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[Star Wars d6] Raumschlachten und wohlmeinende SL-Diktatoren

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Lord Verminaard:
Ich sprach neulich mit Hendrik über meine alten Star Wars d6-Tage, und Raumschlachten, Partizidingens und Stimmungsspiel sind ja immer wieder brandaktuelle Themen. Daher mal der nachfolgende Rückblick auf eine von den SpielerInnen hochgelobte Star Wars Session, in der ich einen Haufen SL-Techniken sehr erfolgreich verwendet habe, die heute vielerorts verdammt werden. Das muss so um 2000 rum gewesen sein.

Ausgangssituation

Die Gruppe gibt es seit der Schulzeit, und auch die Charaktere wurden ewig gespielt. Wir hatten da: Einen Failed Jedi (der dann irgendwann zum echten Jedi wurde), eine Gamblerin, ein Kid, eine Schmugglerin und einen Young Senator (letzterer ersetzte einen verstorbenen Scout). Die Kampagne startete noch vor der Schlacht von Yavin und versandete kurz vor dem großen Finale in der Schlacht von Endor. Irgendwann später spielten wir dann auch noch mal eine Episode nach der Schlacht von Endor.

Jahre später trommelte ich die Runde noch mal zusammen, um die alten Charaktere noch mal aufleben zu lassen, allerdings mit einem gehörigen Zeitsprung. Ich fragte nicht etwa die Spieler, was ihre Charaktere in der Zwischenzeit gemacht hätten. Treu meiner unangefochtenen Rolle als wohlmeinender Diktator schrieb ich jedem der Spieler eine Einleitung, die es vorab zum Lesen gab (2-3 Seiten). Die Gamblerin und die Schmugglerin hatten sich nach der Schlacht von Endor von der Allianz getrennt, die Schmugglerin sich ihr eigenes kleines Imperium aufgebaut. Das Kid war zu einer jungen X-Wing-Pilotin herangewachsen. Der Jedi war ein enger Vertrauter von Luke Skywalker und bildete junge Padawans aus. Der Senator war – Überraschung – Senator.

Jede der Einleitungen endete damit, dass die Charaktere in dieselbe Raumschlacht katapultiert wurden. Der Senator und der Jedi auf einer Corvette, unterwegs zu einem Wahlkampfauftritt, mit einer von der Pilotin geführten X-Wing-Staffel als Eskorte, wurden von Piraten überfallen. Die Schmugglerin mit ihren Schiffen kam hinzu, weil sie eben jenen Piraten einen Denkzettel verpassen wollte, hatte aber aufgrund falscher Informationen mit erheblich weniger Piratenschiffen gerechnet. Die Gamblerin hatte sich der Schmugglerin für eine Weile angeschlossen und kommandierte eins der Schiffe.

Ablauf der Schlacht

Star Wars d6 hat zwar Regeln für den Raumkampf, aber spätestens wenn Capital Ships involviert sind, wird eine eher erzählerische Abhandlung ermutigt. Ich habe es auch mit den Regeln nicht so genau genommen. Diese ganze Größenklassen-Tabelle mit „to hit, to dodge, to damage“ ist eh kein so richtiger Bringer. Und wie Hendrik schon sagte: d6-Kämpfe sind nicht besonders taktisch oder aufregend, aber... lang. Also: wenig würfeln, viel einfach erzählen. Trotzdem habe ich keinen Monolog gehalten, obwohl ich einzelne Action-Szenen schon recht blumig beschrieben habe.

Ich habe aber die einzelnen Schiffe auf dem Tisch durch Würfel, Radiergummis, Anspitzer usw. repräsentiert und diese teilweise auch hochgehoben, um das Geschehen in 3D darzustellen. Ich habe dann die Spieler Befehle geben lassen, nach denen sich die einzelnen Schiffe angeordnet haben, und die Reaktion der Piraten beschrieben, den Beschuss und die Schäden an den einzelnen Schiffen. Das Timing war frei Schnauze, wann wer wo ankommt und welches Schiff wie viel Beschuss aushält, habe ich anhand von Dramaturgie und Plausibilität völlig willkürlich festgelegt und den Spielern beschrieben. Hin und wieder durfte mal jemand was würfeln, insbesondere die X-Wing-Pilotin, aber das war eher Beiwerk.

Wo war der Spaß für die Spieler? Nun, sie konnten sich die Situation ausmalen und die Reaktion ihrer Charaktere hierauf darstellen. Wiedersehensfreude und typische Star-Wars-Frotzelei über die Funkkanäle schicken. Und ihre Befehle an die einzelnen Schiffe hatten zwar auf den Ausgang der Schlacht keinen Einfluss, wohl aber auf die Dramaturgie und den genauen Verlauf. So hat die X-Wing-Pilotin z.B. ihren ätzenden Twi’Lek-Flügelmann abkommandiert, um den Schmugglern gegen das Kanonenboot der Piraten zu helfen, während sie selbst die Z-95-Jäger in einen Nahkampf verwickelte. Dadurch wurde ihm und nicht ihr der Triumph zuteil, den entscheidenden Protonentorpedo abzufeuern, der das Kanonenboot zerriss, von mir natürlich mit großen Worten in Zeitlupe beschrieben.

Am Ende wurde das besagte Kanonenboot zerstört und der Rest der Piraten ergriff die Flucht. Die Corvette des Senators war schwer beschädigt und es hatte einen X-Wing und ein oder zwei kleinere Schiffe der Schmugglerin gekostet, aber man hatte (durch taktische Meisterleistung und überlegenes Können natürlich ;)) den Sieg gegen eine Übermacht errungen.

Weiterer Verlauf

Das Abenteuer ging dann weiter, indem die Charaktere alle gemeinsam zu dem Wahlkampfauftritt reisten, wo es galt, den Aufstieg eines neuen Demagogen zum Amtsnachfolger von Mon Mothma als Präsident der neuen Republik zu verhindern und die Gegenkandidatin, die Tochter von Admiral Ackbar, zu unterstützen. (Hat nichts mit der offiziellen Kontinuität zu tun, aber darauf pfeiff’ ich.) Dabei gab es eine geistreiche Debatte zwischen mir (als hetzerischer Wahlkampfgegner) und dem Spieler des jungen Senators, der zufällig SPD-Kreispolitiker ist. Am Ende wurde gewürfelt, aber auch das eher pro Forma, das Ausspielen selbst war der Spaß und ich wusste, dass ich ruhig mein Bestes geben konnte, weil er mir gewachsen war und logischerweise die besseren Argumente hatte.

Es wurde dann jemand entführt (was die Spieler nicht verhindern konnten aber die Charaktere natürlich zu verhindern versuchten, wobei ich sie knapp scheitern ließ) und die Charaktere flogen in einen Neutronen-Nebel, wo sie auch wieder auf die bereits bekannten Piraten trafen und feststellten, dass jene mit dem „bösen“ Senator unter einer Decke steckten und noch dazu einen obermiesen Killer, den der Imperator aus einer primitiven aber machtbegabten Spezies gezüchtet hatte, beauftragt hatten, Leia Organa-Solo und ihre Kinder umzubringen... (Natürlich hätte ich in jedem Fall dafür gesorgt, dass sie diese Information bekommen, egal was sie tun.)

Also, dritter Akt, auf nach Corruscant und die Zwillinge retten. Irgendwelche Komplikationen die mir gerade nicht mehr einfallen waren dann auch noch dabei, und am Ende wurd’s noch mal richtig spannend im Kampf gegen den überpowerten Attentäter, weil ich eben manchmal Charaktere doch auch sterben lasse, wenn die Spieler bewusst Risiken eingehen, und das wissen sie auch (und machen es trotzdem... ;)) Außerdem konnte ich es so einfädeln, dass er die anderen Charaktere ohne den Jedi erwischte, was die Spannung erheblich erhöhte. Der Jedi-Spieler durfte statt dessen seinen jungen Padawan spielen, der sich heldenhaft opferte und sogar schwer verwundet überlebte (das wiederum fair ausgewürfelt, wie ich sowieso bei Star Wars d6 fast nie an den Würfeln drehe, und wenn, dann ganz offen). Am Ende kam es dann zum Zweikampf zwischen dem Jedi und dem Attentäter, und es musste wieder auf dem Fußboden gewürfelt werden, weil auf dem Tisch nicht genug Platz war.

Fazit: Die Spieler schmieden Pläne, die ich sowieso am Ende so hinbiege, dass es zum geplanten dramatischen Finale komme, und stellen ihre Charaktere dar. Ich mache die Show. Klingt scheiße? Alle fanden es toll. Seit ich nicht mehr so leite, hatten wir nicht mehr solchen Spaß.

Preacher:
Klingt nach ausgesprochen cooler Session und jeder Menge Spaß. :)

Ich glaub auf's Wort, daß Runden nach dem Muster fett rocken können, allein schon, weil eine Einzelperson mit etwas Talent die Dramatik so viel besser steuern kann. Und wie sich der Bericht liest, wussten doch auch alle am Tisch, wie es abläuft (kann das dann überhaupt noch Illusionismus sein?) - also was soll's? ;)

Fazit: Würd ich mitspielen. Wohlgemerkt: Mitspielen. So zu leiten wäre ich nun wirklich viel zu faul ;)

Lord Verminaard:
Nicht Illusionismus, sondern Parizipationismus. ;) Und ich hätte keine Lust, bei so was mitzuspielen, weil ich viel lieber selber mit gestalte. Zu diesem Spielstil gehört eben auch ein SL, der sein Ding durchzieht und sich nicht ständig von den Spielern dreinreden lässt (auch wenn er natürlich im Einzelfall Ideen der Spieler aufnehmen und seine Pläne ändern kann).

Und das zu leiten habe ich auch keine Lust mehr, obwohl der Vorbereitungsaufwand nicht größer ist als für eine gute Kampagne mit einem dynamischen Plot. Aber ich finde es einfach so ermüdend, die ganze Zeit alle Fäden in der Hand zu haben und selbst so wenig vom Spiel überrascht zu werden.

Preacher:

--- Zitat von: Lord Verminaard am 29.03.2007 | 15:49 ---Nicht Illusionismus, sondern Parizipationismus.
--- Ende Zitat ---
Aber beinhaltet das nicht auch das gestalterische teilnehmen? So hab ich das zumindest aus der jüngsten Diskussion in Mymidons Forum geglaubt rauslesen zu können:
"Und in dem See, da lebte ein Drache, nicht wahr, Opa?"


--- Zitat von: Lord Verminaard am 29.03.2007 | 15:49 ---Und ich hätte keine Lust, bei so was mitzuspielen, weil ich viel lieber selber mit gestalte.
--- Ende Zitat ---
Auf Dauer wäre mir das auch zu blöd. Aber mich mal einen (oder auch ein paar) Abende lang von einem begnadeten Geschichtenerzähler bespaßen zu lassen würde ich glatt ertragen ;D

Lord Verminaard:
Hast du den Thread beim Myrmidon zuende gelesen, einschließlich meiner erhellenden Weisheiten? ;D

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