am Ende - und meine Erkenntnis - war: Stellen wir das persönliche Glück des Einzelnen über das Glück der Gruppe? Oder stellen wir das Glück der Gruppe über das des Einzelnen.
Schwierig an der Sache war das Bruder Tamir ein Dog geworden ist um gegen Unterdrückung durch die Dogs zu kämpfen. Also musste man zu einem Kompromiß gelangen bei dem , zumindest zwei von dreien, zufrieden waren. Meine Position war mehr oder weniger die, das die Gesellschaft funktionieren müsse. Allerdings fielen unsere Entscheidungen sehr, sehr ambivalent aus. Mag sein, dass das der Einfluss von drei Spielern, bei so etwas wie einem Kompromiß, war oder wir teilweise selbst nicht linear genug in unserer Ansicht waren. Aber, und das ist ja gerade das schöne an Dogs, man ist als Mensch in seinen Entscheidungen und Meinungen nich immer konsequent und Linear. Gerade von dieser Ambivalenz, hin und hergerissen zu sein zwischen persönlichen Ansichten und der Diskussion untereinander das man keine geraden Entscheidungen treffen kann lebt das Spiel. Das war sehr schön.
Von außen betrachtet jedenfalls, war der Abend ein voller Erfolg - verbunden mit ner Menge Spaß - aber, wenn man sich das Dorf anschaut das wir verlassen haben muss man sagen: es war eine Verschlimmbesserung -Ach wie schön NARretei sein kann!
Man geht mit einem guten Gefühl, aber einem Zweifel an den eigenen Entscheidungen/Meinungen nach Hause. War das richtig was wir gemacht haben? Wird das gut gehen? Rollenspiel als Therapie sozusagen ;D Ich denke ja auch aus genau dem Grund mag Fredi Dogs sogerne ;D (Wir sollten mal ein Therapie-RPG zumindest im Ansatz "an-denken") Mir jedenfalls zeigt es, dass es lohnt öfters mal sich selbst und die eigene Meinung in Frage zu stellen.

So um nun auf deine Fragen zu antworten Fredi ein kurzes Statement:


--- Zitat von: Fredi der Elch am 22.10.2005 | 14:42 ---Die In-Char Diskussionen waren relativ lang. Ich fand es von der Länge ok und habe dann gegen Ende etwas auf die Tube gedrückt, um Tempo zu machen. War das ok so? Mehr Diskussion? Früher abbrechen?
--- Ende Zitat ---

Nö war genau richtig. Das hat schon spass gemacht mit den anderne beiden zu diskutieren. Deine Zwischenkommentare ("man kann das auch so sehen") waren auch immer ganz nett. Besonders weil du da den Konflikt mit gewürzt hast...aber ich verweise da auf meinen ausspruch den du schon angegeben hast.


--- Zitat von: Fredi der Elch am 22.10.2005 | 14:42 ---Am Ende war die Entscheidung der Dogs gefallen und sie haben sie auch so durchgesetzt. Hätte ich da noch mehr Druck machen sollen (also die Nachteile der Entscheidung betonen)? Hätten die NSC z.B. den Krämer lynchen sollen (oder es versuchen? Immerhin war es eine Todsünde)? Oder war das ok so?
--- Ende Zitat ---

Bitte nicht. ;D Es war auch so schon schwer genug...Ne im Ernst war eigentlich ganz in Ordnung so. Wenn du aber beim nächsten mal das ganze noch mehr anfeuern willst kannst du das gerne machen. Interessant wäre es gewesen wenn sich plötzlich der Stewart in den Konflikt mit eingeschaltet hätte (z.b. um eine dritte bzw. vierte Position zu beziehen, da Bruder Tamir ja doch nicht so ganz auf "unserer" Seite war)


--- Zitat von: Fredi der Elch am 22.10.2005 | 14:42 ---Dann hatte ich den Eindruck, dass es zu leicht war in Konflikten zu deeskalieren. Nachdem die Würfel für Waffen bzw. Kämpfen einmal auf dem Tisch waren, wurde wieder nur geredet. War das ok? Hätten die NSC mehr Druck machen sollen (durch eigenen Waffeneinsatz)?
--- Ende Zitat ---

Ne fand ich in Ordnung. auch mit einer Waffe unterm Kinn kann man palavern, dennoch ist der Konflikt physischer Natur. Und ich bin mir nicht sicher ob ich den Krämer wirklich weggeballert hätte. Ich habe den Konflikt nur auf dieses Level eskaliert, weil ich nur noch einen  läppischen W4 hatte. Und ich wollte nicht verlieren. Zum Glück hat ja Bruder (ich hab den Namen vergessen ;D ) dann den Konflikt (auch gegen Bruder Tamir) gewonnen und in "unserem" Sinne Recht gesprochen. Beim nächsten mal ventuell (aber wirklich nur eventuell) den Konflikt auf der höchsten Eben halten. Kommt halt auf die Spielsituation an...
Aber alles in allem war das doch wirklich ganz gut.
Nur eine Spur mhr Sadismus würde uns gut stehen ;D Jedenfalls auf die Idee, das der Junge den Krämer erschießen soll, wäre ich nie gekommen...

So ich hoffe das reicht fürs erste
Toastbrot

P.S. Nein als Spieler haben wir nicht gegeneinander gewürfelt. Aber ich denke das kommt noch - besonder gegen den "Ein-W10-Dog" >;D Ach wie herrlich ist es ein "Zwei-W10-Dog" zu sein...(nur doof das wir auch einen "drei-W10-Dog" haben)

Lord Verminaard:
3W10 ist hardcore... ;D

Hier haben wir tatsächlich mal einen Spielbericht, wo man eine erkennbare Prämisse hat (Ist das Wohl der Gemeinschaft wichtiger als das Wohl des Einzelnen?) Kommt ja selten genug vor. Applaus dafür! ;)

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