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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Rollenspieltheorien => Thema gestartet von: Arkam am 5.01.2009 | 12:05

Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Arkam am 5.01.2009 | 12:05
Hallo zusammen,

nachdem es im Thread über ARS so schön klappt mit dem Diskutieren hier Mal der Thread zur Gegen anderen Art zu spielen.

Ich muß zugeben für mich ist dieser Begriff negativ behaftet. Meine Erfahrungen mit dem was ich als storyorientiert kennen gelerent habe bezieht sich auf DSA.
Die Erzählungen aus der Vampir Runde meiner Freunde zeigen aber ähnliche Ansätze.

As meiner Sicht der größte Knackpunkt am storyorientierten Spiel ist das Regeln gebrochen werden ohne das der Spielleiter dazu eine Recource aufwenden muß, also etwa Drama Würfel oder Schicksalspunkte bei 7th Sea oder Warhammer RPG.
Damit entfällt das Charakterbasteln da so aufgebaute Recourcen, egal ob maximale Werte / optimale Lebenspunkte oder Hilfskräfte vom Spielleiter jederzeit ignoriert werden können.

Sehe ich da zu schwarz? Ignoriere ich wesentliche Bestandteile des storyorientierten Spiels?
Bitte erzählt mir von euren Erfahrungen mit stororientierten Runden und schreibt eure Tips dazu wie man sich als regelorientierter Spieler auch in solchen Runden wohlfühlen kann. - Wenn das überhaupt möglich ist.

Gruß Jochen
Titel: Re: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Ein am 5.01.2009 | 12:11
Zitat
Ignoriere ich wesentliche Bestandteile des storyorientierten Spiels?
Storyorientiertes Rollenspiel ist kooperatives Rollenspiel (gut, sollte sein).
Daher gibt das keinen großen Sinn mit den Ressourcenkreisläufen, denn Spieler und SL befinden sich nicht in einer Konkurrenzposition.
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Arkam am 5.01.2009 | 12:35
Hallo Ein,

ich denke eigentlich ist Rollenspiel immer eine kooperatives Spiel.

Da ist auch der Spielleiter eigentlich nur ein Spieler der sich an existierende Regeln halten muß. Tut er das Mal nicht, etwa damit der Erzschurke beim spannenden Endkampf noch lebt gibt es ein paar Möglichkeiten.

Man redet miteinander und die Spieler verzichten auf eine längere Verfolgung um den Erzschurken zu erwischen oder nehmen sich lieber dessen Schergen an. Ein solche Verhalten kann sich durchaus am bespielten Hintergrund oder auch Vorbildern aus Film oder Buch orientieren.
Der Spielleiter packt den Dikatator aus udn beruft sich dabei auf das Abenteuer, "...aber im Abenteuer steht das....". Das führte in den Runden bei denen ich mitgespielt habe zu Frust. Denn das Abenteuer soll ja gespielt und nicht erzählt werden.
Spielleiter und Spieler liefern sich eine Recourcenschlacht. Das beginnt häufig durch eine kleine Regelnachfrage oder klugen Einsatz von Wundern und Magie die der Spielleiter in seiner Not dann ignoriert und so die Spieler frustriert.
Der Spielleiter wendet eine klar umrissene Recource um einen Sonderstatus im Bezug auf die Regeln zu erreichen. Ob diese Recource jetzt auch den anderen Spielern zugänglich ist hängt vom verwnedeten System ab.

Gruß Jochen
Titel: Re: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Lord Verminaard am 5.01.2009 | 12:41
*hust* Ich hab da mal was vorbereitet. Vorsicht: Könnte individuelle Meinung enthalten.

Geschichte des StORS

Nachdem D&D (einschließlich AD&D) in den 80ern zum Massenphänomen geworden war, blieb die Spielerschaft nicht mehr auf Wargaming-Freaks beschränkt, die schon vorher in ihrem Basement in Iowa den Amerikanischen Bürgerkrieg mit Miniaturen nachgespielt hatten. Da D&D Wargaming-Tradition und Fantasy-Hype verband, waren es vielmehr vor allem Tolkien-Fans, die ihre eigenen kleinen Mittelerde-Geschichten schrieben (aber sie ohne Internet noch mit niemandem teilen konnten) und dann D&D als Medium nutzten, um ihre Ideen an den Mann bzw. an die Frau zu bringen. Stichwort Dragonlance.

Was diese Leute verband, war ein Interesse daran, die Art von Geschichten, wie sie sie regelmäßig tagträumten oder mit ihrem Kugelschreiber auf Karoblöcke kritzelten, mit anderen zu teilen, unter Benutzung der Methode Rollenspiel. Es ist historisch nicht überliefert, in wie vielen Runden dies in kooperativer, offener, nicht drangsalierender, funktionaler, also für alle Beteiligten erbaulicher Weise stattfand. Überliefert ist aber jener fatale Irrtum, der geschah, als Autoren versuchten, diese Art zu spielen in verkäufliche Szenarien zu gießen. Es setzte sich die Idee durch, dass nur ein allmächtiger Spielleiter, gleichsam mit Gewalt, für eine „gute Story“ sorgen könne. Das Railroading war geboren.

Wer Vampire: the Masquerade (1st Edition) von 1991 aufmerksam liest, wird feststellen, dass genau diese Entwicklung dem Autoren, Mark Rein-Hagen, ein Dorn im Auge war. Er wollte Story, im Sinne von Dramatik, im Sinne von Pathos, im Sinne von großen Gefühlen, von Persönlichkeitsentwicklung, innerem Konflikt, von Spielinhalten, die das Potential haben, die Spielenden tief zu bewegen. Und er erkannte, dass genau dafür erforderlich war, dass ein Teil dieser Inhalte von den Spielern selbst kam. Dass alle gleichermaßen zum Spiel beitrugen, die „Story“ sich aus diesen Beiträgen organisch und für alle überraschend entwickelte.

Zugleich gab es auch ein weiteres Problem, das die Vampire-Regeln lösen sollten, aber nicht konnten, wie sich später herausstellte (vor allem nach dem Players Guide und den ganzen anderen Ergänzungen): Die meisten Runden spielten noch immer D&D oder Derivate, die für story-orientiertes Rollenspiel keinerlei Hilfestellung boten, dafür aber jede Menge Ablenkung in Form von Mechanismen, die ganz andere Erwartungen bedienten.

Vampire war vor allem deshalb ein so großer Erfolg, weil es all jene magisch anzog, die von D&D & Co. frustriert waren. Ich vermute auch, dass es viele Spielrunden gab, die den Text ebenso aufmerksam und begeistert lasen wie ich, und an ihrem Spieltisch der Vision des Autors treu blieben. Ebenso gab es aber auch viele, die dies wohl nicht taten, und als man Mark Rein-Hagen Vampire weggenommen hatte und anfing, eigene Railroading-Szenarien zu publizieren, war es schon ein bisschen wie mit dem Jungen, der von seinem Vater immer geprügelt wurde und es dann bei seinen Kindern auch so machte („nur zu ihrem Besten“).

Dann kam 1998 Ron Edwards mit „System Does Matter“ aus dem Knick und präsentierte Sorcerer als Gegenentwurf zu Vampire. Hier wurde Bass-Playing als Leitstil vorgestellt, und es gab zwei wesentliche Unterschiede zu Vampire: Die Kewl Powerz der Charaktere waren nicht ihre eigenen, sondern die eines Dämonen, der sie ihnen jederzeit versagen konnte, und die Menschlichkeit war viel volatiler und keiner Hierarchie der Sünden mehr unterworfen – für einen Charakter mit Menschlichkeit 1 galten dieselben moralischen Maßstäbe wie für einen mit Menschlichkeit 10, die zudem individuell festgelegt werden konnten, um dem Thema des Spiels gerecht zu werden. Wenige andere Spiele dieser ersten Generation der Forge (eigentlich noch vor dem Forge-Forum) würde ich noch zum StORS mit dazu zählen, ehe dann, ausgehend von Universalis, eine neue Form und Philosophie Einzug erhielt, die mit der hier beschriebenen Spielweise nur noch wenig zu tun hatte.

Praxis des StORS

Eher eine Unart als eine Art des StORS ist Railroading. Immer mal wieder hört man von Gruppen, die sich rumzanken, weil die Spieler sich nicht gängeln lassen wollen. Ich persönlich glaube ja, dass ein halbwegs intelligenter SL das geschriebene Abenteuer nicht derart stumpf mit dem Holzhammer durchprügeln wird, egal was die Spieler machen. Aber richtig ist, dass es viele Illusionisten da draußen gibt, die ihre Spieler gezielt täuschen, um ein dramatisches Geschehen nach einem bestimmten, vorher feststehenden Drehbuch zu inszenieren.

In einer Runde, in der die Kommunikation und das Miteinander funktioniert, bricht eine solche Praxis jedoch schnell auf. Die Spieler riechen den Braten, der SL zwinkert ihnen zu, sie grinsen und machen halt das, was er offensichtlich will. An anderer Stelle machen sie es nicht, weil sie was Besseres vorhaben, und er geht darauf ein und muss sein Drehbuch jetzt eben neu schreiben, was er improvisierender Weise auch tut. Oder ein Spieler kommt nach dem Abenteuer zu ihm und wünscht sich was fürs nächste Mal, was er dann auch bekommt.

So gibt es einen fließenden Übergang hin zur anderen Seite des Spektrums, wo der SL keinerlei Drehbuch vorbereitet hat und überhaupt nur sehr wenig aktiven Einfluss auf die Story nimmt, sondern vielmehr lediglich den Handlungsrahmen vorgibt und im übrigen einfach auf die Handlungen der Spieler reagiert. Dies wiederum setzt voraus, dass auch die Spieler ihre Charaktere auf eine bestimmte Weise spielen, vielleicht nicht bewusst und gezielt im Sinne eines bestimmten Handlungsverlaufes, aber doch zumindest instinktiv „dramatisch“.

D.h. wir haben ein weites Spektrum von funktionalen, kooperativen Spielweisen, denen jedoch allen folgendes gemeinsam ist:


Meiner Erfahrung nach geht StORS zudem oftmals mit einer großen Begeisterung für ein bestimmtes Quellenmaterial einher, das zugleich als Inspiration und auch als Grundlage für das Spiel dient und damit das leistet, was die Regeln in dem Fall nicht tun, nämlich die Spieler auf eine gemeinsame Linie einzuschwören.
Titel: Re: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Ein am 5.01.2009 | 12:44
Nein, eine "Ressourcenschlacht" ist kein kooperatives Spiel, sieht man ja auch beim Sport. Fairer Wettbewerb mit gleichen Regeln für alle, aber eben eine konkurrierende Ressourcenschlacht, um einen Sieg, den nur eine Seite erzielen kann.

Im kooperativen Spiel gibt es nur einen Sieg aller oder von niemanden. Daher müssen alle zusammenarbeiten, an einem Strang ziehen und sich gegenseitig die Bälle zu werfen.

Aber Vermi hat das gerade viel besser dargestellt.
Titel: Re: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Joe Dizzy am 5.01.2009 | 13:33
Ich denke, um dieses storyorientierte Rollenspiel zu verstehen, darf man nicht den Fehler machen es in Abgrenzung von anderen Spielarten zu begreifen. Also die Elemente bekannter Spielarten zu nehmen und zu sehen wie diese in storyorientiertem Rollenspiel funktionieren oder es nicht tun.

Storyorientiertes Rollenspiel - so wie ich es gesehen habe - äußert sich eher darin, dass die Spieler ein Spielerlebnis suchen, dass eine bestimmte Eigenschaft besitzt. Dabei sind die Mittel mit denen man diese Eigenschaft erreicht, weit weniger wichtig als etwa bei ARS. Ergebnisoffenheit, kooperatives Spiel, Regeltreue... usw. Das alles kann man benutzen, aber muss man nicht. Aus diesen Techniken setzt sich storyorientiertes Rollenspiel meiner Erfahrung nach nicht zusammen.

Stattdessen ist diese "Story-Qualität" der Rollenspielrunde wichtig. Eine Eigenschaft der Rollenspielrunde, die man in etwa mit einem guten Buch oder einem gelungenen Film vergleichen kann. Etwas, dass die gleichen Dinge in einem anspricht, wie es tolle Geschichten, tolle Stories tun. Dabei darf man nicht so naiv sein zu glauben, dass man nur die Techniken aus anderen Medien (Büchern oder Filmen) kopieren oder übertargen muss, um das zu erreichen. Stattdessen gilt es die Besonderheiten von Rollenspielen zu nutzen, um ein solche "Story-Eigenschaft" zu bilden; um das Rollenspieläquivalent zur Filmhaftigkeit und literarischen Qualität aus Filmen und Büchern zu schaffen.

Das kann man mit ARS kombinieren. Man kann es auch mit Improtheater kombinieren. Oder mit Brettspielelementen. All diese Dinge kann man in einem Rollenspiel nutzen, um das Spiel auf "Story" auszurichten. Es gibt da keine Gegensätzlichkeiten oder Unvereinbarkeiten. Solange man das nicht begreift, kann man auch kein storyorientiertes Rollenspiel begreifen. Davon bin ich überzeugt.
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Kinshasa Beatboy am 5.01.2009 | 13:38
Fand Vermis Text schon sehr gut. Frank, Du kannst Sachverhalte wahnsinnig gut und spannend zusammenfassen. Respekt! Bei Vampire hab ich es übrigens ganz ähnlich erlebt.
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Ansonsten fand ich die Anmerkung von Georgios nicht nur hilfreich, sondern sogar notwendig. Mögt Ihr aus dem kombinierten Eintrag nicht vielleicht irgendeinen Sticky oder Lexikoneintrag basteln, auf den bei Bedarf zugegriffen werden kann? Das wäre klasse!
Titel: Re: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Lord Verminaard am 5.01.2009 | 13:42
Danke für die Blumen! :)

Und gut gesprochen, Georgios. :d
Titel: Re: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: ChristophDolge am 5.01.2009 | 13:48
Zitat
Das kann man mit ARS kombinieren. Man kann es auch mit Improtheater kombinieren. Oder mit Brettspielelementen. All diese Dinge kann man in einem Rollenspiel nutzen, um das Spiel auf "Story" auszurichten. Es gibt da keine Gegensätzlichkeiten oder Unvereinbarkeiten. Solange man das nicht begreift, kann man auch kein storyorientiertes Rollenspiel begreifen. Davon bin ich überzeugt.

Sehr schöner Punkt - das entspricht in etwa dem, was ich im Parallelthread auch geschrieben habe: ARS und Storyorientierung haben erstmal fast gar nichts miteinander zu tun. Zwar muss man für eine Synthese beide Vorstellungen etwas aufweichen und aneinander annähern, aber sie schließen sich nicht aus.
Titel: Re: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Falcon am 5.01.2009 | 14:08
@Story + ARS: Jetzt haben wir's. die beiden Threads hier und dort,
http://tanelorn.net/index.php/topic,45173.msg861181.html#msg861181, gehen komplett ineinander über und drüben wird schon mit Bezügen aus diesem Thread argumentiert.
Ich glaube, daß wird noch SEHR unhandlich. Aber sei's drum:

@Kombination: bin nicht so ganz überzeugt. Wenn ich storyorientiert spiele, erwarte ich auch, daß ich die Story (samt Dramatik) auch bekomme. Das ist schon vorgegeben (wie gut man das Ziel erreicht hänt natürlich von den Spielern ab). wenn ich jetzt aber in einer konsistenten, reagierenden Welt spiele, ergibt sich eine dramatische Story erst im Nachhinein. Und muss es nicht einmal.

wie im ARS Thread (q.e.d.) Settembrini schon an einem Beispiel sagte:
"Was passiert wenn der abend zu Ende ist und die Spieler für etwas zu lange brauchten oder festhingen?"
"Genau, man spielt am nächsten Abend weiter".
Das heisst, aus storytechnischer Sicht kann der Abend SEHR öde werden, aber man kann trotzdem zufrieden sein, weil man ja die volle Handlungsfreiheit hat (was natürlich nicht jeder mag, deswegen TRENNT man Spielformen ja auch).

bevor die Behauptung also in ein Lexikon wandert wäre es doch zumindest angebracht diese auch zu untermauern.
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Settembrini am 5.01.2009 | 14:19
Genau!

Entweder opfert man Freiheit & Ergebnisoffenheit für "Story" (eher Dramatik im Nebelland-Beispiel) oder nicht.
Ich kann da keinen typisch deutschen "goldenen Mittelweg" erkennen.

ES SEI DENN: Jeder meint wieder was eigenes, wenn er "story" sagt...
Titel: Re: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Lord Verminaard am 5.01.2009 | 14:32
Na ja, Bass Playing z.B. war ja ein Ansatz, Freiheit und Ergebnisoffenheit mit Story zu verbinden. Dramatik ist im StORS ebenso wenig alles bestimmend wie Wettbewerb im ARS (selbst im Skyrock-ARS). Aber es ist ein Element und ein als legitim anerkanntes Interesse, nicht mehr, nicht weniger.

Das Nebelland-Beispiel ist irreführend, da es dort vielmehr um den "Spielabend" geht, was erstmal mit "Story" genau nichts zu tun hat.
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Settembrini am 5.01.2009 | 14:37
Jaja, aber mit Dramatik. Und das sagte ich ja auch.
Insofern widersprechen wir uns nicht.

Dramatik ist also definiert, und Story? In Deinem Zusammenhang?
Ich fürchte nein.

Denn premise-Ron-Story-Now Story ist ja was ganz anderes als Vampire 1.0 Story und Vampire 2.o ist noch anders und Dramtik ist offenbar noch was anderes.

Zum Glück euer Problem und nicht meins.
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Merlin Emrys am 5.01.2009 | 14:38
Entweder opfert man Freiheit & Ergebnisoffenheit für "Story" (eher Dramatik im Nebelland-Beispiel) oder nicht.
Oder man verbindet beide, indem man die Dramatik unabhängig von einem vorher festgelegten Spiel in die Handlung hineinbringt, also mit den Elementen, die eine ergebnisoffene Handlung jeweils anbietet. Die "Geschichte" wird gemeinsam "dramatisch" erzählt, ohne daß einer vorher wüßte, worauf es hinausläuft.
Titel: Re: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: ChristophDolge am 5.01.2009 | 14:40
Zitat
Entweder opfert man Freiheit & Ergebnisoffenheit für "Story" (eher Dramatik im Nebelland-Beispiel) oder nicht.

Oder aber man spielt z.B. ohne Spielleiter. Dann wird das ganze noch deutlich mehr von gesundem Menschenverstand geprägt als mit einem allmächtigen SL.
Titel: Re: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Falcon am 5.01.2009 | 14:40
Zitat
Das Nebelland-Beispiel ist irreführend, da es dort vielmehr um den "Spielabend" geht, was erstmal mit "Story" genau nichts zu tun hat.
Ja, es hat nichts miteinander zu tun. Warum sollte man also einen Bezug ziehen? In den Posts stehen auch noch mehr Wörter, die erst in einem ganzen Satz Sinn ergeben.
Also man MUSS sich schon zusammen hinsetzen um Rollenspiel zu spielen, darin sind wir alle gleich. ;)
Das muss natürlich nicht am Abend passieren und geht sogar über Webcam. Aber trotzdem muss diese "Story" (ich denke "dramatische Struktur" trifft es ganz gut) irgendwo und irgendwann zustande kommen.

wenn man ARS auf Story ausgerichtet spielt kommt man sich sicher häufig selber in die Quere aber wenn man es nicht drauf anlegt und eine dabei rauskommt -> Glück gehabt. Das hat ihmo aber nichts mit Kombination zu tun. (Kombiniere Affe mit Klavier = klassische Musik, oder wie?)
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Settembrini am 5.01.2009 | 14:44
Oder man verbindet beide, indem man die Dramatik unabhängig von einem vorher festgelegten Spiel in die Handlung hineinbringt, also mit den Elementen, die eine ergebnisoffene Handlung jeweils anbietet. Die "Geschichte" wird gemeinsam "dramatisch" erzählt, ohne daß einer vorher wüßte, worauf es hinausläuft.

Bitte mit Beispiel.

Ich weiß echt nicht, was Du meinst.

 Mir deucht, Du meinst am Ende was gaaanz anderes als Nebelland (Einleitung, Konflikt baut sich auf Höhepunkt retardierendes, katharsis, alles an einem Abend usw.), V, Ronny oder sonstwer.

Tausend und eine Vorstellung von Story
 und nun auch noch der wohldefinierten Dramatik!

Oh Gott, ihr armen Babylonier ihr!
Titel: Re: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Falcon am 5.01.2009 | 14:47
wer ist Du?

das ist doch wie mit klassischem Rollenspiel. Keiner kanns definieren aber jeder weiss was gemeint ist ;)

Ich meine jedenfalls das mit Story:  Nebelland (Einleitung, Konflikt baut sich auf Höhepunkt retardierendes, katharsis, alles an einem Abend usw.)
ob jetzt per brutalstem Railroading oder als schwächere Form dahin zielgerichtet spielen (siehe Topic) ist ja erstmal egal für die Def.

Teile davon können sich aber auch schon in einzelnen Szenen zeigen (z.b. die Helden erreichen in letzter Minute die Weltuntergangsmaschine), so daß man denkt "hey, ich bin in einer 'Story'"

und mittlerweile ziehe ich mehr Zufriedenheit daraus, wenn das nicht erzwungenermaßen passiert, sondern sich organisch (manchmal zufällig) entwickelt. Auch wenn ich dann oft auf Storyelemente verzichten muss. Die paar die vorkommen, sind dann umso besser.

jetzt der nächste Du :)
Titel: Re: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: ChristophDolge am 5.01.2009 | 14:47
Zitat
(Einleitung, Konflikt baut sich auf Höhepunkt retardierendes, katharsis, alles an einem Abend usw.)

Wenn das dein einziger Kritikpunkt ist, und wenn du dich dabei so sehr an Nebelland festhältst dann hast du eine echt merkwürdige Vorstellung von Dramatik. Was ist zum Beispiel mit einem spannenden Buch? Muss man das unbedingt an einem Tag bis zum Ende lesen oder kann man es nicht auch mittendrin weglegen - obwohl es (zumindest in guten Büchern ::) ) durchaus einen dramatischen Aufbaue gibt?
Titel: Re: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Lord Verminaard am 5.01.2009 | 14:47
Dramatik ist also definiert, und Story? In Deinem Zusammenhang?
Ich fürchte nein.

Denn premise-Ron-Story-Now Story ist ja was ganz anderes als Vampire 1.0 Story und Vampire 2.o ist noch anders und Dramtik ist offenbar noch was anderes.

Zum Glück euer Problem und nicht meins.


Story zu definieren ist glaube ich müßig, der Begriff ist seit jeher problematisch. Story heißt Geschichte, Erzählung, Handlung, die hat per se jeder Rollenspielabend, an dem irgendwas passiert. Dramaturgie mag man unterschiedlich gewichten, aber sie definiert nicht Story und auch nicht story-orientiertes Spiel. Story-orientiert heißt eben das, was Georgios und ich oben versucht haben zu beschreiben. Und wie Georgios richtig gesagt hat, funktioniert eine solche Beschreibung nur schlecht in Abgrenzung von anderen Spielstilen. (Übrigens auch bei GNS ein Problem.) Für den einen sind Konflikte wesentlich, für den anderen Emotionen, für den nächsten filmreife dramatische Szenen. Das ist ein weites Feld und lässt sich ebenso wenig über einen Kamm scheren wie deine Säulen des ARS.

Provokant könnte ich sagen: StORS ist ganz einfach normales Rollenspiel. :ctlu:
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Settembrini am 5.01.2009 | 15:01
Wer weiß, vielleicht ist es das. Ich glaube ja, daß in Euch allen ein ARSianer steckt, der nur nicht raus darf...und deshalb sucht ihr euch deformierte Methoden um das irgendwie doch zu erreichen.

Und wenn Georgios von story spricht, weiß ich absolut nicht, was er meint. Kann einer helfen?
Titel: Re: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Falcon am 5.01.2009 | 15:05
Georgies meinte: Story = Eigenschaft wie in einem Buch oder Film.
Man weiss sofort was gemeint ist, kann es aber nicht in Worte fassen. klassisches Rollenspiel usw.

eigentlich sagt er nur, daß man "Story"  mit ARS kombinieren kann. Wie schon zuvor jemand. Und seitdem schwebt die Behauptung im Raum.
Es geht wohl darum: "Wenn die Runde wie die Geschichte in einem guten Film laufen soll, schaffen die Spieler das auch, egal mit welcher Methode."

was ich für.... wenig hilfreich halte.
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Eulenspiegel am 5.01.2009 | 15:07
ich denke eigentlich ist Rollenspiel immer eine kooperatives Spiel.
Nein. Bei ARS treten Spieler gegen SL an oder wir haben manchmal sogar Player vs. Player. (Also der Fall, das nichtmal die Spieler untereinander kooperieren, sondern sich auch gegenseitig bekämpfen.)

Story-orientiert ist aber etwas anderes: Stell dir vor, zwei Autoren schreiben gemeinsam ein Roman: Da bekämpfen sich die Autoren nicht gegenseitig und jeder Autor versucht, die Protagonisten des anderen Autoren zu töte. Stattdessen ziehen beide Autoren am gleichen Strang: Beide Autoren wollen, dass anschließend eine schöne Geschichte herauskommt, die sich gewinnbringend verkaufen lässt. (Nicht der Kampf der Protagonisten, sondern die Story steht im Mittelpunkt.)

Bei storyorientiertem Spiel ist es ähnlich: Der einzige Unterschied ist wohl, dass man die Story halt nicht aufschreibt, sondern sie nur erzählt. (Und demenstprechend auch nicht verkaufen kann.)

Bei ARS gibt es Ansätze für Spielleiterloses RPG: Das heißt, jeder Mistpieler ist ein Spieler und es gibt keinen Spielleiter.
Bei Storyorientiertem Spiel gibt es dagegen eher Ansätze zu spielerlosem RPG: Das heißt, jeder Mitspieler übernimmt Aufgaben des SLs und es gibt keine Spieler.

bzgl. Regelbruch:
Das Problem ist, dass viele Spiele halt mit einem Regelwerk für ARS geschrieben wurden. (DSA zum Beispiel propagiert zwar storyortientiertes Spiel, benutzt aber ARS-Regeln. Das kann natürlich nicht funktionieren.)

Regeln, die für storyorientiertes Spiel hilfreich sind, findet man bei Inspectres: Mit den Inspectres Regeln kann man hervorragend Storyorientiertes Spiel machen.

Ansonsten habe ich auch sehr gute Erfahrung mit Freeforming gemacht, falls man Storyorientiert spielen will.

Zitat
Der Spielleiter packt den Dikatator aus udn beruft sich dabei auf das Abenteuer, "...aber im Abenteuer steht das....". Das führte in den Runden bei denen ich mitgespielt habe zu Frust. Denn das Abenteuer soll ja gespielt und nicht erzählt werden.
Jain.
Es kommt darauf an, was genau man von der Storry erwartet. Es gibt im Prinzip zwei Ansätze:
1) Man will eine Story schreiben/basteln. Das sind die Leute, die bei SO gerne den SL Posten einnehmen.[1]
2) Man will eine Story erleben. Das sind die Leute, die bei SO gerne Spieler sind.


[1] Das ist kein Problem, da man bei SO auch problemlos mit mehreren SLs spielen kann. - Im Extremfall kann man auch durchaus 4 SLs und nur einen Spieler oder sogar 5 SLs und keinen Spieler haben.
Titel: Re: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Lord Verminaard am 5.01.2009 | 15:20
Ironischer Weise sehe ich mich hier mit demselben Problem konfrontiert wie Settembrini seinerseits, wenn er ARS erklären soll: Die Diskrepanz der Erfahrungshorizonte ist zu groß und das Thema zu schwierig, um es mit einer prägnanten abstrakten Definition zu erschlagen. Es geht hier ja um Nuancen. Es geht nicht nur um Techniken, sondern auch um Intentionen und Bewertungen. Da könnte man ganze Abhandlungen drüber schreiben (wenn man dazu qualifiziert wäre).

Ich möchte noch mal auf den Vergleich zur Fan-Fiction verweisen, den ich in diesem Zusammenhang für nützlich halte. Fan-Fiction kann plump nachahmen, soll es teilweise sogar. Sie muss nicht unbedingt originell sein, muss keine literarische Qualität aufweisen, nicht das Original übertreffen. Denn sie zeichnet etwas anderes aus: Du hast sie gemacht. Sie ist deins. Deine Interpretation, deine Gewichtung, deine Erweiterung der Vorlage. Und dementsprechend wird ihr Inhalt auch das reflektieren, was dich an der Vorlage besonders begeistert hat, und das muss nicht das gleiche sein, was andere begeistert. Dramaturgie ist oft ein vereinendes Merkmal, weil eben fast alle Romane und Filme, jedenfalls die, die unterhalten sollen, sich an dramatischen Handlungsstrukturen orientieren.

Mit story-orientiertem Rollenspiel ist es so ähnlich, hier wird auch etwas nachgeahmt und interpretiert. Der Gegensatz zum ursprünglichen Rollenspiel lässt sich vielleicht, auf die Gefahr der mannigfaltigen Fehlinterpretation hin, als „Weltsimulation vs. Handlung“ beschreiben. Wobei es natürlich auch im Fan-Fiction-Bereich Leute gibt, die begeisterte Weltenbastler sind, dies bitte nicht durcheinander bringen.

Der Vergleich zur Fan-Fiction zeigt auch, wo das Problem beim Railroading liegt. Denn dort bleibt eben kein Raum für eigene Interpretation und Gewichtung, das was dort geschieht ist eben nicht deins.
Titel: Re: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Settembrini am 5.01.2009 | 15:20
Georgies meinte: Story = Eigenschaft wie in einem Buch oder Film.
Man weiss sofort was gemeint ist, kann es aber nicht in Worte fassen. klassisches Rollenspiel usw.


Naja, hier liegt doch des Pudels Kern:

Will man der George Lucas sein, oder Han Solo?
Ich behaupte: 99% wollen lieber Han Solo sein. Also Abenteuer erleben, dafür gibt es dann die ARSe.

Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Kinshasa Beatboy am 5.01.2009 | 15:23
Wer weiß, vielleicht ist es das. Ich glaube ja, daß in Euch allen ein ARSianer steckt, der nur nicht raus darf...und deshalb sucht ihr euch deformierte Methoden um das irgendwie doch zu erreichen.

Das scheint mir übrigens einer der Gründe für den Konflikt zu sein.

Natürlich ist Illusionismus als klassisches Beispiel für dramaturgische SL-Eingriffe inkompatibel mit Settembrinis Vorstellungen. Auch ich kann Story nicht definieren, aber zu den von Vermi und Georgios geäußerten Punkten kommt aus meiner Sicht noch die Tiefe und Bedeutung des Gespielten. Wenn nebelland am Ende des Abends sagt: "Wie und das wars jetzt?" , könnte damit auch Enttäuschung über die Belanglosigkeit des Erlebten zum Ausdruck kommen. Das Gefühl, den Abend mit Bullshit verbracht zu haben.

Storyorientiertes Spiel verbinde ich erheblich stärker mit Erfahrungen, die mich auch im wirklichen Leben zum Nachdenken anregen oder mich über den Spielabend hinaus wie ein gutes Buch oder ein guter Film beschäftigen. Natürlich ist das auch mit Settembrini-ARS möglich. Es ist jedoch unwahrscheinlicher, weil der SL bei totaler Handlungsfreiheit und Ergebnisoffenheit erheblich mehr improvisieren muss, was neben vielen positiven eben auch ein paar negative Aspekte mit sich bringt. Um diese negativen Aspekte einzudämmen, gibt es diverse Möglichkeiten. Und da öffnen wir dann die Büchse der Pandora, weil eben das die Methoden sind, welche der reinen Lehre des Settembrini widersprechen.

Kurzum und zurück zum obigen Zitat: in vielen und vermutlich sogar in den meisten Rollenspielern steckt tatsächlich ein ARSianer. Im Gegensatz zu Settembrinis Schlußfolgerung dienen die defomierten Methoden nicht dem Ziel, ein reines ARS zu erreichen, sondern mit den negativen Sekundäreffekten der reinen Lehre umzugehen. Ist das so nachvollziehbar?
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Settembrini am 5.01.2009 | 15:26
Re: Tiefe und Bedeutung des Erlebten.

Und genau DESWEGEN ist ergebnisoffenes Spielen mE alternativlos.
Nämlich um das zu erreichen.

Alles andere ist hohl und leer.

Und das will kein Spieler, aber viele SLs achen Dinge, die genau das tun: Entwerten den Einfluß der Spieler.
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Eulenspiegel am 5.01.2009 | 15:43
Klar, der Spieler sollte Einfluss haben: Wenn ihm etwas nicht gefällt, sollte er das sagen und abändern können. Und wenn er einen genialen Einfall hat oder eine bestimmte Szene möchte, soll er sie auch bekommen.

Storyorientiert besagt erstmal nur, dass die Story im Mittelpunkt steht.
Klassischerweise denkt sich der SL die Story aus und die Spieler erleben die Story. Wenn der SL über eine gute Empathie verfügt und seien Spieler gut einschätzen kann, sind auch alle damit zufrieden und es war ein toller Abend.

Ein Problem tritt auf, falls der SL sich verschätzt hat: Dann findet der SL die Story superspannend, aber die Spieler finden die Story eher langweilig. (Oder sie finden die Story zwar gut, aber hätten ein paar Ideen, wie man sie noch verbessern könnte.)
Von daher sollten die Spieler durchaus das Recht haben, in die Story einzugreifen. Aber bei einem gutem SL werden sie von diesem Recht wohl wenig Gebrauch machen. (Und falls sie nicht nur selber eine Story erleben wollen, sondern selber eine Story schreiben wollen, können sie immernoch selber SL werden.)

bzgl. Fan-Fiction:
Es gibt zwei Sorten von Fan-Fiction Liebhabern:
Diejenigen, die gerne Fanfictions schreiben, und diejenigen, die gerne Fanfictions lesen.

Das gleiche sehe ich auch bei StORS:
Es gibt Leute, die gerne den SL machen, und es gibt Leute, die lieber Spieler sind.
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Settembrini am 5.01.2009 | 15:48
@Eule: Wenn man also etwas will, dann bekommt man es.

Das ist das GEGENTEIL von Bedeutung.
Titel: Re: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Lord Verminaard am 5.01.2009 | 15:49
Ich denke, die Dichotomie SL=Autor und Spieler=Publikum funktioniert beim Rollenspiel nur sehr beschränkt, und ist keinesfalls definierend für StORS. Ich habe die besten Runden mit lauter Autoren, auf beiden Seiten des Spielleiterschirms, gespielt. (Nein, wir hatten nicht wirklich einen Spielleiterschirm.) Die Stärke von Rollenspiel ist doch gerade, dass man mitmachen kann!

Siehe auch Vermi's Rezept für glückliche Spielleiter (http://tanelorn.net/index.php/topic,43076.0.html).
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Merlin Emrys am 5.01.2009 | 15:57
Tiefe und Bedeutung des Erlebten.
Ergebnisoffenheit selbst bringt aber allenfalls zufällig "Tiefe" und "Bedeutung" hervor, da ja, "Tiefe und Bedeutung hervorszubringen", als angestrebtes Ergebnis obsolet ist - schließlich soll das Ergebnis ja, wie das Wort es schon sagt, offen bleiben. Mit geeigneten Mitteln kann man die Wahrscheinlichkeit dafür, daß etwas für jemanden Tiefe und Bedetung bekommt, dagegen immerhin leicht bis mäßig positiv beeinflussen (mit Sicherheit für jemanden hervorbringen kann man sie eh nicht).
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Settembrini am 5.01.2009 | 15:58
Nein, nein!

Nur wenn es Ergebnisoffen erspielt ist, hat es Tiefe und Bedeutung. Sonst ist es eben einfach nur gesagt.
Wushu als Extrem sei genannt.
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Arkam am 5.01.2009 | 15:59
Hallo zusammen,

da will ich Mal sehen ob ich die einzelnen Positionen richtig verstehe.

Da wäre ein mal die Seite die Arten von Rollenspiel nicht an Einzelelementen fest macht sondern auch ARS und Storytelling durchaus als vereinbar sehen.

Des weiteren haben wir ein Definitionsproblem mit den Begriffen Dramatik und Story. Ich versuche hier Mal eine Definition.
Dramatik: Die Dramatik stellt die Erzählstruktur da. Also etwa die Unterteilung einer Geschichte in Einleitung, Konflikt, Lösung des Konflikts, Überraschende Lösung, neuer Konflikt und Höhepunkt indem alle Konflikte aufgelöst werden.
Story: Die Story ist für mich die erzählte Geschichte. Sie kann muß aber nicht der Dramatik folgen. Beim Rollenspiel kommt erschwerend hinzu das es aus meiner Sicht noch keine Dramatik für verschiedene Arten des Rollenspiels gibt.

Der Knackpunkt was die Story angeht ist ein zeitlicher. Bei einem storybasierten Spiel hat der Spielleiter die Geschichte schon, eventuell aus Überlegungen zur Dramatik heraus, festgelegt.
Bei einem nichtstorybasierten Spiel baut der Spielleiter sozusagen die Bühne auf. Auf dieser Bühen wird dann gespielt. Das kann dann im Nachhinein wie eine Story aussehen, sogar mit Dramatik aber sie ist eben nicht vorbestimmt gewesen

Es ist tatsächlich so das alle Regelwerke die ich kenne handlungsorientiert sind. Die Regeln legen also fest ob eine Aktion die der Charakter ausführen will erfolgreich ist. Dabei spielen Gesichtspunkte wie Dramatik oder Story nicht im Mittelpunkt.
Die Alternativen von denen ich gehört habe bieten Regeln zum Verteilen von Storykompetenz. Es wird also bestimmt wer gerade erzählt. Der Spielleiter ist dabei nicht unbedingt notwendig.

Gruß Jochen
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Arbo am 5.01.2009 | 15:59
Ich wage mal die Behauptung, dass es überhaupt gar kein alternativloses bzw. nicht-offenes RS gibt. Es besteht immer die Möglichkeit, die "Story" zu ändern: Im extremsten Fall durch das Abbrechen des RS, was "die Story" letztlich auch abbricht oder mindestens - auf welcher Spielebene auch immer - beeinflusst.

Arbo
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Eulenspiegel am 5.01.2009 | 16:00
Ich habe die besten Runden mit lauter Autoren, auf beiden Seiten des Spielleiterschirms, gespielt.
Dann ist allerdings die Frage, ob das auf der anderen Seite des Schirms auch wirklich Spieler waren, oder ob das nicht insgeheim auch SLs waren, die nur nominell "Spieler" genannt wurden.
Wie ich selber auf der letzten Seite auch schon schrieb:
[1] Das ist kein Problem, da man bei SO auch problemlos mit mehreren SLs spielen kann. - Im Extremfall kann man auch durchaus 4 SLs und nur einen Spieler oder sogar 5 SLs und keinen Spieler haben.
Und gerade im Fanfiction Bereich ist es durchaus üblich (vor allem bei mittelmäßigen Autoren), dass es wesentlich mehr Autoren als Leser gibt.
Ich habe schon von Fanfictions gehört, die von 6 Autoren geschrieben wurden, und wo es dann 2 (zwei!) Leser gab. (Was aber nicht schlimm ist, da der Sinn der Fanfiction ja nicht die Veröffentlichung, sondern das schreiben selber war.)

Und ebenso, wie es Fanfictions geben kann, wo 6 Autoren dran schreiben, damit es nachher von 2 Lesern gelesen wird, so kann es StORS geben, wo 6 SLs leiten und nur 2 Spieler spielen.
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Kinshasa Beatboy am 5.01.2009 | 16:24
Re: Tiefe und Bedeutung des Erlebten.

Und genau DESWEGEN ist ergebnisoffenes Spielen mE alternativlos.
Nämlich um das zu erreichen.

Alles andere ist hohl und leer.

Und das will kein Spieler, aber viele SLs achen Dinge, die genau das tun: Entwerten den Einfluß der Spieler.

Jaja, genau. Natürlich will jeder Spieler Einfluß haben und mag Eingriffe in die Entscheidungsautonomie nicht. Du gehst jedoch einen Schritt weiter und erkärst sowas für generell unangebracht. Es handelt sich bei dramaturgischen Eingriffen des SL natürlich um eine Form von Betrug, Zerstörung der Vertrauensgrundlage, komplette Entwertung des Spielerautonomie, unrechtmäßige Beschneidung des Handlungsspielraums und Verletzen des impliziten Gruppenvertrags.

Das kann man selbstverständlich so sehen. Und wenn man keine graduellen Unterschiede zulässt, ist eben alles, was sich sonst so Rollenspiel nennt, hohl und leer. Das habe ich weitgehend verstanden, glaube ich, und billige Dir auch gerne die Konsistenz und Nachvollziehbarkeit des Gedankengangs zu.

Das große Problem dieses Ansatzes sehe ich woanders und bin an Deinen Erfahrungswerten interessiert. Settembrini-ARS stellt von allen Spielarten unseres Hobbies nach meiner Auffassung mit Abstand die höchsten Anforderungen an den SL. Zwar sind auch die Spieler stärker gefordert als in anderen Herangehensweisen (wie auch immer die heißen mögen), aber vom SL wird verlangt, in allen denkbaren Situationen eine plausible Spielweltreaktion aus dem Hut zu zaubern, die zudem aufregende Abenteuer [1] begünstigt. Das ist eine verdammt anspruchsvolle Aufgabe. Wieviel leichter wäre es da, der Versuchung nachzugeben und schnell ein Trigger Event einzubauen oder eben mal einen Würfel zu drehen. Das aber ist natürlich der Weg, der auf die dunkle Seite führt  :D

Ich könnte mir vorstellen, dass selbst begabte und in Deinem Sinne unverdorbene SL an diesem Ansatz scheitern. Es überfordert viele SL nach meinem Eindruck ganz erheblich, eine komplette Welt balancieren zu müssen. Dass es sich dabei eigentlich um die Kernaufgabe eines SL handelt: klar! Diese Kernaufgabe ist jedoch für viele SL schlicht zu groß und deshalb behelfen sie sich mit illusionistischen Tricks: Trigger Events, feste Szenen, NSCs anpassen, Würfel drehen, STORY, all das von Dir so verabscheute Zeugs eben.

Nun stell Dir aber einen begabten und unverdorbenen SL vor, der sich mit der Weltensimulation überfordert fühlt. Was soll der machen? Lieber ein reines Settembrini-ARS durchziehen, dessen Ergebnis ziemlich zwangsläufig langweilig und uninspiriert verläuft? Oder soll der nicht vielleicht bei gleichem Vorbereitungsaufwand etwas fokussierter an die Sache herangehen und einen (zumindest groben) Plot vorbereiten, sich ein paar Szenen zurechtlegen, die NSC so flexibel anlegen, dass sie besser zu den verschiedenen möglichen Handlungsverläufen der SC passen und so weiter? Das würde ich nicht verwerflich finden, sondern sogar begrüßen.

Beispiel:
Der beste Erzählonkel-SL, mit dem ich je spielen durfte, kommt auch aus Berlin. Der betreibt purstes Railroading. Wir haben bei dem damals in vollster Kenntnis der Umstände jede Woche begeistert gespielt, weil es sich anfühlte wie 5 Stunden Kino. Die irrwitzigen Figuren, die er aus dem Hut zauberte, die ultracoole Story, die sich entwickelte. Und manchmal konnte man sogar selbst auch noch was ändern und wir saßen gemeinsam am Tisch und hatten einen Heidenspaß. Fett, der Mann war begnadet!!!

Dem gleichen Erzählonkel-SL würde ich zutrauen, sich auf Dauer an Settembrini-ARS heranzutasten. Ich bin mir aber ganz und gar nicht sicher, ob das Ergebnis mit den Hardcore-Railroading-Sessions mithalten könnte. Im Gegenteil: es würde vermutlich eine deutliche Verschlechterung werden. Einen Versuch wäre es natürlich trotzdem wert  :D

In diesem Sinne: haut rein!




[1] Irgendwann kann ja noch mal jemand versuchen, den Unterschied zwischen Story und Abenteuer herauszuarbeiten. Zumindest ein kleiner Teil Ontopic hier  ;)
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Settembrini am 5.01.2009 | 16:34
So, Kinshasa, und nun kommt´s:

Dungeons.

Kann jeder leiten.
Quasi der Verkehrskindergarten.

Tada!

Und da hast Du die Erklärung für das gesamte kommerzielle Hobby.

Echt herrenmäßig will ich natürlich auch die gesamte Welt und alles drum und drann. Aber das muß nicht, kann nicht, will nicht, jeder.

Es gibt andere Formen der eingetüteten, portionierten Freiheit und Ergebnisoffenheit.

Aber die brauchen wir noch lange nicht zu diskutieren, soweit kommen die meisten garnicht.
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Eulenspiegel am 5.01.2009 | 16:39
Settembrini-ARS stellt von allen Spielarten unseres Hobbies nach meiner Auffassung mit Abstand die höchsten Anforderungen an den SL. Zwar sind auch die Spieler stärker gefordert als in anderen Herangehensweisen (wie auch immer die heißen mögen), aber vom SL wird verlangt, in allen denkbaren Situationen eine plausible Spielweltreaktion aus dem Hut zu zaubern, die zudem aufregende Abenteuer [1] begünstigt.
Sehe ich nicht so.
Beim Settembrini-ARS leitet sich das Spiel quasi von selbst: Der SL muss halt einen interessanten Grundkonflikt zu Anfang präsentieren und die Regeln kennen. Alles andere ergibt sich dann quasi von selbst.

Beim StORS muss nicht nur ein interessanter Grundkonflikt vorhanden sein, es muss während des Spieles auch dauernd darauf geachtet werden, dass der dramaturgische Aufbau eingehalten wird. (Je nachdem, ob die Spieler im Author Stance oder im Actor Stance reagieren, muss hier evtl. vom SL auch noch lenkend eingegriffen werden.)

Um ein zufriedenstellendes Ergebnis mit StORS zu erreichen, ist wesentlich mehr Arbeit und Können des SLs gefragt. (Sonst beschweren sich die Spieler anschließend zu Recht über das üble Railroading.)
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Kinshasa Beatboy am 5.01.2009 | 16:40
So, Kinshasa, und nun kommt´s:

Dungeons.

Kann jeder leiten.
Quasi der Verkehrskindergarten.

Tada!

Und da hast Du die Erklärung für das gesamte kommerzielle Hobby.

Echt herrenmäßig will ich natürlich auch die gesamte Welt und alles drum und drann. Aber das muß nicht, kann nicht, will nicht, jeder.

Es gibt andere Formen der eingetüteten, portionierten Freiheit und Ergebnisoffenheit.

Aber die brauchen wir noch lange nicht zu diskutieren, soweit kommen die meisten garnicht.

Verstehe. Da Dir die Eingriffe in die Spielerautonomie so viel bedeuten, reduzierst Du die Komplexität. Klingt vernünftig, aber nach einer kurzfristigen Idee. Bevor ich im letzten Jahr wieder mit D&D(4) anfing, habe ich rund 20 Jahre keinen Dungeon mehr von innen gesehen. Das reizt mich irgendwie nicht so sehr. Mit D&D4 ist das in Ordnung, aber da bin ich mir des Reduktionismus sehr bewusst. Wenn ich aber einen komplexeren Hintergrund haben möchte, was wären die "andere[n] Formen der eingetüteten, portionierten Freiheit und Ergebnisoffenheit." Genau das suche ich!
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Daheon am 5.01.2009 | 16:45
Kinshasa Beatboy schrieb:
Zitat
Lieber ein reines Settembrini-ARS durchziehen, dessen Ergebnis ziemlich zwangsläufig langweilig und uninspiriert verläuft?
Wieso zwangsläufig? All diejenigen, die mit D&D in der roten Schachtel oder mit Traveller oder mit Cthulhus Ruf angefangen haben, habe doch nicht so lange Jahre dem Hobby die Treue gehalten, weil die Spielabende langweilig und uninspiriert verlaufen sind.

Zitat
Der beste Erzählonkel-SL, mit dem ich je spielen durfte, kommt auch aus Berlin. Der betreibt purstes Railroading. Wir haben bei dem damals in vollster Kenntnis der Umstände jede Woche begeistert gespielt, weil es sich anfühlte wie 5 Stunden Kino. Die irrwitzigen Figuren, die er aus dem Hut zauberte, die ultracoole Story, die sich entwickelte. Und manchmal konnte man sogar selbst auch noch was ändern und wir saßen gemeinsam am Tisch und hatten einen Heidenspaß. Fett, der Mann war begnadet!!!
Das hat für mich eher etwas von der Begeisterung für ein gutes Buch oder einen tollen Film. Aber Rollenspiel ist doch ein Spiel, und das definiert sich für mich dadurch, dass ich selbst tätig werde und mich nicht berieseln lasse.
Bei Brettspielen gibt es für mich zum Beispiel ein Qualitätskriterium: Ich mag Spiele nicht, bei denen ich das Gefühl habe, ich werde gespielt. Bei Rollenspielen ist das noch viel stärker der Fall.
Das, was Du da beschreibst, waren sicher unterhaltsame Abende, aber waren es wirklich Spielabende?
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Settembrini am 5.01.2009 | 16:47
Halt!

Denn wir uns das moderne D&D angucken, dann merken wir, daß die Tugenden der "Freiheit in Tüten" verletzt werden.
Deswegen rege ich mich ja so auf über Paizo und 4e.
Ohne Not wurden auf dem Altar der Ausgewogenheit und der Tyrranei der verzuglosen Bedürfnisbefriedigung das glorreiche Dungeon geopfert. Zumindest was Regelstruktur und veröffentlichte ABs angeht.

Denn wenn man noch nichtmal in Dungeons seine volle taktische und strategische Interaktionsfreiheit hat...was hat man dann noch?

So-tun-als-ob-man-ein-Dungeon spielt, so wie Überlandreisen bei DSA; nur ein so-tun-als-ob-man-eine Überlandreise spielt...
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Kinshasa Beatboy am 5.01.2009 | 17:06
Wieso zwangsläufig? All diejenigen, die mit D&D in der roten Schachtel oder mit Traveller oder mit Cthulhus Ruf angefangen haben, habe doch nicht so lange Jahre dem Hobby die Treue gehalten, weil die Spielabende langweilig und uninspiriert verlaufen sind.

Zumindest ich hatte damals als Teenager unterschiedliche Ansprüche an Rollenspiele als heute. Mit der roten D&D-Schachtel hatte ich viele tolle Tage (noch keine Abende), aber die gleichen Sessions würden mich heute langweilen und uninspiert wirken. Und die Frage lautet einfach, wie dieser Eindruck mit Settembrini-ARS außerhalb von Dungeons (in denen das bestimmt ausgezeichnet funktioniert) vermieden werden kann. Meine Vermutung ist, dass sich so etwas vor allem durch illusionistische Tricks bewerkstelligen lässt. Die Spieler untereinander und mit dem SL spielen sich halt die Bälle zu. Aber das ist nicht vereinbar mit Settembrini-ARS.

Das hat für mich eher etwas von der Begeisterung für ein gutes Buch oder einen tollen Film. Aber Rollenspiel ist doch ein Spiel, und das definiert sich für mich dadurch, dass ich selbst tätig werde und mich nicht berieseln lasse.
Bei Brettspielen gibt es für mich zum Beispiel ein Qualitätskriterium: Ich mag Spiele nicht, bei denen ich das Gefühl habe, ich werde gespielt. Bei Rollenspielen ist das noch viel stärker der Fall.
Das, was Du da beschreibst, waren sicher unterhaltsame Abende, aber waren es wirklich Spielabende?

Das war sicherlich ein Extrembeispiel. Aber Spieleabende waren es durchaus noch. Wir haben unsere Charaktere durchaus gespielt, nur waren die Ergebnisse weitgehend vorgeskriptet. Nicht jedermanns Sache und wenn der SL nicht so ein absolut begnadeter, kreativer und charismatischer Erzähler gewesen wäre, hätte ich auch mit Sicherheit nicht mitgespielt  ;)


Halt!

Denn wir uns das moderne D&D angucken, dann merken wir, daß die Tugenden der "Freiheit in Tüten" verletzt werden.
Deswegen rege ich mich ja so auf über Paizo und 4e.
Ohne Not wurden auf dem Altar der Ausgewogenheit und der Tyrranei der verzuglosen Bedürfnisbefriedigung das glorreiche Dungeon geopfert. Zumindest was Regelstruktur und veröffentlichte ABs angeht.

Denn wenn man noch nichtmal in Dungeons seine volle taktische und strategische Interaktionsfreiheit hat...was hat man dann noch?

So-tun-als-ob-man-ein-Dungeon spielt, so wie Überlandreisen bei DSA; nur ein so-tun-als-ob-man-eine Überlandreise spielt...

Jaja, Deine Bedenken gegenüber D&D4 habe ich verstanden. Magst Du vielleicht so tun, als ob ich D&D4 nicht erwähnt hätte? Die Antwort auf die ursprüngliche Frage interessiert mich nämlich trotzdem. Wie setzt Du in einer komplexeren Umgebung Deinen Stil um? Die erste und plausible Strategie lautete: Dungeon. Und sonst? Habt Ihr nicht lange Traveller gespielt? Da ist doch nicht viel mit Dungeons?
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Settembrini am 5.01.2009 | 17:15
Ein Beispiel aus meiner Kampagne, im zweiten Teil zu lesen (pdf):

http://hofrat.rollenspiel-berlin.de/The%20PrussianGamersSoundAdvice.pdf

Titel: Re: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Joe Dizzy am 5.01.2009 | 17:47
Es geht wohl darum: "Wenn die Runde wie die Geschichte in einem guten Film laufen soll, schaffen die Spieler das auch, egal mit welcher Methode."

Nein. Genau das ist der Fehler. "Wie in einem guten Film" ist nicht das worum es geht. Ich habe die Erfahrung beim Filmschauen mit der Erfahrung beim Rollenspiel verglichen. Es geht um das Geschichten-hafte in einem Spielfilm, das Roman-hafte in der Bellitristik und die Story-eigenschaft in einem Rollenspiel.

Es geht um eine besondere Form von Geschichten wahrnehmen, die dem Rollenspiel zu eigen ist und sich eben nicht an den Techniken festmachen lässt, die man dafür benutzt. DAS ist der große Fehler, den viele machen wenn sie storyorientiertes Rollenspiel versuchen. Sie versuchen die Eigenschaften aus anderen Medien (z.B. Film oder Buch) in das Rollenspiel zu übertragen, anstatt diese Story-eigenschaft mit und durch das Rollenspiel zu pflegen. Sie versuchen Geschichten "wie im Film" zu spielen, statt Rollenspiel-geschichten zu (er)spielen.

Deshalb gehen solche Vergleiche wie "Drehbuchautor sein" vs. "Charakter sein" meiner Meinung nach auch daneben. Damit werden Dinge von einander getrennt, die im storyorientierten Spiel eben gerade nicht getrennt sind. Wie auch die Trennung zwischen SL und Spieler, sind das Dinge, die man beim storyorientierten Rollenspiel übernehmen kann, um sich an bekannten und vertrauten Strukturen zu orientieren, aber an diesen Trennlinien storyorientiertes Rollenspiel messen zu wollen, halte ich für ein hoffnungsloses Unterfangen.

Da kommen nur verquere, verzerrte und pervertierte Vorstellungen vom storyorientierten Rollenspiel heraus. Das ist das Gleiche wie Leute, die unter klassischen Rollenspiel stumpfes Monsterhacken und Stufenaufsteigen verstehen.
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Settembrini am 5.01.2009 | 17:50
Ich gebe gerne zu, daß da verquere Vorstellungen sein mögen. Aber was meinst Du denn nun?
Titel: Re: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Eulenspiegel am 5.01.2009 | 17:57
Deshalb gehen solche Vergleiche wie "Drehbuchautor sein" vs. "Charakter sein" meiner Meinung nach auch daneben. Damit werden Dinge von einander getrennt, die im storyorientierten Spiel eben gerade nicht getrennt sind.
Und wie würdest du den Spielstil dann nennen, in dem zwischen Drehbuchautor und Charakter getrennt wird?
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Kinshasa Beatboy am 5.01.2009 | 18:01
Ein Beispiel aus meiner Kampagne, im zweiten Teil zu lesen (pdf):

http://hofrat.rollenspiel-berlin.de/The%20PrussianGamersSoundAdvice.pdf

Danke! Habe das direkt mit großem Interesse gelesen und finde das alles nun erheblich verständlicher. Außerdem bestätigt sich mein Eindruck, dass selbst Du nicht der vollkommen reinen Lehre des Settembrini-ARS folgst. Ich konnte mir auch beim besten Willen nicht vorstellen, wie das in Traveller funktionieren soll.

Ansonsten vielleicht eine kleine Beobachtung: Im Prinzip nutzt Du mit Deinen Handlungsmaschinen eine spezielle, quantifizierte Form von sogenannten "cognitive maps". Mein Eindruck, dass Jörgs Leit- und Vorbereitungsstil ein paar Gemeinsamkeiten mit Deinem Ansatz aufweist, verdichtet sich. Jörg, falls Du das liest und Dich an Deine Mapping-Artikel hier im Forum erinnerst, könntest Du mal verlinken? Ansonsten habe ich noch mein damaliges Beispiel gefunden und unten angehängt.

Das Spiel läuft insgesamt doch recht genau so ab, wie ich vermutete. Ihr beginnt das Spiel regelmäßig in der Einstellung "Vogelfrei" und das beinhaltet nach meinem Verständnis (neben dem Gewölbe) noch sehr viel reine Settembrini-ARS-Lehre. Wenn dann aber auf einen konkreten Plot (Reizwort, entschuldige bitte) gezoomt wird, modulierst Du nach, indem Du beispielsweise auf das Muster Detektiv blendest. Dieses Muster verletzt wissentlich einige Annahme der reinen Settembrini-ARS-Lehre, weil eben ein Muster Detektiv ohne eine solche Begrenzung einen irrwitzigen Aufwand darstellen würde.

So kann ich mir das sehr gut vorstellen und danke Dir für den Link!

[gelöscht durch Administrator]
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Settembrini am 5.01.2009 | 18:09
Halt! Der erste Teil ist allgemein!

Bei Traveller, also genau der Kampagne die da beschrieben wurde, gab es immer nur "Vogelfrei", bis auf ein paar "Gewölbe"-Strukturen ganz zu beginn.
Manchmal kann man sowas enger vorbereiten, wenn man zufällig weiß, was beim nächsten mal gemacht werden soll.
Als die Spieler z. B. mal eine Scoutstation hacken wollten, hatte ich zwischen den Sitzungen das ganze als eine Art Cyber-DungeonCrawls ausgearbeitet.
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Kinshasa Beatboy am 5.01.2009 | 18:19
Ja, kann ich mir vorstellen. Der Text hat mir aber den zum Verständnis notwendigen Missing Link in die Hand gedrückt. Nun kann ich konkret einschätzen, wovon Du sprichst. Das war allein durch das Lesen eines theoriegeleiteten Exkurses bisweilen schwierig. Kann mir ansonsten sehr gut vorstellen, dass dieser Stil eine Menge Spaß macht.
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Merlin Emrys am 5.01.2009 | 18:31
Nur wenn es Ergebnisoffen erspielt ist, hat es Tiefe und Bedeutung.
Kannst Du auch erklären, über welche Gesetzmäßigkeit eine solche Verbindung zustandekommen könnte (wenn nicht gar "sollte")? "Sonst ist es eben einfach nur gesagt."

Aber wie genau macht man das?
Auch hier: Wie macht man es in einer Geschichte? Mit Worten offenbar. Da es Geschichten gibt, die dramaturgisch gut sind, auch ohne am Schema F zu kleben, ist das offenkundig möglich - mit allen möglichen komödiantischen, tragischen oder sonstwelchen Szenen, von denen jede, wenn man danach aus welchen Gründen auch immer nicht weiterspielt, im Nachhinein als "Schlußszene" zu erkennen ist.
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Maarzan am 5.01.2009 | 20:12
Kannst Du auch erklären, über welche Gesetzmäßigkeit eine solche Verbindung zustandekommen könnte (wenn nicht gar "sollte")? "Sonst ist es eben einfach nur gesagt."


 In demselben Maße wie ein verschobenes Spiel oder Scheinalternativen keinen Wert in ihrem ursprünglichen Anspruch haben. Das heißt nicht. dass ein verschobenes Speil für den ahnungslosen Zuschauer nicht höchste Unterhaltung sein kann, aber wir spielen ja nicht Rollenspiel statt einem Hörspiel zu zuhören, um passiv zu konsumieren.

Zitat
Auch hier: Wie macht man es in einer Geschichte? Mit Worten offenbar. Da es Geschichten gibt, die dramaturgisch gut sind, auch ohne am Schema F zu kleben, ist das offenkundig möglich - mit allen möglichen komödiantischen, tragischen oder sonstwelchen Szenen, von denen jede, wenn man danach aus welchen Gründen auch immer nicht weiterspielt, im Nachhinein als "Schlußszene" zu erkennen ist.

Die Frage ist doch nicht, ist es möglich, wie mit dem Affen, der Schreibmaschine und dem Roman sondern was passiert, wenn es zu einer essentiellen Enstcheidung kommt.
Was bedeutet "Das soll so und so ablaufen, weil es eine bessere Geschichte ergibt?
Wer darf festlegen, was dann eine "gute" Geschichte ist und was für ein Preis dafür angemessen ist?

In eigener Sache:
Das Kernelement an Story-"Rollenspiel" ist dann doch wohl, im Gegensatz zu den eher unstrukturierten, ergebnisoffenen Restvorlieben, das man schon vorher eine mehr oder weniger feste Vorstellung davon hat, wie diese "gute" Story dann aussieht - das muss übrigens nicht nur von SL-Seite so sein, ich habe auch schon Spieler gesehen, die unter dem Banner der Story die Deutungshoheit an sich gerissen haben/ reißen wollten. Ohne diese Qualitätsvorstellung von "guten" Geschichten gäbe es ja auch keinen Grund der Story besondere Aufmerksamkeitzu widmen, bzw. davon Entscheidungshoheit abzuleiten.   

Und da haben wir auch das, was ich als Kernproblem des Storytelling sehe. Kern der Sache ist etwas, was einmal für jeden selbst recht eng festgeschrieben ist, um eben gewisse Qualitäten zu erfüllen und diese Qualitäten sind - wie es auch verschiedenste Arten von Storys und damit Vorlagen und Inspirationen für Storyspiele gibt- hochgradig geschmacksabhängig.

Wir haben also etwas was einmal sehr empfindlich auf Störungen reagiert, einen Spielablauf, der im typischen Fall kontinuierlich fortlaufend ist (im Gegensatz zu dem was für sonstige Storieentstehungen typisch ist) also kaum Reparaturmöglichkeiten erlaubt, und einen Leitfaden, der nur im Geschmack der beteiligten Mitspieler liegt, also eher zufällig übereinstimmt und diese Mitspieler eher zu Störenfrienden zu machen scheint, denn zu den gewünschten gebannten Zuhörern.

Ich sehe einen Haufen Leute, die tolle Ideen für eine Geschichte haben - also auch entsprechend engagiert sind, um das mal freundlcih zu formulieren -, kaum formelle Vorlagen diese zu koordinieren (warum wohl - die Autoren von Storyteller-Symnsen lassen wollen - einige echte (NRPG)Storygames sind davon freigesprochen) und wie es scheint einer häufig vorliegenden Abneigungen für Regeln an sich schon.

Meine Vermutung: Storytelling-"RPG" ist die scheinbare Abkürzung zum ungehemmten Ausleben der eigenen künstlerischen Freiheit oder was darunter verstanden wird und funktioniert nur wenn die Menge gegenüber einem Leitwolf zurücksteckt oder sich per Zufall wirklich nur Brüder im Geiste getroffen haben.

Wir haben es also entweder mit einiegn wenigen richtigen Storyspielen zu tun, welche das eigentliche Kerninteresse ansprechen Erzählrechte zu verteilen aber wenig Ähnlichkeiten mit dem gewohnten RPG haben, und Storyteller-RPG wo der Rollenspielanstrich nur darüber hinweg täuscht, dass hier jemand seine Schau abhalten möchte und nur Publikum sucht. Wahrscheinlich auch ein Grund dafür, warum diese Leute nicht scharenweise zu den Storyspielen abwandern, denn dort könenn sie sich nicht hinter dem Geschmacksmonopol verstecken, sondern sind nur geregelt gleichberechtigte Mitautoren. 

Maarzan, der gelegentlich schon interessante Storyspiele gespielt hat, aber nur Ärger mit Storytelling-RPG erlebt hat.
Titel: Re: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Falcon am 5.01.2009 | 20:23
Kinshasa, ich dachte du hättest den Sound Advice schon nachgeholt  wtf? Der wurde doch schon nahegelegt.
Da sind wir dem Verständnis doch wieder einen Schritt näher. Ich fands damals jedenfalls sehr nützlich weil es hier im Forum nur unzureichende Erläuterungen gibt, wie man mit Maps umgeht.

aber im Grunde ist das ja nur eine Stütze oder Vorbereitungshilfe. Es geht auch ohne.
in einer unserer Kampagnen, die ich leite, habe ich sogar die Spieler so ein Ding zeichnen lassen mit den Informationen, die sie haben und es liegt offen (für Korrekturen usw.) damit sie ihre Handlungen planen können, den Überblick behalten und ahnen können welche Auswirkungen welche Aktion hat.
Ich selber habe da nicht mal eine.

Maps würde ich aber nicht als Storyorientiert bezeichnen. Man kann mit der Ausgangslage Potential in Bezug auf Dramatik schaffen aber es kann unerwartet so viel passieren (z.b. in dem offene Proben gelten!!), daß man nie für eine spannende Story garantieren kann.

weil ich das, ich glaube in diesem der 3-4 parallel-ARS Threads aufgeschnappt habe:
ARS=Schwer
Boff, jetzt kommts: Mir fällt nichts im RPG leichter als offen zu spielen.
Es gibt nur wenig Ansprüche, eigentlich muss man nur die Regeln und die Welt kennen und wenig Erwartungen.

storyorientiert zu spielen stellt dagegen imho riesige Anforderungen an den SL.
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Merlin Emrys am 5.01.2009 | 21:17
In demselben Maße wie ein verschobenes Spiel oder Scheinalternativen keinen Wert in ihrem ursprünglichen Anspruch haben.
Okay, und jetzt nochmal mit den nötigen Definitionen:
"Verschobenes Spiel" - auf wem oder was gegenüber wem oder was?
"Scheinalternativen" - was soll das bezeichnen?
"Wert" in welcher Währung oder in bezug auf was?
"Ursprünglicher Anspruch" von wem an wen bezüglich wessen?

Und dann müsstest Du noch ausführen, worin der Zusammenhang zu meiner Frage besteht, in der es nicht um Verschobenheit, Alternativen oder Ansprüche geht, sondern um die Bedingung von Tiefe und Bedeutung durch Ergebnisoffenheit geht. Du kannst die Begriffe gern in Deiner Antwort gebrauchen, es könnte die Verständlichkeit steigern.
Titel: Re: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: ChristophDolge am 5.01.2009 | 21:25
So gern ich hier zu dem hochinteressanten Thema (was sich da für spin-off - threads bilden... woah!) noch weiter debattieren würde und euch meine Sicht der Dinge (die im Übrigen gar nicht sooo weit vom Beatboy als auch ... von Set ... weg ist) um die Ohren schlagen würde.

Ich muss aus privaten Gründen passen.

Sollte sich irgendwann ein Konsens abzeichnen, was die Definition von Storyorientiert, ARS, TRS etc. angeht (muss sich ja alles nicht zwangsläufig ausschließen), wäre es ECHT cool, gäbe es da mal eine Zusammenfassung.

Im großen und ganzen möchte ich noch sagen: Verwickelt euch nicht in Zitateschlachten und unterstellt eurem Gegenüber nicht unbedingt, dass er eine komplett gegenläufige Meinung zu eurer hat - oft sieht man viele Gemeinsamkeiten, diskutiert dann aber nur über die Unterschiede, ohne die Gemeinsamkeiten weiter zu benennen. Schade... so kann sich oft kein Konsens bilden.
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Eulenspiegel am 5.01.2009 | 21:57
Das Kernelement an Story-"Rollenspiel" ist dann doch wohl, im Gegensatz zu den eher unstrukturierten, ergebnisoffenen Restvorlieben, das man schon vorher eine mehr oder weniger feste Vorstellung davon hat, wie diese "gute" Story dann aussieht
Nein. Das Kernelement ist, dass man an einer guten Story interessiert ist. Ob man schon vorher eine Vorstellung davon hat oder diese erst im Laufe des Spieles entwickelt, ist egal. Wichtig ist, dass die Spieler und der SL eine tolle Story wollen.

Wenn die Spieler sich am Ende des Abends zurücklehnen und sagen wollen: "Man, das war eine super tolle STory, die wir heute erlebt haben.", dann spielen sie storyorientiert.

Wenn die Spieler sich am Ende des Abends zurücklehnen und sagen wollen: "Man, der Abend war echt spannend. Einige Zeitlang war ich mir nicht sicher, ob wir das wirklich schaffen. Aber dank deines genialen Einfalls, ist es uns dann doch noch gelungen.", dann spielen sie herausforderungsorientiert.

Zitat
Wir haben also etwas was einmal sehr empfindlich auf Störungen reagiert, einen Spielablauf, der im typischen Fall kontinuierlich fortlaufend ist (im Gegensatz zu dem was für sonstige Storieentstehungen typisch ist) also kaum Reparaturmöglichkeiten erlaubt,
Alles reagiert empfindlich auf Störungen: Wenn du Schach spielst und dein Gegner partout keine Lust auf Herausforderung hat und König und Dame abwechselnd lieber so zieht, dass es aussieht, als ob sie Wiener Walzer tanzen, dann macht Schach auch keinen Spaß.

Wenn du herausforderungsorientiertes RPG spielen willst und der SL präsentiert dir nur eine heile Welt ohne Konflikte, dann gibt es auch Probleme.

Wenn sich aber alle SL sowie Spieler einig sind, dass man eine tolle Geschichte erleben will, dann gibt es auch keine Probleme oder Störungen.

Zitat
und einen Leitfaden, der nur im Geschmack der beteiligten Mitspieler liegt, also eher zufällig übereinstimmt und diese Mitspieler eher zu Störenfrienden zu machen scheint, denn zu den gewünschten gebannten Zuhörern.
Nein, es gibt keine Störenfriede. Deine Mitspieler teilen sich auf in Autoren, die mit an der Geschichte schreiben und gebannte Zuhörer. Aber Störenfriede habe ich noch keine erlebt. (Außer, jemand hat es absichtlich darauf abgesehen, die Gruppe zu sprengen. - Aber dann kann man diese Person ganz einfach rauswerfen und ohne sie weiterspielen.)

Und wie ich schon mehrmals schrieb und wie ich es auch jetzt nochmal schreibe: Es ist kein Problem, dass es mehrere Autoren gibt, die gemeinsam die Story schreiben:
Meistens ist es ja so, dass man eine coole Idee hat, diese einbringt, dann aber keine Idee hat, wie man weiter fortführen kann. Den Mitspieler hat diese coole Idee aber auf einen Einfall gebracht, den er nun einbringt. Daraus ergibt sich dann eine neue spannende Situation. Diese nutzt Spieler 3, um darauf seine Idee aufzubauen.

Man kann also durchaus mehrere Autoren haben. Und es ist auch kein Problem zwischen Autorenrolle und Zuhörerrolle hin und her zu springen, um erst Autor zu sein, dann wieder Zuhörer um anschließend wieder Autor.

Man sollte natürlich ungefähr den gleichen Geschmack haben oder vorher vereinbaren, welchen Spielstil man spielen will:
Wenn der erste eher etwas melancholisches spielen will, der zweite düsteren Horror und der dritten sinnlosen Klamauk, dann wird nichts daraus.
Man muss sich also zu Spielbeginn auf ein Genre einigen und dieses dann beibehalten.

Aber innerhalb eines Genres kann dann jeder Ideen zu bestehenden Szenen einbringen oder neue Szenen eröffnen.

Zitat
Meine Vermutung: Storytelling-"RPG" ist die scheinbare Abkürzung zum ungehemmten Ausleben der eigenen künstlerischen Freiheit oder was darunter verstanden wird und funktioniert nur wenn die Menge gegenüber einem Leitwolf zurücksteckt oder sich per Zufall wirklich nur Brüder im Geiste getroffen haben.
Nein. Mein Tip: Spiele einfach mal Inspectres.
Da wirst du schnell feststellen, das es einfach keinen Leitwolf geben kann.
Titel: Re: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Lord Verminaard am 6.01.2009 | 12:08
@ Maarzan: Da haben wir wieder das Problem mit den Erfahrungshorizonten. Offenbar hast du story-orientiertes Spiel (oder den Versuch desselben) nur mit engstirnigen, unkooperativen Leuten unternommen, denen es offenbar komplett am Gespür für den Mitspieler mangelte. Ich habe solche Leute auch schon erlebt, und die sind dann eben dafür nicht geeignet.

Einige habe ich getroffen, bei denen ich nicht nur das Gefühl hatte, dass sie einen besonders einseitigen Geschmack hatten, was Story anging, sondern dass sie sich unter Story einfach überhaupt nichts vorstellen konnten. Trotzdem waren sie so konditioniert, dass sie story-orientiert spielen wollten, was dann eben allein über Nachahmung ohne Sinn und Verstand ablief. Ich würde mich zwar niemals erdreisten, hier von einem Hirnschaden zu sprechen, aber das Phänomen der "Story-Blindheit" ist ebenso vorhanden, wie es z.B. Leute gibt, die beim Tanzen grundsätzlich immer neben dem Takt sind.

Ich kann nicht mehr als sagen, dass ich schon mit den verschiedensten Leuten, auf Cons, auf Forentreffen, aus dem entfernten Bekanntenkreis, völlig zwanglos und selbstverständlich story-orientiert gespielt habe. Natürlich gab es auch mal Fehlkommunikation oder unterschiedliche Auffassungen, aber alles in allem gibt es meiner Erfahrung nach eine Menge Leute, die flexibel und kreativ sind, auf ihre Mitspieler eingehen, und mit einer Vielzahl von verschiedenen Story-Vorlagen etwas anfangen können.

Bei jeder Art von Freizeitaktivität gilt: Rücksichtslosigkeit ist ein sicherer Spielspaß-Killer.

Deine Leitwolf-These mag daher auf die ein oder andere Gruppe zutreffen, allgemeingültig ist sie keinesfalls.

Hast du mein Beispiel (http://tanelorn.net/index.php/topic,45208.0.html) gesehen?
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Maarzan am 6.01.2009 | 17:56
Nein. Das Kernelement ist, dass man an einer guten Story interessiert ist. Ob man schon vorher eine Vorstellung davon hat oder diese erst im Laufe des Spieles entwickelt, ist egal. Wichtig ist, dass die Spieler und der SL eine tolle Story wollen.

Wenn die Spieler sich am Ende des Abends zurücklehnen und sagen wollen: "Man, das war eine super tolle STory, die wir heute erlebt haben.", dann spielen sie storyorientiert.

Wenn die Spieler sich am Ende des Abends zurücklehnen und sagen wollen: "Man, der Abend war echt spannend. Einige Zeitlang war ich mir nicht sicher, ob wir das wirklich schaffen. Aber dank deines genialen Einfalls, ist es uns dann doch noch gelungen.", dann spielen sie herausforderungsorientiert.
Das halte ich für keine zielfördernde Betrachtungsweise. Am Ende des Abends kommt so oder so eine Geschichte raus. Rückblickend gibt es dann auch nicht mehr viel daran zu drehen. Die Nachspielabenderzählungen dürften auch nicht so sehr unterschiedlich sein, d.h. auch der ARS- oder SIM-Spieler wird über das Spielweltgeschehen reden, wenn nicht gerade ein technisches Detail im Fokus steht, wie beim Storyspiel dann ein gelungener Einbau einer entsprechenden Technik.

Ein Schuh wird daraus, wenn jemand dieses "gute" Erlebnis gezielt reproduzieren will oder etwas noch verbessern will - und das erfordert Änderungen am Spiel beim nächsten Mal. Solange die primäre Motivation nicht verletzt wird, haben auch Ars und SIM-Spieler kein Problem damit, mit dem weiter zu spielen, was unter gleichwertigen Wegen sich "besser" anfühlt. Dann aber gibt es Fälle, in denen die Ergebnisse nicht mehr kompatibel sind.

Und damit stehen wir vor dem Problem. Einige Leute haben für sich festgestellt, dass es "bessere"  Geschichten gibt - und fordern dafür Veränderungen am Spiel. Diese Änderungen bzw. die Begründungen dafür wären dann Kennzeichen für Storyspiel - es treten aber die beschriebenen Geschmacksprobleme auf und die von mir so empfundene Weigerung Butter bei die Fische zu tun und anwendbare Kriterien für "gute" Geschichten offen zu nennen, wenn zu Gunsten solcher schon Forderungen aufgestellt werden. 

Zitat
Alles reagiert empfindlich auf Störungen: Wenn du Schach spielst und dein Gegner partout keine Lust auf Herausforderung hat und König und Dame abwechselnd lieber so zieht, dass es aussieht, als ob sie Wiener Walzer tanzen, dann macht Schach auch keinen Spaß.

Wenn du herausforderungsorientiertes RPG spielen willst und der SL präsentiert dir nur eine heile Welt ohne Konflikte, dann gibt es auch Probleme.

Jedes Spiel kann man torpedieren, aber die grundsätzliche Fragilität von Storyspiel im der von mir bei StoryRPGlern wahrgenommenen Form ist, dass die gute Geschichte keine nennenswerten Abweichungen vom Ideal zuläßt. Eine heftige und unerwartete Wende ist für den ARS-Spieler einfach eine neue Herausforderung, der Storyteller im RPG scheint es als künstlerische Katastrophe anzusehen.

Zitat
Wenn sich aber alle SL sowie Spieler einig sind, dass man eine tolle Geschichte erleben will, dann gibt es auch keine Probleme oder Störungen.

Wenn alle sich einig wären, hätten wir diese ganze Diskussion nicht, sondern wären wir alle im LiLaLaune-Land. Dann gäbe es keine Railroader und all die anderen Beglückungen zum Wohle der besten Geschichte.

In einigen Storyspielen habe ich diese Kooperation schon erlebt, obwohl man auch da merkt, dass es nicht die künstlerischen Höhen erklimmt, welche die RPG-Storyteller für sich in Anspruch nehmen. Aber es macht Spaß und führt selten zu Zank, weil von vorne herein klar ist, das man eben primär kein Rollenspiel macht und das die eigenen Erzählrechte genau da enden, wo die dafür auch gezielt geschaffenen Regeln die Erzählrechte der anderen beginnen lassen.
Es gibt keine "bessere" Geschichte, die so etwas aushebeln würde, sondern nur den gemeinsamen Versuch aus dem Gegebenen das Beste herauszuholen - womit wir fast schon wieder beim ARS wären, auch wenn der Rollenspielanteil doch merklich fehlt.

Bezüglich Engstirnigkeit.
Im Umgang mit selbsternannten Storytellern habe ich die Erfahrung gemacht, dass diese Leute eine Vision haben, und die Schule dieser Denkart gibt ihnen die Idee und die Rechtfertigung, dass dieses hohe künstlerische Gut höher zu bewerten ist als die einfacheren Spielformen -und damit deren Spieler und deren kleingeistige Regeln.
Solche Leute habe ich dann eben aber auch nicht in Storyspielen angetroffen (bei allerdings kleiner Stichprobengröße) wo klar ist wo die Grenzen liegen.
Zwei Storyteller in einer Gruppe funktioniert bezeichnenderweise im Normalfall auch nicht.
Titel: Re: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Joe Dizzy am 6.01.2009 | 18:31
Um noch mal auf meine etwas ominöse "Story-Qualität" im Rollenspiel zurückzukommen...

(Vorsicht. VIIIIIIIIIIIIIEL Text!)

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Eulenspiegel am 6.01.2009 | 19:30
Eine heftige und unerwartete Wende ist für den ARS-Spieler einfach eine neue Herausforderung, der Storyteller im RPG scheint es als künstlerische Katastrophe anzusehen.
Du hast meistens wahrscheinlich nur SLs erlebt, die sich eine Geschichte im Vorfeld ausgedacht haben und diese Geschichte nun einfach mit den Spielern nacherzählen möchte.
Das ist die Form, die von DSA propagiert wird und der auch viele Fertigabenteuer (nicht nur von DSA auch viele andere Fertigabenteuer) anhängen.

In einem "guten" story-orientiertem Spiel hat der SL/die SLs sich aber keine Geschichte ausgedacht. Er will/Sie wollen sich die Geschichte während des Spieles ausdenken. (Und die Spieler sind auch keine Störenfriede, sondern sind quasi seine Muse, die ihn auf neue Ideen bringt.)

Und eine unvorhergesehene Wendung gehört in jede Geschichte. Und wenn die Spieler eine zusätzliche unvorhergesehene Wendung einbauen, kann das der Geschichte nur gut tun. (Ich habe nur sehr wenig Romane/Filme gesehen, in denen es zu viele Wendungen gab. - Meistens waren es zu wenig Wendungen.)

Zitat
Es gibt keine "bessere" Geschichte, die so etwas aushebeln würde, sondern nur den gemeinsamen Versuch aus dem Gegebenen das Beste herauszuholen - womit wir fast schon wieder beim ARS wären, auch wenn der Rollenspielanteil doch merklich fehlt.
Bei ARS steht halt der SC im Vordergrund und der versuch, mit Hilfe des SCs Erfolg zu haben.

Bei story-orientiert lässt man auch mal den SC scheitern, falls das der Story dienlich ist.
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Der Nârr am 6.01.2009 | 19:42
In einem "guten" story-orientiertem Spiel hat der SL/die SLs sich aber keine Geschichte ausgedacht. Er will/Sie wollen sich die Geschichte während des Spieles ausdenken. (Und die Spieler sind auch keine Störenfriede, sondern sind quasi seine Muse, die ihn auf neue Ideen bringt.)
Ist story-orientiert dann also an sich auch ergebnisoffen bzw. kann ergebnisoffen sein?

Neigen Spieler in story-orientiertem Spiel stärker als in ARS dazu, eine Regiesseur-Haltung einzunehmen? Macht eine Regisseur-Haltung im ARS überhaupt Sinn oder ist es eine Besonderheit story-orientierten Spiels?

Ganz banales Beispiel: Ich bringe als Spieler meinen Charakter absichtlich gerne mal in die Bredouille. Einfach, weil ich das Spiel dann interessanter, spannender finde durch die Konsequenzen, die dadurch entstehen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dies in ARS etwas verloren hätte.
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Crimson King am 6.01.2009 | 19:48
Storyorientiert ist definitiv ergebnisoffen. Ziel ist ja, eine Story zu erschaffen, nicht, eine Story nachzuspielen/erzählen. Die Einflussnahme geschieht nach Regeln, nur dass diese nicht Teil der Spielmechanik sein müssen, sondern sehr weichen dramturgischen Kriterien genügen.

Das Nachspielen vorgefertigter Geschichten würde ich nicht als storyorientiert bezeichnen.
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Der Nârr am 6.01.2009 | 19:59
Danke.

Ich muss sagen, die aktuellen Diskussionen um ARS und Story-Orientierung finde ich extremst lehrreich - ich kann mich garnicht erinnern, wann ich in so kurzer Zeit so viele aufschlussreiche Threads und Beiträge hier lesen konnte!

Was ist mit Spielmechaniken auf der Meta-Ebene - so etwas wie Drama Points im Cinematic Unisystem: Eine Regelung (beschränkte Ressource), mit der man sogar als Spieler Plot Twists durchführen kann oder die es auch dem Spielleiter gestattet, die Spieler reinzureiten (was eine ARS-Handlungsmaschine nicht unbedingt erlauben würde). Ich nehme hier jetzt absichtlich ein immer noch ziemlich konservatives Rollenspiel zum Beispiel und kein Indie-RPG, bei dem es nur noch um eine Verteilung von Erzählrechten geht. Man könnte ja auf die Idee kommen, auch ein Spiel wie Buffy als ARS zu betreiben. Ich frage mich, ob die regelgerechte Nutzung einer solchen Ressource, die auf Story-Orientierung abzielt, aus ergebnisoffenem ARS dann story-orientiertes Spiel macht oder ob die Regelung der Story-Orientierung aus story-orientiertem Spiel dann ARS macht. 8)
Titel: Re: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Ein am 6.01.2009 | 20:12
Nicht automatisch, aber ja es würde tendentiell ARS zu STORS machen. Kann man ja auch an der Entwicklungsgeschichte des Rollenspiels sehen.
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Crimson King am 6.01.2009 | 20:30
Ich würde sagen, die Verwendung von Mechanik bei den Erzählrechten macht das Spiel nur dann pseudo-ARSig, wenn man versucht, mit den Erzählrechten die Story in eine für sich vorteilhafte Richtung zu lenken, wenn man also Story-Rechte verwendet, um im kompetetiven Bereich des Spiels Vorteile zu erlangen.

Wer das macht, hat allerdings nicht begriffen, worum es eben bei den unterschiedlichen Spielstilen eigentlich geht.
Titel: Re: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Falcon am 6.01.2009 | 21:23
So klar unterscheidbar finde ich das alles gar nicht.

storyorientiert heisst für mich so zu spielen, daß eine spannende Geschichte entsteht (nach irgendeinem vorher definiertem Genre).
Sagen wir Genre:Action

In Actionfilmen springen die Helden immer und überall irgendwo herunter oder hindurch (Fensterscheiben, Abgründe). Den Charakter in Ärger bringen ist da schon von vornherein verlangt.

Ins storyorientierte Rollenspiel übertragen:
Ein Spieler kann mit dieser Absprache dasselbe tun, einfach durch irgendeine Glasscheibe springen. Das entspricht den "Spieler absichtlich in die Bedrouille bringen). Der SL wird dann, weil es zur Entwicklung der Actionstory gehört einen Müllwagen unter dem Fenster vorbeifahren lassen (oder sonst was). Die Spieler entwickeln das gemeinsam.

Was passiert im ARS?
eigentlich dasselbe. Die Konsequenz eines Charakters der in einem Actiongenre durch ein Fenster springt ist, irgendwo weich aufzukommen, also wird das auch passieren.
Der Spieler ist sich ja auch der Konsequenz bewusst. Schon bevor er springt.

Eigentlich gibt es keinen Unterschied.

Dasselbe im "Genre" Pseudorealismus, da hat ARS ja Heimvorteil, möchte man meinen:
Da muss der SL im ARS entscheiden wie wahrscheinlich es ist, daß dort etwas steht (z.b. x Zahlen auf einem W20), aber wahrscheinlich würde der Charakter nicht hinunter springen, weil er die Konsequenz kennt.
Der Storyorientierte Spieler würde das auch nicht tun (die Genrekonvention ist Pseudorealismus) und wird sich eine andere Ecke suchen, in der er Pseudorealistisch eine spannende Geschichte provozieren kann, das wäre dann vermutlich irgendeine Sozialkiste (natürlich kann er seinen Char umbringen und runterspringen aber das ist dann vermutlich schon eine Storykonsequenz). Und niemand würde seinen Char springen lassen "um ihn in die Bedrouille für eine spannende Story" zu bringen weil er damit schon gegen die Absprache verstößt (es ist nunmal kein Actiongenre).

Es geht also nur darum: Genrekonventionen zur Erfüllung bringen und die Konsequenzen ausspielen. Eine andere Actionkonvention könnte sein: Es kommen immer soviele Gegner, daß der Kampf knapp wird. Dieselben Konventionen besagen dann z.b. auch, daß durch einen Würfelwurf die Dramatik nicht kaputt gehen kann. 
Wenn man das weiss, kann man damit vorher planen und bezieht die Konsequenzen (die Helden werden wohl überleben) in die weitere Handlung des Spielabends/Der Kampagne seines Charakters mit ein. Das sind andere Gesetze als man es vom üblichen Traveller-Konsequenz-Realismus-Spiel gewohnt ist aber es sind auch Gesetze an die sich jeder zu halten hat, auf Basis dessen man Entscheidungen trifft und die die Konsequenzen der Handlungen knallhart vorlegen.
Das hört sich für mich an wie ARS.

und ich möchte mal behaupten es werden so viele Spielweisen unterschieden, weil die sich in ihren Bevorzugten Genrebiotopen tummeln (EZ z.b. eher im Actiongenre, ARS im gritty oder was weiss ich) und natürlich kaum zu vergleichen sind, sich aber eigentlich genau gleich verhalten.

ich finde es daher VIEL wichtiger zu wissen welches Genre gespielt wird, als zu wissen ob jemand Konsequent spielt, weil das für mich Rollenspiel definiert.
Es erscheint mir viel einfacher, die Spielweisen einfach nach Genrekonventionen zu trennen.

daher halte ich eure storyorientiert-Definition (alle arbeiten gemeinsam an einer spannenden Story) für Nonsens.
Warum fällt es denn so schwer Story zu definieren? Weil das Genre ignoriert wird. Das legt fest, was in die Story kommt und an die Konvention hat sich sowieso jeder zu halten.


 
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Eulenspiegel am 6.01.2009 | 22:04
Ich denke, dass sich auch im gleichen Genre die Spielweisen unterscheiden.
Nehmen wir als Beispiel mal das Horror-Genre.

Die SCs sind in einem Spukhaus und haben die Aufgabe, bis zum Sonnenaufgang dort auszuharren.
ARS:
ZU Beginn holen sich die SCs Ausrüstung, von der sie denken, dass man sie in einem Spukhaus immer gebrauchen kann. (Kameras, Taschenlampen etc.)
SCs überlegen sich: "Am sichersten ist es, wenn wir alle zusammenbleiben und uns nur in einem Raum aufhalten."
Der SL versucht nun, die Spieler aus diesem Raum hinauszulocken und die Gruppe dazu zu bringen, sich zu trennen. (Vielleicht fällt eine Kerze um und das Zimmer fängt Feuer. :))

Die Spieler sind natürlich darauf bedacht, das Geheimnis des Spukhauses zu lösen. Aber primär wollen sie am Leben bleiben.

Story-orientiert:
Zu Beginn halten die SCs die Sache mit dem Spukhaus für Humbug und holen sich das, was man für jede andere Übernachtung auch mitnehmen würde: Pyjama, MP3-Player und ein Buch.
Die SCs hocken am Anfang auch zusammen in einem Zimmer. Da es aber langweilig ist, die ganze Zeit im Zimmer zu hocken, überlegt sich ein Spieler: "Ich muss mal auf Toilette." und trennt sich dadurch kurzfristig von der Gruppe. (Vielleicht ist der SC weiblich und nimmt noch jemanden mit.)

Dann plötzlich fällt der Strom aus. (SL Entscheidung.)
Im ARS würde man wohl sagen: "Ich bin kein Elektriker. Und nachts brauche ich sowieso keinen Strom. Soll sich doch morgen irgendjemand darum kümmern."
Beim story-orientierten Spiel würde ein SC dagegen sagen: "Das ist bestimmt der Sicherungskasten. Ich geh mal in den Keller und schau nach."

Weitere Unterschiede:
Bei ARS hat der SL vorher schon das Geheimnis des Spukhauses festgelegt. Die frage, ob die Spieler das Geheimnis lüften können oder nicht, bleibt offen und hängt von den Aktionen der Spieler ab. Aber der SL kennt das Geheimnis und hat es bereits zu Beginn festgelegt.

Bei Story-orientiert überlegt sich der SL das Geheimnis im Laufe des Spielabends. (Und er lässt sich dabei von den Spielern inspirieren. - Die Spieler sind also dazu aufgerufen, während des ABs auch Vermutungen anzustellen, damit der SL Inspirationen bekommt, aus denen er dann eine Begründung für den Spuk basteln kann.)
Bei sehr großem Player Empowerment können die Spieler auch selber später festlegen, was genau den Spuk verursacht.

Bei ARS handeln die Spieler zielorientiert:
Es gilt zu überleben und es gilt, das Geheimnis zu lüften. Der Spieler lässt den SC also so handeln, dass diese beiden Ziele erreicht werden. (Auf die Idee, dass der Char einen Panikanfall bekommen könnte und entweder Amok läuft oder sich wimmernd in eine Ecke verzieht, käme ein ARS-Spieler wahrscheinlich nicht.)

Bei Story-orientiertem Spiel geht es nicht ums überleben. (Das Geheimnis sollte natürlich aufgedeckt werden. Das gehört einfach zu einer guten Story. - Aber es ist auch klar, dass SCs sterben MÜSSEN. Das gehört einfach zu einem guten Horror-Abenteuer.)
Das Ziel eines Spielers ist es also nicht unbedingt zu überleben. Der Spieler kann auch den Wunsch haben, dass sein SC stirbt und sich darauf vorbereiten, einen ziemlich denkwürdigen Abgang zu haben. (z.B. kann er schon bei der Charaktererschaffung aufgeschrieben haben, dass der Char Waffennarr ist und andauernd eine Waffe dabei hat, mit der er nervös herumspielt. - Das liefert dem SL dann wiederum eine schöne Inspiration, wie der SC sterben könnte.)

Disclaimer: Natürlich muss der Spieler beim story-orientierten Spiel nicht das Ziel haben, seinem SC eine großartige Sterbeszene zu geben. Gerade, wenn man im Actor Stance und nicht im Author Stance handelt (einem Immersion also wichtiger ist als "Regisseur-Einfluss"), kann man durchaus auch als Spieler den Wunsch haben, dass sein SC überlebt. (Was die Identifikation mit dem SC natürlich erhöht.) Aber auch dann ist es nicht wichtig, das Ziel zu erreichen, sondern den Charakter auszuspielen.
Wenn man zum Beispiel einen bekennenden Technikfreak spielt, könnte man versuchen, die anderen alle davon zu überzeugen, dass das alles nur Einbildung und Zufälle sein: Und während alle vor dem Geist abhauen, stellt man sich direkt vor dem geist um zu sagen: "Seht her, das ist nur eine optische Täuschung."
Und falls man einen gläubigen Moslem spielt, könnte man zum Beispiel daran verzweifeln, dass der Kompass verrückt spielt und man nicht weiß, wo Mekka ist. - Und man begibt sich in eine Gefahr, nur um die Himmelsrichtung herauszufinden.
Oder der gläubige Christ ist davon überzeugt, dass Weihwasser helfen würde, oder das die Erscheinung kein Geist, sondern ein Engel sei. (Alles Sachen, die den SL inspirieren und die er dann in die Auflösung mit einbeziehen könnte oder auch nicht.)

Fazit ist:
Wenn ich ein Gruselabenteuer in einem Spukhaus ARSig spiele, kommt etwas vollkommen anderes dabei heraus, als wenn ich es story-orientiert spiele.
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Der Nârr am 6.01.2009 | 22:13
Du (Falcon) siehst keinen Unterschied, weil du nur einen winzigen Teilaspekt betrachtest - du schaust dir nämlich alles unter dem Gesichtspunkt Genrekonvention an. Wenn du auf zwei unterschiedliche Spielstile jeweils dieselben Genrekonvetionen überträgst, ist es nur natürlich, die Folgen dieser Genrekonventionen in beiden Spielstilen wiederzufinden. Ansonsten wäre die Übertragung ja nicht geglückt. Der winzige Ausschnitt, den du da auswählst, wird schon daran deutlich, dass du selbst deine Definition von Story dem unterordnest und in Abhängigkeit von den Genrekonventionen stellst.

Schau dir auch unbedingt mal Vermis Spielbeispiel (http://tanelorn.net/index.php/topic,45208.0.html) im Diary of Sessions an. Ich fand das sehr aufschlussreich und hilfreich. Da wurde das Spiel sogar als charakterzentriert bezeichnet:
Ich würde das ja charakterzentriert nennen.

Bezüglich der Trennung hat Georgios weiter oben vorgeschlagen, dass man Story-Orientierung mit ARS kombinieren kann. Das spricht dafür, dass die Begriffe überhaupt sich auf völlig unterschiedliche Dimensionen / Kategorien beziehen und damit natürlich auch einen Schnittpunkt haben. Spricht aber auch gegen deinen Vorwurf der Unterscheidbarkeit.

In Eulenspiegels Post über mir muss man denke ich beachten, dass die Beispiele idealtypisch sind. (Ich sehe schon vor mir die Einwände, dass man ja auch im ARS "charaktergerecht" agieren darf und sich z.B. Pyjamas mitnimmt oder der Kram bei der Story-Orientierung nur Hartwurst sei usw.) Ich selber würde mir im Beispiel auch immer Gedanken um das Problem im Spukhaus machen und was dahinter steckt und dies im Vorfeld entscheiden, aber während des Spiels noch Korrekturen durchführen ("huch, die Idee der Spieler ist ja viel besser und stimmiger als meine").
Dem Fazit kann ich mich aber anschließen.

Mir stellt sich gerade die Frage, ob man einen Unterschied zwischen Ergebnisoffenheit und Handlungsoffenheit einführen müsste.
Titel: Re: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Beral am 6.01.2009 | 23:03
Die "entweder-oder" Einteilung, die Settembrini hier propagiert, halte ich für zu kurzsichtig.
Auf meine "Spass durch ..." Liste schreibe ich drauf:
- Konsequenzen
- Eine Spielwelt, die auch ohne die SC funktioniert und nicht auf SC wartet
- Dramaturgie

Und das lässt sich alles in einer Rollenspielgruppe vereinbaren. Es muss nicht alles gleichzeitig zu jeder Zeit erfüllt sein, damit ich Spass am Rollenspiel habe. Ich kann aber sogar fördern, dass alles gleichzeitig auftritt, indem ich z.B. eine Spielwelt wähle oder kreire, die von Dramaturgie so sehr durchzogen ist, dass man ihr gar nicht ausweichen kann.

Nein, eine "Ressourcenschlacht" ist kein kooperatives Spiel, sieht man ja auch beim Sport. Fairer Wettbewerb mit gleichen Regeln für alle, aber eben eine konkurrierende Ressourcenschlacht, um einen Sieg, den nur eine Seite erzielen kann.

Im kooperativen Spiel gibt es nur einen Sieg aller oder von niemanden. Daher müssen alle zusammenarbeiten, an einem Strang ziehen und sich gegenseitig die Bälle zu werfen.
Rollenspiel funktioniert anders als Sport. Es gibt die Ebene der Spielsitzung und die Ebene der Spielwelt. In der Spielwelt können sich SC und NSC unerbittlich die Köpfe einschlagen, während sich Spieler und SL höchst kooperativ die Bälle zuspielen, um das Massaker möglichst konfliktreich zu gestalten. Anders herum ist es auch möglich, dass die Spieler sich bekriegen, um Kooperation zwischen den SC zu erzwingen. Und genauso ist es natürlich möglich, dass auf beiden Ebenen kooperiert oder gegeneinander angetreten wird.
Wenn nicht angegeben wird, auf welcher Ebene kooperiert oder konkurriert werden soll, kommt es zu Missverständnissen.
Titel: Re: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Der Nârr am 6.01.2009 | 23:16
- Dramaturgie
Mir ist das schon in einem Post ganz früh in diesem Thread aufgefallen, jetzt schreibe ich doch mal was dazu. Ist die Dramaturgie wirklich so wichtig, auch in Hinblick auf Storyorientierung? Ich stehe vorgegebenen Spannungsbögen sehr kritisch gegenüber und vertrete eher einen dynamischen, organischen Ansatz - die Spieler sollen ein intuitives Gespür dafür entwickeln, was gerade wichtig ist. Es geht doch auch nicht um "Rollenspiel in 5 Akten", sondern um storyorientiertes Spiel. Und Story ist erst einmal eine Abfolge von Ereignissen und noch keine Abfolge von Ereignissen, um eine bestimmte Dramaturgie zu erzeugen. Vielleicht kennt hier jemand das Konzept des "Jo, Ha, Kyu (http://nyokai.com/tips/index.php?n=Tips.JoHaKyu)", ich bin in einem Text von Yoshi Oida zum Theater (nicht Impro) darauf gestoßen, Oida überträgt es auf alles (jede Szene, jeder Akt, jede individuelle Rede, jede einfache Geste, das ganze Leben als Jo-Ha-Kyu; ein Mangel des JHK wird als Widerspruch zwischen dem inneren Rhythmus der Produktion und der Zuschauer wahrgenommen; JHK ermöglicht wahrhaftige Handlung - ja, hört sich ziemlich bescheuert an, aber ist nicht so verkopft wie die Dramaturgie der alten Griechen und imho für einen dynamischen, sich entwickelnden Prozess viel brauchbarer als so ein verkopftes, starres Konzept).

Wie verhält sich nun eigentlich StORS zu Bass Playing? Zwei Seiten einer Medaille? Synonym? Grundlegend verschieden?
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Crimson King am 7.01.2009 | 09:41
Bass Playing sagt garnichts über Story aus. Insofern ist das eine völlig andere Baustelle. Die beiden Aspekte bedingen sich gegenseitig nicht, schließen sich aber auch nicht aus.
Titel: Re: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Ein am 7.01.2009 | 09:46
@Beral
Ich halte Kooperation auf der Spielerebene zwingend notwendig. Denn ich muss ganz klar sagen, wenn man eh nicht zusammenspielen will, warum spielt man dann zusammen? Wenn auf der Spielerebene keine Kooperation statt findet[1], dann spreche ich von disfunktionalem Rollenspiel.

@Hamf
Danke für den Link, jetzt habe ich endlich einen Namen dafür.

Zur Dramaturgie: Ich finde da die Anwendung einer starren Dramaturgielehre auch übertrieben. Schon in nicht dynamischen Medien wird diese Dramaturgie ja schon aus gutem Grund immer wieder ignoriert. Diese dann erst im potentiell sehr dynamischen Rollenspiel anzuwenden erschien mir immer etwas übertrieben. Es sollte irgendwann einen Höhepunkt geben, ein Ziel auf das das Spiel hinläuft, aber ich finde so etwas sollte organisch erwachsen und nicht aufgepresst werden.

1: Ich meine hier richtige Konfrontation, nicht einen kurzen Streit, weil man sich nicht auf ein gemeinsames Vorgehen/Ziel einigen kann.
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Arbo am 7.01.2009 | 10:26
Naja, wenn ich mir die zahlreichen Threads jetzt zu dem Thema anschaue, habe ich ehrlich gesagt so meine Zweifel am Sinn von solchen Etiketten wie ARS.

Dauern diese Kürzel! Tststs ...

Setzt Euch mal hin und überlegt, ob ihr sofort eine knappe Beschreibung von ARS oder story-orientiert geben könnt. Ich vermute, selbst wenn, dann wird hier jeder eine andere geben und dann streitet ihr Euch wieder um Nuancen. Da machen doch solche Begrifflichkeitsstempel richtig Spaß, oder?

Abgesehen davon ... sagt mal, warum dieses ENTWEDER-ODER?

Ist Euch mal in den Sinn gekommen, dass sich verschiedene Stile, Einstellungen usw. auch mal ändern können? Während einer Kampagne oder selbst während einer Runde!

Arbo
Titel: Re: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Boba Fett am 7.01.2009 | 11:09
Abgesehen davon ... sagt mal, warum dieses ENTWEDER-ODER?
Weil es einige Rollenspiel-Arten gibt, die sich nicht miteinander vertragen und die, wenn sie sich unabgesprochen abwechseln durchaus Irritation erzeugen können.

ARS zum Beispiel ist "plausibilitäts-orientiert" (auch wenn das nicht das einzige Merkmal ist), während dessen Storyorientiertes RS "dramaturgisch-orientiert" ist. Letzteres trifft andere Entscheidungen aus anderen Gründen.
Zum Beispiel könnte es storyorientiert sein, dass der Ersbösewicht erst im Finale des Abenteuers im großen ShowDown zu bewältigen ist, während er vorher stets entkommt, bzw. zu gewinnen. Spieler, die mit plausibilitäts-orientierten Sinn herangehen, werden Probleme damit bekommen. Warum ist der Unbesiegbare plötzlich unbesiegtbar? oder: Warum kann der jetzt entkommen?
Das kann böse frustrieren und daher sollte man wissen was man spielt und nicht willkürlich wechseln.
Titel: Re: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: ChristophDolge am 7.01.2009 | 11:16
Zitat
Zum Beispiel könnte es storyorientiert sein, dass der Ersbösewicht erst im Finale des Abenteuers im großen ShowDown zu bewältigen ist

Da sehe ich kein Grund, dass sich das Widersprechen muss. Wenn die Spieler den Erzbösewicht früher überwältigen können, wird der ShowDown halt früher inszeniert. Irgendwie scheinen hier viele davon auszugehen, dass die Dramaturgie in Story-orientiertem Spiel ein starres Gerüst mit vorgefertigter Geschichte ist. Tatsächlich kommt es aber eher auf die Entscheidungen der Spieler und imho auch auf den richtigen Einsatz von Color an.
Titel: Re: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Ein am 7.01.2009 | 11:22
Zitat
Ist Euch mal in den Sinn gekommen, dass sich verschiedene Stile, Einstellungen usw. auch mal ändern können? Während einer Kampagne oder selbst während einer Runde!
Dies wäre nur insofern in Ordnung, wenn die Gruppe als ganzes sagt, so wir bewerten jetzt nicht mehr nach Plausibilität, sondern nach Dramaturgie (Bewertungstechnik). Oder wir spielen jetzt nicht mehr Cops, sondern böse CIA-Killer (Genrekonvention).

Wenn ein solcher Wechsel aber nicht nach dem Konsensprinzip erfolgt, dann macht es das Spiel madig und am Ende hat man disfunktionales Rollenspiel.

@DocMarley
Es macht dann einen wichtigen Unterschied, wenn der Showdown als Ende des Abenteuers und damit der Rollenspielsitzung angesetzt wird. Der Bösewicht wird also ARS-mäßig schon nach einem Drittel abgemurkst, aber der SL und einige der Spieler hätten da noch Input gehabt, den sie gerne zumindest noch teilweise untergebracht gesehen hätten (zB die Motivation des Bösewichts oder den Subplot von Spieler X).
Titel: Re: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Arbo am 7.01.2009 | 11:26
Weil es einige Rollenspiel-Arten gibt, die sich nicht miteinander vertragen und die, wenn sie sich unabgesprochen abwechseln durchaus Irritation erzeugen können.

Naja, da hast Du schon wieder durch ein - unabgesprochen - eingeschränkt. Jedenfalls ist es prinzipiell denkbar, einmal so und dann wieder mal anders spielen. Womöglich liegen just hier auch die Probleme, die mensch hat, wenn er/sie sich einem "Stil" verschreibt.

Mit anderen Worten: Auch der Gegenfall kann frustieren!

Arbo
Titel: Re: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: ChristophDolge am 7.01.2009 | 11:26
@Ein: Ich sehe da kein allzu großes Problem. Mehr kann ich dazu gerade nicht formulieren. ;)
Titel: Re: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Ein am 7.01.2009 | 11:50
@Marley
Ich denke, da liegen einfach unterschiedliche Präferenzen zugrunde.
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Settembrini am 7.01.2009 | 12:40
Ob "storyorientierung" sich mit ARS vereinbaren/realisieren läßt, hängt vom jeweiligen Storyverständnis ab. Punkt.
Titel: Re: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Beral am 7.01.2009 | 12:44
@Beral
Ich halte Kooperation auf der Spielerebene zwingend notwendig. Denn ich muss ganz klar sagen, wenn man eh nicht zusammenspielen will, warum spielt man dann zusammen? Wenn auf der Spielerebene keine Kooperation statt findet[1], dann spreche ich von disfunktionalem Rollenspiel.
Ich halte sie auch für notwendig, aber andere Leute nicht (wenn ich sie richtig verstehe). Und wenn alle in der Gruppe den Konflikt auf Spielerebene wollen, gibt es überhaupt nichts daran auszusetzen.
Den Spielstil, den 1of3 propagiert, verstehe ich als konfliktgeladen auf Spielerebene. Und Skyrock hat in seinem ARS-Manifest ebenfalls die Spielerebene als Konfliktort hervorgehoben. Das ist überhaupt nicht disfunktional, wenn alle in der Gruppe daran interessiert sind.

Auf der anderen Seite ist es disfunktional, wenn du auf Spielerebene kooperieren willst, ich als dein Mitspieler aber mit dir konkurrieren will.

Zur Unterscheidung von Rollenspielstilen:
Wir sollten die Vielfalt im Rollenspiel systematisch aufdröseln. So wie ich das im Moment wahrnehme, gibt es einen großen Pool von Methoden-Bausteinen und Ziel-Bausteinen, die in gewissen Spielstil-Kombinationen zusammengefügt werden. Manche geben ihren Kombinationen dann Namen, wie ARS oder ES und gehen damit an die Öffentlichkeit.
Es mag Bausteine geben, die nicht miteinander kompatibel sind, aber bei der Analyse dieser Inkopatibilitäten beschränken wir uns nicht auf die Bausteine, sondern gleich auf Spielstile. Und damit verallgemeinern wir viel zu sehr und kommen deswegen nicht auf einen grünen Zweig. Das ist ungefähr so, als würden wir argumentieren, dass man Raumfahrttechnologie nicht für Autobau nutzen könne, weil Autos keine Raumschiffe seien.

Dabei zeichnen sich die Konturen der verschiedenen Bausteine mittlerweile gut genug ab, um eine feinere Analyse vorzunehmen. Wenn wir das machen, werden wir z.B. feststellen, dass Vermis Storytelling aus anderen Bausteinen zusammengesetzt war als Fredis und deswegen zu einem anderen Spielerlebnis führte. Deswegen sagt der eine, Storytelling habe gut funktioniert, und der andere, es habe schlecht funktioniert. In Wirklichkeit reden sie über verschiedene Dinge.

Wir müssen uns davon befreien, Rollenspiel in die Spielstile zu pressen. Die Spielstile sind in Wirklichkeit nur Beispiele für eine bestimmte Kombinationsmöglichkeit von Rollenspiel-Bausteinen. Das sind keine Patentrezepte. Was passiert, wenn man Beispiele mit Funktionskategorien verwechselt, kennen wir von GNS.
Suchen wir lieber die Funktionseinheiten, statt sinnlose Diskussionen darüber zu führen, wie wir die große Vielfalt der Rollenspielwirklichkeit am verträglichsten in die Beispiele A,B, C und D reinpressen. 
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Maarzan am 7.01.2009 | 13:06
Zunächst einmal scheinen doch deutlich unterschiedliche Definitionen von Storyspiel umher zu kriesen, denn eine Menge Aussagen (und auch Beispiele) wären kein oder zumindest kein "richtiges" Storyspiel, wenn ich die Erfahrungen und Aussagen von Leuten heranziehe, die ich zu meiner Orientierung über Story heranzeihe, weil diese sich selbst als Storyteller bezeichnen oder im Verweis auf "bessere" Story Dinge geändert haben wollten.

Und wenn ich mir die Verbreitung von den beteiligten Systemen ansehe, kommt es mir trotz der anderen Quotenlage hier im Forum so, als ob diese die Mehrheit stellen würden.


Bezüglich Genre.

Wenn Genre die große Kenngröße ist, warum wird sich nicht viel mehr der Beschreibung und damit Greifbarmachung dieses Themas gewidmet um Storyspiele zu fördern? Statt dessen werden Regeln geaxt und anstelle dessen eigentlich nur der Hinweis gegeben, machs wie dein Geschmack dir vorgibt.

Andererseits, wie kann man von Storytellerseite erwarten Genrekonventionen einzuhalten, wenn sie es vorher bei den klassischen Spielen mit Regeln schon nicht geschafft haben, sich an deutlich klarere Vorgaben zu halten, die effektiv dann ja auch Genre gebildet haben, z.B. was Kausalitäten oder Lethalität der Spielwelt angeht?

Edit:
Verschwinden hier im Threat teilweise Beiträge? Ich hatte den Eindruck, hier stand heute Morgen noch mehr drin.

Titel: Re: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Ein am 7.01.2009 | 13:13
Zitat
Den Spielstil, den 1of3 propagiert, verstehe ich als konfliktgeladen auf Spielerebene.
Ich sehe ihn als kooperativ an, nur das dabei die Methode zum Erreichen des Ziels andere sind, als bei weicheren Spielstilen. Was sich unterscheidet ist die Art wie man zusammenspielt, aber nicht dass man zusammenspielt.

Weicher Spielstil: Alle spielen zusammen und bauen aufeinander auf

Harter Spielstil: Alle spielen zusammen und konkurrieren gegeneinander unter fairen Regeln (freundschaftliche Konkurrenz)

Nicht kooperativ: Man spielt aneinander vorbei, Vorlagen werden einfach nicht angenommen oder sabotiert, in dem "der Ball ins Aus geschossen wird"
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Beral am 7.01.2009 | 13:41
Deine Einteilung finde ich nicht intuitiv.
Du setzt Kooperation und Einhaltung an Regeln gleich. Für mich sind das verschiedene Dinge. Man kann unter Einhaltung der Regeln miteinander kooperieren oder konkurrieren. Man kann auch unter Missachtung der Regeln miteinander kooperieren oder konkurrieren.
Titel: Re: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Der Nârr am 7.01.2009 | 14:16
Wir müssen uns davon befreien, Rollenspiel in die Spielstile zu pressen. Die Spielstile sind in Wirklichkeit nur Beispiele für eine bestimmte Kombinationsmöglichkeit von Rollenspiel-Bausteinen. Das sind keine Patentrezepte.
Einsetis stimme ich dir zu, anderseits möchte ich dir widersprechen.

Erst einmal sehe ich es nicht so, dass es darum geht, etwas in Spielstile zu pressen. Ich stimme darin zu, dass dies Beispiele sind. Aber: Es sind doch keine x-beliebigen Beispiele. Es geht darum, stimmige, eingängige Konzepte zu liefern, an denen man sich orientieren kann und die einem helfen, das eigene Spiel zu beschreiben oder zu strukturieren. Für mich sind das auf jeden Fall Konstruktionen, ob so etwas überhaupt irgendwo am Spieltisch stattfindet, ist erst einmal zweitrangig.
Spielstile finde ich auch sehr nützlich, um davon ausgehend dann Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschieden nachzuspüren, da diese in idealtypischen Konstruktionen doch besonders sichtbar werden.
Titel: Re: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: ChristophDolge am 7.01.2009 | 14:18
Ob "storyorientierung" sich mit ARS vereinbaren/realisieren läßt, hängt vom jeweiligen Storyverständnis ab. Punkt.

Ich würde eher sagen: Wie flexibel man in seinen Vorstellungen von gutem ARS und gutem Storyspiel ist.
Titel: Re: Was bedeutet "storyorientiert" spielen?
Beitrag von: Arbo am 7.01.2009 | 18:34
Ich denke, Beral und Maarzan haben da ein paar Punkte angesprochen, die u.a. auch mir bei solchen Diskussionen etwas flau im Magen liegen.

Was Spiel- und Rollenstile angeht: Hier zeigt sich m.E. am Besten, weshalb mensch nicht zwangsläufig von einer über die Zeit hinweg "homogenen" Spielart ausgehen sollte.[a]

Vielleicht ganz beispielhaft ... es gibt eine Gruppe an Charakteren, die sich die SpielerInnen zusammengebaut haben, die viel Liebe und bestimmte Vorstellungen in einen Charakter haben einfließen lassen. Jetzt rennen sie gleich am Anfang gegen das DSA-typische Kleinvieh an, wobei mindesten ein Charakter "realistisch gesehen" drauf gehen würde. Wenn ich als SL da alle Augen zudrücke, mag das "schummeln" sein, aber "story-lastig" ist es auch nicht, weil die Situation vielleicht nicht "story-relevant" war und ganz, ganz andere Gründe dafür vorliegen können, die Chars nicht über die Klinge springen zu lassen. Da braucht mensch nur mal ein wenig die eigene Denkmasse zwischen den Ohren zu bemühen: z.B. bringt es womöglich Frust, der der gesamten Gruppe am Abend schadet, oder es unterbricht das Spiel, was auf's Gleiche rausläuft.

Ähnlich vielleicht eine Chargruppe, die bisher ganz "realistisch" spielt und beim Showdown ein Char etwas wirklich Gewagtes ausprobiert ... dabei aber Gefahr läuft, ganz möderisch auf die Schnauze zu fliegen. Wenn ich mir dann als SL sage, "Hauptsache, der Char patzt nicht ..." und das dann in eine heroische Tat mündet, ist's doch auch O.K. - zumal ja noch nicht gesagt ist, ob die Aktion, so wie sie geplant war, dann auch "gelingt" (der Bitterbösberzel mag dann immer noch entkommen).

Wie gesagt, da möchte ich mich nicht von irgend einem dahergelaufenen RS-Hoschie in so eine ARS-Kiste packen, noch in ein Story-Kleid kleiden lassen. Erst Recht, wenn "Story" erst mal "geklärt" werden muss. Da zeigt sich m.E., was für großer Blödsinn dieser Kram ist ... der i.G. hauptsächlich dazu verleitet, Gräben aufzureißen, über die hinweg mensch sich gegenseitig Schandmunition die Fresse bombt.

RS ist halt etwas ziemlich Wandelbares, das sich nicht in eine Kategorie für immer und ewig festmeiseln lässt. Ich wage auch zu behaupten, dass ein "homogener Spielstil" - falls es ihn überhaupt geben sollte - auf Dauer sicher eines wird, nämlich langweilig.

Arbo

[a] Ganz allgemeinen aber in einem ähnlichen Zusammenhang, siehe hier (http://www.sven-lotz.de/kombinat/article.php?id_article=32) und hier (http://www.sven-lotz.de/kombinat/article.php?id_article=31).