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[Setting - Meta] "Das Leben ist kein Ponyhof" - Mißkonzeption ?
Uga:
Hallo,
dies ist mein erstes eigenes Thema hier.
Wenn Unterforum nicht passend, dann bitte verschieben.
Ist aber mit dem Risiko verbunden, daß ich das verschobene Thema hinterher nicht mehr wiederfinde (ist mir echt schon mal passiert !).
Also, los.
Es gibt da so ein paar Dinge, die ich nicht ganz verstehe.
Ich las des öfteren den Begriff "das Leben ist kein Ponyhof", an ein paar wenigen Stellen sogar den Begriff Hotzenplotz".
Dieser Begriff wurde genommen, um zu beschreiben, (so, wie ich den Verwender dieser Worte verastanden habe, kann mich natürlich auch irren), wie ein Setting NICHT sein sollte, beziehungsweise, wie man es "realistischer" machen sollte.
Mir fiel dabei auf, daß diese "Verbesserung" in Richtung "realistischer", wie sie von den Verwendern dieser Worte anscheinend angedacht war, ausschließlich in eine Richtung liefen: Blutiger, krimineller, düsterer.
Ich habe daran nicht verstanden, wieso es einen blutigen, kriminellen und generell in düsteren (schwarz/matt/grau eventuell vermischt mit blutroten Einsprengseln) Farben angestrichenen Ponyhof geben sollte.
Was ich auch nicht daran verstanden habe, ist, daß dieses blutigere, kriminellere the Real World (TM) besser, das heißt, realistischer abbilden sollte, als ein "Ponyhof", oder ein "Hotzenplotz-Setting".
Ich kann mich gar nicht daran erinnern, wann denn hier der letzte Amokläufer durch die Straße gerannt, dutzende Menschen niedergeschossen und die letzte Autobombe hier hochgegangen ist. Von der 200 Meter langen Blutspiur ganz zu schweigen. Oder den 3 durch Gasexplosionen in sich zusammengefallenen Häusern. Und die letzte Explosion, an die ich mich erinnern kann, stammte nicht etwa von einem voll mit Sprengstoff beladenen Tanklastzug, der hier in die nächstbeste Häuserzeile hineinfuhr, sondern von Feuerwerksknallkörpern.
Ich habe da so manchmal das Gefühl, als hätte da jemand das Konzept von "Real Life (TM)" ziemlich gründlich mißverstanden.
Und das Konzept von "Ponyhof" auch.
Für mich klingt das oft so, wie wenn jemand Graffittii irgendwo ansprüht. Enthalten sind darin ein paar Begriffe, von denen der Sprayer annimmt, daß sie auf den Betrachter provozierend wirken.
Jemand jenseits der 60 zum Beispiel kann darüber nur gähnen. Provokationswurf: nicht gelungen!
Ich habe nicht verstanden, warum ein "Ponyhof-Setting" "ver-realistischiert" werden sollte, indem man einfach Schmutz, Fäkalien und Das Verbrechen (TM) hinzufügt.
Und Ich habe mich gefragt: Woran liegt das eigentlich, daß Leute glauben, es gelte
blutiger = realistischer
krimineller = realistischer
schmutziger = realistischer
Oder umgekehrt oder so. So, als seien wir hier in einer ganz normalen, bundesdeutschen, spießigen Kleinstadt im permanenten Kriegszustand des Gaza-Streifens, eines afrikanischen Guerilla-Krieges, im mexikanischen Drogenkrieg, oder lebten zur Zeit von Pol Pot. Und daß das angewendet werden müßte, um ein Ponyhof-Setting realistischer zu machen.
Ich verstehe es ehrlich gesagt immer noch nicht. Kann mir wer dabei helfen ?
Uga, Uga
(der kein Barbar ist, sondern sich den Namen mangels Gehirnschmalz ausgedacht hat)
Pyromancer:
Es gibt da ja ein Spektrum:
"Ponyhof-Setting"----------"Realwelt-ähnliches Setting"----------"Grimdark-Setting"
Was man bedenken sollte: Auch in "realwelt-ähnlichen" Settings spielt man ja in der Regeln nicht den Büroangestellten, der jeden Morgen zur Arbeit geht und natürlich nix aufregendes erlebt, sondern eher den Söldner, der im Somalia nach dem entführten Sohn eines Klienten sucht oder den Privatdetektiv, der im Drogen- und Glücksspiel-Milieu gegen einen unheimlichen Kult ermittelt - da ist die gefühlte Blutigkeit genauso natürlich höher als in unserem Alltag.
Was und wie brutal oder "realistisch" man spielen will, da muss sich eh jede Gruppe selbst einigen. Ich persönlich kann mich für ein gewaltloses Kalle-Blomquist-Setting genauso begeistern wie für 3:16, wo man nicht würfelt, ob man Schaden macht, sondern wie viele Gegner man pro Runde tötet. An der Realität geht beides vorbei.
ArneBab:
Ich halte „Ponyhof“ schlicht für einen abwertenden Kampfbegriff.
Es gibt das Konzept der guten Helden, v.a. in DSA, die wirklich die Welt verbessern wollen und damit oft auch Erfolg haben.
Leute, die das nicht wollen, rufen dann Ponyhof. Mögen es aber teils nicht, als Pseudoböse bezeichnet zu werden ;)
Das Leben im Rollenspiel kann sauber, schön und heldenhaft sein. Es ist unsere Welt. Wir entscheiden, welche Geschichten wir erleben wollen.
Und diese Geschichten müssen nicht nur deswegen amoralisch werden, weil Gewalt darin vorkommt. Immerhin sind sie oft ein Spiegel unseres eigenen Lebens und kein Spiegel des Lebens, das irgendjemand führt, der wirklich im Bürgerkrieg aufgewachsen ist.
Ein:
Das ist schlicht eine Redewendung. Vgl. Das Leben ist kein Wunschkonzert.
ErikErikson:
@FS: Doch, in DSA spieltst du entweder den Büroangestellten, bzw. sein Äquivalent, den durch zig Regeln eingeschränkten Magier, Krieger, oder Geweihten. Und wenn du ihn nicht spielst, dann begegnest du ihm ständig auf der Straße. Und der Wachoffizier steht immer daneben.
Das Leben ist kein Ponyhof heisst in DSA oft: Das Leben ist eine deutsche Kleinstadt, und du bist ein Asylbewerber ohne Papiere.
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