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[Qin] Der Erbe der Zhou
der.hobbit:
Das Gasthaus Longpo liegt im Schatten des Beishan. Als der Wirt Pao Haochi es gründete, da wählte er ein Stück Land mitten im Nichts der nördlichen Steppen, die von Horizont zu Horizont rollen, nur unterbrochen vom gewaltigen Berg Bei Shan und dem ebenso mächtigen Gelben Fluß. Doch das Gasthaus lag auch an der Straße von Handan nach Dai, und so zogen zahlreiche Händler und Reisende hier vorbei, und manch einer von ihnen betrat das Gasthaus auch für eine kurze Pause, vielleicht nur auf ein Glas Wein, vielleicht auch auf ein gutes Mahl und eine Nacht unter den weit ausladenden Dächern, und bald ließen sich auch einige brave Handwerker in der Nähe nieder, und um das Gasthaus entstand ein kleiner Ort.
An diesem einen Abend aber, als das Land und die Menschen schon Jahrhunderte unter dem zerfallenen Reich litt, unter den beständigen Kämpfen der Könige, von denen doch keiner ein Kaiser war - an diesem Abend wurde das Gasthaus zu einem Zentrum der Veränderung, denn ein Wind blies verschiedene Heroen zur Tür hinein, und sie wurden verstrickt in einen Kampf um die Zukunft des Reiches.
der.hobbit:
Enthält Spoiler für die Spieler (Ausnahme: Steffen)
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)Der Atem der Götter! Wind peitschte durch seine Haare, das ruhige Stakkato der Hufe gab den Rhythmus seines Auf und Abs vor. Geduckt beugte er sich nach vorne über den Pferdehals, Strähnen der Mähne vermengen sich mit seinem Haar. Der Atem der Götter! Unbändiges Lachen schüttelte seinen Körper, auch wenn Trauer, Angst und Zorn sich in seinem Innern zu einem verwirrenden Kaleidoskop der Gefühle vereinten.
Es lag noch nicht lange zurück, dass er getötet hatte, und wahrscheinlich war es eine gute Tat gewesen. Aber – das war kaum ein Mann sondern mehr ein Kind gewesen, das kaum wusste, wie herum man sein Schwert zu halten hat. Doch er hatte schon die Rüstung eines Soldaten getragen, eines Soldaten im Dienste von Huan Fengkuang, der das Dorf des Reiters niederbrennen lassen hatte. Hatten die Truppen auch nur eine Sekunde gezögert, Frauen und Kinder niederzuwerfen? Ihnen an Ort und Stelle die Kehle aufzuschlitzen, oder ihnen noch Schlimmeres anzutun? Die Augen des einsamen Reiters schillerten, als er an seine zerstörte Heimat dachte, seine zerrissene, gemeuchelte Heimat. Wer von seinen Freunden und seiner Familie schließlich das Unglück hatte, noch zu leben, der wurde als Sklave fortgeführt.
Ihm selbst waren nur die Ruinen geblieben, die leisen Worte Sterbender, und die Arbeit, unzählige Gräber auszuheben. Der Reiter wünschte sich, nicht auf die Jagd gegangen zu sein. Er wünschte sich, dass auch er mit seinem Bogen und seinem Schwert gekämpft hätte. Das hätte nichts verändert, aber dann wäre er jetzt nicht lebendig und müsste nicht jede Nacht nach Mao Xinyue schreien. Sie, deren Haut so sanft und weich wie der Wind war, die rennen konnte wie ein Fohlen, und deren Augen strahlten wie Sterne.
Das Mädchen, über das sich der namenlose Soldat im letzten Dorf hermachen wollte, hatte ein bisschen wie sie ausgesehen. Vielleicht hatte der Reiter deshalb eingegriffen, vielleicht wegen der Abzeichen, die ihn als Schergen Huan Fengkuangs brandmarkten. Das Mädchen konnte er retten, aber Mao Xinyue nicht. Jetzt war er auf der Flucht, verzweifelt und doch lachend, denn die Freunde des Soldaten werden ihn nicht mehr erreichen können, er war zu schnell für sie, denn er spürte den Atem der Götter, und unter ihm verblassten die Meilen. Es würde schon bald dunkel werde, das Pferd war erschöpft. Aber dort vorne brannte Licht, ein Gasthof vielleicht?
der.hobbit:
Enthält Spoiler für die Spieler (Ausnahme: Markus)
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)Schon seit Tagen zog der Krieger durch Regen und Wind und Sturm, unbeeindruckt von den Elementen. Er spürte kaum, wie Kälte in seine Glieder fuhr, seine Kleidung durchnässt wurde. Er war tot. Der Sinn seines Lebens vernichtet. Mühsam hielt er sich aufrecht, in der Hoffnung am Ende seines Weges doch noch einen Funken zu finden, der ihn neu entfachte, der wieder Gefühle in seinen ausgebrannten Leib brächte.
Sein Lehrmeister war nicht mehr. Der ehrwürdige Meister hatte das erste Holzschwert in die Hand des Kriegers gelegt, als dieser sechs Jahre alt war. Er hat dem Krieger den Kettenstab und die Keule nahe gebracht, und schließlich auch den Speer, der noch heute seine wichtigste Waffe war. Tage- und nächtelang hatte er mit dieser Waffe getanzt, gestoßen, geblockt, gefegt, ihn kreisen lassen, zugestochen, gewirbelt, immer unter den Augen seines Meisters.
Nie wieder würde er sich eine Pfeife anstecken, deren dünner Rauchfaden sich mit dem Himmel vereinte. Nie wieder würde er dem Schützling auf die Schulter klopfen, seine Hände führen, seine Beine strecken oder beugen, wie es die Kunst gerade verlangte. Er, der ihm zuerst beigebracht hatte, wie man atmete, würde niemals wieder Luft in seine Lungen ziehen. Aber sein Schüler, sein letzter Schüler, sein einziger Schüler würde seine Lehre weiter tragen.
Allein, er war noch nicht so weit. Jeden Tag wiederholte der Krieger die Übungen, die er kannte, und verzweifelte, weil ihm so viele Übungen noch verschlossen blieben. Wenn er nur einen Meister fände, der das Werk seines Vorgängers vollendete! Zum Glück wusste er einen Weg, denn sein Meister hatte einen Bruder, der der gleichen Lehre folgte: Pa Zhenmo. Dieser große Meister musste hier in der Nähe wohnen – sofern nicht auch er seinem hohen Alter erlegen war. Dort vorne erkannte der Krieger schon den Gasthof Longpo, der ihm als Basis auf der Suche nach seinem neuen Meister dienen könnte.
der.hobbit:
Enthält Spoiler für die Spieler (Ausnahme: Janina)
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)„Großvater, Ihr wolltet mich sprechen?“
Er ruhte in tiefer Meditation, sein Blick lag auf den Schafgarbenstängeln in seiner Hand. Sie wartete, während sein Daumen mit geübter Bewegung das Bündel teilte, er zählte, Stängel wurden zwischen Finger geschoben, die wohlbekannte Prozedur des I Ging. Endlich seufzte er, und schüttelte leicht sein Haupt.
„Das Feuer brennt unter dem Kessel. Die Dinge kommen in Bewegung.“ Langsam wandte er sich um, sein weißer Bart wischte fast über den festgestampften Lehmboden.
„Mein Kind, Mein Kind, wir werden sehen. Das Feuer brennt, aber denke bloß nicht, dass es deshalb eine gute Suppe zum Abendessen gibt. Wir leben in unruhigen Zeiten, die Menschen misstrauen einander, der Himmel ist in Aufruhr, die Drachen finden keine Ruhe.“
Tu Di Gong war in letzter Zeit immer verzagter geworden, aber so hatte er noch nie zuvor gesprochen, noch nie seit er sich des kleinen Mädchens angenommen hatte, das mit aufeinander gepressten Lippen an seiner Hütte vorbei laufen wollte. Erst in den Armen des alten Mannes hatten sich ihre Tränen Bahn brechen können.
„Aber es gibt eine Hoffnung, sein Name ist Zhou Dali. Ja, er ist ein Erbe der Zhou, der Urenkel von Zhou Xianwang. Er könnte noch Anspruch auf den Thron erheben, und wenn die Götter mich nicht täuschen, so ist er ein rechtschaffener Bursche, und der Himmel ist mit ihm. Aber die Zeichen sind unklar. Jemand sollte ihn etwas genauer betrachten, und sehen, aus welchem Holz er geschnitzt ist. Im Gasthof von Longpo wird er wohl bald einkehren. Doch Vorsicht ist geboten, denn wenn er das Mandat des Himmels erwerben will, so werden sich ihm viele in den Weg stellen.“
Es war eindeutig, wer dieser „jemand“ war, und mit einer leisen Verbeugung verließ die Frau Tu Di Gong. Die Zeit zu verreisen war wieder gekommen.
der.hobbit:
Enthält Spoiler für die Spieler (Ausnahme Ilias)
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)Gemütlich hockte er auf dem Boden und erholte sich von seiner Wanderschaft. Seit er das Kloster verlassen hatte, war er viel herum gekommen. Auf einem Grashalm kauend blickte er die Straße entlang, auf der soeben ein Reiter in wildem Galopp entlang preschte. Er wirbelt eine gewaltige Staubwolke auf, und der ehemalige Möch konnte nur missbilligend mit der Zunge schnalzen, da war er schon eingenebelt, und der Staub legte sich auch über seine köstlichen Zuckerbrote.
Er erhob sich, und sah dem Staubteufel kopfschüttelnd nach. Ein Schluck aus seiner Kürbisflasche ließ das Knirschen zwischen den Zähnen geringer werden und die Stimmung steigen. Weit konnte es nicht mehr sein. „Pao Haochi“ sagte er leise vor dich hin, als sei es ein Mantra. Pao Haochi war ein mit vielen Künsten gesegneter Herr. Einerseits sollte er ein hervorragender Koch sein, der da seinen Gasthof Longpo betrieb. Damit war er der Wertschätzung des ehemaligen Mönchs sicher. Andererseits sollte er auch die schönste Frau in der gesamten Umgebung haben, und war somit einer der glücklichsten Männer weit und breit.
Zwei gute Gründe waren das, einmal bei ihm einzukehren. Er rieb sich über den Bauch, seine Reisenahrung hatte - mit Ausnahme der zur Neige gehenden Zuckerbrote - schon seit einiger Zeit jeden Geschmack verloren, und wenn man nur aß, um satt zu werden – wo blieb dann noch das Vergnügen? Nun, nun, rennen musste man deswegen nicht, auch wenn man seinem Ziel entgegen fieberte.
Denn hieß es nicht, ein guter Koch sei ein besserer Arzt? Die fünf Elemente finden sich auch in den Speisen wieder, und wer ein Essen meisterhaft zubereitet, der kennt ihre inneren Beziehungen und Zusammenhänge. Dass auch niemand verstanden hat, wie wichtig das Studium gerade dieser Variante der Vermischung hervorragender Zutaten ist! Der ehemalige Mönch war sich sicher: Pao Haochi war vielleicht kein Alchemist, aber wenn seine Kunst dem Lob gerecht würde, wäre er vielleicht nicht so weit davon entfernt, wie manch engstirniger Mensch glauben möchte.
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