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Gibt es "Universalsysteme"?

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Merlin Emrys:
Und Savage Worlds hat Mittel und Wege, wirklich alles abzubilden, die über "braucht Ihr es, dann bildet es halt ab" hinausgehen? Denn das bezeichnest Du ja als "Universalsystem".

Sephiron:
@Thot
In der Definition liegt aber (wie so oft) der Schlüssel zur Antwort.

Sogenannte "Universalsysteme" versuchen, Alleskönner zu sein.
Wenn man nur das Setting betrachtet, kann das auch klappen. Sogar verschiedene Themen (innere und äußere Konflikte, Aufbau und Wettbewerb etc.) können durch ein und das selbe Regelbuch bedient werden, wenn modular aufgebaut ist.
Für Vampirintrigen benutzt man vielleicht detailliertere Statusregeln, für Fantasyquesten eher ein detailliertes Kampfsystem, wobei man das jeweils andere weglässt bzw. durch vereinfachte Regelvarianten ersetzt.

Aber wie wir spätestens seit den Forge-Theorien wissen, können Rollenspiele in der Spielweise aber so grundverschieden sein wie Volleyball und Poker.
Vergleiche mal Fiasco und Gurps. Die Spielmechaniken unterscheiden sich so grundlegend, dass Konvertierung von Spielmaterial nicht mehr in dem Sinne möglich ist. Es ist zweifelhaft, ob beide Spiele überhaupt der selben Spielegattung angehören.

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Vereinfacht lassen sich Regeln in drei Regelarten unterteilen: Kernsystem, Settingregeln und thematische Regeln.

Ein Kernsystem beinhaltet grundsätzliche Resolutionsmechaniken (Würfeln, Diskutieren, Ablesen), Werteklassen (Attribute, Fertigkeiten, Themenbatterien), Teilnehmerrollen (Spielergruppe, Spielleiter, Spieler-der-am-Zug-ist, dessen-linker-Nachbar) und deren Verknüpfung. Das Kernsystem definiert, was das Spiel ist und was die Teilnehmer zu tun haben. Prinzipiell lässt sich mit jedem Kernsystem jedes Setting und die meisten literarischen Genres (Epos, Tragödie, Komödie) spielen. Es legt jedoch das Spielegenre (Simulation, Erzählung, Wettbewerb) fest.
Beispiel: Ein Rollenspiel, das auf Attributen, Fertigkeiten und einer Spielleiterrolle basiert, funktioniert anders als eines, das auf Charakterthemen und "Spielerwillkür" basiert.

Thematische Regeln bauen auf dem Kernsystem auf und füllen diese mit Inhalt (Charisma, Stärke, Schwerter, Schiedsrichterfunktion (gehört idR zur Rolle "Spielleiter"), Hoffnung, Tugend, W6). Dadurch erhält das System einen Fokus.
Beispiel: Ein Rollenspiel mit den Attributen "Ausstrahlung", "Anmut", "Coolness" und "Heldenmut" hat einen anderen thematischen Fokus als eines mit den Attributen "Körperkraft", "Wahrnehmung", "Widerstand", "Geschicklichkeit" und "Charisma".
Ein Rollenspiel mit Themenbatterien für "Erzfeinde", "Fähigkeiten", "Magie" und "Persönlichkeit" hat einen anderen Fokus als eines mit Themenbatterien für "Soziales", "Superkräfte" und "Ängste".

Settingregeln definieren Stil und Rahmenbedingungen des Spiels. Preis- und Waffenlisten und verbindliche Beschreibungen ("Feuermagier (Batterie: Superkraft) stammen ausschließlich aus der Oberschicht (Batterie: Soziales)") gehören dazu, eventuell auch einzelne Fertigkeiten, Zauber etc.

"Universalsysteme" können flexible Settingregeln haben.
Begrenzt können auch thematische Regeln flexibel sein, wenn sie modular aufgebaut sind. Die Settingregeln, die darauf aufbauen, fliegen dann raus.
Das Kernsystem lässt sich niemals gravierend ändern, weil alle anderen Regeln darauf aufbauen.

Die Idee, ein einziges System könne alle anderen ersetzen, kommt daher, dass alle "großen" Systeme sehr ähnliche Systemkerne haben. "Forgige" Indie-Rollenspiele waren in ihrer ersten Edition aber keine D&D-Klone & passen deshalb nicht in diese Schiene.

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Ein generische Setting ist was Anderes als "kein Setting".
Beispiel D&D: Dies ist ein Fantasyspiel, in dessen GRW eine generische Fantasywelt anskizziert wird. Es gibt Elfen, Schwertkämpfer, Monster und Magie. Alle D&D-Kampagnenbände (sprich: Settings) sind ebenfalls Fantasywelten. Es gibt Zusatzregeln (z.B. für neue Rassen oder Magotech), vereinzelt fliegt auch mal ein Spielinhalt raus (wenns z.B. ein bestimmtes Monster in der Welt nicht gibt), aber im Wesentlichen bleibts immer Fantasy, immer kampforientiert, immer D&D - nur halt nicht mehr ganz so generisch.

"Kein Setting" trifft z.B. auf Gurps zu. Im GRW gibt es keine Regeln, die bestimmte Settings unterstützen. Ohne zusätzliche Settingregeln (aus Zusatzbüchern oder aus dem Netz) ist es kaum spielbar. D&D schon.


--- Zitat von: Thot am 29.04.2011 | 16:24 ---Du, das Wort "universell" ist so selbsterklärend, dass ich die Frage nicht ernst nehmen kann.

--- Ende Zitat ---

Thot:

--- Zitat von: Merlin Emrys am 29.04.2011 | 18:01 ---Und Savage Worlds hat Mittel und Wege, wirklich alles abzubilden, die über "braucht Ihr es, dann bildet es halt ab" hinausgehen? Denn das bezeichnest Du ja als "Universalsystem".

--- Ende Zitat ---

Ich habe das angesichts des Selbstmarketings von SW jedenfalls angenommen. Die Erwähnung sollte lediglich dem entgegenwirken, dass irgendwer hier persönliche Animositäten pflegt, anstatt sich sachlich zu beteiligen.

Ein anderes Beispiel ist natürlich GURPS. Oder Hero System. Oder TriStat dX, wenn das noch jemand kennt. Oder Basic Role Playing.

OldSam:

--- Zitat von: Bombshell am 29.04.2011 | 17:16 ---Universalsysteme unterstützen zusätzlich verschiedene Spielstile gleichermaßen. Und das kann leider kein System bieten.

--- Ende Zitat ---

Doch, natürlich, man kann höchstens sagen, dass einem die Veränderung des Spielstils, die geboten wird bei System X mit Spielstil Z nicht groß genug ist.
Bei GURPS bspw. ich z.B. problemlos durch Hinzufügen von cinematischen Ausweich- und Stuntregeln das Entstehen von kinoähnlichen Martial Arts-Szenen sehr stark begünstigen, die wiederum im realistischen Modus so höchstwahrscheinlich nicht zustande kommen werden; d.h. hier gibt es (grob) zwei Spielstile, nämlich einmal auf Simulation/Realismus abzielend und einmal auf das Erleben von kinoähnlichen, heroischen Szenen.
Es wird zwar immer den Widerspruch geben, dass Spielstil Z mit System X für den einen gut funktioniert und der andere ist der Meinung das es gar nicht passt, das liegt aber u.a. an der starken Subjektivität solcher Fragen und auch an der Unklarheit was Spielstil überhaupt ist! Nicht aber daran, dass die universellen Regeln so etwas prinzipiell nicht erlauben...

Darkling ["beurlaubt"]:

--- Zitat von: Merlin Emrys am 29.04.2011 | 18:01 ---Und Savage Worlds hat Mittel und Wege, wirklich alles abzubilden, die über "braucht Ihr es, dann bildet es halt ab" hinausgehen? Denn das bezeichnest Du ja als "Universalsystem".

--- Ende Zitat ---
Ohne massive Umbauten der Kernregeln ist es bei SW kaum möglich Luschen zu spielen. Die SCs können eigentlich immer irgendwas besser als Joe Normal.

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