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D&D und Gefühl
Guennarr:
--- Zitat von: Praion am 23.12.2013 | 11:05 ---Man sollte jedoch davon ausgehen, dass sich Leute an die Regeln halten die man für sein Spiel geschrieben hat, ansonsten kann man gar keine Entscheidungen treffen.
--- Ende Zitat ---
Hehe, das ging ja schnell! ;)
Ich vermute mal, dass du mit den Pathfinder-Regeln nicht so vertraut bist. Ich bezog mich auf folgenden Passus - hier mal auf englisch:
--- Zitat von: Paizo-PRD ---The Most Important Rule
The rules presented are here to help you breathe life into your characters and the world they explore. While they are designed to make your game easy and exciting, you might find that some of them do not suit the style of play that your gaming group enjoys. Remember that these rules are yours. You can change them to fit your needs. Most Game Masters have a number of “house rules” that they use in their games. The Game Master and players should always discuss any rules changes to make sure that everyone understands how the game will be played. Although the Game Master is the final arbiter of the rules, the Pathfinder RPG is a shared experience, and all of the players should contribute their thoughts when the rules are in doubt.
--- Ende Zitat ---
Quelle: http://paizo.com/pathfinderRPG/prd/gettingStarted.html
Hervorhebung durch mich.
Daraus geht eines relativ deutlich hervor: Es geht nicht um die Ausrufung der Anarchie, es wendet sich in erster Linie an den Spielleiter und ja, der Spielleiter sollte tatsächlich auf die Wünsche seiner Spieler hören und diese sich trauen, ihre Wünsche zu äußern!! :Ironie:
Ich will auf dem Thema nicht zu sehr herumreiten, es ist halt ein Themenbereich, in dem mir der Unterschied zwischen Anspruch (Zitat oben) und Realität (Fülle der Regelfragen in div. Foren) besonders auffällt.
Das mag in Pathfinder damit zusammenhängen, dass es sich nun mal in erster Linie an Umsteiger von 3.5. richtete und die meist schon ein sehr genaues Spielgefühl vor Augen hatten. Neulinge hangeln sich da oft ersatzweise an den vorgesetzten Regeln entlang - ich spreche wiederum v.a. vom Spielleiter, da der m.E. entscheidend dafür ist, wie das Spielgefühl ist.
Wie oft gab es schon Berichte über schlechte SL, die ein Spiel für die Gruppe ruinieren konnten oder super SLn, die dem Spiel aus Sicht der Spieler eine neue Dimension geben konnten...
Wenn neuen SLn, die ja wieder wie bei allen bisherigen Editionen die Regeln am genauesten lesen werden, noch deutlicher gemacht wird, dass das Spiel v.a. Spaß machen sollte, kann es m.E. nicht groß genug in die Regeln hineingeschrieben werden.
EDIT: Off topic
Spielspaß wird m.E. dadurch am wirksamsten unterbunden, dass Regeln bestimmte Spielweisen wirkungsvoll unterbinden.
Wahrscheinlich ist dadurch erst so richtig eine Kluft zwischen 3.5- und 4e-Spielern entstanden:
Es gab einerseits zufriedene 3.5-Spieler, die nicht akzeptieren wollten, dass 4e mal eben so die Hälfte der ungeschriebenen Regelstandards über Bord warf, um das Spiel zu entrümpeln.
Und es gab 4e-Fans, die an dieser "D&D-Tradition" weniger hingen und einfach nur das Entmüllen der Regeln begrüßten.
Beim Wechsel von AD&D 2nd. ed. zu 3e war der Aufschrei verhaltener, denn 3e bot v.a. eines: Mehr Auswahlmöglichkeiten (vielleicht in der Endversion zu viele, was dann zu 4e führte), also mehr Freiheiten: Zwerge durften Kleriker werden und für Klassen wie Waldläufer, Barde, Druide und Paladin mussten nicht mehr von Spielern als willkürlich empfundene Mindest-Attributswerte vorgewiesen werden.
Wenn es D&D Next schafft, die Regeln zu entmüllen und dennoch alte Standards des Spiels zu würdigen (es muss nicht THAC0/ ETW0 sein und auch nicht Mindest-Attributswerte, aber vielleicht z.B. die Stufenzahl oder das Vance'sche Magiesystem), könnte D&D Next etwas tolles werden.
Idealerweise hätte das Spiel sogar eine Art grobe Kompatibilität zu 3.5/ PF, so dass Materialien des einen Spiels mit vertretbarem Aufwand im anderen Spiel verwendet werden können.
Das o.g. Zitat steht ganz vorne auf Seite 1 des Grundregelwerks/ der Core Rules, gleich im zweiten Absatz.
Es ist trotzdem der wahrscheinlich am häufigsten missachtete Regelabschnitt, wenn ich mir viele Forenbeiträge vor Augen führe.
LG
Günther
Guennarr:
--- Zitat von: Wellentänzer am 23.12.2013 | 11:22 ---Das ist falsch. Selbstverständlich kann man alle möglichen Entscheidungen treffen. Andererseits ist es doch das Korsett des Regelwahns, das die Leute in ihrer Wahlfreiheit und Kreativität häufig begrenzt.
--- Ende Zitat ---
So kann man es auch kürzer und prägnanter ausdrücken. :)
:d
Glühbirne:
Kannst du mal ein Beispiel für Spieler bringen, die sich von Regeln gängeln lassen, und sich dadurch das Spielgefühl ruinieren?
:
--- Zitat von: Glühbirne am 23.12.2013 | 12:32 ---Kannst du mal ein Beispiel für Spieler bringen, die sich von Regeln gängeln lassen, und sich dadurch das Spielgefühl ruinieren?
--- Ende Zitat ---
Von "ruinieren" war zwar keine Rede, aber ich probiere es trotzdem mal aus der Hüfte.
Ein Beispiel ist etwa die Bahnung des Spielerdenkens bei Vorhandensein von Kampfmanövern (in DSA, D&D4 etc.). Da müssen die Spieler erst einmal abstrahieren, dass dem Spieler und dessen kreativer Kraft neben den Werten auf dem Charakterzettel noch die ganze Welt für die Gestaltung offensteht ("Nehm ich jetzt die Daily oder die Encounter Power?"). Das gelingt nicht immer - und einigen Spielern nie.
Ein weiteres Beispiel besteht in einer Unfähigkeit oder Unwilligkeit von Spielern/SL zum Handwedeln, wenn bestehende Regeln das allgemeine Spielgefühl eher behindern als befördern. Das kommt insbesondere bei Regelmonstern wie Traveller, Shadowrun oder Rolemaster gerne vor ("Wir MÜSSEN unbedingt die Tabelle für die Gravitation von Gasriesen finden.").
So weit erst mal auf die Schnelle.
Agent_Orange:
Hallo.
Hängt das "Gefühl" nicht in nicht unerheblicher Weise von den individuellen Erwartungen an das Spiel oder die Spielrunde einerseits sowie Kenntnisse das Spiel ab?
Trotzdem lesenswerter Artikel.
Lustig übrigens ist, dass ich AD&D 2nd Ed von allen D&D Editionen, die ich bis dato gespielt habe, am ehesten bescheinigen würde, dass das Spielsystem "das"tm Gefühl vermittelt, weil es noch zahlreiche Herausforderungen bietet, die ich in D&D Classic, D&D 3.0/3.5/"Edition: Pfadfinder" und vor allem in D&D 4E nicht gefunden habe. (Das bedeutet richtigerweise, dass ich AD&D sowie D&D Next nicht gespielt habe). Am Ende eines AD&D 2nd Ed Abenteuers oder sogar einer Kampagne hatte ich sowohl als Spieler als auch als Spielleiter am ehesten noch den Anspruch des Spiels sowie meine Erwartungen verwirklicht gesehen, eine Geschichte von Helden erzählt zu haben. Bei den nachfolgenden D&D Editionen wurde es "nur" bunter, schneller, schriller, aber nicht wirklich herausfordernder oder heldenhafter. Die Ansprüche der Spiele erlebte ich als umgesetzt, meine Erwartungen an "das"tm Gefühl hingegen nicht, was absolut nichts mit den verschiedenen Spielleitern oder Spielern zu tun hat, mit denen ich über viele Jahre einige vergnügliche Spielabende verbrachte. (Vielleicht hat auch gerade das dazu beigetragen, dass ich von Fantasy im Allgemeinen etwas Abstand genommen habe.)
Es ist zwar richtig, dass mit D&D 3.0ff den SpielerInnen weit mehr Raum für die Kreativität der Charaktererschaffung geboten worden ist; aber ist das von zentraler Bedeutung für "das"tm Gefühl? (Unberücksichtigt ist in dieser Frage, dass es für AD&D 2nd Ed die Players' Options Mitte der 90iger gab, die die Statik der Charakterklassen erheblich aufgebrochen haben, womit schon damals der Kreativität in der Charaktererschaffung und -verwaltung Tür und Tor geöffnet wurden.)
(Und bevor jetzt wieder irgendjemand eine Nahtoderfahrung aufgrund meiner Mindermeinung erlebt: Ich beschreibe hier nicht etwas als "as is" oder nach seinem "face value", sondern aus meiner Perspektive auf Grundlage meiner Erfahrungen, mit anderen Worten meine Meinung, an die ich meine Fragen anknüpfe. Ich verstehe mich nicht als D&D Hardliner oder Experten, aber durchaus als sehr erfahrenenen D&D Spieler, der sich traut, eine eigene Meinung anzunehmen, ohne die anderen deshalb als "unvalide" zu begreifen; das Gegenteil ist der Fall.)
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