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[The Puddle] Untergang eines Kreuzfahrtschiffes
Dom:
Liebe Leute,
gestern haben wir eine Weiterentwicklung zu The Pool gestestet: The Puddle.
Zunächst mal kurz zum Hintergrund: Unsere Idee war es, ein Szenario zu spielen, bei dem ein modernes Kreuzfahrtschiff irgendwie untergeht. Ein paar Leute können sich auf eine einsame Insel retten, auf der dann seltsame Dinge passieren sollen.
Dann wurden Charaktere erstellt. Purzel spielte den ersten Maat, der seinen Bruder bei dem Schiffs-Unglück verloren hat und hinter einer Passagierin her ist. Er fühlt sich für das Unglück (mit)verantwortlich. Eva spielt einen Musiker (Pauker *g*), Italiener. Er war gerade auf dem Captain's Dinner bei der Arbeit, als das Unglück passierte. Er ist ein etwas rauher Kerl, der in einer armen Familie großgeworden ist und gewohnt ist, sich mit Ellenbogen durchzusetzen.
Die Charaktererschaffung ist in etwa wie bei The Pool. Allerdings gibt es die 50-Worte-Beschränkung nicht und man soll 6 Traits aus seiner Geschichte ableiten. Die Traits haben keine Werte sondern geben pauschal einen Würfel, wenn sie eingebracht werden können.
Zur Story: Angefangen haben wir mit einer Rückblende auf das Unglück. Eine Riesenwelle erfasst das Schiff, der erste Maat hat die Warnungen des Radars für eine Störung gehalten. Er rettet seine Angebetete etwas rücksichtslos, die ihrem Verlobten hinterherweint. Der Bordmusiker rettet im Wesentlichen sich und seine Pauke. Nach einer Nacht im Rettungsboot kommen die Überlebenden auf der Insel an, der Verlobte ist auch darunter.
Auf der Insel gab es ein paar nette Szenen:
- Der Musiker drängt den ersten Maat dazu, einen Erkundungstrupp loszuschicken
- Der erste Maat wird beschuldigt, nicht genug für die Rettung des Schiffes getan zu haben
- Der Verlobte wurde von einer Schlange angefallen und absichtlich nicht gerettet
Wir haben dann das Spiel ohne richtigen Abschluss einfach abgebrochen; der Grund war, dass ich mich als Spielleiter nicht wie auf ein klassisches Spiel mit einer Story vorbereitet hatte, ich aber aufgrund der Regeln dazu verdammt war, 90 % zu erzählen. Das wurde dann nach etwa 2,5 Stunden Spiel etwas zu anstrengend.
Aufgrund der fehlenden Spielleiter-Tipps in den Regeln war mir das aber vor dem Spiel auch nicht klar :(
Zum System: Jeder hat einen Pool aus (anfangs) 6 Würfeln. Kann man in einen Konflikt einen Trait einbringen, wird der Pool um einen Würfel aufgestockt. Dann nimmt sich der Spieler beliebig viele Würfel und wirft diese. Bei einer 1-2 wird der Würfel dauerhaft aus dem Pool entfernt, bei einer 5-6 zählt ein Würfel als Erfolg. Ohne Erfolge erzählt der SL seine Version der misslungenen Probe, mit einem Erfolg erzählt der SL seine Version der gelungenen Probe, mit zwei Erfolgen erzählt der Spieler seine Version des Ausgangs der Probe und ab drei Erfolgen gibt es einen zusätzlichen Trait oder ein Trait verändert sich.
In unseren Augen ist die bessere Version von The Puddle ganz klar The Pool ;) Die Gründe sind wie folgt:
1. Die 50-Wort-Begrenzung ist weg. (ok, das ist nicht sehr tragisch, aber die 50 Wörter geben einem einen guten Anhalt, wie viel man schreiben soll)
2. Immerhin kann man davon ausgehen, dass im Mittel 1/3 der Würfel verloren sind. Daher ist es ungünstig, mehr als drei Würfel einzusetzen, denn sonst macht man (wenn man wegen eines Traits einen Würfel bekommt) im Mittel Verluste. Umgekehrt bekommt man als Spieler erst ab 6 Würfeln mit einer Wahrscheinlichkeit von >50% die Chance, selber etwas zu erzählen; selbst bei 8 eingesetzten Würfeln ist die Wahrscheinlichkeit gerade mal 80%. Das hat zur Folge, das sehr oft kein oder ein Erfolg auftritt. In unserem Spiel hatte Eva eine eigene Erzählszene, Purzel hatte zwei, und das, obwohl ich sie sooft wie möglich habe würfeln lassen. Also erzählt fast die ganze Zeit nur der SL.
3. Wenn man mal einen Pool-Crash hatte (z.B. hatte Eva recht schnell nur noch einen Würfel), so kann man quasi gar nix mehr machen. Ist der Pool beispielsweise leer, so hat man für einen Wurf maximal einen Würfel (nämlich den durch den Trait). Damit ist dann die Chance nur noch 1/3, dass der Würfel nach dem Wurf wieder weg ist und 2/3 dass man das Ereignis verliert. Und selbst wenn man gewinnt, erzählt dann der SL den Ausgang. Damit hat man dann quasi keine Chance mehr, in die Geschichte zurückzukommen.
Im Gegensatz dazu hat man beim Pool immer noch ein paar Würfel durch den Trait und ein paar durch den SL bekommen, so dass man auch mit einem leeren Pool eingentlich immer die Chance hat, etwas zur Geschichte beizutragen.
Fazit: The Puddle hängt unserer Meinung nach irgendwo zwischen klassischem Spiel und gemeinsamen Erzählspiel und krigt beides nicht gut hin.
Dom
Dr.Boomslang:
--- Zitat von: Dom am 14.09.2006 | 11:08 ---Fazit: The Puddle hängt unserer Meinung nach irgendwo zwischen klassischem Spiel und gemeinsamen Erzählspiel und krigt beides nicht gut hin.
--- Ende Zitat ---
Interessant! Das war eigentlich auch immer meine erste Einschätzung von Puddle (ohne es gespielt zu haben), allerdings habe ich Pool immer ähnlich eingeschätzt.
Und nach eurer positiven Erfahrung mit Pool und meiner Einschätzung dass Puddle auf jeden Fall einige Pool Fehler vermeidet, hätte ich eigentlich damit gerechnet dass Puddle auch besser funktioniert.
Ich finde die Sache mit dem Pool-Crash und der zu hohen Verlustwahrscheinlichkeit aber einleuchtend, darauf habe ich wohl nicht beim Lesen geachtet (kann ja keiner ahnen, dass die Fehler die Puddle gegenüber Pool wegnimmt weniger bedeutend sind als die die es hinzufügt :o ).
Wo Puddle aber dafür sorgt dass Spieler selten selbst erzählen, erfüllt das Pool-Management bei Pool seinen Zweck auch nicht wirklich.
Denn bei Pool gibt es keinen Grund nicht immer das Maximum an Würfeln einzusetzen. Man muss schließlich nicht abwägen. Je mehr man einsetzt umso größer ist die Chance zu gewinnen und damit zu erzählen oder den Pool noch zu vergrößern und damit wiederum die Chance auf Gewinn zu erhöhen.
Setzt man hingegen zu vorsichtig, dann erhöht man die Chance alles zu verlieren und schont dafür nichts was ein Wert an sich wäre, der Pool ist schließlich nur dann sinnvoll wenn man ihn einsetzt.
Auf jeden Fall hat mich diese Pool und Puddle Überlegung mal dazu inspierert ein System mit ganz klar umgrenzten Anwendungsbereich zu entwickeln, nämlich ein DAG in dem es im Regelwerk nur um die Strukturierung von Erzählrechten geht. :)
Mann ohne Zähne:
Hey Doc,
vielleicht kann Dir dann OctaNe einige Inspirationen geben. Die Regeln verteilen auch nur die Erzählrechte, aber das recht clever.
Dom:
--- Zitat von: Dr.Boomslang am 14.09.2006 | 13:04 ---Ich finde die Sache mit dem Pool-Crash und der zu hohen Verlustwahrscheinlichkeit aber einleuchtend, darauf habe ich wohl nicht beim Lesen geachtet (kann ja keiner ahnen, dass die Fehler die Puddle gegenüber Pool wegnimmt weniger bedeutend sind als die die es hinzufügt :o ).
--- Ende Zitat ---
Japp, ich auch nicht. Das ist erst so richtig beim Spielen klar geworden... Wenn ich das vorher geahnt hätte, hätte ich wohl mehr vorbereitet. Wobei das dann mit viel Würfelglück der Spieler auch total hätte in die Hose gehen können.
--- Zitat von: Dr.Boomslang am 14.09.2006 | 13:04 ---Wo Puddle aber dafür sorgt dass Spieler selten selbst erzählen, erfüllt das Pool-Management bei Pool seinen Zweck auch nicht wirklich.
Denn bei Pool gibt es keinen Grund nicht immer das Maximum an Würfeln einzusetzen. Man muss schließlich nicht abwägen. Je mehr man einsetzt umso größer ist die Chance zu gewinnen und damit zu erzählen oder den Pool noch zu vergrößern und damit wiederum die Chance auf Gewinn zu erhöhen.
Setzt man hingegen zu vorsichtig, dann erhöht man die Chance alles zu verlieren und schont dafür nichts was ein Wert an sich wäre, der Pool ist schließlich nur dann sinnvoll wenn man ihn einsetzt.
--- Ende Zitat ---
Ja, auch richtig. Aber das stört bei The Pool eigentlich nicht: Wenn die Spieler immer alle Würfel einsetzen, dürfen sie eben oft erzählen. Dann kommt es irgendwann zum Pool-Crash, und auch das wirft niemanden völlig aus der Bahn, da es immer ein paar Würfel für Trait+SL-Bonuswürfel gibt (so hat man auch ohne Pool meist 3 oder 4 Würfel). Wenn dann der Konfliktausgang nicht so wichtig ist, dann kann man eben wieder Würfel sammeln. Insbesondere, wenn man dann nicht nur einen Würfel, sondern 2 oder 3 bekommt, hat man auch bald wieder einen Pool zusammen, so dass man wieder ordentlich Würfel setzen kann.
Vor allem kann man bei The Pool nach einem gewonnenen Konflikt immer abwägen: Ist mir das Erzählen der Konfliktauflösung oder meine zukünftige Erzählchance wichtiger? Bei The Puddle kann man da nicht abwägen, sondern ist rein auf den Zufall angewiesen (und meist dürfen die Spieler nicht erzählen).
Anti-Pool könnte vielleicht besser als Pool sein. Hat das schonmal jemand ausprobiert?
--- Zitat von: Dr.Boomslang am 14.09.2006 | 13:04 ---Auf jeden Fall hat mich diese Pool und Puddle Überlegung mal dazu inspierert ein System mit ganz klar umgrenzten Anwendungsbereich zu entwickeln, nämlich ein DAG in dem es im Regelwerk nur um die Strukturierung von Erzählrechten geht. :)
--- Ende Zitat ---
Ja, mach mal... ich bin gespannt. Ein weiteres Spiel, was auch in diese Richtung geht, ist Universalis. Das erschien mir beim Lesen aber recht schwerfällig.
Dom
Purzel:
Ich hatte mir gestern auch noch ein paar Notizen gemacht:
* Puddle ist für den SL sau-anstrengend gewesen: wenn man nichts vorbereitet, dann muss er sich viel aus den Fingern saugen
* bereitet der SL hingegen zu viel vor, dann kann eine Erzählphase eines Spielers seinen Plot zunichte machen. Folge: Finger saugen
* die Regeln geben keinen Anhalt für den SL, und daher bleibt das Spiel für den SL furchtbar unkalkulierbar
* "The Pool" vom letzten Mal ist besser gewesen als "The Puddle": mit einem kleinen Patch (z.B. 2 Würfel Belohnung, wenn man den SL erzählen lässt, statt nur einem einzigen) ist Pool deutlich stabiler ggü. Pool-Crashing
* Ich wollte erzählen, durfte aber nicht. Bei Pool war ich deutlich häufiger dran.
* Pool-Crash mechanisch seltener zu machen ist nicht die Lösung des Problems. Ein Pool-Crash ist und bleibt völlig unabhängig vom Können und Handeln eines Spielers, es ist reiner Zufall. Besser ist wirklich der Ansatz, dass man sich von so einem Crash schneller erholt.
* Den Pool-Crash bei Pool fand ich nicht so schlimm, selbst dort kann man als Spieler noch vernünftig handeln und das Spiel macht weiterhin Spass. Bei Puddle ist man nach einem Crash dem SL ausgeliefert. Kein Spass.
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