Das Tanelorn spielt > [TSOY] Gonne-on-Maire
(13) Die Rote Hand [D'Anton/Arpok/Ariana]
Gaukelmeister:
Arpoks Nasenflügel beben, als er zornig antwortet: „Die Grausamkeiten gegen mein Volk, die euch als Kind zur Unterhaltung gedient haben und von denen ihr hier so beiläufig sprecht, - glaubt ihr wirklich, ich würde dergleichen Geschichten nicht kennen? Hundertfach habe ich diese und ähnliche Berichte vernommen - unterschieden nur in der Art der barbarischen Quälerei, die wir durch Menschenhand erleiden mussten.“ Das Gesicht des Goblins wird für einen Moment zu einer Maske aus verzerrtem Hass, bevor sich seine Züge wieder glätten.
Ein Seitenblick auf D’anton verrät nichts darüber, wie der Schattenläufer Bellatrix’ Rede aufgenommen hat. Seine Gesichtszüge bleiben starr. Ob D’anton insgeheim davon träumt, sein eigener Herr zu sein? Wägt er die Möglichkeiten ab oder lähmt ihn die Angst um Ariana?
„Eure Pläne liegen für mich noch immer im Dunkeln. Erst sprecht ihr von meinem Schicksal und dann von euren Machtphantasien. Ich will euch nicht damit beleidigen, euch für so naiv zu halten, mir zu vertrauen. Mit welcher Grausamkeit gedenkt ihr, Bellatrix von Ruman, unsere Loyalität sicherzustellen? Oder täusche ich mich in euch und ihr wollt uns tatsächlich davon überzeugen, freiwillig mit euch zusammenzuarbeiten? Wie auch immer es sich damit verhält: Legt endlich eure Pläne offen.“
Arpok beugt sich erneut nach vorne und spricht mit drängender, erhobener Stimme: „Was wisst ihr über mein Schicksal, das euch die Gewissheit gibt, ihr könntet mich nach eurem Belieben tanzen lassen - wie ein Puppenspieler seine Puppe?“
oliof:
„Wenn mir nach Puppenspielen wäre, würde ich noch immer im Palast meines Vaters weilen und Fäden spinnen wie eine Morgentauspinne, anstatt mich hier direkt mit Euch zu treffen und zu versuchen, Euch für mich zu gewinnen. Ich denke, der Unterschied ist immens. Denkt nur daran, wie Euer Mentor gestorben ist. Hätte er gewußt, dass sein Ende naht, er hätte Euch sicherlich in seine Geheimnisse eingeweiht. Nun steht ihr zwischen den Fronten wie ein Spielball der Winde, und werdet von den meisten Leuten herumgeschubst, herumkommandiert oder mehr oder weniger diskret manipuliert. Ich mache Euch ein Angebot, dass Ihr annehemen oder ablehnen könnt.”
Bellatrix atmet tief durch.
„Natürlich werde ich nicht auf mir sitzen lassen, wenn Ihr mein Angebot ablehnt, und ihr werdet in mir eine veritable Gegnerin finden – doch wenn ich den Leuten ein unbeschwertes Schicksal anbiete, muß ich ihnen auch die Möglichkeit geben, sich anders zu entscheiden als ich – und mir gegebenenfalls sogar eingestehen, dass ich einen Fehler gemacht habe. Nur Narren halten sich für unfehlbar; übrigens eine der großen Schwächen Eures Gönners, Lord Ferdinand…”
Die Infantin von Ruman blinzelt kurz, und ihre dunklen Augen leuchten in der Dunkelheit auf wie dräuender Mondschein.
„Ihr seid selber schon in eine Falle getappt, werter Goblin. Ihr urteilt über mich, weil ihr mich von meinem Vater habt reden hören. Wer meine Mutter war, interessiert Euch gar nicht, ich bin für Euch nur eine intrigante Ammenitin. Wenn Ihr wollt, dass die Menschen in Euch mehr als einen Goblin sehen, geht mit gutem Beispiel, und versucht in den Menschen mehr als nur Ammeniten oder Khaleaner zu sehen.”
Gaukelmeister:
„Ich gestehe, dass ich nicht ganz schlau werde aus euch und euren Andeutungen. Seid ihr verschlagen wie eine Schlange? Seid ihr ein Raubtier, das den offenen Kampf sucht? Ihr gebt euch geheimnisvoll mit euren Bemerkungen über mein Schicksal, über den vermeintlichen Tod von Meister Albert und über andere Dinge mehr.“ Woher weiß sie, dass er tot ist? Beim Biss der Natter – bei dieser Hexe werde ich vorsichtig sein müssen.“
Arpok kratzt sich grübelnd am Kopf und lässt dann mit kraus gezogener Stirn seinen Blick zwischen D’anton und Bellatrix von Ruman schweifen. „Erlaubt D’anton, sich davon zu überzeugen, dass die Sklavin wohlauf ist.“ Und gebt uns einen Moment unter vier Augen.
Mit einem Lächeln, das eine welke Poiture-Blüte prachtvoll erblühen lassen könnte, nickt die Adlige Zustimmung. „Sehr wohl, Arpok, ich bin nicht der Unmensch, für den ihr mich aufgrund eurer Vorurteile und Missverständnisse zu halten scheint.“ Ein unsichtbarer Befehl lässt eine der Wachen aus dem Schatten treten. Der khaleanische Kämpfer wartet, bis D’anton sich schweigsam erhoben hat, um ihn dann aus dem Pavillon herauszuführen.
Als der Meuchler den Raum verlassen hat, wendet Bellatrix sich freundlich-forschend dem Goblin zu: „Nun Arpok, darf ich euren Wunsch nach einer vertrauteren Gesprächsatmosphäre als gutes Zeichen deuten? Seid ihr so klug, wie es mir meine über ganz Gonne-on-Maire verstreuten Ohren und Augen mitgeteilt haben? Seid ihr bereit, die unendlichen Möglichkeiten, die ich euch eröffne, mit vollen Händen an euch zu reißen?“
Arpok erwidert offen das Lächeln. Seine Finger trommeln keck auf dem Holztisch, bevor er verspielt in die Hände klatscht. „Ihr habt mich in eurem Netz gefangen, Morgentauspinne. Euch als Gegenspielerin zu haben, wäre zwar eine ausgesprochen reizvolle Aussicht. Aber wer weiß, vielleicht wird sich dazu beizeiten ja auch eine Gelegenheit ergeben.“ Arpok lacht kurz auf. „Was wollen wir nun tun? Ich versichere euch, dass D’antons Loyalität gegenüber Ferdinand deMaire der Hingabe gleicht, mit der sich das Männchen der Gottesanbeterin nach dem Liebesspiel auffressen lässt. Auch meinen Interessen wäre nicht gedient, wenn Monsieur deMaire Schaden erleiden müsste. Gleichwohl bin ich ... nennen wir es: biegsamer.“ Ein erneuter Trommelwirbel auf dem kalten Holz lässt die Augenbrauen der Adligen in die Höhe schießen.
„Madame von Ruman, ich bitte euch, in mir einen neuen Bündnispartner zu sehen. Aber bevor ihr mir erläutert, wofür ich euch nützlich sein kann und weswegen mir daran liegen sollte, euch nützlich zu sein, erlöst mich als Zeichen eures guten Willens von der Anspannung, in die mich eure mysteriöse Anmerkung über mein Schicksal versetzt hat. Wenn ihr auch den Titel einer Puppenspielerin zurückweist, so kleidet euch doch bitte in die Gewänder einer Geschichtenerzählerin und offenbart mir meine eigene Geschichte.“
oliof:
„Lavelle war einem Geheimnis auf die Spur gekommen, das tatsächlich für einige in Gonne-on-Maire so wichtig war, dass sie ihn zwangen, sich ihnen anzuschließen. Die Anhänger eines alten ammenitischen Kultes, dessen Geheimhaltungssucht genauso lächerlich ist wie ihre ach so hehren Ziele. Sie eifern dem Uralten nach und glauben, den Tod besiegen zu können… einige sind machtigierige Tiere, denen jedes Mittel recht ist, um einen Gegner aus dem Weg zu räumen und danach für sich arbeiten zu lassen; andere sind idealistische Spinner, die im Sieg über den Tod die wahre Bestimmung”, hier holt sie kurz Luft „für Ammeni und damit natürlich ganz Nah sehen. Lächerlich, wenn ihr mich fragt. Doch diese Leute sind trotz allem nicht ungefährlich, immerhin haben sie die alchemische Entsprechung dessen, was die Qek im hohen Norden die … Bindung eines Geistes an einen toten Körper nennen. Aber wie alles, was die Ammeni sich einveleiben, in einer pervers-dekadenten Form, die die Untoten zu blutdurstigen, im Hunger kaum kontrollierbaren Bestien verwandelt. Mit ein paar Hilfsmitteln mag einer dieser Wiedergänger durch Gonne-on-Maire schreiten und für einen Ammeniten gehalten werden, doch das kann nicht lange gutgehen.”
„Während Euer Freund draußen nach seiner Liebe schaut, haben die Wiedergänger Albert Lavelle in eine untote, zornige Kreatur verwandelt. Ich nehme an, dass sie ihm ohne Rücksicht auf Verluste das Blut von 'verzichtbaren Elementen' verfüttern, damit sie seine Pläne verwirklichen. Ich kann nicht sagen, welche Splittergruppe des Kultes ihn hat, aber es handelt sich dabei entweder um Exalté, Ysabel, oder den jungen Lord Orleander.”
„Und da kommt Ihr natürlich ins Spiel. Die anderen Parteien werden über kurz oder lang herausfinden, dass die Dritte Lavelle hat, und dann werden sie versuchen, Euch für sich zu 'gewinnen', um die Spielbalance wieder herzustellen. Und wenn Ihr Euch fragt, woher ich all das weiß – ich habe viele offene Ohren in der Stadt, die mir berichten, was sie hören; allein der Kalifenpalast ist mir bisher verschlossen, und ich weiß eigentlich nichts über die Pläne des Kalifen oder des jungen Ferdinands, was zuverlässig wäre. Gekaufte Informanten müssen Ware für ihren Lohn liefern, deswegen sind sie unzuverlässig… und darum brauche ich jemand wie Euch.”
Gaukelmeister:
„Meister Albert soll ein wandelnder Leichnam sein?“ Erregt springt Arpok auf. „Ihr geht zu weit – Exalté hätte niemals ... .“ Mitten im Satz verstummt der Goblin. Elender Narr, wenn du deine Karten immer sofort offen legst, wirst du es nie zu etwas bringen. Sichtlich um Fassung ringend lässt Arpok sich wieder nieder.
„Ich hielt die Geschichten vom Kult der Wiedergänger für religiöse Mythen. Mit einer ernst zu nehmenden politischen Kraft hätte ich nicht im Rausch gerechnet. Beim Stachel des Skorpions – ich werde nachforschen, ob eure Geschichte auch nur einen Kern von Wahrheit enthält. Meister Albert – ein Wiedergänger? Welches Geheimnis hat er eurer Meinung nach gefunden? Wer ist die Dritte? Und wonach strebt der Kult?“
Arpok schüttelt den Kopf. Dann schlägt mit der Faust auf den Tisch. „Sei dies, wie es sei. Die größte Gefahr derzeit ist mitnichten ein Kult verblendeter Fanatiker. Die Blutpest bestimmt unser aller Schicksal, ihr müssen wir uns stellen. Ihr habt die Sklavin gesehen? Der Kalif hat ihr Blut mit der Pest infiziert. Versteht ihr – der Kalif verteilt den Samen der Pest mitten unter uns. Fragt mich nicht nach seinen Motiven – wahnsinnig und grausam, wie er ist, befriedigt er vielleicht bloß einen abartigen Trieb. Aber ich werde nicht tatenlos zusehen, wie Gonne-on-Maire in eine Hölle aus Blut und Schmerzen verwandelt wird. Mit der Unterstützung Ferdinand deMaires werde ich nach einem Gegenmittel forschen.“
„Ihr wollt wissen, was der junge deMaire plant? Nun, er ist immer auf der Suche nach einem Kampf. Und seine politischen Ambitionen dürften euch nicht verborgen geblieben sein. Aber im Augenblick ist es tatsächlich so, dass er alles daransetzen will, der Blutpest Einhalt zu gebieten – sein wilder Kampfesmut und sein adliges Machtstreben bestimmen sein Denken erst in zweiter Linie.“
Mit den Fingerspitzen beider Hände kratzt Arpok sich wild den Kopf, als hätte er eine Horde Ameisen zu verscheuchen. „Wer ist eure Mutter, Madame von Ruman?“
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