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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Allgemein => Thema gestartet von: Tele am 29.05.2025 | 21:21

Titel: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Tele am 29.05.2025 | 21:21
Die nachfolgende Diskussion entstand ursprünglich im Thread "Uhrwerk Verlag - Smalltalk (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,124004.msg135283761.html#msg135283761)". schneeland

Ach, die ganze Kleinverlage werden es bald sowieso noch schwerer haben, wenn das Barrierefreiheitsgesetz für E-Books greift. Wie ein Verlag wie Uhrwerk es schaffen soll seine PDFs vernünftig barrierefrei zu bekommen, bleibt mir ein Rätsel. Dann war es das mit E-Books.

Wie stets: gut gemeint, schlecht gemacht.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Ludovico am 29.05.2025 | 22:08
Ach, die ganze Kleinverlage werden es bald sowieso noch schwerer haben, wenn das Barrierefreiheitsgesetz für E-Books greift. Wie ein Verlag wie Uhrwerk es schaffen soll seine PDFs vernünftig barrierefrei zu bekommen, bleibt mir ein Rätsel. Dann war es das mit E-Books.

Wie stets: gut gemeint, schlecht gemacht.

Uhrwerk und die meisten Rollenspielverlage dürften keine Probleme haben:
Zitat
Gemäß §2 Abs. 17 BFSG ist ein Kleinstunternehmen ein Unternehmen, das weniger als zehn Personen beschäftigt und das entweder einen Jahresumsatz von höchstens 2 Millionen erzielt oder dessen Jahresbilanzsumme sich auf höchstens 2 Millionen Euro beläuft. Hat das Unternehmen 10 Beschäftigte, fällt es nicht mehr unter die Definition Kleinstunternehmen. Die Voraussetzungen Mitarbeiterzahl und Jahresumsatz bzw. Bilanz müssen also kumulativ erfüllt sein. Die Mitarbeiterzahl entspricht der Zahl der Personen, die im betroffenen Unternehmen während des gesamten Berichtsjahres einer Vollzeitbeschäftigung nachgegangen sind, vgl. hierzu Art. 5 der Empfehlung der Kommission vom 6. Mai 2003 (2003/361/EG).

https://www.boersenverein.de/beratung-service/barrierefreiheit/faq/
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: sma am 29.05.2025 | 22:35
Uhrwerk und die meisten Rollenspielverlage dürften keine Probleme haben:
Spannendes Thema (das so gar nix mit Uhrwerk zu tun hat). Ist komplett an mir vorbei gegangen, dass da vor einigen Jahren beschlossen wurde, dass ab Mitte nächsten Monats alle E-Books (also ja wohl PDFs und EPUBs) genau wie Webseite u.ä. barrierefrei sein müssen und wenn ich's richtig verstehe den PDA/UA der WCAG einhalten müssen. Die zwei großen, Ulisses und Pegasus, sind ja in jedem Fall betroffen. Die anderen Verlage machen wahrscheinlich alle keine 2 Mio € Umsatz im Jahr. Doch was ist mit DriveTruRPG? Die machen garantiert diesen Umsatz und verkaufen ja E-Books in Deutschland. Verschwinden damit nächsten Monat 99% alle Angebote aus dem Shop? Oder können sie argumentieren, dass es technisch nicht zumutbar ist, alle PDFs zu überarbeiten. Oder das alle PDFs Comics sind? Oder Zeitschriften? Denn beides ist ausgenommen. Ebenso Bildbände. Also weg mit dem Text aus Rollenspielbüchern? Würde es reichen, zusätzlich zu dem "echten" PDF noch ein Nur-Text-Dokument zu veröffentlichen? Das könnte man ja im Markdown-Format als "Webseite" klassifizieren und hätte den charmanten Nebeneffekt, dass sich das besser als PDFs als Eingabeformat für KIs eignet.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: AndreJarosch am 29.05.2025 | 22:38
Spannendes Thema (das so gar nix mit Uhrwerk zu tun hat). Ist komplett an mir vorbei gegangen, dass da vor einigen Jahren beschlossen wurde, dass ab Mitte nächsten Monats alle E-Books (also ja wohl PDFs und EPUBs) genau wie Webseite u.ä. barrierefrei sein müssen und wenn ich's richtig verstehe den PDA/UA der WCAG einhalten müssen. Die zwei großen, Ulisses und Pegasus, sind ja in jedem Fall betroffen. Die anderen Verlage machen wahrscheinlich alle keine 2 Mio € Umsatz im Jahr. Doch was ist mit DriveTruRPG? Die machen garantiert diesen Umsatz und verkaufen ja E-Books in Deutschland. Verschwinden damit nächsten Monat 99% alle Angebote aus dem Shop? Oder können sie argumentieren, dass es technisch nicht zumutbar ist, alle PDFs zu überarbeiten. Oder das alle PDFs Comics sind? Oder Zeitschriften? Denn beides ist ausgenommen. Ebenso Bildbände. Also weg mit dem Text aus Rollenspielbüchern? Würde es reichen, zusätzlich zu dem "echten" PDF noch ein Nur-Text-Dokument zu veröffentlichen? Das könnte man ja im Markdown-Format als "Webseite" klassifizieren und hätte den charmanten Nebeneffekt, dass sich das besser als PDFs als Eingabeformat für KIs eignet.

Rollenspiele erscheinen zwar in Buchform, sind aber SPIELE.
Und es gibt auch kein Barrierefreies Monopoly, Munchkin, oder Siedler von Catan.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Alter Weißer Pottwal am 29.05.2025 | 23:03
Rollenspiele erscheinen zwar in Buchform, sind aber SPIELE.
Und es gibt auch kein Barrierefreies Monopoly, Munchkin, oder Siedler von Catan.

Wer eine ISBN, den verminderten Mehrwertsteuersatz und die Distributionswege des Buchhandels nutzt, wird sich damit nicht rausreden können.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: AndreJarosch am 29.05.2025 | 23:28
Wer eine ISBN, den verminderten Mehrwertsteuersatz und die Distributionswege des Buchhandels nutzt, wird sich damit nicht rausreden können.

Im Falle von Regelbüchern sollte allerdings diese Ausnahme greifen:
"Im Falle von Werken, die neben Text eine große Anzahl von Bildern, Tabellen oder Grafiken enthält, kann auch die Ausnahme gemäß § 17 BFSG vorliegen. Danach müssen Barrierefreiheitsanforderungen nicht umgesetzt werden, falls deren Einhaltung zu einer unverhältnismäßigen Belastung des Verlags führen sollte."

Für Quellen- und Abenteuerbücher dürfte dies dann aber nicht gelten, das stimmt.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Tele am 30.05.2025 | 08:09
Das war zwar krasses Derailing von mir, aber das war total hilfreich. Danke für die Informationen. Ich hatte das Gesetz nur überflogen, denn Gesetzestexte finde ich so spannend wie Farbe beim Trockenen zugucken. Vielen Dank, dass ihr mir da auf die Sprünge geholfen habt.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Boba Fett am 30.05.2025 | 11:25
Doch was ist mit DriveTruRPG? Die machen garantiert diesen Umsatz und verkaufen ja E-Books in Deutschland. Verschwinden damit nächsten Monat 99% alle Angebote aus dem Shop?

Ein E-Book, das nach dem 28. Juni 2025 auf den Markt gebracht wird, muss laut BFSG grundsätzlich barrierefrei sein.
Alle bisher erschienen Bücher betrifft das nicht.

Dazu kommt, dass sich DriveThru ja nicht als Verlag, sondern als Verkaufsstelle definiert. Das Buch in EBook Format erscheint ja bei Ulisses, Truant oder einem anderen Verlag.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: AndreJarosch am 30.05.2025 | 12:26
Ein E-Book, das nach dem 28. Juni 2025 auf den Markt gebracht wird, muss laut BFSG grundsätzlich barrierefrei sein.
Alle bisher erschienen Bücher betrifft das nicht.

Ich stelle mir gerade vor wie das Kapitel Charaktererschaffung oder Waffen-, Rüstungs- und Ausrüstungslisten von einem Ebook-Reader vorgelesen werden... das ergibt doch keinen Sinn.

"Im Falle von Werken, die neben Text eine große Anzahl von Bildern, Tabellen oder Grafiken enthält, kann auch die Ausnahme gemäß § 17 BFSG vorliegen. Danach müssen Barrierefreiheitsanforderungen nicht umgesetzt werden, falls deren Einhaltung zu einer unverhältnismäßigen Belastung des Verlags führen sollte."

Ein Regelbuch mit vielen Bildern und Tabellen sollte von dieser Ausnahme betroffen sein.
Ein Quellen- oder Abenteuerbuch möglicherweise nicht.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: AndreJarosch am 30.05.2025 | 12:52
@Andre: Deswegen schrieb ich ja auch "grundsätzlich" - also mit Ausnahmen...
Das entscheidende ist doch viel eher die Mindestumsatzklausel. Tabellen vorlesen erinnert mich an meine Studienzeit...  >;D

Weisst du was die Mindestumsatzklausel an Höhe aussagt?
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: sma am 30.05.2025 | 12:59
Ich stelle mir gerade vor wie das Kapitel Charaktererschaffung oder Waffen-, Rüstungs- und Ausrüstungslisten von einem Ebook-Reader vorgelesen werden... das ergibt doch keinen Sinn.
Wieso nicht? Wenn dass dein einziger Zugang zu dem Dokument ist, weil du blind bist? Ich höre einen Podcast, wo einer der Hosts blind (oder schwer sehrbehindert) ist und der "liest" regelmäßig Regelbücher, um sie im Podcast zu besprechen. Ich würde mal behaupten, jedes bisschen hilft da.

Bilder in Rollenspielen haben ja meist nur einen illustrativen Zweck und enthalten keine Informationen, können also einfach ausgelassen werden. Selbst mit Bildern und Tabellen halte ich das also für zumutbar.

Problem ist eher, dass Software darauf nicht wirklich vorbereitet ist. Ich hatte mir gestern ein PDF aus einem Markdown-Dokument erzeugt. Das hätte problemlos PDF/UA-konform sein können, denn die Struktur ist ja aus der Quelle ablesbar, aber das benutzte Programm bietet diese Option nicht. Auch Pages (die Textverarbeitung auf dem Mac) scheint das nicht zu können. Finde ich alles erschreckend armselig. Ich will doch keine Extrasoftware benutzen müssen, die dann die Struktur des Dokuments wieder reverse-engineered.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: sma am 30.05.2025 | 13:01
Weisst du was die Mindestumsatzklausel an Höhe aussagt?
Stand doch in der verlinkten FAQ: 2 Mio €. Bei weniger als dieser Summe und bei weniger als 10 Festangestellten gilt man als Kleinstverlag, der das nicht bringen muss. Die 100QG hat da also keinen Zwang und könnte das PDF einfach nur aus Nettigkeit taggen.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Boba Fett am 30.05.2025 | 13:02
Weisst du was die Mindestumsatzklausel an Höhe aussagt?
Weiter oben war doch von 2 Millionen die Rede. Ich ging davon aus, der Schreibende hat fundierte Kenntnis.
Und deute das als € 2.000.000 Umsatz per Jahr


gefunden:
Zitat
Für wen gilt das BFSG nicht, welche Ausnahmen gibt es?
Private sowie rein geschäftliche (B2B) Angebote unterliegen nicht dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz. Allerdings muss es klar ersichtlich werden, dass es sich dabei um reine B2B-Angebote handelt und nicht an Verbraucher (im Sinne von § 2 Nr. 16 BFSG und § 13 BGB) verkauft wird.
Weitere Ausnahmen gibt es im BFSG für Kleinstunternehmen im Sinne von § 2 Nr. 17 BFSG, die im BFSG geregelte Dienstleistungen (inkl. Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr wie Onlineshops) anbieten (§ 3 Abs. 3 S. 1 BFSG). Kleinstunternehmen sind definiert als Unternehmen, die weniger als zehn Beschäftigte aufweisen und (!) einen maximalen Jahresumsatz von 2 Millionen Euro bzw. eine Jahresbilanzsumme von 2 Millionen Euro nicht überschreiten.
Quelle (https://bfsg-gesetz.de/#toc)
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Boba Fett am 30.05.2025 | 13:05
Ganz nebenbei:
Zitat
Die Barrierefreiheitsanforderungen für E‑Books sehen vor, dass die Barrierefreiheitsfunktionen nicht durch digitalen Urheberrechtsschutz blockiert werden dürfen. Ein sogenanntes „hartes DRM“ ist damit nicht mehr möglich.
Quelle (https://www.bundesfachstelle-barrierefreiheit.de/DE/Fachwissen/Produkte-und-Dienstleistungen/Barrierefreiheitsstaerkungsgesetz/FAQ-E-Books/faq-e-book_node.html)

@Moderation: Danke fürs Auslagern!!!
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Tele am 30.05.2025 | 14:20
Ich habe ein wenig rumprobiert und mit den Tabellen, eingeschoben Kästen, Statblöcken sind die Regelteile aktuell, ohne viel nachzuarbeiten, nicht sinnvoll wiederzugeben.

Es gibt noch eine Unzumutbarkeitsklausel, die ich persönlich als Verlag für RPGs ziehen würde.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Galatea am 30.05.2025 | 15:56
Ich stelle mir gerade vor wie das Kapitel Charaktererschaffung oder Waffen-, Rüstungs- und Ausrüstungslisten von einem Ebook-Reader vorgelesen werden... das ergibt doch keinen Sinn.
Sofern das (Tabellen-)Format nicht komplett dämlich gewählt ist, sollte das eigentlich relativ problemlos möglich sein.

Was auch gerne vergessen wird ist, blinde Menschen haben oft ein besseres Gedächtnis sich gesagte Dinge zu merken (ich bin eher ein extrem optischer Mensch, ich kann mir z.B. Vokabeln/Begriffe ohne Schriftbild überhaupt nicht merken) und können nicht selten Sprache in einer Geschwidigkeit hören, die für Sehende schlicht nicht zu handhaben ist (das trifft v.a. auf diejenigen zu, die bei Geburt sehen konnten aber recht früh erblindet sind, die haben ein initial-entwickeltes Sehzentrum, das dann vom Hörzentrum "gekapert" und als Turbobooster für Sprachinterpretation genutzt wird).
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Haukrinn am 30.05.2025 | 16:59
Zum Kontext: Ich hab mich als Unternehmensinhaber da intensiver mit auseinander gesetzt, wer und warum man unter das BFSG fällt und was dann zu tun ist. Ich bin aber kein Rechtsanwalt.

Das BFSG wird keinen der deutschen Verlage wirklich treffen. Umsatz- und Beschäftigungsgrenzen sollten da bei allen greifen (oder kennt ihr einen RSP-Verlag mit mehr als zehn fest Angestellten?).

DriveThru wird das auch herzlich egal sein, denn die verkaufen nur und für die eBooks (und deren Narrierefreiheit) sind die Hersteller verantwortlich. Die sind nicht für die Werke selbst verantwortlich. Für die dürfte eher ihre eigene Webseite zum Problem werden. Das Ding ist nun wirklich kaum barrierefrei.

Was viel eher spannend werden dürfte sind so Dinge von D&D Beyond. Das dürfte europäischen Kunden nämlich dann nicht mehr angeboten werden. Zumindest nicht, wenn es so bleibt wie es gerade aussieht. Ähnliches gilt für diverse VTTs, die da natürlich ebenso drunter fallen werden (Foundry hat ja z.B. mittlerweile mehr als 10 Mitarbeiter, glaube ich; kann sogar sein, dass die Ausnahmen für Nicht-EU-Unternehmen überhaupt nicht gelten).

PS: Auch EU-weit könnte es interessant werden, das zu beobachten. Das BFSG ist ja nur die nationale Variante der EAA.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: unicum am 30.05.2025 | 17:27
Das BFSG wird keinen der deutschen Verlage wirklich treffen. Umsatz- und Beschäftigungsgrenzen sollten da bei allen greifen (oder kennt ihr einen RSP-Verlag mit mehr als zehn fest Angestellten?).

Pegasus vieleicht, die sind ja ein Brett- und Rollenspielverlag. Und ich weis nicht ob die dann das aufdröseln.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Haukrinn am 30.05.2025 | 18:09
Ja, stimmt, die sind deutlich jenseits der 2 Mio. Umsatz.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: sma am 30.05.2025 | 18:18
Das BFSG wird keinen der deutschen Verlage wirklich treffen. Umsatz- und Beschäftigungsgrenzen sollten da bei allen greifen (oder kennt ihr einen RSP-Verlag mit mehr als zehn fest Angestellten?).
Ulisses hatte 2022 einen Jahresumsatz von 3 Mio € (4,2 Mio € in 2021) und Pegasus einen Jahresumsatz von 12,8 Mio € (9,6 Mio € in 2021). Rollenspiele werden in der Bilanz nicht speziell erwähnt. Die beiden wären in jedem Fall betroffen.

Und der Elefant im Raum ist IMHO DriveThruRPG. Die behaupten, ihren Publishern über $12 Mio pro Jahr auszuzahlen, aber das wird weltweit sein. Nehmen wir daher an, dass 1/3 davon in Europa stattfindet und das wiederum sich im wesentlichen auf DACH, UK und die skandinavischen Länder und den Rest verteilt. Dann wären es $1 Mio für Deutschland und da dies 35% der Umsätze sind, wären das ~2,5 Mio €, also auch über der Grenze.

Und dann gibt es noch Rollenspiel-Publisher, die man leicht übersieht: Das Horde-Rollenspiel hat sich relativ gut verkauft und der Verlag dahinter macht mit seinen 2200 Titeln und 1100 Autoren (lt. Wikipedia) aber locker die 2 Mio € Umsatz.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Haukrinn am 30.05.2025 | 18:31
Drivethru ist aber wie gesagt Händler, nicht Publisher. Die sind nicht für die Ebooks verantwortlich, die sie nicht selbst hergestellt haben.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: D. M_Athair am 30.05.2025 | 19:45
DriveThru wird das auch herzlich egal sein, denn die verkaufen nur und für die eBooks (und deren Narrierefreiheit) sind die Hersteller verantwortlich. Die sind nicht für die Werke selbst verantwortlich. Für die dürfte eher ihre eigene Webseite zum Problem werden. Das Ding ist nun wirklich kaum barrierefrei.
Sehe ich auch so. Allerdings: Dass auch die neue Website von Drivethru voller Barrieren ist, ist Drivethru während des Redesigns des Öfteren angetragen worden. Das Problem sollte denen bekannt sein.

Ansonsten:
Wie sinnig die Anforderungen des Gesetz sind, dazu könnte man ja auch Leute befragen, die sich da auskennen.
Vielleicht mag wer Würfelheld (https://www.tanelorn.net/index.php?action=profile;u=2697) in den Diskurs reinholen?
Es gibt noch ein paar andere Hobbyist*innen für deren verbesserte Teilhabe das Gesetz gemacht ist, aber die anderen habe ich gerade nicht im Kopf.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Alter Weißer Pottwal am 30.05.2025 | 21:24
Von Barrierefreiheit schreiben, aber Gendersternchen benutzen (bzw. generell gendern) und so Barrieren für Nicht-Muttersprachler und Leute mit Lese- und Rechtschreibschwäche aufbauen. Genau mein Humor  :d
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: schneeland am 30.05.2025 | 21:34
Von Barrierefreiheit schreiben, aber Gendersternchen benutzen (bzw. generell gendern) und so Barrieren für Nicht-Muttersprachler und Leute mit Lese- und Rechtschreibschwäche aufbauen. Genau mein Humor  :d

Andere Nutzer wegen ihrer Verwendung von gegenderter Sprache angehen, das ist natürlich ein exzellenter Beitrag zum Thema! Nicht.
Also einfach sein lassen und beim eigentlichen Thema bleiben.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Galatea am 31.05.2025 | 00:30
Soweit ich das sehe, hat hier bisher niemand auch nur ein einziges Mal überhaupt gegendert, daher erschließt sich mir nicht ganz, wer hier genau angegangen werden soll.

Tatsächlich ist das ein valider Hinweis zur Umsetzung von Barrierefreiheit - was für den einen eine Hilfe ist, kann für den Anderen schnell zum Hindernis werden - sieht man u.a. bei Blindenleitsystemen (die für Rollstuhlfahrer echt hinderlich sein können) oder ebenerdigen Bordsteinwegen (sind für Rollstuhlfahrer toll, für Blinde aber lebensgefährlich) und was beim Bau teilweise unter "barrierefrei" verstanden wird ist eh jenseits von gut und böse (mein Favorit ist das "barrierefreie" Mikrowinzklo für Senioren, bei dem man einen Rolli nicht mal komplett in den Raum bekommt, und natürlich diverse "barrierefreie" Rampen sowie "barrierefrei zugängliche" Gebäude in Hanglage oder Pflastersteinstraßen).

Für viele Menschen mit Leseschwäche, Seheinschränkung oder Konzentrationsproblemen können die Sternchen, Doppelpunkte und Unterstriche die Texte nahezu unlesbar machen (kenne da sogar persönlich jemanden, die das betrifft), weswegen die bei Dokumenten in einfacher Sprache auch nicht verwendet werden. Ich bin da Anhänger der y-Methode, zumal die sogar noch semantischen Kontext mitliefert, sowas wie "die Spielenden" ist aber auch akzeptabel und sogar noch barrierefrei - das scheint sich auch an diversen Hochschulen gerade langsam gegen die Sonderzeichen durchzusetzen.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: schneeland am 31.05.2025 | 00:58
Soweit ich das sehe, hat hier bisher niemand auch nur ein einziges Mal überhaupt gegendert, daher erschließt sich mir nicht ganz, wer hier genau angegangen werden soll.
...

Drei Beiträge über Deinem, direkt vor der angemahnten Wortmeldung.

Und ja, den Aspekt der erschwerten Zugänglichkeit gibt es. Das Ganze wurde aber im (mittlerweile geschlossenen) Thread "Gendern und geschlechtergerechte Sprache in Rollenspielpublikationen (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,118646.0.html)" im Bereich Rollenspiel&Gesellschaft auf 54 Seiten bereits epischer Breite ausdiskutiert und ich glaube, man kann mit gutem Gewissen sagen, dass da die Argumente ausgetauscht sind. Die Positionen zu diesem Thema haben sich dadurch m.M.n. nicht verändert - wer gendern möchte und es vielleicht sogar für wichtig hält, tut das weiterhin, und wer es ablehnt, sieht ebenfalls keine Grund seine Haltung zu ändern. Bewegung ähnlich viel wie in den Schützengräben des ersten Weltkriegs.

Wir werden das hier im Forum auch nicht ändern, und in welche Richtung es gesamtgesellschaftlich geht, muss sich auch noch zeigen. Insofern fordern wir nur zwei Dinge ein:
1) Wechselseitige Toleranz - sprich: akzeptieren, dass andere Nutzer sich für eine andere Handhabung des Genderns entschieden haben
2) Verzicht auf wiederholte Grundsatzdiskussionen dazu - Nachfragen dazu, ob in einem Rollenspielprodukt gegendert wird oder nicht, sind kein Problem, aber wir brauchen das Fass nicht jedes Mal wieder neu aufzumachen (der Informationsgewinn ist ja auch eher gering, s.o.)

Konkret für diesen Thread bin mir sicher, dass sich auch noch genug andere Aspekte der Zugänglichkeit abseits des Genderns finden lassen, die es zu diskutieren lohnt (wurde ja auch schon getan).

Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Doc-Byte am 31.05.2025 | 02:15
Sorry wenn ich hier kurz OT werde, aber eigentlich ist es auch gar nicht OT: Die blaue Mod-Schrift kann ich bei dem dunklen Nacht-Theme des Forums nur lesen, indem ich den Text komplett durch Auswählen markiere. - Zugegeben eine kleine Barriere, aber vielleicht gäbe es ja im Farbarsenal eine Farbe, die mit beiden Themes lesebar ist? :think:

PS: Okay, starkes Reinzoomen in die Seite funktioniert auch leidlich. :)
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Arkam am 31.05.2025 | 08:03
Hallo zusammen,

bei mir, ich bin nicht betroffen, hat das Gesetz zumindestens bewirkt das ich Mal das PDF barrierefrei habe erstellen lassen und zumindest die Bildbeschreibungen eingepflegt habe. Mal sehen ob und wann ich die restlichen Probleme bei meinem Text angehe.
Von da aus hat mir das Gesetz das Problem überhaupt bewusst gemacht.

Gruß Jochen
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Schleicher am 31.05.2025 | 09:02
Was bedeutet Barrierefrei in einem PDF überhaupt wirklich?
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Niniane am 31.05.2025 | 09:06
Es kann von einem Screenreader gelesen werden beispielsweise.
Plotbunny Games gibt übrigens zu seinen Spielen screenreadergeeignete PDFs heraus. Es ist also kein Hexenwerk.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Boba Fett am 31.05.2025 | 09:49
Was bedeutet Barrierefrei in einem PDF überhaupt wirklich?
Wie Niniane schon sagt, kann dir eine text-2-speech Software (oft Screenreader genannt, aber nicht nur) das Buch vorlesen.
Das ist für Menschen mit Lese-Problemen (blind, dyslexia, ...) sehr hilfreich.
Und auch im Bereich von AI Software interessant, weil die immer mehr dahin kommen, dass sie Texte eben auch emotionsbetont vorlesen können.
Das kostenlose Hörbuch zum EBook sozusagen.

Bei PDF hat man das Problem, dass Textbausteine mit einer Index-Nummer versehen sind und diese Software diese der numerischen Reihe nach lesen.
In einem Roman ist das selten ein Problem. Bei Rollenspielen wird die Index Reihenfolge aber eben nicht zwangsweise in der richtigen Lesereihenfolge generiert,
sondern nach der Reihenfolge, wie Textbausteine in das Layout integriert werden.
Und manchmal wird eben auch nur ein zweizeilen Absatz noch mal überarbeitet und bekommt dann eine falsche Indexnummer.
Das kann man schön sehen, wenn man mal ein RPG PDF aufmacht und dann mit der Maus (gedrückte Taste) versucht, von oben links nach unten rechts alle Zeilen zu markieren.
Klappt oft, manchmal aber eben überhaupt nicht, weil irgendwelche Textbausteine wird durcheinader indiziert wurden. Und eine Software würde dies dann in dieser Reihenfolge vorlesen...

Das Gesetz zwingt die (großen) Verlage, das dann entsprechend zu überarbeiten. Und auch, dass wenn ein Kunde eine Unstimmigkeit entdeckt, dieser Anspruch auf Nachbesserung (neues überarbeites PDF) besitzt. Und das ist für kleine Verlage kaum zu bewältigen. Deswegen auch die Klausel...

Barrierefrei bedeutet auch der Abschied von hartem DRM Schutz, die eine extra Software (Adobe DRM zum Beispiel) erfordert.
Es wird immer noch sowas wie die Kundendaten im Fuß wie bei Drivethru geben, aber mit harter Kopieschutzblockierung ist dann erst einmal Schluss.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Ludovico am 31.05.2025 | 10:15
Es scheint, dass eine Vorlesefunktion nicht enthalten sein muss.
Zitat
1.25 Verpflichtet das Barrierefreiheitsgesetz dazu, neue Lizenzen einholen zu müssen, zum Beispiel Hörbuchlizenzen? Verpflichtet es dazu, ein E-Book anzubieten?
Nein.


Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz regelt nur, dass E‑Books barrierefrei sein müssen, wenn der Verlag sie anbietet. Es gibt weder einen Zwang dazu, eine E‑Book-Ausgabe eines Buches herzustellen, noch ein Hörbuch zu erstellen. Eine Verpflichtung, weitere Nutzungsrechte einzuholen, besteht daher nicht. Die Erforderlichkeit, E‑Books barrierefrei zu gestalten, ergibt sich aus dem öffentlich-rechtlichen Gesetz selbst.

Nur in dem Fall, in dem ein Verlag ein E‑Book und Hörbuch in einer Datei anbietet, muss das Hörbuch mit dem E‑Book synchronisiert sein. Hierfür benötigt der Verlag aber dann natürlich im Vorfeld auch die Hörbuch-Rechte, sonst wäre ihm diese Kombination gar nicht möglich.
https://www.boersenverein.de/beratung-service/barrierefreiheit/faq/#accordion--25
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Boba Fett am 31.05.2025 | 10:20
@Ludovico: Was Du da zitierst, sagt aus, dass ein Verlag für ein Buch keine EBook Variante veröffentlichen MUSS. Wenn (!) der Verlag aber eines bringt, dann muss es barrierefrei sein. Soll heissen: Dann dürften die Verlage gar keine EBooks mehr liefern. Und das wird nicht passieren.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Ludovico am 31.05.2025 | 10:26
Ah, jetzt verstehe ich.

Die eBooks müssen nur so aufbereitet sein, dass sie von entsprechender Software und Geräten vorgelesen werden können.
Dies ist dann aber Kundensache.
Es gibt keine inkludierte Fassung.

Zitat
3. Was bedeutet Barrierefreiheit bei E-Books?

E‑Books müssen beispielsweise technisch so aufbereitet sein, dass ein Screenreader (Vorlese-Software, die von blinden oder stark sehbehinderten Menschen genutzt wird) die inhaltliche Hierarchie eines Textes erkennen kann. Diese wird dann vom Screenreader akustisch wiedergegeben oder per Braillezeile ausgegeben. Bei der Struktur ist es wichtig, dass beispielsweise Kapitelüberschriften vom Screenreader vorgelesen werden oder Fußnoten im Text mitgelesen werden.

https://www.bundesfachstelle-barrierefreiheit.de/DE/Fachwissen/Produkte-und-Dienstleistungen/Barrierefreiheitsstaerkungsgesetz/FAQ-E-Books/faq-e-book_node.html#:~:text=Das%20Barrierefreiheitsst%C3%A4rkungsgesetz%20regelt%20nur%2C%20dass,Nutzungsrechte%20einzuholen%2C%20besteht%20daher%20nicht.

@Boba
Entsprechend muss der Verlag zu einer eBook-Ausgabe auch keine Hörbuchausgabe veröffentlichen
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Haukrinn am 31.05.2025 | 10:35
Ja, das ist Kundensache. Wenn das ebook aber ein totales Durcheinander im PDF ist, dann kann der Screenreader damit nichts anfangen - der kann die Struktur und Reihenfolge nicht mehr rekonstruieren. Das PDF kennt nämlich nur Textboxen und weiss nicht, in welche Reihenfolge die gehören oder was davon ein Absatz, eine Fußnote oder eine Überschrift ist. Ein sauber strukturiertes Inhaltsverzeichnis ist übrigens auch Teil eines barrierefreien PDFs.

Für andere ebook-Formate gilt die Forderung natürlich auch. Da werden Textelemente (wie auf Webseiten) idealerweise ausgezeichnet und in eine Reihenfolge gebracht. Da ist die Herausforderung dann eher, z.B. eine Überschrift als solche zu kennzeichnen und nicht einfach nur die Schrift größer zu machen. Und auch Elemente wie Abschnitte, Kapitel, Abbildungen usw. Zu verwenden, damit die Gesamtstruktur klar wird.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: sma am 31.05.2025 | 10:52
Was bedeutet Barrierefrei in einem PDF überhaupt wirklich?
Das PDF genügt dem PDF/UA Standard (ISO 14289-1:2012) als Teil von ISO 32000.

Dazu muss das PDF dem Standard PDF/A-2 oder PDF/A-3 genügen, das sind (sehr große) Subsets des PDF-Standards von Adobe, die International als ISO genormt sind, damit ein langfristiger Datenaustausch (A steht für archivable, IIRC) gewährleistet ist. Wichtig ist nur, dass PDF/A-1 nicht ausreicht.

Für PDF/UA-1 muss das PDF mindestens Version 1.4 haben und für PDF/UA-2 mindestens Version 1.7. Das ist meines Wissens auch gleichzeitig die letzte vor PDF 2.0.

In der Praxis bedeutet dies, das PDF sollte Version 1.7 haben.

PDF ist ein Container-Format das Objekte und Stream enthält, wobei die meist komprimierten Streams neben Bildern die eigentliche PDF-Programmiersprache enthalten, die ein (nicht-turing-vollständiges) Subset von Postscript ist und die Grafikbefehle enthält, die die Seite "malen".

Da ist daher auf den ersten Blick nichts, was ein Screenreader vorlesen könnte, ohne selbst das PDF zu malen. Nun werden aber normalerweise nicht die Umrandungen der Grapheme cluster, die die Buchstaben bilden, direkt gemalt, sondern ein in das PDF (als Stream) eingebetteter Font im Adobe oder Truetype Format oder im Opentype Format enthält Beschreibungen alle Zeichenbestandteile in Form von Umrissen. Dazu gibt es dann in der PDF-Programmiersprache einen Befehl, der im Prinzip sagt, als der Seitenposition X/Y (abhängig von frei wählbarem Ursprung, Rotation und Skalierung) bitte die Umrisse für die Buchstaben ABC darstellen. All diese Befehle kann man extrahieren, dann unter Berücksichtigung der aus Ursprung, Rotation und Skalierung (all die Befehle, die das beeinflussen muss man daher auch extrahieren und interpretieren) die absolution Position des Texts auf der Seite bestimmen, dann die Tripel aus X, Y und Text topologisch sortieren und dann alle Befehle, die ungefähr die selbe Y Koordinate haben, zu einer Zeile zusammenfassen - und dabei berücksichtigen, dass es mehr als eine Spalte geben könnte. Dazu muss man die Lauflängen der Texte kennen, was man aus den Fonts extrahieren kann, wofür man aber wieder wissen muss, welche Zeichenkombinationen als Ligaturen dargestellt werden (was auch in den Fonts verzeichnet ist) und welche Laufrichtung der Text überhaupt hat (was bei Unicode mitten im Text umgeschaltet werden kann, wo ich jetzt gerade nicht auswendig weiß, ob PDF das auch unterstützt oder ob man dafür verschiedene Befehle benutzen muss - was ich glaube). Aus den von anderen Befehlen einstellbaren Schriftgrößen könnte man auch noch eine Hierarchie ableiten. Aber das alles ist eine Heuristik, die mehr oder weniger gut funktioniert.

Alternativ malt man als Screenreader einfach die Seite, hat dann ein Bild und geht dann mit OCR (Optical Character Recognition) dabei, hier wieder den Text zu extrahieren. Das ist im Vergleich auch nicht viel schwerer.

Wirft man einem guten LLM ein PDF vor, wird es genau so vorgehen. Es analysiert die Bilder, die von einem PDF-Viewer erzeugt wurden und weiß (dank KI) was Kopf- und Fußzeilen sind, was Fließtext ist und was die Zwischenüberschriften sind. Gerade wenn das Layout komplexer ist.

Somit käme ein moderner Screenreader wahrscheinlich bereits recht gut mit handelsüblichen PDF klar. Als man sich das mit dem UA-Substandard überlegt hat, war all das aber noch nicht erfunden und man wollte das Problem lieber so lösen, dass das PDF bitte genug Informationen enthält, dass man nicht selbst ein PDF-Parser und Interpreter sein muss, um den Text zu extrahieren.

Daher muss diese Struktur explizit gemacht werden.

Wer mal ein Beispiel sehen will, wie ein PDF wirklich aussieht, das ich gerade angeblich mit Accessibility Infos mit Pages erzeugt habe… (die Streams habe ich weggelassen)
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Ich verlasse mich mal auf Claude, der sagt: PDF-1.7, _Document Information Dictionary_ muss /Title, /Language und sollte /Author, /Subject, /Creator enthalten. XMP muss pdfuaid:part=1, dc:title und dc:language enthalten. PDF muss Structure Tree (gemäß PDF-1.7 Specification §10.7) enthalten, was die größte Herausforderung ist, weil dazu neben einer hierarchischen Struktur noch die PDF-Sprache um die Tags erweitert werden muss. Was man auch immer zur Erzeugung der PDFs nutzt, dass muss jetzt ein Programm können.

Tags bilden ein Subset von HTML: H1 bis H6, P, L (für List) mit den Subtags LI, mit den Subtags Lbl (der Punkt), LBody, und Table mit THead, TBody, TR, TH und TD. Bilder sollten als Figure beschrieben werden. Außerdem kann man Teile markieren, die nicht Teil des Texts sind, etwa rein dekorative Inhalte.

Pages auf dem Mac versagt hier z.B.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Radulf St. Germain am 31.05.2025 | 11:22
Wenn ich das so lese hört sich das erstmal nach einer sehr großen Einschränkung an. Aber je weiter ich lese um so mehr gewinne ich den Eindruck, dass ich nur ein sauberes PDF abliefern muss, in dem z.B. nicht große Teile des Textes als Grafiken gespeichert sind, weil ich schlechte Konvertierungssoftware benutze.

Von daher schätze ich die Auswirkungen als gering ein. Vielleicht muss jemand eine aktuelle Software kaufen. Oder übersehe ich was?
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Galatea am 31.05.2025 | 11:44
Ja, das ist Kundensache. Wenn das ebook aber ein totales Durcheinander im PDF ist, dann kann der Screenreader damit nichts anfangen - der kann die Struktur und Reihenfolge nicht mehr rekonstruieren. Das PDF kennt nämlich nur Textboxen und weiss nicht, in welche Reihenfolge die gehören oder was davon ein Absatz, eine Fußnote oder eine Überschrift ist. Ein sauber strukturiertes Inhaltsverzeichnis ist übrigens auch Teil eines barrierefreien PDFs.

Für andere ebook-Formate gilt die Forderung natürlich auch. Da werden Textelemente (wie auf Webseiten) idealerweise ausgezeichnet und in eine Reihenfolge gebracht. Da ist die Herausforderung dann eher, z.B. eine Überschrift als solche zu kennzeichnen und nicht einfach nur die Schrift größer zu machen. Und auch Elemente wie Abschnitte, Kapitel, Abbildungen usw. Zu verwenden, damit die Gesamtstruktur klar wird.
Ich bin mal gespannt, wie lange das mit zunehmend leistungsfähigerer KI überhaupt noch notwendig ist. Es gibt ja jetzt schon Programme, die eine in Handschrift geschriebene Seite einscannen und in Drucktext umwandeln können. Die richtigen Problemfälle sind dann eigentlich nur noch 'speziell' formatierte Tabellen.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: sma am 31.05.2025 | 11:45
Von daher schätze ich die Auswirkungen als gering ein. Vielleicht muss jemand eine aktuelle Software kaufen. Oder übersehe ich was?
Das ist glaube ich in erster Linie eine Mindset-Sache. Man muss daran denken. Eigentlich müssten Tools das seit Jahren unterstützen. Eigentlich, Pages auf dem Mac kann es wie gesagt nicht. Bei InDesign, das glaube ich relativ beliebt ist, muss man halt beim Arbeiten daran denken, Absatzformate zu benutzen und diesen dann UA-Tags zuweisen. Dann sollte der Rest automatisch gehen. Es soll ja immer noch Leute geben, die auch in Word keine Absatz- und Zeichenformate benutzen, sondern einfach die Schrift ändern. Wer so vorgeht, muss seine Prozesse ändern.

Andere Tools – wer weiß. Affinity Publisher kann's meiner kurzen Recherche nach wohl nicht. Ebenso scheint es bei LaTeX oder Typst (https://github.com/typst/typst/issues/133#issuecomment-2859594462) nicht einfach so zu gehen. Und Pages wie gesagt auch nicht … und da das Tool wahrscheinlich einfach nur die Betriebssystemfunktion zur PDF-Erzeugung nutzt (warum sonst ist das ein PDF-1.3?), andere vielleicht auch nicht. Ich hatte auch geschaut, dass längst nicht alle Bibliotheken, um programmatisch PDFs zu erzeugen, das unterstützen.

Ich persönlich würde das ja eigentlich gerne bei allen PDFs immer haben wollen, weil, was spricht dagegen? Selbst wenn es "nur" Rechnungen oder Angebote sind.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: sma am 31.05.2025 | 12:14
Ich bin mal gespannt, wie lange das mit zunehmend leistungsfähigerer KI überhaupt noch notwendig ist. Es gibt ja jetzt schon Programme, die eine in Handschrift geschriebene Seite einscannen und in Drucktext umwandeln können. Die richtigen Problemfälle sind dann eigentlich nur noch 'speziell' formatierte Tabellen.
Das Problem ist nicht, wie du an den wahrscheinlich richtig Text kommst, sondern dass deine PDFs einen Standard erfüllen müssen, der mit Prüfprogrammen (https://pac.pdf-accessibility.org/de) überprüft werden kann (und dann auch sicherlich wird).
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Tele am 31.05.2025 | 12:22
Es reicht eben nicht ein sauberes PDF abzuliefern. RPGs haben umflossene Illus., gezeichnete Regelsymbole im Text, komplexe Tabellen, Stat Blocks, Tokens, Maps, Wörtliche Rede und Zitate die durch Auszeichnung und nicht einen Sprechakt einleitendes Verb gekennzeichnet sind (siehe Shadowrun). Auch schön sind grafische Abschnittskennzeichnungen.

Sollte das erzwungen werden und so durchgesetzt werden, denke ich, dass unsere RPG Bücher viel von ihrem Charme verlieren werden.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Ludovico am 31.05.2025 | 13:20
Es reicht eben nicht ein sauberes PDF abzuliefern. RPGs haben umflossene Illus., gezeichnete Regelsymbole im Text, komplexe Tabellen, Stat Blocks, Tokens, Maps, Wörtliche Rede und Zitate die durch Auszeichnung und nicht einen Sprechakt einleitendes Verb gekennzeichnet sind (siehe Shadowrun). Auch schön sind grafische Abschnittskennzeichnungen.

Sollte das erzwungen werden und so durchgesetzt werden, denke ich, dass unsere RPG Bücher viel von ihrem Charme verlieren werden.

Nur die eBooks - Printwerke sind davon ausgenommen.
Und Kleinverlage dürften sich freuen, wenn die grösseren keine Ausnahmeregelungen geltend machen können.

Was nun DnDBeyond angeht, so ist da die Frage für mich, ob Regelwerken, die darüber gelesen werden als eBook angesehen werden.
Aber WotC dürfte die Kohle haben.

Ach ja, es basiert auf einer europaweiten Richtlinie. Bleibt lediglich die Frage, ob Deutschland hier wieder eine Goldrandlösung präsentiert (wie beim Datenschutz).
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Haukrinn am 31.05.2025 | 16:02
Was nun DnDBeyond angeht, so ist da die Frage für mich, ob Regelwerken, die darüber gelesen werden als eBook angesehen werden.
Aber WotC dürfte die Kohle haben.

Ach ja, es basiert auf einer europaweiten Richtlinie. Bleibt lediglich die Frage, ob Deutschland hier wieder eine Goldrandlösung präsentiert (wie beim Datenschutz).

DNDBeyond ist eine Webseite, nach dazu mit "Shop" und damit in Gänze durch das BFSG betroffen. E-books sind da deren kleinstes Problem.

Als Randbemerkung komme da noch dazu: Deutschland hat von den europäischen Staaten eins der wenigen Datenschutzgesetze, das nur sehr wenig zur DSGVO (die ja europäisch ist) dazu packt. Das Problem werden hier auch nicht die Gesetzgeber sein, sondern die Abmahnanwälte, die sich schon wahnsinnig aufs BFSG freuen. Denn das ist quasi ein Freifahrtschein und wettbewerbsverzerrende Nichteinhaltung anzumahnen.

Es reicht eben nicht ein sauberes PDF abzuliefern. RPGs haben umflossene Illus., gezeichnete Regelsymbole im Text, komplexe Tabellen, Stat Blocks, Tokens, Maps, Wörtliche Rede und Zitate die durch Auszeichnung und nicht einen Sprechakt einleitendes Verb gekennzeichnet sind (siehe Shadowrun). Auch schön sind grafische Abschnittskennzeichnungen.

Eigentlich ist das unproblematisch, da die Barrierefreiheitsregelungen ausgesetzt werden, sobald sie die Darreichungsform oder den künstlerischen Anspruch eines Werks zu stark verändern oder diese gar unmöglich machen.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Doc-Byte am 31.05.2025 | 16:05
RPGs haben umflossene Illus., gezeichnete Regelsymbole im Text, komplexe Tabellen, Stat Blocks, Tokens, Maps, Wörtliche Rede und Zitate die durch Auszeichnung und nicht einen Sprechakt einleitendes Verb gekennzeichnet sind (siehe Shadowrun). Auch schön sind grafische Abschnittskennzeichnungen.

Ich wüsste spontan nichtmal, wo ich anfangen sollte... (https://www.smiliemania.de/smilies/denkende-smileys/denkende-smileys-010.gif.pagespeed.ce.eHxzUSgO1R.gif)

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
Oh cool, random eine Seite herausgesucht und einen übersehenen Layoutfehler entdeckt... wtf?

Und Kleinverlage dürften sich freuen, wenn die grösseren keine Ausnahmeregelungen geltend machen können.

Ich seh eine Welle von Firmenauslagerungen auf uns zukommen.. ~;D
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Galatea am 31.05.2025 | 20:21
Ich wüsste spontan nichtmal, wo ich anfangen sollte...
Um... müsste es nicht möglich sein in der Spalte als Kontextinformation einfach "drei von fünf" anzugeben, was der Reader dann (statt der Kästchen) lesen kann?
Der Rest der Seite wäre ja prinzipiell kein Problem.

Hier ist mal was Kniffliges.
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Oh, und viel Vergnügen dieses Werk in ein lesbares Format zu bekommen ;D...
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Alter Weißer Pottwal am 31.05.2025 | 20:34
Dann müsste man halt mehrere Versionen der pdfs machen. Eine gewöhnliche und eine für Sehbehinderte. Das könnte man theoretisch auch für andere "Sonderwünsche" machen. Mittels KI sollte das doch eigentlich einen überschaubaren Mehraufwand bedeuten.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Boba Fett am 31.05.2025 | 21:11
Ich wüsste spontan nichtmal, wo ich anfangen sollte...

Bei der Frage, ob Du mehr als 10 Mitarbeiter in Deinem Unternehmen hast oder mehr als 2 Millionen Umsatz im Jahr machst.
Wenn nicht - betrifft es Dich nicht...
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: schneeland am 31.05.2025 | 21:21
Bei der Frage, ob Du mehr als 10 Mitarbeiter in Deinem Unternehmen hast oder mehr als 2 Millionen Umsatz im Jahr machst.
Wenn nicht - betrifft es Dich nicht...

Wobei die Frage "wie verbessere ich die Zugänglichkeit meiner Rollenspielprodukte?" ja trotzdem relevant und interessant ist, selbst wenn man nur als Hobbyist publiziert und vom Gesetz nicht dazu gezwungen wird. Und da stelle ich selber auch fest: abseits von ein paar allgemeinen Regeln für gutes Design mangelt es mir da auch an Wissen (also man kann natürlich jetzt alles auf das Niveau von Business-Web-Apps runterbrechen, aber das kann ja auch niemand wirklich wollen).
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Alexandro am 31.05.2025 | 21:41
Dann müsste man halt mehrere Versionen der pdfs machen. Eine gewöhnliche und eine für Sehbehinderte. Das könnte man theoretisch auch für andere "Sonderwünsche" machen. Mittels KI sollte das doch eigentlich einen überschaubaren Mehraufwand bedeuten.

Es ist auch durchaus möglich einem PDF mehrere Ebenen zu geben,  und z.B. eine Bilddatei mit Text zu unterlegen (der unter dem Bild liegt und daher für eine Sehende Person nicht sichtbar ist - aber ein PDF-Reader liest den Text halt trotzdem vor). Auf diese Weise sind auch graphisch anspruchsvolle Elemente problemlos möglich (ohne dass die Nutzbarkeit sinkt) und man kann sogar Beschreibungen der Illus einpflegen, damit Blinde "lesen", was dort abgebildet ist.

Wie schon gesagt wurde: ist alles kein Hexenwerk, und auch kleine Verlage kriegen das nachweislich hin (auch ohne Plagiatsautomaten).
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: unicum am 31.05.2025 | 22:18
Wobei die Frage "wie verbessere ich die Zugänglichkeit meiner Rollenspielprodukte?" ja trotzdem relevant und interessant ist, selbst wenn man nur als Hobbyist publiziert und vom Gesetz nicht dazu gezwungen wird. Und da stelle ich selber auch fest: abseits von ein paar allgemeinen Regeln für gutes Design mangelt es mir da auch an Wissen (also man kann natürlich jetzt alles auf das Niveau von Business-Web-Apps runterbrechen, aber das kann ja auch niemand wirklich wollen).

Auf der anderen Seite - wie relevant ist es denn?

Ich meine wie viele Rollenspieler kennst du welche die Barrierefreiheit nutzen würden, oder allgemeine gefragt wieviele Menschen kennst du die dann vieleicht zusätzlich Rollenspiel machen würden.

Also will sagen: Ich kenne zwei die Frabenblind sind oder eine Starke Schwäche in der Sache haben. Da ist Layout und kontrast schon eine Sache.
Und ich kenne genau einen der Blind ist - und der ist auch noch ab und an Spielleiter.

Naja und ich muss sagen das ich beim ein oder anderen Regelwerk mir auch schon dachte "Was haben die sich dabei gedacht das so unleserlich zu schtreiben?" Hellgrau auf Dunkelgrau - bitte? das von DocBite oben etwa ist ein Regelwerk das ich mir so nicht kaufen würde, ich glaub Degenesis (??) war auch so ein ziemlich unleserliches Regelwerk.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: schneeland am 31.05.2025 | 22:48
Auf der anderen Seite - wie relevant ist es denn?

Ich meine wie viele Rollenspieler kennst du welche die Barrierefreiheit nutzen würden, oder allgemeine gefragt wieviele Menschen kennst du die dann vieleicht zusätzlich Rollenspiel machen würden.

Stärkere Sehschwäche und (partielle) Farbenblindheit hast Du ja schon genannt. Das sind dann auch die Fälle, die mir persönlich begegnet sind.
Darüber hinaus ist es dann halt eine Abwägung, wie viel Zusatzaufwand man dafür bereit ist zu betreiben. Manchmal ist es ja vielleicht gar nicht so viel, auf das man achten muss. Aber, was DTP/PDF-Produktion angeht, könnte ich da im Moment noch nicht mal sagen, wie Best Practices aussehen, damit aus dem Affinity Publisher barrierefreie(re) PDFs rausfallen.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Doc-Byte am 1.06.2025 | 00:43
Um... müsste es nicht möglich sein in der Spalte als Kontextinformation einfach "drei von fünf" anzugeben, was der Reader dann (statt der Kästchen) lesen kann?
Der Rest der Seite wäre ja prinzipiell kein Problem.

Nur dass alleine die Formatierung schon Informationen übermittelt... Eingerückte Absätze in Kursiv sind bspw. Beispiele (ups, kein Worspiel beabsichtigt ;D), kursive Absätze in Anführungszeichen sind eine Misching aus Zusatzinformationen und Anmerkungen und viele Seiten enthalten Infokästen, die den Textfluss unterbrechen. - Ganz so einfach ist es halt doch nicht, mal von so Sachen wie (Charakter)Bögen und Cheat Sheets ganz zu schweigen. Und wie soll man die Symbole vermitteln, in welchem der drei großen Themenabschnitte (Setting, Regeln, SL) man sich gerade befindet und die Kapitelüberschriften am Rand? :-\

Aber ja klar, für den Moment ein Gedankenspiel (s.u.)...

Hier ist mal was Kniffliges.

[...]

Oh, und viel Vergnügen dieses Werk in ein lesbares Format zu bekommen ;D...

[...]

Zugegeben, dass ist nochmal eine andere Hausnummer. :o

Dann müsste man halt mehrere Versionen der pdfs machen. Eine gewöhnliche und eine für Sehbehinderte.

Die Frage ist halt, ob der Gesetzgeber einem diesen Spielraum lässt, bzw. ob man Geld, Zeit und Nerven hat es auf eine Gerichtsverhandlung im Falle einer Abmahnung ankommen zu lassen.

Bei der Frage, ob Du mehr als 10 Mitarbeiter in Deinem Unternehmen hast oder mehr als 2 Millionen Umsatz im Jahr machst.
Wenn nicht - betrifft es Dich nicht...

Ja, der Konjunktiv kann mitunter auch so eine Barriere sein... :'(

Es ist auch durchaus möglich einem PDF mehrere Ebenen zu geben,  und z.B. eine Bilddatei mit Text zu unterlegen (der unter dem Bild liegt und daher für eine Sehende Person nicht sichtbar ist - aber ein PDF-Reader liest den Text halt trotzdem vor). Auf diese Weise sind auch graphisch anspruchsvolle Elemente problemlos möglich (ohne dass die Nutzbarkeit sinkt) und man kann sogar Beschreibungen der Illus einpflegen, damit Blinde "lesen", was dort abgebildet ist.

Wird bei Bodenplänen und Karten aber auch schnell ziemlich umfangreich. :-\ Bei primär dekorativen Bildern oder auch Charakterbildern kann ich mir das eher vorstellen.

[...] das von DocBite oben etwa ist ein Regelwerk das ich mir so nicht kaufen würde, ich glaub Degenesis (??) war auch so ein ziemlich unleserliches Regelwerk.

Das "auch" kann ich im ersten Moment nicht nachvollziehen, aber da wir hier im "Barrierefreiheit" Thread sind, kann es sein, dass es vielleicht wirklich für den einen oder anderen ein Problem ist. :think:

Darüber hinaus ist es dann halt eine Abwägung, wie viel Zusatzaufwand man dafür bereit ist zu betreiben.

Den "Luxus" dieser Entscheidung hat man aber halt auch nur bis zu einer gewissen Größe und - ohne das wieder aufwärmen zu wollen - wenn man nur mal an die Aufregung über das Gendern denkt, muss man heutzutage auch ständig mit Shitstorms und Cancelkampagnen rechnen, wenn man es in den Augen irgendeiner Gruppe "verkehrt" macht. :-\
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: schneeland am 1.06.2025 | 00:58
Den "Luxus" dieser Entscheidung hat man aber halt auch nur bis zu einer gewissen Größe und - ohne das wieder aufwärmen zu wollen - wenn man nur mal an die Aufregung über das Gendern denkt, muss man heutzutage auch ständig mit Shitstorms und Cancelkampagnen rechnen, wenn man es in den Augen irgendeiner Gruppe "verkehrt" macht. :-\

Ja, aber ich sag' mal: auch wenn Dir wünsche, dass Star Reeves viele Spieler findet - bis Du oder ich mehr als 2 Millionen Umsatz im Jahr mit Rollenspielprodukten machen oder mehr als 10 Mitarbeiter beschäftigen dürfte es ja vielleicht noch ein bisschen dauern ;)
Insofern kann man natürlich auch über den Gesamtkomplex diskutieren und was das für die deutschen und internationalen Rollenspielverlage bedeutet, aber mein Gedankengang war eher: wenn es irgendwo guten Webseiten, Bücher etc. dazu gäbe, wie ich als Hobbyist die Zugänglichkeit meiner PDFs verbessere, ohne dabei gleich alle Designelemente jenseits von Fließtext und einfachen Tabellen über Bord zu werfen, dann könnte ich mir das anschauen und abwägen, ob ich beim nächsten Bastelprojekt etwas davon einfließen lasse. Und am Ende freut sich dann vielleicht jemand darüber, wenn das PDF für ihn besser nutzbar ist.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Doc-Byte am 1.06.2025 | 01:47
@schneeland: Da stimme ich dir völlig zu, mein Punkt war nur: Auch wenn man aufgrund seiner Größe nicht dazu verpflichtet ist, diese Regelung umzusetzten, kann man trotzdem oder gerade deswegen dennoch potentiell das Ziel von - ich sage mal in Ermangelung eines besseren Wortes - "Stimmungsmache" werden.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Eismann am 1.06.2025 | 02:39
Theoretisch könnte man natürlich die Rohtexte vor Layout mit ein wenig Aufwand als PDF rausgeben. Aber das setzt natürlich voraus, dass während oder nach dem eigentlichen Layout keine Änderungen mehr vorgenommen werden.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: sma am 1.06.2025 | 09:59
Zum Thema, wie erzeugte man barrierefreie PDFs:

Ich habe unter macOS jetzt mal Safari, Firefox und Chrome getestet, ob diese HTML in PDF korrekt umwandeln können. Meine Überlegung war, dass HTML ja offensichtlich bereits strukturiert ist und guten aria support hat.

Safari versagt bereits dabei, mehrspaltigen Text darzustellen, die Seitengröße und die Kopf und Fußzeilen aus dem CSS zu übernehmen und ist raus. Firefox kann zwar mehrspaltigen Text, aber nicht die Seitennummer und ist raus. Bleibt Chrome. Der kann das Layout und erzeugt standardmäßig tagged PDFs, die allerdings nicht als PDF/UA ausgezeichnet sind und somit nach Gesetz auch nicht barrierefrei sind.

Laut Prüfprogramm fehlt der Titel des PDFs (obwohl mein <title> Tag übernommen werden sollte - wie ich weitere Metadaten in das PDF bekomme, falls das überhaupt geht, weiß ich nicht) und Chrome vergisst, die Fußzeile (Kopfzeile habe ich nicht) zu taggen. Schlimmer ist, dass das Prüfprogramm behauptet, der ganze Strukturbaum passt nicht (so fehlt L für LI), habe die falsche Reading Order und das Tagging sei falsch. Das ganze ist somit leider unbrauchbar.

Vorschau (das ist der PDF-Viewer auf dem Mac) kann das PDF nicht korrekt vorlesen.

Und auch Chrome, der sein eigenes PDF auch anzeigen kann und einen sog. Lesemodus hat, wo er den reinen aus dem PDF zieht und vergrößert anzeigt, bringt die Texte in falscher Reihenfolge – wahrscheinlich, weil er über sein eigenes falsches Tagging stolpert. Sehr schade.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Haukrinn am 1.06.2025 | 10:59
Das wird auch generell nicht funktionieren. Das große Problem bei PDF ist halt, dass es nie für so etwas vorgesehen war. Ohne händisch zu tricksen hast du da eigentlich keine Chance.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: sma am 1.06.2025 | 12:52
Das wird auch generell nicht funktionieren. Das große Problem bei PDF ist halt, dass es nie für so etwas vorgesehen war. Ohne händisch zu tricksen hast du da eigentlich keine Chance.
Das sehe ich anders. Ein barrierefreies HTML-Dokument enthält alle notwendigen Informationen. Daraus könnte man ein PDF gemäß UA-2-Standard erzeugen, soweit ich das jetzt in den letzten Tagen verstanden habe.

Wenn ich die Zeit finde, werde ich noch mal probieren, wie schwer das ist, selbst aus einem Markdown-Dokument ein PDF zu machen. Pdfkit.js kann UA, allerdings sind die zugehörigen @types nicht aktuell, sodass das nicht in TypeScript kompiliert. Falls jemand eine bessere Bibliothek kennt (ich nehme auch Go oder Dart, aber ich möchte mir nicht Java ans Bein binden), gerne sagen. jspdf scheint z.B. PDF/UA nicht zu unterstützen, da gibt es jedenfalls einen offenes Issues bei GH.

Streng genommen kann ich jedes PDF UA-2-konform machen, indem ich die richtigen Metadaten hinzufüge und dann einfach komplett alles im PDF als "ignore" tagge. Ist dann aber RAW statt RAI ;-)

Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Haukrinn am 1.06.2025 | 12:58
Pandoc müsste das können. Geht dann aber wahrscheinlich den Umweg über LaTeX.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: sma am 1.06.2025 | 13:27
Pandoc müsste das können. Geht dann aber wahrscheinlich den Umweg über LaTeX.
Meiner oberflächlichen Recherche nach tuen sich beide mit PDF/UA schwer, weil ich da offene Issues zu dem Thema sah. Wenn du dein LaTeX-Dokument händisch mit Tags versiehst, könnte es wohl gehen, aber es gibt wohl keinen Automatismus. Ebenso inkludiert Pandoc nicht automatisch die Struktur eines Markdown-Dokuments in ein PDF.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Radulf St. Germain am 1.06.2025 | 14:05
Ich gehe jetzt mal ganz naiv an das Thema ran: Ich habe vor einiger Zeit ein Python Programm geschrieben wo mit ein paar Zeilen und einer guten Library der Text aus einem PDF extrahiert wird. Das war echt OK, trotz so Sachen wie einer nicht ganz normalen Formatierung. Würde man diesen Text vorlesen lassen, könnte man das Dokument verstehen. Man kann den Text auch größer machen und vor weißen Hintergrund. Vielleicht hakt es an einer Stelle mal aber ob das schon gegen das Gesetz verstossen würde....

Wo denke ich falsch? Gibt es da ganz spezielle Vorgaben? (Sorry, ich könnte das natürlich googlen aber es scheinen sich hier einige Leute recht gut auszukennen, vielleicht können die mir ein Beispiel nennen, wenn sie Lust haben.)
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: schneeland am 1.06.2025 | 14:12
Wo denke ich falsch? Gibt es da ganz spezielle Vorgaben? (Sorry, ich könnte das natürlich googlen aber es scheinen sich hier einige Leute recht gut auszukennen, vielleicht können die mir ein Beispiel nennen, wenn sie Lust haben.)

Einen ganz guten Überblick bietet m.E. die Seite accessible-pdf.info (https://accessible-pdf.info/de/). Da gibt es dann auch eine Unterseite (https://accessible-pdf.info/de/basics/general/structure-with-the-help-of-multi-level-headings/) zu grundlegenden Punkten wie z.B.:
* Markieren von Überschriften, damit diese von Screenreader interpretiert werden können
* Sicherstellen der korrekten Lesereihenfolge
* Beschreibende Texte für Bilder
* Markieren von dekorativen Elementen, die von Screenreader übersprungen werden sollen

Für Word und InDesign gibt es auch ein paar Tipps, wie man das erreicht.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Doc-Byte am 1.06.2025 | 16:12
* Sicherstellen der korrekten Lesereihenfolge

Da wäre die Frage zu klären, wie den die korrekte Lesereihenfolge in einem Rollenspielbuch überhaupt aussieht bzw. ob es die eigentlich gibt? Gerade Regelwerke werden ja nicht unbedingt linear gelesen und man springt immer mal zwischen verschiedenen Stellen beim Lesen. (Genau deshalb war der Affinity Publisher 1 ja auch so schlecht für RPG Bücher, weil er Seitenverweise nicht automatisch aktualisieren konnte.) Im Prinzip müsste der Screenreader dann aus einer Matadatei die Info beziehen, dass es am Seitenrand eine Infobox zum Thema x gibt und fragen, wann er den Fließtext unterbrechen und die Infobox vorlesen soll. - Oder ob er jetzt die Tabelle zu Ausrüstung etc. y vorlesen soll oder zuerst die dazugehörigen Regeln im Fließtext? :think:
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: schneeland am 1.06.2025 | 16:27
Da wäre die Frage zu klären, wie den die korrekte Lesereihenfolge in einem Rollenspielbuch überhaupt aussieht bzw. ob es die eigentlich gibt? Gerade Regelwerke werden ja nicht unbedingt linear gelesen und man springt immer mal zwischen verschiedenen Stellen beim Lesen.
...

Ich sag' mal: ich lese schon zu 95% eher linear, und es gibt ja auch genug Fließtext. Aber genau die Frage, was ich denn mit Infoboxen, Tabellen oder Marginalien mache, ist eine durchaus trickreiche. Und genau für sowas wären natürlich ein paar gute Beispiele hilfreich, idealerweise mit Erläuterung der getroffenen Abwägungen.

Nachtrag:
Wobei es natürlich richtig ist, dass später beim Nachschlagen während des Spiels (oder bei der Spielvorbereitung) die Querverweise wichtiger werden. Insofern ist auch das ein relevantes Teilthema.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: sma am 1.06.2025 | 19:23
Da wäre die Frage zu klären, wie den die korrekte Lesereihenfolge in einem Rollenspielbuch überhaupt aussieht bzw. ob es die eigentlich gibt?
Natürlich gibt es diese. Wir lesen von links nach rechts innerhalb von Spalten und von oben nach unten und dann in Spalten von links nach rechts und wissen auch, dass optisch abgesetzte Boxen nicht zum Fließtext gehören und da rekursiv die selben Regeln angewendet werden müssen, wobei wir die Boxen selbst wieder von links oben nach rechts unten lesen können. Und als Autor solltest du die Reihenfolge der von dir aufgeschriebenen Buchstaben auf jeden Fall kennen, schon um daraus Wörter, Sätze, Absätze, Abschnitte und schließlich Kapitel formen zu können.

Für den Screenreader stehen da aber erst mal alles nur Buchstaben und er muss Heuristiken anwenden, um daraus wieder "richtigen" Text zu machen.

Daher auch zu der Frage mit der Python-Bibliothek. Diese geht entweder so (oder so ähnlich) vor, wie ich weiter oben in einem posting zu ausführlich beschrieben hatte. Die einfachste Heuristik ist, anzunehmen, dass die PDF-Befehle zum Text malen in der Reading Order im Text stehen und dann fasst man einfach alle mit der selben Y-Koordinate zu einer Zeile zusammen. Das scheitert bei mehrspaltigem Text und auch Tabellen, funktioniert aber ansonsten recht gut.

Dass Barrierefreiheit eine gute Idee ist, ist glaube ich unbestritten und jedes bisschen darüber Nachdenken hilft sicherlich auch.

Das Problem mit der EU-Richtlinie ist aber, dass hier ein ganz bestimmter Standard vorgeschrieben ist, wie ich das verstehe, und für diesen gibt es 136 Prüfpunkte, von denen 2/3 automatisch geprüft werden können und der Rest dann manuell (bzw. von einer KI). Und wenn das geht, wird es auch gemacht und dann wiederum habe ich auch einen klaren Beweis, wenn ich jemanden wegen Nichteinhaltung abmahnen möchte.

So ein PDF/UA-2 zu erzeugen, ist leider nicht trivial und es ist erbärmlich, wie wenig das von aktueller Software unterstützt wird. Ich würde in 2025 erwarten, dass einfach so geht. Wenn ich in einem fünf Jahre alte Texte lese, dass das "(noch)" nicht geht und das Thema in den letzten fünf Jahren einfach hinten runter gefallen ist, dann schäme ich mich ein bisschen für "meine" Branche.

Als Sehbehindert gelten lt. dem zugehörigen Verband knapp 600.000 Menschen allein in Deutschland und wenn man all die, die altersbedingt ihr Sehvermögen verlieren, dazu zählt, sind wir bei 7 Mio. Und da Rollenspieler immer älter werden, reicht es irgendwann nicht mehr, einfach nur die Schrift zu vergrößern.

Ich habe da leider keine harten Zahlen, aber gefühlt haben OSR-Produkte im Schnitt eine größere Schrift als andere Rollenspiele. Und ich glaube, auch die deutschen Verlage haben verstanden, dass es keine gute Idee ist, bereits in kleiner Schrift gesetzte englische Produkte in noch kleinerer Schrift auf Deutsch herauszubringen, einfach, um die Seitenzahl nicht zu erhöhen. Aber das ist noch mal ein anderes Thema, denn beim PDF sprechen wir ja von einem festen Seitenlayout und müssten dann zu EPUB3 übergehen, wo man dem Reader den Seitenumbruch überlassen kann (und damit auch die Wahl der Schriftgröße), wenn man das möchte. Dafür gibt es übrigens auch einen Standard für die Barrierefreiheit…
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Radulf St. Germain am 1.06.2025 | 20:21
Ich wage mal die Behauptung, dass Papier geduldig ist. D.h. Verlage werden sich etwas mehr Mühe geben mit den PDFs, die 136 Punkte werden sie alle nicht richtig haben aber solange der Reader das einigermaßen hinkriegt, wird sich auch keiner beschweren.

Seit ich beruflich mehr mit dem Gesetz zu tun habe, frage ich mich - wer prüft das und wer klagt? Wer bekommt mit seiner Klage recht und nach welcher Zeit? Was ist der Schaden, wenn die PDFs nur 75% konform sind und welche Strafe wird da verhängt? Ist es billiger konform zu sein oder die Strafe zu zahlen?

Das soll nicht zynisch klingen. Ich finde Accessibility wichtig. Und gescheite Überschriften und ALT-Texte für Bilder sind auch kein Fehler. Ich glaube nur nicht, dass wir harte Strafen und/oder Vermeidung von eBook-Varianten sehen werden. Aber wir werden sehen.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Haukrinn am 1.06.2025 | 21:19
Klagen, oder besser abmahnen, werden Anwälte wegen Wettbewerbsverzerrung.

Das jemand das soweit prüft, dass es von öffentlicher Stelle gerügt oder gar mit einem Bußgeld belegt wird, kann ich mir dagegen nicht vorstellen. M

Die größte Gefahr bei anderen derartigen Verordnungen geht ja auch nicht vom Staat, sondern von Konkurrenten und deren Anwälten aus.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Yney am 1.06.2025 | 21:31
Ich kenne die Regeln natürlich nicht im Detail, aber wie schon angemerkt und wie auch an anderen Stellen teils der Fall: Zu viel Regeln, die das zu kleinkariert beschreiben haben das Potenzial genau das zu sabotieren, was eigentlich erreicht werden soll. Und die Anmerkungen zu möglichen Abmahnungen klingen leider all zu realistisch. Wäre eine Regel der Art: „Einer der folgenden Reader kann es sauber vorlesen." geschickter gewesen? Aber ich bin da vermutlich hoffnungslos naiv.

Aber umgekehrt sehe ich einen Gewinn darin, dass mehr darüber nachgedacht und geredet wird (z.B. hier in diesem Thema). Bei mir persönlich hat es den Gedanken ins Rollen gebracht, vielleicht neben den Endversionen im (hoffentlich) hübschen Layout evtl. schlicht die Rohversion mit zu veröffentlichen. Bevor ich einen Band via Desktop Publishing in eine hübsche Form gieße entsteht immer erst mal ein langer langer Fließtext mit Absatzformaten in einem Textverarbeitungsprogramm. Da das linear angeordnet ist müsste es auch eine vielleicht geschicktere Alternative für Reader ergeben (denke ich mal ganz naiv) bzw. könnte als ePub exportiert werden, das doch auch eine lineare Struktur besitzt (oder nicht?).

Sprich: Ich denke darüber nach, ich versuche bei neuen Projekten die Textblöcke noch gezielter sauber zu sortieren. Müsste ich nicht, da ich den Regeln nicht unterliege, aber kostet mich nicht viel und hilft vielleicht doch ein wenig. Besser als Nichts …
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: sma am 1.06.2025 | 23:20
Die größte Gefahr bei anderen derartigen Verordnungen geht ja auch nicht vom Staat, sondern von Konkurrenten und deren Anwälten aus.
Genau dies.

Und es wird wie gesagt einfach gemacht, weil ich automatisiert auf die Suche gehen kann. Ein bisschen so wie Leute abzumahnen, weil sie Google Fonts als Referenz eingebunden hatte. Das lies sich auch schön einfach in großer Zahl finden.

„Einer der folgenden Reader kann es sauber vorlesen." geschickter gewesen? Aber ich bin da vermutlich hoffnungslos naiv.
Ich befürchte, weil du keinen Standard auf einem einzelnen kommerziellen Produkt aufbauen willst. Die Intention der Leute, die das alles definiert habe, war sicherlich die beste. Aber bei sowas wollen immer viele mitreden, was zu Kompromissen der Art "dann geht es eben so oder so" führt und es nicht unbedingt einfacher macht. Und die Crux bei all solchen Standards: Sie müssen exakt beschrieben sein, damit man unabhängig von bestehenden Lösungen das aus dem Text nachbauen kann und sie beschreiben sehr komplexe Themen.

Es ist leicht hingeschrieben, dass ein PDF/UA dem PDF/A-2 Standard genügen muss, weil man auch hier nicht einfach sagen will, so wie das private Unternehmen Adobe das eben aufgeschrieben hat und es vom Acrobat Reader angezeigt wird.

Adobe's Spezifikation für das PDF-1.7 Format umfasst knapp 800 Seiten und verweist selbst wieder auf weitere Standard, etwa was Bildformate und Verschlüsselung angeht, sodass allein die Grundlage für das, wo man dann Accessibility drauf definiert, bereits mehrere tausend Seiten Text bildet :)

Da sind dann 136 Regeln, die man aus der WCAG-Specification ausgewählt hat, Pipifax dagegen. WCAG 2.2 umfasst auch nur 100 Seiten, das kann man lesen und das meiste davon ist würde ich sagen common sense.

Zufälliges Beispiel:

§ 1.4.1 Use of Color

Color is not used as the only visual means of conveying information, indicating an action, prompting a response, or distinguishing a visual element.

Zitat
Da das linear angeordnet ist müsste es auch eine vielleicht geschicktere Alternative für Reader ergeben (denke ich mal ganz naiv) bzw. könnte als ePub exportiert werden, das doch auch eine lineare Struktur besitzt (oder nicht?).
Das ist korrekt. Ein EPUB3 gibt es in zwei Geschmacksrichtungen, wobei in der Praxis nur die auftaucht, die Text frei umbrechen kann. EPUB3 nutzt intern ein subset von XHTML und überlässt es in der Regel dem Reader, dass zu stylen, auch wenn man selbst CSS vordefinieren könnte. Aber auch hier ist das Problem, dass für offizielle Barrierefreiheit bestimmte Dinge zu erfüllen sind. Es gibt _Ace by Daisy_ als Prüfprogramm für barrierefreie EPUBs und ich kann zumindest sagen, dass Apples Pages nicht nur keine barrierefreien PDFs erzeugen kann, sondern auch an barrierefreien EPUBs scheitert. Ich glaube, das lag daran, dass Dublincore-Annotation fehlten. Aber EPUB3 ist einfach genug, dass man man selbst bauen, sage ich als Entwickler. Das ist auch nur eine ZIP-Datei in der neben den XHTML-Dateien für den Inhalt noch XML-Dateien für den Aufbau (mal wieder die Lesereihenfolge) und für die Metadaten angeben muss und dann – was mich mal echt viel Zeit gekostet hat – eine Java-ähnliche Manifest-Datei beilegen muss, die aus einem von irgendeinem Blödmann in die Spezifikation hineindefinierten Grund nicht komprimiert worden sein darf … weil da wohl irgendein existierender EPUB-Reader so programmiert war, dass er nicht das ZIP-Container-Format aufbricht und dann eben das Manifest deflated wie jede andere Datei auch, sondern sie direkt im Binary sucht. Grmpf.

Also langen Rantes kurzer Sinn: Ein EPUB wäre in der Praxis eine valide barrierefreie Alternative und könnte auch um dem Standard genüge zu tun, mit weniger aufwand als bei einem PDF konform gemacht werden.

Zitat
Sprich: Müsste ich nicht, da ich den Regeln nicht unterliege, aber kostet mich nicht viel und hilft vielleicht doch ein wenig. Besser als Nichts …
Das finde ich ist eine gute Einstellung.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: KhornedBeef am 2.06.2025 | 13:34
Wenn eine Erzeugnis in einem reinen Text besteht, habe ich da noch Verständnis für. Aber würdet ihr einem Maler auch vorschreiben, dass er barrierefrei zu malen hat?
Was ich meine: Es gibt sehr kreative Selbstvorgaben, bei vielen Rollenspieldesignern. Nicht weil das handwirklich Tizian wäre, sondern weil der Wunsch nach Experiment da ist und ausgelebt wird. und SOLL, meiner Meinung nach. Das spielt vor dem (jetzigen..!) Gesetz keine Rolle, so lange diese Dinge in Kleinstverlagen veröffentlicht werden. Aber ich würde mir auch nicht wünschen, dass aus Rücksichtnahme Ideen nie verwirklicht würden, weil diese mit dem Anspruch auf Barrierefreiheit nicht vereinbar sind. Die sind dann schließlich für alle weg, statt nur für einen Teil der Menschen, ergo ist das nicht rational.
Kurz, beides muss im Schaffen eines Menschen nebeneinander stehen können.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Yney am 2.06.2025 | 17:11
Vielen Dank für die ausführliche Erläuterung, sma. Das sorgt doch für eine Portion mehr Einblick meinerseits.

Zu KhornedBeef: Ich würde da zustimmen. Es darf auch nicht darauf hinaus laufen, dass die allgemeine Regel ist: „Nicht für jeden zugänglich machbar – Lösung: Für niemanden zugänglich.“ Dass man das mit „Es versuchen so gut es geht dennoch hin zu bekommen“ ist dabei ja immer noch möglich. Aber hier zeigt sich die Crux eiserner Regeln: Führt man diese nicht klar ein, so drücken sich viele darum und verschaffen sich so Vorteile. Führt man sie eindeutig ein, zerschellen daran immer manche Projekte. Ein Drahtseilakt, den ich an Stelle der Gesetzgeber auch nicht absolvieren möchte. Der ausreichend große Hut unter den alle Aspekte passen ist wohl ein Ding der Unmöglichkeit.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Haukrinn am 2.06.2025 | 18:36
Ja, so sehe ich das auch - also wie ihr beide. Und der Gesetzgeber siehts ja auch so. Kreative Werke müssen nicht barrierefrei sein.

Ich denke aber, dass es für jeden Verlag ab einer gewissen Größe nur zielführend sein kann, auch barrierefreie Varianten anzubieten, um einen möglichst großen Bereich von potenziellen Kunden abzudecken.

Spätestens wenn man ein (optisch ja meist deutlich abgespecktes) SRD rausbringt, wird das eh barrierefrei sein müssen. 
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Arkam am 3.06.2025 | 08:50
Hallo zusammen,

mich würde Mal interessieren ob schon jemand das Prüfprogramm installiert hat und ein PDF getestet hat.

Gruß Jochen
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Skaeg am 3.06.2025 | 09:41
Ich bin ja eigentlich sehr dafür, Rollenspiele so vielen Leuten wie möglich zugänglich zu machen, aber diese Art von Gesetzgebung macht noch aus jedem guten Vorhaben ein bürokratisches Ärgernis - wahrscheinlich ohne Nutzen für die Betroffenen. Für das Geld, das man in die neuen Landesbehörden stopft, hätte man besser Förderprogramme für Barrierefreiheit auflegen sollen.

Im Falle von Regelbüchern sollte allerdings diese Ausnahme greifen:
"Im Falle von Werken, die neben Text eine große Anzahl von Bildern, Tabellen oder Grafiken enthält, kann auch die Ausnahme gemäß § 17 BFSG vorliegen. Danach müssen Barrierefreiheitsanforderungen nicht umgesetzt werden, falls deren Einhaltung zu einer unverhältnismäßigen Belastung des Verlags führen sollte."
Das ist geradezu eine Aufforderung dazu, Rollenspiele so wenig barrierefrei wie möglich zu gestalten (ordentlich mit Brettspielelementen arbeiten), damit man sich damit nicht abgeben muss.

Zitat
Für Quellen- und Abenteuerbücher dürfte dies dann aber nicht gelten, das stimmt.
Wäre dann auch irgendwie Schwachsinn, oder? Ein reines Ergänzungsprodukt zu einem nicht barrierefreien Produkt muss barrierefrei sein? Also nehmen wir mal als Beispiel ein Handbuch zu einem Malprogramm. Das muss dann so gestaltet sein, dass ein sehbehinderter Leser es sich vorlesen lassen kann, damit...?
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Haukrinn am 3.06.2025 | 09:50
Quellen und Abenteuerbücher durften in diesem Fall keine eigenständigen Werke sein, aber das werden früher oder später die Gerichte entscheiden müssen. Dass es mehr Prosa ist dürfte hier aber nicht das Entscheidungskriterium sein. Dem kannst du immer das “Gesamtkunstwerk” entgegen halten.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: sma am 3.06.2025 | 14:31
Ich bin ja eigentlich sehr dafür, Rollenspiele so vielen Leuten wie möglich zugänglich zu machen, aber diese Art von Gesetzgebung macht noch aus jedem guten Vorhaben ein bürokratisches Ärgernis -
Meiner über die letzten Tage geformten Meinung nach ist das kein problem der Bürokratie, sondern der Werkzeughersteller, die das komplett verschlafen, obwohl das alles schon seit mehr als 4 Jahren diskutiert wurde. Unternehmen wie Apple, Microsoft oder auch Adobe wären hier in der Pflicht gewesen, Werkzeuge so entwerfen, dass die es quasi automatisch möglich ist, sich an Vorschriften zu halten, ohne dass das ein endloser händischer Prozess sein muss.
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Galatea am 3.06.2025 | 20:59
Wäre dann auch irgendwie Schwachsinn, oder? Ein reines Ergänzungsprodukt zu einem nicht barrierefreien Produkt muss barrierefrei sein?
Wenn das Ergänzungswerk ein reines Fluff-Fass ohne Tabellen, komplizierte Regeln, o.ä. ist, kann das durchaus Sinn machen.
Beim Spielen hat man eh immer eine Runde, die kann bei der Charaktererschaffung usw. helfen, aber bei einem reinen Hintergrundbuch wäre es schon cool, wenn man das dann auch als Seheingeschränkter alleine lesen kann.

Zitat
Im Falle von Regelbüchern sollte allerdings diese Ausnahme greifen:
"Im Falle von Werken, die neben Text eine große Anzahl von Bildern, Tabellen oder Grafiken enthält, kann auch die Ausnahme gemäß § 17 BFSG vorliegen. Danach müssen Barrierefreiheitsanforderungen nicht umgesetzt werden, falls deren Einhaltung zu einer unverhältnismäßigen Belastung des Verlags führen sollte."
Damit wäre der D&D-Franchise (und vermutlich auch DSA) schon mal auf der sicheren Seite, da wird ja in wirklich jedes Quellenbuch mindestens eine neue Klasse reingestopft (mein bisheriger Favorit ist die Civilian-Klasse im Starship Troopers D20 UCF-Quellenbuch, bescheuerter geht es wirklich kaum noch).
Titel: Re: Barrierefreiheitsgesetz & Rollenspielprodukte
Beitrag von: Arkam am 7.06.2025 | 16:09
Hallo zusammen,

ich habe jetzt Mal das PAC Prüfprogramm, wurde Oben verlinkt, über ein PDF laufen lassen.
Leider spuckt die Prüfung da Meldungen aus die man wahrscheinlich als PDF Kundiger nicht aber als Laie versteht.
Etwa ""Note"-Element wird von keinem "Link"-Element referenziert" bei einer Fußnote.
Wie sieht das den im Rollenspiel Verlagswesen aus? Hat man da die nötigen Kenntnisse oder müsste man die Überarbeitung dann an eine andere Partei übergeben?

Gruß Jochen