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Cineastischer Realismus?
carthoz:
da ich grad bei der grundrevision meines regelsystems bin, stellt sich mir mal wieder die frage, inwieweit ich verschiedenen rollenspiel-auffassungen rechnung tragen soll.
wie mir scheint, gibt es die richtung der "cineasten", die eher auf action-artige systeme setzen und/oder es nicht unbedingt im regelwerk allzu realistisch brauchen.
dagegen wollen die "realisten" alles möglichst genau geregelt haben, und das möglichst realitätsnah - also kämpfe tödlich, magie gefährlich... ihr wißt, was ich meine.
nun meine frage: sind diese beiden wege miteinander vereinbar? wenn ja, wie?
und ist es überhaupt erstrebenswert, einen solchen weg einzuschlagen?
[und wie hättet ihr es denn gerne? ;D]
critikus:
Die Frage ist doch eher, was Du in Deinem System haben möchtest, und was dieSpieler wollen.
Ich spiele seit 10 jahren Midgard- das hat ja einem gewissen Realitätsanspruch - bei einem sehr regelnahem SL. Damit kann ich auch Spaß haben, aber das Spiel wird durch häufiges auswürfeln und sehr komplexe Regeln, z.B. für den Kampf, oft langwierig und dadurch auch langweilig weil alle nur herumsitzen bis der SL in seinen vielen Tabellen gewühlt hat und die EP alle aufgeschrieben hat.
Jetzt haben ich eine eigen LIQUID-Runde aufgemacht. Das ist genau das Gegenteil von Midgard: cinematisch, schnell aber dafür unscharf, weil vieles aus dem Gefühl gemacht wird (es gibt auch Regeln, aber sind wenige). Dafür ist viel Platz für schnelle Action und viel Bewegung und auch Improvisationen der Spieler. Mir kommt das sehr entgegen, weil ich als SL nur einige wenige Regeln brauche und viel improvisieren kann.
Willst du dagegen das selbe auch nur annähernd in Midagrad machen, dann würfelst Du dich tot und es kommt nichts bei heraus als gelangweilte Spieler; und das ist das schlimmste was dir passieren kann.
Mein Tip:
1) wenn Du Leute in der Runde hast, die sich daran erfreuen können stundenlang irgendwelche Taktiken auszuknobeln oder gerne herausprobieren wollen, welcher zauberspruch jetz wirklich gut ist, dann nimm ein pseudo-realistisches System.
2) wenn Deine Spieler aber eher eine spannende Handlung mit viel Bewegung haben wollen, bietet sich ein eher cinematisches System an (Spannung schließt sich in 1 nicht aus, leidet aber unter der Komplexität sehr)
3) es gibt aber noch eine Alternative, die ich jetzt in Midgard 1880 ausprobieren möchte:
die MD-Regeln bleiben wie gehabt, aber für schnelle Actionsequenzen führe ich die "CineMidgard"-Regeln ein (Dank an jestocost):
A) Die einfachste Grundregel für cinematisches Rollenspiel: Vergiss die Abzüge, wenn ein Spieler eine außergewöhnliche Aktion oder einen Stunt beschreibt. Das gilt auch für improvisierte Waffen. Es gilt allgemein: was groß ist macht auch großen Bums. Die Bratpfanne ist genauso gut wie der gelernte Degen.
Umdrehen und Wegrennen existiert nicht als eigenständige Handlung für Helden. Initiative entscheidet , ob der SC noch was machen kann.
B) Abzüge solltest du nur dann anwenden, wenn ein Spieler durch einen Stunt mehr schaffen möchte, als es sonst durch die Regeln abgedeckt wäre (ich werfe mein Schwert und durchbohre damit drei meiner Gegner, die hintereinander stehen...).
C) Was sonst auch hilft, sind Massengegner. Diese sind einfach durch einen erfolgreichen Schlag außer Gefecht zu setzen. Nur wichtige NSCs, Monster und Endgegner sollten wie SCs behandelt werden.
D) Für ein cinematisches Spiel sollen die Ausdauerpunkte wegfallen. Nur echte Verletzungen zählen und cinematische Helden verlieren nun mal ihre Puste nicht so leicht...
Immer wenn es schnell und dynamisch wird, werden die vorhandenen Regeln stark vereinfacht oder einfach weggelassen. Ein Beispiel: "...ich stürze mich auf den Kerl und schlage mit dem Bierkrug..."
in Midgard heißt das: Handgemenge einleiten - wenn positiv, dann Raufen/Waffenloser Kampf (unbeschreiblich teuer) - wenn positiv, dann Bierkrug= improvisierte Waffe mit EW=2 (nahezu unmöglich) - wenn positiv, dann Schaden...
...soweit kommt man selten und wenn, dauert es richtig lange.
in CineMidgard (und anderen cinematischen Systemen) heißt das einfach:...ich greife ien Bierkrug und stürze mich auf den Kerl: Erfolgswurf auf Raufen - wenn positiv, dann Schaden; fertig.
Ganz einfach. Für den Rest bleiben noch die anderen Regeln. Glaube mir, wenn die Spieler merken, dass sie gefühlsmäßig agieren könne und dafür auch durch viel Spaß honoriert werden ist das Spiel gleich viel befriedigender. Wenn es allerdings ständig heißt ...nein das geht nach den Regeln so nicht..., ...aber in den Regeln steht was anderes... oder ...du mußt jet dies machen, damit du dann irgendwann, nach vielen Teilschritten zu deinem Ergebnis kommst...dann gute nacht Laune.
Denke immer daran, dass Komplexität ("Realismus") immer auf Kosten der Spielgeschwindigkeit und möglicherweise auch des Spielspaßes geht.
Du kannst aber auch versuchen, verschiedene Komplexitätsstufen einzubauen. "Einfach" für schnelle Action, wo es auf Realismus nicht so ankommt bis hinzu" komplex" für genaue Simulationen.
Viel Spaß
critikus
Gast:
Moi,
realistisch muss ja nicht gleich regel-komplex sein. Die Zeiten der 2. Generationsrollenspiele mit ihren unzähligen Tabellen, Regelstacks und dicken Regelbüchern ist ja (gott sei dank) vorbei.
Die Synergy-Engine von Blue Planet z.B. ist ziemlich realistisch. Und das obwohl die Regel ziemlich simple sind. Dream Pod 9's Silhouette-System (Jovian Chronicles, Heavy Gear, Tribe 8 ) ist ein weiteres Beispiel für elegantes Regeldesign verbunden mit Realismus.
Bei diesen beiden Systemen ist es dann auch kein Problem das ganze mit etwas Cinematic aufzupeppen. Silhouette bringt sogar schon entsprechende Modifikationen ab Haus (zumindest in JC) mit.
Ein = Gruß
carthoz:
und wie sieht dieses silhouette-system aus? ich hab da bisher noch nichts von gehört!
Fanti:
@critikus:
Ich als alter Midgard-Spieler muß nun doch etwas zu dem Beispiel mit dem Bierkrug sagen.....:
Man muß nicht immer würfeln, wenn eine Situation logisch erklärbar (realistisch) ist. Bei dem Beispiel würde ich als SL sofort den Schaden würfeln lassen, wenn das Opfer überrascht ist und sich kaum bewegt....
Btw. wie erkennt man, ob es Spieler lieber cineastisch oder klassisch mögen ? Falls sie auch Computerrollenspiele spielen, frag sie, ob sie lieber Diablo oder Wizardry mögen ;D.
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