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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Rollenspiel- & Weltenbau => Thema gestartet von: Feuersänger am 20.06.2025 | 23:21

Titel: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Feuersänger am 20.06.2025 | 23:21
Ich bastele nach einigen Jahren Unterbrechung (  ::) ) mal wieder an meinem Hard-SF Setting Redshift herum. Ganz grob gesagt geht es darin um Raumschiffe ;D und die Solare Expansion im 23. Jahrhundert. So ein bisschen wie The Expanse, nur mit realistischerer Tech und ohne Alien-Phlebotinum. Beizeiten werde ich das Ganze auch noch in einem separaten Thread vorstellen, aber heute wollte ich mir eigentlich nur zu einem Thema ein paar Meinungen abholen.

Bei den Überlegungen zur Weltbevölkerung habe mich mir aktuelle Entwicklungen angesehen und dabei bemerkt: die allermeisten Länder auf der Welt wachsen eigentlich nicht mehr, jedenfalls nicht ohne Immigration; selbst Indien hat offenbar jetzt den Peak so ziemlich erreicht. Außerhalb Afrikas gibt es nur noch wenige Länder mit nennenswertem Bevölkerungszuwachs. Bisherige Modelle, die von 10-12 Milliarden Menschen ausgehen, erscheinen mir damit überholt. Inzwischen ist nicht mehr Überbevölkerung, sondern Bevölkerungskollaps die Sorge der Makroökonomen. Wenn wir wie gesagt Afrika einmal ausklammern, könnte der Rest der Weltbevölkerung sich in den nächsten 100 Jahren gut halbieren (und mE ist es nur eine Frage der Zeit bis Afrika ebenfalls nachzieht).

Für mein Setting bedeutet das, dass es zum einen entsprechende Mechanismen geben muss, um den Bevölkerungsrückgang auszugleichen: von Automatisierung bis Migration im großen Stil. Details stehen da noch aus, aber letzten Endes sollte sich die Bevölkerung _irgendwann_ auch wieder stabilisieren.

Eigentlich hatte ich bislang gesetzt, dass man einiges an medizinischen Fortschritten gemacht hat, dergestalt dass heute noch tödliche Krankheiten heilbar oder verhinderbar sind, die durchschnittliche Lebenserwartung ca 120 Jahre beträgt und man bis ins hohe Alter körperlich und geistig fit bleiben kann, aber irgendwann ist halt doch der Ofen aus. Der typische Lebenslauf sieht so aus, dass man sich zuerst um seine Bildung, Karriere und Selbstverwirklichung kümmert, und dann irgendwann so um das 60. Lebensjahr mal ans Kinderkriegen geht - mit bereits in jungen Jahren entnommenen Keimzellen und Ex Utero ausgetragen (quasi "entkorkt"). Also quasi "60 ist das neue 30". Den Nachwuchs zieht man dann ca 20 Jahre groß und hat dann nochmal 40 Jahre vor sich, in denen man was auch immer tun kann.
Gesellschaftlich hat sich auch einiges getan, sodass in der Welt von Redshift Kinder kein Armutsrisiko mehr sind und man auch nicht aus Zukunftsangst lieber darauf verzichtet, neues Leben in die Welt zu setzen. Es soll ein insgesamt optimistisches Setting werden, da wir für meinen Geschmack derzeit schon genug dystopische Shitshow IRL haben.

Mit dieser Prämisse sieht es quasi so aus, dass nur ein relativ kleiner Teil der Menschheit seinen Lebensmittelpunkt ins All verlagert hat. Also so ganz grob geschossen: um 1 Promille der Weltbevölkerung. Das typische Habitatsformat sind ringförmige orbitale Städte von ca 1,8km Durchmesser und vielleicht je 20-40.000 Einwohnern, und davon gibt es dann ein paar Dutzend übers Sonnensystem verteilt.

Jetzt ist mir aber heute die Idee gekommen: was wäre, wenn die biologische Situation ganz anders aussähe?
Wenn Alterungsprozesse und der natürliche Tod komplett ausgehebelt wären? Und zwar nicht nur für eine Handvoll Superreicher [die es in meinem Kommu-- äh Setting nicht mehr gibt], sondern für jeden der das will? Und dann kann man so lange leben wie man will, und wenn man dann irgendwann satt ist und keine Lust mehr hat --
(https://preview.redd.it/ke4lu0cdfww31.gif?format=png8&s=0b1c187ff878136acf9ba7d310b7f06a35909043)

Wie "Hard" das im SF-Sinne ist? Keine Ahnung. Es gibt genug Leute, die heute schon überzeugt sind, dass sie das noch selber miterleben werden.

Ich hatte da vor ca 6 Jahren schonmal einen ähnlichen Thread losgetreten, (We Have Time Now (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,109634.msg134717166.html#msg134717166)), allerdings nicht mit Fokus auf Weltraum-SF. Diesen Aspekt möchte ich jetzt nachholen.
Die Idee ist also: Unsterblichkeit und ewige Jugend für Jedermann, aber gleichzeitig _ohne_ strikte Geburtenkontrolle. Wie gesagt: optimistisches Setting, keine autoritäre Dystopie, kein menschenverachtendes "für jede Geburt muss sich einer einschläfern lassen, sonst wird halt das Neugeborene eingeschläfert" (siehe Vonnegut "2BR02B"). Bedeutet freilich dann wieder: exponentielles Bevölkerungswachstum.

Dies hätte natürlich massive Auswirkungen auf das Setting, weshalb ich mir die Entscheidung nicht leicht mache. Vielleicht wäre es genau das richtige, weil es einen echten _Druck_ aufbaut, einen Teil der Menschheit ins All zu verlagern. Und nicht nur so poplige Raumstationen zu bauen, sondern richtige Megahabitate, etwa Bishop Rings die etwa die Landfläche Indiens bieten.

Allerdings hatte ich die Konstruktion solcher Megahabitate auch schonmal durchgerechnet, und aus dem Grunde wieder verworfen, dass deren Konstruktion _Jahrhunderte_ dauern würde, schlicht aufgrund der benötigten Materialmassen im Gigatonnenbereich. Sie eignen sich also nicht, um akuten Bevölkerungsdruck zu lindern, und wenn der Bau zB 200 Jahre dauert, woher weiß man dann ob man sie am Ende überhaupt noch braucht.
Aber wenn absehbar ist, dass die Weltbevölkerung ab jetzt immer nur noch steigt, weil jede einzelne Geburt ein Netto-Plus ist, weil keine Todesfälle mehr abzuziehen sind? Und wenn anders als beim Kathedralenbau die Beteiligten wissen, dass sie dort selber einziehen können, auch wenn es erst in hundert Jahren ist? Dann werden Megahabitate doch attraktiv.

Diese Punkte fände ich also fürs Setting sehr verlockend.

Aber es bringt halt auch an allen Ecken und Enden gewaltige Ripple Effects mit sich. Ich muss mir bei jedem Aspekt überlegen, wie sich die Unsterblichkeit auswirkt. Mal als ganz banales Beispiel: wenn es kein Höchstalter mehr gibt, gibt es auch keine Rente. Oder vielleicht ist es auch so, dass eine Behandlung - nennen wir sie in Shadowrun-Tradition ruhig Léonisation - jeweils 10 Jahre vorhält, und mit jeder Behandlung schiebt sich das Rentenalter entsprechend 10 Jahre nach hinten, bis man irgendwann sagt man hat genug.
Dafür haben die Menschen vielleicht viele verschiedene Laufbahnen hintereinander. Und da es ja auch keine Alterserscheinungen mehr gibt [denn siehe Gullivers Reisen; was bringt es wenn man ewig lebt aber dabei immer weiter altert], sieht man niemandem an, ob der jetzt gerade (erstmalig) frisch von der Uni kommt oder schon seit hundert Jahren durchs All turnt und zwischendurch sieben Doktorgrade angesammelt hat.

Und, selbst wenn ich sage okay, das durchzudeklinieren ist die Mühe wert -- dann sehe ich die sehr konkrete Gefahr, dass dieser Aspekt zum zentralen und bestimmenden Settingelement wird. Und das möchte ich wiederum vermeiden. Diese Problematik stellt sich halt bei meinem ursprünglichen Konzept nicht -- 50% längeres Leben ist schon auch ein Fortschritt, kann man sich aber gut vorstellen ohne dass es alles umschmeisst.

Tja, soweit meine Gedanken dazu, jetzt täten mich eure interessieren. ^^
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Alexandro am 20.06.2025 | 23:58
Naja, wenn man die Technologie hat, um den Zellverfall in diesem Grad aufzuhalten... warum muss man sich da auf Menschen beschränken?
Die Möglichkeiten von "unsterblichen" Nutztieren oder -pflanzen, die praktisch unter allen Bedingungen überleben können, und zu 100% in Nährstoffe umgewandelt werden können, ist mit dieser Technologie dann in greifbarer Reichweite. Eine Nahrungsknappheit wäre also durch die Bevölkerungsexplosion nicht zu erwarten, Platz wäre der einzige limitierende Faktor (entsprechend wäre das ein Schritt in Richtung von "Luxury Space Communism"  ;D ).
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: nobody@home am 21.06.2025 | 00:30
Ein klassischer hypothetischer Nachteil von Quasi-Unsterblichkeit im Sinne von "altert nicht mehr, kann aber immer noch zu Tode kommen" wäre wohl, daß solche Leute dazu neigen, weniger Risiken einzugehen als "Normalsterbliche". Schließlich kann man sich, wenn man alle Zeit der Welt hat, auch entsprechend mehr Geduld leisten, und man hat im Zweifel durch einen "dummen" Todesfall auch so viel mehr zu verlieren...natürlich hat diesen Effekt bis heute niemand in der Praxis verifizieren können, aber es klingt andererseits auch nicht unbedingt besonders unglaubwürdig. Und je nachdem, wie fortgeschritten die Medizin anderweitig ist, kann es ja neben dem reinen Tod auch noch andere Probleme geben, die einem den Spaß am langen Leben gründlich vergällen würden. (Einige davon könnten sogar direkte Nebenwirkungen der Superlanglebigkeit sein, immerhin betritt auch die Medizin mit der Behandlung von Leuten, die älter werden und potentiell genau dadurch andere Symptomatiken entwickeln können als alle vor ihnen, erst einmal Neuland...)

Mit anderen Worten, die einfache Festlegung, daß die Menschen jetzt potentiell ewig leben können, wenn sie das denn auf Dauer durchhalten und möglichst allen Gefahren aus dem Weg gehen, dürfte auf die Gesellschaft noch so einige andere Auswirkungen haben als einfach nur "Die Bevölkerung schrumpft jetzt nicht mehr" (was allein dadurch ohnehin noch gar nicht garantiert ist). Daß sich beispielsweise die bemannte Raumfahrt auf ein Hobby einiger weniger quasi-lebensmüder Verrückter reduziert und die ganzen großen Habitate vermutlich erst angegangen würden, wenn es erstens unvermeidlich wird und man sie zweitens am besten gleich vollautomatisch ohne Gefahr für menschliche Arbeiter produzieren und ins All bringen lassen kann, wäre eine zwar nicht zwingende, aber immerhin nachvollziehbare Folge.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Galatea am 21.06.2025 | 00:44
Worauf das ebenfalls einen gewaltigen Einfluss haben wird, sind Dinge wie Qualitätsstandards (ein unsterblicher Mensch hat keine Lust sich alle 5 Jahre neue Schuhe zu kaufen - die müssen mindestens für 50 Jahre halten, 500 wären besser) und Arbeitssicherheit - wenn nur alle 20 Jahre ein Mensch in einer Fabrik bei einem Arbeitsunfall umkommt, dann ist das immer noch zu viel.
Unfalltode allgemein - egal ob Arbeitsunfall, Verkehrsunfall oder Freizeitunfall - werden zu viel größeren Tragödien, als sie das heute sind. Ein Raumschiff mit 50 Insassen explodiert? Das dürfte globale Schlagzeilen machen. Oder noch viel schlimmer: Mord - die absichtliche Auslöschung eines unsterblichen Bewusstseins.

Großangelegte Infrastrukturprojekte würden für die Allgemeinheit viel interessanter und wären wahrscheinlich auch viel leichter durchzusetzen - selbst wenn der Bau von etwas Jahrhunderte braucht, vom Endprodukt hat trotzdem jeder noch etwas.


Das ganze birgt aber auch die Gefahr des Stillstands - es kommen zwar noch neue Generationen nach, aber irgendwann wird es eine große Mehrheit von Leute geben, die Dinge so machen "weil sie das schon immer so gemacht haben". Radikale neue Ideen könnten es zunehmend schwerer haben sich durchzusetzen.


Migration dürfte sich auch vor dem Hintergrund "etwas erreichen zu wollen" abspielen - wenn alle Führungspositionen mit kompetenten Leuten besetzt sind, die Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte an Erfahrung haben, warum sollte man die ersetzen? Wirklicher Aufstieg wird eigentlich nur noch möglich, wenn man eine Kolonie, abseits der etablierten Strukturen, gründet.

Möglich wäre auch, dass Menschen ein paar Jahrzehnte mit einer Arbeit verbringen und dann eine Art Selbstfindungs-/Neuerfindungsreise machen, an deren Ende sie (möglicherweise in einer neu gegründeten Kolonie) entweder in ein neues Arbeitsfeld einsteigen oder zu ihrer ursprünglichen Beschäftigung zurückkehren und grotesk hyperqualifizierte Superspezialisten werden.


Eine letzte Sache - wenn man die Unsterblichkeit hat, dann wird der Hitzetod des Universums plötzlich sehr relevant.
Die Suche nach einem neuen Universum oder die Möglichkeit ein ewiges Taschenuniversum zu schaffen wird früher oder später eine existentielle Fragestellung werden.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Ainor am 21.06.2025 | 01:23
Eigentlich hatte ich bislang gesetzt, dass man einiges an medizinischen Fortschritten gemacht hat, dergestalt dass heute noch tödliche Krankheiten heilbar oder verhinderbar sind, die durchschnittliche Lebenserwartung ca 120 Jahre beträgt und man bis ins hohe Alter körperlich und geistig fit bleiben kann, aber irgendwann ist halt doch der Ofen aus. Der typische Lebenslauf sieht so aus, dass man sich zuerst um seine Bildung, Karriere und Selbstverwirklichung kümmert, und dann irgendwann so um das 60. Lebensjahr mal ans Kinderkriegen geht - mit bereits in jungen Jahren entnommenen Keimzellen und Ex Utero ausgetragen (quasi "entkorkt"). Also quasi "60 ist das neue 30". Den Nachwuchs zieht man dann ca 20 Jahre groß und hat dann nochmal 40 Jahre vor sich, in denen man was auch immer tun kann.

Das geht schon in die richtige Richtung. Und im grobem sehen wir das ja momentan: mit steigender Lebenserwartung steigt auch das Elternalter bei der Geburt. Wenn man die Kinder also in der Mitte des Lebens (30 von 60, 40 von 80, oder 60 von 120) bekommt sind zwei Generationen gleichzeitig am Leben. Bekommt man sie nach dem ersten Drittel sind es drei.

Wenn jetzt die Lebenserwartung steigt und das relative Elternalter gleich bleibt dann ändert das nichts an der Bevölkerung. Und da wir alle wissen dass ohne Deadlines garnichts passiert könnten sich Unsterbliche quasi beliebig viel Zeit lassen. Alles natürlich unter der Annahme dass sich an den stabilen 2,1 Kindern pro Frau nichts ändert.

Dies hätte natürlich massive Auswirkungen auf das Setting, weshalb ich mir die Entscheidung nicht leicht mache. Vielleicht wäre es genau das richtige, weil es einen echten _Druck_ aufbaut, einen Teil der Menschheit ins All zu verlagern. Und nicht nur so poplige Raumstationen zu bauen, sondern richtige Megahabitate, etwa Bishop Rings die etwa die Landfläche Indiens bieten.

Allerdings hatte ich die Konstruktion solcher Megahabitate auch schonmal durchgerechnet, und aus dem Grunde wieder verworfen, dass deren Konstruktion _Jahrhunderte_ dauern würde, schlicht aufgrund der benötigten Materialmassen im Gigatonnenbereich. Sie eignen sich also nicht, um akuten Bevölkerungsdruck zu lindern, und wenn der Bau zB 200 Jahre dauert, woher weiß man dann ob man sie am Ende überhaupt noch braucht.
Aber wenn absehbar ist, dass die Weltbevölkerung ab jetzt immer nur noch steigt, weil jede einzelne Geburt ein Netto-Plus ist, weil keine Todesfälle mehr abzuziehen sind? Und wenn anders als beim Kathedralenbau die Beteiligten wissen, dass sie dort selber einziehen können, auch wenn es erst in hundert Jahren ist? Dann werden Megahabitate doch attraktiv.

Warum Habitate (ausser dass sie cool sind)?
Würde man nicht erstmal die Erdkruste besiedeln, und die Ozeane? Wenn man keine Bevölkerungsexplosion annimmt sondern ein Wachtum durch wachsende Lebenserwartung ohne Kompensation durch steigendes Elternalter dann dauert das Bevölkerungswachstum echt lange. Was bedeutet dass die Technik vermutlich schneller Lösungen finden kann als die Probleme auftauchen.

Und auch wenn die Erde wirklich komplett voll ist: danach wäre der Mars dran und dann (wo schon Expanse genannt wurde) der Asteroidengürtel. Und wenn man fast unsterblich ist kann man auch in andere Systeme fliegen.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Feuersänger am 21.06.2025 | 02:02
Ihr demonstriert hier sehr schön, wie enorm die Ripple Effects sein könnten.

Gut, teilweise würde ich das nicht so kritisch sehen -- extreme Risikoaversion wäre freilich eine _denkbare_ Konsequenz, aber mE nicht zwingend. Ich sag mal so: auch heute hat zB ein 18jähriger potentiell ca 7 Jahrzehnte vor sich, trotzdem gibt es genügend Deppen die sich auf der Stelle mit krasse BMW an der nächsten Platane zerlegen. Das macht er nicht, weil er sich denkt "Och, ob ich heute sterbe oder in 70 Jahren, was macht das schon für einen Unterschied", sondern weil er einfach rein gar nichts denkt.

Dass aber bei dieser Art der Unsterblichkeit begehrte Posten selten bis nie geräumt werden, der Gedanke kam mir auch schon. Das wäre eben auch noch ein Motivator für die Expansion - nicht schlimm wenn Posten XY auf der Erde seit 100 Jahren von dem gleichen Typen besetzt wird, die gleiche Position gibt es draußen auf den Orbitalen noch zehnmal. Andererseits wäre natürlich auch denkbar, dass man alle soundsoviel Jahrzehnte seine Karriere wechseln _muss_.

Ein artverwandter Gedanke wäre, wie sich das mit Machtpositionen verhält. Schon bei den heutigen Autokratien halten sich ja die Machthaber über Jahrzehnte im Amt, und bei vielen bleibt nur die Hoffnung, dass sie ja irgendwann schon das zeitliche segnen werden. Aber wenn dann das auch noch wegfällt? Dann besteht die Gefahr, dass sich über die Zeit auf der ganzen Welt mit der Zeit Autokraten ansammeln wie Fussel in einem Sieb, denn wer sich einmal erfolgreich festgesetzt hat, bleibt dann wo er ist. Es sei denn, mit Gewalt - es kann also sein, dass sich dann eine Mentalität durchsetzt, bei der man nicht mehr passiv abwartet bis der Diktator von alleine das Zeitliche segnet, sondern viel früher auf die Barrikaden geht und nachhilft.

Aber so oder so: wie gesagt möchte ich mich so ungefähr auf das 23.Jh einschießen, und da wäre dann die Frage seit wann die Leonisation überhaupt zur Verfügung steht. Sagen wir mal, seit 2100. Das limitiert natürlich dann das maximale Alter in der Settinggegenwart. Wenn man zB definiert, dass die Behandlung spätestens mit 40 durchgeführt werden muss um was zu bringen, kann im Jahr 2250 niemand älter sein als 190. Die Perspektive ist freilich trotzdem eine andere, aber um den Hitzetod des Universums muss man sich erstmal noch keine Sorgen machen. Da wird lange lange vorher relevant, erstmal die Lebensspanne der lieben Sonne zu verlängern, indem man sie per Starlifting um ein paar % Masse erleichtert. Aber auch das würde erst in ein paar 100.000.000 Jahren akut (5 Milliarden Jahre kann man damit wiederum nicht warten).

Auch Expansion zu anderen Sternen wäre dann natürlich eine Möglichkeit - man braucht dann nichtmal mehr unbedingt Cryostasis oder Generationenschiffe, einfach nur Leute mit sehr, sehr viel Geduld.

Das alles ist aber zum fraglichen Zeitpunkt immer noch Zukunftsmusik. Ebenso wie 2250 vermutlich noch kein Megahabitat fertig sein kann - aber eine entsprechend imposante Baustelle könnte es geben.

Oder vielleicht ist die Leonisationsmethode ja zwar vorhanden, aber noch frischer als oben angesetzt, und die jetzt jungen Erwachsenen sind die ersten, die sie überhaupt bekommen können. Dann würden die ganzen Umwälzungen im Setting erst noch kommen. Das wäre natürlich bissl "easy way out".

Grundsätzlich und von etwaiger Unsterblichkeit unabhängig ist nämlich eh die Prämisse dieses Settings, dass sich ein auf Langfristigkeit ausgerichtetes Denken durchgesetzt hat. Politiker, die weiter denken als bis zum nächsten Wahltermin. Unternehmen/r, die einen weiteren Horizont haben als den nächsten Quartalsbericht. Langfristige Fahrpläne, die auch konkret so gemeint sind und nicht nur als "Bleib mir weg damit, da kann sich ein anderer Depp damit rumschlagen wenn ich meine Schäfchen im Trockenen habe". Also eine Gesellschaft, die - wieder, möchte ich sagen - willens und fähig ist, in Jahrzehnten und Jahrhunderten zu denken.

Und wenn ich so drüber nachdenke, ist dieser Paradigmenwechsel eigentlich gerade dann umso beeindruckender, wenn er nicht aus rein egoistischen Motiven stattgefunden hat ("Ich baue am Habitat mit, weil ich in 300 Jahren selber darin leben will"), sondern aus der Erkenntnis heraus, dass es das Richtige ist für die Generationen, die nach einem kommen. Ziemlich Kantianisch, quasi.

(Zu Ainors Beitrag schreibe ich gesondert was)
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Feuersänger am 21.06.2025 | 02:39
Warum Habitate (ausser dass sie cool sind)?
Würde man nicht erstmal die Erdkruste besiedeln, und die Ozeane?
[...]
Und auch wenn die Erde wirklich komplett voll ist: danach wäre der Mars dran und dann (wo schon Expanse genannt wurde) der Asteroidengürtel. Und wenn man fst unsterblich ist kann man auch in andere Systeme fliegen.

Ich habe da für das Setting einen grob 10-Stufen-Plan entworfen, und zur Stunde (ca 2250) befindet man sich da ungefähr auf dem Weg zu Stufe 6: Energieversorgung mit Helium-3 sicherstellen. Dieses bekommt man vom Saturn, aber um bis dahin zu kommen, muss man erstmal eine Menge Infrastruktur etablieren: erst der Mond als Sprungbrett, dann Venus, dann Hauptgürtel und evtl Mars, dann endlich Saturn. Und überall dort braucht man eben Habitate (wenn auch kleinere) um die Leute unterzubringen.

Die Erde ist zwar nicht völlig durch, aber durch den Klimawandel und Raubbau einigermaßen hart gefickt. Der unmittelbaren Erwärmung begegnet man mit einem Sunshade in Form einer Streulinse am L1, aber die bis dahin bereits angerichteten Schäden (Abschmelzen der Gletscher, Übersäuerung der Ozeane etc) sind halt schon da und werden vermutlich Jahrhunderte benötigen um zu heilen.

Das war allerdings auch ein Grund, warum ich in meiner Planung von diesen Mega-Habs wieder weg bin: bis die fertig sind, dürfte sich auch die Erde wieder ganz gut erholt haben, sodass man die Habitate dann gar nicht mehr braucht. Jedenfalls nicht, solange die Bevölkerung nicht explodiert.

Mars ist in meinem Setting eher eine Randzone, eher so wie Australien zu Zeiten des British Empire, inklusive Sträflingskolonie. Mars hat als Wohnort viele Probleme, die man mit einem Orbital nicht hat oder zumindest viel einfacher in den Griff bekommen kann. Primärer Zweck der marsianischen Kolonie ist es, in Gewächshäusern Nahrung anzubauen, mit der die Kolonien im Hauptgürtel versorgt werden können. (Da es viel billiger ist, Lasten vom Marsboden aus ins All zu hieven als vom Erdboden.) Stahl und Glas kann man billig vor Ort herstellen, aber viel mehr halt auch nicht. Anderswo baut man Agri-Habs im All, die viel höheren Ertrag pro Anbaufläche versprechen als der ungemütliche Mars. Das sind dann noch alles so Feinheiten, die auch mit den unterschiedlichen Machtblöcken zu tun haben.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Aedin Madasohn am 21.06.2025 | 08:03
was für eine Art Abenteuer willst du dann da spielen?

der Zusammenhang, dass durch Leonisation "genügend" fähige/qualifizierte "unterbeförderte" Menschen zur Verfügung stehen, um "da draußen" was "eigenes" aufzubauen, wurde ja schon genannt.

wer als Tausendsassa Elektriker aufgrund von Verrentungsstau nur die Planstelle Hausmeister-Untergehilfe ergattern kann, jetzt aber Facility-Senior-Tech-Chief-Master in der Saturn 3001 Station werden könnte (und dafür erstmal 20 Jahre Aufbauzeit investiert - schau dir an, wie groß die Pötte der Meyerwerft sind und die hauen so etwas im Jahrestakt raus, was könnte da nicht zuletzt auch durch Automatisierung, an Strukturen geschaffen werden) - der würde doch zugreifen?

zu Bevölkerungswachstum: ist sehr komplex und die Gründe, wo überall irgendwo/irgendwie die Geburtenrate einbrechen/brachen und was jemand darüber schreibt, was der Grund sein sollte... ;D

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kleiner realsatirischer Einschub
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Ainor am 21.06.2025 | 09:07
Gut, teilweise würde ich das nicht so kritisch sehen -- extreme Risikoaversion wäre freilich eine _denkbare_ Konsequenz, aber mE nicht zwingend. Ich sag mal so: auch heute hat zB ein 18jähriger potentiell ca 7 Jahrzehnte vor sich, trotzdem gibt es genügend Deppen die sich auf der Stelle mit krasse BMW an der nächsten Platane zerlegen. Das macht er nicht, weil er sich denkt "Och, ob ich heute sterbe oder in 70 Jahren, was macht das schon für einen Unterschied", sondern weil er einfach rein gar nichts denkt.

Tjo. Momentan sind etwas 7,5% aller Tode nicht medizinisch. Das gäbe dann eine Lebenswerwartung von 1000 Jahren. Die extreme Risikoaversion kommt dann vielleicht nicht beim Einzelnen, aber bei der Gesselschaft: "Du willst Autofahren? Viel zu gefährlich!"

Dass aber bei dieser Art der Unsterblichkeit begehrte Posten selten bis nie geräumt werden, der Gedanke kam mir auch schon.

Da gibt es einfache Lösungen. Präsidenten bekommen normalerweise nur 2 Amtszeiten. Und auch andere Organisationen haben Beschränkungen für ihr Führungspersonal.

es kann also sein, dass sich dann eine Mentalität durchsetzt, bei der man nicht mehr passiv abwartet bis der Diktator von alleine das Zeitliche segnet, sondern viel früher auf die Barrikaden geht und nachhilft.

Auch diese "Problem" haben die Ägypter mit ihren Dynastien vor 5000 Jahren gelöst. Und Nordkorea zeigt dass es immernoch funktioniert. Ändert sich also nicht so viel. 

Grundsätzlich und von etwaiger Unsterblichkeit unabhängig ist nämlich eh die Prämisse dieses Settings, dass sich ein auf Langfristigkeit ausgerichtetes Denken durchgesetzt hat. Politiker, die weiter denken als bis zum nächsten Wahltermin. Unternehmen/r, die einen weiteren Horizont haben als den nächsten Quartalsbericht. Langfristige Fahrpläne, die auch konkret so gemeint sind und nicht nur als "Bleib mir weg damit, da kann sich ein anderer Depp damit rumschlagen wenn ich meine Schäfchen im Trockenen habe". Also eine Gesellschaft, die - wieder, möchte ich sagen - willens und fähig ist, in Jahrzehnten und Jahrhunderten zu denken.

Tja, da ist die grosse Frage auf wann sich das "wieder" bezieht...

Und überall dort braucht man eben Habitate (wenn auch kleinere) um die Leute unterzubringen.

Ich glaube es gibt einen grossen Unterschied zwischen Habitaten auf/in einem Planeten/Asteroiden und einfach nur im Weltraum.

Die Erde ist zwar nicht völlig durch, aber durch den Klimawandel und Raubbau einigermaßen hart gefickt. Der unmittelbaren Erwärmung begegnet man mit einem Sunshade in Form einer Streulinse am L1, aber die bis dahin bereits angerichteten Schäden (Abschmelzen der Gletscher, Übersäuerung der Ozeane etc) sind halt schon da und werden vermutlich Jahrhunderte benötigen um zu heilen.

Und ins Weltall umzuziehen soll einfacher sein als sich damit zu arrangieren? Schiffe sind irgendwie einfacher zu bauen als Raumstationen. Die ISS kostet 100 Milliarden und hat 500 qm. Einen Keller dieser Grösse bekommt  kostet vielleicht eine Million, und das Fenster aufmachen kann man auf der ISS auch nicht. Ein Schiff mit 500000 qm kostet etwa 2 Milliarden.

Mars ist in meinem Setting eher eine Randzone, eher so wie Australien zu Zeiten des British Empire, inklusive Sträflingskolonie. Mars hat als Wohnort viele Probleme, die man mit einem Orbital nicht hat oder zumindest viel einfacher in den Griff bekommen kann.

Ich bezweifele dass die so gross sind dass es einfacher ist jedes einzelne Gramm ins All zu bringen.
Aber gut, Entfernung mag ein Problem sein. Die ISS ist ja auch nicht auf dem Mond.

Anderswo baut man Agri-Habs im All, die viel höheren Ertrag pro Anbaufläche versprechen als der ungemütliche Mars.

Warum haben sie viel höheren Ertrag wenn ich dasselbe Hab auf dem Mars aufstellen kann?

zu Bevölkerungswachstum: ist sehr komplex und die Gründe, wo überall irgendwo/irgendwie die Geburtenrate einbrechen/brachen und was jemand darüber schreibt, was der Grund sein sollte... ;D

Klar gibt es die Möglichkeit dass Gruppen mit niedrigen Geburtenraten verschwinden und Gruppen mit hohen Geburtenraten sich ausbreiten. Aber es soll ja keine Dystopie sein.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Chaos am 21.06.2025 | 10:24
Ein weiterer Aspekt zum Thema Bevölkerungswachstum... man ist sich mittlerweile in der Psychologie ja bewusst, wieviel Schaden Vernachlässigung oder gar Missbrauch im Kindealter bei den Kindern anrichten kann, und wie groß das Risiko ist, dass diese Kinder im Erwachsenenalter das alles an die nächste Generation weitergeben. Dieses Wissen dürfte zur Zeit des Settings eher umfassender sein.

Könnte es also eine Art "Elternführerschein" geben, den man machen muss, und/oder einen "Eltern-TÜV", den man bestehen muss, bevor man eigene Nachkommen in die Welt setzt? Zum Einen zum Wohle der Kinder, zum Anderen zum Wohle der Gesellschaft, die ja auf die eine oder andere den Fallout von unfähigen oder unwilligen Eltern abbekommt. Da böte sich dann im Graubereich an, Strenge des TÜV und Schwierigkeitsgrad des Führerscheins als Stellschraube zu nutzen, um durch erlaubte oder verweigerte Fortpflanzung das Bevölkerungswachstum zu regulieren - natürlich vorgeblich alles streng nach objektiv wissenschaftlichen Kriterien.  Verschiedene Habitate könnten - vielleicht auch nur unter der Hand - damit werben, dass es bei ihnen leichter ist, TÜV und Führerschein zu bekommen, und so Fachkräfte anlocken, die Kinder haben wollen.

Ich könnte mir auch vorstellen, dass bis dahin das Kinderkriegen schlicht nicht mehr das ist, was man als Erwachsene halt irgendwann mal macht. Es ist ja schon heute so, dass Paare, die sich bewusst gegen Kinder entscheiden, nicht mehr so schräg angeguckt werden wie noch vor 1-2 Generationen, und zur Zeit des Settings sollte sich diese Einstellung noch ein ganzes Stück weiter verschoben haben - vielleicht bis zu dem Punkt, an dem man ein bisschen schräg angeguckt wird, wenn man überhaupt Kinder hat?
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Ávila am 21.06.2025 | 10:52
Klar gibt es die Möglichkeit dass Gruppen mit niedrigen Geburtenraten verschwinden und Gruppen mit hohen Geburtenraten sich ausbreiten.

Verschwinden nur im Extremfall, aber kulturell und politisch zunehmend irrelevant werden, klar, das wird passieren, das ist simple Exponentialrechnung.

Könnte es also eine Art "Elternführerschein" geben, den man machen muss, und/oder einen "Eltern-TÜV", den man bestehen muss, bevor man eigene Nachkommen in die Welt setzt? Zum Einen zum Wohle der Kinder, zum Anderen zum Wohle der Gesellschaft, die ja auf die eine oder andere den Fallout von unfähigen oder unwilligen Eltern abbekommt. Da böte sich dann im Graubereich an, Strenge des TÜV und Schwierigkeitsgrad des Führerscheins als Stellschraube zu nutzen, um durch erlaubte oder verweigerte Fortpflanzung das Bevölkerungswachstum zu regulieren - natürlich vorgeblich alles streng nach objektiv wissenschaftlichen Kriterien.  Verschiedene Habitate könnten - vielleicht auch nur unter der Hand - damit werben, dass es bei ihnen leichter ist, TÜV und Führerschein zu bekommen, und so Fachkräfte anlocken, die Kinder haben wollen.

Ich könnte mir auch vorstellen, dass bis dahin das Kinderkriegen schlicht nicht mehr das ist, was man als Erwachsene halt irgendwann mal macht. Es ist ja schon heute so, dass Paare, die sich bewusst gegen Kinder entscheiden, nicht mehr so schräg angeguckt werden wie noch vor 1-2 Generationen, und zur Zeit des Settings sollte sich diese Einstellung noch ein ganzes Stück weiter verschoben haben - vielleicht bis zu dem Punkt, an dem man ein bisschen schräg angeguckt wird, wenn man überhaupt Kinder hat?

Und was macht man mit Leuten, die sich nicht ans Kinderverbot halten? Da ist man dann sofort wieder in der Dystopie.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: nobody@home am 21.06.2025 | 10:55
Grundsätzlich und von etwaiger Unsterblichkeit unabhängig ist nämlich eh die Prämisse dieses Settings, dass sich ein auf Langfristigkeit ausgerichtetes Denken durchgesetzt hat. Politiker, die weiter denken als bis zum nächsten Wahltermin. Unternehmen/r, die einen weiteren Horizont haben als den nächsten Quartalsbericht. Langfristige Fahrpläne, die auch konkret so gemeint sind und nicht nur als "Bleib mir weg damit, da kann sich ein anderer Depp damit rumschlagen wenn ich meine Schäfchen im Trockenen habe". Also eine Gesellschaft, die - wieder, möchte ich sagen - willens und fähig ist, in Jahrzehnten und Jahrhunderten zu denken.

Ich denke, das hat weniger mit der individuellen Lebenserwartung zu tun (auch jemand, der fünfhundert Jahre alt werden kann, muß ja seine Lebenserfahrungen erst mal sammeln und wird nicht gleich mit der Weisheit eines Hundertjährigen abgenabelt) und mehr mit schlichter Bildung und Erziehung. Der Mensch ist von Natur aus mehr auf den Umgang mit unmittelbaren Problemen ("Wo kriege ich heute mein Essen her?") gepolt als auf langfristige Planung ("Welche Probleme wird wohl die noch gar nicht geborene übernächste Generation mal haben und wie kann ich da helfen?"), also muß er das Denken in längeren Zeiträumen erst mal lernen, und das geht mit Hilfe natürlich besser als ohne.

Um da hinzukommen, bräuchte es aber vermutlich unter anderem schlicht weltweit Politiker, die bereit und fähig wären, in die Bildung ihrer jeweiligen "Untertanen" auch tatsächlich zu investieren, statt sie einfach nur so dumm und manipulierbar zu lassen, wie man damit gerade noch durchkommt, und dabei auch noch Geld zu sparen, das sich in der eigenen Tasche oder denen von Lobbyisten doch viel besser macht...und so eine utopische Entwicklung ist aus meiner Sicht eher schwieriger herbeihandzuwedeln als nur ein paar medizinische Durchbrüche. ;)
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Quaint am 21.06.2025 | 11:23
Das droht ja etwas politisch zu werden hier. Ich denke, so ein langfristiges und sinnvolles denken ist schon möglich. Bei Star Trek Next Generation haben ja auch nicht alle geschrien "geht doch garnicht". Allerdings muss man da finde ich, nicht nur die richtige Bildung haben, sondern auch von wirtschaftlich-politischen System her die richtigen Anreize schaffen. Wir haben heute halt den Kapitalismus, da ist Geld verdienen für die meisten Leute ein sehr großer Anreiz. Und wir haben eine politische Demokratie mit Parteien, wo es den Politikern und Parteien zunächst mal darum geht, gewählt zu werden. Und es gibt aber keine Koppellung zwischen Wahlversprechen und dem was sie im Wahlfall tatsächlich tun. Die können also sagen sie senken die Steuern, werden gewählt, Krise xy, Schade Schade Schokolade, höhere Steuern. Und da kannst du halt auch nicht sagen: ich klag mir meine niedrigen Steuern ein. Sondern ist halt so.
Daher bin ich der Meinung, dass im jetzigen System die Leute geldgeil gemacht werden und Politiker mit Lügen und Manipulation schon sehr gut fahren. Natürlich kommt die Strafe dann bei der nächsten Wahl, aber das scheint mir nicht 100% wirksam.
Ich weiß aber auch nicht, wie man ein wirtschaftlich-politisches System entwerfen müsste, um solche sinnvolle Langfristigkeit zu fördern. Aber vielleicht kann man da mal dran rumdenken, wenn man schon SciFi machen will.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Feuersänger am 21.06.2025 | 11:55
was für eine Art Abenteuer willst du dann da spielen?

Was mit Raumschiffen. xD
Es könnte zB auch um Politik gehen, etwa die Unabhängigkeitsbestrebungen einer Kolonie unterstützen (oder unterdrücken), oder eine neue Förderanlage auf dem Saturn aufbauen, oder eine wertvolle Fracht vor Spaaaaaace Pirates beschützen, oder selber Space Pirate sein, solche Sachen.

Da gibt es einfache Lösungen. Präsidenten bekommen normalerweise nur 2 Amtszeiten. Und auch andere Organisationen haben Beschränkungen für ihr Führungspersonal.

Diese einfachen Lösungen benötigen aber eben auch Konsequenzen, wenn jemand versucht sie zu unterlaufen. Vergleiche das Matrjoshka-Spiel, das Putin seit ~2000 abzieht, oder den quasi komplett fehlenden Aufschrei in den USA, wenn Trump direkt nach der Amtseinführung darüber sinniert, dass er ja auch eine dritte Amtszeit absolvieren könnte.

Zitat
Ich glaube es gibt einen grossen Unterschied zwischen Habitaten auf/in einem Planeten/Asteroiden und einfach nur im Weltraum.

Stimmt, da war ich auch unpräzise. Generell denke ich da an orbitale Rotationshabitate, die u.a. den Vorteil haben, dass man dort eine Schwerkraft nach Wahl erzeugen kann und nicht an die ~0,16G auf dem Mond oder 0,4G auf dem Mars festgenagelt ist.

Zitat
Und ins Weltall umzuziehen soll einfacher sein als sich damit zu arrangieren?

Kommt jetzt darauf an von welchem Szenario du gerade sprichst. Bei "maßvolle Lebensverlängerung", dazu habe ich weiter oben bereits was geschrieben. Bei "Unsterblichkeit" wird einem auf der Erde irgendwann der Platz ausgehen.

Zitat
Ich bezweifele dass die so gross sind dass es einfacher ist jedes einzelne Gramm ins All zu bringen.
Aber gut, Entfernung mag ein Problem sein. Die ISS ist ja auch nicht auf dem Mond.

Verstehe ich jetzt nicht was du meinst bzw was dein Argument ist. Allgemein: die Schwerkraftsenke namens Erde ist so ungefähr das größte Problem bei der ganzen Raumfahrt. Man sehe sich das Tamtam an, das man für jedes Kilo Nutzlast veranstalten muss, um es in den Orbit zu bringen. Wie heisst es so schön, "once you've made it to orbit, you're halfway to anywhere".
Es ging ja hier um die Nahrungsversorgung der All-Kolonien: da macht es schon einen riesigen Unterschied, ob ich eine Ladung Futter von der Erdoberfläche ins All wuchten muss, oder nur von der Marsoberfläche (viel geringere Schwerkraft und dünnere Atmosphäre = viel weniger delta-V benötigt).

Entfernung ist dagegen (innerhalb des Sonnensystems) eigentlich Pipifax; kostet halt Zeit wenn es billig sein soll. Mit der gleichen Energie, die 1kg Nutzlast vom Erdboden zum LEO braucht, kann man dasselbe kg auch vom LEO bis zum Saturn schicken, nur um da mal Relationen zu bieten.

Zitat
Warum haben sie viel höheren Ertrag wenn ich dasselbe Hab auf dem Mars aufstellen kann?

Sehr gute Frage! Da gibt es eine Reihe von Gründen.
- Ein Agri-Hab kann ich auf einem wesentlich günstigeren Orbit als Mars aufhängen, Stichwort Solarkonstante. Auf dem Mars kommt nur ca halb soviel Sonnenlicht an wie auf der Erde (genauer 43%). In der Venus-Umlaufbahn wäre es entsprechend mehr.
- ein Agri-Hab kann ich so designen, dass es 24/7 Sonnenlicht bekommt, und bin auch nicht an Jahreszeiten gebunden. (Mars hat aufgrund seiner hohen Exzentrizität ziemlich extreme Jahreszeiten). Dadurch kann ich pro Erdjahr mindestens 3 Ernten einfahren, womöglich mehr.
- beim Transport der Erzeugnisse muss ich beim Agri-Hab keine Schwerkraftsenke überwinden und spare so mehrere km/s.

--> in Kombination bedeutet das, dass zB ein Agri-Hub auf der Venusbahn pro Tag ca die neunfache Sonneneinstrahlung bekommt wie ein Gewächshaus auf dem Mars. Entsprechend schneller dürften die Wachstumszyklen sein und am Ende auch grob den neunfachen Ertrag pro Hektar versprechen.

Allerdings ist auch der Rohstoffbedarf mit zu berücksichtigen. In erster Linie Kohlenstoff und Wasser. Für jede exportierte Tonne Nahrung muss logischerweise auch etwa eine Tonne Rohmaterial investiert werden. Auf dem Mars kann ich dafür erstmal das CO2 der Atmosphäre ins Gewächshaus pumpen, beim Venusorbital schaffe ich es eben, nunja, von der Venus ran. Wasser ist eine andere Frage; da gibt es auch auf dem Mars nicht unbegrenzte Mengen, und für die Venus sieht es noch schlechter aus. --> in beiden Fällen wird man es von woanders ranschaffen, zB aus den Saturnringen oder aus dem Hauptgürtel.

Es ist eben ein Tradeoff: das Agrarorbital verlangt ein größeres Anfangsinvestment aber levelt dann im laufenden Betrieb davon; damit Mars dagegen rentabel bleibt müssen die Plantagen dort ziemlich ausbeuterisch betrieben werden --> Konfliktpotential fürs Setting

Ein weiterer Aspekt zum Thema Bevölkerungswachstum... man ist sich mittlerweile in der Psychologie ja bewusst, wieviel Schaden Vernachlässigung oder gar Missbrauch im Kindealter bei den Kindern anrichten kann, und wie groß das Risiko ist, dass diese Kinder im Erwachsenenalter das alles an die nächste Generation weitergeben. Dieses Wissen dürfte zur Zeit des Settings eher umfassender sein.

Richtig, daher gehe ich auch davon aus, dass Kinder dann nicht (mehr) möglichst fabrikmäßig verwahrt und weitgehend getrennt von den Eltern aufgezogen werden. Sondern das die Menschen sich eben dann Kinder anschaffen, wenn sie Zeit für sie und Bock drauf haben. Dies wird eben dadurch ermöglicht, dass man die biologische Uhr aus der Gleichung herausnimmt.
Wer weiß, vielleicht ermöglicht die Medizin dann sogar, dass Unfall-Schwangerschaften tatsächlich _unter_brochen werden können statt komplett abgebrochen. [Ich bin weißgott kein Abtreibungsgegner, aber ich fand es immer schon scheinheilig wenn man da von "Schwangerschaftsunterbrechung" spricht.] Man entnimmt den Embryo, friert ihn ein, und lässt ihn dann reifen wenn die Zeit reif dafür ist. Damit dürften dann doch auch Abtreibungsgegner zufrieden sein.

Zitat
Könnte es also eine Art "Elternführerschein" geben, den man machen muss, und/oder einen "Eltern-TÜV", den man bestehen muss, bevor man eigene Nachkommen in die Welt setzt?

Prinzipiell denkbar, aber siehe oben: das kann man eigentlich ethisch nur durchsetzen, wenn es diesen Pause-Knopf für laufende Schwangerschaften gibt. Denn was willst du sonst machen wenn jemand ohne Lizenz schwanger wird? Zwangsabtreibung? Zwangsadoption? Alles ethisch untragbar und hochgradig dystopisch. Aber zu sagen "Okay, wir packen den Embryo jetzt erstmal in den Kühlschrank, und wenn du deinen Elternführerschein hast kannst du wiederkommen" - das könnte gehen.

Zitat
Ich könnte mir auch vorstellen, dass bis dahin das Kinderkriegen schlicht nicht mehr das ist, was man als Erwachsene halt irgendwann mal macht. Es ist ja schon heute so, dass Paare, die sich bewusst gegen Kinder entscheiden, nicht mehr so schräg angeguckt werden wie noch vor 1-2 Generationen, und zur Zeit des Settings sollte sich diese Einstellung noch ein ganzes Stück weiter verschoben haben - vielleicht bis zu dem Punkt, an dem man ein bisschen schräg angeguckt wird, wenn man überhaupt Kinder hat?

In diese Richtung schwingt das Pendel derzeit, ja. Wenn ich mir zB meinen Freundeskreis aus Uni-Zeiten ansehe, hat von denen sich nur eine sehr kleine Minderheit für Kinder entschieden. Aus verschiedenen Gründen, von "finanziell nicht tragbar" bis "diese Shitshow tue ich keinem an". Aber das muss ja nicht heissen, dass das 200 Jahre lang so weitergeht. Wie gesagt, wenn wir weiterhin von einer TFR um 1,5 ausgehen, würde die Bevölkerung der entsprechenden Weltregionen in den nächsten 200 Jahren auf ca 1/4 von heute schrumpfen. Wie sich das gesellschaftlich auswirkt, werden wir schon vorher im Zeitraffer an Südkorea beobachten können, wo die TFR nur rund 0,7 beträgt (heisst also grob: zwei von drei Frauen bekommen _ein_ Kind). Da gab es übrigens grad neulich ein sehr lehrreiches Kurzgesagt Video dazu.
Also kurz, da kann ich mir gut vorstellen, dass es in einigen Jahrzehnten auch wieder einen Paradigmenwechsel gibt, durch den sich die Bevölkerung stabilisiert. Eigentlich muss ich für das Setting schon fast zwingend davon ausgehen, da sonst bei kollabierter Bevölkerung das ganze Raumfahrtthema in sehr weite Ferne rücken könnte.

edit: Formatierung
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Chaos am 21.06.2025 | 12:19
Prinzipiell denkbar, aber siehe oben: das kann man eigentlich ethisch nur durchsetzen, wenn es diesen Pause-Knopf für laufende Schwangerschaften gibt. Denn was willst du sonst machen wenn jemand ohne Lizenz schwanger wird? Zwangsabtreibung? Zwangsadoption? Alles ethisch untragbar und hochgradig dystopisch. Aber zu sagen "Okay, wir packen den Embryo jetzt erstmal in den Kühlschrank, und wenn du deinen Elternführerschein hast kannst du wiederkommen" - das könnte gehen.

Jeder bekommt im Alter von X ein lang anhaltendes Verhütungsimplantat eingesetzt, beziehungsweise Einwanderer werden nur reingelassen, wenn sie so eins haben. Bei erfolgreich absolvierter Prüfung wird es deaktiviert/entfernt, bis der Kinderwunsch ausreichend umgesetzt ist.

Oder aber, natürliche Schwangerschaften sind längst veraltet, zu anstrengend und gefährlich, macht keiner mehr, und wer den Elternführerschein besteht, darf in der Fortpflanzungsklinik einen oder mehrere wie auch immer "extern" ausgetragene Babies bestellen.

Zitat
In diese Richtung schwingt das Pendel derzeit, ja. Wenn ich mir zB meinen Freundeskreis aus Uni-Zeiten ansehe, hat von denen sich nur eine sehr kleine Minderheit für Kinder entschieden. Aus verschiedenen Gründen, von "finanziell nicht tragbar" bis "diese Shitshow tue ich keinem an". Aber das muss ja nicht heissen, dass das 200 Jahre lang so weitergeht. Wie gesagt, wenn wir weiterhin von einer TFR um 1,5 ausgehen, würde die Bevölkerung der entsprechenden Weltregionen in den nächsten 200 Jahren auf ca 1/4 von heute schrumpfen. Wie sich das gesellschaftlich auswirkt, werden wir schon vorher im Zeitraffer an Südkorea beobachten können, wo die TFR nur rund 0,7 beträgt (heisst also grob: zwei von drei Frauen bekommen _ein_ Kind). Da gab es übrigens grad neulich ein sehr lehrreiches Kurzgesagt Video dazu.

Nach allem, was ich dazu gelesen habe, sind gerade in Südkorea is Rahmenbedingungen fürs Kinderkriegen relativ mies und die Gesellschaft auch noch furchtbar patriarchalisch. Wenn Kinderkriegen erstmal kein Armutsrisiko mehr ist, Schwangerschaft und Geburt keine Ochsentour mit Todesrisiko, sich um die Kinder zu kümmern als echte Arbeit anstatt nur als faules zuhause sitzen anerkannt ist, und ein Kind großzuziehen nur noch ein Zwanzigstel statt ein Viertel der eigenen Lebenserwartung dauert, kann ich mir vorstellen, dass die Geburtenrate sich auf deutlich höherem Niveau als 1,5 oder gar 0,7 einpendelt.

Zitat
Also kurz, da kann ich mir gut vorstellen, dass es in einigen Jahrzehnten auch wieder einen Paradigmenwechsel gibt, durch den sich die Bevölkerung stabilisiert. Eigentlich muss ich für das Setting schon fast zwingend davon ausgehen, da sonst bei kollabierter Bevölkerung das ganze Raumfahrtthema in sehr weite Ferne rücken könnte.

Ja. Ohne stabile Bevölkerung wäre Raumfahrt langfristig nur dann noch ein Thema, wenn die Erde in absehbarer Zeit unbewohnbar würde und man sich bis dahin anderswo etabliert haben müsste.

Und was macht man mit Leuten, die sich nicht ans Kinderverbot halten? Da ist man dann sofort wieder in der Dystopie.

Mit denen macht man dasselbe, was man mit Leuten macht, die gegen andere Gesetze verstoßen.

Unter den Voraussetzungen des Settings brauchen wir nicht mehr massenhaft Kinder, weil die ältere Generation nicht mehr massenhaft wegstirbt beziehungsweise zu alt zum Arbeiten wird. Kinder sind dann im Grunde ein Luxus, und Kinderkriegen muss kein Grundrecht mehr sein.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Ávila am 21.06.2025 | 13:11
Also, die Leute durch staatliche Zwangsmaßnahmen vom Kinderkriegen abhalten? Wie soll das keine Dystopie sein?
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Chaos am 21.06.2025 | 13:50
Also, die Leute durch staatliche Zwangsmaßnahmen vom Kinderkriegen abhalten? Wie soll das keine Dystopie sein?

Warum soll Kinderkriegen ein Grundrecht sein? Warum soll Kinderkriegen ohne willens und in der Lage zu sein, diese Kinder trauma-frei großzuziehen ein Grundrecht sein?

Was soll keine Dystopie daran sein, dass Jeder eine beliebige Anzahl Kinder haben und ihnen dann, entweder weil sie ihm dann doch letztendlich wurscht sind, oder weil er generationales Trauma mit sich rumschleppt, oder weil seine Weltanschauung durch und durch Scheiße ist, einen derartigen Knacks in der Birne verpasst, dass sie ihren eigenen Kindern das Leben genauso zur Hölle machen?

Für die meisten hochqualifizierten Berufe brauchst du eine ganz bestimmte Ausbildung, wenn nicht gar ein Studium. Für eine Knarre brauchst du einen Waffenschein. Um Auto zu fahren, brauchst du einen Führerschein. Aber an die Kindererziehung, die schwierigste und wichtigste Aufgabe unserer Gesellschaft, sollen wir jeden noch so Unfähigen oder Unwilligen heranlassen?
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: nobody@home am 21.06.2025 | 13:52
Also, die Leute durch staatliche Zwangsmaßnahmen vom Kinderkriegen abhalten? Wie soll das keine Dystopie sein?

Wenn ich mir zum Vergleich mal das Setting von Mindjammer zu Gemüte führe (was einerseits wesentlich weiter in die Zukunft projiziert ist, andererseits aber auch Quasi-Unsterblichkeit hat), dann ist insbesondere das alte Sonnensystem mit den benachbarten "Kernwelten" drumherum für unsere Verhältnisse dort ausgesprochen dystopisch. Ich zitier' mal einen Absatz:

Zitat von: Mindjammer -- The Roleplaying Game, S. 285, "The Internal Security Instrumentality (ISI)"
Many aspects of Commonality life would seem bizarre and oppressive to our 21st century eyes. The Fringe Worlds are more free-thinking, their customs often shocking to Commonality sensibilities, but the Core Worlds are a web of byzantine customs and prohibitions. Trade and money are social taboos in the Core, religion and democracy are illegal, and the uncontrolled dissemination of news is banned.

Daß eine Gesellschaft von zunehmend langlebigen bis unsterblichen Menschen zunehmend stockkonservativ und weniger "freiheitlich" orientiert ausfallen könnte, ist ja leider nicht so ganz von der Hand zu weisen und hier also quasi konsequent zu Ende gedacht...was auch dazu paßt, daß Mindjammer ja ohnehin einen Settingschwerpunkt gerade bei Kulturen und den Konflikten zwischen diesen setzt. Natürlich kann die Welt bei Feuersänger aus naheliegenden Gründen noch nicht so extrem und exotisch ausfallen wie im Jahr 10639 nach Beginn des Ersten Raumfahrtzeitalters, aber ein paar Trends in diese generelle Richtung (mit denen es dann auch Spielercharaktere wieder zu tun bekommen könnten) ließen sich allemal einbauen.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Galatea am 21.06.2025 | 14:04
Tatsächlich ist es nicht unwahrscheinlich, dass Eltern ohne Zeitdruck VIIIIIEL mehr Aufwand in ein einzelnes Kind stecken, um ihm die besten Chancen zu geben - zumal die traditionelle Großelternrolle wegfällt ("zu alt selbst Kinder zu bekommen" gibt es bei quasi-unsterblichen Menschen ja nicht mehr).
Möglich auch, dass die "Volljährigkeit" auf 30 oder 40 Jahre ansteigt, weil die Welt einfach viel komplexer ist und man viel mehr wissen muss, um sich selbstständig durchschlagen zu können.
Sieht man ja jetzt schon - je technisierter die Gesellschaft, desto weniger Kinder. Da besteht garantiert auch ein Zusammenhang.

Das bedeutet nicht nur, dass junge Menschen längere Bildung durchlaufen (und möglicherweise länger bei ihren Eltern bleiben bzw. länger intensiver Kontakt selbst bei ausgezogenen Kindern besteht oder sich ein Komplett neuer "selbstständig aber noch in Schulbildung"-Lebensabschnitt von 10-20 Jahren etabliert, quasi Studentenleben auf Steroiden für jeden einzelnen Aufwachsenden), sondern auch dass traditionelle Geschlechterrollen sich zunehmend auflösen werden - wenn eine Mutter sich alle paar Jahrzehnte für ein paar Jahre um ein Kleinkind kümmern muss, dann ist das keine Lebensrolle mehr, sondern ein Lebensabschnitt.


Nach allem, was ich dazu gelesen habe, sind gerade in Südkorea is Rahmenbedingungen fürs Kinderkriegen relativ mies und die Gesellschaft auch noch furchtbar patriarchalisch. Wenn Kinderkriegen erstmal kein Armutsrisiko mehr ist, Schwangerschaft und Geburt keine Ochsentour mit Todesrisiko, sich um die Kinder zu kümmern als echte Arbeit anstatt nur als faules zuhause sitzen anerkannt ist, und ein Kind großzuziehen nur noch ein Zwanzigstel statt ein Viertel der eigenen Lebenserwartung dauert, kann ich mir vorstellen, dass die Geburtenrate sich auf deutlich höherem Niveau als 1,5 oder gar 0,7 einpendelt.
Südkorea ist auch in groteskem Maße nach (Erb-)Reichtum stratifiziert und nur auf dem Papier eine Demokratie - wer nicht in die Oberschicht (bzw. in eine der 5-6 reichsten Familien) hineingeboren wird, hat praktisch überhaupt keine Chance, jemals in irgendeine Form von höherem politischen Amt gewählt zu werden. Ein ernsthaftes Angehen der Probleme ist ein einer solchen de-facto-Oligarchie nicht zu erwarten, die werden eher wie in Russland einfach weg-ignoriert bis alles zusammenfällt.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Ávila am 21.06.2025 | 14:34
@chaos
Von was für einem Menschenbild gehst du denn aus? Fast alle Eltern misshandeln ihre Kinder oder wie?

Wer soll denn die Erlaubnis zur Elternschaft erteilen? Politiker? Religiöse Führer? Konzerne? Der Machtmissbrauch ist vorprogrammiert. Technokratischer Kontrollwahn führt zwangsläufig zur Dystopie.

Und eine Dystopie ist ja vom Themenersteller explizipt nicht gewünscht.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Chaos am 21.06.2025 | 14:56
@chaos
Von was für einem Menschenbild gehst du denn aus? Fast alle Eltern misshandeln ihre Kinder oder wie?

Habe ich nicht behauptet, und ich wäre dir dankbar, wenn du mir dergleichen nicht in den Mund legst.

Aber fragen wir mal umgekehrt: Wieviel Kindesmisshandlung oder Kindesvernachlässigung wäre denn nach deinem Dafürhalten noch in Ordnung?

[quote}Wer soll denn die Erlaubnis zur Elternschaft erteilen? Politiker? Religiöse Führer? Konzerne?[/quote]

Wer erteilt den heute Führerscheine? Oder Waffenscheine? Oder stellt Diplome und dergleichen aus?

Zitat
Der Machtmissbrauch ist vorprogrammiert. Technokratischer Kontrollwahn führt zwangsläufig zur Dystopie.

So wie wir das beim Führerschein und Waffenschein und den Berufsvoraussetzungen für Ärzte und dergleichen ja schon gesehen haben, richtig?

Zitat
Und eine Dystopie ist ja vom Themenersteller explizipt nicht gewünscht.

Alles kann missbraucht werden. So gesehen dürfte Feuersänger eigentlich gar kein Setting erstellen.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Feuersänger am 21.06.2025 | 15:16
Zitat
Ich weiß aber auch nicht, wie man ein wirtschaftlich-politisches System entwerfen müsste, um solche sinnvolle Langfristigkeit zu fördern. Aber vielleicht kann man da mal dran rumdenken, wenn man schon SciFi machen will.

Ich habe mir da durchaus schon ein paar Gedanken gemacht; dazu würde ich dann aber einen neuen Thread aufmachen. Ganz grob geht die Tendenz in Richtung "Kleinkapitalismus" mit direkter Beteiligung der Beschäftigten am Unternehmenserfolg.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Ávila am 21.06.2025 | 17:00
Nochmal zu chaos (im Spoiler, weil zunehmend Offtopic):

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Da Feuersänger aber eh ein Bevölkerungswachstum als Motivation für die Weltraumbesiedelung möchte, sehe ich überhaupt nicht, warum das Setting eine Geburtenregulierung benötigt. Eine Alternative wäre, einfach bei der Langlebigkeitsbehandlung anzusetzen und ihre Wirksamkeit so festzulegen, das die für das Setting gewünschte Bevölkerungsdichte erzeugt wird. Dann spart man sich den ganzen ethischen Rattenschwanz.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Kurna am 21.06.2025 | 17:13
Ich überlege gerade, ob es eine Zwischenlösung geben könnte zwischen "die Menschen werden jetzt im Schnitt 120 Jahre alt" und "die Menschen sind unsterblich". Also z.B. eine Prozedur, die z.B. für 10 oder 20 Jahre das Altern stoppt, aber dann immer wieder durchgeführt werden muss.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Feuersänger am 21.06.2025 | 19:23
Ich habe jetzt mal einen allgemeinen Vorstellungsthread für Redshift erstellt:
https://www.tanelorn.net/index.php?topic=130789.new#new
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: unicum am 21.06.2025 | 21:33
Tatsächlich teile ich einige deiner Anschauungen. Unter anderen eben auch das Bevölkerungswachstum. Das sehe ich auch in Afrika irgendwann einbrechen. Nicht in den nächsten Jahren aber irgendwann. In vielen Ländern ist das Rentensystem nicht existent und die Rente sind die Kinder die man in die Welt gesezt hat. Wenn sich irgendwann mal durchsezt das gut ausgebildete Kinder da besser sind als ein dutzend nicht ausgebildete wird das System schon kolabieren - kommt staatliches Renetensystem dazu noch mehr.

Das es nicht so Dystopie wie sonst viele SF sehe ich ausserordentlich positiv, gleichzeitig frage ich mich aber was du mit dieser Welt dann machen willst? Utopien erscheinen mir nämlich als Setting oft recht langweilig.

Das Konzept Langlebigkeit hat man an vielen Stellen schon durchgeackert (Elfen oder die KIs aus den Analen von Dune) und es hat immer irgendwelche Probleme verursacht.

Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: nobody@home am 21.06.2025 | 21:50
Das es nicht so Dystopie wie sonst viele SF sehe ich ausserordentlich positiv, gleichzeitig frage ich mich aber was du mit dieser Welt dann machen willst? Utopien erscheinen mir nämlich als Setting oft recht langweilig.

Na ja, auch in Settings mit zumindest utopischen Elementen kann man immer noch Abenteuer ansiedeln. Star Trek hat's ja insbesondere in den klassischen Jahren ein Stück weit vorgemacht -- die Föderation ist im Großen und Ganzen schon in Ordnung, aber selbst wenn man die klassischen externen Feinde abzieht (dieses Setting hier wird vermutlich keine Romulaner und Klingonen haben :)), gibt's zwischen den immer noch weitgehend unerforschten Weiten des Alls und Leuten in Not für die Besatzung der Enterprise allemal genug zu tun. Das läßt sich für ein geeignetes Team aus Spielercharakteren vermutlich recht gut übertragen, egal, ob sie nun primär unten auf der Erde, oben zwischen Orbit und Mondumlaufbahn, oder noch weiter draußen im eigentlichen weiteren Sonnensystem aktiv sind.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Feuersänger am 21.06.2025 | 22:07
Ich glaube, ich habe mich entschieden: in Redshift gibt es noch keine de facto Unsterblichkeit.

Es kann aber gut sein, dass die Lebenserwartung laufend weiter ansteigt, Tendenz 140 bis 160 Jahre.

Vielleicht ist es ja auch so wie Heinlein in einigen seiner Geschichten postuliert hat: niedrige Schwerkraft ist schonend für den Körper, darum werden Spacer viel älter als Erdbewohner, vorausgesetzt sie bleiben auch im Weltraum (bei ihm dann meist auf Mond oder Mars) und kehren nicht mehr dauerhaft auf die Erde zurück.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: unicum am 21.06.2025 | 22:18
...
 aber selbst wenn man die klassischen externen Feinde abzieht (dieses Setting hier wird vermutlich keine Romulaner und Klingonen haben :)
...

Das ist auch so eine Sache - Aliens. Fast alle Aliens in der SF sind,... Menschen, oder soll ich sagen "US-Amerikaner 'Make Earth gread again?" - Wenn ich eine intellgente Spezies sehe dann wird diese auch irgendwann das mit dem Bevölkerungswachstum geregelt bekommen bevor sie ihr Sonnensystem verlässt. (okay "The Mote in Gods Eye" ist ein toller roman dazu was los ist wenn nicht)

Schlussendlich ist die Sache das um eine Interestellare reise machen zu können man so irre resourcen braucht das, wenn man diese im Heimatsystem einbringen kann man sehr viel mehr davon hat.
Alies die im All leben? Was wollen die auf der Erde? Rohstoffe? (Wasser etwa? Hüstel - gibt Monde voll davon wo das Wasser sauberer ist als auf der Erde und leichter abzubauen - bei anderen Rohstoffen schaut es ähnlich aus. "Lebensraum?" Mir liegt gerade die Floskel 'Lebensraum im Osten' auf der Zunge für Aliens die "Lebensraum" wollen? - Auch hier - wer interstellar reisen kann, der kann auch lebensraum sich schaffen.

Ich für mich sehe eigentlich nur einen Grund für Intestellare Reisen - Neugier. Ich glaube Harald Lesch hat mal gesagt das er bei Aliens nicht erwartet das sie sagen "Gebt uns euer Land" sondern eher fragen "Was für Unterhaltung habt ihr? was für Musik hört ihr? An was glaubt ihr?"
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: nobody@home am 21.06.2025 | 22:40
Ich für mich sehe eigentlich nur einen Grund für Intestellare Reisen - Neugier. Ich glaube Harald Lesch hat mal gesagt das er bei Aliens nicht erwartet das sie sagen "Gebt uns euer Land" sondern eher fragen "Was für Unterhaltung habt ihr? was für Musik hört ihr? An was glaubt ihr?"

Es gibt natürlich immer noch den Grund "Vernichtungskrieg gegen alles, was uns aus diesem oder jenem Grund nicht in den Kram paßt" -- sei das nun aus zum Vefolgungswahn übersteigertem Selbsterhaltungstrieb ("Wir müssen sie erwischen, bevor sie uns erwischen können!" a la Dunkler-Wald-Hypothese (https://de.wikipedia.org/wiki/Dunkler-Wald-Hypothese)) oder aus dieser oder jener anderen Form von kollektivem Fanatismus. Dabei muß der gar nicht mal besonders häufig vorkommen -- wenn unter Dutzenden eigentlich ganz kulanter Alien-Kulturen auch nur eine auftaucht, die sich trotzdem für diese Art von Vorgehensweise entschieden hat und sie auch konsequent durchzieht, reicht das ja als Problem für alle.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Feuersänger am 21.06.2025 | 22:48
Also das können wir abkürzen; Aliens kommen in diesem Setting nicht vor.

Vielleicht mache ich mal einen Fork, in dem es mittels Ancient Tech FTL-Reisen zu anderen Sternen gibt, so à la Mass Effect oder Expanse. Aber hier bleibe ich bei Hard SF ohne Magie.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Galatea am 21.06.2025 | 23:29
Also das können wir abkürzen; Aliens kommen in diesem Setting nicht vor.
Was ist mit nicht sapienten Aliens (also außerirdischen Tieren, Pflanzen und anderem Kram, das in keine der irdischen Kategorien passt)?
Oder mit genetic-engineerten Organismen?
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: nobody@home am 21.06.2025 | 23:49
Was ist mit nicht sapienten Aliens (also außerirdischen Tieren, Pflanzen und anderem Kram, das in keine der irdischen Kategorien passt)?
Oder mit genetic-engineerten Organismen?

Wenn wir über's Sonnensystem noch nicht hinausgekommen sind, dann kann es sich bei "echten Aliens" allenfalls um die hier und da spekulativ angedachten einheimischen Lebensformen auf den anderen Planeten und Monden handeln. Ob sich beispielsweise unter dem Eis Europas allerdings auch im besten Fall mehr verbirgt als nur ein paar einsame exotische Einzeller...nun, das wäre so ein Forschungsauftrag, an dem SC zumindest am Rande mitbeteiligt sein könnten. :)
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Ainor am 22.06.2025 | 00:03
Verschwinden nur im Extremfall, aber kulturell und politisch zunehmend irrelevant werden, klar, das wird passieren, das ist simple Exponentialrechnung.

Nicht unbedingt. Gruppen können zerfallen bzw. ihre Mitglieder können ihre Einstellung ändern.

Warum soll Kinderkriegen ein Grundrecht sein? Warum soll Kinderkriegen ohne willens und in der Lage zu sein, diese Kinder trauma-frei großzuziehen ein Grundrecht sein?

In demokratischen Ländern ist es das.

Diese einfachen Lösungen benötigen aber eben auch Konsequenzen, wenn jemand versucht sie zu unterlaufen.

Klar. Aber optimistisch gedacht ist es ein lösbares Problem. Amtszeitbeschränkungen, Höchstalter etc..

Kommt jetzt darauf an von welchem Szenario du gerade sprichst. Bei "maßvolle Lebensverlängerung", dazu habe ich weiter oben bereits was geschrieben. Bei "Unsterblichkeit" wird einem auf der Erde irgendwann der Platz ausgehen.

Wie gesagt: nur wenn das Geburtsalter nicht mitwächst. Und Léonisation bzw. medizinische Unsterblichkeit ist ja keine echte Unsterblichkeit mit unendlicher Lebenserwartung. Und selbst dann wäre es kein exponentielles Wachstum.

Bedeutet: es wird SEHR lange dauern bevor die Möglichkeiten auf der der Erde nach oben oder unten zu bauen ausgehen. Ich glaube Ressourcen werden die Menscheit viel früher in den Weltraum locken als Platz.

Verstehe ich jetzt nicht was du meinst bzw was dein Argument ist.

Beim Weltraum Hab muss man für dieselbe "Nutzfläche" viel mehr Masse in den Weltraum bringen als bei der Besiedelung von Planeten. Der einzige Vorteil ist halt dass man das Weltraum Hab in der Erdumlaufbahn parken kann und dass die Bewohner einfach und schnell zur Erde kommen.

Entfernung ist dagegen (innerhalb des Sonnensystems) eigentlich Pipifax; kostet halt Zeit wenn es billig sein soll. Mit der gleichen Energie, die 1kg Nutzlast vom Erdboden zum LEO braucht, kann man dasselbe kg auch vom LEO bis zum Saturn schicken, nur um da mal Relationen zu bieten.

Mit oder ohne Space Elevator?

Sehr gute Frage! Da gibt es eine Reihe von Gründen.
- Ein Agri-Hab kann ich auf einem wesentlich günstigeren Orbit als Mars aufhängen, Stichwort Solarkonstante. Auf dem Mars kommt nur ca halb soviel Sonnenlicht an wie auf der Erde (genauer 43%). In der Venus-Umlaufbahn wäre es entsprechend mehr.
- ein Agri-Hab kann ich so designen, dass es 24/7 Sonnenlicht bekommt, und bin auch nicht an Jahreszeiten gebunden. (Mars hat aufgrund seiner hohen Exzentrizität ziemlich extreme Jahreszeiten). Dadurch kann ich pro Erdjahr mindestens 3 Ernten einfahren, womöglich mehr.
- beim Transport der Erzeugnisse muss ich beim Agri-Hab keine Schwerkraftsenke überwinden und spare so mehrere km/s.

--> in Kombination bedeutet das, dass zB ein Agri-Hub auf der Venusbahn pro Tag ca die neunfache Sonneneinstrahlung bekommt wie ein Gewächshaus auf dem Mars. Entsprechend schneller dürften die Wachstumszyklen sein und am Ende auch grob den neunfachen Ertrag pro Hektar versprechen.

Das träfe zu wenn der Marsbauer mit seinem Marstrecker Marsrüben anbaut. Aber die Zukunft der Landwirtschaft sieht so aus: https://de.wikipedia.org/wiki/Vertikale_Landwirtschaft (https://de.wikipedia.org/wiki/Vertikale_Landwirtschaft)

Wo sich die vertikalen Farmen (bzw. kontrollierte Umgebungen) befinden ist eigentlich egal. Und der  Ertrag wird nicht mehr pro Hektar sondern pro Kubikkilometer berechnet.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Feuersänger am 22.06.2025 | 11:30
Ich habe das Thema "Weltraumhabitate und Nahrungsproduktion" mal abgetrennt:

https://www.tanelorn.net/index.php/topic,130794.0.html
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Issi am 22.06.2025 | 11:42
Naja : Geburten hängen ja auch an der Nahrung.
Wenn nicht mehr genug Nahrung vorhanden ist, bzw. die Frauen z.B. extrem abmagern, setzt die Fruchtbarkeit häufig aus, solange bis wieder genug auf den Rippen ist.
Auch das Überleben von Frau und Kind bei der Geburt ist von der Grundversorgung abhängig.
Nur wenn genug für alle da wäre, würde das immerso weiter gehen.


Dazu kommen natürlich auch soziale Komponenten.
In Überflussgesellschaften gibt es häufig sogar weniger Kinder, weil die Idee: Man braucht möglichst viele für die Altersversorgung wegfällt.
Auch die Lebensweise ansich macht was aus:
Ersr wenn sich die Bevölkerung keine Sorgen um ihr Überleben machen muss, entwickelt sich idR. sowas wie Kunst und Kultur (Was niemand zum Leben unbedingt braucht).
Und solche Gedanken wie "Selbstverwirklichung ", "Berufung " und "Philosophie " kommen auf.
Sodass vielleicht nur noch alle Jahrhunderte mal ein Kind geboren wird.

Dazu kommt, dass Unfalltode und Seuchentote ja weiterhin bestehen bleiben.
Vielleicht sind viele auch nach der langen Zeit lebensmüde, und wählen irgendwann selbst den Tod. Durch riskantes Verhalten. Oder durch Selbstmord.(siehe Film "In Time")

Auch soziale Unruhen und Kriege könnten zur Sterblichkeit betragen.
Zum Beispiel Kriege um Wasser und Nahrung.

Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Chaos am 22.06.2025 | 13:21
Ich glaube, ich habe mich entschieden: in Redshift gibt es noch keine de facto Unsterblichkeit.

Es kann aber gut sein, dass die Lebenserwartung laufend weiter ansteigt, Tendenz 140 bis 160 Jahre.

Vielleicht ist es ja auch so wie Heinlein in einigen seiner Geschichten postuliert hat: niedrige Schwerkraft ist schonend für den Körper, darum werden Spacer viel älter als Erdbewohner, vorausgesetzt sie bleiben auch im Weltraum (bei ihm dann meist auf Mond oder Mars) und kehren nicht mehr dauerhaft auf die Erde zurück.

Spannend wäre auch, wenn die Unsterblichkeits- oder extreme Langlebigkeitstechnologie erst vor relativ kurzer Zeit entwickelt wurde, die verschiedenen menschlichen Gesellschaften also noch dabei sind, sich auf die damit einhergehenden Veränderungen einzustellen. Wenn diese Einführung erst 50-100 Jahre her ist, weiß man vielleicht auch noch gar nicht, wie lange ein Mensch mit dieser Behandlung wirklich lebt.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Chaos am 22.06.2025 | 14:27
Wenn jetzt plötzlich Unsterblichkeit vom Himmel fällt und grob 4 Milliarden unter 30 ewig leben und sie z.B. in 100 Jahren 2 Kinder pro Frau bekommen, und sich dass in alle Ewigkeit fortsetzt, dann ist die Wachstumsrate 4 Milliarden in 100 Jahren. Das ist aber linear und nicht exponentiell.

Aber nur, wenn die Kinder später, wenn sie erwachsen sind, nicht selbst Kinder bekommen.

Außerdem: Jedes Wachstum stößt irgendwann an Grenzen. Alles, das wir mit Expansion wohin auch immer - durch das Sonnensystem, die Galaxis, das ganze Universum - erreichen, ist das der Zeitpunkt, an dem der Laden schlicht VOLL ist und keine zusätzliche Bevölkerung mehr aushält, später kommt. Sprich, eine andere Generation muss das Problem lösen - was für die derzeitigen Entscheider ja durchaus gut genug sein kann, wenn das alles erst wieder hochkocht, nachdem sie längst gestorben sind.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Quaint am 22.06.2025 | 14:52
Naja, aber ist halt mitunter auch ein Problem, den Leuten zu erklären, dass Wachstum jetzt gerade nicht so gut wäre. Wir hatten es ja vom Kinderkriegen verbieten und dem Elternführerschein.

Ich frage mich ja, ob dann Essen mehr abhängig vom Gewicht kostet, wegen Transport usw.

Also Riegel mit Kohlenhydraten, Proteinen und Fetten aber mit wenig Wasser = Billig, praktisch, vielleicht sogar lecker
Salat = für ähnliche kcal viel viel Teurer weil ist ja viel mit Ballaststoffen und Wasser, und du kannst halt schlecht salat dehydrieren und einfach wieder Wasser hinzufügen

Ich hatte das bei einem Scifi Projekt mal, das im Weltraum alles quasi 10 Geld pro kg mehr gekostet hat. Bei nem Sturmgewehr waren es dann vielleicht 550 Geld statt 500. Aber bei nem Brot evtl. 11 statt 1 Geld.
Das musste dort aber ganz überwiegend ne Gravsenke hoch, und das hat halt gekostet.
Jobs im Weltraum waren da aber auch ganz gut bezahlt, auch weil die Lebenshaltung da teurer ist, aber eben auch weil es trotz aller Technik viele Unwägbarkeiten gibt (ich sag mal Strahlung... Mikrometeoriten...)
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: nobody@home am 22.06.2025 | 14:58
Um noch mal kurz den Unterpunkt "Kreaturen aus dem Genlabor" aufzugreifen...im richtigen Leben rechne ich schon einigermaßen damit, daß die Gentechnik wohl anfangen wird, Ergebnisse zu liefern, die auch im Alltag merkbare Auswirkungen haben, bevor auch nur die erste bemannte Expedition zum Jupiter aufbricht. (Tatsächlich könnte die erhöhte Lebenserwartung recht direkt auf entsprechend produzierte Medikamente oder sogar vorsichtige Modifikationen direkt am menschlichen Erbgut selbst zurückzuführen sein.) Ich vermute allerdings, daß auch im 23. Jahrhundert und insbesondere in einer als etwas verantwortungsbewußter angesetzten Gesellschaft das freie unbeaufsichtigte Zusammenmanschen beispielsweise neuer Tierarten in der privaten 3D-Retorte noch nicht Usus sein wird; bestenfalls würde ich da so was wie neue "exotische", aber weitgehend harmlose Zier- und Nutzpflanzen auf dem regulären Markt erwarten.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Ainor am 22.06.2025 | 15:14
Aber nur, wenn die Kinder später, wenn sie erwachsen sind, nicht selbst Kinder bekommen.

Falsch. Die Kinder bekommen Kinder. Aber eben nur 2 in ihrem ewigen Leben.

Außerdem: Jedes Wachstum stößt irgendwann an Grenzen.

Und? Der Punkt ist: wenn das Wachstum nicht allzu explosiv ist dan verschieben sich die wesentlichen Grenzen vielleicht schnell genug so dass das Wachstum weitergeht.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Chaos am 22.06.2025 | 15:22
Falsch. Die Kinder bekommen Kinder. Aber eben nur 2 in ihrem ewigen Leben.


Ich darf dich hier mal zitieren:

Zitat
grob 4 Milliarden unter 30 ewig leben und sie z.B. in 100 Jahren 2 Kinder pro Frau bekommen,

Nix "in ihrem ewigen Leben". Du sagtest "in 100 Jahren". Sprich, alle 100 Jahre verdoppelt sich die Bevölkerung.

Zitat
Und? Der Punkt ist: wenn das Wachstum nicht allzu explosiv ist dan verschieben sich die wesentlichen Grenzen vielleicht schnell genug so dass das Wachstum weitergeht.

Es ist wurscht, wie schnell oder langsam das Wachstum ist. Irgendwann ist nichts mehr da, wohin man die Grenzen noch verschieben könnte.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Ainor am 22.06.2025 | 18:49
Nix "in ihrem ewigen Leben". Du sagtest "in 100 Jahren". Sprich, alle 100 Jahre verdoppelt sich die Bevölkerung.

Mit "in 100 Jahren" meine ich: 100 Jahre von heute, und die Kinder bekommen 100 Jahre nach Ihrer Geburt wieder Kinder, usw. Nicht: "alle 100 Jahre". Wenn die Fertilitätsrate dagegen über 2 liegt hat man immer exponentielles Wachstum, auch ohne Unsterblichkeit.


Es ist wurscht, wie schnell oder langsam das Wachstum ist. Irgendwann ist nichts mehr da, wohin man die Grenzen noch verschieben könnte.

Das wissen wir nicht. Aber ich hab so Meine Zweifel dass unser Wissen über das Universum in einer millionen Jahren noch besonders aktuell ist.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Chaos am 22.06.2025 | 18:55
Das wissen wir nicht. Aber ich hab so Meine Zweifel dass unser Wissen über das Universum in einer millionen Jahren noch besonders aktuell ist.

Man kann in einem endlich Raum nicht unendlich expandieren. Das ist simple Logik.

Davon abgesehen... selbst wenn jeder Stern in der Milchstraße einen Planeten wie die Erde hätte und wir uns keine Sorgen um die Lichtgeschwindigkeit machen müssten, bei Verdopplung alle hundert Jahre wäre die Milchstraße in weniger als 4.000 Jahren voll besiedelt, und das ganze Universum in vielleicht 8.000 Jahren. Was in Millionen Jahren passiert, ist da irrelevant.

Wenn wir haben auf Lichtgeschwindigkeit beziehungsweise einen Bruchteil davon beschränkt sind, erreichen wir lange vorher den Punkt, an dem die Menschheit gar nicht mehr schnell genug expandieren kann, um den Resourcenhunger der ungebremst wachsenden Bevölkerung zu befriedigen.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Feuersänger am 22.06.2025 | 19:18
Naja, Dyson Spheres? ^^
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Chaos am 22.06.2025 | 19:25
Naja, Dyson Spheres? ^^

Eine Dyson Sphere pro Stern, oder?

Damit zögerst du den kritischen Punkt auch nur ein paar Jahrtausende hinaus.

Selbst tausend Dyson Spheres pro Stern würden dir nur nochmal ein Jahrtausend geben.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Kurna am 22.06.2025 | 19:44
Man kann in einem endlich Raum nicht unendlich expandieren. Das ist simple Logik.

[...]

Kommt drauf an. Wenn das Universum selbst schneller expandiert, als die Bevölkerung wächst, kann man das Universum auch nicht füllen, obwohl der Raum zu jedem gegebenen Zeitpunkt endlich ist.  ;)
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Chaos am 22.06.2025 | 19:54
Kommt drauf an. Wenn das Universum selbst schneller expandiert, als die Bevölkerung wächst, kann man das Universum auch nicht füllen, obwohl der Raum zu jedem gegebenen Zeitpunkt endlich ist.  ;)

Erhöht sich die Masse es Universums, und damit die Anzahl möglicher Planeten und Sterne, oder driftet das, was ohnehin schon da ist, nur weiter auseinander? Leerer interstellarer und intergalaktischer Raum hilft niemandem, er ist nur im Weg bei dem Versuch, das, was da ist, zu erreichen.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Feuersänger am 22.06.2025 | 20:21
Oh btw, falscher Thread. Hier soll es um die Habitate selber gehen. Die Auswirkungen von Unsterblichkeit bitte im Unsterblichkeitsthread diskutieren.

Ich werde die Beiträge hier nachher verschieben, aber am Handy ist mir das zu mühsam.


Erledigt
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: fivebucks am 22.06.2025 | 20:32
Ab einem gewissen Punkt wollen die Menschen auch nicht mehr mehr werden.

Es ist auch die Frage wie Unsterblichkeit definiert ist:
Beibehalten der jugendlichen Form bis tatsächlich zur Ewigkeit;
oder ist es so das sich die Wesenheiten mit den Jahrzehntausenden zurück transformieren entweder in etwas biologisch effizienteres (nur noch DNA zB);
oder dass Leute freiwillig aus dem Leben scheiden, wennn sie denken genug erlebt zu haben.

Also das anpassen des Wachstums / der Wachstumsrate an die Verhältnisse. Ich denke solche Überlegungen können mit dem technischen Fortschritt durchaus einher gehen.

Edit: Ich sehe gerade, falscher Faden. Kann jemand das eventuell verschieben?
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Ávila am 22.06.2025 | 20:45
Nicht unbedingt. Gruppen können zerfallen bzw. ihre Mitglieder können ihre Einstellung ändern.

Ja, selbstverständlich. Ich hatte an Völker/Ethnien gedacht, wo die Zugehörigkeit stabiler ist als bei weltanschaulichen Gruppen. Ethnogenese zu prognostizieren ist sowieso nochmal ein anderes und viel schwierigeres Thema.

Dem Parallelthread zufolge soll das Setting ca. 2250 spielen. Damit ist man eh aus dem Rahmen brauchbarer demographischer Prognosen raus und kann sich zum gewünschten Endzustand recht bequem einen plausiblen Weg von der aktuellen Weltlage zurechtlegen.

Also, falls das überhaupt gewünscht ist. Je weniger politische und weltanschauliche Konflikte als Abenteuermaterial dienen, umso weniger Gedanken muss man sich da um die genaue Entwicklung und die Auswirkungen auf den aktuellen Settingzustand machen.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Feuersänger am 22.06.2025 | 21:36
Habe die Beiträge jetzt aus dem anderen Thread rübergeholt.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Kurna am 22.06.2025 | 22:34
Erhöht sich die Masse es Universums, und damit die Anzahl möglicher Planeten und Sterne, oder driftet das, was ohnehin schon da ist, nur weiter auseinander? Leerer interstellarer und intergalaktischer Raum hilft niemandem, er ist nur im Weg bei dem Versuch, das, was da ist, zu erreichen.

Bei der Steady State Theorie erhöht sich auch die Masse. Ist eine Alternative zur Urknalltheorie, aber zugegebenermaßen nicht mehr sehr populär (vorsichtig ausgedrückt).
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Ainor am 30.06.2025 | 11:41
Man kann in einem endlich Raum nicht unendlich expandieren. Das ist simple Logik.

... des 19. Jahrhunderts.  https://de.wikipedia.org/wiki/Expansion_des_Universums (https://de.wikipedia.org/wiki/Expansion_des_Universums)

Davon abgesehen... selbst wenn jeder Stern in der Milchstraße einen Planeten wie die Erde hätte und wir uns keine Sorgen um die Lichtgeschwindigkeit machen müssten, bei Verdopplung alle hundert Jahre wäre die Milchstraße in weniger als 4.000 Jahren voll besiedelt, und das ganze Universum in vielleicht 8.000 Jahren. Was in Millionen Jahren passiert, ist da irrelevant.

Für eine bestimmte Definition von "voll".
Es reicht wenn wir 500 Jahre zurückgehen. Die damalige Vorstellung vom Universum war radikal anders als die heutige, und alle Vorhersagen von damals wie viele Menschen in diesem Universum leben können haben sich als falsch herausgestellt. Es ist daher recht albern anzunehmen dass eine heutige Vorhersage in 500 Jahren korrekt sein wird.

Wenn wir haben auf Lichtgeschwindigkeit beziehungsweise einen Bruchteil davon beschränkt sind, erreichen wir lange vorher den Punkt, an dem die Menschheit gar nicht mehr schnell genug expandieren kann, um den Resourcenhunger der ungebremst wachsenden Bevölkerung zu befriedigen.

Warum ungebremst? Wir beobachten ja bereits gebremstes Wachstum. Und warum sollte das von der Lichtgeschwindikeit abhängen? Es hängt im wesentlichen davon ab wie schnell wir neue Ressourcen finden.

Aber klar. Exponentielles Wachstum bedeutet dass man immer schneller neue Ressourcen finden müsste (bzw. immer grössere Ressourcen) und es ist nicht so klar wie Forschung skaliert. Aber es ist halt davon auszugehen dass eine Bevölkerung die immer älter wird langsamer wächst und nicht schneller.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Feuersänger am 30.06.2025 | 12:30
Mal grob durchgerechnet:

Wir wollen eine Dyson Sphere (bzw erstmal -Ring) bauen, und zwar mit Material das wir aus dem Stern selber gewinnen (Starlifting). Als positiven Nebeneffekt verlängern wir damit auch die Lebensdauer des Sterns. Allerdings würde sich dadurch auch die Habitable Zone nach innen verlagern, es ist also ein Tradeoff zwischen bewohnbarer Fläche und Lebensdauer.

Wieviel Material können wir aus der Sonne gewinnen? --> Jede Menge. Die Massenanteile der einzelnen Elemente sind unterschiedlich, aber es sind zB ungefähr (Mittelwerte):
C 0,292%
N 0,085%
O  0,793%
Si  0,075%
Fe  0,129%

Um nur ein paar Wichtige zu nennen. Würden wir der Sonne also zB 5% Masse abzapfen, wären da ca 129000 Milliarden Milliarden [sic!] Tonnen Eisen dabei, das sind mehr als 20 Erdmassen aus purem Eisen. Die anderen Elemente entsprechend, und bei 5% ist auch nicht Ende der Fahnenstange.

Nehmen wir einen Ring auf 0,8AU Halbachse an mit, na sagen wir, 0,4 AU Breite, und planen davon ca 2/3 Land, 1/3 Wasser ein. Das entspräche 200 Millionen mal der Landmasse der Erde.

Bei einer Bevölkerungsdichte von sagen wir 100/km² wäre hier Platz für 2,4 Trillionen (2,4 Milliarden Milliarden) Menschen.
Denke mal dass uns das doch "einige" Generationen Zeit erkauft.

Und dann kann man sich natürlich parallel auf andere Sterne ausbreiten, und diese ebenfalls nach und nach starliften und Dyson-Dinger draus bauen.  In der Milchstraße gibt es allein ca 28 Milliarden Sterne der G-Klasse.

(Das hat offensichtlich aber noch keine andere Spezies je geschafft, sonst hätten wir das ja schon mitbekommen --> Fermi-Paradox)

Natürlich sind das alles endliche Zahlen, aber bis man da am oberen Ende angekommen ist, das dauert schon "eine Weile".
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Chaos am 30.06.2025 | 15:10
... des 19. Jahrhunderts.  https://de.wikipedia.org/wiki/Expansion_des_Universums (https://de.wikipedia.org/wiki/Expansion_des_Universums)

Dir ist aber schon klar, dass größere Entfernung zwischen den Sternen für die Expansion absolut keine Vorteile bringr, sondern sie, weil sie zu überwindende Strecke ist, im Gegenteil eher behinert?
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Chaos am 30.06.2025 | 15:15
Das entspräche 200 Millionen mal der Landmasse der Erde.

Damit hast du, wenn sich die Bevölkerung alle 100 Jahre verdoppelt (und warum sollte sie das nicht, wenn man ihnen weismacht, dass unendlich viel Platz ist?), nicht ganz 2,800 Jahre gewonnen, bevor doch alles voll ist.

Selbst wenn du alle Sterne zu 100% statt 5% umwandeln könntest, wären das nur nochmal 450 Jahre oder so.

Ich bezweifle ernsthaft, dass du irgendetwas aus dem Hut zaubern kannst, das uns (von heute an) mehr als 15,000 Jahre Luft verschafft, bevor das Universum bei Verdopplung der Bevölkerung alle 100 Jahre voll ist.

Nebenbei... wie lange würde es, bei Verdopplung alle 100 Jahre, eigentlich dauern, bis die Masse aller lebenden Menschen der Masse des gesamten Universums entspricht?
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Quaint am 30.06.2025 | 15:24
Es gibt ja mit Orion's Arm ein Projekt, wo sich ein paar Leute Gedanken gemacht haben. Also wohin die hypothethische Scifi Reise geht. Und bei deren Überlegungen spielen dann so Superintelligenzen ne Rolle, und "virtuelle" Wesen die in Computern wohnen, und die haben so ein sehr dichtes und effizientes Rechnermaterial, dass sie Computronium nennen. Und biologisches, stoffliches Leben ist da dann irgendwann gar nichtmehr die Hauptlinie sozusagen. Und sehr viel Zivilisation usw. passiert halt in gewaltigen Computroniumkernen die von sehr stabilen Sonnen getrieben werden.
Das ist aber natürlich nahezu beliebig abgespaced. Jedenfalls ist der biologische Imperativ des Kinder kriegens da sekundär, und es geht eher um die Erweiterung der mentalen Kapazitäten einzelner Superintelligenzen und sowas. Und wer in einer virtuellen Umgebung lebt, die quasi beliebig designd werden kann, und wer ewig lebt potentiell, der hat halt nen anderen Blickwinkel.
Jedenfalls finde ich, für Redshift kann man erstmal damit arbeiten, dass die Menschheit expandiert, und auch davon, dass das Sonnensystem für die vom Setting angedachte Zeit da genug Raum bietet.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Feuersänger am 30.06.2025 | 16:53
Zugegeben, dass es sich so extrem schnell füllt hätte ich nicht gedacht. Aber stimmt schon - 2^n ist halt brutal.

Aber: das geht ja davon aus, dass nicht nur jeder Mensch im Schnitt 2 Kinder in die Welt setzt, sondern jeder 2 Kinder alle 100 Jahre. Wenn man jetzt aber sagt, nach 2 Kindern pro Person (also 4 pro Paar, wenn sie monogam sind) ist Schluss? Schnipp-schnapp!

Dann wäre das Wachstum nur am Anfang rasant und würde sich dann verlangsamen, da es im Verhältnis immer mehr infertile zu fertilen Menschen gibt.

Also: ja, aus je 1 Paar werden nach 1000 Jahren (10 Generationen) 4094 Personen. Aber davon ist die Hälfte nicht mehr fertil, und in der nächsten Generation kommen "nur" 4000 Personen hinzu, nicht 8000.

Anyway, das bestätigt dennoch den eigentlichen Punkt, wer auch immer ihn zuerst aufgestellt hat: über kurz oder lang braucht man bei Unsterblichkeit irgendeine Form von Geburtenkontrolle.

Kann natürlich auch sein, dass sich die TFR von ganz allein zB bei 0,5 einpendelt, weil Kinder dann halt doch nur ein Hobby für Fans sind -- schwupp haben wir gar kein Verdoppelungsintervall mehr, da die fertile Kohorte immer weiter schrumpft und sich die Gesamtbevölkerung asymptotisch an die 2,0 annähert.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Chaos am 30.06.2025 | 17:10
Zugegeben, dass es sich so extrem schnell füllt hätte ich nicht gedacht. Aber stimmt schon - 2^n ist halt brutal.

Aber: das geht ja davon aus, dass nicht nur jeder Mensch im Schnitt 2 Kinder in die Welt setzt, sondern jeder 2 Kinder alle 100 Jahre. Wenn man jetzt aber sagt, nach 2 Kindern pro Person (also 4 pro Paar, wenn sie monogam sind) ist Schluss? Schnipp-schnapp!

Dann wäre das Wachstum nur am Anfang rasant und würde sich dann verlangsamen, da es im Verhältnis immer mehr infertile zu fertilen Menschen gibt.

Also: ja, aus je 1 Paar werden nach 1000 Jahren (10 Generationen) 4094 Personen. Aber davon ist die Hälfte nicht mehr fertil, und in der nächsten Generation kommen "nur" 4000 Personen hinzu, nicht 8000.

Anyway, das bestätigt dennoch den eigentlichen Punkt, wer auch immer ihn zuerst aufgestellt hat: über kurz oder lang braucht man bei Unsterblichkeit irgendeine Form von Geburtenkontrolle.

Kann natürlich auch sein, dass sich die TFR von ganz allein zB bei 0,5 einpendelt, weil Kinder dann halt doch nur ein Hobby für Fans sind -- schwupp haben wir gar kein Verdoppelungsintervall mehr, da die fertile Kohorte immer weiter schrumpft und sich die Gesamtbevölkerung asymptotisch an die 2,0 annähert.

"Wir machen unsere Gesellschaft einfach brutal kinder- und elternfeindlich, und wundern uns dann, warum die Leute immer weniger Kinder bekommen" ist ja irgendeine auch eine Form von Geburtenkontrolle - noch wohl eben nicht die Art, die in dein eher optimistisches Setting reinpasst.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Feuersänger am 30.06.2025 | 17:40
"Wir machen unsere Gesellschaft einfach brutal kinder- und elternfeindlich, und wundern uns dann, warum die Leute immer weniger Kinder bekommen" ist ja irgendeine auch eine Form von Geburtenkontrolle - noch wohl eben nicht die Art, die in dein eher optimistisches Setting reinpasst.

Gut gebrüllt, Löwe.

Ja wie gesagt, das Szenario mit der Unsterblichkeit habe ich für Redshift jetzt erstmal ausgeklammert. Da rechne ich fürs erste weiterhin mit einer Lebenserwartung um 120 Jahre, Tendenz steigend. Dafür gehe ich aber auch davon aus, dass die TFR sich weltweit stabilisiert hat und die Bevölkerung ungefähr gleich bleibt.

Es ist ja aktuell (IRL) so, dass die TFR in den meisten entwickelten Ländern so um 1,5 liegt; selbst Indien nach neuesten Zahlen kaum noch wächst und der Peak quasi als erreicht betrachtet werden kann. Lediglich Afrika und eine Handvoll weiterer Länder wachsen noch stark weiter.
Wenn ich mal davon ausgehe, dass diese Trends die nächsten 50 Jahre grob anhalten (Afrika TFR stetig sinkend), und sich erst dann infolge der Großen Umwälzung ab 2070 stabilisieren, haben wir um 2100 rum vielleicht eine Weltbevölkerung vergleichbar mit der heutigen, jedoch mit einem größeren Anteil Afrikas, und TFR dann überall um 2,1 herum und somit in den folgenden Jahrzehnten stabil.

Wobei da natürlich wie gesagt viele Faktoren mit reinspielen, die auch in den offiziellen Bevölkerungsprojektionen mW nicht immer stringent berücksichtigt werden, z.B. Verlust landwirtschaftlicher Flächen durch Klimawandel, somit Ernteeinbrüche, Hungersnöte und Wassermangel usw. Gerade für Afrika dürfte es da noch richtig finster werden.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: unicum am 30.06.2025 | 17:48
"Wir machen unsere Gesellschaft einfach brutal kinder- und elternfeindlich, und wundern uns dann, warum die Leute immer weniger Kinder bekommen" ist ja irgendeine auch eine Form von Geburtenkontrolle - noch wohl eben nicht die Art, die in dein eher optimistisches Setting reinpasst.

Ich sehe das nicht so negativ.

Naja, was sind den Kinder in den Ländern der dritten Welt? Jezt mal knallhart in einem Wort gesagt: Rentenversicherung.
Wenn man langlebig ist und auch ein ganzes Leben lang mehr oder weniger erwerbstätig sein kann, dann ist der zwang zur reproduktion eben nicht mehr so hoch, dann ist sex einfach nur noch "spass" oder eine bewusste entscheidung für das Kind. (Im gegensatz zu unbewussten welche dann in einer Abtreibung herauslaufen

Wenn die unterhaltungsmöglichkeiten immer mehr zunehmen dann sinkt die anzahl der Kinder auch, sah man ja mal als es in New York einen längeren Stromausfall gab - kein fernseher - mehr Kinder!

Es gibt doch schon heute immer mehr allein lebende Menschen, das könnte man sich früher einfach nicht erlauben. In der Zukunft? Das wird eher mehr werden (in der ersten Welt). Für Leute die Sex wollen? Es wird Roboter geben für sowas - (Was macht das mit der Prostitution? okay das wird nicht ganz verschwinden aber wer weis?)

Auf der anderen Seite - wenn kinder seltener sind dann sind auch wieder mehr resourchen für Kinder da. Ich erinnere mich das bei uns auf 30 Kinder 2 erzieherinnen gekommen sind (1976 rum oder so) heute sind es bei meinem Kleinen im Kindergarten auf 18 Kinder 4 und der moderne Kindergarten ist nicht nur "Aufbewahrungsort für Kinder" wie früher sondern auch schon vorschulisches Lernen. (Naja muss auch, in der Gruppe meines Kindes werden viele verschiedene Sprachen gesprochen, aber in der Gruppe eben Deutsch.)
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Ainor am 30.06.2025 | 23:34
Dir ist aber schon klar, dass größere Entfernung zwischen den Sternen für die Expansion absolut keine Vorteile bringr, sondern sie, weil sie zu überwindende Strecke ist, im Gegenteil eher behinert?

Ist es. Das habe ich aber auch nicht behauptet. Aber endlich ist der Raum nunmal anscheinend nicht.

Zugegeben, dass es sich so extrem schnell füllt hätte ich nicht gedacht. Aber stimmt schon - 2^n ist halt brutal.

Verdopplung in einer Generation (Fertilitätsrate >4) gibt es momentan in Afrika. Aber das scheint praktisch überall das Resultat alter Traditionen und neuer (niedriger) Kindersterblichkeit zu sein. In Europa (und vielen anderen Weltregionen) sind wir aber eher bei 1,5.

Aber: das geht ja davon aus, dass nicht nur jeder Mensch im Schnitt 2 Kinder in die Welt setzt, sondern jeder 2 Kinder alle 100 Jahre. Wenn man jetzt aber sagt, nach 2 Kindern pro Person (also 4 pro Paar, wenn sie monogam sind) ist Schluss? Schnipp-schnapp!

x Kinder alle 100 Jahre ist aufrgund der Menopause biologisch eher unwahrscheinlich (klar klonen oder irgendwas mit Stammzellen geht immer, aber das ist quasi willkürlich). Deshalb schrieb ich ja weiter oben: nach 100 Jahren
2 Kinder (nicht 4), und dann ewiges Leben.

Anyway, das bestätigt dennoch den eigentlichen Punkt, wer auch immer ihn zuerst aufgestellt hat: über kurz oder lang braucht man bei Unsterblichkeit irgendeine Form von Geburtenkontrolle.

Bleiben wir einen Moment bei Fertilitätsrate 4 (Verdoppelung in jeder Generation). Für Stebliche hat man nach 10
Generationen also 1024 (2^10) mal soviele (die vorherigen Generationen sind gestorben). Bei Unsterblichen hat man 1024 + 512 + ... + 1 =2047.  Es sind also grade mal doppelt so viele. Und das geht davon aus dass die Generationenfolge die gleiche ist. Ist sie stattdessen doppelt so schnell gäbe es nach demselben Zeitraum von den Sterblichen etwa eine Millionen mal soviele (2^20). Bei hoher Fertilitätsrate vermehren sich Sterbliche mit schneller Generationenfolge also viel schneller als Unsterbliche.

In meinem obigen Beispiel hatte ich allerdings die viel realistischere Fertilitätsrate 2. Die Sterblichen bleiben also konstant. Bei X Unsterblichen dagegen kommen in jeder Generation X hinzu. Nach 9 Generationen also eine Verzehnfachung, also lineares Wachstum von (n+1)X.  Wenn ich also 1000 Jahre Zeit habe um 40 Milliarden auf der Erde unterzubringen ist das mit der Raumfahrt nicht so dringend.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Feuersänger am 1.07.2025 | 14:28
Zitat
Naja, was sind den Kinder in den Ländern der dritten Welt? Jezt mal knallhart in einem Wort gesagt: Rentenversicherung.
Wenn man langlebig ist und auch ein ganzes Leben lang mehr oder weniger erwerbstätig sein kann, dann ist der zwang zur reproduktion eben nicht mehr so hoch, dann ist sex einfach nur noch "spass" oder eine bewusste entscheidung für das Kind.

Hat natürlich auch viel mit Bildung zu tun. Insbesondere Frauenbildung ist so ziemlich _der_ eine größte beeinflussende Faktor der TFR. Aber natürlich auch Verfügbarkeit (und sichere Anwendung) von Verhütungsmitteln. Bleibt das mit der Alterversicherung -- das sind dann freilich größere strukturelle Umstellungen, gerade in Schwellen- und Entwicklungsländern nicht trivial.

Zitat
In meinem obigen Beispiel hatte ich allerdings die viel realistischere Fertilitätsrate 2. Die Sterblichen bleiben also konstant. Bei X Unsterblichen dagegen kommen in jeder Generation X hinzu. Nach 9 Generationen also eine Verzehnfachung, also lineares Wachstum von (n+1)X.  Wenn ich also 1000 Jahre Zeit habe um 40 Milliarden auf der Erde unterzubringen ist das mit der Raumfahrt nicht so dringend.

Das stimmt wohl - wobei ich mir die Erde nicht wirklich mit 40 Milliarden Menschen vorstellen möchte.

Wie eingangs des Threads besprochen, gehe ich schon im Langlebigkeits-Szenario davon aus, dass sich der Zeitraum des Kinderkriegens immer weiter nach hinten schieben wird - zum Beispiel auf 60-70 Jahre (Verdoppelung des heutigen Durchschnittsalters), mit Keimzellen die sie sich zB mit 20 haben entnehmen lassen. Die Gestation kann auch komplett Ex Utero durchgeführt werden. --> klassische biologische Limits wie Menopause sind schon in diesem Szenario kein Hindernis mehr.
In einem Unsterblichkeitsszenario, das wie eingangs definiert quasi als "ewige Jugend" funktionieren soll, dürfte es schon biologisch kein Problem sein.

--> Man kann davon ausgehen, dass die Menschen Kinder in frei gewählter Anzahl und zu frei gewähltem Zeitpunkt bekommen _können_.
Ja, ob und wieviel sie wollen, ist eine andere Sache.

Würde sich die Fertilität langfristig und permanent bei 1.5 einpegeln, hätten wir
- im Langlebigkeitsszenario eine stetig schrumpfende Bevölkerung bis hin zum Aussterben
- im Unsterblichkeitsszenario immer weniger und weniger fertile Menschen, bis irgendwann niemand mehr nachkommt.

Aber wie Volker Pispers mal so schön sagte: "Ich wollte immer schonmal wissen, wie lang meine Zehennägel werden, wenn ich sie nie wieder schneide". --> will heißen, solche Trends können sich auch wieder ändern.
Case in point: ich habe irgendwo ein Buch von ca 1930 England rumliegen. Damals war dort die Fortpflanzungsrate so niedrig, dass der Autor geunkt hat, bis zum Jahr 2000 würde es nur noch 3 Millionen Englänger geben.

Also wie gesagt: wenn ich davon ausginge, dass sich die FTR permanent (inklusive Afrika) bei 1.5 festnagelt (bei sterblichen Menschen), hätten wir 150 Jahre später nur noch ca 1/4 der ursprünglichen Bevölkerung, und davon wären fast alle "alt". Daher _muss_ ich für das Setting quasi annehmen, dass die FTR sich rechtzeitig stabilisiert, weil sonst keiner mehr da ist.

Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: unicum am 1.07.2025 | 14:45
Hat natürlich auch viel mit Bildung zu tun. Insbesondere Frauenbildung ist so ziemlich _der_ eine größte beeinflussende Faktor der TFR. Aber natürlich auch Verfügbarkeit (und sichere Anwendung) von Verhütungsmitteln. Bleibt das mit der Alterversicherung -- das sind dann freilich größere strukturelle Umstellungen, gerade in Schwellen- und Entwicklungsländern nicht trivial.

Ja, mag für einige Länder (insbesondere Afrika) so sein alleine: ich schaue mich im Bekanntenkreis meiner Philipphinischen Frau um und sehe: alles Frauen die nach D gekommen sind und hier qualifiziert arbeiten in Pflegeberufen und ja da gibt es schon einen signifikanten Brain Drain und "Frauen Drain",... auf die ~12 Frauen kommen 2 Männer und davon hat auch einer nach D geheiratet, der andere arbeitet in D in der Luftfahrt.


Also wie gesagt: wenn ich davon ausginge, dass sich die FTR permanent (inklusive Afrika) bei 1.5 festnagelt (bei sterblichen Menschen), hätten wir 150 Jahre später nur noch ca 1/4 der ursprünglichen Bevölkerung, und davon wären fast alle "alt". Daher _muss_ ich für das Setting quasi annehmen, dass die FTR sich rechtzeitig stabilisiert, weil sonst keiner mehr da ist.

Bei dem lesen davon habe ich aber gleich noch an ein anderes Problem gedacht: Erbschaften. Was macht so eine Entwicklung mit dem Kapital (d.h. Geld; aber eben nicht nur) der Menschen? Wie fängt man das ein das sich die Macht nicht immer weiter zusammen ballt?

Zugestanden mit weniger Arbeitskräften auf dem Markt werden die Arbeitgeber den Arbeitnehmern auch bessere Konditionen machen müssen. Ich für meinen Teil hab bisher noch keinen Grund gesehen warum ich nicht vieleicht länger arbeiten werde als das gesetzliche vorgeschriebene.

Das ist auch so eine Sache bei einer deutlich verschobenen Altersstruktur. Wie aquiriert man Arbeitskräfte? Wie hält man sie im Unternehmen? Ich denke das Amerikanische "Hire and Fire" wird so jedenfalls kaum noch eine Chance haben,...

Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Feuersänger am 1.07.2025 | 16:00
Bei dem lesen davon habe ich aber gleich noch an ein anderes Problem gedacht: Erbschaften. Was macht so eine Entwicklung mit dem Kapital (d.h. Geld; aber eben nicht nur) der Menschen? Wie fängt man das ein das sich die Macht nicht immer weiter zusammen ballt?

Das Thema habe ich hier - für mein Setting - in groben Zügen umrissen: https://www.tanelorn.net/index.php/topic,130789.0.html
Kurzfassung: es gibt einen persönlichen Vermögensdeckel, der verhindert, dass sich Individuen immer mehr Vermögen, Einfluss und somit Macht aneignen. Vereinfacht kannst du dir das als 100% Steuersatz vorstellen, wenn das Gesamtvermögen einen bestimmten Wert übersteigt. Allerdings ist dieses PWC immer noch so hoch, dass es für 99,999% der Bevölkerung nicht relevant wird, etwa Äquivalent zu 100 Mio € heute.
Gleichzeitig hat die bisherige Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Struktur weniger Bedeutung; dominanter sind Genossenschaften und verwandte Modelle. Sprich: der Einzelne hat viel mehr das Gefühl, für sich selbst zu arbeiten, statt für eine Aktionärsversammlung, hat aber durch die Kooperative auch ein soziales Netz, wenn mal etwas schief geht.
(Mal abgesehen davon, dass ich davon ausgehe, dass auf der Erde bis dahin so etwas wie Bedingungsloses Grundeinkommen gibt, finanziert in 1. Linie durch die Produktivitätssteigerungen qua Automatisierung).

Wie das dann mit Erbschaften ist? Keine Ahnung. Denke mal, man kann schon einen Teil seines Vermögens an seine Nachkommen - oder wen auch immer - übertragen. Inwiefern es in so einem Modell möglich ist, privat zu investieren und von Renditen zu leben, ist da allerdings die andere Frage -- generell dürften die Möglichkeiten hier stark eingeschränkt sein.

Also kurz, es geht um diese Diskrepanz zwischen Produktivität und Realeinkommen:
(https://www.tanelorn.net/index.php?action=dlattach;topic=130783.0;attach=38309)

Diese Producvity Pay Gap soll in meinem Kommunismus aufgelöst werden.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Chaos am 1.07.2025 | 16:04
Ist es. Das habe ich aber auch nicht behauptet. Aber endlich ist der Raum nunmal anscheinend nicht.

Du ignorierst weiterhin, dass es EGAL ist, ob der interstellare Raum endlich oder unendlich ist. Interstellarer Raum bietet keine Resourcen. Wir brauchen Sterne und Planeten. Die sind in endlicher Zahl vorhanden, weil das Material, aus dem sie bestehen, in endlicher Menge zur Verfügung steht.

Die Quadratkilometer auf Planetenoberflächen und die Kubikkilometer, in denen in Sternen Kernfusion stattfindet, die sind endlich. Und genau die brauchen wir.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Galatea am 1.07.2025 | 16:54
Das ist eine Sache über die man sich realistisch Gedanken machen kann, wenn man Kardashev Stufe 3 erreicht hat.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Feuersänger am 2.07.2025 | 13:47
Noch ein Nachgedanke zum Thema Investitionen.

Wie eins weiter oben geschrieben, denke ich nicht dass es noch Börsen, Aktienhandel und die ganzen Pferdewetten geben wird. Vielleicht mag es Bonds geben und gut. Eigentlich habe ich ja vorgesehen - auch schon im anderen Thread erwähnt - dass Unternehmen mit Investitionsabsichten sich benötigtes Geld von einer Art "KfW" leihen können, also eine öffentlich-rechtliche Institution.
Denkbar wäre nun, dass diese Bank anders als die KfW auch Einlagen annimmt. Sie dient also als Hub dafür, dein Erspartes an expandierende Unternehmen weiter zu verleihen -- quasi so, wie wir früher mal als kleine Kinder gelernt haben, wie Banken angeblich arbeiten.

Man könnte das jetzt auch noch weiter ausgestalten, zB wo in einer immer weiter wachsenden Wirtschaft (dazu haben wir ja die Raum-Expansion, um das zu ermöglichen) immer neues Geld herkommt. Heute ist es ja quasi so, dass neues Geld nur durch neue Schulden entsteht. Also quasi genau andersrum wie gewisse Blitzbirnen das immer wieder runterleiern (der Staatshaushalt als schwäbische Hausfrau), sondern umgekehrt "man kann kein Geld [als Steuern] einnehmen, was man nicht vorher [als Schulden] ausgegeben hat".
Ob das in unserer SF-Ökonomie noch genauso gilt weiß ich nicht, ich bin auch kein Volkswirtschaftler; vielleicht wäre auch alternativ eine energiegedeckte Währung denkbar. Das ist aber jetzt nur so ins Blaue fabuliert, spielt fürs Setting selber nicht so die Rolle.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Chaos am 2.07.2025 | 14:18
Noch ein Nachgedanke zum Thema Investitionen.

Wie eins weiter oben geschrieben, denke ich nicht dass es noch Börsen, Aktienhandel und die ganzen Pferdewetten geben wird. Vielleicht mag es Bonds geben und gut. Eigentlich habe ich ja vorgesehen - auch schon im anderen Thread erwähnt - dass Unternehmen mit Investitionsabsichten sich benötigtes Geld von einer Art "KfW" leihen können, also eine öffentlich-rechtliche Institution.
Denkbar wäre nun, dass diese Bank anders als die KfW auch Einlagen annimmt. Sie dient also als Hub dafür, dein Erspartes an expandierende Unternehmen weiter zu verleihen -- quasi so, wie wir früher mal als kleine Kinder gelernt haben, wie Banken angeblich arbeiten.

So etwas wie Futures könnte es weiterhin geben. Die Idee war ja ursprünglich, dass du zum Beispiel heute Weizen anbaust, aber nicht weißt, wie sich der Preis bis zur Ernte entwickeln wird, und du gerne Planungssicherheit hättest - also findest du jemanden, der bereit ist, dir deine Ernte dann für X Euro pro Tonne abzukaufen, egal wie der Marktpreis zur Erntezeit wirklich ist. Du gibst die Chance auf, zur Erntezeit zu einem höheren Preis als X zu verkaufen, hast dafür auch nicht das Risiko, dass der Preis zur Erntezeit niedriger ist als X. Zur Pferdewette wurde das ganze erst, als jemand gemerkt hat, dass man gar keine Weizenfelder braucht, um mit Weizen-Futures zu handeln.

Mit entsprechenden Regulierungen, dass (in diesem Beispiel) nur der, der den Weizen auch wirklich anbaut, einen Future-Handel eingehen darf, wären der allermeiste Missbrauch und die allermeisten Ripple-Effekte der Pferdewetten schon verhindert.

Zitat
Man könnte das jetzt auch noch weiter ausgestalten, zB wo in einer immer weiter wachsenden Wirtschaft (dazu haben wir ja die Raum-Expansion, um das zu ermöglichen) immer neues Geld herkommt. Heute ist es ja quasi so, dass neues Geld nur durch neue Schulden entsteht. Also quasi genau andersrum wie gewisse Blitzbirnen das immer wieder runterleiern (der Staatshaushalt als schwäbische Hausfrau), sondern umgekehrt "man kann kein Geld [als Steuern] einnehmen, was man nicht vorher [als Schulden] ausgegeben hat".
Ob das in unserer SF-Ökonomie noch genauso gilt weiß ich nicht, ich bin auch kein Volkswirtschaftler; vielleicht wäre auch alternativ eine energiegedeckte Währung denkbar. Das ist aber jetzt nur so ins Blaue fabuliert, spielt fürs Setting selber nicht so die Rolle.

Geld, das nicht auf einer bestimmten Ware basiert, ist letztendlich genau soviel wert, wie man denjenigen, die das Geld ausgeben, zutraut. In einem optimistischen Setting wie Redshift kann das durchaus eine ganze Menge sein.

Auch durch Edelmetall oder andere Waren gedecktes Geld kann an Wert verlieren, sogar das Edelmetall selbst, wenn sich plötzlich eine zu ergiebige neue Quelle auftut - siehe auch den Preisverfall von Silber, nachdem die Spanier Europa mit dem Ertrag ihrer Silberminen in der Neuen Welt überflutet haben, oder der Preisverfall von Gold im Zuge von Mansa Musas Pilgerreise nach Mekka.

Sobald die ganze Saturn-Operation richtig losgelegt hat, ist He3 (und damit Fusionsenergie) vielleicht nicht gerade im Überfluss vorhanden, aber die allerschlimmste Knappheit ist überwunden, und der Preis von Energie dürfte deutlich sinken.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Chaos am 2.07.2025 | 14:45
Nachdem du keine Hemmungen hast, uns hier mit Physik zu kommen, um deine Entscheidungen zu rechtfertigen ( ~;D), habe ich keine Hemmungen, dir mit VWL zu kommen, um deine Entscheidungen zu beeinflussen ( >;D).

Es gibt in der Geldtheorie eine Formel, die quasi das "Energie ist gleich Masse mal Lichtgeschwindigkeit zum Quadrat" der VWL ist:

M*V = P*Q

M ist die Geldmenge
V ist die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes
P ist das Preisniveau
Q ist die Warenmenge (Dienstleistungen zählen hier der Einfachheit halber als Waren)

Man geht allgemein davon aus, dass V unter normalen Umständen statisch ist.

Wenn nun in einer expandierenden Wirtschaft die Warenmenge stetig steigt, dann muss entweder die Geldmenge entsprechend mit steigen, oder das Preisniveau sinkt. Sinkendes Preisniveau nennt man auch "Deflation", und die ist eher noch schlechter als Inflation, weil über kurz oder lang alle nicht absolut essentiellen und dringenden Käufe/Investionen zum Stillstand kommen - warum heute etwas für 100 Euro kaufen, das ich nächsten Monat für 95 Euro bekommen kann?

Sprich, neues Geld muss her, sonst geht über kurz oder lang die Wirtschaft in die Knie.

Das ist auch der Grund, warum Notenbank versuchen, die Inflation gering zu halten (normalweise so um die 2%), nicht auf Null - Schwankungen in beide Richtungen gibt es immer, und man will verhindern, dass irgendwelche Schwankungen bis in Richtung Deflation ausschlagen.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: nobody@home am 2.07.2025 | 15:16
Nachdem du keine Hemmungen hast, uns hier mit Physik zu kommen, um deine Entscheidungen zu rechtfertigen ( ~;D), habe ich keine Hemmungen, dir mit VWL zu kommen, um deine Entscheidungen zu beeinflussen ( >;D).

Es gibt in der Geldtheorie eine Formel, die quasi das "Energie ist gleich Masse mal Lichtgeschwindigkeit zum Quadrat" der VWL ist:

M*V = P*Q

M ist die Geldmenge
V ist die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes
P ist das Preisniveau
Q ist die Warenmenge (Dienstleistungen zählen hier der Einfachheit halber als Waren)

Man geht allgemein davon aus, dass V unter normalen Umständen statisch ist.

Wenn nun in einer expandierenden Wirtschaft die Warenmenge stetig steigt, dann muss entweder die Geldmenge entsprechend mit steigen, oder das Preisniveau sinkt. Sinkendes Preisniveau nennt man auch "Deflation", und die ist eher noch schlechter als Inflation, weil über kurz oder lang alle nicht absolut essentiellen und dringenden Käufe/Investionen zum Stillstand kommen - warum heute etwas für 100 Euro kaufen, das ich nächsten Monat für 95 Euro bekommen kann?

Sprich, neues Geld muss her, sonst geht über kurz oder lang die Wirtschaft in die Knie.

Das ist auch der Grund, warum Notenbank versuchen, die Inflation gering zu halten (normalweise so um die 2%), nicht auf Null - Schwankungen in beide Richtungen gibt es immer, und man will verhindern, dass irgendwelche Schwankungen bis in Richtung Deflation ausschlagen.

Das ist halt so der Kapitalismus. "Alles muß immer teurer werden, nur so wissen wir, daß es der Wirtschaft auch gut geht!"

Ich vermute stark, daß auch diese Blase irgendwann mal gründlich platzen wird -- aus grundsätzlich begrenzten Ressourcen läßt sich nun mal nicht unbegrenzt wieder und wieder Profit schlagen, wir streiten da also bestenfalls über Zeitpunkt und Auslöser. Daß heutige Wirtschaftstheorien noch nicht beschreiben, was immer auf unser derzeitiges System als Nächstes folgen mag, muß dabei nicht verwundern, schließlich sind die in erster Linie gerade dazu da, den aktuellen Ist-Zustand zu beschreiben und handhabbar zu machen; andererseits ist das potentiell ein dankbares Thema für Spekulation im SF-Gewand.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Chaos am 2.07.2025 | 15:44
Das ist halt so der Kapitalismus. "Alles muß immer teurer werden, nur so wissen wir, daß es der Wirtschaft auch gut geht!"

Ich vermute stark, daß auch diese Blase irgendwann mal gründlich platzen wird -- aus grundsätzlich begrenzten Ressourcen läßt sich nun mal nicht unbegrenzt wieder und wieder Profit schlagen, wir streiten da also bestenfalls über Zeitpunkt und Auslöser. Daß heutige Wirtschaftstheorien noch nicht beschreiben, was immer auf unser derzeitiges System als Nächstes folgen mag, muß dabei nicht verwundern, schließlich sind die in erster Linie gerade dazu da, den aktuellen Ist-Zustand zu beschreiben und handhabbar zu machen; andererseits ist das potentiell ein dankbares Thema für Spekulation im SF-Gewand.

Diese Formel gilt ungeachtet des Wirtschaftssystems. Das kannst du genauso wenig ändern wie E = m*c^2.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Feuersänger am 2.07.2025 | 16:23
Mit entsprechenden Regulierungen, dass (in diesem Beispiel) nur der, der den Weizen auch wirklich anbaut, einen Future-Handel eingehen darf, wären der allermeiste Missbrauch und die allermeisten Ripple-Effekte der Pferdewetten schon verhindert.

Klingt auf jeden Fall sinnvoll!

Zitat
Sobald die ganze Saturn-Operation richtig losgelegt hat, ist He3 (und damit Fusionsenergie) vielleicht nicht gerade im Überfluss vorhanden, aber die allerschlimmste Knappheit ist überwunden, und der Preis von Energie dürfte deutlich sinken.

Im Prinzip ja. Ich versuche es jetzt nochmal, den Weltbedarf auszurechnen wenn man _alles_ mit 3He decken wollte.
Heute haben wir einen Weltenergiebedarf von ca 620 Exajoule. (Davon heutzutage zu ca 80% fossil erzeugt.) Gehen wir mal von dieser Zahl aus, und berücksichtigen dass wir dabei viel Wärmeverluste haben. Bei einem angenommenen Wirkungsgrad von 40% reduziert sich der Gesamtbedarf an elektrischer Energie auf (120+500*0,4)= 324EJ.

Der Bedarf wird auch vermutlich nicht weniger, v.a. wenn wir in der Zukunft auch die ganzen Entwicklungsländer auf sagen wir einen südeuropäischen Lebensstandard hieven wollen.   
Nehmen wir mal für die Stromerzeugung mit D-3He einen Wirkungsgrad von 60% an, dann kriegen wir aus 1kg 3He ca 350TJ = 350e12J
Das eine durch das andere geteilt, ergibt knapp 1000 Tonnen Jahresverbrauch.

--> Hurra, dieser Betrag dürfte in der Redshift-Gegenwart bereits zuverlässig gedeckt werden können. Produktionskapazität 2250: ca 3000t/Jahr (wovon natürlich auch Raumschiffe und extraterrestrische Anlagen betrieben werden). 1000t für die Erde - das klingt bei meiner Timeline etwa ab 2200 plausibel.

Der Haken an der ganzen Sache ist freilich, dass die Dekarbonisierung deutlich früher abgeschlossen sein muss, bevor die 3He-Fusion zur Verfügung steht. Aber wie ersetzt man 500EJ fossile Energieträger? --> evtl steht uns da ein Jahrhundert der Energierationierung bevor.
Um die ganzen 500EJ durch Sonne und Wind zu ersetzen, bräuchten wir eine installierte Leistung von ca 25TW. Heutige installierte Leistung 1,6TW, etwa 6% davon.

Und dann bräuchten wir _zusätzlich_ noch an Kurzzeitspeichern (Akkus) allein ca 600TWh; da sind die mittel- und längerfristigen Speicher (Power to Gas etc) noch komplett außen vor. Heute installierte Kapazität: 2-3TWh.

Zitat
Nachdem du keine Hemmungen hast, uns hier mit Physik zu kommen, um deine Entscheidungen zu rechtfertigen ( ~;D), habe ich keine Hemmungen, dir mit VWL zu kommen, um deine Entscheidungen zu beeinflussen ( >;D).

Nur zu, da hab ich kein Problem damit. ^^ ich würde ja durchaus gerne mehr von VWL verstehen.

Es findet also ständig ein Rennen zwischen Geldmenge, Warenmenge und Preisniveau statt, richtig? Und dabei wollen wir das ganze so austarieren, dass der Wohlstand steigt (also die Cola vielleicht nächstes Jahr 1,02€ statt 1€ kostet, aber ich auch 1,04 statt 1€ zur Verfügung habe). Was würde alternativ ohne Wachstum passieren? Also, wenn das Ausbleiben von Wachstum kein unglücklicher Zufall ist, sondern man irgendwann sagt "So, jetzt hat jeder genug, so kann es bleiben, macht Feierabend Leute"?

Wie gesagt, ich habe nicht vor, da die heutigen Währungen auf Inflation hochzurechnen (1 Cola 100€) - es wird neue Währungen geben und fertig (1 Cola 1 Sol).

--

Das ist halt so der Kapitalismus. "Alles muß immer teurer werden, nur so wissen wir, daß es der Wirtschaft auch gut geht!"

Ich vermute stark, daß auch diese Blase irgendwann mal gründlich platzen wird -- aus grundsätzlich begrenzten Ressourcen läßt sich nun mal nicht unbegrenzt wieder und wieder Profit schlagen, wir streiten da also bestenfalls über Zeitpunkt und Auslöser.

Ich verstehe schon den von Chaos angesprochenen Gedankengang, dass Deflation schädlich ist, weil ja dann zB niemand mehr irgendwem irgendwas leihen wird und auch nichts mehr investiert wird. Ich frage mich halt nur, ob da nicht auch ein Gleichgewicht möglich ist.

Wobei wir halt mit dem solaren Setting da wieder viiiiieeeeeeel Raum für Wachstum haben -- die Frage ist also für Redshift eher akademisch. Die Ressourcen im Sonnensystem gehen nicht so schnell aus, und die durch Starlifting Erreichbaren noch viel später.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Chaos am 2.07.2025 | 16:48
Nur zu, da hab ich kein Problem damit. ^^ ich würde ja durchaus gerne mehr von VWL verstehen.

Es findet also ständig ein Rennen zwischen Geldmenge, Warenmenge und Preisniveau statt, richtig? Und dabei wollen wir das ganze so austarieren, dass der Wohlstand steigt (also die Cola vielleicht nächstes Jahr 1,02€ statt 1€ kostet, aber ich auch 1,04 statt 1€ zur Verfügung habe). Was würde alternativ ohne Wachstum passieren? Also, wenn das Ausbleiben von Wachstum kein unglücklicher Zufall ist, sondern man irgendwann sagt "So, jetzt hat jeder genug, so kann es bleiben, macht Feierabend Leute"?

Wie gesagt, ich habe nicht vor, da die heutigen Währungen auf Inflation hochzurechnen (1 Cola 100€) - es wird neue Währungen geben und fertig (1 Cola 1 Sol).

"Ohne Wachstum" ist halt auch absichtlich nicht wirklich machbar. Die Ernte ist mal mehr, mal weniger. Innovationen erhöhen Produktivität. Eine globale Pandemie macht die Staatsgrenzen dicht. Shit happens, in beide Richtungen, und man kann da nicht in Echtzeit perfekt durch Anpassung der Geldmenge reagieren.

Eigentlich will man das Preisniveau möglichst stabil halten. Da aber Deflation tendenziell als schlimmer angesehen wir als Inflation, zielt man lieber auf leichte Inflation ab, um das Risiko von Deflation zu verringern.

Allerdings... es ist schon fair zu sagen, dass der Kapitalismus heutiger Prägung vor allem darauf ausgerichtet ist, eine bestimmte Minderheit der Bevölkerung so reich und mächtig wie möglich zu machen. Wenn diese Minderheit, wie in Redshift, weitgehend entmachtet ist, dürfte sich der Fokus des Wirtschaftssystems mit der Zeit wandeln - man könnte sich zum Beispiel fragen, was denn so schlimm daran sein soll, der Arbeiterschaft einen Teil von Kuchen abzugeben, anstatt sie nur gerade eben so am Leben zu erhalten.

Gleichzeitig ist es mit wachsender Leistungsfähigkeit von Computern und dem Aufkommen von künstlichen oder virtuellen Intelligenzen immer leichter, hochkomplexe System zu modellieren, und damit auch, eine Planwirtschaft aufzuziehen, die den Karren nicht binnen kürzester Zeit an die Wand fährt wie im 20. Jahrhundert.

Gerade an den Grenzen der Expansion, im Saturnsystem und im Asteroidengürtel, dort es viel mehr darauf ankommt, dass die Dinge reibungslos laufen, als darauf, dass irgendjemand massiv Kohle scheffelt, kann ich mir eine Planwirtschaft durchaus vorstellen. Und da wäre es dann auch meines Erachtens plausibel, eine wirklich auf Preisstabilität anstatt auf möglichst gleichmäßige leichte Inflation abzielende Geldpolitik zu fahren.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: nobody@home am 2.07.2025 | 16:59
Ich verstehe schon den von Chaos angesprochenen Gedankengang, dass Deflation schädlich ist, weil ja dann zB niemand mehr irgendwem irgendwas leihen wird und auch nichts mehr investiert wird. Ich frage mich halt nur, ob da nicht auch ein Gleichgewicht möglich ist.

Letzten Endes wird's auf absehbare Zeit immer noch genügend Dinge geben, die jemand gleich braucht. Wenn ich heute am Verhungern bin, warte ich nicht bis nächste Woche darauf, daß der Preis für ein Pfund Brot und etwas drauf noch mal um ein, zwei Cent sinkt, und auch, wenn ich irgendetwas Längerfristiges plane, muß ich ja mit der konkreten Umsetzung dieser Pläne irgendwann mal tatsächlich anfangen, wenn sie mir jemals etwas bringen sollen, und kann das nicht bis in alle Ewigkeit aufschieben.

Hinzu kommt, daß Deflationen zwar allgemein schlecht für den Profit sein mögen...aber inwieweit der seinerseits auch noch über die nächsten Jahrhunderte und -tausende überhaupt noch konstant als wirtschaftliche Tugend betrachtet werden wird, fällt dann endgültig in den Bereich der Spekulation. Schließlich hat sich die Art, wie Handel betrieben wird, auch im bisherigen Verlauf der Geschichte schon mehrfach teils recht radikal geändert; vielleicht kommt also eine hinreichend aufgeklärte Gesellschaft doch mal irgendwann an den Punkt, an dem nicht ausgerechnet die menschliche Gier ganz selbstverständlich in vielen Dingen die Hauptmotivation schlechthin darstellt. Auch, wenn das für dieses spezielle Setting doch noch etwas zu optimistisch sein mag. :)
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Feuersänger am 2.07.2025 | 18:27
Zitat
man könnte sich zum Beispiel fragen, was denn so schlimm daran sein soll, der Arbeiterschaft einen Teil von Kuchen abzugeben, anstatt sie nur gerade eben so am Leben zu erhalten.

Ja, das ist ja genau so vorgesehen. Jetzt Solidarsysteme mal außen vor gelassen, ist ja das Ideal, dass jeder den Teil vom Kuchen bekommt, den er selber erwirtschaftet hat - und sich eben nicht erstmal einer ein ganzes Drittel des Kuchens krallen darf.
Wie genau sich das da dann alles aufteilen müsste, unter Berücksichtung von Produktivitätsgewinnen durch Automatisierung etc, das ist sicher ein komplexeres Thema, darf sich gerne ein Volkswirtschaftler dran austoben. ;)

wenn ich irgendetwas Längerfristiges plane, muß ich ja mit der konkreten Umsetzung dieser Pläne irgendwann mal tatsächlich anfangen, wenn sie mir jemals etwas bringen sollen, und kann das nicht bis in alle Ewigkeit aufschieben.

Ja schon, aber was ist wenn du nicht das gesamte für diese Investition benötigte Kapital selber auf der Naht hast? Dann müsstest du dir etwas leihen.    Aber in einem deflationären System wetteifern quasi alle potentiellen Kreditnehmer um eine immer geringere Geldmenge. In der Folge dürften die Zinsen durch die Decke gehen. Investitionen werden also sehr teuer, weil hohe Zinsen. Es werden also weniger Investitionen getätigt, und von diesen wenigen müssen die hohen Kosten also dann hinterher wieder reingeholt werden -> zack werden auch die Preise nach oben klettern, und die Deflation ist ad absurdum geführt.
 
Zitat
Hinzu kommt, daß Deflationen zwar allgemein schlecht für den Profit sein mögen...aber inwieweit der seinerseits auch noch über die nächsten Jahrhunderte und -tausende überhaupt noch konstant als wirtschaftliche Tugend betrachtet werden wird, fällt dann endgültig in den Bereich der Spekulation.

Letzten Endes wird der Einzelne ja immer Geld brauchen (es sei denn er lebt als subistenter Homesteader ausschließlich von seinem eigenen Gemüsebeet), solange es keinen Star-Trek-artigen magischen Zauberkasten gibt, der alles auf Knopfdruck zum Nulltarif herbeizaubert, oder man sonstwie ein Post-Scarcity Utopia erreicht, was aber in Redshift noch lange nicht realisiert ist.

Wir haben also hier ein Szenario, in dem das Individuum im Idealfall seinen gesamten Lebens-Geldbedarf in einem Bruchteil seiner Lebenszeit selber erwirtschaftet. Da kann das System wirklich darauf ausgerichtet sein, dass man statt 40-Stundenwoche über 50% seiner Lebenszeit nur noch 20 Stunden über 25% seiner Lebenszeit arbeitet, und dabei noch ein paar andere Leute mitversorgt für die gar keine Arbeit da ist, und seinen Ruhestand mit finanziert hat, alles dank hoher Produktivität.
Theoretisch auch denkbar, dass man die Arbeit noch kleinteiliger rationiert, sodass vielleicht der Einzelne nur noch 1 Tag pro Woche einem Lohnerwerb nachgehen muss, aber dafür auch fast jeder so eine Stelle hat. Oder man arbeitet zwei drei Monate am Stück und hat den Rest des Jahres frei, oder sonstwie. (Heisst halt auch, man muss 5 Leute für die Arbeit ausbilden, die heute von 1 Person erledigt wird, ist natürlich nicht effizient, aber vielleicht trotzdem gesellschaftlich attraktiv)

Dieses Szenario gilt übrigens so oder so erstmal nur auf der Erde. Im Weltraum sind trotz aller Fortschritte die Overheads immer noch so groß, dass man lieber möglichst Vollzeit ein paar Jahre ranklotzt und die Freizeit eher hinterher abfeiert. Vergleich Offshore-Ölplattform - da wollen die Arbeiter auch nicht in 4-Tage-Woche rumschimmeln, sondern in so kurzer Zeit wie möglich so viele Arbeitsstunden wie möglich abrockern.

Da ist es dann vielleicht möglich, dass ein Spacer schon in 10-15 Jahren genug für den Rest seines Lebens rangeschafft hat und die nächsten 90 Jahre, wenn ihm das gefällt, chillen kann.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Chaos am 2.07.2025 | 19:33
Ja, das ist ja genau so vorgesehen. Jetzt Solidarsysteme mal außen vor gelassen, ist ja das Ideal, dass jeder den Teil vom Kuchen bekommt, den er selber erwirtschaftet hat - und sich eben nicht erstmal einer ein ganzes Drittel des Kuchens krallen darf.
Wie genau sich das da dann alles aufteilen müsste, unter Berücksichtung von Produktivitätsgewinnen durch Automatisierung etc, das ist sicher ein komplexeres Thema, darf sich gerne ein Volkswirtschaftler dran austoben. ;)

Grob gesagt, könnte man Arbeitskraft als eine Form von Investition ansehen.

Sagen wir mal, Lebenshaltungskosten sind 100.000 Redshift-Dollar (RSD) pro Jahr. Ein Vollzeit-Arbeiter wird behandelt wie ein Investor, der 100.000 RSD an Geld in die Unternehmung investiert hat. Beide bekommen am Ende des Jahres ihre 100.000 RSD zurück (soweit die Erträge dafür ausreichen); was dann noch über ist, das wird anteilig nach Investitionssumme an alle Investoren (Geld- und Arbeitskraftinvestoren) verteilt. Qualifiziertere Berufe könnten eine stärkere Gewichtung beim Verteilen der Gewinne bekommen, damit für den Stationsarzt mehr rausspringt als für den Tellerwäscher 3. Klasse, aber sie alle bekommen ihre Investition zurück, bevor irgendwelche Gewinne verteilt werden.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Feuersänger am 2.07.2025 | 20:10
Hmmh lass uns das mal ein wenig im Detail durchspielen, ganz simplifiziert:
Sagen wir, Alice in Investorin und kauft eine Maschine für 500.000 RSD
Bob ist Techniker, der diese Maschine bedienen kann und 100.000 RSD Jahresgehalt verdient / haben will.

Wenn sie damit nun pro Jahr 200.000 RSD Einnahmen verzeichnen, ist ja alles in Butter: Alice bekommt 100k von ihrer Investition zurück, Bob bekommt sein 100k Gehalt, prima.

Aber wie ist es, wenn sie nur 150k einnehmen? Wer kriegt dann wieviel?
Oder 80k?
Oder 250k?

Und gesetzt den Fall, es kommen zuverlässig jedes Jahr 200k rum, was passiert dann einige Jahre später wenn Alice ihr Investment längst mit Zinsen zurück hat?
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Chaos am 2.07.2025 | 20:23
Hmmh lass uns das mal ein wenig im Detail durchspielen, ganz simplifiziert:
Sagen wir, Alice in Investorin und kauft eine Maschine für 500.000 RSD
Bob ist Techniker, der diese Maschine bedienen kann und 100.000 RSD Jahresgehalt verdient / haben will.

Wenn sie damit nun pro Jahr 200.000 RSD Einnahmen verzeichnen, ist ja alles in Butter: Alice bekommt 100k von ihrer Investition zurück, Bob bekommt sein 100k Gehalt, prima.

Aber wie ist es, wenn sie nur 150k einnehmen? Wer kriegt dann wieviel?
Oder 80k?
Oder 250k?

Und gesetzt den Fall, es kommen zuverlässig jedes Jahr 200k rum, was passiert dann einige Jahre später wenn Alice ihr Investment längst mit Zinsen zurück hat?

Maschinen werden normalerweise über einen bestimmten Zeitraum hinweg abgeschrieben. Lassen wir das hier mal 10 Jahre sein. Die Maschine verliert also pro Jahr 50.000 RSD an Wert, und wenn der Laden (aus welchem Grund auch immer) nach einem Jahr dicht gemacht wird, hat Alice immer noch eine Maschine, die 450.000 RSD wert ist.

Da würden dann 1/3 der Erträge an Alice gehen, weil sie 50.000 RSD pro Jahr Wertverlust der Maschine hat, und 2/3 an Bob, weil er 100.000 RSD pro Jahr Lebenshaltungskosten hat.

***

Wenn wir jetzt noch Charlie den ungelernten Lagerarbeiter nehmen, der auch 100.000 RSD pro Jahr Lebenshaltungskosten hat. Weil Bob höher qualifiziert ist als Charlie, hat er anderthalb mal so viel Gewinnanteil.

Wir haben also 250.000 RSD Investition (Alice 50.000, Bob und Charlie je 100.000); von den ersten 250.000 RSD Erträge gingen also 20% an Alice, und je 40% an Bob und Charlie.

Wenn wir aber mehr als 250.000 RSD Erträge haben, zählt Bobs Investition, weil er höher qualifiziert ist, das anderhalbfache; Gewinne gehen also zu 1/2 an Bob (weil seine Investition hier als 150.000 RSD gerechnet wird), 1/3 an Charlie (für seine 100.000 RSD) und 1/6 an Alice (für ihre 50.000 RSD).

***

Wenn die Maschine dann fertig abgeschrieben ist, in diesem Beispiel nach zehn Jahren, könnte ich mir vorstellen, das Alices Kostenerstattung auf 0 sinkt, weil sie nichts mehr abschreibt, sie aber, solange die Maschine noch läuft, einen Gewinnanteil bekommt, als hätte sie 50.000 RSD investiert. Also, die Gewinnverteilung bleibt unverändert, aber von den ersten 200.000 RSD gehen jeweils die Hälfte an Bob und Charlie für ihre Lebenshaltungskosten.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Kurna am 2.07.2025 | 23:35

 
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Theoretisch auch denkbar, dass man die Arbeit noch kleinteiliger rationiert, sodass vielleicht der Einzelne nur noch 1 Tag pro Woche einem Lohnerwerb nachgehen muss, aber dafür auch fast jeder so eine Stelle hat. Oder man arbeitet zwei drei Monate am Stück und hat den Rest des Jahres frei, oder sonstwie. (Heisst halt auch, man muss 5 Leute für die Arbeit ausbilden, die heute von 1 Person erledigt wird, ist natürlich nicht effizient, aber vielleicht trotzdem gesellschaftlich attraktiv)

[...]

Das hätte übrigens den interessanten Nebeneffekt, das sich "hat Job" und "zieht auf Abenteuer aus" bei SCs relativ gut unter einen Hut bringen ließe. Ist in klassischen Fantasysettings meist nicht relevant, aber in moderneren Welten kann es ein Vorteil sein.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Feuersänger am 3.07.2025 | 00:49
Ahja verstehe... so einigermaßen.

Allerdings überspringt das die Frage, was passiert wenn die Umsätze die Erwartungen untertreffen. Wenn wir zB mal nur 80k Einnahmen haben, aber wie von dir postuliert schon die Lebenshaltungskosten 100k betragen... dann reicht es ja nichtmal für Bob alleine, geschweige denn um Alice irgendwas auszuzahlen.

Auf der Erde ist das insofern halbwegs easy, wenn wir BGE mit reinnehmen (dann müssen wir freilich auch Steuern mit betrachten). Dann sind die Lebenshaltungkosten immer "0" weil qua Definition vom BGE abgedeckt; alle Ausgaben darüber hinaus (zB weil du dir 150m² Wohnfläche und ein Hovercar einbildest) sind "Luxus" und müssen erwirtschaftet werden.

Zitat
Wenn die Maschine dann fertig abgeschrieben ist, in diesem Beispiel nach zehn Jahren, könnte ich mir vorstellen, das Alices Kostenerstattung auf 0 sinkt, weil sie nichts mehr abschreibt, sie aber, solange die Maschine noch läuft, einen Gewinnanteil bekommt, als hätte sie 50.000 RSD investiert. Also, die Gewinnverteilung bleibt unverändert, aber von den ersten 200.000 RSD gehen jeweils die Hälfte an Bob und Charlie für ihre Lebenshaltungskosten.

Da sind freilich verschiedene Modelle denkbar. Ich würde eher dahin tendieren, dass im Voraus eine Rendite nebst Inflationsausgleich vereinbart ist, und wenn Abschreibung + Rendite + Inflation erreicht sind, gilt sie als ausbezahlt und bekommt nichts weiter. Nehmen wir zB an, sie möchte pro Jahr 7% Rendite haben (5% Gewinn +2% Infl.) - und das Geschäft läuft entsprechend gut - erhält sie über 10 Jahre insgesamt knapp 1 Million (500k Invest + 110k Infl. + 390k Gewinn). Ab dem 11. Jahr bekommt sie nichts mehr; wenn sie jetzt weiter Geld mit anderer Leute Arbeit verdienen will, muss sie eben neu investieren.

Es wäre auch denkbar, den tatsächlich Werktätigen (also Bob und ggf Charlie) das Recht einzuräumen, reine Investoren vorzeitig auszuzahlen, nach welchem Modus auch immer (mit oder ohne entgangene Gewinne..). Das wäre also wieder was anderes, wenn Alice auch selber richtig mitarbeitet und somit einen doppelten Stake im Unternehmen hat. Dann dürfte Bob ihr vielleicht nur die Hälfte der Maschine abkaufen.

Umgekehrt darf man wahrscheinlich nicht erlauben, dass Alice ihren Anteil einem Wildfremden verkauft, ohne dass Bob da etwas zu sagen hätte. Also wie gesagt keine frei handelbaren Aktien.

Es gibt freilich noch andere Eventualitäten zu berücksichtigen, zB dass das ganze Geschäft baden gehen könnte. Dann hat Alice vielleicht eine teilweise abgeschriebene Maschine, aber sonst außer Spesen nix gewesen - also weit entfernt von den 7% Rendite die sie sich erhofft hatte.

Naja und die andere Alternative wäre halt, wenn Bob keine Alice findet oder sich mit ihr nicht über die Modalitäten einig wird, dass er sich dann halt einen Kredit von der KfW (Kreditanstalt für Weltraumaufbau) holt. Diese setzt halt durch ihre Konditionen quasi automatisch das obere Limit, das Alice unterbieten muss wenn sie einsteigen will. Außer wiederum für Operationen mit höherem Risikofaktor, wo die KfW abwinkt aber dafür im Erfolgsfall höhere Gewinne drin sind.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Chaos am 3.07.2025 | 14:37
Allerdings überspringt das die Frage, was passiert wenn die Umsätze die Erwartungen untertreffen. Wenn wir zB mal nur 80k Einnahmen haben, aber wie von dir postuliert schon die Lebenshaltungskosten 100k betragen... dann reicht es ja nichtmal für Bob alleine, geschweige denn um Alice irgendwas auszuzahlen.

Wenn wir, wie du es schon getan hast, davon ausgehen, dass die Leute einen relativ überschaubaren Teil ihres Erwachsenenlebens mit Arbeit verbringen, und danach von den Früchten ihrer Arbeit Müßiggang betreiben, können die tatsächlichen Lebenshaltungskosten auch einen Bruchteil der berechneten 100.000 RSD betragen.

Angenommen, du wirst auf Basis von 100.000 RSD Lebenshaltungskosten entlohnt, du bekommst im Schnitt auch genau 100.000 RSD pro Jahr, und die Armutsgrenze liegt bei 20.000 RSD. Dann kannst du 20% deines Erwachsenenlebens arbeiten und den Rest an der Armutsgrenze entlangfaulenzen, oder du kannst dein ganzes Erwachsenenleben lang arbeiten und gleichzeitig für 100.000 RSD pro Jahr im Luxus schwelgen, oder irgendwas dazwischen.

Denkbar wäre auch, dass man anstatt einer fixen Summe je nach Qualifikationsgrad einer Arbeit unterschiedliche Lebenshaltungskosten annimmt - vielleicht 50.000 RSD für den Tellerwäscher, 100.000 RSD für den Ingenieur, 150.000 RSD für den Stationsarzt und 200.000 RSD für den Direktor.

Grundsätzlich sollen die rechnerischen Lebenshaltungskosten, die als Investition des Angestellten in die Firma gelten, so berechnet sein, dass sie nicht nur für das laufende Jahr, sondern auch für ein oder mehr zukünftige Jahre Ruhestand reichen.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Feuersänger am 4.07.2025 | 17:34
Ich habe da mal noch ein wenig rumgerechnet und projiziert.

Grob gesagt hatten wir jetzt über viele Jahrzehnte einen Produktivitätszuwachs von 1,5% pro Jahr - natürlich im Schnitt. Das bedeutet etwa eine Verdoppelung alle 50 Jahre. Wenn wir das in die Zukunft verlängern, haben wir in 200 Jahren die 16fache Produktivität von heute bzw die 32fache Prod von 1975 (die Productivity Gap begann sich ja etwa ab 1971 zu öffnen und das wollen wir revidieren, darum beziehe ich mich in der Folge öfter auf diese Zeit)

Um das mal in konkreten Zahlen zu rechnen: nehmen wir an, der erwartete Durchschnitt (wenn man überhaupt arbeitet) sei eine Lebensarbeitszeit von 40 Jahren à 44 Wochen à 28 Stunden = 50.000 Stunden.
Bei der obigen Produktivitätsentwicklung entspricht das 1,5 Millionen Stunden anno 1975 oder 750.000h heute.

(Reale Lebensarbeitszeit um 1970 rum: mehr so 75.000h, und da war oft ein Elternteil [okay: fast immer der Mann] der Alleinverdiener für eine Familie mit 2-3 Kindern. Natürlich war die Lebenserwartung geringer. Hätte von 1975 bis heute die Reallohnentwicklung mit der Produktivität Schritt gehalten, wären die  Bruttolöhne heute 60% höher.)

Dabei wäre es freilich zu wünschen, dass sich jeder bewusst macht, dass die Produktivitätssteigerung v.a. durch Maschinen = Automatisierung ermöglicht wird. Wo man zB als Bürohengst in den 70ern sich noch stundenlang durch X Zettel wurschteln und in meterdicken Akten irgendwelche Papiere raussuchen musste, geht das heute mit ein paar Mausklicks - da muss sich der Sesselfurzer nicht allzuviel darauf einbilden, und braucht entsprechend nicht rumheulen wenn aus seinem vermeintlichen Verdienst auch Solidarsystem und "nicht-wertschöpfende" Tätigkeiten finanziert werden, wie die ganzen Lollos, die sich heutzutage mit Leistungsträgern verwechseln.

Will sagen, die effektive Entlohnung einer Tätigkeit sollte sich nach dem gesellschaftlichen Wert richten. Ein hoher Wert kann einmal natürlich "klassischer Wertschöpfung" zugeordnet sein, zB ein Ingenieur der Maschinen baut. Aber eben auch all solche die gar nicht gewinnorientiert operieren _sollen_, zB Pflegekräfte, Lehrende, und sämtliche Mitarbeiter kritischer Infrastruktur, ohne die der Laden im Nullkommanix zusammenbrechen würde. Und darüber hinaus eben auch Tätigkeiten, die heutzutage zB als Ehrenamt oder Care-Arbeit gar nicht bezahlt werden, ebenso wie Kunst und Kultur.

Die Gute Nachricht ist, dass das bei "1,5 Millionen 1975er-Stunden" fürs Bruttosozialprodukt auch gut stemmbar sein dürfte.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Chaos am 4.07.2025 | 18:02
Ich habe da mal noch ein wenig rumgerechnet und projiziert.

Grob gesagt hatten wir jetzt über viele Jahrzehnte einen Produktivitätszuwachs von 1,5% pro Jahr - natürlich im Schnitt. Das bedeutet etwa eine Verdoppelung alle 50 Jahre. Wenn wir das in die Zukunft verlängern, haben wir in 200 Jahren die 16fache Produktivität von heute bzw die 32fache Prod von 1975 (die Productivity Gap begann sich ja etwa ab 1971 zu öffnen und das wollen wir revidieren, darum beziehe ich mich in der Folge öfter auf diese Zeit)

Um das mal in konkreten Zahlen zu rechnen: nehmen wir an, der erwartete Durchschnitt (wenn man überhaupt arbeitet) sei eine Lebensarbeitszeit von 40 Jahren à 44 Wochen à 28 Stunden = 50.000 Stunden.
Bei der obigen Produktivitätsentwicklung entspricht das 1,5 Millionen Stunden anno 1975 oder 750.000h heute.

(Reale Lebensarbeitszeit um 1970 rum: mehr so 75.000h, und da war oft ein Elternteil [okay: fast immer der Mann] der Alleinverdiener für eine Familie mit 2-3 Kindern. Natürlich war die Lebenserwartung geringer. Hätte von 1975 bis heute die Reallohnentwicklung mit der Produktivität Schritt gehalten, wären die  Bruttolöhne heute 60% höher.)

Dabei wäre es freilich zu wünschen, dass sich jeder bewusst macht, dass die Produktivitätssteigerung v.a. durch Maschinen = Automatisierung ermöglicht wird. Wo man zB als Bürohengst in den 70ern sich noch stundenlang durch X Zettel wurschteln und in meterdicken Akten irgendwelche Papiere raussuchen musste, geht das heute mit ein paar Mausklicks - da muss sich der Sesselfurzer nicht allzuviel darauf einbilden, und braucht entsprechend nicht rumheulen wenn aus seinem vermeintlichen Verdienst auch Solidarsystem und "nicht-wertschöpfende" Tätigkeiten finanziert werden, wie die ganzen Lollos, die sich heutzutage mit Leistungsträgern verwechseln.

Will sagen, die effektive Entlohnung einer Tätigkeit sollte sich nach dem gesellschaftlichen Wert richten. Ein hoher Wert kann einmal natürlich "klassischer Wertschöpfung" zugeordnet sein, zB ein Ingenieur der Maschinen baut. Aber eben auch all solche die gar nicht gewinnorientiert operieren _sollen_, zB Pflegekräfte, Lehrende, und sämtliche Mitarbeiter kritischer Infrastruktur, ohne die der Laden im Nullkommanix zusammenbrechen würde. Und darüber hinaus eben auch Tätigkeiten, die heutzutage zB als Ehrenamt oder Care-Arbeit gar nicht bezahlt werden, ebenso wie Kunst und Kultur.

Die Gute Nachricht ist, dass das bei "1,5 Millionen 1975er-Stunden" fürs Bruttosozialprodukt auch gut stemmbar sein dürfte.

Alles gute Argumente.

Welche Arbeit als wie wertvoll erachtet, und dementsprechend besser oder schlechter bezahlt wird, wäre im Zweifel der Grundstimmung des Settings folgend zu entscheiden. Was ich oben geschrieben habe, waren nur blind gewählte Zahlen, um zu illustrieren, was ich meine.

Als einer, der selbst in der kritischen Infrastruktur arbeitet (was ich 2020 sogar schriftlich bekommen habe, für den Fall, dass im Rahmen der Lockdowns Ausgangssperren verhängt werden...), bin ich bei deinen Einschätzungen voll bei dir.
Titel: Re: [Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit
Beitrag von: Feuersänger am 5.07.2025 | 00:36
Habe jetzt mal grob eine Demografie entworfen - natürlich Schätzwerte:

20% Kinder und Jugendliche, in Ausbildung (bis ca 20-25)
15% materiell-wertschöpfend (Industrie, Bau, Tech, Agrar etc)
25% sozial-wertschöpfend (Pflege, Bildung, Kultur, Umwelt, Gesundheit usw.)
20% nicht (direkt) erwerbstätig (Sabbatical, arbeitslos, arbeitsunfähig, kleinere Ehrenämter...)
20% Ruhestand

Wobei ich jetzt zB nicht ganz sicher bin, ob öffentliche Infrastruktur wie zB Eisenbahn oder Wasserversorgung in "materiell" oder "sozial" gehört. Aber das sind Nuancen.
Denkbar dabei auch ein System à la "social credit", also dass zB sowohl Ehrenamt als auch das Aufziehen eigener Kinder über das BGE hinaus vergütet wird.

Der Knackpunkt:
Selbst wenn wir sagen, das gesamte BSP wird von den 15% in durchschnittlich 24h-Wochen erwirtschaftet und dann nur noch umverteilt. Dann haben wir schon pro 100 Personen Gesamtbevölkerung eine Wertschöpfung von 225 Vollzeitjobs auf 1975er-Niveau. Nun hat aber 1975 wie gesagt schon 1 Vollzeitjob gereicht um ca 4-5 Personen (eigene Familie) zu versorgen. Insgesamt erwirtschaften also diese 15 Leute ca 1000 "1975er Basispunkte".
Wir können also davon erstmal 20% hernehmen, um jedem, vom Baby bis zum Greis, einen Lebensstandard von "200% 1975" zu garantieren (2 Basispunkte), das wäre aufgrund des Productivity Pay Gap etwa 25% über unserem heutigen (Durchschnitts-)Lebensstandard.*
Dann können sich die 15% klassisch Erwerbstätigen darüber hinaus meinetwegen nochmal weitere 300 Punkte einbehalten, d.h. jeder von diesen kriegt im Schnitt das 11fache Grundeinkommen netto (22 Basispunkte). Damit keiner behaupten kann, Arbeiten würde sich nicht lohnen.
Die Sozial-Wertschöpfenden erhalten auch nochmal 250 Punkte obendrauf, also sechsfaches Grundeinkommen (12 Basispunkte).
Ein kleineres Budget gibt es dann noch zur Vergütung weiterer Tätigkeiten die irgendeinen Sinn für die Gemeinschaft haben, zB 100 Punkte.
Und schließlich noch eine Bonus-Rentenkasse, lass es nochmal 100 Punkte sein.
und dann bleibt immer noch eine Reserve von 50 Punkten.

Falls das so nicht aufgeht, muss man halt noch bissl optimieren, ist ja alles nur ein Modell. Vor allem will ich damit zeigen, was Produktivitätssteigerung _und_ gerechte Verteilung zusammen so alles ermöglicht.

*) Um das Productivity Pay Gap unserer Zeit mal mit Zahlen zu unterfüttern:
Im Jahr 1975 war zB das Durchschnittseinkommen [von Männern] ca 1000€ (also 2000DM) brutto.
Von 1975 bis 2025 beträgt die Inflation ca 327%, und die Produktivitätssteigerung ca 210%.
Diese Zahlen miteinander multipliziert, müsste also das Durchschnittssalär 1000*3,27*2,1 = 6874€ betragen.
Es beträgt aber laut Statistik "nur" ca 5000€.
Das ist also eine Differenz von 37%.

(Andere Rechnungen kommen sogar auf 60% Differenz, ka ob das dann die Nettos vergleicht)