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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Allgemein => Thema gestartet von: Feuersänger am 25.02.2012 | 16:27

Titel: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 25.02.2012 | 16:27
Ich habe beim Durchblättern von diversen alten Threads einen sehr lehrreichen Link ausgegraben:

Preisgefüge im England des 15. Jh. (http://www.amurgsval.org/feng-shui/prices.html)

Hier haben wir eine sehr umfassende Preisliste von A wie Acid bis W wie Worsted (Kammgarn) -- Zucchini gab es wohl nicht.
Auch finden wir ein paar Angaben zur Bezahlung von Lohnarbeitern. Die Ära passt sehr gut zum Technologiestand der meisten Fantasy-Settings (es gibt sowohl Ketten- als auch Plattenrüstung etc).
Das letzte Drittel der Seite stellt noch alle möglichen anderen Preise aus verschiedenen Jahrhunderten zusammen, da kann man erstmal sehen, wie sehr sich die Preise über die Zeit veränderte. Daraus lernen wir vor allem, dass man Preisangaben immer nur synchron (d.h. zu einem bestimmten Zeitpunkt) vergleichen kann. Ich würde mich also soweit möglich nur an die erste, längste Liste halten.

Dort sind die Preise alle in d. angegeben, was für Denar steht und Penny bedeutet = 1/240 Pfund Silber, also knapp 2 Gramm (allerdings weiß ich nicht, ob zu der Zeit die Währung wirklich noch aus reinem Silber bestand, oder schon fleißig gestreckt war. Ist auch völlig unwichtig, es kommt ja nur aufs Verhältnis an).
Um hier mal ein paar Relationen herauszufischen:
Lohn eines Landarbeiters: 4d/Tag
Lohn eines Bauarbeiters: 5-6d/Tag
Brot: 0,25-0,5d/Pfund
Hemd, leinen: 43d
Breitschwert: 150d
Panzerhemd: 900d

Eine komplette Ritterrüstung könnte man sich aus den gelisteten Einzelkomponenten zusammenstöpseln, dazu bin ich gerade zu faul; außerdem finden wir aus dem Jahr 1374 noch die Angabe mit 16 Pfund Ungerade -> knapp 4000d.

Und das kann man jetzt mal mit den Preislisten diverser Fantasy-Rollenspiele vergleichen. Beispielsweise D&D. Streng genommen wiegt ja die D&D-Münze 10 Gramm, entspräche also 5d. Das würde zwar mit dem Lohn für einen einfachen Arbeiter zusammenpassen (1S/tag), aber dann sind alle Preise maßlos überteuert, vor allem Waffen und Rüstungen. Ein Kettenpanzer etwa kostet in D&D 1500S, während er nach dieser Umrechnung nur 180S bzw. 18GM wert wäre, und die komplette Ritterrüstung 80GM statt 1500GM. Da darf man sich wohl getrost über den Tisch gezogen fühlen! ;)

Daraus könnten wir jetzt aber noch errechnen, wieviel ein Sarwürker wohl verdient haben mag. Roheisen war extrem billig, nur 1/20d pro Pfund, das ist nur 1/40 des Preises von Kupfer. Nehmen wir für gezogenen Eisendraht ruhig 1d/Pfund an, dennoch bleibt der Materialwert quasi vernachlässigbar.
Ein komplettes langes Panzerhemd wog ca. 30 Pfund und kostete wie gesagt 900d. Wenn wir annehmen, dass ein Sarwürker an einem Panzer drei Monate beschäftigt war (ca. 75 Arbeitstage), läuft das also auf knapp 12d/Tag hinaus. Gerade mal das doppelte eines Maurers. Wenn er schneller arbeitete, war es natürlich netto mehr, aber da ist die Frage, wie realistisch das ist: bereits nach dieser Rechnung bleiben ihm bei einem 10-Stunden-Tag nur 2 Minuten pro Ring/Niete. Das halte ich schon für ziemlich flott.

(Und damit hier keine Mißverständnisse aufkommen: bei einem echten Panzerhemd sind die ca. 30.000 Ringe einzeln vernietet oder verschweißt, also nicht etwa wie bei den 100-Euro-Kettenhemdimitaten mit Aufziehautomatik aus indischer Kinderarbeit, in denen die Larper von heute gerne herumlaufen.)

Witzigerweise würde die Übernahme einer solchen authentischen Preisliste den Impakt von Magie auf das Wirtschaftssystem eher _senken_. Wir hatten den Gedanken kürzlich in einem anderen Thread: nach D&D-Regeln bräuchte ein Meisterschmied für eine komplette Ritterrüstung ca. 5 Monate, da die Fertigungszeit sich stur nach dem Preis richtet. Ein Magier der gleichen Stufe hingegen stellt die gleiche Rüstung in einer Minute her, zack, 1500GP Profit. Würde die Rüstung nur die angemessenen 80GM kosten, wäre das Geschäft für Magier deutlich unattraktiver -> Magier halten sich aus dem Handwerk heraus.

Den Vergleich mit den Preislisten anderer Fantasysysteme überlasse ich erstmal euch. ^^

Damit wäre doch schonmal ein Anfang gemacht. =)

Edit: der Einfachkeit halber wäre ich im Falle von D&D dafür, einfach 1d = 1SM zu setzen, dann entfällt das lästige 5:1-Umrechnen jedes einzelnen Posten auf der Liste. Bleibt man weiterhin bei Gold/Silber 10:1, kostet halt die Ritterrüstung 400GM, während der einfache Arbeiter 5S/Tag verdient.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Quaint am 25.02.2012 | 17:57
Das ist ja in der Tat ein klasse Link.

Ne wichtige Grundannahme wäre für ein generisches System eben der "Basislohn" eines Landarbeiters oder ähnlich und dann wieviel Vielfache davon eben was kostet.

Grundsätzlich muss so ein Arbeiter jedenfalls in der Lage sein sich selbst und möglicherweise einige Angehörige zu versorgen und muss dann noch bissle was über haben, um Investieren zu können.

Bei der gegebenen historischen Preisliste denke ich, dass es möglich ist, eine Person von etwa 1d pro Tag zu Ernähren. Da schon ein Landarbeiter etwa 4d verdient, kann er also noch sonst ein bissle was machen. Das entspricht recht gut dem, was ich auch schon für Pathfinder gefordert habe.

Die Verhältnisse der Löhne sind auch interessant.

Maurer / Bauarbeiter mit 5-6d (also 1,5 Grundsatz)
schwerer Fußsoldat mit 12d
Panzerreiter mit 24+d
Handwerksmeister (Sarwürker, von Feuersänger ausgerechnet) etwa 12d
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 25.02.2012 | 18:48
Wobei mir eben der Wert für den Handwerksmeister sehr niedrig vorkommt. Da hätte ich schon deutlich mehr erwartet. Nichtsdestotrotz sehe ich gerade, dass der Lohn eines Rüstungsmachers im Jahr 1544 (also 100 Jahre nach der Hauptliste) mit umgerechnet 288d/Monat angegeben wird, das sind ziemlich genau 12d/Tag. Der "Chief Armorer" erhält nur 10% mehr. Interessant. Ich hätte eigentlich erwartet, dass der Chef den Angestellten nur ~8d/Tag bezahlt und die Differenz selber einstreicht. Womöglich war man vor 500 Jahren tatsächlich anständiger als heute.

Von 4d Mindestlohn pro Arbeitstag kann man freilich seine Familie auf dem Niveau des Existenzminimums ernähren: jeder 1-2 Pfund (billiges) Brot pro Tag mit wenig dabei; einmal in zwei Jahren neue Klamotten -- viel mehr ist da sicher nicht drin. Gut, in idealistischen Fantasysettings kann man es etwas großzügiger auslegen, aber große Sprünge können sie keine machen.
Umgekehrt können die Leute ja vielleicht selber ihre Ernährung durch einen eigenen Gemüsegarten etwas aufbessern.

Übrigens sind der Preisliste auch nachweislich einige "Glitches" dabei, die so garantiert nicht korrekt sind. Unter "Eier" steht da z.B. 2d pro Unze. Das wären also 3-4d pro Hühnerei, das kann nicht sein. Weiter unten steht 5d pro Hundert (!), das ist wiederum viel zu billig.

Weters steht dort (weiter unten) auch Getreide in "Quarter" gemessen, womit eigentlich ein Viertelzentner gemeint sein dürfte, also 25 Pfund. Das passt aber auch nicht zusammen, weil dann 1 Pfund Weizen mit knapp 3d viel teurer wäre als das Mehl oder Brot, das man daraus macht. Da stimmt also auch was nicht.

Aber das sind alles kleinere Macken, im Großen und Ganzen scheint mir die Liste sehr gut zu sein.

Und wie gesagt, bei den unteren Listen, wo auch die meisten Lohn/Soldraten stehen, immer auf die unterschiedlichen Jahrhunderte achten. Da steht z.B. beim Fußsoldaten für 1346 6d/Tag, 250 Jahre später 8d/Tag, wo du die 12d herhast weiß ich nicht.

Davon abgesehen, haben wir natürlich noch die Landbevölkerung, die weitgehend Selbstversorger sein dürfte, und - wie du schon im anderen Thread sagtest - auch ihre Abgaben in Naturalien bzw. Arbeitskraft entrichtet. Da werden dann wohl auch entsprechend rechnerisch je 4d Abgaben mit 1 Tag Arbeit abgegolten.

Das erinnert mich wieder an die "Dominion Rules" von AD&D. Da wurden auch die Steuern so berechnet, dass jede Familie pro Monat 10GP in Naturalien/Arbeitskraft und 1GP in harter Münze entrichtet.

In etwas fortschrittlicheren Gesellschaften könnte sich bereits die Erkenntnis durchgesetzt haben, dass "Lohnarbeit billiger ist als Fronarbeit". Die Landbevölkerung ist dort nicht unfrei, und muss ihre Steuern in Geld entrichten, mit dem dann für die anfallenden Arbeiten effektivere Facharbeiter angeheuert werden. In der Folge wäre durch die höhere Spezialisierung und Arbeitsteilung die Produktivität erhöht. Andererseits ist auch vielleicht gerade der Einsatz von Bauern für z.B. Straßenbau gar nicht dumm, wenn man die Arbeitseinsätze auf Jahreszeiten verlegen kann, in denen die Bauern sonst nicht viel zu tun haben.

Edit:
Achja, ganz unten haben wir ja eine Aufstellung, an der man die Inflation gut nachvollziehen kann: da bekam ein Dachdecker im späten 13. Jh. ca. 2,5d/Tag, im frühen 16. Jh. dagegen über 5d/Tag. Sein Gehilfe allerdings immer etwa 1,5d weniger.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Quaint am 25.02.2012 | 23:52
Die 12d habe ich von dem Eintrag man-at-arms, der mit 1 shilling = 12 pence angegeben ist und der ja meinem Wissen nach sowas wie ein schwerer Fußsoldat sein dürfte.

Die Frage, was ein Quarter ist, habe ich mir auch schon gestellt. Ich dachte daran, es könnte evtl. ne Vierteltonne sein bzw. ein Viertel von einer dieser krummen, nicht-metrischen, historischen Tonnen-Einheiten.

Da hätte man dann also 68d pro 500 Pfund oder etwa 0,14d pro Pfund Weizen. Das verträgt sich ganz brauchbar mit den 0,5d für einen Leib Brot.


Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 26.02.2012 | 00:49
Achja, da. Hmh, da hat die englische Wikipedia einen Artikel drüber. Scheint ein etwas komplizierteres Thema zu sein, manche waren Ritter und andere wieder nicht, usw. Auf jeden Fall haben die ihre Ausrüstung wohl selbst gekauft, was sie von den normalen Soldaten unterschieden hat.

Zum Quarter; wenn's eine Quarter Ton war, müsste das schon ein ziemlicher Mengenrabatt sein. Eigentlich ja auch komisch, weil doch Getreide traditionell in Scheffeln gemessen wird (engl. bushel).
..ah da haben wir's vielleicht; hab grad eine andere Quelle gefunden, wo erklärt wird: ein quarter sind 8 bushels, nämlich ein Viertel chaldron ("Kessel"). Das bushel zu ca. 36 Liter, also ein quarter 288 Liter. Ich weiß nun nicht, was die Dichte von Getreide ist, aber es wird wohl nicht wesentlich unter oder über 1 sein. Also demnach kommt das mit der Vierteltonne wohl ungefähr hin.

Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Maarzan am 26.02.2012 | 07:53
Schüttdichten:
Hafer 0,5 ;  Kartoffeln 0,7 ;Roggen 0,7 ; Weizen 0,8  alle in [kg/dm³]

Könnten die Löhne für den Handwerksmeister abhängige Löhne sein, also nicht der selbstständige Unternehmer, sondern bei einem etablierteren Meister oder einem größeren Adligen Beschäftigte?

Board Enterprises hat wo ich mich gerade erinnere so etwas schon einmal versucht und ganz gute Kritiken dafür bekommen.
Hier eine Review:
http://spiritsofeden.com/2010/01/03/review-grain-into-gold/ (http://spiritsofeden.com/2010/01/03/review-grain-into-gold/)
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 26.02.2012 | 11:03
Ah prima, danke für die Schüttdichten. Also beziehen sich die Preise wohl auf 230kg Weizen bzw. 200kg Roggen.
Roggen war übrigens einfach aufgrund des Geschmacks und der Farbe weniger beliebt und deswegen billiger. Das ging so weit, dass nach der normannischen Eroberung Englands die neu eingesetzten Adligen möglichst nur Lehen im Süden haben wollten, weil in Nordengland kein Weizen wuchs und sie keinen Bock auf Roggenbrot hatten. =D

Und ja, ich könnte mir gut vorstellen, dass eine Rüstungsmanufaktur im 16. Jahrhundert z.B. dem örtlichen Herrscher gehört hat, denn der dürfte ja auch den meisten Bedarf gehabt haben. Das wird wohl so gewesen sein.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Christoph am 26.02.2012 | 11:51
Ah prima, danke für die Schüttdichten. Also beziehen sich die Preise wohl auf 230kg Weizen bzw. 200kg Roggen.
Roggen war übrigens einfach aufgrund des Geschmacks und der Farbe weniger beliebt und deswegen billiger. Das ging so weit, dass nach der normannischen Eroberung Englands die neu eingesetzten Adligen möglichst nur Lehen im Süden haben wollten, weil in Nordengland kein Weizen wuchs und sie keinen Bock auf Roggenbrot hatten. =D

Und ja, ich könnte mir gut vorstellen, dass eine Rüstungsmanufaktur im 16. Jahrhundert z.B. dem örtlichen Herrscher gehört hat, denn der dürfte ja auch den meisten Bedarf gehabt haben. Das wird wohl so gewesen sein.

Etwas doppelgemoppelt, aber:

Roggen verträgt auch schlechtere Böden, d.h. wo Weizen nicht anzubauen war, konnte man auf Roggen ausweichen, das dürfte ebenfalls ein Preisgrund gewesen sein, da das zu einem "Überangebot" von Roggen führt (in einigen Regionen) und Weizen quasi Importware wird.

Achso zur Schüttdichte diese Tabelle, sehr ausführlich:
http://www.bv-net.de/deutsch/080_service/08600_schuettguttabelle.htm
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Beral am 26.02.2012 | 14:59
Können wir von diesen Daten ausgehend eine Wirtschaftssimulation des Mittelalters basteln?
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 26.02.2012 | 16:05
Waaaaagh!
Gerade einen langen Beitrag zum Thema Ertrag geschrieben, und kurz bevor ich fertig war, crasht der Browser -.-

Naja, egal, keine Lust das alles nochmal zu tippen.
In Stichpunkten:
- eine Bauernfamilie kann qua Definition eine Hufe bewirtschaften, welche etwa 30 Morgen umfasst. Die Größe eines Morgens schwankte enorm zwischen 2000 und 12000m².
- Der Ertrag dieser Hufe muss ausreichen für Selbstversorgung, Abgaben und die nächste Aussaat.
- der Ertrag betrug vor Einführung moderner Produktionsmethoden wie der Sämaschine etc. nur ca. das 2,5-3fache der Aussaat; es musste also mehr als ein Drittel jeder Ernte für die nächste Aussaat zurückbehalten werden.
- der Nettoertrag belief sich auf 2,4 bis 4 Doppelzentner pro Hektar.

Das "Lower Limit" mit schwer zu bearbeitenden, ertragarmen Böden muss immer noch ausgereicht haben, um wenigstens die Bauern zu ernähren und ein wenig Überschuss als Abgaben zu erwirtschaften, also die nominellen 4SP/Tag abzuwerfen. Bei besseren Böden konnte demnach das "BSP" auf ca. 6SP/Tag ansteigen.
Soweit ich das überblicken kann, passt das mit den Getreidepreisen von 17-34SP pro Doppelzentner Roggen bzw. Weizen zusammen.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Christoph am 26.02.2012 | 18:45
Bödenqualität = Steuer. Daher ist der arme Bauer mit weitaus weniger Ertrag immernoch im Rennen.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 26.02.2012 | 19:44
Ja schon, aber ich frage mich trotzdem... mal durchrechnen:

Unteres Limit: ein Morgen zu 2000m² (das gab es) -> 1 Hufe = 6Ha -> Ertrag netto (abzüglich Saatgut) ca 12dz.

Wieviel davon wurde für den Eigenbedarf benötigt?
Wenn wir von einer fünfköpfigen Familie ausgehen und im Schnitt jedem 2000kcal Tagesbedarf zuteilen (was für diese Arbeit eher wenig ist), gehen also 10.000kcal ~ 3kg Schrot oder Mehl pro Tag weg; macht übers Jahr... ziemlich genau 12dz.

Allerdings ist das jetzt nur der Ertrag der 30 Morgen Land bei einer Ernte pro Jahr. Nachmittags konnten sie ja auch noch arbeiten. ;) Allerdings sind die Nachmittage zur Feldarbeit schlecht geeignet, wegen der Wärme bekommt man da nur halb soviel geschafft wie vormittags. Möglich wäre aber auch Viehzucht, Milchwirtschaft etc.

Also grob: die Vormittage zur Selbsterhaltung, die Nachmittage zur Erwirtschaftung von Überschüssen.

Natürlich war das Arbeitsaufkommen übers Jahr stark variabel. Im Frühjahr musste man pflügen und im Spätsommer ernten, das war eine Menge Arbeit, aber dazwischen war auch mal ne Weile Luft.

Was mich daran erinnert: mit Einführung der Dreifelderwirtschaft wurde das nochmal etwas weiter entzerrt, und die Flächen konnten nachhaltiger und ertragreicher bewirtschaftet werden und man hatte zwei Ernten pro Jahr. Und wenn mich nicht alles täuscht, konnte eine Familie sich auf die Weise um drei Hufen kümmern: eine fürs Sommergetreide, eine fürs Wintergetreide, und eine als Grün- oder Schwarzbrache.

Man hatte natürlich auf der anderen Seite ständig mit Rückschlägen zu rechnen, wie Ernteausfälle durch zu starke oder zu schwache Niederschläge usw... das war schon alles kein Spaß.

Ist aber interessant: wir sehen hier, wie man sogar schlechten Böden eine Existenz abtrotzen kann. Umso interessanter werden natürlich dann die Erträge auf sehr fruchtbaren Böden, wenn eine Familie die drei- oder fünffache Fläche bearbeiten kann. Dann lohnt sich das für den Nutznießer der Arbeit, also den Grundherrn, erst so richtig.
Wenn die Obergrenze zwei Ernten à 30 Hektar mit 4dz/ha Nettoertrag darstellt... abzüglich 12dz für den Eigenbedarf kann der Bauer so einen Überschuss von über 100dz erwirtschaften. Und das alles bei nur dreifachem Ertrag (zum Vergleich, heutzutage kommt ein deutscher Bauer auf 80dz/ha, also etwa achtzigfacher Ertrag).

Wohlgemerkt waren die Erträge halt hier in Mitteleuropa so beschissen. Im orientalischen Bewässerungsfeldbau, wie etwa in Ägypten oder Mesopotamien, haben sie schon vor >4000 Jahren locker 20fachen Ertrag erzielt, womöglich sogar mehr.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Praion am 26.02.2012 | 19:57
Was soll da nun am Ende bei rumkommen? Eine möglichst reale Kopie der historischen Verhältnisse die dann 1:1 auf ein Fantasy Setting übertragen werden kann?
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 26.02.2012 | 20:53
Das muss nicht sein, aber zumindest ein _konsistentes_ System, welches andererseits durchaus einfacher sein darf als die Realität und gerne etwas idealisiert. Aber um das aufstellen zu können, hilft es schon immens, wenn man sich erstmal die Verhältnisse anno dazumal ansieht.

Worauf es uns - ich denke mal, ich kann hier auch für Quaint und Co mit sprechen - ankommt, ist dass die Werte zueinander passen. Also z.B., dass ein Tagelöhner nicht Hungers sterben muss, weil er nur halb so viel Geld bekommt wie er zum nackten Überleben brauchen würde. Oder umgekehrt, dass das Getreide und die Erzeugnisse daraus nicht zu geringeren Preisen auf den Markt kommen, als ihre Produktion gekostet haben muss.
Und analog dazu eben auch, was die anderen Wirtschaftszweige angeht. Dass Kleidung nicht so teuer ist, dass die einfachen Arbeiter nackt rumlaufen müssten. Oder so billig, dass Weber und Schneider draufzahlen müssten. Oder auch wieder direkt abenteurerrelevant: was ein Schwert oder eine Rüstung kosten muss und darf, zum Beispiel.

Interessant ist dabei eben u.a. auch, wenn man eine Aufbau- bzw. Dominionkampagne spielen will. Da ist es absolut relevant zu wissen, wieviel ein Mensch produzieren kann, was er an Steuern und Abgaben leisten kann, wieviele Bauern man zur Nahrungsproduktion auf der und der Fläche braucht, und so weiter.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Dark_Tigger am 26.02.2012 | 21:11
Was mich daran erinnert: mit Einführung der Dreifelderwirtschaft wurde das nochmal etwas weiter entzerrt, und die Flächen konnten nachhaltiger und ertragreicher bewirtschaftet werden und man hatte zwei Ernten pro Jahr. Und wenn mich nicht alles täuscht, konnte eine Familie sich auf die Weise um drei Hufen kümmern: eine fürs Sommergetreide, eine fürs Wintergetreide, und eine als Grün- oder Schwarzbrache.

Ich bin mir nicht sicher, aber ich meine gelesen zu haben das nicht eine Familie 3 Hufen bekam sondern, die Hufe einer Familie gedrittelt wurde. Vll wurden die Hufen aber auch vergrößert, in der Zeit als sich die 3 Felder Wirtschafft durchsetzte.
Ich begeb mich mal auf Quellensuche.


Ist aber interessant: wir sehen hier, wie man sogar schlechten Böden eine Existenz abtrotzen kann. Umso interessanter werden natürlich dann die Erträge auf sehr fruchtbaren Böden, wenn eine Familie die drei- oder fünffache Fläche bearbeiten kann. Dann lohnt sich das für den Nutznießer der Arbeit, also den Grundherrn, erst so richtig.
Wenn die Obergrenze zwei Ernten à 30 Hektar mit 4dz/ha Nettoertrag darstellt... abzüglich 12dz für den Eigenbedarf kann der Bauer so einen Überschuss von über 100dz erwirtschaften. Und das alles bei nur dreifachem Ertrag (zum Vergleich, heutzutage kommt ein deutscher Bauer auf 80dz/ha, also etwa achtzigfacher Ertrag).

Das muss sich für den Grundbesitzer nicht umbedingt lohnen. Mit steigenden Erträgen geht auch raz faz der (Lokale)Preis in den Keller. Vor allem wenn man bedenkt das man damals Nahrungsmittel nicht weit transportieren konnte. Es sei denn es wurden schon damals auf ertragreicheren Böden Cash-Corps angebaut.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Christoph am 26.02.2012 | 21:18
Ackerbau war streng regelmentiert, d.h. du durftest nur anbauen was alle anderen angebaut haben - alles andere bedurfte einer Genehmigung, da die Äcker häufig keinen eigenen Zugang hatten und darum erst umliegende Äcker abgeerntet werden mussten.

Finde dummerweise die Quelle dazu gerade nicht  >:(

Edith: Doch, http://de.wikipedia.org/wiki/Flurzwang
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 26.02.2012 | 21:37
Ich weiß nicht, ob eine Familie irgendann mehrere Hufen hatte, aber es wäre rechnerisch möglich, es so zu handhaben.

Ja richtig, Flurzwang, und der ging dann auch z.T. daher mit einer zelgengebundenen Wirtschaft, sowas wie die Kolchose des Hochmittelalters. Alle Hufen eines Dorfes wurden zusammengelegt und in drei große Felder aufgeteilt, von allen gemeinsam bewirtschaftet, und der Ertrag entsprechend aufgeteilt.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Dark_Tigger am 26.02.2012 | 21:44
Ackerbau war streng regelmentiert, d.h. du durftest nur anbauen was alle anderen angebaut haben - alles andere bedurfte einer Genehmigung, da die Äcker häufig keinen eigenen Zugang hatten und darum erst umliegende Äcker abgeerntet werden mussten.

Ich vergesse immerwieder den mittelalterlichen Hang zur Kapitalismusfeindlichkeit.  ;D In den Gilden der Städte war es ja ähnlich geregelt das jeder nur eine gewisse Menge auf eine gewisse Art, mit einer gewissen Menge Arbeiter produzieren musste.

Alle Hufen eines Dorfes wurden zusammengelegt und in drei große Felder aufgeteilt, von allen gemeinsam bewirtschaftet, und der Ertrag entsprechend aufgeteilt.
Ich glaube das war dieser Wissenfetzten der da in meinem Kopf rumsprang.(Finde auch meine Quelle nicht mehr) Jede Familie bekam eine Hufe auf der gesammt Fläche des Dorfes die in diesem Jahr bearbeitet wurde.
Das würde dann ja tatsächlich für 3 Hufen pro Familie insgesammt sprechen.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Maarzan am 26.02.2012 | 21:48
In der Form war das Land in diverse Felder eingeteilt. Da diese unterschiedliche Qualität hatten und ggf auch unterschiedliche Frucht trugen, hatte jeder Beteiligte Anteile an mehreren Feldern, auch um das Risiko zu streuen und einen gewissen Ausgleich zu schaffen.

Das war aber auch eine zwar verbreitete aber nicht überall gepflegte Sitte.

Je nach kulturellem Hintergrund muss ja nicht alles was Sitte war auch in die generelle Wirtschaftsbeschreibung einfließen.

Gerade in den typischen Grenzlandsituationen der meisten Aufbauspiele ist Platz genug und die Strukturen neu, so dass es da etwas lockerer zugehen durfte.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Christoph am 26.02.2012 | 22:00
Ja, Ausnahmen bestätigen nunmal die Regel. Die Regel war Flurzwang, das Grenzland die Ausnahme :)

Flurzwang musste nicht nur nachteilig sein. Wenn die Fruchtfolge klug gewählt war, dann waren die Erträge erheblich besser und alle hatten was davon, das Gegenteil konnte natürlich auch eintreten.

Interessant ist außerdem der Zusammenhang von Ertrag und Stadtgrösse. Beides hängt zusammen, da Transportwege eben begrenzt waren und so eine Stadt relativ schnell am Größenlimit war weil die Felder schnell außerhalb der Reichweite von Karren waren. Das kann man durch Gehöfte außerhalb der Stadt natürlich etwas ausdehnen, dafür gibts um die Stadt dann einen "Ring" Gehöfte und später irgendwann die nächste Stadt usw...
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 26.02.2012 | 22:54
Was vielleicht einen kleinen Exkurs zum Thema Bevölkerungsdichte rechtfertigt -- ist ja für ein Dominion-Spiel auch nicht uninteressant. Diese war ja unter anderem eben vom Nahrungsmittelangebot begrenzt; mal besondere Ereignisse wie Seuchen oder Kriege außen vor gelassen.
Ein paar schnell recherchierte Beispiele (Wikipedia und anderes Google-Fu):
- das Römische Reich zur Zeit Trajans (d.h. größte Ausdehnung) hatte schätzungsweise 88 Millionen Einwohner auf 4 Millionen km² --> 22/km². Das Klima war zwar sehr günstig (rund ums Mittelmeer), aber die Landwirtschaft mit der Zweifelderwirtschaft noch sehr unoptimiert.
- Frankreich im 14. Jahrhundert dagegen (Dreifelderwirtschaft) hatte geschätzte 15 Millionen Einwohner -> 27/km². Das war vor der Pest.

Ich denke also, für ein etabliertes Reich in günstiger Klimazone mit spätmittelalterlichem Techlevel kann man von Zahlen zwischen 25 und 30 Einwohner pro km² ausgehen. Für ungünstigeres Klima kann man diese Zahl in 5er-Schritten senken. Natürlich sind punktuell (Städte und deren Umland) die B-Dichten wesentlich höher und z.B. im Gebirge deutlich niedriger.

Eine Stadt dürfte einen primären Einzugsbereich von sagen wir 3 Wegstunden haben -- schließlich müssen z.B. zu den Markttagen die Bauern aus den umliegenden Gehöften morgens reinfahren, ihre Waren losschlagen und nachmittags wieder rausfahren. Das begrenzt die maximale Stadtgröße auf eben die Zahl, die durch die Fläche des Einzugsgebiet ernährt werden kann. Das ist jetzt aber nur für die Nahrungsmittel wichtig, die frisch vermarktet werden müssen, also Gemüse und sowas. Getreide ist besser haltbar und transportabel, und kann im Prinzip von beliebig weit her importiert werden. Solange die Infrastruktur dafür vorhanden ist, kann eine Stadt fast beliebig viele Einwohner unterbringen. (Die _Ent_sorgung der Verdauungsendprodukte ist wieder eine andere Geschichte.)
(Vergleiche: das alte Rom war zeitweise eine Millionenstadt. Africa und Ägypten galten als die "Kornkammern" des römischen Reiches.)

Nichtsdestotrotz, auch eine Stadt, die sich bei den bislang diskutierten Erträgen nur aus dem vorgenannten primären Einzugsbereich versorgen muss, kann meinen Berechnungen zufolge dennoch ca. 50-60.000 Einwohner haben.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: JPS am 26.02.2012 | 23:03
Seid mal etwas vorsichtiger mit euren historischen Werten. Für eine generische Fantasy-Wirtschaft muss man alles parameterisieren können, um eine gewisse Breite an Settings zu ermöglichen. Die ganz abgefahrenen Settings kann man notfalls natürlich ignorieren, aber man sollte ein generisches System schon auf etwas fremdere Welten übertragen können.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Quaint am 26.02.2012 | 23:12
Also mich interessiert diese mittelalterliche Wirtschaftskiste vor allem wegen herrschaftlichem Spiel bzw. dem, was hier Dominion-Spiel genannt wird.

Und wir haben ja schon eine mögliche Parameter gesammelt, je nachdem wie wo gewirtschaftet wird. Viel ergibt sich ja aus dem Ertrag der Felder und da haben wir ja Spannen von 2dz/ha mit primitiver Mittelalterlicher Wirtschaft über 20dz/ha mit viel Sonne und guter Bewässerung bis hin zu 80dz+ mit modernen Mitteln und Kunstdünger. Das bietet ja schon einige schöne Einblicke.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: JPS am 26.02.2012 | 23:17
Also mich interessiert diese mittelalterliche Wirtschaftskiste vor allem wegen herrschaftlichem Spiel bzw. dem, was hier Dominion-Spiel genannt wird.

Und wir haben ja schon eine mögliche Parameter gesammelt, je nachdem wie wo gewirtschaftet wird. Viel ergibt sich ja aus dem Ertrag der Felder und da haben wir ja Spannen von 2dz/ha mit primitiver Mittelalterlicher Wirtschaft über 20dz/ha mit viel Sonne und guter Bewässerung bis hin zu 80dz+ mit modernen Mitteln und Kunstdünger. Das bietet ja schon einige schöne Einblicke.

Klar, aber das sollten halt die Ergebnisse sein, wenn man die Parameter richtig einstellt. Nur muss man auch glaubwürdige Werte ausserhalb dieser Liste bekommen können.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Dark_Tigger am 26.02.2012 | 23:18

Nichtsdestotrotz, auch eine Stadt, die sich bei den bislang diskutierten Erträgen nur aus dem vorgenannten primären Einzugsbereich versorgen muss, kann meinen Berechnungen zufolge dennoch ca. 50-60.000 Einwohner haben.

Magst du diese Rechnung mal für mich Zahlenlegastheniker aufschlüsseln?
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 26.02.2012 | 23:51
Magst du diese Rechnung mal für mich Zahlenlegastheniker aufschlüsseln?

Grob überschlagen:
3 Wegstunden Einzugsbereich;
1 Wegstunde mit Ochsenkarren habe ich mal schätzungshalber mit 4km/h angesetzt;
= 12 km Radius, machen wir 13 draus, das ergibt dann eine Gesamtfläche von 500km²;
davon 80% nutzbares Ackerland, sind 400km² = 40.000ha;
macht bei günstig angesetzten 4dz/ha Nettoertrag 160.000dz pro Jahr;
Jahresbedarf einer Person nach der Rechnung weiter oben 2,4dz;
160.000 / 2,4 = 66.666;
wenn der Boden Hufen à 15ha erlaubt (1 Morgen zu 5000m²), reichen zur Erzeugung schon 2.666 Landeier aus;
--> es ist genug Getreide für 64.000 Stadtbewohner da.

Selbst bei nur halb so großen Hufen knacken wir trotzdem locker die 60.000 Stadtgröße, solange der Getreideertrag netto 4dz/ha beträgt.

Und jetzt wird's nochmal interessant: wenn statt Ochsen bereits Pferde weit und breit als Arbeitstiere zur Verfügung stehen, sind 1. die Felder schneller und gründlicher zu pflügen -> die Morgen werden größer und der Ertrag pro Hektar steigt auch (moderat)
und 2. schaffen Pferdewagen vielleicht 6km/h, wodurch sich das Einzugsgebiet auf 18 km Radius und somit die doppelte Fläche vergrößert.
--> der Stadt steht doppelt soviel Getreide zur Verfügung, was entsprechend doppelt so viele Menschen ernähren kann.
Einfach nur durch den Austausch von Ochsen durch Pferde.

@JPS: das kann man ja auch alles parameteriseren, aber vorher muss man es halt erstmal ausrechnen.
Außerdem geht "generisch" immer nur so weit -- in einer Welt, in der jeder Bauer seinen Pfluggolem im Schuppen stehen hat und einen Schönwetterzauberstab schwingen kann, kannst du diese auf spätmittelalterliches Flair ausgelegten Berechnungen natürlich in die Tonne kloppen.

Es geht auch hier wieder mal um Konsistenz und Plausibilität. Vergleiche DSA: Aventurien ist nicht nur winzig (das haben wir ja hinreichend durchgekaut), es ist auch nahezu menschenleer. Ich meine mich zu Erinnern, dass das Mittelreich eine durchschnittliche Bevölkerungsdichte von schlappen 4 Einwohnern pro km² hat (zu Hals Zeiten), das ach so fruchtbare Horasreich ganze 6-8/km². Und das, obwohl da aktive Götter schlimmere Mißernten und andere Katastrophen weitgehend verhindern. FINNLAND hat eine höhere Bevölkerungsdichte als das! Das ist einfach unlogisch, unplausibel, kurz: schwachsinnig.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 27.02.2012 | 00:19
Darum habe ich ja weiter oben das Beispiel explizit auf Selbstversorger-Stadtkreise ausgelegt.

Und zum begrenzten Wachstum von Städten: wie schon gesagt, ein massives Problem im europäischen Mittelalter war vor allem die ENTsorgung.  :gasmaskerly:
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Dark_Tigger am 27.02.2012 | 00:26
@Das Nichts
Das ist so ein Punkt der in solchen Rechnungen wirklich oft etwas kurz kommt.
Es werden ja auch noch andere Rohstoffe in einer Gesellschafft gebraucht außer Essen. Hinzukommt das selbst viele Nahrungsmittel noch verarbeitet werden müssen.

Nehmen wir Getreide
Das muss Gehmalen werden. Für uns klingt das nicht so schlimm, und ich weiß nicht wie hoch die Verbreitung mechanischer Mühlen im 14Jhd in Europa war. Aber Mehl oder auch nur Schort von Hand zu Mahlen ist eine SCH... Arbeit und ziemlich personalaufwendig.
Da kommen vermutlich noch einige Landeier mehr dazukommen.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: vaxr am 27.02.2012 | 01:11
Wo wir gerade beim Landeier-Anteil sind:

Kann hier mal jemand erklaeren, warum angeblich 9 Bauern nie mehr als 10 Menschen versorgen konnten? Habe das nie verstanden.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 27.02.2012 | 01:19
Mühlen sind immer mechanisch, egal ob es nun kleine Handmühlen für den Eigenbedarf sind oder große Wind- oder Wassermühlen.
Klassisch war auf jeden Fall die Wassermühle, und die zu bauen haben wir (als Kultur) schon ziemlich lange drauf. Angeblich gab es sogar schon im Hochmittelalter erste Ansätze, mit Wassermühlen noch was anderes zu machen außer Korn zu mahlen, z.B. Stoff zu walken (was von Hand ebenfalls eine Sch#*$ Arbeit war).

Im Mittelalter musste, wer sein Korn in der Mühle mahlen ließ, dafür mit einem Teil des Mehls bezahlen. Und da die Mühle oft im Besitz des Adeligen war, war den Bauern auch verboten, ihr Korn selber daheim zu mahlen. Das nur so am Rande.

Warum der Run auf Städte? Da gibt es sicherlich viele Gründe. Aber mal ganz utilitaristisch gesehen, lassen sich in Städten am besten verarbeitete Güter herstellen und mit diesen Handel treiben. Städte entstehen deswegen natürlich bevorzugt an Verkehrsknotenpunkten mit Anbindungen an diverse andere Ressourcen, wie Eisen, Holz usw.

Für mich ist die ganze Thematik u.a. deswegen im Moment interessant, weil ich gerade an einem D&D-Setting schreibe. Ich habe noch keine Karte entworfen, aber jedenfalls soll es ein Großreich vergleichbar mit dem Römischen Imperium geben (allerdings Techlevel eher Spätmittelalter + High Magic). Da habe ich also ein ca. 4-5 Millionen km² großes Reich mit irgendwas zwischen 60 und 100 Millionen Einwohnern. Da will ich natürlich wissen, wie groß der Staatshaushalt ist, und entsprechend wofür wieviel Geld zur Verfügung steht. Unter anderem, wieviele Truppen sich dieses Reich leisten kann, und so weiter.

(Um kurz beim nicht ganz passenden Vergleich mit Rom zu bleiben: das hatte einen relativ winzigen Verteidigungsetat. 30 Legionen à 4800-6000 Mann gab eine Gesamttruppenstärke von ca. 180.000 Mann, bei einer Bevölkerung von schätzungweise 80-90 Millionen Menschen. Allein die Getreidesubventionen für die Stadt Rom überstiegen das gesamte Militärbudget um ein Vielfaches.)
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Chaos am 27.02.2012 | 11:11
(Um kurz beim nicht ganz passenden Vergleich mit Rom zu bleiben: das hatte einen relativ winzigen Verteidigungsetat. 30 Legionen à 4800-6000 Mann gab eine Gesamttruppenstärke von ca. 180.000 Mann, bei einer Bevölkerung von schätzungweise 80-90 Millionen Menschen. Allein die Getreidesubventionen für die Stadt Rom überstiegen das gesamte Militärbudget um ein Vielfaches.)

So winzig finde ich das jetzt nicht. Die Bundeswehr während des kalten Kriegs hatte (IIRC) 320.000 bei ca 64 Millionen Einwohnern, also 0,5% statt 0,2% der Bevölkerung, und die US-Streitkräfte (laut Wikipedia) haben 1,45 Millionen Aktive bei 300 Millionen Einwohnern, also auch knapp 0,5%.

Und bei den Römern kam (wiederum IIRC) noch einmal ungefähr die gleiche Zahl an Foederati und dergleichen zu den Kerntruppen dazu. Hinzu kommt, dass du nicht nur die Soldaten selbst bezahlen musst, sondern auch die Versorgungs- und Kommunikationswege zwischen Rom und den Garnisonen an der Front.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Tudor the Traveller am 27.02.2012 | 11:25
Für den Anfang keine schlechten Überlegungen, die hier angestellt wurden. Ich geb jetzt auch mal meinen Senft dazu

Zitat
davon 80% nutzbares Ackerland

Das ist imo zu hoch gegriffen. Du machst hier den "Fehler", das Land nur für Kornproduktion zu belegen, die wiederum ausschließlich in die Ernährung der Bevölkerung fließt.

Du musst aber auch einen Teil für Waldland belassen, um Holz, Kohle, Wild u.ä. zu bekommen. Besonders in einem feudalen System mit Adel sollten Wälder nicht zu knapp sein.

Ein großer Teil geht für Weideland drauf: Schafe, Ziegen, von mir aus auch Kühe (Schweine brauchen afaik keine großen Weiden).

Da du ja bereits Ochsen und Pferde ins Spiel gebracht hast, müssen auch diese versorgt werden, v.a. im Winter. Also geht ein Teil des Korns für Futter drauf (und das ist nicht wenig).



Ich weiß, dass du, Feuersänger, von Harnmaster nicht so viel hälst, aber mit dem Harn-Manor Modul wird genau diesem Aspekt sehr viel Raum gewidmet, da es darin um die Verwaltung eines Lehens geht. Ich werde dazu später nochmal mehr schreiben...
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 27.02.2012 | 11:34
Naja, der Unterschied ist immerhin das zweieinhalbfache. Außerdem waren die Legionen viel weniger mobil, mussten aber eine unverhältnismäßig längere Grenze schützen. Truppenkonzentrationen von mehr als ca. 3-4 Legionen gleichzeitig waren räumlich kaum möglich.
Foederati kamen noch hinzu, das stimmt, aber wurden die von Rom bezahlt?

Davon abgesehen war die BW des Kalten Krieges in erster Linie eine Reservistenarmee, die im V-Fall über eine Million Truppen mobilisieren hätte können. Die Legion dagegen eine Berufsarmee mit 20jähriger Dienstzeit, Reserven gleich Null. Das heisst, aus jedem Jahrgang wurde nur ein Bruchteil der wehrfähigen Männer rekrutiert, wohingegen die Wehrpflichtarmeen des KK jeden gezogen haben, dessen sie habhaft werden konnten.

Weiß jemand, wie die Rekrutierungsquoten im europäischen Spätmittelalter aussahen?

@Tudor:
Ich weiß, dass 80% sehr hoch gegriffen ist, aber es ging mir ja auch um das "Upper Limit" unter Idealbedingungen. Aber du hast natürlich recht, zumal ich dabei nicht bedacht hatte, dass ein Drittel des Ackerlandes ja brachliegt. Auf der anderen Seite muss in Stadtnähe ja wie gesagt eh nicht zwingend soviel Korn angebaut werden, da sich das auch von weiter weg herschaffen lässt. War ja nur so ein Rechenmodell.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Dark_Tigger am 27.02.2012 | 11:43
Naja, der Unterschied ist immerhin das zweieinhalbfache. Außerdem waren die Legionen viel weniger mobil, mussten aber eine unverhältnismäßig längere Grenze schützen. Truppenkonzentrationen von mehr als ca. 3-4 Legionen gleichzeitig waren räumlich kaum möglich.
Foederati kamen noch hinzu, das stimmt, aber wurden die von Rom bezahlt?
Ob Foederati und Hilfstruppen von Rom bezahlt wurden hing sicher davon ab wo und von wem sie rekrutiert wurden. Wenn die Hilfstruppen im Reich rekrutiert wurden, wurden sie sicher auch von Rom bezahlt. Da viele Truppen ja auch Grenznah stationiert waren muss es jau außerdem noch zusätzliche Polizeitruppen gegeben haben die den Pax Romana nach innen aufrecht erhielten.
Wenn die nicht in die Legionszahlen mit einflossen fehlen deren Nummern schon in der Rechnung.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: bobibob bobsen am 27.02.2012 | 11:51
Die Heeresstärke im Mittelalter betrug 0,0.
Heere wurden nur aufgestellt im Falle von Kriegszügen und dann konnte soweit ich weiß jeder eingezogen werden.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Dark_Tigger am 27.02.2012 | 12:00
Die Heeresstärke im Mittelalter betrug 0,0.
Heere wurden nur aufgestellt im Falle von Kriegszügen und dann konnte soweit ich weiß jeder eingezogen werden.
Naja zum einen konnte nicht "jeder" eingezogen werden, es gab ja ganze Gesellschafftliche Gruppen die gar keine Waffe tragen durften,
zum anderen bildeten die Ritter ja praktisch eine Form Berufsarmee. Zwar eine mit 40 "Arbeitstagen" im Jahr, und obendrein eine sehr renitente, aber nichts desto trotz, eine Form stehendes Heer.

Außerdem hatten einzelne Lehnsherren sicher auch Soldaten die das Hauptberuflich machten. Auch wenn das bestenfalls einige Dutzend waren.
Das es kein stehendes Heer nach unserer Definition gab, heißt ja nicht das nicht dauerhaft Männer unter Waffen waren, und von dieser Beschäfftigung lebten.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Tudor the Traveller am 27.02.2012 | 12:16
Die Heeresstärke im Mittelalter betrug 0,0.
Heere wurden nur aufgestellt im Falle von Kriegszügen und dann konnte soweit ich weiß jeder eingezogen werden.

Das wiederum berührt einen anderen Punkt, den ich noch ansprechen wollte: den Rahmen

Es soll ja um Fantasy gehen, also müsste man grob den Rahmen abstecken und einige grundlegende Bedingungen festlegen. D.h. auch, dass die Rekonstruktion mittelalterlicher Verhältnisse (die ja in sich schon sehr stark variieren) nur bedingt hilft

z.B. dass es in jeder Stadt eine Stadtwache gibt und der König / Adel Soldaten beschäftigt. Oder dass in praktisch jedem Mini-Dorf ein Gasthaus steht, wo quasi zu jederzeit ein leckerer Braten über dem Feuer hängt  :D

Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Christoph am 27.02.2012 | 12:20
Die Rekunstruktion hilft allerdings um festzustellen wieviel stehendes Heer sich so eine Stadt leisten könnte.

Der Witz an solchen Parametern ist, dass man vom realistischem System in ein konsistentes Fantasy System wechseln kann, indem z.B. willkürlich definierte Parameter (schlechter Boden, Seeanbindung + Handel) eine konsistente Stadt ermöglichen. Ohne Fundament kommt am Ende keine konsistente Stadt heraus, sondern irgendwas.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Tudor the Traveller am 27.02.2012 | 12:23
Nö, nicht zwingend. Man könnte auch alles irgendwie so festlegen, dass es passt, ohne irgendeine historische Deckung.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: bobibob bobsen am 27.02.2012 | 12:33
Zitat
Außerdem hatten einzelne Lehnsherren sicher auch Soldaten die das Hauptberuflich machten. Auch wenn das bestenfalls einige Dutzend waren.

Das waren die Sergenten, sozusagen Leute die den Beruf Soldat wählen und per Dienstvertrag an den Lehnsherren begunden waren. Das hat aber nichts mit einem Heer zu tun. wäre so als ob in unserer Zeit jede Kaserne vollkommen eigenständig agiert.

Zitat
leckerer Braten über dem Feuer hängt  

Bei mir gibt es da immer Kohlsuppe und Schwarzbrot.

Natürlich ist in einem Fantasy Setting den eigenen Wünschen Präferenzen keine Grenzen gesetzt. Ich hatte z.b. mal ein setting entworfen in dem die Kirche komplett für die Landesverteidigung zuständig war. Familien mit mehr als drei Söhnen mußten den Jüngsten an die Kirche abgeben damit er dort nach seinen Fähigkeiten ausgebildet wurde (Soldat/Priester).
Gleichzeitig gehörte der Kirche auch die Hälfte der Ländereien.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Maarzan am 27.02.2012 | 13:09
Große Städte lagen meist am Wasser, denn da bekommt man deutlich mehr transportiert als über Land.

Die Bauern im 400qkm Umland müssen sich selbst auch  ncoh versorgen, oder habe ich da etwas überlesen?

Die Pferde und Ochsen und deren Bedürfnisse hat schon jemand erwähnt.

Allerdings ist allein schon topografisch wohl meist nicht 80% beackerbar.

Was an stehendem Militär benötigt wird, wird wohl auch von der Bedrohungslage abhängen und der Vorwarnzeit - wenn man es sich leisten kann.

Man muss aber halt auch andere Kulturen anschauen, denn nur das Hochmittelalter: Skandinavische Wehr- und Raubbauern, römische Villenbetriebe ...
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 27.02.2012 | 13:10
Sehr interesasantes Thema. Coole Links.

Ich denke, dass der Nahrungsmitteleinzugsbereich deutlich größer ist als drei Wegstunden (auch ohne Pferde), weil es nicht unüblich war, dass man mehrere Tage zum großen Markt ging. (Erster Tag hin fahren. Zweiter Tag verkaufen und Einnahmen versaufen, dritter Tag heim fahren.)
Transport muss auch finanziert und versorgt werden.

Futter, Streu und Weideflächen für die ArbeitsTiere und das Nutzvieh

30 Legionen à 4800-6000 Mann gab eine Gesamttruppenstärke von ca. 180.000 Mann, bei einer Bevölkerung von schätzungweise 80-90 Millionen Menschen. Allein die Getreidesubventionen für die Stadt Rom überstiegen das gesamte Militärbudget um ein Vielfaches.)
+ ca genausoviel - mehr Auxiliarsoldaten und dazu die Flotten.

Die Förderati wurden direkt oder indirekt von Rom bezahlt

Man braucht auch noch Anbaufläche für sonstige Nutzpflanzen und Nutztiere.

Flachs, Wein, Wolle z.b. dazu andere Nahrungsmittel wie Gemüse, Kohl, Hülsenfrüchte...
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 27.02.2012 | 13:19
Das wiederum berührt einen anderen Punkt, den ich noch ansprechen


z.B. dass es in jeder Stadt eine Stadtwache gibt

Nein, die wurde von den Bürgern selbst gestellt, die Torkontrolle wurde von Handwerkstätten am Tor durchgeführt(das waren deren Steuern), die Mauerabschnitte von den Zünften gehalten usw

König-Hochadel unterhielten so ihre Leingarde, Haustruppen and that´s it.

Das früheste und stehendste darüber hinaus waren die französische Ordonnanzkompanien, wenn man die Ritterorden nicht zählt
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Tudor the Traveller am 27.02.2012 | 13:36
@Schwerttänzer: Du hast den Beitrag schon gelesen, oder? Es geht ja gerade darum, dass Fantasy gewisse Konventionen mitbringt. Und da ist meines Erachtens eine, dass es eine "professionelle" und "allgemeine" Stadtwache gibt. Eine Fantasy-Stadt unterscheidet sich imo z.T. gravierend vom mittelalterlichen "Vorbild".
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 27.02.2012 | 13:40
Ja, mir ging es um den IRMA Standard, das man es anders machen kann wollte ich nicht in Abrede stellen, sondern aufzeigen wie es wirklich war als Option.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 27.02.2012 | 13:58
Nunja, die Geschichte lehrt uns ja, dass in einem organisierten Staat die Städte weit über 100.000 groß sein konnten; Rom sogar über 1 Million; auch in den Steppen Asiens waren afaik befestigte Städte über 100K überhaupt keine Seltenheit. Das hängt wie gesagt davon ab, aus welchem Umkreis verlässlich Nahrungsmittel herbeigeschafft werden können. Und ob es eine Kanalisation oder andere Hygienemaßnahmen gibt, aber da will ich lieber nicht ins Detail gehen. *wurgs*

Die Bauern im 400qkm Umland müssen sich selbst auch  ncoh versorgen, oder habe ich da etwas überlesen?
Die Pferde und Ochsen und deren Bedürfnisse hat schon jemand erwähnt.

Der Eigenbedarf der Bauern kann, wenn die Hufen groß genug sind, prozentual relativ klein ausfallen; das habe ich in meinem Rechenbeispiel oben bereits berücksichtigt.
Nürnberg beispielseise war im SMA mit nur ca. 20-23.000 Einwohnern relativ klein, weil Franken landwirtschaftlich relativ ungünstig ist; die Hufe nur 6 Hektar und nicht soviel Ackerland in der Umgebung, eher schlechte Böden, da kommen nicht viele Überschüsse zusammen.

Wie dem auch sei:
Braucht man extra Viehweiden, oder kann man die Viecher einfach auf die Grünbrache stellen?
Zur Fütterung von Pferden eignet sich Hafer besonders; um den anbauen zu können, muss man aber halt erstmal mit dem Getreide für den menschlichen Verzehr genug Ertrag haben.
Macht doch mal einen Vorschlag, wieviel % der Flächen wofür genutzt werden, inkl. Wald und so weiter.

Zitat
Man muss aber halt auch andere Kulturen anschauen, denn nur das Hochmittelalter: Skandinavische Wehr- und Raubbauern, römische Villenbetriebe ...

Kann man freilich auch machen. Gerade was die Skandinavier angeht, hat Frans G. Bengtsson mal einen historischen Essay geschrieben, der der Frage nachging "Warum gehen die skandinavischen Bauern im Sommer auf Raubzüge im Ausland?" - Antwort kurz zusammengefasst: "Weil sie's können."  ;D
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Arldwulf am 27.02.2012 | 13:59
Mühlen sind immer mechanisch, egal ob es nun kleine Handmühlen für den Eigenbedarf sind oder große Wind- oder Wassermühlen.
Klassisch war auf jeden Fall die Wassermühle, und die zu bauen haben wir (als Kultur) schon ziemlich lange drauf. Angeblich gab es sogar schon im Hochmittelalter erste Ansätze, mit Wassermühlen noch was anderes zu machen außer Korn zu mahlen, z.B. Stoff zu walken (was von Hand ebenfalls eine Sch#*$ Arbeit war).

Ein anderes Beispiel hierfür sind Sägewerke die mit Wasserkraft betrieben wurden.

Aber das bringt einen natürlich auf eine andere Frage: Fantasy Technologiestand (abzüglich der Magie) und historischer Technologiestand haben ja einige Unterschiede.

Typisches Beispiel: In den meisten Spielwelten sind Brillen entweder nicht existent oder neuartige Erfindungen, während Plattenrüstungen schon seit ewigen Zeiten existieren. Tatsächlich wurden beide zu ähnlicher Zeit erfunden. Andere Erfindungen sind im Vergleich manchmal etwas zu früh präsent, andere dagegen die längst gemacht wurden gar nicht vorhanden.

Müsste ein Wirtschaftssystem nicht ebenfalls erst einmal festlegen welche Dinge bereits existieren?
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 27.02.2012 | 14:34
Ja, guter Punkt!

Brillen übrigens sind iirc zumindest in den Forgotten Realms relativ alltäglich. Z.T. gibt es in D&D sogar Sonnenbrillen.

Viele Settings haben außerdem z.B. den Buchdruck mit beweglichen Lettern. Ist auch okay.

Spiegel aus Glas werden oft als verfügbar gesetzt,

Feuerwaffen hingegen gibt es meistens überhaupt nicht, selbst in Settings die eher von der Renaissance oder gar Barock geprägt sind. Und wo es sie doch gibt, haben sie meist mit den RL-Gegebenheiten nicht viel zu tun. Beides schreibe ich weniger dem Flair als vielmehr den Spielsystemen zu, welche den Kampf meistens in Runden von 3-6 Sekunden organisieren. Ein Vorderlader hat eine Nachladezeit von 20-30 Sekunden, und wer hätte schon Lust, jedesmal zwischen zwei Schüssen 3-10 Runden auszusetzen?
Daher gibt es meistens gar keine Feuerwaffen; wo es sie aber gibt, sind sie oft in 6 Sekunden oder weniger nachzuladen, was wiederum bei Vorderladern völlig unplausibel ist. Der größte Sünder ist hier wohl Pathfinder, wo eine Vorderlader-Muskete bei richtiger Skillung bis zu 40 Schuss pro Minute raushauen kann - das ist einfach absurd und spottet jeder Beschreibung. Hinterlader hingegen wären wieder technologisch ein enormer Anachronismus.
Unter den gegebenen Umständen ist es mir in Pseudomittelalter-Fantasy daher lieber, wenn es gar keine Feuerwaffen gibt.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Christoph am 27.02.2012 | 15:17
20-40 ist dann wohl die Zeit für völlig untrainierte Schützen. Gut gedrillte Schützen schaffens in unter 15s. Und die Ladezeit einer feuerbereiten Pistole (die in jeden Gürtel passt) ist 0.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 27.02.2012 | 15:20
20 Sekunden war schon die Zeit gut trainierter Schützen. 15 Sekunden war vielleicht das von wenigen Rekordschützen erreichte Maximum, aber da hab ich schon meine Zweifel. Unter 15 Sekunden -- I call shenanigans on that.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Christoph am 27.02.2012 | 15:32
http://www.youtube.com/watch?v=SJMbxZ1k9NQ

46s für 3 Schuß. Alles eine Frage das Trainings.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 27.02.2012 | 15:48
Nicht schlecht, aber auch wenn in der Videobeschreibung steht "the cartridge would have contained the musket ball", hab ich da meine Zweifel. Wahrscheinlich hat er "blank" geschossen. In der Realität haben die Schützen die Kugel beim Aufbeißen der Patrone erst in den Mund genommen, dann nach dem Schütten des Pulvers in den Lauf gespuckt. Eher hat man sich den Ladestock gespart, als zu versuchen die Kugel direkt aus der Patrone in den Lauf zu schütten.
 
Und auch wenn wir diese Zeit für einen echten Schuss annehmen, wären das dennoch bspw. in D&D immer noch 2,5 Kampfrunden pro Schuss; in DSA sogar sechs Runden.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Tudor the Traveller am 27.02.2012 | 15:50
Macht doch mal einen Vorschlag, wieviel % der Flächen wofür genutzt werden, inkl. Wald und so weiter.

Das Harn Manor schlägt vor:

3 generelle Landnutzungen: Cropland, Meadow und Pasture + Woodland

20% Woodland
80% Clear = Nutzland

Nutzland = 2 gleichgroße Felder (2 Felder-Wirtschaft): 1) Cropland 2) Pasture (Fallow), und 1/3 des Croplands ist für Futter.

Ergibt auf das Gesamte gerechnet:

20% Wald
40% Brach / Weide
27% Getreide
13% Futter


Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Christoph am 27.02.2012 | 15:53
Das ist spielbar, mehr wollte ich damit nicht sagen, Edith: Also das mit der Muskete.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Tudor the Traveller am 27.02.2012 | 15:56
Für Fantasy würde ich 3-Felderwirtschaft und Pflug als gegeben nehmen. Der Einfachheit halber reduziere ich Wald auf 10%...

10% Wald
30% Brach / Weide
30% Sommergetreide, davon 1/2+ Futtermittel (Hafer! Pferde!)
30% Wintergetreide, v.a. Weizen
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Dark_Tigger am 27.02.2012 | 16:21
10% Wald
30% Brach / Weide
30% Sommergetreide, davon 1/2+ Futtermittel (Hafer! Pferde!)
30% Wintergetreide, v.a. Weizen

Wald wäre ja in der Hufenordnung schon rausgerechnet und "Gemeinschafftsland" oder nicht?
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 27.02.2012 | 16:23
Da kann man vielleicht unterschiedliche templates erstellen, je nachdem wie rigoros das land bereits kultiviert wurde. 10% wald halte ich für sehr wenig, und es trägt auch keinen weiteren "gebietsverlusten" wie etwa durch flüsse, berge oder die dörfer selbst rechnung.

Also würde ich sagen, 25% Wald/Ödland und jeweils 25% in Dreifelderwirtschaft. Das gefällt mir eigentlich besser und ist auch handhabbar.
Außer Getreide wird zwar auch noch einiges andere angebaut, z.B.: Hopfen, Wein, Kohl, Rüben... aber das ist nicht so wichtig, Kalorien sind Kalorien und Silber ist Silber. (Ich werde jetzt hier nicht die Erträge in dz vergleichen.) Hinzu kommen noch Leinen bzw. Flachs, das darf man auch nicht vergessen.

Demnach hätten wir z.B. auf 1000km² etwa 370km² für "Menschenfutter", das wäre ein "Weizenäquivalent" von 148.000dz, und bei gleichen Ertragsquoten etwa 50.000dz Tierfutter. Viele Pferde könnte man damit versorgen? Weiß jemand was so ein Gaul frisst?

Jedenfalls müsste der komplette Ertrag der Ackerflächen nach unserer Preistabelle etwa 6,8 Millionen Silber wert sein. Dazu kommt noch der Ertrag durch Viehwirtschaft auf den Weiden - das müsste man nochmal separat durchrechnen. Dazu müsst man wissen, wieviel Weidefläche und zusätzliches Heu man für ein Rindvieh benötigt, wieviel Milch die damals gegeben haben usw. Wer mag das recherchieren?
Schafzucht war auch noch wichtig, allerdings war die gerade in den wenig kultivierten Gegenden mit schwachen Böden relevant. Kann man also hier vielleicht erstmal ausklammern.

Ein interessantes Stück Lesestoff zu dem Thema ist übrigens "Die Säulen der Erde". Ich kann nur hoffen, dass der Autor die Preise und Verhältnisse vernünftig recherchiert hat. Demnach hat z.B. ein Schafvlies im Einkauf beim Schäfer auf der Weide ca 0,5d gekostet, auf dem Markt beim Wollhändler in der Stadt dann schon 1d erzielt, und im Export bzw. nach der Weiterverarbeitung entsprechend mehr.

Edit:
Ha, zum Futterbedarf von Arbeits(!)pferden habe ich folgende Broschüre gefunden:
http://www.mit-pferden-arbeiten.de/fuetterung.html
nachdem ich zuerst in einige Sackgassen gerannt war, da heutige Reitpferde, die pro Tag 1-2 Stunden leicht gearbeitet werden, sicherlich längst nicht so viel Futter brauchen wie ein gestandender Ackergaul.
Muss die Infos aber erst noch auswerten.

Edit 2:
man beachte übrigens die Ertragsangaben in dieser Broschüre aus dem Jahre 1954, als es noch keinen Kunstdünger gab und man noch mit Pferden pflügte: Hafer 25dz/ha, Rüben 500dz/ha! Das sind völlig andere Werte als unsere mittelalterlichen 4-6dz/ha.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: bobibob bobsen am 27.02.2012 | 16:44
-Feuersänger-

Bei deiner Auflistung sollte man den Fischfang nicht unberücksichtigt lassen.
Gerade bei Städten die an großen Seen oder direkt am Meer liegen ist das glaube ich eine wichtige Nahrungsquelle.

Pferde die leichte Arbeiten verrichten benötigen ca. 2,5% Ihres Eigengewichts an Futter. Bei Schwerer Arbeit auf dem Acker kannst du die Menge etwa verdoppeln. Ein Kaltblüter (400kg) würde dann ca. 20kg Futter benötigen.
Wenn ich mich nicht verrechnet habe und davon ausgehe das so ein Pferd auch einfach auf der Weide steht und grast, könnst du ca 1000 Pferde ein Jahr lang ernähren.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Gasbow am 27.02.2012 | 16:59
Was ich sehr gut fände wäre so eine Tabelle wie sich verarbeitete Güter vom Preis her verhalten, insbesondere im Verhältnis zu den Kosten der Rohstoffe.
Im Prinzip ein Regelwerk, wie Preistabellen für ein Setting glaubwürdigerweise aussehen sollten.

Zum Kunstdünger 1954:
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Tudor the Traveller am 27.02.2012 | 17:02
Milchkühe:

http://statictypo3.dlg.org/fileadmin/downloads/fachinfos/futtermittel/futteraufnahme_milchkuh06.pdf (http://statictypo3.dlg.org/fileadmin/downloads/fachinfos/futtermittel/futteraufnahme_milchkuh06.pdf)

Seite 5.

Inwiefern man das auf Fantelalter übertragen kann, weiß ich nicht. Aber so haben wir erstmal eine Hausnummer.

Auszug:

Mittleres Gewicht 648 kg
Gesamtfutterverzehr 18,7 kg / Tag
Grobfutterverzehr* (Trockenmasse) 12,7 kg / Tag
Kraftfutterverzehr 6 kg / Tag
Milchleistung 25 kg / Tag

*Grassilage, Maissilage, Heu, Grünfutter

Edit:
Wie viel frisst die Kuh am Tag?

Eine Milchkuh frisst im Sommer bis zu 75 Kilogramm frisches Gras.

Im Winter fressen die Kühe Silage oder Heu.

http://www.oekolandbau.de/kinder/bio-erleben/biospecials/monatsthema-november-biolandbau-immer-im-kreis/wie-viel-frisst-die-kuh-am-tag/ (http://www.oekolandbau.de/kinder/bio-erleben/biospecials/monatsthema-november-biolandbau-immer-im-kreis/wie-viel-frisst-die-kuh-am-tag/)
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Belchion am 27.02.2012 | 17:24
Vergesst nicht, dass ein Wald ebenfalls zur Nahrungsmittelversorgung beigetragen hat, vor allem durch gesammelte Früchte und die Schweinemast (http://www.thorbecke.de/das-schwein-im-wald-p-1386.html).
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 27.02.2012 | 17:24
Habe jetzt die relevanten Angaben gefunden:

Bei voller Haferfütterung (ergänzt durch Grünfutter und Heu) benötigt ein Arbeitspferd übers ganze Jahr 15,5dz Hafer. Sheesh. Das entspricht quasi dem Ertrag von 4 Hektar Ackerland.

Dies basiert auf folgendem Jahrestzyklus:
150 Tage leichte Winterarbeit (Holzkarren ziehen etc.)
115 Tage mittelschwere Sommerarbeit (eggen, säen etc.)
100 Tage schwere Herbstarbeit (pflügen)

Ich bin übrigens bis eben davon ausgegangen, dass die Sommerfelder im Frühling gepflügt werden und die Winterfelder im Herbst. Bin eben kein Landwirt. ^^ Dann macht man das also wohl eher alles im Herbst. Man beachte, dass die 2 Pferde in der Zeit nicht nur eine Hufe à 30 Morgen, sondern ganze 100 Morgen pflügen können. Das ist wieder interessant im Hinblick auf die Zelgenwirtschaft, weil da die ganze Kolchose mit insgesamt weniger Pferden im Genossenschaftsbesitz auskommt.

Nehmen wir im Schnitt 1 Pferd pro Familie an, dann können 2 Bauern mit 2 Pferden gemeinsam 100 Morgen Land bestellen.
Der Getreidebedarf pro Familie + Pferd beträgt ca. 28dz pro Jahr, dem Ertrag von 7 Hektar.

Und hier hab ich auch was zur Arbeitsleistung:
Pflügen mit Ochsen: 30ar/Tag = 0,3ha  
Pflügen mit Pferden: 50ar/Tag = 0,5ha

(Man beachte, dass hier wohl nichtmal Sonntage als Ruhetage berücksichtigt werden.)

-> 66% Leistungssteigerung. Allerdings scheint hier von "Tagwerken" statt von "Morgen" die Rede zu sein, und ein Tagwerk beträgt ja auch nur ca. 1,5 Morgen, wie wir wissen. Demnach geht man in der obigen Tabelle wohl vom "worst case" mit dem Morgen zu 2000m² aus (mit Ochsenpflug).

Ein Ruhetag pro Woche ist auch noch drin; da muss man halt schlimmstenfalls pro Arbeitstag eine Stunde länger ranklotzen, oder aber man lässt fünfe gerade sein und gibt sich mit 45 statt 50 Hektar zufrieden.

Selbst in diesem Worst Case kann man also mit durchschnittlich 1 Pferd 45 Hektar bearbeiten, wovon 7 Hektar Eigenbedarf sind, und 38 Hektar ca. 150dz an Überschüssen abwerfen müssten. Oder überseh ich da was und es ist eine Milchmädchenrechnung?

Was wir bisher noch völlig außer acht gelassen haben, ist die Ernte. Da braucht man auch nochmal ne Menge Arbeitskraft und hat nicht beliebig viel Zeit.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Christoph am 27.02.2012 | 18:50
Du hast Fronarbeit vergessen :)

Die konnte nochmal richtig reinschlagen, irgendwas in meinem Hinterkopf sagt etwas von 1-2t die Woche... relevante Tage außerdem, weil die Äcker des Herrschers ja auch zeitgleich zu den Bauernhöfen bestellt werden mussten.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Auribiel am 27.02.2012 | 19:42
Entschuldigt, dass es gerade etwas unzusammenhängend kommt, aber ich verfolge den Thread schon länger und wollte schon an diversen Diskussionsstellen einmal auf diesen Link verweisen:

Medieval Demographics Made Easy (http://www222.pair.com/sjohn/blueroom/demog.htm)

Natürlich schon vereinfacht und für Fantasy-Welten begradigt, aber ev. doch hilfreich (falls ihr den Link nicht eh schon alle kennt...).


Nachtrag:
Vielleicht wäre das hier auch hilfreich: http://www222.pair.com/sjohn/fief.htm

Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 27.02.2012 | 20:16
Nein, nicht vergessen. Es geht hier nur um die Arbeit, die insgesamt bewältigt werden kann, und entsprechend wieviele Güter produziert werden können. Wie sich diese Quoten aufteilen, ist völlig irrelevant. Meinetwegen hat der Bauer selber nur eine Hufe von 30 Morgen und muss nebenbei 60 Morgen seines Herrn bestellen -- unterm Strich kommen 90 Morgen raus. Es geht hier nicht darum, wer am Schluss den Gewinn einstreicht, sondern nur darum, was produziert wird.

Also: es kann sein, dass die Bauern Leibeigene sind, die neben ihrer eigenen Arbeit auch noch Fronarbeit leisten müssen. Es kann auch sein, dass die Bauern alle Felder komplett in Eigenregie bestellen, und der Grundherr sich seinen Anteil hinterher in Naturalien oder Bargeld holt. Und schließlich kann es auch sein, dass die Bauern sozusagen nur "Angestellte" eines Herrn sind, und für ihn als Großgrundbesitzer ausschließlich dessen Land bearbeiten, und dafür Kost, Logis und Lohn erhalten.

Noch ein Gedanke:
Wenn "zuviel" Getreide produziert wird, sodass die Marktpreise verfallen würden, hat man es halt sprichwörtlich "zum saufuadern", wie der Bajuware sagt. Oder eher zur Rindermast. Wir wissen ja, dass die Produktion von 1kg Rindfleisch 25kg Getreide verschlingt (davon lässt sich vielleicht die Hälfte durch Grünfutter ersetzen). Auf die Weise kann man natürlich Überschüsse in beliebiger Menge vernichten. Das schmeckt dann vor allem wieder den Reichen, da das Fleisch entsprechend teuer sein muss. Wenn wir von Grünfutter plus 50% Kraftfutter ausgehen, mindestens das fünfzehnfache des Getreidepreises, oder etwa 2,5 Silber pro Pfund Rindfleisch.

Wobei natürlich auch schon im Mittelalter auch Rüben angebaut wurden. Rüben eignen sich insbesondere als Futter für Rinder und Pferde, waren aber auch als Armeleuteessen bekannt. Auf jeden Fall ist es für die Fruchtfolge vorteilhaft, wenn man gelegentlich Rüben anbaut.

@Auribiel:
Also, ich kenne den Link schon =) Die Infos hieraus gibt's übrigens auch als Online-Calculator aufbereitet:
Domesday Book (http://www.rpglibrary.org/utils/meddemog/)

That said, habe ich daran einiges zu kritteln. Zunächst mal ist die These von Ross "Es leben immer so viele Menschen in einem Landstrich, wie dieser ernähren kann". Demnach gäbe es nirgends unbesiedelte Flächen. Er setzt auch die Bevölkerungsdichten nach Landstrich zu hoch an. Demnach hätten im Römischen Imperium nicht 90, sondern 150 Millionen Menschen leben müssen (disclaimer: das alte Rom war dem Mittelalter in einigen Bereichen voraus [Aquädukte], in anderen hinterher [Fruchtfolge].) Besonders augenfällig wird die Diskrepanz bei den kühleren Klimazonen.

Also so ganz grob ist es schon zu verwenden, aber bei den Bevölkerungsdichten übertreibt er ein wenig.

Praktisch ist beim Domesday Book vor allem die Demographiefunktion für Ortschaften. Wenn es denn ordentlich recherchiert ist. Ich finde z.B. 33 Schuhmacher und 125 Geistliche für ein 5000-Seelen-"Kaff" ein wenig übertrieben.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Christoph am 27.02.2012 | 20:51
Rüben sind Starkzehrer. Die sind schwer in eine Fruchtfolge einzubauen.

Weis eigentlich jemand wieviel "Fruchtfolge Know How" zu der Zeit vorhanden war ? Eine spannende Frage finde ich, denn im Prinzip geht eine Weizenmonokultur in die Hose (in einer richtigen Fruchtfolge kommt Weizen zu selten vor um damit Tiere zu füttern) - d.h. Weizen als Tierfutter ist unwahrscheinlich.

Fruchtfolgen die auf heutigem Know How basieren gibts ja zuhauf. Aber wie war das im Mittelalter ?
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Beral am 27.02.2012 | 20:52
Die Nutzflächen sind deutlich zu hoch gegriffen, meine ich.

Situation heute in Deutschland:
Zitat
Im Jahr 2007 (....) wurden 16,9 Millionen ha Boden landwirtschaftlich genutzt (das sind ca. 47,4 Prozent der Gesamtfläche Deutschlands). Davon entfielen auf die Pflanzenproduktion rund 11,8 Millionen Hektar und auf Dauergrünland rund 5 Millionen Hektar.
Quelle (http://de.wikipedia.org/wiki/Landwirtschaft)

Knapp die Hälfte der Fläche nutzen wir heute. Im heutigen Österreich sind es 44 %, in der Schweiz aufgrund der vielen Berge spürbar weniger (gleiche Quelle).

Eine weitere Quelle (http://www.poprawka.de/landwirtschaft/la.pdf) gibt ca. 50% Nutzfläche als ausgereizten Wert im 14. Jahrhundert an (Produktivitätssteigerung danach durch Umstellung auf Dreifelderwirtschaft, Vergrößerung der Anbauflächen war wohl nicht mehr wesentlich möglich).

Edit: Noch eine Quelle zur Flächennutzung in Deutschland: http://www.umweltbundesamt-daten-zur-umwelt.de/umweltdaten/public/theme.do?nodeIdent=2276
Etwa 30% der Fläche entfallen heute auf Wald.

Edit 2: Einen noch! http://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_des_Waldes_in_Mitteleuropa#Waldentwicklung_im_Mittelalter
Zitat
Zwei intensive Rodungsperioden lassen sich unterscheiden. Die erste dauerte von etwa 500 bis etwa 800 und die zweite von etwa 1100 bis etwa 1300, dem Beginn der Krise des 14. Jahrhunderts. Vor allem in der ersten Rodungsperiode zur Zeit der Karolinger wurden die bereits von den Römern erschlossenen Gebiete wieder besiedelt. Danach wurden vor allem gut erreichbare und nährstoffreichere Böden besiedelt. Die hohen Mittelgebirgszüge blieben in dieser frühen Phase menschenleer. Erste dauerhafte Siedlungen lassen sich im Schwarzwald z. B. erst ab etwa 1000 nachweisen, auch der Harz war zu dieser Zeit nur von schwer begehbaren Pfaden durchzogen. Aber auch stromnahe Auwälder (z. B. am Rhein) blieben aufgrund der Unberechenbarkeit der Flüsse noch erhalten. Die flussfernen Teile der Aue wurden hingegen genutzt. Nach dem Jahr 800 stockte die Besiedlung und Rodung der Wälder in Mitteleuropa. Bedingt durch Seuchenzüge und dem Einfall fremder Völker (im Norden Normannen, im Süden Magyaren) stieg die Bevölkerungszahl nicht wesentlich an.

Ab 1100 setzte die letzte große Rodungsperiode ein. Menschliche Besiedlungen drangen nun auch in entlegenere Täler der Mittelgebirge vor. Waldflächen wurden bis 1300 gerodet bzw. landwirtschaftlich so intensiv genutzt, dass sie ihren Waldcharakter verloren. Mit Ende des 14. Jahrhunderts hatte sich ein Verhältnis zwischen Kultur- und Waldfläche gebildet wie es ungefähr auch dem heutigen entspricht.

Fazit meiner Recherche: Im 14.-15. Jahrhundert sah die Flächenverteilung in Deutschland etwa folgendermaßen aus:
- ca. 30% Wald
- ca. 50-60% Ackerland (inklusive Grünland für die Vieher)
- ein paar Prozent Wasserfläche
- ein paar Prozent "Unland"
- ein paar Prozent bebaute Flächen (Städte, Dörfer, Straßen)
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 27.02.2012 | 21:30
Jaja. Wir waren ja, was diese Zahlen angeht, nicht bei einem kompletten Land, sondern nur beim direkten Einzugsbereich einer Stadt. Dass es aufs ganze Land gesehen weniger ist, versteht sich von selbst.
Dennoch ist ~45% Nutzfläche eine ganz gute Peilung für das Gesamtbild eines Landes.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Chaos am 27.02.2012 | 22:24
Nein, nicht vergessen. Es geht hier nur um die Arbeit, die insgesamt bewältigt werden kann, und entsprechend wieviele Güter produziert werden können. Wie sich diese Quoten aufteilen, ist völlig irrelevant. Meinetwegen hat der Bauer selber nur eine Hufe von 30 Morgen und muss nebenbei 60 Morgen seines Herrn bestellen -- unterm Strich kommen 90 Morgen raus. Es geht hier nicht darum, wer am Schluss den Gewinn einstreicht, sondern nur darum, was produziert wird.

Behalte auch im Gedächtnis, dass ein Bauer, der sein eigenes Land bearbeitet, den Ertrag im Großen und Ganzen behalten kann, während einer, der die Felder seines Herren bearbeitet, davon nachher kein müdes Weizenkorn abbekommt. Das dürfte sich entscheidend auf den Arbeitseifer (und damit das Ergebnis) auswirken.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 27.02.2012 | 23:02
Deswegen wäre ja wahrscheinlich der Ansatz, die Bauern mal machen zu lassen und sich dann hinterher beim Ertrag zu bedienen, profitabler.
Dann ist da noch son bissl das Problem mit der Kompetenz des Grundherren. Wenn der Herr weiß, was er tut, kann er durch seine Anweisungen (z.B. bestimmte Fruchtfolge) den Ertrag verbessern. Wenn er im schlimmsten Fall ein Depp ist, kann er auch alles ruinieren ("Ich mag nur Weizen! Es wird immer Weizen angebaut!").
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Chaos am 28.02.2012 | 00:38
Deswegen wäre ja wahrscheinlich der Ansatz, die Bauern mal machen zu lassen und sich dann hinterher beim Ertrag zu bedienen, profitabler.

Siehe dein nächster Satz:

Zitat
Dann ist da noch son bissl das Problem mit der Kompetenz des Grundherren.

Der Grundherr hat nunmal das Recht, die Bauern auf seinem Land schuften zu lassen, und wenn er das Recht hat, dann nutzt er dieses Recht auch, und zur Hölle mit diesem neunmalklugen Schreiberling und seinem Geseier von "Effizienz" und "profitabel"! Wo kommen wir denn da hin, wenn ein Adeliger sich von so einem tintenfingrigen Wicht vorschreiben lässt, wie er seine Güter zu verwalten hat?  |:((
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 28.02.2012 | 00:47
Eigentlich wärs nur ne Frage, wie man die Sache verkauft. "Höret, Bauern! Ihr bestellt mein Land, und dafür dürft ihr die Hälfte von allem, was es abwirft, behalten." - Klingt doch viel besser als "50% Steuersatz". Marketing halt. ^^

Edith weiß auch noch was:
Hier hab ich was über den Umfang der Steuern und Abgaben gefunden, sehr aufschlußreich:
http://www.bessarabia.altervista.org/deu/3bauern/01.1d_abgaben.html

Quintessenz:
- 3 Tage in der Woche war frönen angesagt,
- an den anderen 3 Tagen wurde sich um die eigene Wirtschaft gekümmert;
- vom eigenen Ertrag musste wiederum 1/3 an diversen Zehentsteuern abgegeben werden.

Also betrug die Steuerlast insgesamt  1/2 + 1/6 = 2/3 der gesamten Arbeitsleistung. Nur 1/3 der Erträge durften sie selbst behalten. Das deckt sich unterm Strich mit dem, was Quaint am Anfang der Diskussion sagte. Allrdings behauptet dieser Artikel auch, ich zitiere: Die übrigen zwei Drittel, die ihnen verblieben, waren meistens immer noch eine größere Menge als sie früher für sich allein erwirtschaftet hatten. Der Lebensstandard der Bauern erhöhte sich anfänglich durch die Hörigkeit tatsächlich.

Also... wenn ein Bauer übers Jahr mit zwei Pferden 90 * 0,5ha = 45ha bestellen konnte, und 4dz/ha Ertrag erwirtschaftete, waren das 180dz insgesamt. Davon muss er 2/3 abgeben, bleiben 60dz. Die Pferde fressen ca. 32dz. Selbst wenn er und seine Familie kräftig zulangen (18dz statt 12), bleiben ihm 10dz zum freien Verkauf. Macht bei den genannten Marktpreisen immerhin 340 SP pro Jahr _nach_ der Selbstverpflegung. Damit sind wohl auch anständige Klamotten und die eine oder andere Annehmlichkeit drin.

--> Unsere Bauern in diesem Modell müssen zwar viel arbeiten, aber dafür haben sie zwei Pferde pro Haushalt, reichlich zu essen, sind ordentlich gekleidet und dürften mit ihrem Los recht zufrieden sein. Das, was sie abgeben müssen, reicht aus um noch sechs Mal so viele Menschen auf dem gleichen Niveau zu ernähren. Und das jetzt wohlgemerkt bei mittel-guten Böden.
Dass in der realen Historie bis zur industriellen Revolution 80% der Menschen im primären Sektor gearbeitet haben, mag damit zu tun gehabt haben, dass a) meistens die Abläufe weniger effizient waren und b) ein Großteil des Ertrags zur Fleischproduktion für die Reichen eingesetzt wurde. Anders kann ich mir diese gewaltige Diskrepanz nicht erklären.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Quaint am 28.02.2012 | 06:59
Vielleicht kann es auch zur Erklärung beitragen, dass es unter der Landbevölkerung häufig auch Leute gab, die zwar angebaut haben, die aber zuwenig Land hatten, als dass sie davon hätten Leben können, und die dann eben hauptberuflich anderen Jobs nachgegangen sind. Ich meine für einen Halbhufner wirds ja schon eng, bei einem Viertelhufner und darunter reicht es ziemlich sicher nichtmehr für den Lebensunterhalt. Die werden ja potentiell auch in die 80% gezählt.

Aber ich habe mich da auch schon gewundert - an sich implizieren ja die Abgaben schon, dass eine Bauernfamilie mindestens 2 andere Familien ernähren kann. Und ich meine mal gelesen zu haben, dass die Zufütterung von Getreide in der Rindermast ne relativ neue Entwicklung ist und selbst dann der Großteil des Futters noch aus Heu, Stroh und dergleichen besteht.

http://de.wikipedia.org/wiki/Viehhaltung (http://de.wikipedia.org/wiki/Viehhaltung)

Laut ebendieser Quelle ergibt sich auch eine etwas andere Interpretation von Viehhaltung jenseits von Arbeitstieren und Luxusfleisch für die Reichen.
Getreide wir heute hauptsächlich an Monogastrier verfüttert und in früheren Tagen, wo es eher schlechter verfügbar war, hat man sicher auch besseres zu tun als es in großem Stil Rindern zu füttern, die auch deutlich einfachere Nahrung akzeptieren. Natürlich sind das dann keine 18-Monate optimierte Schnellmastrinder mit optimalem Fleischertrag.

Des weiteren ist zu bedenken, dass man normalerweise natürlich keinen Weizen verfüttern wird. Weizen ist der König der Getreide, nicht nur recht anspruchsvoll im Anbau, sondern auch lecker und damit nachgefragt und damit teuer (das sagt auch die Preisliste). Wenn man schon Getreide verfüttert, dann eher Roggen und Hafer. (Heutzutage natürlich sehr gerne auch Mais, der einfach tolle Erträge bietet, aber der ist in einem am Mittelalter orientierten Fantasy-Setting ja nicht unbedingt verfügbar.)

Ich postuliere mal, dass die normale mittelalterliche Kuh deutlich magerer war als man das heute gewohnt ist, aber zum allergrößte Teil kein Getreide bekam, sondern auf brachliegenden Flächen weidete und im Winter eben Stroh und Heu bekam. Und manchmal wurden sie vor Wagen gespannt^^

Einen gewissen Verbrauch an Getreide für Vieh hat man trotzdem, etwa für Hühner.

Und das Füttern von Arbeitstieren ist auch ne andere Kiste, die brauchen bei ner ordentlichen Arbeitsleistung die Energie, zumindest ergänzend zum Raufutter.

Pferde waren übrigens sehr lange Zeit nicht üblich als Zugtiere für den Pflug und man hat auch erst recht spät eine Anspannung entwickelt, mit dem sich ihre, im Vergleich zu Ochsen höhere, Zugleitung richtig nutzen ließ.

Ganz klassisch werden Zugtiere ja mit einem Joch angespannt, aber Equiden (also Maultiere, Esel, Pferde) können erst mit dem im Hochmittelalter aufkommenden Kumt ihre Zugkraft voll nutzen. Und dann hat man sie trotzdem nicht immer benutzt, einfach weil Pferde teurer sind.

http://de.wikipedia.org/wiki/Geschirr_%28Zugtier%29 (http://de.wikipedia.org/wiki/Geschirr_%28Zugtier%29)
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Beral am 28.02.2012 | 08:26
Also... wenn ein Bauer übers Jahr mit zwei Pferden 90 * 0,5ha = 45ha bestellen konnte, und 4dz/ha Ertrag erwirtschaftete, waren das 180dz insgesamt. Davon muss er 2/3 abgeben, bleiben 60dz. Die Pferde fressen ca. 32dz. Selbst wenn er und seine Familie kräftig zulangen (18dz statt 12), bleiben ihm 10dz zum freien Verkauf. Macht bei den genannten Marktpreisen immerhin 340 SP pro Jahr _nach_ der Selbstverpflegung. Damit sind wohl auch anständige Klamotten und die eine oder andere Annehmlichkeit drin.
Deswegen haben sich die Bauern im Mittelalter auch so prächtig vermehrt. ;)
Eine Arbeitskraft auf dem Feld war eine lohnende Sache. Und jedes Kind wurde sehr früh zu einer Arbeitskraft auf dem Feld.

Ich postuliere mal, dass die normale mittelalterliche Kuh deutlich magerer war als man das heute gewohnt ist, aber zum allergrößte Teil kein Getreide bekam, sondern auf brachliegenden Flächen weidete und im Winter eben Stroh und Heu bekam.
Meine Oma hielt noch Kühe, die kaum Kraftfutter bekamen und den ganzen Tag klassisch auf der Weide futterten. Im Winter wurde Heu verfüttert. So eine Kuh sieht nicht aus wie die Hochleistungsdinger unserer Tierindustrie. Und so eine Kuh wirft am Tag nur ein paar Liter Milch ab. Morgens 5, abends 5. Plusminus ein bisschen, je nach Tagesform und Milchskills. Der klassische 10l-Eimer wurde jedenfalls niemals voll beim Melken.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Tudor the Traveller am 28.02.2012 | 09:43
Könnten wir mal Dinge wie feudale Strukturen und realhistorische Betrachtungen beiseite lassen? Die sind nun wirklich irrelevant für unser Vorhaben. Es steht völlig außer Frage, dass man einen Acker effizient nutzen kann, es aber nicht muss.

Edit: Ich würde gerne zu folgenden Punkten kommen:

- Landfläche, die notwendig ist, um für eine Stadt mit X Einwohnern die Grundversorgung zu sichern

- Kaufkraft für typische Vertreter relevanter Bevölkerungsschichten

- Wertsteigerung bei der Verarbeitung von Rohstoffen

Und das alles mit dem FANTASY-Ansatz im Hinterkopf!
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Quaint am 28.02.2012 | 10:37
Also entsprechend Feuersängers Berechnungen sind, bei mittelalterlichen Anbautechniken, so 4 ha Anbaufläche pro Familie in der Stadt das absolute Minimum. Da man noch anderen Kram braucht und vielleicht auch Luxus haben will - etwa Fleisch, Bier, Schnaps, Kleidung - halte ich nach bisheriger Datenlage so 10 ha Anbaufläche pro Familie für ne bequeme Menge. Da kommt dann für die Gesamtfläche aber noch Land dazu, welches eben nicht direkt nutzbar ist.
Dabei muss man aber beachten, dass diese Anbauflächen nicht in unmittelbarer Nähe der Stadt liegen müssen. So einige Nahrungsmittel sind haltbar und können potentiell weite Strecken transportiert werden. Dabei ist etwa an Getreide zu denken, aber auch Viehherden kann man über erstaunliche Distanzen treiben und viele andere Feldfrüchte sind, spätestens mit ein paar Tricks, auch haltbar. Äpfel etwa konnte man durchaus den Winter über Lagern, wenn man es richtig angestellt hat.

Die Kaufkraft ist dann auch so eine Sache - wir haben ja für bodenständige Leute (Landarbeiter, Bauern, Maurer...) Werte fürs Einkommen, da muss dann aber evtl. für reale Kaufkraft bedacht werden, dass Städte tendentiell teurer sind und man den dort etwas höheren Lohn evtl. auch braucht.
Grundsätzlich kann ein Vollbauer oder ein Landarbeiter ganz brauchbar von seinem Job leben (samt Familie) und hat dazu noch ca. 300d bis 500d pro Jahr.  Ist die Familie kleiner, gibt es potentiell auch mehr verfügbares Geld. Auf diesem Niveau gibt es auch einfache Bogenschützen und Fußsoldaten.
Eine Stufe darüber sind Handwerksmeister und dergleichen, die ja etwa 12d/Tag bekommen und übers Jahr wahrscheinlich um die 2000d erübrigen können, selbst nachdem sie ihrer Familie mit 6d/Tag einen ganz ordentlichen Lebensstandard beschert haben. So etwa auf der Stufe sind auch gehobene Soldaten. Ich würde auch den durchschnittlichen Fantasyalchemisten da einordnen.
Und dann gibt es Ritter. Da ist eine Angabe von 24d/Tag gemacht, vermutlich für landlose oder im Kriegszug. Das ist dann schon bequem wohlhabend. Wenn sie sparsam leben, können sie theoretisch 6000d und mehr im Jahr zur Verfügung haben. Auf dem Niveau würde ich für Fantasyzwecke auch einen Hauptmann der Stadtwache, einen angestellten Magier und dergleichen einordnen.
Dann gibt es noch Landbesitzer - grundsätzlich bringt eine hörige Bauersfamilie mit genug Land (45 ha Acker) etwa 3500d ein, natürlich erstmal in Naturalien. (basierend auf Feuersängers berechnungen) Die können mit genug Land und genug Untertanen natürlich fantastisch Reich sein, Armeen ausheben usw. usf.
Also nach den vorliegenden Daten könnte ein Ritter mit einem Gutshof durchaus ein bissle Gesinde und 1-2 einfache Soldaten unterhalten. Und dann noch etwas Geld haben.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Christoph am 28.02.2012 | 12:50
Deswegen wäre ja wahrscheinlich der Ansatz, die Bauern mal machen zu lassen und sich dann hinterher beim Ertrag zu bedienen, profitabler.
Dann ist da noch son bissl das Problem mit der Kompetenz des Grundherren. Wenn der Herr weiß, was er tut, kann er durch seine Anweisungen (z.B. bestimmte Fruchtfolge) den Ertrag verbessern. Wenn er im schlimmsten Fall ein Depp ist, kann er auch alles ruinieren ("Ich mag nur Weizen! Es wird immer Weizen angebaut!").

Keine Burg oder Stadtmauer baut sich von alleine - und tausende Tagelöhner heranzukarren.... nah.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 28.02.2012 | 16:16
Ach Fuck, schon wieder mitten im Beitrag der Browser abgekackt -.- Jetzt hab ich keinen Bock, alles nochmal zu schreiben.

Anderes Thema:
Ausgehend von den 24d/Tag für den Ritter, können wir vielleicht eruieren wieviele Höfe es braucht, um einen Ritter zu versorgen. Pro Hof nimmt er zunächst mal - nach obigen Modell - das Äquivalent von 120dz ein. Davon darf aber er auch nicht alles behalten, sondern muss wiederum Abgaben nach oben durchreichen (Kirche, Lehnsherr). Nehmen wir mal an, das seien auch 30%. Dann bleiben ihm pro Hof also ca. 84dz, entspricht ca. 2800d. Bedeutet, er benötigt ca. 3 Höfe. Und ich meine mich zu erinnern, ebendiese Zahl auch schonmal irgendwo gelesen zu haben.

Davon muss er ja einerseits seinen Wohnsitz als auch Pferde und Ausrüstung sowie Schergen finanzieren. Ein normales Arbeitspferd kostet so ca. 300d, ein Streitroß natürlich deutlich mehr; die Liste sagt 720d+. Mit Zubehör wie Sattel, Steigbügel etc. vielleicht grob 1000d insgesamt. Allerdings sollte er mindestens _zwei_ Pferde haben, und dann noch eins für seinen Knappen. Eine Vollrüstung, das hatten wir weiter oben auch schon, lag bei ca. 4000d. Summiert sich also ziemlich auf; das ist nichts mehr, was ein Ritter aus der Portokasse bezahlen kann. Von Kosten für ein Burg oder dergleichen ganz zu schweigen, zumal er ja bei alledem auch noch einen standesgemäßen Lebensstil pflegen will und nicht bei Wasser und Brot existieren.
(Als kleine Entlastung darf er ja in den Wäldern jagen.)

Da kommt es jetzt halt wieder auf die Gesellschaftsordnung an: ist das Militärwesen auf solchen Rittern basiert, die von ihren Hörigen leben, oder gibt es gar keine Ritter, und der König heuert Krieger/Soldaten an, die er aus dem Staatssäckel bezahlt, oder irgendwas dazwischen? Wenn Ritter, welcher Prozentsatz der Höfe ist unter ihnen aufgeteilt, und wieviel gehört anderen Organisationen?

Das sind alles so Variablen. Eine sehr hohe Ritterdichte lässt sich nur durch eine flache Hierarchie erreichen. Mit jeder Stufe, die zwischen Ritter und König/Kaiser steht (z.B. Barone, Grafen, Herzöge...), wächst die Anzahl derer, die ein Stück vom Kuchen abhaben wollen. Wenn z.B. zwischen Ritter und König noch zwei Hierarchieebenen sind, sagen wir Barone und Grafen, wird jeder von diesen einen Teil des Landes als direkten Hausbesitz behalten und Abgaben von der nächstniedrigeren Ebene einfordern wollen. Dadurch wächst die Zahl der Bauernfamilien, die auf einen Ritter kommen.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Dark_Tigger am 28.02.2012 | 16:49
@Feuersänger
Vll erst mal im Editor tippen und dann Copy&Paste? Dann passiert das nicht mehr.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Heinzelgaenger am 28.02.2012 | 21:36
Ja, ich würde auch sagen, dass für ein "mittelalterliches Universalsystem" eine grosse Unsicherheitskonstante wichtig ist.

Es gab halt für die allermeisten keine in Stein gemeisselte Businesspläne.
Tagelöhner konnten eben nicht hoffen, dass ihr bescheidener Lohn pünktlich und regelmässig übergeben wurde.
Selbst heute werden in manchen Ländern gerade die gesellschaftlich Niederen (bekannte Beispiele: China, Dubai) regelmässig verarscht.
Und Bauer Alrik findet auch nicht immer die Menge an Abnehmern, die er in fetten Jahren gerne hätte.

Darüberhinaus:
Ein Universalsystem mit Münzen-Zählen hat wenigstens für mich kein bischen Anziehungskraft.
D&Ds langer Schatten.
Mit Ausnahme einiger Spezialsettings, Endzeit-Survival zB, gibts dafür keine Berechtigung.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 29.02.2012 | 11:09
Stichwort Münzen. Bislang rechnen wir hier relativ durchgängig in "d" (wenn ich "SP" schreibe meine ich das gleiche). Im Original steht das wie gesagt für einen Pfennig/penny/denarius* zu 1/240 Pfund, welches sich über die Zeit um ein paar Prozent veränderte. Das ursprüngliche Karlspfund hatte 408g, also wog so ein Denar genau 1,7g. Später hatte das Münzpfund zeitweise nur 367g, entsprechend waren die Münzen noch leichter. Da Silber eine Dichte von 10,5 hat, waren das sehr kleine, dünne Münzen; spürbar kleiner als 1 Cent.

(Faustregel beim Vergleich von Kupfer- mit Silbermünzen: eine Silbermünze gleicher Größe und Dicke ist 15% schwerer.)

Das Karlspfund war eine reine Silberwährung, es gab keine Bronze- oder Kupferstücke. Der Penny war quasi die einzige Münze überhaupt, abgesehen von sehr seltenen Goldmünzen. Für kleinere Kaufwerte hat man die Pennies halbiert oder geviertelt (ha'penny und farthing); noch kleinere Werte als entsprechend ca. 0,4g waren einfach nicht drin.

Der Name "Denarius" hingegen kommt ja von lat. "Zehnerle". Der ursprüngliche römische Denar der Republik hatte so etwa 4g aus reinem Silber und stand für 10 Asse, wesentlich größere Münzen aus Bronze (oder Kupfer) à 12g. Die gab es also später nicht mehr.
(Die spätrömische Phase der fast silberfreien Denare als Scheidewährung lassen wir jetzt mal aus, hat ja nicht funktioniert.)

Für die Umsetzung im Setting kann man das nun also auf verschiedene Weise handhaben. Ich denke mal, den meisten Spielern gefällt die Vorstellung einer "handfesten" Münze besser als die von winzigen Blechlein.

In D&D beispielweise gilt für alle Münzen: 1 Zoll Durchmesser, "fifty to the pound", d.h. die Dicke variiert je nach Material. Eine Silbermünze wäre etwa so groß wie ein 2-Euro Stück, aber nur so dünn wie ein 5-centstück. Eine Goldmünze sogar nur etwa halb so dick wie dieses.
Hätte man "100 to the pound" - auch gut zu rechnen - wäre jede Münze nur etwa so groß wie ein Fünfcentstück.

Das ist also - zumindest bei der Silbermünze - gut vorstellbar. Jetzt aber der Kasus Knackus:
Eine solche Silbermünze wiegt 5mal soviel wie ein historischer Penny;
gleichzeitig haben wir als "Basisgehalt" etwa 4-6d pro Tag angesetzt.
Wenn wir nun 1d = 1SM setzen, sind das ca. 45 Gramm Silber pro Person und Tag. Auch wenn ein Großteil davon nur abstrakt verrechnet wird, impliziert das, das gewaltige Mengen Silber im Umlauf sein müssen.
Ist eine solche "Silberschwemme" eventuell problematisch? Welche anderen Implikationen ergeben sich hieraus?

Zum einen werden größere Summen langsam unbequem zu transportieren, es sei denn man weicht frühzeitig auf Gold aus. 4000SM für eine Ritterrüstung würden etwa soviel wiegen wie die Rüstung selbst.
Man hat ja auch in längst nicht jedem Spiel so praktische extradimensionale Börsen wie in D&D. Und ich will eigentlich so eine Inflation wie in DSA unbedingt vermeiden.

Und wie handhabt man kleinere Werte? Im Wesentlichen hat man wohl nur zwei Möglichkeiten:
- man rückt von der typisch mittelalterlichen reinen Silberwährung ab und führt wieder Bronzestücke ein, wenn man große Silbermünzen haben will;
- man macht die Silbermünzen doch wesentlich kleiner.

Was immer man macht, es sollte leicht zu rechnen sein. Ich würde v.a. gern bei den Zahlen der Preisliste bleiben, und nicht jeden Posten einzeln umrechnen. Auch sind wir eben ein Zehnersystem gewohnt, was ein hier vielleicht praktikableres 16er-System (Viertel...) unkommod erscheinen lässt.

Ich weiß, SCs neigen mit der Zeit dazu, die Goldmünze als einzige relevante Währung zu betrachten, und es liegt mir fern, einen "Streich dir mal 2 Heller ab" Spielstil zu propagieren. Es geht mir wie gesagt um die Konsistenz und Glaubwürdigkeit der Welt als Ganzes.

Das bringt mich auf die Kehrseite der Medaille:
Wenn man kleine Silbermünzen benutzt, also Geld viel wert ist, sprengen von den SCs im Spiel gefundene Schätze schnell alle Rahmen. Eine Truhe voller Silber kann sowieso schon mehrere 100kg enthalten, wenn da nun bereits 10 Gramm einem Tagesverdienst entsprechen - aber hallo.
Mal vom klassischen Drachenhort ganz zu schweigen. Wir hatten ja schonmal ausgerechnet, dass der in D&D übliche Schatz eines erwachsenen Drachen nur etwa einem Würfel Gold von 30cm Kantenlänge entspräche, was sehr enttäuschend ist, wenn man sich das mal vor Augen hält. Ein _richtiger_ Hort in Form eines "Bettes" aus tonnenweise Gold und Edelsteinen hätte schnell einen Wert von zig Millionen.

Was meint ihr dazu?
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: bobibob bobsen am 29.02.2012 | 11:51
Zitat
Wenn wir nun 1d = 1SM setzen, sind das ca. 45 Gramm Silber pro Person und Tag. Auch wenn ein Großteil davon nur abstrakt verrechnet wird, impliziert das, das gewaltige Mengen Silber im Umlauf sein müssen.
Ist eine solche "Silberschwemme" eventuell problematisch? Welche anderen Implikationen ergeben sich hieraus?


Finde ich nicht so Problematisch da ich davon ausgehen würde das jeder im Schnitt den Verdienst von 5 Tagen als "Bargeld" hat. Das würde bei einer Bevölkerung von 2 Milionen Bauen mal gerade 460T Silber entsprechen. Auf der Erde werden jährlich über 20000T Silber gefördert (wieviel das im mittelalter war kann ich leider nicht sagen), wenn man alle Silbervorräte zusammenzählt würde man ca. auf 100g pro Person kommen. Nur benutzen wir Silber halt nicht mehr als Währung.
Den restlichen Geldverkehr würde ich über Tauschgeschäfte abwicken, ich gebe dir 3 Säcke Weizen und dafür reparierste du mir den Wagen.

Zitat
Anders kann ich mir diese gewaltige Diskrepanz nicht erklären.


Ich meine mich zu erinnern das es im Mittelalter über 100 kirchliche Feiertage gab an denen nicht gearbeitet wurde.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Tudor the Traveller am 29.02.2012 | 12:47
Was meint ihr dazu?

Ich habe ja schon häufiger gesagt, dass ich das nicht so eng sehe.

Ganz allegemein würde ich mir für dieses Projekt wünschen, erstmal alles mit einer abstrakten Währung zu machen und das später in fiktive Metall-Münzen umzusetzen.

D.h. wir setzen irgendeinen Wert = 1 und beziehen alles andere darauf. Ob das jetzt 1 Silbermünze zu x Gramm, ein Kupfer- oder Bronzepfennig oder sonstwas ist, ist imo erstmal egal. Der Metall-Umlauf kommt zum Schluss.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 29.02.2012 | 13:14
Finde ich nicht so Problematisch da ich davon ausgehen würde das jeder im Schnitt den Verdienst von 5 Tagen als "Bargeld" hat.

Ich denke eher, dass es da Peak-Werte gibt. Wenn bspw. der Bauer Überschüsse zu verkaufen hat, wird er die eher alle auf einmal verkaufen und nicht pfundweise. Sonst hat er auch noch das Risiko mit der Lagerung, Schädlingsbefall, Feuer, Schimmel und so weiter. Da bekommt er dann schonmal einige hundert Tageslöhne auf einmal, von denen er dann bis zum nächsten Großverkauf leben muss.

Ich will da jetzt auch nicht aus ner Mücke nen Elefanten machen, grundsätzlich ist deine Rechnung schon ein ganz guter Ansatz, dass es unterm Strich doch nicht _so_ viel Silber ist.

Nicht brauchbar ist hingegen der Verweis auf heutige Fördermengen. Heutzutage kostet ein kg Silber ca. 1000 Euro, also grob 1 Euro pro Gramm (was übrigens doppelt so hoch ist wie vor 2 Jahren, und vor 10 Jahren hat eine Unze [30g] nur ca. $5 gekostet). Am anderen Ende des Spektrums haben wir das republikanische Rom, wo man ein Gramm umgerechnet genug für einen ganzen Tag war -- eben weil die Förderung mit antiken Mitteln, trotz Sklavenarbeit und pipapo, sehr aufwendig war.

Aber das hängt natürlich einfach davon ab, wie häufig die Metalle in der Natur vorkommen. Vergleiche Gold bei den Inka. Insofern ist es schon ein leichtes, einfach die Häufigkeit so weit hochzuschrauben, dass man die gewünschte Kaufkraft erzielt.

Zitat
Ich meine mich zu erinnern das es im Mittelalter über 100 kirchliche Feiertage gab an denen nicht gearbeitet wurde.

Ich erinnere mich dunkel. 100 sind vermutlich inklusive Sonntage. Ja, das kann hinkommen. Also statt freiem Samstag durchschnittlich 1 zusätzlicher freier Tag pro Woche.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 1.03.2012 | 01:12
Ich persönlich mag ja das Karlspfund-System und habe das auch bei meiner Sword & Sorcery-Kampagne eingesetzt, das Pfund zu 480g uind der Pfennig exakt 2 Gramm. Den Spielern habe ich, wenn sie eine größere Menge Silber gefunden haben, halt gesagt "das sind so vier bis fünf Pfund". ^^ Die Spieler fanden das glaub ich ganz gut, vor allem weil sie sich nicht mehr am Geld abgeschleppt haben.

Auch charmant finde ich das Währungssystem im LOTR RPG; keine Ahnung ob das tatsächlich einen Beleg bei Tolkien hat: 4 Silberpennies sind 1 Silbermünze oder Schilling, und vier Silberschilling sind ein Goldpenny, und vier Goldpennies sind eine Goldmünze. Eine Goldmünze entspricht also 64 Pennies, die man auch noch hätte vierteln können. (Und ein Silberpenny à 100 Kupferpennies, aber das fand ich wieder doof.)

Zwar ist sowas für Dezimalfetischisten schwer zu rechnen. Aber für die Spieler stellt sich ja die Frage eigentlich gar nicht -- denen bietet man eine Lebensstil-Flatrate à soundsoviel Silber pro Monat an, und damit ist alles abgedeckt, ohne jeden Viertelpenny einzeln abzustreichen.

Andererseits würde ich der Einfachkeit halber bei Silber- und Goldmünzen den fantasynormierten 10:1 Kurs weiterverwenden, wiederum um Verwirrung mit den Preislisten und unnötiges Umrechnen zu vermeiden. Will man Gold eine andere Wertigkeit geben, macht man halt einfach die Münzen kleiner (oder größer, was ich aber nicht empfehlen würde).

Ähnlich wie Turning Wheel finde ich es flairtechnisch schön, wenn man Silber als Standardwährung verinnerlicht und Gold etwas seltenes und besonderes ist. Ist natürlich eine Geschmacksfrage.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Quaint am 1.03.2012 | 06:18
Ich finde auch Währungen mit einer 100er-Umrechnung nicht schlecht.
Und dann eben Gold-Silber-Kupfer.

Da könnte man dann aus den vorliegenden Listen 1d = 1 Silbermark machen (was dann eben ne recht kleine Silbermünze wäre) und die noch in Kupferpfennige unterteilen. Und dann natürlich auch Münzen mit mehr Wert, also etwa 5 Mark-Stücke ^^

Damit könnte man dann auch kleine Werte gut darstellen, etwa wenn man nur ein paar Kleinigkeiten auf dem Markt einkauft, und andererseits sind große Werte auch kein Problem.

Ne Kettenhauberge etwa wären dann ja rund 7 Gold - das ist überschaubar.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 1.03.2012 | 10:18
Da fällt mir gerade noch eine Inkonsistenz der Preisliste auf: da steht, 1 Pfund Silber hätte 320d gekostet. Nun ist aber 1d qua Definition 1/240 Pfund. Anzeichen für eine Verringerung des Silberanteils im Geld?
Jdf. würde ich das für unsere Zwecke ignorieren und von reinen Silbermünzen ausgehen. Kupfer kostet laut dieser Liste 2d pro Pfund, also kommt da die 1:100 Umrechnung _ganz grob_ hin (man muss ja nicht päpstlicher sein als der Papst). Kann statt Kupfer auch Bronze sein, das ist dann haltbarer und sieht schöner aus.

Gold wäre bei einem Gewichtskurs von 1:100 extrem selten; historisch waren ja in Europa eher Verhältnisse zwischen 1:12 und 1:20. Aber wenn man die Silbermünzen 5 Gramm schwer macht und die Goldmünzen 25 Gramm, hat man bei einem Gewichtskurs von 1:20 einen Münzkurs von 1:100. Ginge also. (Heute gibt es auch noch Goldmünzen zu einer Unze, also 30g, das sind schon ziemliche Kaventsmänner; größer würde ich sie nicht machen.)

That said, finde ich persönlich 1:100er-Umtauschraten zu modern. ^^

Mit "Mark" wäre ich auch vorsichtig. Zwar kann man als Münzfuß auch Mark statt Pfund nehmen, diese hatte aber historisch meist so um 300g, also etwas mehr als eine einzelne Münze. ;) Ist zwar ein schönes Maß, aber da haben wir halt heutzutage den Nachteil, dass wir bei einer Mark an eine kleine Münze denken und nicht an einen veritablen Barren.
Möglich wäre allerdings eine Goldmark, also eine Münze zu ca. 15g die eine Mark Silber wert ist.

Noch was zur Unterteilung: im Conan-RPG ist ausschließlich die Silbermünze à 1/100 lb als universelles Zahlungsmittel definiert. Goldmünzen sind deutlich seltener, und Kupfer- oder Bronzemünzen werden nicht außerhalb ihrer Heimat anerkannt. Silbermünzen werden bei Bedarf geviertelt. Noch kleinere (konvertierbare) Werte gibt es einfach nicht. So bekommt man für 1/4 Silber drei Laib Brot. Wer also nur ein Sträußchen Petersilie kaufen will, hat insofern Pech gehabt. (Tagelöhner-Basisverdienst ist auch hier iirc 1S/Tag.)
Insgesamt fand ich das Preisgefüge bei Conan an vielen Stellen überraschend gut recherchiert; rechnet man die Preise in Gramm um, kommt man bei vielen Gütern auf Werte, die etwa um das 11. Jahrhundert belegt sind. Ausgerechnet die meisten Waffen sind aber viel zu billig. Naja, das nur am Rande.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Skeeve am 1.03.2012 | 19:58

@Auribiel:
Also, ich kenne den Link schon =) Die Infos hieraus gibt's übrigens auch als Online-Calculator aufbereitet:
Domesday Book (http://www.rpglibrary.org/utils/meddemog/)

That said, habe ich daran einiges zu kritteln. Zunächst mal ist die These von Ross "Es leben immer so viele Menschen in einem Landstrich, wie dieser ernähren kann". Demnach gäbe es nirgends unbesiedelte Flächen. Er setzt auch die Bevölkerungsdichten nach Landstrich zu hoch an. Demnach hätten im Römischen Imperium nicht 90, sondern 150 Millionen Menschen leben müssen (disclaimer: das alte Rom war dem Mittelalter in einigen Bereichen voraus [Aquädukte], in anderen hinterher [Fruchtfolge].) Besonders augenfällig wird die Diskrepanz bei den kühleren Klimazonen.

Also so ganz grob ist es schon zu verwenden, aber bei den Bevölkerungsdichten übertreibt er ein wenig.

Praktisch ist beim Domesday Book vor allem die Demographiefunktion für Ortschaften. Wenn es denn ordentlich recherchiert ist. Ich finde z.B. 33 Schuhmacher und 125 Geistliche für ein 5000-Seelen-"Kaff" ein wenig übertrieben.

Da hätte ich noch http://www.welshpiper.com/populations-for-low-fantasy-settings/ (http://www.welshpiper.com/populations-for-low-fantasy-settings/) und die Online-Version [http://www.welshpiper.com/medieval-demographics-online (http://[http://www.welshpiper.com/medieval-demographics-online) anzubieten.

Da sind das dann nur 42-44 Geistliche für das 5000-Seelen-"Kaff".

Es bleiben aber 33 Schuhmacher bzw. 1 Schuster für 150 Personen.So viel erscheint mir das nicht.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 1.03.2012 | 20:17
Es bleiben aber 33 Schuhmacher bzw. 1 Schuster für 150 Personen.So viel erscheint mir das nicht.

Mal sehen. Nehmen wir an, jede Person hat zu jeder Zeit ein Paar Schuhe. Das ignoriert also, dass viele ärmere Menschen barfuß unterwegs waren oder nur Fußwickel ("Laufsäcke") hatten. Nehmen wir ferner an, ein Schuhmacher kann pro Tag zwei Paar Schuhe herstellen. Und das Jahr habe 250 Arbeitstage, macht 500 Paar Schuhe im Jahr. Das würde also eine durchschnittliche Haltbarkeit von unter drei Monaten pro Paar Schuhe bedeuten.
_Kann_ sein, dass mittelalterliche Schuhe wirklich so schnell "durch" waren. Weiß ich nicht. Man möcht auch eigentlich meinen, dass da vor allem sie Sohlen verschlissen, und ne neue Sohle sollte noch wesentlich appliziert sein.

Also kurz und gut, damit 1 Schuhmacher von 150 Leuten satt wird, müssen die Schuhe wirklich extrem schnell verschleissen.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Heinzelgaenger am 1.03.2012 | 20:50
Ich werfe ein, dass ihr mit den zuvielen Schustern im Prinzip erst mal recht habt.

Andererseits wird es wie in modernen Zeiten gewesen sein, dass, sagen wir mal, eine Stadt mit so vielen Schustern entweder viel exportiert, oder vielleicht die Armee des Kaisers/ein Söldner Regiment etc ausstattet.
Ein Schuster für ein richtiges Kaff ist nur möglich, wenn in den umliegenden Nestern kein Schuster lebt.

Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: ErikErikson am 1.03.2012 | 20:55
Vielleicht war der Schuster auch gleich Schlosser usw.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 1.03.2012 | 20:58
Vielleicht war der Schuster auch gleich Schlosser usw.

...

I see what you did there!

Wollt schon anfangen zu zetern, dann hab ich's erst geschnallt. Das ist klasse. ^^
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: justKay am 1.03.2012 | 21:11
Also kurze Wiki/Google Suche ergab, dass 1 Schuster auf 150 Einwohner passen kann. Viele waren dabei wohl Flickschuster (haben also nur Schuhe repariert). Ganz allgemein steht ganz oft etwas von einem Schuster in jedem Dorf, ein spezielles Beispiel war ein Artikel wonahc noch in den 60ern in einer 1000 Einwohner Stadt 2 Schumacher genug zu tun hatten und da gabs schon industriell gefertigte Schuhe seid einem Jahrhundert.

Der Grund dafür liegt wohl vor allem daran, dass Feuersänger die Produktionsleistung massiv überschätzt. In einem Artikel wurde ganz stolz gesagt, dass die Hausschuster (also Hausierende Schuster) teilweise ein Paar in nur einem Tag schaffen konnte. Anders formuilert mit ausmessen, fertigen, anpassen usw. war ein Schumacher teilweise mehrere Tage beschäftigt.

Industrieproduktion von Qualitätsschuhen schafft wenn ich das richtig sehe normalerweise etwa 5-10 Paar pro Mitarbeiter und Tag (Chinesische Großproduktion sieht hier natürlich noch etwas anders aus ;) ).

Das "A Magical Medieval Guide Western Europe" geht sogar von einem Schuster auf 120 Einwohner aus.

Zusammenfassung, ich glaube ie Zahl ist schon gut genug recherschiert, eien Wissenschaftliche Arbeit würde ich nicht daruaf aufbauen, schient aber gut zu passen.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Sphärenwanderer am 1.03.2012 | 21:21
Zitat von: http://www.historische-schuhe.de/epages/61580448.sf/de_DE/?ObjectPath=/Shops/61580448/Categories/%22Geschichte%20Schuh%22
Man weiß im einzelnen nicht, wie hoch der individuelle Schuhverbrauch war, spätmittelalterlichen Schriftquellen zufolge muss er erheblich gewesen sein. Darin ist zu lesen, dass beispielsweise Knechte zusätzlich zu ihrer Entlohnung im Schnitt 3-8 Paar Schuhe pro Jahr erhielten oder dass eine Familie mit Angehörigen und Gesinde pro Halbjahr über 100 Paar Schuhe benötigten. Unseren Erfahrungen nach kann man von ca. 2-3 Monaten bis zur ersten Reparatur ausgehen, dies hängt aber natürlich stark von der Qualität der Schuhe und vom Pflegezustand ab. Auch die Benutzungsintensität ist bedeutend da ein Bote die Schuhe natürlich mehr beansprucht als ein Prokurist.
Auch wenn die Quellen nicht genannt werden, vielleicht stimmt es ja.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 1.03.2012 | 21:57
Du gehst da von guten Stiefeln aus. Die meisten Leute werden sich die nicht leisten haben können. (Das wird übrigens auch schon in einem Discworld-Roman thematisiert: arme Schlucker müssen sich jedes Jahr für 1 Dollar billige Schuhe kaufen. Reiche Leute kaufen sich einmal welche für 6 Dollar und haben das ganze Leben was davon.)
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Stonewall am 1.03.2012 | 22:38
Die Herstellung könnte im Mittelalter aber länger gedauert haben als heute.

Davon gehe ich aus. Auch "gute" Schuhe werden, sofern nicht Maßanfertigung, heute iA semiindustriell, zB mit Maschinennaht hergestellt.
Die im Schuhgewerbe nicht ganz unbekannte Firma Alden (http://www.aldenshoe.com/history.htm) gibt auf ihrer Seite folgendes an:
Zitat
Early New England shoemaking was a trade based upon one craftsman making a pair a day in one room cottages (called "ten footers"). Beginning in 1850 a series of inventions led to mechanized stitching and lasting.operations and the birth of New England shoe industry followed rapidly. The productivity gains over the traditional shoemaker were on the order of 500 - 700%, yet the new methods also led to an extraordinary improvement in both quality and consistency.

Mal interessehalber: Was verstehst Du unter einem "sehr guten Schuh" oder einem "normalen Schuh"?
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Sashael am 1.03.2012 | 23:20
En sehr guter Schuh kostet heute um die 1000 Euro. Ich gehe davon aus, dass ein Handwerker da zwei Tage dran arbeitet.
Ein normaler Schuh kostet die Hälfte und verursacht vermutlich 1 bis 1,5 Tage Arbeit.
Wo zur Hölle gehst du denn bitte Schuhe kaufen???
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Stonewall am 1.03.2012 | 23:30
Wo zur Hölle gehst du denn bitte Schuhe kaufen???


Vielleicht läßt er ja seine Schuhe nach Maß anfertigen? Würde ich auch gerne, mir fehlt nur leider das Geld dazu.  :)
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Quaint am 1.03.2012 | 23:31
Wo zur Hölle gehst du denn bitte Schuhe kaufen???

Das fragte ich mich auch gerade. Ich geb normal so 30-40 Euro aus und dann hab ich nen mehrere Jahre haltbaren Lederschuh. Sehr gut würde ich den ja nicht nennen, aber...
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 1.03.2012 | 23:33
Wo zur Hölle gehst du denn bitte Schuhe kaufen???

Hand und Massgefertigt Cordovan Schuhe oder
Computervermessene, Massgefertigte Hanwag GTX Schuhe?
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Skeeve am 2.03.2012 | 01:05
Nebenbei bemerkt, da ich auch gerade meine eigene Kampagne aufbaue, in meinem eigenen Fantasy-Setting das sich ebenfalls noch im Aufbau befindet, lese ich hier auch sehr interessiert mit und bin etwas kurz angebunden... Übersetze und bastel gerade an meiner  großen Preisliste.

Aber zurück zu den Schuhen:

Auf http://www.manager-magazin.de/lifestyle/mode/0,2828,675382,00.html (http://www.manager-magazin.de/lifestyle/mode/0,2828,675382,00.html) schreiben sie was von 30 Stunden für ein Paar.  Zu den Preisen schweige ich mal... stehe noch etwas unter Schock.

Hier http://www.massschuhe-wiesbaden.de/massschuhe/modelle/ (http://www.massschuhe-wiesbaden.de/massschuhe/modelle/) konnte ich auf die Schnelle nichts zur Arbeitszeit, aber eine nette kleine Preisliste finden.

Dafür http://www.massschuhe-online.de/ (http://www.massschuhe-online.de/) schreiben sie hier was von über 50 Stunden, dafür sollen die Schuhe mit "unter 500 Euro" nur ein Viertel von den 2000 Euro (oder auch mehr, je nach Leder) aus dem ersten Link kosten.

Aber abgesehen von den heutigen Preise, die hier ja nicht wirklich relevant sind, steht in meiner Quelle [auf totem Baum] "Die Geschichte des Handwerks" von Dr. Peter Albrecht und Horst Wolniak auch zum Hausschuster (der auf dem Land von Hof zu Hof ging und seine Arbeit an bot):
Zitat
Seine Hauptarbeit bestand im Reparieren, denn Schuhe waren kostbar und wurden so lange repariert, bis sie buchstäblich auseinander fielen. Wenn der Hausschuster Glück hatte, durfte er neue Schuhe anfertigen. Dazu brauchte er etwa einen Tag.

Zum Stadtschuster
Zitat
fertigte vor allem neue Schuhe an und machte nur gelegentlich Reparaturen
und zum Flickschuster
Zitat
nur für das Reparieren von Schuhen zuständig
steht dort nicht so viel. Im 15. Jahrhundert und danach waren wohl auch wieder Holzschuhen weit verbreitet und brauchten nur 2 Stunden zur Herstellung. Für Sonn- und Feiertage wurde aber wieder der Lederschuh angezogen.

Wieviele Kunden jetzt ein Stadt-, Haus- oder Flickschuster hatte und wer wann wieviel Zeit im Jahr mit neuen Schuhen oder der Reparatur von alten Schuhen verbrachte... fragt mich nicht.

Aber dann sind da auch noch die anderen Sachen aus Leder (z.B. Rucksack) die wohl auch vom Schuster hergestellt wurden.

Wer noch den berühmtesten Schuster aus dem 16. Jahrhundert sucht: Hans Sachs http://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Sachs (http://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Sachs)
Ich versuche gerade das "Eygentliche Beschreibung Aller Stände auff Erden" http://digital.slub-dresden.de/ppn278811973 (http://digital.slub-dresden.de/ppn278811973) von ihm zu lesen. Auf Seite 111 schreibt er was zum Schuhmacher. Ich kann da noch was von "Armbrusthalffter" und "Feuereimer" entziffern. Ich denke, die meisten Produkte aus Leder kamen wohl damals vom Schuster.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 2.03.2012 | 01:40
Also ich wollt grad sagen -- abgesehen von dem "500 Euro - wtf???", das ihr mir schon abgenommen habt -- dass der mittelalterliche Schuh ganz anders gemacht war als was wir heute haben. Deswegen ist das schwer zu vergleichen. Ich empfehle da z.B. mal etwas Lektüre über "wendegenähte Schuhe" (früh- bis hochmittelalter).
Auf einer Website, wo man sowas kaufen konnte, stand ein ganzer Info-Artikel über den Kram damals und heute. Quintessenz etwa: "der mittelalterliche Schuh war einfach scheisse. Wenn ihr wollt, machen wir euch trotzdem so einen. Wir empfehlen aber, sich ein paar moderne Marscherleichterungen zu gönnen."

Jedenfalls, man bekommt _heute_ authentisch hergestellte mittelalterliche Schuhe für, je nach Qualität, von ca. 50 bis 150 Euro; oder Schaftstiefel für 80 bis 300 Euro. Freilich auch je nachdem in welchem Land man bestellt usw. Bei den Stiefeln ist allein schon der Lederbedarf enorm.

Anekdote: als ich jung war, hatten wir noch einen Schuster vom alten Schlag hier am Ort -- der war damals schon längst im Rentenalter, hat aber immer noch weitergearbeitet. Zuletzt hab ich vor ca. 2 Jahren von ihm gehört, als er die 90 geknackt hatte und immer noch in die Werkstatt ging. Womöglich lebt er immer noch. Na jedenfalls, in meiner Jugend sind wir da immer hin, wenn was zu machen war: neue Sohlen, Lederriemen für den Rucksack, usw. Er hat sich immer angehört, was zu machen war, um dann zu sagen "Oh, das wird aber teuer." Wenn man dann gefragt hat, wie teuer, kam sowas wie "So zehn Mark".  :D
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Stonewall am 2.03.2012 | 02:19
Auf http://www.manager-magazin.de/lifestyle/mode/0,2828,675382,00.html (http://www.manager-magazin.de/lifestyle/mode/0,2828,675382,00.html) schreiben sie was von 30 Stunden für ein Paar.  Zu den Preisen schweige ich mal... stehe noch etwas unter Schock.

Die Preise wirken zuerst natürlich recht happig. Und für nicht-Superreiche ist das natürlich auch ein Riesenbatzen Geld. Aber wenn man mal nachdenkt: 30 Stunden qualifizierte Arbeit + Material (wirklich gutes Leder ist nicht billig und der Maßschuhmacher nimmt wohl auch nicht die allergrößten rabattträchtigen Mengen ab) + Fixkosten...

Ein großer Posten ist die wohl recht aufwendige Anfertigung des Maßleistens. Deshalb sind ja die Folgepaare günstiger.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 2.03.2012 | 08:56
Wenn ich mal wieder die Preisliste zu Rate ziehe, finden wir dort drei Einträge für Schuhe: 4d, 6d, 14d je nach Quelle. Wobei besonders verwirrend ist, dass 6d für Bauernschuhe 1313 und 4d für Landadel-Schuhe 1470 angegeben ist, also da wird wohl irgendwas verkehrt sein.
Wenn die Hauptliste (ca. 1450) stimmt, kostet ein Paar Lederschuhe mit 14d einige Normtagessätze. Wobei Leder selbst mit 12d pro sq.yd (0,8m²) auch schon ziemlich teuer ist. Mein eigentlicher Plan, aus dem Preis den Arbeitsaufwand zurückzurechnen, scheitert daran, dass wir nicht wissen, wie hoch der Lederbedarf für diesen bestimmten Schuh war (um die Zeit war ja schon der Schnabelschuh "in"). Aber so grob erscheint mir ca. 1 Tag pro Paar nun auch plausibler.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Quaint am 3.03.2012 | 10:01
So, ich hoffe mal damit ist der Exkurs "Schuhe und Schuster im Mittelalter" abgeschlossen und wir können uns wieder anderen Dingen zuwenden.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Tigerbunny am 3.03.2012 | 10:06
Hab den Faden nicht vollständig verfolgt, weiß daher also nicht, ob es schon genannt wurde. Zum Aufbau eines Fantasywirtschaftssystems empfehle ich die Lektüre von GURPS 4th "Fantasy". Das geht da recht umfangreich drauf ein, u.a. auch auf die Auswirkungen von Magie auf Reisewege, Wachstumsoptimierung und dergleichen mehr.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 3.03.2012 | 10:14
Gerne. Eigentlich ging es mir dabei ja nur um die Plausibilität der demographischen Daten von dieser vorher verlinkten Seite. Soweit ich mich entsinne, fußen diese auf einer Volkszählung von Paris im ca. 13. Jahrhundert; kann aber auch sein dass ich da gerade was verwechsel.
Was ich mich z.B. noch frage ist, was unter "Clergy" zu verstehen ist. Wörtlich "Klerus". Priester sind allerdings extra aufgeführt, und "Clergy" dafür sehr zahlreich. Sind darunter vielleicht Kloster zusammengefasst?
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Quaint am 3.03.2012 | 10:22
Ich habe da auf die schnelle nichts definitives gefunden, aber an sich würde ich davon ausgehen, gerade wenn Priester extra aufgezählt werden.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Terrorbeagle am 3.03.2012 | 10:25
Was ich mich z.B. noch frage ist, was unter "Clergy" zu verstehen ist. Wörtlich "Klerus". Priester sind allerdings extra aufgeführt, und "Clergy" dafür sehr zahlreich. Sind darunter vielleicht Kloster zusammengefasst?

Es könnte sein, dass sich dahinter Schreiber, Verwalter und dergleichen verbergen; der englische Clerk stammt etymologisch ja auch aus der Ecke und es kann sein, dass die Aufgabe der Schreibtätigkeiten, ursprünglich mal ein fast ausschliesslich kirchliches Betätigungsfeld schlicht "säkularisiert" wurde. Das ist aber mehr geraten als gewußt.  
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Quaint am 3.03.2012 | 10:32
Mit etwas Geduld habe ich mal gefunden, was die entsprechende Seite selbst darunter versteht:

Zitat
Settlement Clergy
Religion is an important element in low-fantasy societies, and even the smallest settlements are likely to support at least one shrine, temple, or church. The hierarchies of most churches are divided along three lines: laity (the “normal” parishoner), clerics (monks, acolytes, and deacons), and priests (bishops, archdeacons, high priests, cardinals). Exact titles vary according to religious traditions, but for our purposes (and ignoring the laity), the Generator determines the number of ordained clergy.

    Clerics (1/120): Lesser functionaries within the church, responsible for day-to-day duties, keeping records, serving as scribes, translating scripture, assisting the priests, and administering to the laity’s general needs.
    Priests (1/30 clerics): High functionaries within the church, responsible for conducting ceremonies, assigning pennance, instructing clerics, and representing the church in matters of interest.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Dr.Boomslang am 3.03.2012 | 17:38
Wenn wir nun 1d = 1SM setzen, sind das ca. 45 Gramm Silber pro Person und Tag. Auch wenn ein Großteil davon nur abstrakt verrechnet wird, impliziert das, das gewaltige Mengen Silber im Umlauf sein müssen.
Ist eine solche "Silberschwemme" eventuell problematisch? Welche anderen Implikationen ergeben sich hieraus.
Soweit ich das weiß wurde im Mittelalter fast alles auf Kredit abgerechnet und nicht in echten Münzen. Händler in verschiedenen Städten haben dann ihre Salden verrechnet und eventuell mal kleinere Mengen Gold oder Silber zum Ausgleich transportiert.
Auch der normale Bürger hat überall anschreiben lassen und größere Summen wurden dann in Schuldscheinen (die auch wieder umlaufen können) oder eben mal in ein paar wertvolleren Münzen gezahlt, wenn man welche gespart hatte.

Die große Menge an Edelmetall läuft eher nicht um, sondern sammelt sich an Orten die große Werte aufbewahren (Kirchen, Banken, Händler, Schatzkammern für Steuereinnahmen).
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Quaint am 3.03.2012 | 18:57
Ich bin gerade nochmal über was gestolpert: Fief und Town, jeweils von Lisa J. Steele aus der Schmiede von Cumberland Games. Ziemlich unbekannt, aber es gibt kostenlose Sampler und denen nach zu Urteilen enthalten die Werke ein Reichtum an Informationen über das mittelalterliche Wirtschaftsleben.

Ist vielleicht verschiedentlich einen Blick wert:

http://www222.pair.com/sjohn/fief.htm (http://www222.pair.com/sjohn/fief.htm)
(Da gibts auch die kostenlosen Sampler)
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 11.03.2012 | 11:09
*bump*

Ich denke, ein Großteil der mundanen Aspekte ist mittlerweile hinlänglich abgedeckt. Jetzt könnten wir uns mal überlegen, wie sich Magie in das Wirtschaftssystem integriert.
Dafür gibt es freilich keine Allgemeinlösung, da ja das Magieniveau und die Frequenz von magischen Items sich je nach System und Setting unterscheiden. Aber ich würde mal sagen, in Low-Magic Setting hat Magie schlicht keinen besonderen Einfluss auf das normale Leben und kann daher ignoriert werden. Interessant wird es eher in High-Magic Settings (kurz HMS), im Extremfall mit "Ye Olde Magick Shoppe".

Paradebeispiel D&D:
sehr hohes Magieniveau; Verfügbarkeit magischer Gegenstände für die Progression der Charaktere unverzichtbar. Außerdem alle möglichen Utility-Zauber verfügbar, die mundane Arbeit zum Teil obsolet machen.

Was die Ausrüstung angeht, ist hier das Grundkonzept, dass die Kosten für höhere Boni etc. nicht linear, sondern quadratisch ansteigen. So wird erreicht, dass ein level 7 Charakter seine Kohle in diverse +1-Items steckt, und nicht alles zusammenschmeisst um sofort das +5-Überschwert zu bekommen.

Nun bin ich aber versucht, weiter zu denken: was passiert mit dem ganzen Gold? Selbst ein +1-Schwert ist schon über 2000GP wert, oder nach unserer Umrechnung, 20.000d. Und das ist etwas, was so ziemlich jeder 5.Stufer schon hat. Die Hälfte der Summe geht beim craften drauf; wohl für Verbrauchsmaterialien. Also gibt es einen Wirtschaftszweig, der sich mit dem Handel mit solchen Materialien (wie Weihrauch etc.) befasst. Das Geld fließt also in den Wirtschaftskreislauf und ist somit weitgehend unproblematisch.
Die andere Hälfte aber ist sozusagen die Handelsspanne. Wer ein Schwert von 0 auf +1 verzaubert hat, kann es mit 10.000d Profit verkaufen. Das wäre schon genug, um 3 Jahre lang sehr bequem zu leben. Aber wer es drauf anlegt, kann jeden Tag so ein Schwert herstellen (oder sogar mehrere). Was macht er mit der ganzen Kohle? Selbst wenn noch ein Zwischenhändler eingeschaltet ist, machen halt z.B. zwei Leute je 5000d Profit.
[Ob das craften jetzt XP kostet oder nicht, sei mal dahingestellt; in 3.5 ist das der Fall, in PF nicht.]

Hier frage ich mich doch, ob es nicht z.B. möglich wäre, alle Preise für magische Gegenstände und Verzauberungen um meinetwegen Faktor 10 zu reduzieren. Und entsprechend natürlich auch die WBL-Tabellen. Das heisst, ein Stufe 10 Charakter hat nicht mehr einen Gesamtwert von ~70.000, sondern nur noch 7000GP zur Verfügung, aber die +2-Waffe kostet auch nur noch 800 statt 8000GP.
Detailfrage wäre dann noch, ob man den Zuschlag für Masterwork-Waffen bei +300 belässt oder ebenfalls zehntelt.
[Wohlgemerkt: die Preise für mundane Gegenstände können weitgehend unverändert bleiben; lediglich die Vollplatte sinkt gemäß authentischer Preisliste massiv von 1500 auf ca. 400GP.]
Das hat dann noch den Nebeneffekt, dass man das Gewicht des Geldes nicht mehr handwedeln bzw. Nimmervolle Geldbeutel verteilen muss. (10.000GP entsprechen immerhin 100kg Gold bzw. 1 Tonne (!) Silber) Insgesamt kommt man mit deutlich weniger Cashflow aus. Das ist vielleicht vor allem für Kampagnen interessant, in der nicht im Akkord Drachenhorte geplündert werden.

Was meint ihr; würde das funktionieren, oder übersehe ich da irgendwas essentielles, warum man davon die Finger lassen sollte?
Nebenbei bemerkt gehe ich von einer Demographie aus, in der die meisten NSCs sich auf die Stufen 3-6 verteilen, folglich also auch kein Mangel an Zauberwirkern der 5. Stufe herrscht, und auch NSCs höhere Stufen nicht zu selten sind.

Was mich darauf bringt, dass es ja noch diverse andere Zauber gibt, die einen direkten Einfluss auf das Wirtschaftssystem haben können. Diverse Beispiele:

- Wall of Stone/Iron/Salt:
Die "Wälle" sind ziemlich dünn; um also z.B. eine Burg- oder Stadtmauer aus Walls of Stone zu bauen, bräuchte man ziemlich viele davon. Angesichts der Kosten für einen entsprechenden Zauberstab würde man das wohl nur als Notmaßnahme einsetzen, wenn es ganz schnell gehen muss. Ansonsten ist Handarbeit auf alle Fälle billiger.
Bei der Eisenwand wird es schon etwas kniffliger; sie liefert auf einen Schlag ca. 16 Tonnen Eisen (CL12), was einem Marktpreis von ca. 1600d (160GP) entspricht. Da jedoch als Materialkomponente schon 50GP anfallen, reicht das nicht, um das Wirtschaftssystem zu sprengen. Vielmehr dürfte es auch ein Notfallzauber sein ("Die Stadt wird belagert und unsere Schmiede brauchen dringend Eisen für Waffen und Rüstungen!").
Der Salzzauber (non-core) ist in D&D wirtschaftlich sehr problematisch, da laut Standardpreisliste Salz sein Gewicht in Silber wert ist, und somit ein Salzwall geschmeidig 20.000GP wert wäre (oder aber den Salzpreis ruiniert). Auch hier rettet uns aber die authentische Preisliste, da dort Salz nur 1d pro Pfund (!) kostete, also der Wall nur 400GP wert wäre. Nichtsdestotrotz würde ich hier kein Risiko eingehen und den Salzwall ersatzlos streichen.

Das Thema Fabricate hatten wir ja schon; ein Zauberer ab 9. Stufe kann hiermit idealerweise eine Vollplatte (bei uns 400GP) mit einer Handbewegung herstellen, wenn er will mehrere pro Tag, während ein Rüstungsschmied der 9. Stufe mehrere Monate benötigen würde. Das ist wirklich ein _sehr_ lukrativer Zauber, insbesondere in Zeiten der Aufrüstung oder des Krieges. Das dürfte auf jeden Fall Konsequenzen für das Wirtschaftsgefüge haben.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Chaos am 11.03.2012 | 11:49
- Wall of Stone/Iron/Salt:
Die "Wälle" sind ziemlich dünn; um also z.B. eine Burg- oder Stadtmauer aus Walls of Stone zu bauen, bräuchte man ziemlich viele davon. Angesichts der Kosten für einen entsprechenden Zauberstab würde man das wohl nur als Notmaßnahme einsetzen, wenn es ganz schnell gehen muss. Ansonsten ist Handarbeit auf alle Fälle billiger.

Ich sehe so einen Zauberstab vor allem als Hilfsmittel für Belagerte, um Breschen in den Mauern zu schließen. Wenn die Dinger verbreitet genug sind, machen sie Belagerungsartillerie für die Angreifer vielleicht sogar vollkommen sinnlos, weil es so viel länger dauert, Breschen zu schlagen, die auch offen bleiben, dass andere Methoden sinnvoller sind. Wobei ich mich natürlich frage, wie man zum Beispiel eine Burg aushungern soll, deren Verteidiger jemanden haben, der "Create Food and Drink" zaubern kann...

Zitat
Bei der Eisenwand wird es schon etwas kniffliger; sie liefert auf einen Schlag ca. 16 Tonnen Eisen (CL12), was einem Marktpreis von ca. 1600d (160GP) entspricht. Da jedoch als Materialkomponente schon 50GP anfallen, reicht das nicht, um das Wirtschaftssystem zu sprengen. Vielmehr dürfte es auch ein Notfallzauber sein ("Die Stadt wird belagert und unsere Schmiede brauchen dringend Eisen für Waffen und Rüstungen!").
Der Salzzauber (non-core) ist in D&D wirtschaftlich sehr problematisch, da laut Standardpreisliste Salz sein Gewicht in Silber wert ist, und somit ein Salzwall geschmeidig 20.000GP wert wäre (oder aber den Salzpreis ruiniert). Auch hier rettet uns aber die authentische Preisliste, da dort Salz nur 1d pro Pfund (!) kostete, also der Wall nur 400GP wert wäre. Nichtsdestotrotz würde ich hier kein Risiko eingehen und den Salzwall ersatzlos streichen.

Das Thema Fabricate hatten wir ja schon; ein Zauberer ab 9. Stufe kann hiermit idealerweise eine Vollplatte (bei uns 400GP) mit einer Handbewegung herstellen, wenn er will mehrere pro Tag, während ein Rüstungsschmied der 9. Stufe mehrere Monate benötigen würde. Das ist wirklich ein _sehr_ lukrativer Zauber, insbesondere in Zeiten der Aufrüstung oder des Krieges. Das dürfte auf jeden Fall Konsequenzen für das Wirtschaftsgefüge haben.

Vielleicht sollte man dann Zauber, die Material aus dem Nichts erschaffen, so ändern, dass man irgendwie das Material vorher reinstecken muss, um diese Zauber zu wirken. Ein Zauberer müsste dann die entsprechenden Tonnen Eisen oder was auch immer zu einer Instant-Mauer (welcher Form auch immer) verarbeiten, die dann beim eigentlichen "Wall of ..." als Materialkomponente dient. Nenn es "Elminsters Erstes Gesetz der Zauberdynamik": Magie kann nicht Etwas aus Nichts erschaffen oder Etwas in Nichts verwandeln.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Tudor the Traveller am 11.03.2012 | 11:54
Ich würde sagen, Caster haben schlicht weder das Interesse noch den Druck, ihre Fähigkeiten derart profan einzusetzen. Nur weil sie etwas können, heißt das noch lange nicht, dass sie es auch tun und schon gar nicht, dass sie es ständig tun. Zum Einen haben sie noch anderes zu tun (bspw. Forschung, Weiterbildung, Networking etc. sowie im Falle von Divines Gottesdienste und Day-to-Day Business) und vielleicht auch zum Anderen schlicht keine Lust. Caster stehen für mich normalerweise irgendwo an der Spitze der Gesellschaft.

Die Verzauberung eines Schwertes von 0 auf +1 kostet bei D&D standardmäßig 2000 GP und dauert zwei volle Arbeitstage (16 Stunden). Die Arbeitszeit könnte man schlicht so strecken, dass das Zeit / Gewinn - Verhältnis nicht mehr so krass ist.

Schließlich würde ich vermuten, dass der "Austoß" magischer Gegenstände durch Caster/Crafter bzw. deren Umsatz schlicht durch zwei Faktoren gedeckelt wird: Verfügbarkeit notwendiger Rohstoffe und Verfügbarkeit von Käufern. Besonders bei den Rohmaterialen würde ich Wert darauf legen, dass es sich nicht um abstrakte Kosten sondern konkrete Güter handelt, deren Verfügbarkeit nicht trivial ist.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 11.03.2012 | 12:53
@Chaos:
Ja genau, das meinte ich mit "Notmaßnahme", Schließen von Breschen und solche Sachen.
"Create Food and Water" ist als Abwehrmaßnahme von Hartwurstattacken des SLs hervorragend geeignet, aber reicht es, um eine ganze Stadt durchzufüttern? Mal sehen: nehmen wir an, 1% der Bevölkerung sind Kleriker der 5. Stufe (oder drüber). Die können pro Tag ca. 3 mal CFW wirken, was insgesamt für 45 Tagesrationen reicht. Okay, das würde immerhin die Vorräte der Stadt schon um Faktor zwei strecken. Wenn dagegen 2% der Gesamtbevölkerung dieser ehrenwerten Berufsgruppe angehören -- *bingo!* -- kann man Aushungern komplett vergessen. Diese Quote halte ich in einem HMS durchaus für denkbar.

(Anekdote: wir waren in D&D mal in einer belagerten Siedlung, deren Bevölkerung Hunger litt. Wir hätten zwar mittels CFW wohl den ganzen Ort durchfüttern können, hatten darauf aber keine Lust, weil das sämtliche Grad 3 Slots belegt hätte. Also *zapp* mit der Gruppe in die nächste freie Stadt teleportiert, dort säckeweise Getreide eingekauft, am nächsten Tag wieder *zapp* zurückteleportiert und so die Bevölkerung für Wochen versorgt. Das ging natürlich nur, weil es dort keine Anti-Teleport-Wards gab, was in einer belagerten Großstadt eher der Fall sein dürfte.)

Aber deinen zweiten Punkt kapiere ich nicht. Um eine Wall of Iron zu erschaffen, braucht man als Materialkomponente 16 Tonnen Eisen? Hä? Das würde die Erschaffungszauber völlig sinnlos machen, man könnte sie komplett streichen. (Ursprünglich sind die Dinger ja als Abenteurerzauber vorgesehen, also z.B. um einen Durchgang zu verbarrikadieren damit die Verfolger etwas aufgehalten werden und so.) Es gibt auch bereits Transmutationszauber à la "Shape Stone".
Ein möglicher Ansatz wäre vielleicht, die Wälle mit einer Wirkungsdauer zu versehen, d.h. nach CL/Tagen löst sich der Wall wieder auf.
Aber eigentlich ist da der Leidensdruck nicht so groß, um eine solche Änderung wirklich notwendig zu machen; Zauberer der 12. Stufe dürften normalerweise Besseres zu tun haben, als Eisenwälle für 100GP Profit zu erschaffen (btw ist der empfohlende Dienstleistungspreis laut D&D-Liste für einen Grad 6 CL12-Zauber 720GP; der Zauberer würde also ein schlechtes Geschäft machen). Ich wollte eigentlich mit meinem vorherigen Beitrag ausdrücken, dass ich _da_ keinen Handlungsbedarf sehe.

@Tudor:
Also, wenn ich Zauberer wäre, würde ich das auf jeden Fall tun, wenn auch nicht im Akkord. Einmal pro Woche mit dem Finger schnippen und ne Ritterrüstung herstellen, bumm, leben wie ein Fürst und mit dem verdienten Geld eine luxuriöse Bibliothek finanzieren oder einen Magierturm bauen. Klingt doch gut?

Ich stimme dir zu, dass Caster an der Spitze der Gesellschaft stehen dürften, aber gerade das ist ja nicht zuletzt auch mit Reichtum verbunden, und der Reichtum muss irgendwo herkommen. Niemand zahlt dir was dafür, nur weil du _weißt_ wie man zaubert. Ich rede jetzt gerade mehr von arkanen Castern; bei Klerikern ist das was anderes weil sie in eine Organisation eingebunden sind, und Druiden dürften sowieso aus der Betrachtung rausfallen.
Seßhafte Magier dürften durchaus einen ziemlich hohen Cashflow haben: Ausgaben für Forschungen und den Erwerb neuer Zauber, Einnahmen durch Anbieten von Dienstleistungen und Erschaffung von gefragten Gegenständen.

Die Verfügbarkeit der Roh- und Verbrauchsmaterialien muss nicht trivial sein; das kann ja durchaus auch Abenteuerstoff bieten. Je nach Exklusivität kann sogar eine Reise zu anderen Ebenen erforderlich sein.

Ist aber interessant, dass ein +1 Schwert zwei volle Tage braucht; das hatte ich nicht auf dem Schirm. Das sind dann unterm Strich 500GP Gewinn pro Tag, also etwa im gleichen Rahmen wie die Herstellung einer Ritterrüstung (nur dass man wesentlich mehr Rüstungen pro Tag herstellen könnte).
Natürlich erfordert das auch von Seiten des Crafters immer eine gewisse Investition: je nachdem entweder einen Craftingfeat (z.B. CWI) oder einen Craftingskill, womöglich noch mit Skillfokus.

Wie dem auch sei: 5000d Profit pro Tag sind schon heftig und definitiv sehr verlockend, wie gesagt. Will man die Dauer strecken, muss man aufpassen dass es auf höheren Stufen nicht zu krass wird. Eine Waffe, die insgesamt +5 Bonus hat, kostet ja bekanntlich 50.000GP. Die dauert sowieso schon als "Maßanfertigung" 50 Tage, was für Abenteurer eine verhältnismäßig lange Zeit ist. Würde man das jetzt um Faktor 10 strecken, würde das das ganze Craftingsystem ad absurdum führen, weil für Spielzwecke vollkommen uninteressant.
Außerdem hat das Standardsystem noch den Nachteil, dass es dem Crafter überhaupt nichts bringt, eine höhere Stufe zu haben und mächtigere Gegenstände herzustellen -- sein Gewinn beträgt immer 500GP pro Tag, egal ob er auf Stufe 5 eine +1 Rüstung für 1000GP oder auf Stufe 18 einen Holy Avenger für 120.000GP herstellt. Das ist eine echte Lücke im System.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Chaos am 11.03.2012 | 13:05
Aber deinen zweiten Punkt kapiere ich nicht. Um eine Wall of Iron zu erschaffen, braucht man als Materialkomponente 16 Tonnen Eisen? Hä? Das würde die Erschaffungszauber völlig sinnlos machen, man könnte sie komplett streichen. (Ursprünglich sind die Dinger ja als Abenteurerzauber vorgesehen, also z.B. um einen Durchgang zu verbarrikadieren damit die Verfolger etwas aufgehalten werden und so.) Es gibt auch bereits Transmutationszauber à la "Shape Stone".

Es wäre dann ja kein Erschaffungszauber mehr im engeren Sinne - eben weil Erschaffungszauber so ein großes Problem sind, wenn man sie wirklich ernst nimmt. Du schaffst an Punkt A per Hand (also Bergbau plus Schmelze für Wall of Iron, Ackerbau und Küche für Create Food) das Material, wandelst es (mit Magie) in handliche (und sehr transportable) Zauberkomponenten um, und wann immer du es brauchst, kann ein Zauberkundiger aus den Komponenten eine Eisenmauer oder was auch immer herstellen. Allerdings würde auch das im großen Maßstab den Warentransport revolutionieren und Schwertransporte ziemlich überflüssig machen.

Man könnte die ganzen Erschaffungszauber natürlich auch so ändern, dass sich das Erschaffene nach einer Weile wieder in Nichts auflöst. Also würde z.B. in einer Belagerung "Wall of Stone" den Verteidigern gerade genug Luft verschaffen, die Bresche wieder richtig zu schließen, bevor die Wirkungsdauer abläuft, und "Create Food and Water" hält dich gerade lange genug bei Kräften, um richtige Nahrung zu finden. Immer noch nützlich, aber nicht mehr so der Wirtschafts-Gamebreaker wie vorher.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Trichter am 11.03.2012 | 13:14
Erinnert mich an die Scheibenwelt in der es (aufgrund der Energieerhaltung) genauso aufwendig ist einen Gegenstand magisch zu erschaffen, wie ihn auf herkömmlichem Weg zu bauen/erzeugen. :D
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Christoph am 11.03.2012 | 13:24
Erinnert mich an die Scheibenwelt in der es (aufgrund der Energieerhaltung) genauso aufwendig ist einen Gegenstand magisch zu erschaffen, wie ihn auf herkömmlichem Weg zu bauen/erzeugen. :D

Da würde ich auch ansetzen. Wenn ein Magier mal eben 30-40kg Masse erzeugen kann...
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 11.03.2012 | 13:40
Ah, ich verstehe. Aus dem Roheisen mittels Alchemie eine konzentrierte Eisen-Essenz erschaffen, die bequem in eine Komponententasche passt, und die dann bei Bedarf wieder zur ursprünglichen Masse "aufgeblasen" werden kann.
Ja, das ist gar nicht so blöd. Kann man machen. Aber wie gesagt, mir entzieht sich nach wie vor, was an diesen Zaubern so "gamebreaking" sein soll.
Stein und Eisen sind ja billig. Wertvollere Materialien wie Silber, Gold, Adamant etc. lassen sich zwar auch herzaubern -- aber diese Zauber haben eine Wirkungsdauer, die mit zunehmendem Wert des Materials immer weiter abnimmt, bis wir irgendwann im Bereich von Kampfrunden sind.

Was hingegen CFW angeht: die Kleriker werden ihre Grad 3 Slots dafür nur in Ausnahmesituationen verwenden wollen. Und da das Zeug außerdem als fader Papf beschrieben wird (ich stell mir das vor wie Haferbrei), wird sich auch niemand darum reißen, das Tag für Tag runterzuwürgen. Es ist auch nicht haltbar, also kann man damit keine Vorräte anlegen. In Form eines Zauberstabs würde dieser geschmacklose Mantsch außerdem _15GP_ pro Ration kosten, wo im Vergleich dazu ein ganzes Schwein keine 3GP kostet.
Ich wiederhole, ich kann beim besten Willen nicht erkennen, wie dieser Zauber irgendwie das Wirtschaftssystem sprengen soll.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Dr.Boomslang am 11.03.2012 | 13:54
Nun bin ich aber versucht, weiter zu denken: was passiert mit dem ganzen Gold? Selbst ein +1-Schwert ist schon über 2000GP wert, oder nach unserer Umrechnung, 20.000d.
Da wird das mit dem Bargeld doch noch absurder. Warum sollte ein Händler in so einer Welt 20kg Gold mit sich rum schleppen, wenn er stattdessen ein +1-Schwert nehmen kann? Das Schwert hat offensichtlich einen fest definierten, durch Magie bestimmbaren Wert. Der einzige Nachteil ist dass es nicht so leicht teilbar ist wie Gold (das muss allerdings auch erst geschmolzen werden). Für große Transaktionen wird aber jeder magische Gegenstände benutzen und dann vielleicht noch etwas Gold und Silber für das Wechselgeld.

Das führt wohl auch dazu das alle Geldhorte in Tempeln, Schatzkammern, Banken usw. als Hauptwert magische Gegenstände enthalten. Magie ersetzt Gold.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 11.03.2012 | 14:40
Interessanter Ansatz, magische Gegenstände als geldwerte Güter. Ein Problem damit hast du ja schon selber genannt, nämlich die Unteilbarkeit.
Ein weiteres Problem hat man D&D-spezifisch spielmechanisch: eine +1-Waffe ist für sich genommen uninteressant. Sie bietet für 2000GP Aufpreis gegenüber einer Masterwork-Waffe nur minimal mehr Schaden (und die Fähigkeit durch DR/Magic zu dringen). Der Sinn und Zweck von +1-Waffen im Spiel ist, dass man weitere Properties darauf anbringen kann, z.B. Keen, Aptitude, Defending, Discipline...
Das nur am Rande; ich will damit nur sagen, dass der Bedarf nach +1 Waffen an sich eher gering ist - man will entweder was besseres als das, oder gibt sich mit viel billigerer Masterwork zufrieden.

Tatsächlich habe ich aber diesen Ansatz in ähnlicher Form bereits für meinen momentanen Heartbreaker vorgesehen. Da ist die Corestory, dass die SCs in Diensten eines Großreiches mit theokratischen Strukturen stehen. Stufenaufstiege sind mit Beförderungen in den jeweiligen Hierarchien verbunden, und höhere Ränge wiederum mit der Verleihung besserer Ausrüstung. Die Ausrüstung wird zum Teil von Magiern hergestellt, die damit ihre Steuern bezahlen, zum Teil von Klerikern der Staatskirchen (da wird eine Waffe oder Rüstung etc. eben nicht verzaubert, sondern eingesegnet), um zwei Beispiele zu nennen.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Christoph am 11.03.2012 | 14:42
Was spricht dagegen als "High End Währung" Dinge wie Edelsteine (Diamant, Rubin etc...) zu nehmen ?
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 11.03.2012 | 14:50
Das wird ja quasi heutzutage von fast allen Spielgruppen stillschweigend angenommen. Ich finde es aber etwas handwedelig und unbefriedigend.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Christoph am 11.03.2012 | 14:52
Was mir gerade noch einfällt, hat aber nix mit Währungen zu tun, was ist mit Forst- und Bergbauerträgen ?
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Tudor the Traveller am 11.03.2012 | 15:17
Du hast meine Gedanken zum "Markt" ignoriert, dabei halte ich die für sehr wesentlich. Die meisten magischen Gegenstände haben eine sehr lange, wenn nicht gar unendliche, Lebensdauer. Die Nachfrage dürfte sich in Grenzen halten. Wer kauft denn schon ein magisches Schwert? Abenteurer? Fürsten? Und wie oft kommt das vor? (Man beachte hierbei auch die bereits vorhanden Items in der Welt; Stichwort Marktsättigung / Überangebot) Ein Caster kann froh sein, wenn er jährlich ein paar Items verkaufen kann. Das gilt imo für die allermeisten Items.

Einen echten Markt sehe ich eigentlich nur für Potions, da sie sich verbrauchen und von jedem Hirsel benutzt werden können. Mit Einschränkung einen Markt sehe ich für Schriftrollen und Wands, aber die können eben nur von anderen Catsern benutzt werden; und da kauft nur der Teil welche, der sie nicht selbst machen kann.

Es ist daher imo ein großer Fehler anzunehmen, dass die Herstellung allein bereits zum Reichtum des Casters beisteuert. Was nützen ihm 100 magische Items, wenn er sie mangels Käufer nicht versilbern (vergolden) kann?
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Chaos am 11.03.2012 | 15:28
Ja, das ist gar nicht so blöd. Kann man machen. Aber wie gesagt, mir entzieht sich nach wie vor, was an diesen Zaubern so "gamebreaking" sein soll.
Stein und Eisen sind ja billig. Wertvollere Materialien wie Silber, Gold, Adamant etc. lassen sich zwar auch herzaubern -- aber diese Zauber haben eine Wirkungsdauer, die mit zunehmendem Wert des Materials immer weiter abnimmt, bis wir irgendwann im Bereich von Kampfrunden sind.

Gamebreaking... naja. Auf jeden Fall wird es, wenn man Stein und Eisen permanent durch magie erschaffen kann, keinerlei Steinbrüche oder Eisenerzminen geben, zumindest nicht dort, wo Zauberer sind, die sich dafür bezahlen lassen, den lieben langen Tag lang "Wall of ..." zu zaubern.

Und selbst die "Essenz" (nette Bezeichnung!) die ich beschrieben habe, bricht zumindest traditionelle Transportwirtschaft, wenn man die Essenz für ein paar hundert Tonnen Eisen problemlos in einem Rucksack von A nach B tragen kann - wer braucht dann noch Ochsenkarren oder Lastkähne? Falls das auch mit Nahrung und anderen organischen Materialien funktioniert, könnte eine einzelne Person locker die Jahresernte eines Bauernhofs transportieren. Und das berücksichtigt noch nicht die Frage, ob Essenz genauso verderblich ist wie das Ursprungsprodukt... dann wäre nämlich die ganze Problematik der Entfernung zwischen Nahrungsmittelproduktion und Ort des Konsums hinfällig.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 11.03.2012 | 16:18
Wieso ignoriert, ich stimme dir doch in dem Sinne sogar zu?

Das nur am Rande; ich will damit nur sagen, dass der Bedarf nach +1 Waffen an sich eher gering ist - man will entweder was besseres als das, oder gibt sich mit viel billigerer Masterwork zufrieden.

Man hat grundsätzlich bei der Preisgestaltung magisch hergestellter Gegenstände zwei Möglichkeiten: wenn man die offiziellen Preislisten als korrekt ansieht, dann müsste das heissen, dass dieser Preis dem Gleichgewicht aus Angebot und Nachfrage entspricht. Dennoch glaube ich nicht, dass jemand +1-Waffen auf Halde produziert, weil siehe oben.

Alternativ kann man sich überlegen, inwiefern diese Preise verhandelbar bzw. Angebot und Nachfrage unterworfen sind. Wenn z.B. ein magischer Crafter mal locker-flockig 15 Vollplatten pro Woche fast ohne Materialkosten herstellen kann, könnte er damit den Markt überschwemmen, die Dinger unterhalb des Listenpreises verkaufen und dabei immer noch nen satten Schnitt machen. Dann wird die Vollplatte die Standardrüstung in jedem herrschaftlichen Arsenal.

Bei weltlichem Handwerk hat man Mindestpreise, die v.a. durch den Zeitaufwand entstehen, und wieviele Leute davon leben müssen. Magisch unterstütztes "Handwerk" hat keinen Zeitaufwand und daher bei gleicher Crafterstufe eine mehrere hundert Mal höhere Produktivität.

Achja, das erinnert mich,
@Christoph:
im Prinzip läuft es bei allen weltlichen Tätigkeiten darauf hinaus, dass der Marktpreis jeglicher Güter soundsoviele Leute soundsolange ernähren muss. Wenn also z.B. Roheisen 1/20d pro Pfund kostet, bekommt der Bergmann für den Abbau des Eisenerzes sicherlich deutlich weniger als das, sagen wir 1/40d pro Pfund Roheisen. Entsprechend muss er pro Tag eben soviel Erz abbauen, dass daraus mindestens 160 Pfund Roheisen verhüttet werden können.

Zurück zum magischen Crafter: er muss das Zeug ja im Gegensatz zum weltlichen Handwerker, der quasi auf Null kalkuliert, nicht im Akkord herstellen. Da kommt eben gelegentlich einer her und will ein Item in Auftrag geben. Nach offizieller Kostenregel bringt ihm das 500GP pro Arbeitstag ein. Seine reinen Lebenshaltungskosten könnte also mit einem einzigen Tag Arbeit für ein ganzes Jahr sehr großzügig decken. Wenn er "ein paar Items im Jahr" verkauft, mit einem Arbeitsaufwand von sagen wir 10 Tagen, reicht das neben einem Oberschicht-Lebensstil auch noch dicke zur reichlichen Finanzierung seiner Studien und Forschungen, oder anders gesagt, macht ihn reich.

Zur Erinnerung: 500GP sind 5000d, wo ein einfacher Handwerker ca. 6d pro Tag verdient. Mit 10 Arbeitstagen hätte der Magier schon 50.000d eingenommen, wogegen der Handwerker im ganzen Jahr gerade mal ca. 1500d verdient.

Gerade deswegen überlege ich ja, ob man magische Craftingkosten - und entsprechend auch die WBL-Tabellen - nicht zehnteln sollte. 50GP bzw. 500d Gewinn pro Craftingtag sind immer noch reichlich und _weit_ über dem, was ein Weltlicher erwirtschafrten kann, passen aber vielleicht besser zum restlichen Wirtschaftsgefüge in einem HMS.

Edit
@Chaos:
Ja, das mit den wegfallenden bzw. stark reduzierten Transportkosten habe ich mir auch schon zusammengereimt. Andererseits werden die Magier ja für das Destillieren und Rückverwandeln der Essenz auch eine Aufwandsentschädigung haben wollen. Legt man die D&D-Preislisten für "Mietzauber" zugrunde, ist das deutlich teurer als der eigentliche Marktpreis natürlicher Ware.

Und wie gesagt: Magier können "Wall of Iron" überhaupt erst ab der 11. Stufe zaubern. Ab Stufe 12 wird die Wand aber gleich 50% dicker, darum gehe ich von CL12 aus. Wie ich schon sagte, beträgt der Marktwert des hiermit erzeugten Eisens 160GP; die Kosten für Materialkomponenten hingegen 50GP. Und da halte ich es absolut mit Tudor, kein Magier der Stufe 12+ wird sich herablassen, für lausige 110GP Profit pro Casting "den lieben langen Tag" diese Zauber zu wirken.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Christoph am 11.03.2012 | 18:55

Gerade deswegen überlege ich ja, ob man magische Craftingkosten - und entsprechend auch die WBL-Tabellen - nicht zehnteln sollte. 50GP bzw. 500d Gewinn pro Craftingtag sind immer noch reichlich und _weit_ über dem, was ein Weltlicher erwirtschafrten kann, passen aber vielleicht besser zum restlichen Wirtschaftsgefüge in einem HMS.


Darauf läuft es hinaus. Allerdings ist das eben von RPG zu RPG verschieden. Im Prinzip, das schreibst du ja, ist es sinnvoll einen Lebensstil für einen Magier festzusetzen und die Preise magischer Items daran zu errechnen.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 11.03.2012 | 22:49
Diese Verknüpfung der beiden Gedankengänge habe ich zwar bisher gar nicht gemacht, aber richtig, das wäre definitiv eine funktionale Methode.

Außerdem meine ich, der Profit sollte noch mit der Stufe skalieren. Da fällt mir nur eine sinnvolle Möglichkeit ein, nämlich die Craftingzeit mit steigendem Casterlevel sinken zu lassen. Also indem man z.B. sagt, ein magischer Crafter kann pro Tag Fortschritt im Wert von CL*200GP machen.

Jetzt hab ich allerdings auch gemerkt, wo der Hase im Pfeffer liegt: mundane Loot wird bei gekappten Magiekosten wesentlich attraktiver. Stellt euch z.B. vor, die Party erschlägt 20 Gegner, die mit Kettenhemden und normalen Waffen ausgestattet sind. Nach D&D-Standardregeln kann man diesen Krempel für den halben Listenpreis verhökern. Das wäre in diesem Fall summa summarum 2000GP, was normalerweise höchstens für ein "kleines" Item reicht (z.B. +1 Schwert). Wenn man aber die Verzauberungskosten zehntelt, bekommt man für dieses Geld schon magische Items im Wert von 20.000GP nach der Standardliste, also z.B. eine +3-Waffe.
So geht's also erstmal nicht. Wenn man das macht, ist die WBL-Progression im Nullkommanichts beim Teufel, und 5.Stufer laufen mit Gear für 20.Stufer rum. (Und nein, Argumente wie "die Rüstungen sind aber schwer" ziehen nicht unbedingt. Spieler sind sehr hartnäckig wenn es darum geht, Loot einzusacken und zu versilbern, und das System muss belastbar sein.)
Eventuell könnte man zwar auch den MW-Aufpreis zehnteln, also von +300 auf +30GP, was den Preis der Basiswaffe immer noch circa verdreifacht. Aber eigentlich gefällt mir die Vorstellung einer _wirklichen_ Meisterarbeit, die 20mal so teuer ist wie ein Stück von der Stange. (Auch heutzutage noch gibt es brauchbare Schwerter aus Manufakturen für 300 Euro, und höchstwertige Einzelstücke für 6000 Euro und drüber, der Faktor ist also gar nicht so schlecht gewählt.)
Ein weiterer Gedanke wäre auch, dass Rüstungen von erschlagenen Feinden im Kampf so stark beschädigt werden, dass sich der Verkauf kaum noch rentiert, aber angesichts von Zaubern wie Mending / Make Whole ist das auch sone Sache. Außerdem hätte eine solche Regel buchstäblich den Ruch von Flickwerk.

Hat da noch jemand Vorschläge?
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Dark_Tigger am 11.03.2012 | 23:09
Hat da noch jemand Vorschläge?

Mit der D&D denke aufhören das jeder Caster tonnenweiße Material herbei Zaubern kann?
Ich weiß das ist jetzt nicht beosnders konstruktiv, aber bei dieser Disskussion kann man sich endlos im Kreis drehen. Vll erst mal den Rest des Wirtschafftssystems festziehen und DANN über Kramhercaster nachdenken.

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Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Quaint am 11.03.2012 | 23:59
Nun, ich denke wir arbeiten hier an einem generischen Wirtschaftssystem und nicht speziell an einem für DnD, daher ist die viele Aufmerksamkeit vielleicht übertrieben.
Grundsätzlich würde ich sagen: Lasst sie doch machen!

Wenn ein Caster bei DnD eben enormen Profit pro Tag machen kann, wenn er sich dazu herablässt, Mietzauberer zu sein, dann ist das eben so. Und die meisten Caster in den fraglichen Levelbereichen sind ja nun bekannte Persönlichkeiten und durchaus auch in *Dinge* verwickelt. Natürlich können die mal ein paar Tage investieren und dann ne Menge Geld haben. Aber die werden das nicht unbedingt langfristig tun. Und wenn sie es tun, dann verfallen eben mit der Zeit die Preise und ein magischer Gegenstand kostet auf einmal nichtmehr das doppelte der Rohmaterialien, sondern vielleicht nurnoch 150% oder 120%. Mit genug Konkurrenz ist das möglich. Und ausserdem sind es ja wie gesagt keine völlig abstrakten Werte, aus denen sich die Materialien rekrutieren, sondern das werden letztlich irgendwelche magischen Essenzen oder was sein, die auch nicht unbegrenzt verfügbar sind. Wenn wir ein HMS in DND haben, dann werden ganze Landstriche davon leben, dass die Leute herumziehen und magische Essenzen suchen.

Und dann ist ja auchnoch die Frage, wie das Crafting genau geregelt ist. Spielt man DND wird sich kaum ein Caster freiwillig ins eigene Fleisch schneiden indem er in großem Stil xp für Items rausbläst, sondern das eher nur für den eigenen Bedarf machen und wenn er Geld braucht. Sich selbst einen wohlhabenden bis reichen Lebensstil gönnen kann man wohl, aber wenn man einfach die Wirtschaft einer ganzen Region umkrempelt, ruft das nur danach, dass der alte Rivale vorbeikommt. Der, der sich nicht mit Crafting für schnöden Mammon selbst verkrüppelt hat und jetzt paar Level mehr hat. Und der nimmt sich dann Items und/oder Mammon. Aber egal.

Bei Pathfinder müsste ich nochmal en Detail in die Craftingregeln gucken.

Aber es gibt auch andere Ansätze, auch bei HMS. Bei meinem Niholimsetting etwa ist es durchaus Usus mit Magie Dinge zu erschaffen. Allerdings ist eben magische Energie dafür nötig und die ist nur begrenzt vorhanden. Natürlich hat ein mächtiger Magier mehr davon als ein frisch ausgebildeter "Bachelor of Magic" und natürlich kann man auch mit geomantischen Maschinen welche aus der Umgebung sammeln. Und natürlich kann ein kundiger Magier aus derselben Energie mehr Werte schöpfen als ein weniger bewanderter. Das ist aber alles bekannt und üblich und letztlich auch nicht sonderlich Settingsprengend, weil man eben nicht den endlosen Reichtum aus der Dose hat. Aber man kann schonmal Leute beeindrucken, wenn man auf magischem Wege ein paar Klümpchen Gold zwischen den geriebenen Händen hervorkullern lässt um seine Rechnung in der Taverne zu bezahlen.
In dem Setting ist es letzten Endes effizienter, mit Magie herkömmliche Herstellungsprozesse zu verbessern. Also etwa mit einem einzelnen Priester die Felder ganzer Landstriche zu segnen, dass sie meinethalben alle 30% mehr Ertrag bringen. Wir haben ja ein paar Betrachtungen unternommen und diese 30% die ein Landpriester zuwege bringt sind auf die Fläche enorme Mengen an Gütern. Genauso kann ein Bauer leichter mehr Land bestellen, wenn er nicht Ochse oder Pferd vor den Pflug spannt, sondern einen kraftstrotzenden Arbeitsgolem.
Und auch im Krieg kann ein Magier zwar ganz beeindruckend sein, aber aus strategischen Gesichtspunkten ist es nicht klug sie an der Front einzusetzen. Nicht viele Leute haben das Zeug zum Magier und selbst nach der 5 Jahre dauernden Grundausbildung steht man erst am Anfang seiner Karriere. Da lässt man seine Magier doch lieber indirekt das Geschehen beeinflussen, etwa indem sie die Offiziere mit magischen Klingen / Kristallklingen ausstatten, sie Golems bauen, die in die Schlacht ziehen oder vielleicht auch indem sie für günstiges Wetter bei der nahen Offensive sorgen. Im Gegensatz zu Magiern kann man mit 3 Monaten Grundausbildung aus einem verdammt großen Teil der Bevölkerung Soldaten machen.
Die meisten Lohnmagier in dem Setting sind aber auch nicht gerade die großen magischen Meister. Dementsprechend gibt es etwa eine Massenfertigung magischer Gegenstände bis zu einem gewissen Grad und die sind dann im Vergleich spottbillig, aber die wirklich abgefahrenen Sachen kann man eben nicht so billig und in solcher Masse fertigen schlicht weil man nicht die entsprechende Mengen an entsprechendem Personal hat. Highend Gegenstände bleiben also kostspielig und selten.

In dem Setting haben auch die meisten Dörfer wenigstens einen (kommerziellen) Zauberer und/oder einen zauberkräftig-wohltätigen Priester.

Das ist aber eben sehr speziell für jedes Setting und/oder System. Die Magie funktioniert doch oft signifikant anders und die Eigenheiten des Settings sind oft auch grundlegend anders.

In DnD ist ja etwa ein Kristallschwert, welches Stahl schneidet wie Butter, erstmal "Boah" und "Joa, ich denke 18 Riesen kannste schon dafür haben."

Wenn man aber gerade auf einer fliegenden, magisch beleuchteten Millionenstadt unterwegs ist, die samt und sonders aus Kristall und Edelsteinen besteht und von der aus ein leibhaftiger Gott sein mehrere Jahrtausende altes Reich dirigiert, dann ist das eben die etwas ausgelutschte Standardausrüstung der Wache. Und die hätten dann doch lieber Blitzpistolen und Kampfoveralls aus lebendigem Metall. Und dann wird man ganz sicher auch keinen mittleren Goldberg für das alte Ding kriegen.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 11.03.2012 | 23:59
@Tigger:
Ehm. Ich habs glaub ich schon zweimal geschrieben, also schreib ich's nochmal ganz langsam: das "Kram herbeizaubern" stellt _überhaupt_ kein Problem dar, aufgrund der Casterlevel und anderer systemimmanenter Faktoren. Im Detail nachzulesen weiter oben.

Das Problem sind eher die Kosten für die Erschaffung magischer Gegenstände, was in der Praxis soviel heisst wie "permanente Verzauberung normaler Gegenstände". Wenn man das Preisgefüge so lässt wie es ist, verdient ein durchschnittlicher Zauberer an einem Tag (!) mehr als ein Meisterhandwerker im ganzen Jahr. Wenn man aber die Preise stark kappt, sprengt man die Spielbalance. Verlängert man dagegen die Craftingzeiten, nimmt man entweder der Kampagne die Dynamik ("Wir warten jetzt ein Jahr, bis das Dämonenkillerschwert fertig ist") oder man macht Sonderanfertigungen unmöglich, weil diese dann viel zu lange dauern würden.

Mir ist schon klar, dass man derlei Probleme in Low-Magic Settings nicht hat. Da müssen wir also nicht drüber reden, und deswegen habe ich ja den Magie-Part dieses Threads mit Bezug auch HIGH Magic Settings eingeläutet.

Dass ich hier ständig auf D&D rumreite, ist vielleicht ein wenig unglücklich, aber das geschieht aus den Gründen, dass a) D&D ein sehr weit verbreitetes, b) typisches High Magic System ist, mit dem c) ich mich zufälligerweise besser auskenne als mit anderen HM-Systemen, und es für solche Zwecke bevorzuge.

Gibt es denn im weltlichen Bereich noch Unklarheiten, die sich nicht durch die Formel "Marktpreis gegen Tagesverdienst" auflösen lassen? Die meisten denkbaren Güter sind in der Preisliste ja enthalten; ich habe bis jetzt kaum etwas vergeblich gesucht.

Edit:
@Quaint:
ja, schön geschrieben. Ich stimme weitgehend zu. Vor allem natürlich dem Sachverhalt, dass die Höhe des Magieniveaus je nach Setting die ganze Lage grundlegend ändern kann. Aber: wenn man es mit der Magie gar zu sehr übertreibt, ist auch wieder das historisch orientierte Wirtschaftssystem hinfällig, weil dann eben wirklich alles magisch erzeugt wird. Dann ähnelt die Gesellschaft aber eher unserer als einer mittelalterlichen, nur dass eben Magie den Platz unserer Technologie einnimmt.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Dark_Tigger am 12.03.2012 | 00:19
Das Problem sind eher die Kosten für die Erschaffung magischer Gegenstände, was in der Praxis soviel heisst wie "permanente Verzauberung normaler Gegenstände". Wenn man das Preisgefüge so lässt wie es ist, verdient ein durchschnittlicher Zauberer an einem Tag (!) mehr als ein Meisterhandwerker im ganzen Jahr. Wenn man aber die Preise stark kappt, sprengt man die Spielbalance. Verlängert man dagegen die Craftingzeiten, nimmt man entweder der Kampagne die Dynamik ("Wir warten jetzt ein Jahr, bis das Dämonenkillerschwert fertig ist") oder man macht Sonderanfertigungen unmöglich, weil diese dann viel zu lange dauern würden.

Umso weniger kann ich verstehn worum es geht. Ein hochstufiger Magier kann eine Menge Asche damit verdienen das er gegenstände Magisch verbessert.
Okay gut. Jemand mit einer sehr speziellen, langen und teuren Ausbildung macht danach Asche bis zum geht nicht wieder. Macht Sinn für mich.
Außerdem ist es ja auch nicht wirklich die Arbeit eines Tages. Ein wirkliches Meisterstück, das ein Magier Verzaubenr kann muss ja auch erst einmal hergestellt sein, oder?
Je nach Setting müssen vll auch noch die Richtigen Bedingungen herschen für die Verzauberung.
Und in einem High Fantasy Setting sind magische Gegenstände halt Spottbillig. Halt weil sie schnell und billig zu produzieren sind. Und in HF-Settings ist vermutlich auch die Konkurenz größer...
Wie gesagt, ich seh das Problem nicht sobald die Materialherbeizauberer weg sind.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Chaos am 12.03.2012 | 00:24
Das Problem ließe sich vielleicht dadurch lösen, dass magische Gegenstände noch etwas mehr verlangen als Zeit, Material und eventuell XP... vielleicht ein Stück von der Seele des Erschaffers? Oder, wie ich das von Earthdawn vage in Erinnerung habe, permanente Verzauberungen (via Blutmagie) verursachen semi-permanenten Verlust von Trefferpunkten beim Zauberer, d.h. der Verlust lässt sich erst wieder heilen, wenn die Verzauberung nicht mehr existiert.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 12.03.2012 | 01:23
Umso weniger kann ich verstehn worum es geht. Ein hochstufiger Magier kann eine Menge Asche damit verdienen das er gegenstände Magisch verbessert.

nach D&D-Regeln: Die Relationen sind aber schon ziemlich krass; wie reden hier etwa vom Faktor 500:1 oder mehr (im Vergleich zum Meisterhandwerker). Zumal es eigentlich nichtmal ein _hoch_stufiger Magier sein muss; der Tagesverdienst ist schon bei einem drittstufigen Magier, der alberne Spielsachen oder Alarmanlagen für die reiche Oberschicht herstellt, der gleiche wie bei dem mächtigen Erzmagier, der den König mit mächter Schutzmagie ausstattet.

Zitat
Außerdem ist es ja auch nicht wirklich die Arbeit eines Tages. Ein wirkliches Meisterstück, das ein Magier Verzaubenr kann muss ja auch erst einmal hergestellt sein, oder?

Fabricate, dauert 1 Minute oder so; ansonsten kann er das weltliche Werkstück auch fertig woanders kaufen. (Zugegeben, das ist ein Zauber, den ich stark versucht bin zu streichen oder kräftig zu nerfen.) Danach dauert es 1 Tag pro 1000GP Listenpreis, wovon die Hälfte als Profit übrigbleibt.

Achja und Vorsicht -- ist nur eine Kleinigkeit, aber um der Genauigkeit Willen würde ich darum bitten, zwischen High Magic und High Fantasy zu unterscheiden, die haben nicht zwingend miteinander zu tun. Bei High/Low Magic geht es um die Frage, wie leicht zugänglich Magie ist, High/Low Fantasy hat eher was mit dem Fokus der Geschichten zu tun.

Zitat
Wie gesagt, ich seh das Problem nicht sobald die Materialherbeizauberer weg sind.

Und ich sehe das Problem nicht, das die Materialherbeizauberer angeblich darstellen sollen. Würdest du mir das bitte mal erläutern?

@Chaos:
Mir geht es eigentlich nicht darum, Itemherstellung möglichst unattraktiv zu machen. Dazu ist eigentlich in D&D schon die XP-Regel gedacht. Zugegeben; viel bringen tut sie nicht, haben wir ja glaub ich schon besprochen.
Aber so starke Einschränkungen wie permanenter HP-Verlust (wo Magier sowieso in den meisten Systemen eher wenig HP haben), das taugt meines Erachtens nicht für Systeme mit Ausrüstungsfokus (was D&D nunmal ist). Bei Earthdawn kommt es soweit ich mich erinnere mehr auf die inhärenten Fähigkeiten des Charakters an, und weniger auf die Ausrüstung die er mit sich rumträgt, da mag eine solche Regel besser funktionieren.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Christoph am 12.03.2012 | 09:19
Das Problem ließe sich vielleicht dadurch lösen, dass magische Gegenstände noch etwas mehr verlangen als Zeit, Material und eventuell XP... vielleicht ein Stück von der Seele des Erschaffers? Oder, wie ich das von Earthdawn vage in Erinnerung habe, permanente Verzauberungen (via Blutmagie) verursachen semi-permanenten Verlust von Trefferpunkten beim Zauberer, d.h. der Verlust lässt sich erst wieder heilen, wenn die Verzauberung nicht mehr existiert.

Oder indem man den permanenten Kram einfach streicht. Ein Item kann ja durchaus eine Weile (Wochen, Monate) aktiv sein - aber eben nicht für immer.

Diese "einmal erschaffen und existiert für immer" ist das Problem, was die Wirtschaft schrottet.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: ErikErikson am 12.03.2012 | 09:39
Ich denke, das passt schon so. Der Kreislauf geht ja so:

Helden töten Monster, klauen Schatz. helden geben Schatz für magische gegenstände aus. hersteller magischer gegenstände (bzw. jeder ,der mit dem geschäftszweig zu tun hat) wird von Monster ausgeraubt. Helden töten Monster...

Es gibt also nur zwei Leute, die richtig geld haben, hochstufige Helden und die hersteller und vielleicht noch ein paar wenige Könige.

Dann passt es auch, das in jedem Kaff zumindest ein kleiner magischer laden ist. Das geld liegt halt in dem Bereich. Das ist dasselbe wie extrem teure Kunst, die von ein paar Mäzenen hin und hergetauscht wird. Nur ohne die Monster und die hersteller sind tot. Ein hersteller magischer gegenstände ist halt selbst hochstufig, dann fällt er unter Held und stellt sich sein Sach selber her (durch Abenteuer kann er dann mehr verdienen als im verkauf) oder er ist niedrigstufig und hat nicht das Potential, sein geld auch dauerhaft zu behalten.

Das problem ist nur, wenn ein hochstufiger Held nur noch verkauft, weil ihm das Abenteuern zu gefährlich ist. Allerdings sorgt er so dafür, das bald andere helden mit seiner Ausrüstung, die eben noch auf Abenteuer ausziehen, mächtiger sind als er. Und irgendwann kommen die dann und holen sich ihr geld wieder. Und damit sind wir wieder im kreislauf.

man muss einfach miteinrechnen, wie absurd mächtig helden und Monster im vergleich zur restlichen Welt sind. 
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Chaos am 12.03.2012 | 10:04
@Chaos:
Mir geht es eigentlich nicht darum, Itemherstellung möglichst unattraktiv zu machen. Dazu ist eigentlich in D&D schon die XP-Regel gedacht. Zugegeben; viel bringen tut sie nicht, haben wir ja glaub ich schon besprochen.
Aber so starke Einschränkungen wie permanenter HP-Verlust (wo Magier sowieso in den meisten Systemen eher wenig HP haben), das taugt meines Erachtens nicht für Systeme mit Ausrüstungsfokus (was D&D nunmal ist). Bei Earthdawn kommt es soweit ich mich erinnere mehr auf die inhärenten Fähigkeiten des Charakters an, und weniger auf die Ausrüstung die er mit sich rumträgt, da mag eine solche Regel besser funktionieren.

Dann sollten wir vielleicht, wenn wir ein realistisches Wirtschaftssystem in einer Welt mit Magie wollen, gleich vom Ausrüstungsfokus zum Charakterfokus wechseln - eben weil ein Fokus auf magische Ausrüstung dermaßen in die Wirtschaft mit reinspielt. Realistische Wirtschaft mit voller D&D-Magie geht nicht, mit Earthdawn-Magie könnte es klappen.

Earthdawn ist da allerdings so ein Sonderfall. Einerseits entstanden die richtig guten magischen Gegenstände dadurch, dass jemand große Taten mit ihnen vollbringt, nicht durch Verzauberung... andererseits sind geringere magische Gegenstände (wie z.B. Leuchtkristalle als Straßenlaternen) absolute Massenware.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: bobibob bobsen am 12.03.2012 | 10:29
Man könnte sich auch überlegen ob es eine hohe Steuer auf die Erschaffung von magischen Gegenständen gibt.
Dann profitiert hauptsächlich der König, Fürst etc.
Oder es gibt Gesetze die das produzieren von magischen Gegenständen regulieren. Man kann Lizenzen erwerben um als Magier ein magisches schwert zu erstellen. Diese Lizenzen sind aber nur beschränkt verfügbar.

Fraglich ist auch ob ein Zauberwirker der mit seinen hergestellten Sachen handelt tatsächlich niedriege lebenshaltungskosten hat. Er muß einen laden betreiben, braucht Angestellt, Laboratorien, Biblioteken, muß zu gesellschaftlichen anlässen als Spennder, Gönner etc auftreten. Werbung und Marketing sollte man nicht übersehen, gerade wenn es viele Zauberer gibt Gegenstände herstellen.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: JPS am 12.03.2012 | 19:51
Das Problem ist aber generell, dass Systeme wie D&D einen Dreck auf eine glaubwürdige und konsistente Spielwelt geben. D&D geht eher davon aus, dass Magier, solange sie nicht auf Abenteuer ausziehen, entweder ihre ganze Zeit in einem unordentlichen Studienzimmer in ihrem Magierturm(TM) abhängen, freudig über die verschiedenen Existenzebenen wandern oder sich in irgendeinen dunklen Dungeon verkriechen um von dort aus mit ihren beschworenen Monstern Angst und Schreck über die Welt zu verbreiten, selbstverständlich meist ohne iirgendeinen Nutzen, um dann von der nächsten Abenteuergruppe geplättet zu werden, die dann gemütlich seine Sammlung kurioser und absoult unpragmatisch entworfenen magischen Gegenstände plus einiger legendärer Schwerter längst vergessener Könige einsacken. Mächtige Magier und sagenhafte Schätze an jeder Dungeonecke ist mit einer klassischen Mittelalterwelt wie bei D&D und Co. eigentlich eh kaum logisch zu vereinbaren. Wenn man in diesem Stil spielen will, sollte man also eher die Auswirkungen von Magie auf die Wirtschaft ignorieren. Ansonsten dürfte man diese schon berechnen dürfen.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 12.11.2012 | 03:54
*Raise Thread*

Ich bin gerade dabei, das ganze an einem "Worked Example" durchzuexerzieren, nämlich für mein D&D Crusader-Setting.
 
Da haben wir als wichtigste Nation die Tetrarchie, welche einen straff und effizient organisierten Staat nach Art des Byzantinischen Reiches darstellt, allerdings etwa so groß wie das Römische Reich zu Zeiten Trajans. Es gibt also kein Feudal- oder Lehenswesen im Europäischen Sinne.
Natürlich nehme ich auch hier wieder Vereinfachungen vor, ist ja schließlich keine Doktorarbeit. Das ganze ist etwas idealisiert und abstrahiert, kommt aber ohne Magie aus.
 Ich hab mir dazu ein Spreadsheet gebastelt.

Also gehen wir mal alles von oben nach unten durch. Zunächst die Versorgung mit Nahrungsmitteln:
Die Bevölkerung der Tetrarchie umfasst etwa 100 Millionen Einwohner. (Wenn ich im folgenden gelegentlich "Menschen" schreibe, ist das nur Gewohnheit; es gibt freilich auch Zwerge und Elfen etc).
Ich lege erstmal fest, dass 85% der Bevölkerung Bauern sind. Die durchschnittliche Bauernfamilie habe 5 Mitglieder.
Daraus ergibt sich, dass es in den Grenzen der Tetrarchie 17 Millionen Bauernhöfe gibt. Jeder Hof stellt eine Hufe dar, also soviel Ackerland, wie diese Familie selbst bearbeiten kann.
Eine Hufe entspreche 45 Morgen Ackerland, da Pferde flächendeckend als Arbeitstiere verwendet werden. Jede Familie verfügt im Durchschnitt über 1 E/A Pferd. Ein Morgen sei im Durchschnitt 4500m² groß, was also insgesamt 20 Hektar pro Hufe ergibt. Nicht mit eingerechnet sind nochmal 22,5 Morgen Brach- und Weideland (Dreifelderwirtschaft).
Bei 4dz/ha Getreideertrag ergibt das pro Jahr landesweit 138 Millionen Tonnen Getreide.
Davon gehen erstmal weg:
- 1 Pfund Getreide pro Einwohner und Tag für den Grundbedarf (entspricht 1500kcal) = ca. 18 Mio t.
- Kraftfutter für die Arbeitspferde, 16dz pro Stück, macht 27 Mio t.
- der Rest ist Überschuss: ca. 93 Mio t. Davon geht erstmal eine 10%ige Getreideabgabe weg, die vom Staat als Reserve verwaltet wird; außerdem werden hieraus die Streitkräfte sowie Bedürftige versorgt (also sozusagen die Sozialversicherung).
Der verbleibende Überschuss wird zur Milch- und Fleischproduktion genutzt:
Jeder Hof soll 2 Kühe besitzen. Die Kühe geben genügend Milch, um neben der Aufzucht ihrer Kälber noch etwa 4 Liter Überschuss pro Stück und Tag zu produzieren. Dafür erhält jede Kuh neben Grünfutter auch 6kg Getreide pro Tag = 2 Tonnen pro Jahr;
also insgesamt 68 Mio t Kraftfutter für die Rinder- und Milchwirtschaft.
Dafür kann der Hof jedes Jahr ein 2jähriges Rind schlachten (ca. 350kg Fleisch), was landesweit ca. 5 Mio t Rindfleisch entspricht.
Etwa die gleiche Menge, 5 Mio t, kann an Käse erzeugt werden.
Es verbleiben ca. 15 Mio t. von der Jahresernte an Getreide. Diese fließen in die Geflügelzucht. Da man etwa 2,8kg Getreide für 1kg Hühnerfleisch benötigt, fallen auf diese Weise etwa abermals 5 Mio t Hühnerfleisch pro Jahr ab.

Die Ernährungslage sieht also bis hierhin so aus: Jeder Einwohner erhält pro Woche:
- 7 Pfund Getreide
- 2 Pfund Käse
- 2 Pfund Rindfleisch
- 2 Pfund Hühnerfleisch

Noch nicht berücksichtigt sind Gemüse und Früchte, die quasi "nebenbei" produziert werden, ebenso Schweine- und Schafzucht, da diese kein Kraftfutter bekommen. Diese Aufwertungen kommen also alle noch dazu.

Nochmal zur Erinnerung, 85% der Bevölkerung sind Selbstversorger; die restlichen 15% sind z.B. Stadtbewohner (oder Bergarbeiter, oder Bauarbeiter...), die dem Landvolk seine Überschüsse abkaufen, gegen klingende Münze.

Das bringt mich wiederum zum Staatshaushalt:
Zusätzlich zur vorgenannten 10%igen Getreideabgabe kann der Staat vom Landvolk nochmal 10% der Einnahmen aus dem Verkauf der Überschüsse abschöpfen.
Die restlichen 15% leben sowieso in Geldwirtschaft, und können direkt mit 20% besteuert werden.
Damit sind dann auch alle Verpflichtungen abgegolten; es ist also nicht so wie im feudalen Mittelalter, wo der Bauer erst drei Tage pro Woche für den Lehnsherrn fronen musste und dann von den Erträgen der anderen drei Tage noch drei verschiedene Zehent abdrücken musste, was also insgesamt einer Abgabenlast von 2/3 gleichkam.

Aus diesen Überlegungen kann man nun ein relatives Preisgefüge errechnen – ich schaue dazu bewusst nicht auf irgendwelche Preislisten, sondern ermittle die Preise quasi „bottom up“:
Lediglich für das Basisverhältnis greife ich auf die Englische Preisliste zurück: 8 Pfund Getreide = 1 Denar (wenn ich mich da richtig erinnere, ansonsten setze ich das jetzt einfach so fest).
Die Produktion der tierischen Produkte verschlingt (im Wortsinn) knapp fünfmal soviel Getreide wie die zum Verzehr bestimmte Getreideration. Der Bauer will auch noch was daran verdienen, und muss ja auch Steuern zahlen, also klatscht er da nochmal 20% drauf. Daraus ergibt sich, 1 Pfund Käse, Rind- oder Hühnerfleisch kostet ab Erzeuger soviel wie 6 Pfund Getreide.
Eine Wochenration entspricht folglich 6*6 + 7 Pfund = dem Wert von 43 Pfund Getreide.
Nehmen wir nun an, dass eine durchschnittliche Städterfamilie drei vollen Essern entspricht (Kinder essen ja weniger) und anderthalb Einkommen erwirtschaftet. Sie verbraucht also effektiv pro Woche mindestens 130 Pfund Getreide, also 16 Denar. Sagen wir weiterhin, dass das Essen die Hälfte der Lebenshaltungskosten ausmachen darf, damit klettert der Bedarf auf 32 Denar pro Woche. Der Städter will außerdem auch eine Rücklage anlegen, also sagen wir, Nettoeinkommen pro Familie 36 Denar. Sie muss 20% Steuern zahlen, also brutto 45 Denar.

Da wir vorhin gesagt haben, dass das anderthalb Einkommen sind, ergibt sich daraus ein durchschnittlicher Tageslohn von etwa 6 Denar.

In dieses Muster fallen wie gesagt 15% der Gesamtbevölkerung, also 15 Millionen. Nehmen wir an,       das sind 4 Millionen Haushalte, von denen jeder 9 Denar Steuern pro Woche zahlt. Macht also im Jahr 1,8 Milliarden Denar Steueraufkommen durch die Städte direkt.

Gleichzeitig fließen wie gesagt 16 Denar pro Stadtfamilie für Lebensmittel aufs Land, macht also  pro Jahr 3,2 Milliarden Denar. Davon muss der Bauer einen Zehent zahlen, also 320 Mio Denar (die anderen 10% fallen ja bargeldlos an).

Insgesamt hat die Tetrarchie also 2,1 Milliarden Denar als Staatshaushalt zur Verfügung.
Setzen wir 1 Denar = 1SP, entspricht das also 210 Millionen Goldmünzen.

--

Und jetzt wird’s spannend: reicht das? Betrachten wir erstmal die Militärausgaben.
Ich will, dass die Tetrarchie ein stehendes Heer von 150.000 Mann unterhält, hervorragend ausgerüstet, mit ca. 25% Kavallerieanteil. Dienstzeit 10 Jahre, Ausrüstung bleibt beim Veteranen, also müssen jedes Jahr 15000 Soldaten neu ausgerüstet werden. Dazu 10 Denar Sold pro Tag, und so weiter und so fort bis hin zu genügend Schiffen, um die Truppen schnell verlegen zu können – nach D&D-Preisliste komme ich da summa summarum auf 166 Millionen GP. Das verschlingt also satte ¾ des Gesamthaushalts. Allerdings kann es da sein, dass man nach der Historischen Preisliste billiger wegkommt, habe ich jetzt nicht überprüft.

--

Dass wir uns nicht falsch verstehen: wie man oben sehen kann, ist das schon ein ziemlich hoher Lebensstandard; man kann wohl getrost vergessen, dass sich das durchschnittliche historisch-mittelalterliche Landei durch 6 Pfund Fleisch und Käse pro Woche baggern durfte. Deswegen sage ich ja: idealisiert. Ist ja schließlich Fantasy, und die Tetrarchen sind Die Guten. ^^

Man kann auch noch an den Stellschrauben was drehen; wenn z.B. nur 80% der Bevölkerung Landwirtschaft betreiben, schrumpfen die Rationen an tierischen Produkten um 10% (also jeweils von 2 metrischen auf 2 englische Pfund pro Woche), was eine kaum spürbare Verminderung darstellt; dafür steigen die Steuereinnahmen von den Städtern um ein ganzes Drittel auf 240 Mio GM.  Das Steueraufkommen der Ländler hängt von der Entwicklung der Lebensmittelpreise ab. Klingt eigentlich insgesamt nach einem guten Deal.

Wenn hingegen die Herrscher auf die Lebensqualität ihrer Untertanen scheißen würden, könnten sie auch bis zu 60% der Bevölkerung in die Industrie stecken, vorausgesetzt es gibt genügend Pferde als Zugtiere. Dann gibt es eben keine Milch- und Fleischprodukte für das gemeine Volk, sondern alle Tage Gerstengrütze, aber es muss immer noch niemand Hunger leiden und die Produktionskapazität wird verdreifacht.



So... also insgesamt bin ich mit dem Modell jetzt recht zufrieden. ^^
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Turning Wheel am 12.11.2012 | 05:20
Klingt gut.

Was ergibt sich jetzt daraus?
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 12.11.2012 | 12:29
Kommt drauf an, generell oder für dieses spezielle Setting?

Zunächst mal habe ich damit gezeigt, dass die Werte für Ertrag etc. plausibel sind und die Ergebnisse zueinander passen. Im Hinblick auf die historische Preisliste dürften die Werte am besten passen, die zeitlich mit einem Tagesgehalt von 6d korrelieren.

Ein Problem sind dabei die Preise für Pferde, da diese wirklich dramatisch schwankten; ein Streitross wird z.B. mal mit 720d, mal mit 1200d, mal mit 19000d (!) veranschlagt. Wenn wir aber den letzten Wert mal als Ausreißer ignorieren, kommen wir so grob auf 1000d = 100GP. Das ist also wesentlich billiger als von D&D veranschlagt (440GP).

Generell kann man nach diesem Muster jedes beliebige staatliche Gebilde simulieren, von der Baronie bis zum Imperium. Für Feudalsysteme muss man halt ein paar Stellschrauben verändern, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die verschiedenen Hierarchieebenen alle ihr Stück vom Kuchen haben wollen, und wahnsinnig viel Geld nur dem Luxus einer kleiner Elite zugute kommt.

Wie gesagt nützt das z.B. dazu, die wirtschaftlichen bzw. industriellen und schließlich militärischen Kapazitäten eines Landes einzuschätzen. Du kannst unter Berücksichtigung der Lebensbedingungen das Steueraufkommen berechnen, und weißt somit, welche Mittel zum Unterhalt einer Streitmacht zur Verfügung stehen. Insbesondere für Dominion- oder Kingmaker-Kampagnen dürfte das sehr nützlich sein.

Man kann natürlich das System auch noch verfeinern, indem man Faktoren wie Korruption und Mauschelei berücksichtigt. Wenn Steuern hinterzogen oder abgezweigt werden, fehlen diese natürlich am Ende im Staatssäckel.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Turning Wheel am 12.11.2012 | 15:39
Ich hatte mich nur gefragt, warum du nachprüfen wolltest, dass die Realität funktioniert.
Die letzten paar hundert Jahre sollten doch schon Beweis genug sein.

Ich finde die Recherche sehr interessant, weil ich genauso gerne wie du realistisches Spiel mag und
bei deiner Rechnung ein paar Dinge offenkundig werden, die ich vorher nicht so klar gesehen habe.
Es ginge mir z.B. auch um die Änderung von Stellschrauben, um Differenzen zu erzeugen, die zu einem
nachhaltigen Handelssystem führen, dessen dynamische Entwicklung man einfach nachführen kann.
So Fragen wie: Welchen Einfluss hat die Erhöhung von Militärausgaben auf die nationale Nahrungsversorgung? etc.
Im Prinzip wollte ich wissen, worum es dir dabei ganz konkret geht, also welche Art von Spiel (welche Art von Plot) mit diesem Modell speziell unterstützt werden kann, bzw. in seinem Realismus vorangebracht wird. Bzw. was genau für Plots du spielst, für die du das brauchst.

Die Preisdifferenzen für Streitrösser sehe ich nicht als problematisch an.
Heute kann ich auch einen Sportwagen für 7.200 oder für 190.000 Euro kaufen.
Inwiefern beschädigt die große Preisspanne für seltene Highend-Güter dein System?
Weil man schlecht einen Durchschnittswert festlegen kann?
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 12.11.2012 | 16:59
Ich hatte mich nur gefragt, warum du nachprüfen wolltest, dass die Realität funktioniert.
Die letzten paar hundert Jahre sollten doch schon Beweis genug sein.

=D
Ja, die Frage war mehr, ob sich der Mechanismus mit vertretbarem Aufwand nachvollziehen lässt. Hätte die Simulation völlig andere Ergebnisse ausgespuckt, nach denen z.B. ein Bauer sich nichtmal selbst ernähren könnte, hätte dies bedeutet, dass da noch andere Faktoren eine wichtige Rolle gespielt haben, die wir erst identifizieren und berücksichtigen müssten. So aber wissen wir: jawoll, die wichtigsten Eckpunkte sind abgedeckt.

Zitat
Die Preisdifferenzen für Streitrösser sehe ich nicht als problematisch an.
Heute kann ich auch einen Sportwagen für 7.200 oder für 190.000 Euro kaufen.
Inwiefern beschädigt die große Preisspanne für seltene Highend-Güter dein System?
Weil man schlecht einen Durchschnittswert festlegen kann?

Jo, deswegen habe ich mich ja entschieden, Zahlen wie "80 Pfund Silber" als Ausreißer zu betrachten und aus den anderen Werten ein Mittel zu bilden. Ausreißer sind für einzelne Exemplare natürlich kein Problem, aber wenn man z.B. eine Armee ausrüsten will, kann man damit nichts anfangen.

An dieser Stelle fügt es sich übrigens wieder ganz trefflich, dass ich jetzt bei D&D die Reichtumstabellen als Meta-Werte uminterpretiere. So kann ein Streitross gerne nach wie vor mit 400 Meta-Punkten abgerechnet werden, selbst wenn es ingame nur 120 Goldstücke kostet. Das entlastet vor allem den Staatshaushalt.

Rechnen wir mal die Ausrüstung eines Schweren Fußsoldaten. Er soll mit einem Feldharnisch und einer meisterlich gefertigten Zweihandwaffe gewappnet sein. Wenn ich da die Einzelposten zusammenrechne, komme ich auf umgerechnet etwa 3-400GP - und nicht 1500+. Der Trick ist nun, dass ich ihn zwar für die Zwecke der Spielbalance nach der D&D-Preisliste ausrüste, für Zwecke der Weltsimulation aber die Posten im Militärbudget nach der historischen Liste abrechne.
Ich habe das mal eben für die diversen Militärausgaben so überschlagen, und siehe, ich komme deutlich billiger weg als zunächst vermutet, nur noch etwa 90 Mio GP Ausgaben pro Jahr statt der zuvor veranschlagten 200 Mio. (Dazu habe ich noch einen Rechenfehler entdeckt, der bedeutete, dass das Reich jedes Jahr komplett neue Pferde und Roßharnische angeschafft hätte.)
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 12.11.2012 | 20:10
Nachtrag: es fuchst mich grad an, dass ich nirgends historische Angaben für die Kosten von Schiffen finden kann. Wenn da jemand von euch irgendeine Quelle zur Hand hat, immer her damit.

Ha! Nach einigen Irrwegen habe ich jetzt immerhin einen ungefähren Anhaltspunkt gefunden:

Die braven Dänen vom Wikingerschiffmuseum Roskilde haben schon X skandinavische Schiffe nachgebaut, das berühmteste ist aber der Havhingsten fra Glendalough.
30 Meter lang, 4 Meter breit, 1 Meter Tiefgang; Leergewicht 8 Tonnen (!), Verdrängung voll beladen 25 Tonnen.
(Ein tolles Schiff, ich durfte auch schon live drauf rumturnen.)

http://www.vikingeskibsmuseet.dk/baadevaerft/byggeliste/baadbeskrivelse/boat/havhingsten-fra-glendalough/

Dafür gibt das Museum folgende Arbeitszeiten an:

Bygmesteren 500 timer [Baumeister]
Stævnsmeden 1000 timer ["Steven-Schmied"]
Bådebyggere 10.000 timer [Bootsbauer]
Skovarbejdere og medhjælpere 14.000 timer [Waldarbeiter und Hilfsarbeiter]
Arbejdere til at klinke naglerne 1000 timer [Nietensetzer]

Macht insgesamt 26.500 Arbeitsstunden = ca. 3300 Mann-Tage. Wenn da jeder im Schnitt 6d/Tag bekommt, sind das also ca. 20.000d für die Arbeitskraft (wenn wir mal außer Acht lassen, dass in echt die Facharbeiter sicher mehr bekommen als die Hilfsarbeiter). Für ein 8-Tonnen-Schiff (Verdrängung voll beladen 25 Tonnen).
Man beachte, dass hier die Kosten für das Holz schon im Lohn der Waldarbeiter mit eingerechnet ist.

Das dürfte sich eigentlich recht bequem skalieren lassen. Ein Schiff, das 100 Tonnen Last tragen soll, dürfte entsprechend leer etwa 50 Tonnen wiegen, und etwa 125.000d = 12.500GP kosten.

Sieht erstmal teuer aus, ist es aber nicht. Da Turning Wheel nach Handels-Mechaniken gefragt hat, können wir das ja hier gleich mal mit folgenden Annahmen durchrechnen:
- das Schiff soll etwa 20 Jahre lang im Einsatz bleiben, also Abschreibung = 6.250d pro Jahr
- und während dieser Zeit im Schnitt eine Handelsfahrt pro Monat machen
- somit kann es im Laufe eines Jahres 12*100 = 1200 Tonnen Fracht verschieben
- dazu benötigt es, sagen wir mal, 10 Mann Besatzung. Macht 20.000d Heuer und Verpflegung pro Jahr.
- geben wir da noch, sagen wir mal, 1750d für Reparaturen etc. hinzu
--> Macht also insgesamt 28.000d laufende Kosten pro Jahr
--> somit muss jede Tonne Fracht knapp 24d Profit einfahren, um auf 0 rauszukommen.
Bereits mit 50d Handelsspanne pro Tonne (!) fährt der Eigner einen kräftigen Profit ein.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Bad Horse am 12.11.2012 | 20:23
Das ist zwar jetzt Nitpickerei, aber: Was ist mit den Kosten für die Instandhaltung? Sind die eingerechnet?  :)
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Eulenspiegel am 12.11.2012 | 20:29
Ich denke, das läuft unter den 1750d/a für Reparaturen.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Beral am 12.11.2012 | 21:26
Im Modell sind die für Verwaltung abgestellten Menschen noch nicht berücksichtigt. Man sollte dafür 10% der Bevölkerung einkalkulieren. Die produzieren nix, bekommen aber auch ihre Kohle, und zwar mehr als die Produzenten.

Im Feudalsystem kann man den Adel funktionell der Verwaltung zuordnen.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 12.11.2012 | 21:41
10% halte ich da aber für übertrieben. Historisch haben 1. und 2. Stand zusammen ja nur ca. 2% der Bevölkerung ausgemacht.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Turning Wheel am 12.11.2012 | 22:25
Wenn es eine externe Verwaltung gab, dann hat die den Gewinn eingestrichen. Das sollte mehr als ausreichen, die Verwaltung zu übernehmen.
Bei der Handelsfahrt pro Monat kann man übrigens auch mit einrechnen, dass die meistens hin und zurück oder im Dreieck ging - also doppelt oder dreifach kassiert werden konnte.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Zauberelefant am 13.11.2012 | 01:19
Ich denke, daß die ganzen Hofschranzen, Kleriker, Kaufleute und andere Schmarotzer in den 15-20% Stadtbevölkerung drin sind.

Das Seehandelsbeispiel mal auf die Hanse übertragen: da kann man innerhalb weniger Tage eine andere Hansestadt erreichen - die höhere Konkurrenz drückt auf die Preise, bei Fernkaufleuten schlägt die Entfernung wieder drauf. Ich würde von da aus eine Vorwärtskalkulation vornehmen.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: CokeBacon am 13.11.2012 | 06:21
Mal sehen. Nehmen wir an, jede Person hat zu jeder Zeit ein Paar Schuhe. Das ignoriert also, dass viele ärmere Menschen barfuß unterwegs waren oder nur Fußwickel ("Laufsäcke") hatten. Nehmen wir ferner an, ein Schuhmacher kann pro Tag zwei Paar Schuhe herstellen. Und das Jahr habe 250 Arbeitstage, macht 500 Paar Schuhe im Jahr. Das würde also eine durchschnittliche Haltbarkeit von unter drei Monaten pro Paar Schuhe bedeuten.
_Kann_ sein, dass mittelalterliche Schuhe wirklich so schnell "durch" waren. Weiß ich nicht. Man möcht auch eigentlich meinen, dass da vor allem sie Sohlen verschlissen, und ne neue Sohle sollte noch wesentlich appliziert sein.

Also kurz und gut, damit 1 Schuhmacher von 150 Leuten satt wird, müssen die Schuhe wirklich extrem schnell verschleissen.

Das Thema ist zwar schon etwas älter, es wurde jedoch nie eine Lösung gefunden. Im Mittelalter wurden der Beruf des Schusters und Gerbers nicht getrennt. Deswegen gab es so eine große Anzahl von Schustern. Sie waren für jede Art der Lederverarbeitung verantwortlich. Dadurch wird die Zahl wieder realistisch.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Zauberelefant am 13.11.2012 | 12:14
Das würde also bedeuten, daß alle Leder/Holz/Stein/Metallverarbeitenden Berufe jeweils zusammengefaßt sind? Womit man quasi den Anteil aller Handwerker durch 4 teilen müßte, um auf eine ungefähre Quote zu kommen?
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Feuersänger am 13.11.2012 | 12:33
Da erschließt sich mir jetzt nicht der Zusammenhang... zur Erinnerung, das mit den Schustern bezog sich auf diesen Demographiegenerator:
http://www.rpglibrary.org/utils/meddemog/
dessen Stadt-Demographie sich wiederum iirc auf einen Zensus von Paris im 13. oder 14. Jh bezieht.

Dort sind an lederverarbeitenden Berufen aufgeführt (auf 10.000 Einwohner):
40 Kürschner
9 Beutelmacher
10 Sattler
67 Schuhmacher
5 Gerber
sowie evtl. noch zwei weitere (Harness-maker und scabbard-maker)

Das widerspricht wiederum der Aussage von CokeBacon, dass mit Schuhmacher generell jede Art von lederverarbeitendem Handwerker gemeint wäre.
Wobei, wenn ich mir das so anschaue, bin ich mir sicher, dass mit den 5 Gerbern nur die Meister und evtl. Gesellen gemeint sein können, aber nicht das ganze angelernte Personal, dass eine Gerberei noch so braucht.

Edit:
Nochmal die Preisliste angeschaut. 1 Paar Schuhe wird dort je nach Quelle mit 4, 6 oder 14d angegeben - klar, gibt es ja in unterschiedlicher Qualität. Gehen wir mal von 6d aus, das würde darauf hindeuten, dass ein Schuster etwa 1 Paar pro Tag anfertigen konnte. Das würde bedeuten, dass jeder Einwohner 1,7 Paare pro Jahr verschleissen müsste. Da die Dinger aber mit ca. 1 Tageslohn auch recht billig waren, kann das ja durchaus sein.
Titel: Re: Generisches Wirtschaftssystem für Fantasy-Settings
Beitrag von: Zauberelefant am 13.11.2012 | 13:07
So, das hatte ich auch falsch verstanden.
Also arbeiten 1.33% der Stadtbevölkerung im Ledergewerbe. Zieht man ähnliche Zahlen für die anderen Handwerksbereiche heran, komme zumindest ich zu dem gleichen Schluß, daß ein Großteil der Stadtbewohner als Tagelöhner/Hilfsarbeiter arbeiten und in den Statistiken so nicht auftauchen. Vor diesem Hintergrund wird auch verständlich, wieso das Zunftwesen so mächtig sein konnte, angesichts eher kleiner Bevölkerungsschichten, die es repräsentierte: Immerhin waren es diese "Vollbürger", die Truppen stellten, Tore bewachten, von denen ökonomisch eine Menge Leute abhingen, die überhaupt in der städtischen Regierung vertreten waren und die völlig autonom Preise, Quoten und Zahl der Betriebe festlegen konnten.