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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Allgemein => Thema gestartet von: Feuersänger am 11.06.2008 | 14:58

Titel: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Feuersänger am 11.06.2008 | 14:58
Ich war zunächst drauf und dran, dies im Erfahrungspunkte-Thread (http://tanelorn.net/index.php/topic,41629.0.html) zu posten, weil es da gerade um XP für Hintergründe geht, aber mein Beitrag wäre dann wohl doch zu sehr offtopic geworden. Also machen wir halt ein neues Thema, kostet das selbe Geld. ^^

Inzwischen (schon seit Jahren) lege ich nicht mehr so viel Wert auf Vorgeschichte und Hintergründe. Will heißen, ich habe absolut kein Problem damit, wenn der Spieler keine besondere Anstrengung unternimmt und den Hintergrund seines Chars in zwei, drei Sätzen abhandelt. Die Abenteuer sollen im Spiel erlebt werden, nicht davor.

Früher mal, zu Schulzeiten, hatten wir ja auch mal unsere Gute-RollenspielerTM-Phase, in der mindestens 2 eng beschriebene A4-Blätter das absolute Minimum an Hintergrund waren; mein persönlicher Rekord waren glaub ich 7 computergeschriebene Seiten.
Dann ist mir irgendwann aufgefallen, dass ich es als SL eigentlich hasse, mich bei jedem neuen Charakter durch derartige Ergüsse zu quälen (meist handschriftlich, in Sauklaue und mit teilweise fragwürdiger Rechtschreibung und Interpunktion), zumal sie dann doch meistens entweder Nullachtfuffzehn waren (dann hätten auch drei Sätze gereicht) oder total überkandidelt (dann hätt mans besser gleich bleiben lassen).

Endgültig besiegelt wurde meine Abneigung gegen ausgefeilte Hintergründe aber durch Erfahrungen mit Spielrunden, die ich nur als "Tavernenrollenspiel" bezeichnen kann. In erster Linie saßen die Charaktere 90% der Zeit irgendwo rum, Tavernen oder Lagerfeuer, und erzählten sich gegenseitig ihre Lebensgeschichte. Und haben dafür auch noch XP bekommen!
Damals war ich gerade auf der Suche nach einer neuen Runde, aber das habe ich nicht lange ausgehalten. Nach dem Motto "gebranntes Kind scheut Feuer" meide ich seither Spieler mit ausgeprägtem Faible für langatmige Hintergründe umso mehr.

So, jetzt ihr. Wie wichtig ist der Hintergrund (also alles, was vor Spielbeginn passiert ist) für euch?
Was habt ihr schon an guten Hintergründen erlebt (bitte in wenigen Sätzen zusammenfassen), und was ließ sich im Spiel daraus machen?
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Crimson King am 11.06.2008 | 15:01
Inzwischen (schon seit Jahren) lege ich nicht mehr so viel Wert auf Vorgeschichte und Hintergründe. Will heißen, ich habe absolut kein Problem damit, wenn der Spieler keine besondere Anstrengung unternimmt und den Hintergrund seines Chars in zwei, drei Sätzen abhandelt.

Es geht beim "Zwang" zu Hintergründen nicht darum, brilliante Kurzgeschichten zu schreiben. Zwei bis drei Sätze reichen völlig. Es geht um die Information, die drin steckt, nicht um die Form.

Ich will Charakterhintergründe mit Storyflags. Mir geht es nicht um die Lebensgeschichte, sondern um die Motivationen des Charakters.

Edit:
Was habt ihr schon an guten Hintergründen erlebt (bitte in wenigen Sätzen zusammenfassen), und was ließ sich im Spiel daraus machen?

Tonnenweise gute Hintergründe, aus denen sich tonnenweise Ideen für Abenteuer ziehen lassen konnten, in denen die Charaktere direkt involviert waren. Keine Auftrag->Belohnung-Schemata mehr, sondern die Charaktere gehen von sich aus aufs Abenteuer zu.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Hr. Rabe am 11.06.2008 | 15:05
Ich finde Hintergrund sogar essentiel wichtig.

Allerdings in einem anderen Kontext:
Seine acht Seiten Prosa kann der Spieler gerne behalten, lesen tu ich die sowieso nur, wenn ich dafür mindestens einen kuchen gebacken bekomme.
Worauf ich aber richtig wert lege, ist (in Stichwortartiger Form): Einschneidende Erfahrung, gesellschaftl. Hintergrund, Kontakte(!), Ressourcen, Ängste(!!) und Motive (!!!) des Charakters.

Ganz einfach deshalb, weil ich zu den SL gehöre, die Kampanienwelten um die Chars herrumbauen, und dann die Chars da reinwerfen.
Wenn ich von den Spielern die genannten Punkte nicht bekomme, ist es mir aber unmöglich, einen Hintergrund interresant zu gestallten und ich stehe vor der Wahl, entweder einen 08/515 Kampanien-Hintergrund zu präsentieren, in dem die Chars sitzen und Däumchen drehen können, oder mit den Spielern Skat zu spielen... Hier entscheide ich mich dann gerne für das Zweitere. ;)

Gruß,
Hr. Rabe
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Pyromancer am 11.06.2008 | 15:11
Ich mag Hintergründe, vor allem als SL. Aber mehr als drei Sätze müssen es nicht sein. Und wer mir mehr als eine halbe Seite in die Hand drückt, den schicke ich zum Romanschreiben. ;)
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Heimdall am 11.06.2008 | 15:13
In den Runden, in denen das Rollenspiel im Vordergrund steht habe ich, wie meine Vorposter, ganz gerne Hintergrundinfos zu den Charakteren,
Das macht es mir deutlich einfacher die Welt um sie herum aufzubauen mit Leben zu erfüllen und die Truppe zu motivieren.
Prosaische Werke über zig Seiten als Background naja, die müssen nicht unbedingt sein - dafür habe ich in meinem Forum eine eigene Rubrik eingerichte zum austoben :)

Bei meiner aktuellen Dungeon Crawl Runde interessiert es mich deutlich weniger wie der Char zu seinen Fähikeiten und Prestigklassen kommt, solange es die Mechanik nicht sprengt geht alles (und in Rappan Athuk brauchen die Jungs und Mädels ALLES >;D )
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: JS am 11.06.2008 | 15:19
ich lege bei den meisten settings weder als sl noch als spieler wert auf einen hintergrund. wenn, dann ein paar sätze, aber das war es dann auch. in meinem rollenspielerisch erfreulichen umfeld wirkt sich ein hintergrund nicht auf das spiel aus, und mich nervt es ohnehin, wenn mir ein spieler ständig seinen oftmals mittelmäßig spannenden hintergrund vorpault.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: bolverk am 11.06.2008 | 15:23
Wenn überhaupt beschränkt sich der Hintergrund, welchen ich als SL fordere höchsten auch ein Woher/Wohin, also aus welchen Hintergrund kommt der Charakter? Und was ist sein Ziel? Beides lässt mit je einem Stichwort abhandeln. Aber da es immer wieder Typen gibt, die es noch nichtmal schaffen ihren Charakter mit einem Namen zu versehen (ich schiele zu Dir rüber, Malicant), mache ich mir was das Woher/Wohin angeht meist auch keine Hoffnungen.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: reinecke am 11.06.2008 | 15:27
Die einzigen "Zwänge" zum Hintergrund, die ich kenne und als solches bezeichnen würde, sind die 50 Wörter von The Pool, StoryDSA und ähnlichem.
50 Wörter zu Beginn, dazu die Flags, das geht mehr so in die Richtung der 3 Sätze von denen ihr spracht. Allerdings ist es ja auch Pflicht, pro Spielabend 10 Wörter dranzuhängen, die Geschichte also fort zu schreiben.
Abstoßen tut mich das nicht. Himmel hoch jauchzen auch nicht.

Zwang zum Hintergrund gibt es mE nur in der "gutes Rollenspiel"(tm) Phase und sonst nicht. Und da ist es auch mehr "Der SL wünscht sich".

Sinnvoll ist ein Minimum an Hintergrund alle Mal. Aber nur dann, wenn gute Flags enthalten sind, wie schon gesagt, denn nur dann kann man das als SL nutzen und das Spiel wird um eine Komponente bereichert.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: bandit am 11.06.2008 | 15:31
Mir ist erstmal wichtig, dass sich der Spieler Gedanken über seinen Charakter macht. Je mehr Gedanken er sich macht, desto mehr Spaß hat er und desto besser kann er sich auch einbringen. Man kann sich besser einbringen, wenn man weiss, warum ein Charakter so ist wie er ist. Motivationen, Vorlieben, Die Verknüpfung mit der Umwelt (Kontakte, etc) sind auch wichtig.
Und last but not least: Ich habe gerne Story-Hooks. Ansatzpunkte für Abenteuer und Situationen. Ansatzpunkte, um es für den Spieler interessant zu machen. Ein guter Hintergrund beinhaltet sowas.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Crimson King am 11.06.2008 | 15:33
Die einzigen "Zwänge" zum Hintergrund, die ich kenne und als solches bezeichnen würde, sind die 50 Wörter von The Pool, StoryDSA Zwang zum Hintergrund gibt es mE nur in der "gutes Rollenspiel"(tm) Phase und sonst nicht. Und da ist es auch mehr "Der SL wünscht sich".

Falsch. Zwang zum Hintergrund gibt es z.B. auch, wenn der Spielleiter kein Schüler/Student/Arbeitsloser ist und nicht beliebig viel Zeit auf die Vorbereitung verwenden kann. Auf Basis von Hintergründen kann man wesentlich leichter Abenteuer schreiben, die für die Charaktere und damit auch für die Spieler interessant sind.

Hat also nix mit gutem Rollenspiel(tm) zu tun, sondern mit mehr Spielspaß durch dichteren, von den Spielern (mindestens indirekt) mitgestalteten Plot.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: bandit am 11.06.2008 | 15:42
Falsch. Zwang zum Hintergrund gibt es z.B. auch, wenn der Spielleiter kein Schüler/Student/Arbeitsloser ist und nicht beliebig viel Zeit auf die Vorbereitung verwenden kann.
Ich denke, Reinecke meinte auch eher die vom System vorgegebenen Zwänge, nicht die sich selbst auferlegten Zwänge.
Andersrum haben übrigens auch Schüler/Student/Arbeitslose Spieler gegenüber jenen mit weniger Zeit mehr Gelegenheit für wie auch immer geartete Vorbereitungen (wie Hintergründe). Das betrifft nicht nur den SL.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Joerg.D am 11.06.2008 | 15:45
Ja, da ich mit einem Life Path System arbeite, was sowieso einen rudimänteren Hintergrund liefert, werwarte ich, das meine Spieler den Hintergrund mit Namen und ein paar Nebensächlichkeiten versehen um mit Futter für Abenteuer zu liefern.

Ich lasse mir die Hintergründe grundsätlich elektronisch zusenden, da habe ich keine Probleme mit dem Lesen.

Außerdem habe ich gemerkt das auch die schlechteren Rollenspieler besser in ihren Charakter kommen, wenn sie einen Hintergrund schreiben. Also bin ich Mister Gnadenlos. Zu meiner aktuellen Kampagne habe ich zwei wirklich tolle Hintergründe bekommen, aus denen ich ganze Kampagnen bauen könnte und einen der alle relevanten Informationen liefert. Nur ein Spieler hinkt mal wieder hinterher, aber der kann auch prima Hintergründe schreiben, wenn er will.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Bitpicker am 11.06.2008 | 15:48
Ich mag ausgefeilte Hintergründe ebenso wie ausgefeilte Settings. Ich wäre sogar dankbar, wenn meine Spieler mir dicke Bücher mit ihrem Hintergrund brächten; tun sie aber nicht. Also mache ich die Charaktere, wenn ich die Kampagne schreibe, gleich mit.

Für One-Shots braucht es nicht unbedingt einen Hintergrund. Aber bei Kampagnen möchte ich mehr als einen aus dem Nichts entstandenen Charakter.

Robin
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Merlin Emrys am 11.06.2008 | 15:51
Für mich ist ein ausgearbeiteter Hintergrund ein Sammlung von Informationen über die Wünsche des Spielers und des Charakters, eine mnemotechnische Hilfe, mir einzuprägen, wer und wie er ist, eine Anregungesquelle für neue Ideen in bezug auf die weitere Handlung und kleine Aufheiterungen, ... - eigentlich eine Goldgrube für's Spiel.
Und was die Hintergrundgeschichten angeht, macht es mir nichts, wenn ein Spieler eine halbe Stunde braucht, um sie mir zu erzählen - wir sind nicht auf der Flucht, und im Gespräch formen sich die Bilder, in denen man dann von dem Charakter denken kann. Aber bei uns hat auch jeder genug Phantasie für eigene Entwürfe und niemand den Wunsch, zu "gewinnen", da geht das ganz gut :-) .
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Tourist am 11.06.2008 | 15:59
Immer wieder fällt mir auf: Es gibt keine allgemeingültigen Antworten beim Rollenspiel.
Wenn ich mit meiner Bier&Bretzel Crew Rollenspiele braucht sicher kein Mensch einen Hintergrund schreiben. Wenn mir jemand was erzählen will, cool gerne dann wirds evtl eingebaut und schön. Wenn keiner Lust hat wird einfach ein Abenteuer aus dem Ärmel geschüttelt oder wir spielen was vorgefertigtes. Es geht eh vor allem drum mit diesen coolen Leuten zusammenzusitzen.

Wenn wir im Gruppenvertrag geklärt haben dass der Fokus auf Abenteuer liegt die nichts mit den Charakteren zu tun haben (klassisches SR z.B.) sind Hintergründe zwar wichtig damit die Leute wissen wie ihre Charaktere drauf sind, aber Verpflichtung... nö.

Wenn klar ist das die Geschichte rund um die Charaktere geschrieben wird und sie die Hauptrolle spielen ist ein Hintergrund natürlich wichtig und ich bitte drun mir etwas Input zu geben. (Aber nicht zu viele, wer schonmal 14 Seiten Hintergrund in einer schrecklichen Schrift hatte...brr.. gebranntes Kind). Aber selbst hier sehe ich keine Pflicht, solange es die Majorität der Gruppe macht, wer keinen Hintergrund, keine Flags gibt wird eben nicht persönlich eingebunden und ist dadurch schon genug bestraft, oder eben auch nicht, je nach Veranlagung des Spielers.

Schönen Nachmittag

Markus
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: bandit am 11.06.2008 | 16:00
Für One-Shots braucht es nicht unbedingt einen Hintergrund. Aber bei Kampagnen möchte ich mehr als einen aus dem Nichts entstandenen Charakter.
Ich würde sogar sagen: Für ein Wegwerf-OneShot kann ein vom Spieler gebauter Hintergrund hinderlich sein. Ich persönlich gebe beim OneShot weit mehr Vorgaben, als bei einer Kampagne. Geht auch soweit, dass ich vorschreibe woher sich die Chars kennen.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Joerg.D am 11.06.2008 | 16:10
Ja, bei einem One Shot empfinde ich einen mehr als 6 Worte Hintergrund oft auch als störend. Aber es gibt immer wieder Ausnahmen, die mir zeigen, das ein Hintergrund auch bei einem One Shot etwas reißen kann.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: bandit am 11.06.2008 | 16:18
Ja. Da stimme ich zu.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Lord Verminaard am 11.06.2008 | 16:25
„Das Abenteuer sollte im Spiel erlebt werden und nicht davor“, finde ich sehr richtig. Wieviel oder wie wenig Hintergrund man dafür braucht bzw. überhaupt will, ist Geschmackssache. Ich denke aber, ein Minimum an Hintergrund sollte schon da sein, damit man überhaupt so etwas wie eine Rolle hat, die man spielen kann. Je nach System ergibt sich das natürlich möglicherweise schon (ganz oder teilweise) aus der Charaktererschaffung.

Minimum wäre für mich, dass der Spieler auf Fragen nach dem Namen, dem Aussehen, der Herkunft und der Familie des Charakters auch ohne langes Nachdenken eine Antwort weiß. Und natürlich den Grund, warum der Charakter da ist, wo er eben ist.

Bei letzterem gilt es außerdem, den Kardinalsfehler zu vermeiden, den „falschen“ Hintergrund zum Abenteuer zu haben. Es gibt im Wesentlichen zwei Arten von Hintergründen: „Ich habe nichts Besonderes vor und bin zu allen Schandtaten bereit, wo ist das Abenteuer?“ und: „Ich habe eine Aufgabe zu erfüllen, das ist das Abenteuer!“

Ich hab schon erlebt, wie Spielleiter die Spieler zu letzterem ermuntern und dann aber irgendein Kaufabenteuer leiten, das mit der Aufgabe des Charakters nicht das Geringste zu tun hat. Ich habe schon Charaktere erlebt, die ihre angeblich so wichtige Aufgabe jahrelang aufgeschoben haben, um irgendwelche unwichtigen Aufgaben von unwichtigen Auftraggebern zu erledigen. Dödelkram!

Also, wenn dickerer Hintergrund, dann bitte passend zum Abenteuer. (Ja, das bedeutet, dass man sich vorher darüber unterhalten muss.)
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Hr. Rabe am 11.06.2008 | 16:28
(Ja, das bedeutet, dass man sich vorher darüber unterhalten muss.)

Uuhh... Das klingt ja schrecklich... ;)
Ist das ansteckend?
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: der.hobbit am 11.06.2008 | 16:29
Es gibt ja zwei Perspektiven: Die des Spielers und die des Spielleiters.

Als Spieler schreibe ich eigentlich ganz gerne Hintergrundgeschichten. Dadurch kann ich mich auf den Charakter einstimmen und finde im späteren Verlauf besser in diesen hinein. Der Charakter wird für mich auch deutlich lebendiger - und natürlich schreibe ich gerne. Darum: Yeah für Hintergrundsgeschichten! Der SL muss diesen Hintergrund übrigens nicht lesen, das erwarte ich nicht. Aber er kriegt ihn natürlich, falls er ihn lesen will.

Als Spielleiter finde ich Hintergrundgeschichten toll, wenn sie nicht mühsam zu lesen sind. Mühsam sind Sauklauen-Texte, Kaffeeflecken, miserable Rechtschreibung und Interpunktion oder schlechter Stil. Dann nehme ich mir auch die Freiheit, selbige mit den Worten "erzähl einfach mal" zurück zu geben. Aber wenn der Hintergrund leserlich ist, dann bietet er mir oftmals ein paar Hooks, an denen man andocken kann. Klischees und 1000-Mal-Dagewesenes finde ich nicht schlimm, dann kommt man schon leichter auf Hooks - und kann ja im Abenteuer noch was Besonderes daraus machen.

Hintergründe sollten aber genau eines sein: ein Hintergrund. Ellenlanges Tavernen-Hintergrunds-Nacherzählen führt zu intensivem Charakterbogen-Bemalen meinerseits.

Bei OneShots lese ich als SL den Hintergrund nicht durch, ob ich als Spieler einen schreibe hängt stark davon ab, ob ich Zeit habe oder nicht. Oh, und auch davon, wie sehr ich mich auf das Spiel freue :)
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Boni am 11.06.2008 | 16:51
Solange Hintergründe den Spielleiter und die Geschichte unterstützen: Mehr davon!

Sobald sie Selbstzweck werden und das Spiel nicht vorantreiben: Braucht man nicht.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Feuersänger am 11.06.2008 | 16:56
Danke für die schnelle Beteiligung. Ich sehe also, ich stehe mit den "Drei Sätzen" und der Abneigung gegen Spielerprosa nicht alleine da.
Ein Hintergrund - wie knapp auch immer - ist also in erster Linie dazu da, um Aufhänger für das Spiel zu bieten. Das lasse ich mir eingehen. Das habe ich auch meinen Spielern angeboten bzw mir von ihnen gewünscht, aber sie nicht dazu gezwungen. Wenn aus der ganzen Gruppe nur einer mit einer langfristigen Motivation aufwartet, können die anderen ihn ja immer noch darin unterstützen.

In meiner aktuellen Gruppe sind die Hintergründe der meisten Charaktere ziemlich gewöhnlich, einzige Ausnahme sind der khitanische Gelehrte und die zamorische Diebin: hier hatte die Familie des Khitaners ein Handelsemporium in Tashkent betrieben, die Diebin war quasi die (importierte) Leibsklavin des Gelehrten, und als letzterer aufgrund eines Zwistes fliehen musste, nahm er sie mit. So einfach ist das. Fürs Spiel bedeutet das, dass die Diebin eine Rechnung mit denen offen haben dürfte, die sie in die Sklaverei verkauft haben, während der Gelehrte früher oder später von den Schatten seiner Vergangenheit eingeholt werden kann.
So mag ich die Hintergründe: kurz, knackig, plausibel, ergiebig.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Joerg.D am 11.06.2008 | 17:01
Naja, da sollte man schon trennen.

Als Sl brauche ich den Hintergrund um das Spiel auf den Charakter zu zentrieren.

Als Spieler benötige ich den Hintergrund um mich besser in den Charakter hinein versetzen zu können.

Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Feuersänger am 11.06.2008 | 17:06
Ja, wie der hobbit schon sagte: der Spieler kann für sich persönlich einen so langen Roman verfassen, wie er lustig ist, solange ich als SL ihn nicht lesen muss. Nicht, weil ich lesefaul wäre, sondern weil an den meisten Spielern nunmal keine Schriftsteller verloren gegangen sind. ;)
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Joerg.D am 11.06.2008 | 17:15
Ich habe schon Hintergründe gelesen die so einige Battel Tec oder SR Romane von der Qualität her übertroffen haben. Naja, eine Kurzgeschichte ist schon einfacher zu schreiben als ein Roman.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Sir Mythos am 11.06.2008 | 17:22
Ich bin bei Hintergründen für nen paar Zeilen bis maximal ne Seite. Ansonsten kann ich das als SL auch nicht alles im Kopf behalten.
Ich glaube, das beste ist, wenn sich der Hintergrund mit dem Characteren entwickelt. Am Anfang einer Kampange reicht es mir, wenn die Spieler mir ihren Hintergrund mit nen paar Sätzen mitteilen, damit ich nen Aufhänger habe. Im laufe einer Kampange aber braucht man als SL manchmal noch was, oder die "Charactere" erzählen was über sich, so dass hier eine Anpassung des Hintergrundes (also nicht Änderung, sondern Erweiterung, am besten in Form von Szenen) Sinn macht und den Character für einen Spieler auch runder macht.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Ein am 11.06.2008 | 19:04
Ich will keinen niedergeschriebenen Hintergrund. Da das ganze für mich keine Relevanz hat. XPs gibt es dafür auch keine. Für mich zählt in dieser Hinsicht nur, was am Spieltisch ausgesprochen wird.

Ich handhabe es eh so, dass ich entweder vorher schon eine klare Idee habe, wo es lang gehen soll, oder ich den Spielern bei der gemeinsamen Charaktererschaffung sage, sie sollen sich überlegen wer sie sind und wo sie hin wollen. Klappt eigentlich wunderbar.

Wenn ein Spieler, gerne dieses oder jenes (aus)spielen möchte, soll er mir bescheid sagen.* Wenn nicht dann scheint es ihm nicht wichtig zu sein.

* Darum werde ich zB am Samstag einen Dungeon leiten.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: der.hobbit am 11.06.2008 | 19:58
Ich habe schon Hintergründe gelesen die so einige Battel Tec oder SR Romane von der Qualität her übertroffen haben. Naja, eine Kurzgeschichte ist schon einfacher zu schreiben als ein Roman.
Niemand hat behauptet, dass an den BattleTec und SR Autoren Schriftsteller verloren gegangen wären.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 11.06.2008 | 20:01
Ich habe schon Hintergründe gelesen die so einige Battel Tec oder SR Romane von der Qualität her übertroffen haben. Naja, eine Kurzgeschichte ist schon einfacher zu schreiben als ein Roman.

Das war auch keine allzuharte Konkurrenz  ;D

Ich kann mich ansonsten der hier vorherrschenden Meinung anschließen : Hintergrund sollte schon sein, aber nicht in Telefonbuchdicke. Da könnte man als Spielleiter ja im Gegenzug mal hingehen, und ebenso voluminöse Hintergrundbeschreibungen zu allen wichtigen NSC den Spielern in die Hand geben...EpischerHintergrungWettrüsten !!!!!  :gasmaskerly:
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Village Idiot am 11.06.2008 | 20:28
Zitat von: Jörg.D
Ich habe schon Hintergründe gelesen die so einige Battel Tec oder SR Romane von der Qualität her übertroffen haben.
Selbst mein Morgenstuhl liest sich in der Regel besser als die meisten Battel Tec oder SR Romane.  ;D

@topic: Hintergrund ist überbewertet.
Das brauchts garnicht, obwohl es oft hilfreich bis oberknorke sein kann welche zu bekommen und ich sie machmal/öfters auch einfordere. Dann aber die 50 Worte Variante.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Grimnir am 11.06.2008 | 21:38
Ich schließe mich meinen Vorrednern an: Für mich als SL ist ein knapper Hintergrund ausreichend. Allerdings sollte da alles wichtige enthalten sein: Motivation, Plothooks etc.

Nichtsdestotrotz lese ich ausführliche Hintergründe auch gerne, wenn sie interessant geschrieben sind. Ich will mich nur nicht durch Telefonbücher wälzen müssen, um etwas über den Charakter zu erfahren.

Daher: Hintergrund in Stichworten, und abseits vom Spiel gerne eine gut geschriebene Geschichte.

Es grüßt
Grimnir
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: 1of3 am 11.06.2008 | 21:41
Zitat
Niemand hat behauptet, dass an den (...) SR Autoren Schriftsteller verloren gegangen wären.

Anwesende natürlich ausgenommen. ;D

Bischen Hintergrund ist schon ganz schön. Woher stammt der Charakter? Warum ist der da, wo das Spiel anfängt? Was will er? Und zwei bis drei Leute, die er kennt. Das reicht dann meist.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Sir Mythos am 11.06.2008 | 22:44
Und zwei bis drei Leute, die er kennt. Das reicht dann meist.

Das ist IMHO ein wichtiger Punkt. Manchmal hab ich das Gefühl, SCs haben ihr Leben in der Isolation verbracht.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: oliof am 11.06.2008 | 23:35
Zuviel Hintergrund kann zu überladenen Charakteren führen, die man entweder nicht richtig ausspielen kann, weil sie in zuviele Selbstzweifel oder Widersprüchliche Ambitionen verstrickt sind, oder weil man sich nicht in sie reinspielen kann.

Ich gehe da mit Occam. Mir ist in einer aktuell frischen Kampagne mein ausgedachter Charakter im ersten Abenteuer weggestorben. Da hätte es mich geärgert, wenn ich mehr als die zwei Absätze geschrieben hätte, die ich geschrieben habe. Aber die zwei Absätze waren genug um zu wissen, dass dieser Charakter sich in potentiell tödliche Gefahr begibt – und darin ist er dann entsprechend umgekommen.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Haukrinn am 12.06.2008 | 08:57
Ich mag ausgearbeitete Hintergründe nicht. Das heißt nicht das ich auf Ansatzpunkte bei einem Charakter verzichten möchte. Jeder Charakter sollte Marotten, Ziele, Wünsche und Ansichten haben. Ich finde es aber wesentlich interessanter, die Vergangenheit des Charakters, warum er all diese Dinge entwickelt, erst im Spiel zu ergründen.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Ludovico am 12.06.2008 | 09:02
Als SL mag ich Hintergründe in elektronischer oder kurzer verbaler Form, so daß ich einen Eindruck von dem Charakterkonzept bekomme. Er sollte kurz und knackig, am besten stichwortartig gehalten sein.

Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Bitpicker am 12.06.2008 | 09:58
Ich persönlich kann mich als Spieler wie als SL viel besser in einen Charakter versetzen, wenn er einen ausgearbeiteten Hintergrund hat. Aber das muss nicht bei allen so sein: meine Frau z.B. kann mit einem ausgearbeiteten Hintergrund wenig anfangen, wie der Charakter vom Wesen her ist, ergründet sie erst während des Spiels.

Robin
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Feuersänger am 12.06.2008 | 13:56
Als SL mag ich Hintergründe in [...] kurzer verbaler Form [...] am besten stichwortartig

Verbal und Stichwortartig? Was spielt ihr, Königlich Preußisches Garderegiment zu Fuß? Nieder mit den Personalpronomen?
"Melde gehorsamst! Habe Frau und drei Kinder! Vater im Kriege gefallen! Uhrmacherhandwerk erlernt!"

meine Frau z.B. kann mit einem ausgearbeiteten Hintergrund wenig anfangen, wie der Charakter vom Wesen her ist, ergründet sie erst während des Spiels.

So geht's mir inzwischen auch.
Schon allein deshalb, weil sich die Charaktere einer Gruppe auch gegenseitig beeinflussen. Ich hatte das schon mehrmals, dass sich mein Charakter ganz anders entwickelt hat als in der Beschreibung vorgesehen, einfach weil es so besser gepasst hat. Irgendwann ist dann bei mir der Groschen gefallen und ich habe damit aufgehört, die Persönlichkeit meiner Chars im voraus festschreiben zu wollen.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Merlin Emrys am 12.06.2008 | 14:25
Ich hatte das schon mehrmals, dass sich mein Charakter ganz anders entwickelt hat als in der Beschreibung vorgesehen, einfach weil es so besser gepasst hat. Irgendwann ist dann bei mir der Groschen gefallen und ich habe damit aufgehört, die Persönlichkeit meiner Chars im voraus festschreiben zu wollen.
Ich dachte bisher (bzw. wir handhaben es so), daß der Hintergrund die bisherige, aber nicht die zukünftige Entwicklung beschreibt. Vielleicht trägt das dazu bei, den Hintergrund als nützlich, nicht als einengend zu empfinden?
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Boba Fett am 12.06.2008 | 14:33
Das "Aufsatz-schreiben" habe ich mit der Schule hinter mir gelassen und das war 1986.
Dementsprechend gibt es keinen Hintergrund meines Charakters, schon gar nicht in schriftlicher Form.
Viel wichtiger als das "was war er mal" ist für mich ohnehin das "was und wie ist er jetzt" und das wird von mir in wenigen Stichworten geliefert, gern auch mit stereotypen Vergleichen gemixt. Eben, damit man ein grobes Bild vor Augen hat. Und mehr braucht man nicht.

Denn das "was war er mal" ist nur für zwei Dinge wichtig: +
Wegen des "warum wurde er zu dem was er jetzt ist" - wen interessiert das und welchen Einfluss hat das auf das aktuelle Spiel? Richtig - gar keinen.
Und wegen dem "welche Aufhänger könnte es im Hintergrund geben" und ganz ehrlich: Das entscheide ich spontan angesicht irgendwelche Notwendigkeiten - wenn meine Schwiegermutter aus dritter Ehe Lippenherpes vor Jahren haben musste, den wir jetzt einfangen sollen, na gut, dann hatte sie den eben - seit jetzt. Das macht das Rollenspiel doch viel flexibler.

Und wenn jemand wirklich die Lebens- und Leidensgeschichte wissen will, dann soll sein Charakter (oder NSC) meinen fragen.
In Game, und nur dann wenn es interessant ist. Für mehr habe ich auch gar keine Zeit. Und auch keine Motivation.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Feuersänger am 12.06.2008 | 14:33
Ich dachte bisher (bzw. wir handhaben es so), daß der Hintergrund die bisherige, aber nicht die zukünftige Entwicklung beschreibt.

Stichwort ist hier "Wesen", im Sinne von Persönlichkeit. In deinem HG schreibst du vllt was von "schweigsam, ernsthaft" und kriegst dann von deinen Mitspielern so viele Steilvorlagen, dass du dir sarkastische IC-Kommentare nicht verkneifen kannst. Ist jetzt dein Char über Nacht von ernsthaft auf sarkastisch umgeschwenkt? Da finde ich es doch besser, die Persönlichkeit gar nicht so genau im voraus zu definieren, sondern einfach mal zu schauen, was sich ergibt.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Plansch-Ente am 12.06.2008 | 14:41
Mich interessieren Hintergründe weder als Spieler noch als Spielleiter. Früher hab ich auch immer Seitenweise Hintergründe geschrieben - das aber weniger aus dem Grund, weil der Hintergrund ins Spiel einfloss (das ist in meinen frühen Spielrunden selten bis NIE der Fall gewesen), sondern einfach weil es mir Spaß machte, den Charakter den ich spielte mit einer Vergangenheit auszustatten. Es vereinfachte mir auch im Spiel meine Rolle zu spielen, da ich mich in bestimmten Situationen einfach "an die SC Vergangenheit erinnern konnte" und so "rollengerecht" agieren konnte.

Mittlerweile bin ich dazu übergegangen, dass mein Hintergrund aus höchstens folgenden Dingen besteht:

1. Familie: Ja: Mama, Papa, Bruder, Schwester und Schwippschwager
2. Heimat: Musterstadt

Das wars - ich vergebe auch höchst selten Namen für diese NPCs. Mehr braucht es nicht. Meinen "Hintergrund" spiele ich lieber. Ich habe den "normalo" Charakter für mich entdeckt. Aus dem kann man viel mehr machen. Die ersten ein/zwei Abenteuer werden dann normale Standartsachen sein - wie das Beschützen einiger Wagen oder das Befreien eines Bauernjungen aus Händen von Räubern - aber diese Standartabenteuer bilden dann schon den gemeinsamen Hintergrund und spätere Abenteuer können darauf aufbauen.

Mit anderen Worten: Geht mir weg mit Hintergrund. Da sind schon 2 Zeilen zuviel. Ich spiele den Kram lieber selber.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Merlin Emrys am 12.06.2008 | 15:23
Wegen des "warum wurde er zu dem was er jetzt ist" - wen interessiert das und welchen Einfluss hat das auf das aktuelle Spiel? Richtig - gar keinen.
Schlicht falsch - siehe oben...

Stichwort ist hier "Wesen", im Sinne von Persönlichkeit. In deinem HG schreibst du vllt was von "schweigsam, ernsthaft" und kriegst dann von deinen Mitspielern so viele Steilvorlagen, dass du dir sarkastische IC-Kommentare nicht verkneifen kannst. Ist jetzt dein Char über Nacht von ernsthaft auf sarkastisch umgeschwenkt?
Warum sollte ich mir irgendwie geartete Kommentare nicht verkneifen können? Kann vielleicht bei tröstenden Bemerkungen passieren, aber dann fallen sie eben "ernsthaft" und ein wenig knapper formuliert aus. Stumme Charaktere entwerfe ich ohnehin nicht, damit ist alles, was an Bemerkungen sein muß, immer noch vom Konzept abgedeckt. *schulterzuck* Ich weiß doch, was ich spielen kann und was ich besser gar nicht erst versuche. Im Fall von Unsicherheit halte ich mich mit Festlegungen einfach zurück. Was sollte an so einem Filtzelchen Selbstbeherrschung so schwer sein?
Noch dazu, andersherum gefragt, warum sollte ein Charakter, der gerade einen mehr oder minder tiefen Einschnitt in seinem Leben hat, sich nicht ändern können?
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Boni am 12.06.2008 | 15:30
Ich finde es interessant, daß so viele hier schreiben, Hintergründe wären im Spiel sowieso nie wichtig... Liegt das dann aber nicht an den Hintergründen?

Natürlich ist es eher unwichtig, was der Charakter alles erlebt hat, bevor er Zeitpunkt X (Abenteuerbeginn) erreicht. Das kann man sich ja auch zusammen schustern, wenn mal das Gespräch darauf kommt. Aber Personen, die wichtig waren und es wieder sein können, sind doch ein Spielansatz, der dem SL sogar massiv Arbeit abnehmen kann.

Erstmal zeigen sie die Richtung, in die der Spieler gerne gehen möchten. Wenn sich ein Spieler zum Beispiel eine verlassene Geliebte in den Hintergrund baut, möchte er auch, daß es ins Spiel kommt. Desweiteren kann man diese Personen als Aufhänger nutzen: Was passiert, wenn besagt Geliebte entführt wird/sich der Gegenseite Anschließt?

Das meinte ich auch mit meinem Post weiter oben: Alles, was nicht Abenteuer- bzw. Kampagnenrelevant ist, brauche ich als SL nicht. Als Spieler hilft es mir vielleicht, meinen Charakter zu definieren, aber das braucht der SL einfach nicht. Als SL will ich konkrete Aufhänger für abenteuer, die meine Spieler interessieren. Und das muß der Hintergrund leisten.

Ein gutes Beispiel sind hier die Backgrounds bei 7th Sea: Man wählt eine dramatische Verwicklung aus einer Liste, gibt mit einem Punktwert zwischen 1 und 3 an, wie schwerwiegend die Verwicklung ist und arbeitet die groben Details aus. Mit Hilfe der Backgrounds leite ich meine Kampagne fast Vorbereitungslos über die Vorgaben der Spieler, und es klappt sehr gut.

aber vielleicht ist das auch eine Frage der Gewichtung: Bei mir stehen die Charaktere samt ihrer Probleme im Mittelpunkt, die Abenteuer sind sekundär. Sobald das Abenteur im Mittelpunkt steht, braucht es wirklich keinen Hintergrund mehr. Das merke ich zu meinem Leidwesen egrade in meiner Warhammer FRPG-Runde.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Boba Fett am 12.06.2008 | 15:33
Natürlich ist es eher unwichtig, was der Charakter alles erlebt hat, bevor er Zeitpunkt X (Abenteuerbeginn) erreicht. Das kann man sich ja auch zusammen schustern, wenn mal das Gespräch darauf kommt. Aber Personen, die wichtig waren und es wieder sein können, sind doch ein Spielansatz, der dem SL sogar massiv Arbeit abnehmen kann.
Und diese Spielansätze kann man nicht "bei Bedarf" erzeugen?

(erstmal egal, ob nun der SpL in Zusammenarbeit mit einem Spieler, oder einer der beiden allein oder ein ganz anderer Spieler...)

Dann:
Erstmal zeigen sie die Richtung, in die der Spieler gerne gehen möchten. Wenn sich ein Spieler zum Beispiel eine verlassene Geliebte in den Hintergrund baut, möchte er auch, daß es ins Spiel kommt.
Desweiteren kann man diese Personen als Aufhänger nutzen: Was passiert, wenn besagt Geliebte entführt wird/sich der Gegenseite Anschließt?
Ob das wirklich so ist, dass der Spieler diese Elemente aus dem Charakterhintergrund gern eingebaut haben möchte, ist aber erst einmal nur eine Vermutung. Es sei denn, man spricht drüber. Dann kann man sie aber auch gleich bei Bedarf in Absprache festlegen.
Das gleiche gilt für die anderen "Aufhänger".

Ein gutes Beispiel sind hier die Backgrounds bei 7th Sea: Man wählt eine dramatische Verwicklung aus einer Liste, gibt mit einem Punktwert zwischen 1 und 3 an, wie schwerwiegend die Verwicklung ist und arbeitet die groben Details aus. Mit Hilfe der Backgrounds leite ich meine Kampagne fast Vorbereitungslos über die Vorgaben der Spieler, und es klappt sehr gut.

Da ich 7te See nur rudimentär kenne:
Kann man die Backgrounds nur in der Charaktererschaffung wählen oder auch mitten im Spiel?
Und wenn nein, warum nicht (weils so im Buch steht, okay, aber mal das Gedankenspiel)?
Lasst den Spieler im Dialog mit dem Spielleiter doch spontan entscheiden, dass die dramatische Verwicklung aus seiner Vergangenheit eine Rolle im nächsten Abenteuer spielt. Plötzlich gibt es die, vorher wusste niemand davon. Hat er eben verschwiegen...
Dazu braucht es keinen Hintergrund, den man mehr oder minder ausführlich ausbaut.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Crujach am 12.06.2008 | 15:34
höchst interessantes Thema, kann mich da in vielen Aussagen wiederfinden.

Was könnte man Spielern empfehlen, die nicht wissen wo sie mit dem Hintergrund anfangen sollen und die ein paar Anregungen zum Hintergrund brauchen? Sprich: Wo sind euch gute und nützliche "50 Wörter über den Helden", "Fragen zum Hintergrund" o.ä. aufgefallen?
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Falcon am 12.06.2008 | 16:05
@Topic: das Beste ist doch immer noch ein Fragebogen.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Boba Fett am 12.06.2008 | 16:14
@Topic: das Beste ist doch immer noch ein Fragebogen.
Das ist also eine Bejahung bzgl der Frage "Zwang zum Hintergrund".
Denn der, der diesen nicht oder unzureichend ausfüllt, gilt dann doch als "Spalter", oder?
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Feuersänger am 12.06.2008 | 16:16
Fragebögen im Stile der "20 Fragen" (von SR z.B.) mgen für RPG-Neulinge nützlich und hilfreich sein; ich persönlich hab die Dinger gefressen. Schablonenhintergründe da.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: reinecke am 12.06.2008 | 16:21
Fragebögen im Stile von "Warum spielst du diesen Charakter? Nach welchen Prinzipien handelt dein Blubb? Wen kennt er blubb?"

sind super!
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Falcon am 12.06.2008 | 16:28
ok
@Topic: der Hintergrund braucht nicht mehr als 3, 4 Zeilen lang sein aber weniger macht keinen Sinn, da damit Rasse,Klasse,Aufenthaltsort usw festgelegt sind. Mit weniger Infos hat der Spieler genau genommen gar keinen Charakter. Von Zwang kann also keine Rede sein.
Um am liebsten lasse ich das von guten Fragebögen beantworten, begnüge mich aber meisst mit Stichworten. Und das muss nicht mal schriftlich sein. Reicht mir völlig wenn der Spieler die wichtigsten Dinge beantworten kann.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Feuersänger am 12.06.2008 | 16:31
Okay, gebt mal Beispiele für gute Fragebögen.

Ich habe da halt schon oft festgestellt, dass Spieler bei Fragebögen den "Weg des geringsten Widerstandes" gehen, um die Crux so schnell wie möglich hinter sich zu bringen, und am Ende steht dann immer das gleiche drin.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Crimson King am 12.06.2008 | 16:44
Da ich 7te See nur rudimentär kenne:
Kann man die Backgrounds nur in der Charaktererschaffung wählen oder auch mitten im Spiel?

Die Regel sieht folgendermaßen aus:
Ein Spieler kann bei Charaktererschaffung Punkte anstatt in Fertigkeiten etc. in Hintergründe vergeben. Der SL hat die Hintergründe je nach Punktzahl im Verlauf des Spiels einzuflechten, je mehr Punkte, umso häufiger spielt der Hintergrund eine tragende Rolle. Wenn ein Hintergrund Schwerpunkt eines Spielabends oder Abenteuers war, erhält der Spieler mit dem Hintergrund dessen Punktzahl an Erfahrungspunkten.

Wenn ein Hintergrund aufgelöst wird, muss ein neuer mit der gleichen Wertigkeit her.

Ich weiß nicht zu 100%, ob man späterhin Hintergründe für XP nachkaufen kann. In jedem Fall darf man zu Spielbeginn nur 4 Punkte an Hintergründen kaufen und die sollten später auch nicht übertroffen werden.

Die Regel soll Spieler dazu animieren, dem Spielleiter über die Hintergründe Futter zu geben. Hintergrund -> XP
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Falcon am 12.06.2008 | 17:18
einen Fragebogen hab ich jetzt leider nicht zur Hand. Ich hatte mal einen brauchbaren aber weiss nicht mehr, wo der hin gekommen ist. Der hatte nur wenig Fragen, ca. 6.
Einen anderen guten hatte ich mal auf einem Charakterblatt (aus irgendeiner Challenge) aber dummerweise ist der auch auf irgendeiner anderen Platte vergraben. Der hatt nur 4 oder 5.

Tendentiell sind mir Fragen zwischen 5-15 am liebsten, sie sollten eben breit gefächert sein und nicht implizit sein. Der Leser soll sich schon überlegen, was er darauf antwortet.
So kommt nicht immer dasselbe dabei raus und die Frage werden nicht schnell abgefertig wenn man sie nicht mit Ja/nein beantworten kann.

Ich finde auch Fragen gut, die nicht direkt nach einem Thema fragen "ist er religiös?" sondern fragen wie er so und so in einer Situation handeln würde. Solche Fragen befinden sich z.b. im Spiel ADOM bei der Generierung.

die andere Möglichkeit ist dem Spieler eine Vielzahl an kurzen Fragen zu geben. 50-100 und er beantwortet die, die ihn am meissten inspirieren. Aber das muss dann nicht immer nützlich für den SL sein. Finde ich persönlich nicht so gut. Davon gibts im Internet Unmengen.

Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Boni am 12.06.2008 | 17:33
@Boba:
Zitat
Und diese Spielansätze kann man nicht "bei Bedarf" erzeugen?

Das finde ich als SL schwierig. Ich habe ja nur zwei Optionen, entweder, ich drücke dem Spieler den Hintergrund auf, oder ich unterbreche um den Ansatz zu verhandeln. Beides finde ich suboptimal. Wenn der ansatz vorher fest steht, kann ich bei Bedarf damit planen und ihn auch mal überraschend in die Handlung einwerfen.

Zitat
Ob das wirklich so ist, dass der Spieler diese Elemente aus dem Charakterhintergrund gern eingebaut haben möchte, ist aber erst einmal nur eine Vermutung. Es sei denn, man spricht drüber. Dann kann man sie aber auch gleich bei Bedarf in Absprache festlegen.
Das gleiche gilt für die anderen "Aufhänger".

Naja, wenn ich dem Spieler sage: "Nenn' mir 5 Personen, die im Leben deines Charakters eine Rolle spielen" gehe ich schon davon aus, daß er diese Personen interessant findet. Aber du hast recht, da sollte man vorher klar kommunizieren, was Sinn und Zweck ist.

Denn: In einer anderen Runde ist es zum Beispiel schon passiert, das ein Spieler Personen für den Hintergrund entworfen hat, die genau Null Spielpotential mitbrachten. Aber das Kommunikation die meisten Mißverständnisse am Spieltisch beseitigt, ist ja keine neue Erkenntnis.  ;)

Zitat
Kann man die Backgrounds nur in der Charaktererschaffung wählen oder auch mitten im Spiel?

Auch mitten im Spiel. Der Charakter soll seine maximal 4 Punkte an Backgrounds von Anfang an haben, kann aber bei Interesse andere Handlungszweige als neue Backgrounds dazunehmen (die dann auch den Gesamtwert von 4 Punkten überschreiten dürfen, es darf nur kein Background eine Wertigkleit von mehr als 3 haben). Ob das XP kostet, wird der Gruppe überlassen, soweit ich mich jetzt ohne nachlesen erinnere.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Lyris am 12.06.2008 | 18:17
Als Spieler: Ja, ja, ja. Da kann ich gar nicht anders. Aber nicht als komplette Biographie, sondern wie sieht die Persönlichkeit des Chars aus eventuell auch mal das eine oder andere Ereignis was zu bestimmten Verhaltensweisen oder Eigenschaften geführt hat. Der SL wird damit aber nur auf Wunsch und in Kurzform "belästigt".

Als SL: Gerne, muß aber nicht sein. Allerdings finde ich es schon wichtig, das jeder Spieler zumindest nach ein paar Runden eine gewisse Vorstellung von seinem SC hat. Wenn der Char sich dann auch entsprechend verhält, besteht auch keine Notwendigkeit das zwanghaft schriftlich festhalten zu müssen.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Ludovico am 13.06.2008 | 08:32
Die Regel sieht folgendermaßen aus:
Ein Spieler kann bei Charaktererschaffung Punkte anstatt in Fertigkeiten etc. in Hintergründe vergeben. Der SL hat die Hintergründe je nach Punktzahl im Verlauf des Spiels einzuflechten, je mehr Punkte, umso häufiger spielt der Hintergrund eine tragende Rolle.

Das stimmt so nicht ganz.
Der SL ist nicht gezwungen und wird auch von den Regeln her nicht aufgefordert, die Hintergründe einzubauen. Die Punkthöhe entscheidet ebensowenig über die Häufigkeit des Hintergrunds als tragende Rolle.
Deshalb ist es bei 7te See auch ein Risiko, wenn man Punkte für Hintergründe ausgibt. Manche SL gehen zu stark auf sie ein, andere gar nicht oder kaum und wieder andere schaffen es, genau das richtige Maß zu finden.

Zitat
Ich weiß nicht zu 100%, ob man späterhin Hintergründe für XP nachkaufen kann. In jedem Fall darf man zu Spielbeginn nur 4 Punkte an Hintergründen kaufen und die sollten später auch nicht übertroffen werden.

3 Punkte sind das Maximum. Die einzige Möglichkeit einen 4 Punkte-Hintergrund zu kriegen, ist durch den Vorteil Schlecht-Wetter-Jack.

Was den Zukauf von Hintergründen angeht, so ging das, wenn ich mich recht erinnere so, daß dem Charakter etwas passiert und er dann vom SL angeboten bekommt, mit Hilfe seiner XP einen passenden Hintergrund kaufen kann.

Da fällt mir ein, daß bei SOTC der Hintergrund zwingend war, wenn man nicht die andere Erschaffungsvariante genommen hat, da sich so die Traits bestimmten.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Wawoozle am 13.06.2008 | 09:30
Unterschiedlich...
Wenn ein SL einen Hintergrund wünscht, dann bekommt er einen.
Wenn nicht, dann mache ich mir zwar trotzdem ein zwei Gedanken dazu, aber lass mich eher im Spiel überraschen was aus meinem Charakter wird.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Boba Fett am 13.06.2008 | 09:34
@Boba:
Zitat
Und diese Spielansätze kann man nicht "bei Bedarf" erzeugen?
Das finde ich als SL schwierig. Ich habe ja nur zwei Optionen, entweder,...
Schau Dir mal das Konzept "Kicker" im Theoriebereich an.
Auch wenn ich den Begriff "kicker" nicht mag, da stehts, wie es gut gehen kann.
Kurz umrissen: Der Spieler schreibt einen Kicker, d.h. einen Aufhänger fürs Abenteuer, den der Spielleiter dann nutzt, um ihn in ein Abenteuer umzusetzen.

Beispiel: "Meine frühere Geliebte Julia, die sich damals getrennt hat, um der Familienfehde nicht im Weg zu stellen, nutzt jetzt die alte Bekanntschaft um mich für einen heiklen Auftrag anzuheuern." Den Auftrag könnte man auch noch umreißen. Theoretisch könnte der Spielleiter den Auftrag selbst sogar bestimmen oder gemeinsam in Absprache planen.
So entsteht "Background on demand". Plötzlich ist eine Familienfehde da, eine alte Verflossene, Motivationen und Konflikte.
Nutzt Julia nur aus, ist es sogar eine Falle, wie auch immer?
Das weiss niemand, nicht mal der initiierende Spieler und so wird es für alle spannend und interessant.

Und vor allem: Der Spielleiter kann sich sicher sein, dass der Spieler höchst motiviert ist, sich diesem Rollenspielinhalt zu widmen.
Natürlich müssen die anderen Spieler auch mitziehen, aber das gilt ja immer im Rollenspiel.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Bitpicker am 13.06.2008 | 10:21
Was Fragebögen angeht, ist Dread ein gutes Beispiel, vor allem, weil es ein System eher für One-Shots ist. Der Fragebogen dient hier zum einen dazu, den Charakter mit dem geplanten Spiel zu verknüpfen, kann aber zum anderen auch dazu dienen, den Spieler durch 'Red Herrings' auf eine falsche Fährte bzgl. des Abenteuerinhalts zu locken. Da es sich um ein Horror-System handelt, kann das von Vorteil sein.

Die Dread-Fragebögen werden individuell für das Spiel und den Spieler erzeugt. Vorgegebene Fragebögen für alle Spieler und Kampagnen halte ich für weniger sinnvoll, da ist das Ergebnis des Nullachtfünfzehn-Charakters eher wahrscheinlich.

Bei meinem eigenen System, das ich generell verwende, ist der Hintergrund entscheidend für die Charakterwerte, weil es kein Erschaffungssystem auf der Basis von Punkten oder Würfen gibt. Solche Systeme lehne ich ab, weil sie es in aller Regel unmöglich machen, genau den Charakter zu bauen, den man haben will. Ich neige dazu, ziemlich genaue Vorstellungen von Charakteren zu haben, und habe bisher noch kein System gesehen, das es anschließend möglich gemacht hat, exakt diesen Charakter zu bauen.

Mein System basiert auf dem Gedanken, dass der Hintergrund zuerst geschrieben wird und dann in Werte übersetzt wird. Wer sich als Hintergrund den Sohn eines Diplomaten zulegt, der in fünf verschiedenen Ländern aufgewachsen ist, hat einen Grund, sich entsprechende Fremdsprachenkenntnisse und einen Wert wie 'kulturelle Flexibilität' oder so zu geben. Vernachlässigt man den Hintergrund, kriegt man in der Regel Charaktere, bei denen man nicht weiß, warum sie dies und das können, etwas anderes aber nicht, denn der einzige Grund dafür ist, dass das Erschaffungssystem nun mal X nur ermöglicht, wenn man auf Y verzichtet, und man will ja einen möglichst funktionalen Charakter haben.

Das ist nicht gerade ein Werkzeug, mit dem man glaubwürdige Charaktere bauen kann, und Glaubwürdigkeit ist eines meiner Primärziele beim Rollenspiel. Ich weiß, dass das nicht jeder so sieht, aber ich sehe es nun mal so. Ohne tiefen Hintergrund oder wenn Verwandte, Kontakte, Fähigkeiten, Kenntnisse, Plotelemente usw. grundsätzlich erst während des Spiels aus dem Ärmel geschüttelt werden, weil es gerade passt, killt das für mich die Suspension of Disbelief, ohne die ich nicht spielen kann.

Robin
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Boba Fett am 13.06.2008 | 10:57
Der bisher wirklich einzig gute Fragebogen für den Charakterhintergrund war bei "kleine Ängste". :)
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Blizzard am 13.06.2008 | 12:30
Ich finde Hintergründe bei Charakteren schon wichtig. Sie runden imho den Charakter ab. Ich finde es -zumindest als SL- schon wichtig, wie die Vergangenheit des Charakters aussieht. Denn u.a. aus der Vergangenheit sollte sich plausibel ableiten lassen, warum der Charakter heute so ist, wie er ist. Und warum er Weg A und nicht Weg B eingeschlagen hat. So gesehen verleihen Hintergründe dem Charakter eine zusätzliche Tiefe.

Mir persönlich ist es dabei egal, ob und wie jemand den Hintergrund seines Charakters gestaltet. Das können nur Stichpunkte sein, das kann aber auch ein 5 Seiten langes Geschreibsel sein. Ich habe Hintergründe von Charakteren seitens der Spieler auch schon nur rein mündlich vernommen-geht auch. Und ob jemand dabei nun die berühmten 20 Fragen alle abarbeitet ist mir auch egal. Wichtig für mich ist nur, dass ich etwas Greifbares mit dem jeweiligen Hintergrund als SL habe, womit ich arbeiten kann. Ein Hintergrund, der auch etwas hermacht- und bei dem man sieht, dass sich der Spieler da echt Gedanken gemacht, einen interessanten Charakter auf die Beine zu stellen. Für mich zählt ein Hintergrund quasi mit zur Grundausstattung eines Charakters, so wie z.B. Attribute und Fertigkeiten. Ohne Hintergrund ist ein Char für mich einfach unvollständig.

Die Background- Regelung in 7thSea fand ich anfangs nicht schlecht, habe aber im Laufe der Jahre die Erfahrung gemacht, dass es Leute gibt, die Punkte nur wegen der XP da reingehauen haben, und das fand ich dann doch eher schade-denn das ist imho nicht Sinn der Sache bei den ganzen Hintergründen. Ich hab bei 7teSee mal einen Eisenländer mit dem Schlecht-Wetter-Jack Vorteil gespielt (ausgewürfelt), der kam aber nie zum Tragen... Hm,evtl. sollte man dieses ganze Diskussion um 7thSea-Backgrounds in den 7teSee-Channel verschieben?

Klar, letzten Endes hängt auch viel vom SL ab. Der eine kümmert & interessiert sich mehr für Hintergründe der Charaktere, und baut sie auch dementsprechend öfter in seine Abenteuer ein. Ein anderer wiederum weniger-das ändert aber nichts an der Tatsache, dass Hintergründe nicht zuletzt ein nettes Zubrot an den SL sind, das er für seine Abenteuer nutzen kann. Grade wenn einem als SL partout nichts einfallen will sind die Hintergründe der Charaktere ein dankbarer Rettungsanker, den man ergreifen kann.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Arkam am 13.06.2008 | 12:37
Hallo zusammen,

als Spieler mache ich mir normalerweise ein paar gedanken zum Hintergrund des Charakters. Ich habe für mich fest gestellt das ich Charaktere unter denen ich mir etwas vorstellen kann besser spiele. Das heißt ich bleibe eher in charakter, kenne seine Fertigkeiten und brauche bei Entscheidungen nich erst auf das Charakterdatenblatt zu schauen sondern "weiss" was der Charakter tun wird.

Als Spielleiter arbeite ich mit selbstgeschriebenen Szenarien. Die Szenarien haben meisten schon einen Schwerpunkt und Ansätze wie welcher Charakter wie in das Szenario verwickelt wird. Da brauche ich eigentlich keinen großen Charakterhintergrund.

Nützlich sind aber Absprachen darüber was der Spieler mit dem Charakter erreichen möchte. Denn je anchdem um was es sich handelt müssen dafür Vorraussetzungen in der Spielwelt eingebaut werden. Etwa wenn der Charakter eine besondere Klasse erreichen möchte oder spezielle Ausrüstung benötigt.

Fragebögen haben die Tendenz das man sich für jede Frage etwas aus den Fingern zieht. Für mich ist das etwa häufig die Einstellung zur Religion des Charakters. Denn hier treffe ich dann eine Entscheidung ins Blaue hinein. Wie der Charakter sich im Szenario zu einer konkreten Religionsgemeinschaft verhält entscheidet sich nämlich nicht aus der Frage heraus sondern aus dem Verhalten der konkreten Vertreter der Religionsgemeinschaft heraus.

@Boba Fett
Was zeichnet den Fragebogen von "Kleine Ängste" denn aus? Ich kann mir vorstellen das er in einem System wo man Kinder spielt sehr nützlich sein kann weil man eben keinen klassischen Helden spielt.
Was davon kann man aber auf andere Systeme übertragen?

Gruß Jochen
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Boni am 13.06.2008 | 14:39
Schau Dir mal das Konzept "Kicker" im Theoriebereich an.
Auch wenn ich den Begriff "kicker" nicht mag, da stehts, wie es gut gehen kann.
Kurz umrissen: Der Spieler schreibt einen Kicker, d.h. einen Aufhänger fürs Abenteuer, den der Spielleiter dann nutzt, um ihn in ein Abenteuer umzusetzen.

Ich kenne den Begriff durchaus und mag ihn sogar  ;)

Mein Punkt ist einfach: Ich finde es als SL einfacher, solche Aufhänger vorher zu kennen. Ich plane recht viel und improvisiere ungern innerhalb komplexer Beziehungen (wie ich sie gerne in meinen Kampagnenaufbaue). Das ist sicher nichts allgemeingültiges, es passt eben nur mir besser.

Und das heißt auch nicht, daß spontane Aufhänger von mir nicht genutzt werden. Wenn jemand anderem der spontane Faktor allein reicht und er damit arbeiten kann, rede ich da nicht rein.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Boba Fett am 13.06.2008 | 14:49
@Boba Fett
Was zeichnet den Fragebogen von "Kleine Ängste" denn aus?
Die Aussage bitte nicht ernst nehmen, da der Fragebogen eher simpelster Natur ist.
Ausserdem ist er auch dafür gedacht, dass die Angaben vom Spielleiter unmittelbar ins Abenteuer integriert werden kann.
Wenn Du "Angst vor dem WitzeClown" als Angst reinschreibst, wird er im Abenteuer auftauchen.
Das ist sozusagen der Kicker, den Du dem Spielleiter gibst (siehe oben).
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Tourist am 13.06.2008 | 16:24
Okay, gebt mal Beispiele für gute Fragebögen.

Ich habe da halt schon oft festgestellt, dass Spieler bei Fragebögen den "Weg des geringsten Widerstandes" gehen, um die Crux so schnell wie möglich hinter sich zu bringen, und am Ende steht dann immer das gleiche drin.
Wenn man keine "Angst" von etwas esoterisch angehauchten Fragebögen hat dann ist der aus Nephilim toll, ich habs leider nicht hier aber Fragen wie
"Wenn du ein Tier wärst"
"Wenn du ein Gefühl wärst"
"Wenn du eine Frabe wärst"
etc.

Das kann! helfen ein Gefühl für den Charakter zu bekommen

Schönen Abend

Markus
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Feuersänger am 13.06.2008 | 16:32
Was ist das, ein Waldorfschulenrollenspiel? Tanzen Sie die Farbe grün?
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Tourist am 13.06.2008 | 16:45
lol, ich bin mir sicher du findest über google etwas dazu sollte es dich interessieren.

Ich finde den Ansatz klasse da man sich ja nicht jeden Mist für seinen Charakter überlegen kann, aber mit solchen Fragen bekommt man ein gutes Gefühl wie dieser Typ so drauf ist, dadurch wird es dann leichter zu wissen ob er nun lieber eine Cola oder ein einen O-Saft bestellt ;)

Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Don Kamillo am 13.06.2008 | 21:30
Also als SL sage ich den Spielern, was ich haben will, entweder, bei Runden, wo es einfach nicht wichtig ist, wie bei abenteuerzentrierten Sachen ( bei meiner D&D 3.5 Iron kingdoms-Kampagne ), zumindest zum Anfang nicht, halt wenig bis nix, oder wenn es etwas charakterzentrierter wird, einwenig mehr, wobei ich schon bestimmte Sachen wissen möchte, die mirwichtig für den weiteren Verlauf sind ( mache ich gerade in meiner nWoD-Kampagne ).

Als Spieler habe ich natürlich interesse, meinen Charakter mit Leben zu füllen, sichte aber, was der SL haben will, wenn ich mich im Setting nicht auskenne, werde ich relativ allgemein.
In jedem Fall bin ich soweit eingestellt, das ich Vorgaben entspreche und mit zur "Party" gehöre!
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: reinecke am 15.06.2008 | 16:20
Die Idee Abenteuer/Kampagnen-Spezifische ABs zu erstellen um damit bestimmte Elemente betonen oder die Spieler auf falsche Fährten zu locken, finde ich super!
Werde ich bei nächster Gelegenheit mal ausprobieren.
Ist vielleicht sogar besser, als der and're Kram.

Naja, ein super Fragebogen wäre natürlich:
"Nenne mindestens einen Kicker:"
"Warum spielst du deinen Charakter und hast ihn gerade so gebaut:"
"Nenne mindestens eine Person, die in den Abtenteuern vorkommen soll:"
oder so in dem stil
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Feuersänger am 15.06.2008 | 16:34
Die Conan 2nd hat übrigens da einen neuen Mechanismus eingeführt, der zwei Fliegen mit einer Klappe schlägt: "Foreboding"

Funzt so, dass zu Beginn eines Abenteuer jeder Spieler bis zu 3 Vorhersagen macht, was seinem Charakter passieren wird. Zum Beispiel "Wir werden einen schweren Kampf austragen, aber am Ende siegreich sein"; "Mein Charakter wird von einer schönen Frau verführt werden" oder "Wir werden einen neuen Verbündeten gewinnen". Die Vorhersagen dürfen natürlich nicht allzu trivial sein, sondern sollen schon eine Aussage treffen. "Morgen werde ich aufstehen und Eier zum Frühstück essen" ist kein Foreboding. ;)

Dann weiß der SL schonmal, was die Spieler gerne erleben würden. Die Vorhersagen dürfen natürlich auch negativ sein, z.B. "Ich werde von einem betrügerischen Händler übers Ohr gehauen". Dieser "Wunsch" ist sicher leichter zu erfüllen als "Ich werde spontan zum König ernannt". Und warum sollte man sich sowas wünschen? Ganz einfach:

Für jede erfüllte Vorhersage bekommt der Spieler einen Fate Point. (FP sind sowas wie Karmapool in Shadowrun oder Bennies bei Savage Worlds; ihr wichtigster Zweck ist es aber, einen Charaktertod in "Left for Dead" umzuwandeln.) Daher liegt es auch im Interesse der Spieler, erfüllbare Vorhersagen zu machen.

Das sind die zwei Hauptvorzüge des Foreboding. Ferner kommt noch hinzu, dass man die Vorhersagen zwischen den Abenteuern ändern kann, je nachdem was man eben jetzt gerade gerne erleben würde.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: reinecke am 15.06.2008 | 17:00
Ist ne coole Sache, hat aber wenig mit dem Topic zu tun.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Feuersänger am 15.06.2008 | 17:07
Mein Thread, damit mach ich was ich will. ^^

Bezog sich aber speziell auf dein
Zitat
"Nenne mindestens einen Kicker:"
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Nelly am 18.06.2008 | 17:47
Hintergrund ist für mich sehr sehr wichtig. Ich erwarte einen Hintergrund und nicht nur ein "Mein Char ist ne Waise" oder "Er ist ein Einzelgänger..."

Dat reicht für mich nicht. Jeder Zweite Charakter den ich bisher kennengelernt hab ist entweder ne Waise oder der Lone Ranger Typ und das kann ich echt nicht mehr sehen.

Für mich als SL ist der Hintergrund sehr wichtig. Jeder Charakter kommt irgendwo her und ich will wissen welche Menschen für ihn wichtig sind. Damit kann ich den Helden nämlich irgendwann mal an den Eiern packen. Ein Charakter macht sich Feinde und die Feinde suchen natürlich nach den Schwächen der Helden. Die größte Schwäche sind normalerweise die Menschen die sie lieben und jeder Charakter hat irgendjemanden oder irgendwas das er liebt. Sei es der Stamm, das Heimatdorf, das Geburtshaus, ein Haustier, die Schwester oder Geliebte.

Dat gehört doch einfach dazu.

Plus man kann sich einfach besser in den Charakter hineinversetzen.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Ein am 18.06.2008 | 17:56
Zitat
Die größte Schwäche sind normalerweise die Menschen die sie lieben und jeder Charakter hat irgendjemanden oder irgendwas das er liebt.
Und was ist, wenn die Helden niemanden lieben? Weil sie halt ewige Herumtreiber, soziophobe Egomanen sind? Es soll durchaus Menschen geben, denen nur an ihnen selbst etwas liegt.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Maarzan am 18.06.2008 | 18:04
Und was ist, wenn die Helden niemanden lieben? Weil sie halt ewige Herumtreiber, soziophobe Egomanen sind? Es soll durchaus Menschen geben, denen nur an ihnen selbst etwas liegt.

Dann hat das Ursachen, die ebenfalls interessant sein könnten, so der Spieler dies denn dann auch einzubringen gewillt/befähigt ist und nicht nur eine Metaspielteflonbeschichtung sucht.

Ohne Hintergrund fühle ich mich deutlich unsicherer und in meiner eigenen Rollenspielleistung wie damit auch meinem "Spaß" eingeschränkt - und meine dies auch bei anderen Leuten so zu sehen.
Was hingegen selten gut geht ist wenn der Hintergrund ohne Absprache mit dem Spielleiter und damit losgelöst von der Spielwelt geschieht oder so exotisch ist, dass man quasi vom Mond stammt und ebenfalls keinerlei Bindungen zum eigentlichen Geschehen hat. 
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Sir Mythos am 18.06.2008 | 18:14
Als Spieler hab ich die Feststellung gemacht, dass man zwar am Anfang ein Konzept haben sollte, der Hintergrund aber besser im Spiel kommt. Wenn man sich Charakter und Hintergrund vorher überlegt, dann könnte der Charakter im Spiel auf einmal ganz schnell gezwungen sein, von seinen Prinzipien abzuweichen, damit er in die Gruppe passt. Um sowas zu vermeiden bau ich den Hintergrund ganz grob nur vor und entwickel den dann lieber im Spiel
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Ein am 18.06.2008 | 18:24
Zitat
so der Spieler denn gewillt/befähigt ist und nicht nur eine Metaspielteflonbeschichtung sucht
Jetzt kann man natürlich überlegen, warum so viele Rollenspieler sich solche Teflonbeschichtungen zu legen. Vielleicht weil sie Abenteuer erleben und nicht hören wollen:
Zitat von: eSeL
Damit kann ich euch irgendwann mal an den Eiern packen. Hohoho!

Zitat
und meine dies auch bei anderen Leuten so zu sehen
Ich meine festzustellen, dass die Leute sinnlos Regenwald für Sachen vernichten, die sie nie im Spiel nutzen. Ergo, persönliche Präferenz.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Boni am 18.06.2008 | 18:33
Vielleicht weil sie Abenteuer erleben [...] wollen

Und das ist nicht möglich, wenn das Abenteuer einen persönlichen Bezug hat?
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Ein am 18.06.2008 | 18:51
Klar ist das möglich. Leider ist es aber so, dass selbst viele Rollenspieler, die einmal Spaß an Hintergründen hatten, sich diese abgewöhnt haben, weil bei vielen eSeLn sofort dieser Muss-Schwachpunkte-im-Hintergrund-Ausnutzen-Reflex anspringt. Ob das den Spielern Spaß macht interessiert natürlich nicht. ;)

Desweiteren kann man auch wunderbar einen persönlichen Bezug im Spiel haben, ohne dass man dafür vorher die Biographie des Charakters geschrieben haben müsste. Die Stichpunkte dabei sind Improvisation, Spontanität und vor allem emotionale Investition.

Gerade was letzteres betrifft, was bringt es eine tolle Novelle über die Vergangenheit des Charakters zu haben, wenn der Spieler nicht bereit ist Emotionen in die Einbringung von Elementen aus der Vergangenheit zu investieren?

Und ob man nun das ganze sich vorher genaustens ausklügelt oder das ganze ad hoc entscheidet, halte ich für unerheblich. Wenn der SL meint, deine Oma liegt im Sterben und ich finde das eine gute Idee, dann kann ich mir auch spontan das wer-wie-was-wo überlegen. Wenn ich das nicht könnte, wäre ich ein mieser SL.

Abgesehen davon sehe ich es eh so: Es gibt zwei Arten von Hintergründen, langweilige Allerweltsbiographien und die Werdungsgeschichten ungewöhnlicher Individuen. Warum soll ich mich mit dem schreiben der ersteren langweilen (das hat sowas von Schule) und warum soll ich die letzeren verschwenden, anstatt sie im Spiel zu erleben - live und in Farbe?
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Maarzan am 18.06.2008 | 19:20


Abgesehen davon sehe ich es eh so: Es gibt zwei Arten von Hintergründen, langweilige Allerweltsbiographien und die Werdungsgeschichten ungewöhnlicher Individuen. Warum soll ich mich mit dem schreiben der ersteren langweilen (das hat sowas von Schule) und warum soll ich die letzeren verschwenden, anstatt sie im Spiel zu erleben - live und in Farbe?


Vielleicht weil der Hintergrudn in Summe interessant ist, sich aber auch entsprechend zieht. Im Idealfall ist jetzt die Krise/Chance, welche das Tüpfelchen auf dem I ist, aber das kann es nur dann wirklich sein, wenn die emotionale Bindung schon da ist und man nicht von dem Bedarf abgelenkt wird den jetzt irgendwie noch mitkonstruieren zu müssen. Ein guter Teil von Verbundenheitsgefühl kommt auch aus der Vertrautheit und die Löcher die bei Improvisationen auftreten sind meist nur schwer zu überdecken. Wo war deine geliebte Oma als wir das letzte Mal bei dir zu Hause waren?

Einer meiner Charaktere hat einen (Haus-)Drachen als Mutter der in seinem Hintergrund war und entsprechend Vorauftritte hatte, welche auch Spuren bei den Mitspielern hinterlassen haben, bzw. deren Chars. Da war dann der spätere abenteuerrelevante Auftritt viel wirkungsvoller und nicht so künstlich als wenn ich mir da erst hätte überlegen müssen, äh meine Mutter - wie ist die denn so?

Mit der Ursache für die Teflonchars muss ich dir leider meistens rechtgeben.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Boni am 18.06.2008 | 19:23
Klar ist das möglich. Leider ist es aber so, dass selbst viele Rollenspieler, die einmal Spaß an Hintergründen hatten, sich diese abgewöhnt haben, weil bei vielen eSeLn sofort dieser Muss-Schwachpunkte-im-Hintergrund-Ausnutzen-Reflex anspringt. Ob das den Spielern Spaß macht interessiert natürlich nicht. ;)

Naja, ich würde mich über mehr SLs freuen, die das so machen. Denn genau dafür baue ich meine Schwachstellen ein. Der SL soll sie benutzen, denn dadurch wird das SPiel für mich interessanter.

Wenn es allerding ein reines "Spieler und Charakter runtermachen" ist gebe ich dir recht, das braucht niemand.

Zitat
Desweiteren kann man auch wunderbar einen persönlichen Bezug im Spiel haben, ohne dass man dafür vorher die Biographie des Charakters geschrieben haben müsste. Die Stichpunkte dabei sind Improvisation, Spontanität und vor allem emotionale Investition.

Habe ich ja schon oben im Thread geschrieben, ich kann besser damit arbeiten, wenn ich solche Punkte im Vorfeld kenne. Sicher kann ich das auch improvisieren, aber meine Erfahrung geht da eigentlich immer zu unnötigen Diskussionen.

Zitat
Gerade was letzteres betrifft, was bringt es eine tolle Novelle über die Vergangenheit des Charakters zu haben, wenn der Spieler nicht bereit ist Emotionen in die Einbringung von Elementen aus der Vergangenheit zu investieren?

Richtig. Allerdings gehe ich immer davon aus, daß ein Spieler die Elemente aus seinem Hintergrund auch im Spiel sehen will. warum sich sonst die Mühe machen?

Zitat
Und ob man nun das ganze sich vorher genaustens ausklügelt oder das ganze ad hoc entscheidet, halte ich für unerheblich. Wenn der SL meint, deine Oma liegt im Sterben und ich finde das eine gute Idee, dann kann ich mir auch spontan das wer-wie-was-wo überlegen. Wenn ich das nicht könnte, wäre ich ein mieser SL.

Das halte ich für hart. Natürlich muß ein SL improvisieren können, aber sich aus dem Stehgreif familiäre Verbindungen und deren Auswirkungen zu improvisieren, muß ihm deshalb trotzdem nicht liegen. Ich z.B. gebe zu, daß ich es nicht kann, würde aber nicht sagen, das ich ein schlechter SL bin.

Andererseits, wer sagt das schon von sichh selbst  ;)

Zitat
Abgesehen davon sehe ich es eh so: Es gibt zwei Arten von Hintergründen, langweilige Allerweltsbiographien und die Werdungsgeschichten ungewöhnlicher Individuen. Warum soll ich mich mit dem schreiben der ersteren langweilen (das hat sowas von Schule) und warum soll ich die letzeren verschwenden, anstatt sie im Spiel zu erleben - live und in Farbe?

Ja, die zweite Variante ist das Optimum und die erste möchte ich als SL nicht sehen müssen. Aber wenn die zweite Variante vor dem Spiel steht, finde ich es besser. Details im Spiel, geren, aber den Rahmen möchte ich als SL einfach haben.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Ein am 18.06.2008 | 20:28
Zitat
Wo war deine geliebte Oma als wir das letzte Mal bei dir zu Hause waren?
Einkaufen? Im Knast? Wen interessiert es? Okay, dich anscheinend. ;)

Ist ja vollkommen okay, nur für mich das absolut irrelevant.

Ich habe mich bei Indy3 keinen Augenblick gefragt, warum Indys Vater in den ersten beiden Filmen nie vorkam. Für mich ist das nicht relevant, weil ich Stories erzählen und keine Spielwelt simulieren bzw. Immersion betreiben will.

Wenn irgendetwas für die Story benötigt wird, wird das eingebaut.

Zitat
Sicher kann ich das auch improvisieren, aber meine Erfahrung geht da eigentlich immer zu unnötigen Diskussionen.
Der Trick ist dabei Zusammenspiel. Vertrauen zueinander haben. Den Input beider Seiten akzeptieren. Aber auch nicht böse sein, wenn etwas mal nicht angenommen wird. Vielleicht weil der andere eine viel bessere Idee hat.

Warum als Spieler nicht mal selbst zum SL gehen? Du ich habe mir überlegt, dass meine Oma von Gangstern gejagt wird, bau das mal ein. (=Kicker) Das ist wenn man auf Story aus ist, weit effektiver als dieses Rumgeeiere mit irgendwelchen "organischen" Hintergründen. Einfach mal den Mund aufmachen, Sachen fordern oder auch einfach mal Vorschläge des SLs ablehnen.

Das tolle ist dabei nämlich, dass man so nicht nur auf die Kreativität einer Person, des SLs zurückgreift, sondern auf die Kreativität der ganzen Gruppe, die sich gegenseitig beflügelt, wenn die Gruppenchemie passt.

In dem Sinne war das auch mit der Oma gemeint, da habe ich nur leider ausversehen ein "deine" für ein "meine" geschrieben.

SL: Morgens erfährst du, dass deine Oma liegt im Sterben.
Ich: Mist, das Souvenir, dass ich ihr von meinem letzten Abenteuer mitgebracht habe, war wohl verflucht.
Spieler B: Das ist übel. Lasst uns zu Elminster reisen und ihn um Rat bitten.
Spielerin C: Ach, nee, ich find Cormyr öde, sicherlich gibt es wen in Underdark, der uns bei so nekromantischen Flüchen besser Rat erteilen kann.
SL: Whoopie!

Ich habe jetzt länger gebraucht, um das Beispiel niederzuschreiben, als es mir auszudenken. Einfach geben und nehmen. Immer mit dem Flow. Ideen aufgreifen und weiterverwerten.

Zitat
warum sich sonst die Mühe machen?
Weil der SL einen Hintergrund sehen will?
Weil es zum "guten Rollenspiel" gehört einen Hintergrund zu schreiben?

Zitat
Aber wenn die zweite Variante vor dem Spiel steht, finde ich es besser.
Wo ist da der Sinn für dich als SL? Die Spieler können dann ganze Abende damit füllen, dass sie sich im Schein des gedachten Lagerfeuers gegenseitig die Heldentaten ihrer Jugend erzählen. Den SL brauchen die dafür nicht. Da kann man als SL auch direkt mit einem eigenen Charakter einsteigen und Spielleitung Spielleitung sein lassen.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Master Li am 18.06.2008 | 20:28
Hintergrund ist was für Weicheier... ich will töten...


Entschuldigt kurz diesen Ausbruch. Hintergrund ist gut, wenn der Spieler sich wohler fühlt, der Meister was damit anfängt oder beides.

Ich persönlich finde aber ein Konzept des Charakters viel wichtiger. Da fließen dann automatisch Überlegungen zum Hintergrund mit ein. Allerdings entwickelt sich bei mir die Persönlichkeit des Charakters auch erst in der Gruppendynamik, deswegen würde ich beim Hintergrund tatsächlich darauf achten, nicht zuviel festlegen zu wollen.

Später im Spiel kann man, sofern es nötig wird, mit dem Meister auch noch Details ausarbeiten. Muß ja nicht am Tisch passieren, sonder zwischen den Sessions.


Zuviel Hintergrund kann auch mal hinderlich sein, da oft zuviel Erwartungen seitens der Spieler, aber auch seitens des Spielleiters nicht erfüllt werden.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Boni am 18.06.2008 | 20:33
Wo ist da der Sinn für dich als SL? Die Spieler können dann ganze Abende damit füllen, dass sie sich im Schein des gedachten Lagerfeuers gegenseitig die Heldentaten ihrer Jugend erzählen. Den SL brauchen die dafür nicht.

Ich will ja uch nicht die Lebensgeschichte. Ich will Aufhänger, ich sag' mal Kicker, am besten Personen aus der Vergangenheit der Charaktere, die irgendwie relevant sind.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Ein am 18.06.2008 | 21:22
Naja, aber wo ist der Vorteil darin, diese im Vorhinein, evtl. inkompatibel, zu definieren, anstatt ad hoc? Bei einem vorgeschriebenen Hintergrund habe ich dann im Zweifelsfall einen ablehnenden Vater, der nie vorkommt, dafür fehlt mir die eifersüchtige Ex. Also geht der ganze Storykelch an mir vorbei.

Details festlegen, heißt ja auch immer Möglichkeiten für alternative/unerwartete Entwicklungen opfern.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Boni am 18.06.2008 | 21:33
Naja, aber wo ist der Vorteil darin, diese im Vorhinein, evtl. inkompatibel, zu definieren, anstatt ad hoc? Bei einem vorgeschriebenen Hintergrund habe ich dann im Zweifelsfall einen ablehnenden Vater, der nie vorkommt, dafür fehlt mir die eifersüchtige Ex. Also geht der ganze Storykelch an mir vorbei.

Aber da kommen die Punkte ins Spiel, die du weiter oben genannt hast: Kommunikation und Vertrauen. Wenn mein Spieler möchte, daß Hintergrundelement X einbezogen wird, finde ich einen Weg. Wenn ich im Vorfeld sage, das das so nicht passt, ändert der Spieler das entsprechend.

Zitat
Details festlegen, heißt ja auch immer Möglichkeiten für alternative/unerwartete Entwicklungen opfern.

Das halte ich für falsch, zumindest so absolut definiert. Ich kann auch Details festlegen, nachdem der Rahmen steht. Vielleicht nicht so einfach, wie es bei einer komplett improvisierten Situation wäre. Dafür aber vielleicht besser eingebettet in die Geschehnisse der Kampagne.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Ein am 18.06.2008 | 23:03
Zitat
Wenn mein Spieler möchte, daß Hintergrundelement X einbezogen wird, finde ich einen Weg.
Okay, nochmal. ;)

Worin liegt der Vorteil darin, im Hintergrund auf einer halben Seite über die gespannte Beziehung zwischen dem SC und seiner Frau zu schreiben (angedeutete Intention: Eifersuchtsgeschichte im Spiel), mit all den Problemen, die dadurch entstehen, dass diese Information im Zweifel vom Spielleiter anders interpretiert wird (er sie nicht als Storyaufhänger erkennt, fehlinterpretiert etc.) gegenüber dem offenen Gespräch, in dem der Spieler einfach dem Spielleiter sagt, "Ich hätte gerne eine Eifersuchtsgeschichte, kannst du das einrichten?"

Ich sehe darin nur einen einzigen Vorteil und das ist der der leichteren Immersion für den Spieler. Doch Immersion ist nur die Spielspaßquelle eines Teiles der Rollenspieler.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Feuersänger am 19.06.2008 | 04:36
Für mich ist Immersion auch extrem wichtig, die ziehe ich aber auch viel mehr aus den jeweils aktuellen Erlebnissen des Charakters als aus dem Gedanken, dass ihm in seiner Kinderzeit der reisende Onkel Abraham irgendwelchen Tinnef aus Weiter Ferne mitgebracht hat.

Ferner ist es für mich in den meisten Settings normal, dass die Charaktere wenig bis gar keine Familienbande haben, schließlich ist so ein Abenteurerleben noch weniger familienkompatibel als eine Karriere als Rockstar.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Nelly am 19.06.2008 | 08:43
Zitat
Muss-Schwachpunkte-im-Hintergrund-Ausnutzen-Reflex anspringt. Ob das den Spielern Spaß macht interessiert natürlich nicht.

Man muss die Schwachpunkte nicht ausnutzen aber jeder Charakter hat Schwachpunkte und irgendwann werden diese Schwachpunkte auch mal ausgenutzt. Das wie im wahren Leben. Jeder Mensch hat Schwächen und es gibt immer irgendwo jemanden der diese Schwächen ausnutzt. Das gehört zum Leben einfach dazu.

Selbst im Spiel entwickeln sich Schwächen die irgendwann mal ausgenutzt werden. Charaktere sind keine perfekten Götter und jeder Charakter hat nun mal stärken und schwächen und irgendwann fängt ein Charakter nun mal an auf Abenteuer auszuziehen. Den Grund möchte ich wissen. Weshalb verlässt er seine gewohnte Umgebung.

Jeder der von zuhause auszieht und erst mal Wochen alleine durch die Gegend streunt hat Ängste, Wünsche und Hoffnungen und das ist wichtig zu wissen. Darauf kann man aufbauen.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Crimson King am 19.06.2008 | 09:16
Worin liegt der Vorteil darin, im Hintergrund auf einer halben Seite über die gespannte Beziehung zwischen dem SC und seiner Frau zu schreiben (angedeutete Intention: Eifersuchtsgeschichte im Spiel), mit all den Problemen, die dadurch entstehen, dass diese Information im Zweifel vom Spielleiter anders interpretiert wird (er sie nicht als Storyaufhänger erkennt, fehlinterpretiert etc.) gegenüber dem offenen Gespräch, in dem der Spieler einfach dem Spielleiter sagt, "Ich hätte gerne eine Eifersuchtsgeschichte, kannst du das einrichten?"

Zunächst mal waren die meisten sich hier einig, dass eine Hintergrundgeschichte keine seitenlange Prosa sein muss, sondern dass eine kurze und bündige, präzise Form bevorzugt wird. Dadurch wird Misverständnissen vorgebeugt.

Selbiges gilt natürlich für das direkte Gespräch. Das kann aber genauso gut im Vorfeld statt finden.

Nicht nur genauso gut, sondern ggf. besser. Ich z.B. mag es, um die Spielerhintergründe herum komplexe (Meta-)Plots zu basteln, sie sich den Spielern Stück für Stück offenbaren. Da habe ich die Hintergründe gerne vorher, denn wenn ich mal schnell ein zusätzliches Element in den Plot hinein improvisieren muss, leidet ggf. die Plausibilität und damit die Immersion.

Im Übrigen habe ich kein Problem damit, wenn der Hintergrund im Spiel erweitert wird, solange ich genügend Zeit habe, darauf zu reagieren.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Boni am 19.06.2008 | 10:23
Im Prinzip erstmal was der Crimson sagt.

Worin liegt der Vorteil darin, im Hintergrund auf einer halben Seite über die gespannte Beziehung zwischen dem SC und seiner Frau zu schreiben (angedeutete Intention: Eifersuchtsgeschichte im Spiel), mit all den Problemen, die dadurch entstehen, dass diese Information im Zweifel vom Spielleiter anders interpretiert wird (er sie nicht als Storyaufhänger erkennt, fehlinterpretiert etc.) [...]

Schau noch mal nach, ich habe nirgends von langen Texten gesprochen. Ich möchte halt im Vorfeld nur den Rahmen, nicht das volldetaillierte Bild. Mir reicht zu jedem Aufhänger ein Absatz von drei bis vier Sätzen.

Aber da du nach konkreten Vorteilen fragst:
Ich bevorzuge die Schriftform, weil...
...vorliegt und ich immer wieder nachsehen kann (ja, ich bin vergesslich  ;)).
...ich damit Arbeit in der Kampagnenvorbereitung delegiere.

Das reicht mir, um weiter schrifliche Hintergründe zu verlangen.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Ein am 19.06.2008 | 11:06
Zitat
Selbiges gilt natürlich für das direkte Gespräch.
Nein. Die Schriftform hat den massiven Nachteil, dass sie nur unidirektional ist. Wenn dann Unklarheiten oder Nachfragen aufkommen, muss man ja doch wieder miteinander reden (widerlich). Warum spart man sich dann nicht den schriftlichen Antrag direkt?

Ich spreche im Übrigen auch nicht von seitenlanger Prosa, auch wenn ich aus Gründen der Argumentation etwas manchmal anders darstelle, mir ist schon eine halbe Seite (à la Boni 3-4 Sätze zu 5 Personen) zu viel.

Zitat
Ich bevorzuge die Schriftform, weil...
...vorliegt und ich immer wieder nachsehen kann (ja, ich bin vergesslich  Wink).
...ich damit Arbeit in der Kampagnenvorbereitung delegiere.
Geht doch. ;)

Okay, es läuft also einfach nur darauf hinaus, dass du an Vorbereitungen gebunden bist, für die du gerne die Hintergründe der Spieler heranziehst. Sprich du kannst deine Hausaufgaben nur machen, wenn die anderen ihre Hausaufgaben machen? Gut damit kann ich leben, aber für mich ist das recht irrelevant. Ich bereite mich nie wirklich vor. ;)

Zitat
Ferner ist es für mich in den meisten Settings normal, dass die Charaktere wenig bis gar keine Familienbande haben, schließlich ist so ein Abenteurerleben noch weniger familienkompatibel als eine Karriere als Rockstar.
Ja, das sehe ich auch so.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Feuersänger am 19.06.2008 | 12:24
Man muss die Schwachpunkte nicht ausnutzen aber jeder Charakter hat Schwachpunkte und irgendwann werden diese Schwachpunkte auch mal ausgenutzt.

Widerspricht sich der Satz nicht selber? Man muss [als SL] die Schwachpunkte nicht ausnutzen aber sie werden [vom SL] ausgenutzt?

Offtopic:
Zitat
stehgreif

Weil ich's jetzt schon mindestens zweimal in diesem Thread gelesen habe und es mir jedesmal die Zehennägel aufrollt: das Wort heisst nicht Steh-Greif, sondern Stegreif, im Sinne von Steg-Reif, was soviel bedeutet wie Steigbügel. Mit dieser kleinen Eselsbrücke wieder zurück zum regulären Programm.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Ein am 19.06.2008 | 12:33
@twheel
Genau deswegen schreibe ich 'nie wirklich'.

Denn ja natürlich habe ich Ideen. Natürlich wälze ich die etwas. Aber im Zweifel überlebt keine Idee den ersten Spielerkontakt. Warum sollte sie auch? Vielleicht haben die Spieler viel bessere Ideen? Soll ich die abschmettern, weil ich mich ja so fleißig vorbereitet habe? Oder andersrum, warum soll ich wertvolle Stunden auf Sachen verschwenden, die eh keine Anwendung finden?

Da betreibe ich doch lieber effektives Zeitmanagement.

Zitat
die deutlich bessere Stories über ihren Charakter hinbekommen
Du verstehst den Punkt nicht. Ich will keine Stories über die Charakter lesen/hören, sondern Stories mit den Charakteren erleben. Weil es für mich beim Rollenspiel ums Spielen geht und nicht ums Rezitieren.

Würdest du in einem Film Szenen sehen wollen, die aus nichts anderem bestehen, als dass der Hauptcharakter ein Buch vorliest? Wenn du das mit ja beantworten kannst, kommst du schlicht vom Pluto und ich vom Mars.

Und die Gleichung mehr investierte Zeit = besserer Output geht einfach nicht auf.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Bitpicker am 19.06.2008 | 13:00
Oder andersrum, warum soll ich wertvolle Stunden auf Sachen verschwenden, die eh keine Anwendung finden?

Nicht, dass du das sollst, aber für mich bedeutet Vorbereitung, dass ich etwas habe, von dem ich abweichen kann; das kann ich als SL nämlich mit gründlicher Vorbereitung viel besser, weil ich dann eine voll ausgestaltete Situation im Kopf habe, die ich modifizieren muss. Gehe ich hingegen unvorbereitet in eine Situation, muss ich den gesamten Hintergrund im Moment der Improvisation entwickeln, und das kann ich schlichtweg nicht. Wenn ich beim Rollenspiel unvorbereitet bin, leite ich scheiße. Mein Dilemma ist, dass ich kaum mehr die Zeit finde, obwohl unsere Spielsitzungen häufiger ausfallen als stattfinden; aber wenn ich keine Vorbereitung habe, und diese muss bei mir nach Möglichkeit schriftlich fixiert sein, um zu sitzen, dann kommen wir auch nicht voran, es entsteht keine Stimmung, kein Rollenspiel und nichts als Frust. Mein Hirn funktioniert nun mal so; deins mag anders funktionieren, aber ändern kann man das nicht.

Robin
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Nelly am 19.06.2008 | 13:02
Widerspricht sich der Satz nicht selber? Man muss [als SL] die Schwachpunkte nicht ausnutzen aber sie werden [vom SL] ausgenutzt?



Was ich damit sagen will ist das man die Schwächen nicht auf Gedeih und Verderben ausnutzen muss. Es ist ja nicht so das ich sage "Oooh du hast mir die Schwächen deines Chars verraten jetzt nutze ich diese auch aus..." und trete ihm bei jeder Möglichkeit in den  Hintern. Das würde schnell den Spaß verderben. Aber ich halte es wie im wahren Leben. Irgendwann kommt mal jemand der genau diese Schwächen ausnutzt. Sei das nun das man nicht "Nein" sagen kann, oder aber um einen Streich zu spielen (bei mir haben sich meine Freunde und Schwestern immer gerne hinter einer Tür versteckt um mich zu erschrecken, das haben sie bis zum Exzess betrieben)... im Rollenspiel gibt es eine lebendige Welt. Die Charaktere fallen nicht einfach vom Himmel. Sie haben eine Geschichte, ein Leben, sie haben Hoffnungen, Ängste und Abneigungen. Vielleicht sind sie sadistisch oder friedfertig, eine enge Beziehung zu den Geschwistern oder hassen die Eltern. Sind von zuhause einfach so weggelaufen oder rausgeworfen worden.

Wenn jemand von zuhause weggelaufen ist dann wird vielleicht nach ihm gesucht. Falls ein anderer von zuhause rausgeworfen wurde dann sollte er sich in einer gewissen Gegend vielleicht nicht blicken lassen. Das sind alles Dinge die man ins Spiel mit einbeziehen kann.... oder nicht?
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Bitpicker am 19.06.2008 | 13:29
Sind es nicht die neueren Indie-Spiele, bei denen es gerade darum geht, die Schwächen eines Charakters in besonderen Extremsituationen auszuloten? Was ist dann daran falsch, solche Schwächen auch im herkömmlichen Rollenspiel, wenn sie schon im Hintergrund erwähnt werden, auszunutzen? Oder was ist demgegenüber der Vorteil (oder auch Nachteil) einer Schwäche, die sich erst im Spiel manifestiert?

Robin
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Nelly am 19.06.2008 | 13:33
Und es gibt ja nicht nur Schwächen die man ausnutzen kann. Vielleicht sind es ja auch die Stärken die man nutzen kann um einen Charakter in eine gewisse Richtung zu lenken ;)
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Crimson King am 19.06.2008 | 14:08
Denn ja natürlich habe ich Ideen. Natürlich wälze ich die etwas. Aber im Zweifel überlebt keine Idee den ersten Spielerkontakt. Warum sollte sie auch? Vielleicht haben die Spieler viel bessere Ideen? Soll ich die abschmettern, weil ich mich ja so fleißig vorbereitet habe? Oder andersrum, warum soll ich wertvolle Stunden auf Sachen verschwenden, die eh keine Anwendung finden?

Es ist eine Stilfrage. Wollen Spieler bestimmen, wie die Dinge sind, oder wollen sie herausbekommen, wie die Dinge sind? Bei letzterem ist man besser gut vorbereitet. Als klassischer Immersionsspieler und Method Actor will ich nur auf der Spielebene Einfluss nehmen, nicht auf der Metaebene. Ich will keine Fakten erschaffen, sondern Fakten wahrnehmen und auf dieser Basis Ingame-Entscheidungen treffen. Mein SL-Stil ist im Grunde der Gegenpart dazu. Da ich fast ausschließlich mit Method Actors zusammenspiele, funktioniert das auch wunderbar.

Das heißt auch nicht, dass die Spieler ihre einmal entworfenen Hintergründe nicht ändern können. Sie dürfen das natürlich, aber nicht im Spiel durch spontane Einwürfe auf Charakterlevel.

Komplexe konsistente Plots mit NSCs, die sich entsprechend verhalten, kriegst du außerdem über mehr Vorbereitung generell besser hin, weil du nur da die Zeit hast, die Ideen auf Konsistenz zu prüfen. Logiklücken sind echte Immersionskiller für mich.

Ansonsten ist es aber richtig, dass mehr Vorbereitung dazu verleitet, als SL seine Ideen durchzupressen, sprich zu railroaden.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Boni am 19.06.2008 | 14:13
Okay, es läuft also einfach nur darauf hinaus, dass du an Vorbereitungen gebunden bist, für die du gerne die Hintergründe der Spieler heranziehst. Sprich du kannst deine Hausaufgaben nur machen, wenn die anderen ihre Hausaufgaben machen? Gut damit kann ich leben, aber für mich ist das recht irrelevant. Ich bereite mich nie wirklich vor. ;)

Das kann man so zusammenfassen. Wobei meine Vorbereitung dank der Hintergründe nur 10-20 Minuten pro Sitzung braucht. Ohne war ich in meiner letzten Kampagne immer bei 1-2 Stunden. Für mich rechnet sich das also durchaus.

Dann wären unsere Standpunkte und Begründungen dafür ja ausführlich geklärt.  ;)

Zitat von: Nelly
Und es gibt ja nicht nur Schwächen die man ausnutzen kann. Vielleicht sind es ja auch die Stärken die man nutzen kann um einen Charakter in eine gewisse Richtung zu lenken

Das sehe ich genauso. Man muß ja z:B. die familie nicht immer nur einbringen, wenn sie in Gefahr ist. Die Verbindung kann ja auch Unterkunft und Ressourcen bedeuten.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Goblin am 20.06.2008 | 16:11
So, ich wurde aus dem Motz-Thread (http://tanelorn.net/index.php/topic,40695.1450.html) hierherverwiesen, was acuh wirklich das passendere Thema zu meinem Problem ist (obwohl ich es auch durchaus suboptimal finde).

Wir spielen zwar D&D, aber ich hätte gerne eine Kampagne, die mehr Tiefe und Gefühl als WoW bietet ...
Wie gesagt, ich verlange keine 2-Seitigen "Romane", in denen jeder Scheiß ausgeführt wird. Aber ich bin es Leid, mir selbst ein Abenteuer nach dem anderen aus der Nase zu ziehen, ohne das die Spieler damit mehr verbinden als EP, Gold und Gegenstände.
Nicht dass diese Dinge unwichtig wären, ohne würde ja ein entscheidender Spaßfaktor verschwinden. Aber wenn ich weiß, was die Spieler motiviert, dann kann ich das eben auch als Ausgangspunkt für das eine oder andere Abenteuer benutzen, oder es in bestehende einweben.
Die Gruppe besteht (inklusive mir) aus relativgen Spätzündern, was Rollenspiel angeht. Wir sind alle keine Profis, weswegen ich es in unserem Falle ablehne, etwas spontan zu erfinden. Das würde zwar auch gehen, und ich würde es auch akzeptieren (wenn sie es mal machen würden), aber insgesamt käme dann ein inkonsistenter, widersprüchlicher Haufen an Geschichten raus, die nicht zusammenpassen.
Außerdem habe ich was gegen eine Abenteuerergruppe, die eigentlich ein reines "wir Holen uns Sachen"-Zweckbündniss ist ... nach einer inzwischen doch recht ansehnlichen Zeit.
Jetzt sagen wohl einige: "Wenn die Spieler kein Bock drauf haben, dann lass es doch sein." Das überlege ich mir auch wirklich so langsam ... das leiten und D&D-spielen sein zu lassen. Wär nur Schade, weil es ist nicht irgendeine Gruppe sondern das sind alles langjährige Freunde, mit denen ich lieber einen Kompromiss finden will anstatt sie dermaßen vor den Kopf zu stoßen.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Feuersänger am 22.06.2008 | 23:20
Die meistgenannte Vorgehensweise in diesem Thread ist, grob gesagt: strick im Spiel selber eine Hintergrundgeschichte.
Lass z.B. die Charaktere beim nächsten Dungeoncrawl oder was immer ihr spielt irgendjemand (oder etwas) Mächtigem auf die Füße treten -- zack, sie haben einen Feind. Wie der dann den Chars nachstellt, da wird sich schon was finden lassen. Es muss ja nicht immer die Geiselnahme der kleinen Schwester sein.
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Eulenspiegel am 23.06.2008 | 00:37
Oder eine Lösung für dein spezielles Problem:
Arbeite mit Kicker, Bangs etc.

Oder um es anders auszudrücken:
Die Spieler sollen keine lange Hintergrundstory schreiben, die für das Abenteuer keinerlei Bedeutung hat. Stattdessen sollen sie dir folgendes aufschreiben:
1) Irgendein Hintergrundelement, aus dem du ein Abenteuer machen kannst. (z.B. "einen Schwerverbrecher, den der SC überführt und ins Gefängnis gebracht hat. Letztens ist er ausgebrochen und sie haben ein mit Dartpfeilen gespicktes Bild vom SC in seiner Gefängniszelle gefunden." oder "Der SC hatte damals gegen die Mafia ausgesagt und kam dann ins Zeugenschutzprogramm." oder "Der SCs hatte mit unfairen Mitteln seinen Konkurrenten ausgespannt, um an das Projekt zu gelangen." oder "Seine Frau ist angeblich bei einer Bootsfahrt gekentert und untergegangen. Aber ihre Leiche konnte nie gefunden werden." Halt irgendetwas, aus dem du ein AB machen kannst.)

2) Irgendeine Langzeitmotivation des Chars: Wieso zieht der Char immer auf Abenteuer aus?

3) Worauf springt der Char an? Ist er goldgierig? Neugierig? Hinter Artefakten her? Will er Frauen beeindrucken? Will er allen zeigen, dass er der beste ist? Will er den Weltfrieden?

4) Die Nemesis: Die Chars sollen sich einen Feind für ihren Char ausdenken. (OK, überlappt sich teilweise mit Punkt 1)
Dabei muss es nicht unbedingt ein militärischer Konflikt zwischen diesen beiden sein: Vielleicht sind die beiden Leute auch einfach nur in das gleiche Mädchen verliebt. - Oder sie sind wirtschaftliche Gegner. oder oder.
Aber jeder Char sollte einen Feind haben. (Falls du willst, kannst du auch vorgeben, dass die Gruppe als ganzes einen Feind hat. - Oder dass die Spieler durch Zufall alle den gleichen Feind haben.)

5) Woher kennen sich die Chars: Nichts ist langweiliger als die x. Gruppenzusammenführung. (Falls du eine coole Idee für eine Gruppenzusammenführung hast, spiele sie ruhig aus. Falls du aber keine Idee hast, lass dir die Arbeit von den Spielern abnehmen.)

6) Wichtige Connections: Was für (abenteuerrelevante NSCs) kennen die SCs: Sei es der Dealer, der korrupte Polizist, der investigative Reporter oder sonstwer. Jeder Spieler soll zwei NSCs aufschreiben (mit Beschreibung etc.) zu denen er losen Kontakt hat. (Es sind nicht die besten Freunde, aber sie kennen sich halt recht gut.)
Titel: Re: Der Zwang zum Hintergrund
Beitrag von: Drudenfusz am 6.02.2009 | 09:23
Also Spielleiter hat meine Person zwei Dinge die von mir nachgefragt werden, bevor das Spiel beginnt:
1. Was reizt dich an deinem Charakter?
2. Warum glaubst du das er in die Kampagne paßt?

Als Spieler kann der Spielleiter meist noch eine Handvoll mehr informationen zu meinen Charakteren bekommen (wobei Konzept und wichtige Details möglichst in wenigen Setzen untergebracht werden, so das nichts Belangloses dabei ist). Manche Leute nenen so etwas dann Flags und Kicker und wie sonst noch...