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Kleriker: Philosophie
Asdrubael:
Ich glaube ich habe da ein Problem...
Nehmen wir mal die katholische Kirche als Beispiel. Hier hat sich die Ansicht von Glauben sehr stark vom Mittelalter bis heute gewandelt. Das kann denke ich jeder nachvollziehen, wenn man die Inquisition, die Kreuzzüge und die missionierung ferner Länder mit der heutigen "Wir-sollten-uns-alle-lieb-haben" Philosophie vergleicht. (ACHTUNG es geht hier nicht um eine theologische Diskussion)
Nehmen wir mal ein Dark Fantasy Setting (z. B. Warhammer RPG auf D&D 3rd Ed. ;D ) und hier einen Priester des Sigmar.
Sigmar ist die Staatsgottheit des Imperiums, des größten Landes der Menschen. Er hat die Orks und Goblins aus dem Land getrieben, die Menschenstämme vereinigt und Bündnisse mit den Zwergen geschlossen. Dafür wird er verehrt.
Zweieinhalbtausend Jahre später (die Zeit in der das Setting spielt) ist die Sigmaritische Kirche eine der mächtigsten Organisationen der Welt. Sie entspricht etwa der katholischen Kirche des Mittelalters, auch mit dem vollen Programm an Selbstkasteiungen, Inquisition, pol. Einfluss usw.
Was denkt ihr also, was ein Sigmarpriester von einem Kriegerorden der Kirche macht, wenn er ein paar (sagen wir mal 16 ::)) Goblins trifft? klar, er macht sie mit seinen Kameraden nieder ... alle... bis auf einen :o
Der läßt (nachdem er den Priester verletzt hat) sein Schwert fallen und jammert rum ("wir nicht böse waren, wir friedlich, wir gezwungen wurden") und zieht mit großen Augen und einem ziemlich peinlichen outfit die Smeagol Nummer ab.
Ich kann ja jetzt nicht behaupten, dass ich als SL nicht damit gerechnet hätte, aber der Priester bekommt ein weiches Herz und tötet den Gobbo nicht.
Gründe:
Ich brings nicht übers Herz
Jede Kreatur hat ein Recht, zu leben
Wer weiß denn schon, ob die Sigmariten immer recht haben
??? Ein Sigmarit auf Kuschelkurs? Wie sieht das bei euch in den Gruppen aus?
Komischerweise war er aber voll gegen ein imperiales Edikt, dass es verbietet Mutanten zu jagen und zu töten. Denen billigt er also kein Lebensrecht zu ... *grübel*
Wie kommen eure Priester-Spieler mit der mittelalterlichen Glaubens- und Rechtsauffassung zurecht? Wie erzeugt ihr vielleicht auch eine Atmosphäre, in der das richtig erscheint?
Althalus:
Punkt 1: Die Gottheit. Sigmar war doch mW ein Mensch, der als Held zum Gott aufstieg, oder irr ich mich da (hab das Regelwerk grad net da). Wenn dem so ist, hat er natürlich auch einige menschliche Schwächen - und da kann man Wankelmut sicher zulassen.
Andere Götter sind als reine Götter da sicher weniger tolerant, und vertreten eine bestimmte Linie und Geisteshaltung.
Punkt 2: Die Kirche/der Kult. Hier kommt die Auslegung des Glaubens ins Spiel. Auch der katholische Glaube hat sich nicht wesentlich verändert - aber seine Auslegung.
So wurde aus der Aufgabe der "Bekehrung" die "Missionierung" mit Feuer und Schwert.
Ein Priester unterwirft sich also vor allem der Auslegung seines Glaubens, wie er sie von den Hohepriestern, usw. aufdoktriniert bekommt.
Dagegen kann er natürlich rebellieren - und vielleicht sogar mit der Unterstützung seines Gottes rechnen, wenn es sich z.B. um eine dekadente Kirche handelt.
Punkt 3: Der Priester. Er ist ein menschliches (oder was auch immer) Wesen, und damit auch Gefühlen unterworfen. Wenn er nicht gerade ein Fanatiker ist, oder psychisch krank (was meist dasselbe ist), wird er wohl auch Mitleid kennen. Vielleicht wird er den Mord an den Gobbos bereuen, oder auch das Verschonen des einen. Er handelt aber nicht unfehlbar in seinem Glauben, was wiederum zu einem inneren Konflikt führen könnte.
Punkt 4: Der SL und seine Ideen. Warum nicht eine Vision schicken, in der der Gott seinen Priester auf sein Fehlverhalten aufmerksam macht? Oder in darin bestärkt? Ihm eine Aufgabe zuteilt? Aus so einer Aktion läßt sich doch ein guter Ansatz für Abenteuer aufbauen, oder?
Grungi:
Es ist ein Unterschied zu sagen: "Alle Mutanten sind Böse!" und sich dafür einzusetzen oder ob man persönlich einen Mutanten der winselt und jammert erschlägt. Vieleicht sah er den Vorfall als eine Ausnahme die 1:10000000000 passiert an.
Was die Abenteueransätze angeht: Richtig derbe wäre es, diesen Goblin zu einem Häuptling aufsteigen zu lassen, der richtig gefährlich wird. Da käme es zur klassischen "Hätte ich ihn nur damals getötet!" Situation.
Lord Verminaard:
Als erstes Zustimmung zu Althalus' Punkt 3: Nicht jeder SC-Priester muss sich sklavisch an alle Gebote und Verbote seines Glaubens halten! Wenn die Rolle glaubwürdig ist und zum Hintergrund passt, bin ich als SL bereit, auch sehr weitgehenden "Ungehorsam" hinzunehmen. Ist zudem ein fabelhafter Aufhänger für Abenteuer, wenn man droht, ihn zu exkommunizieren oder noch was schlimmeres und er sich irgendwelchen Prüfungen unterziehen muss...
Die Geschichte mit der "mittelalterlichen" Rechtsauffassung gilt ja nicht nur für Priester, sondern für alle Charaktere. Wobei natürlich Priester davon stärker betroffen sind. Ich kann nur sagen, dass es in unseren Runden da bisher keine Probleme gab. Wir hatten mal einen so herrlich penetranten Rondrageweihten (Göttin des Krieges, des Zweikampfes, der Ehre etc. bei DSA), dass wir anderen Spieler fast wahnsinnig geworden sind... (Der hätte sein Schwert weggesteckt und den Gobbo eigenhändig erwürgt! :D )
Gast:
ich erinnere mal an martin luther als beispiel eines gläubischen rebelanten ...
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