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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Allgemein => Thema gestartet von: Megavolt am 31.08.2022 | 23:05

Titel: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Megavolt am 31.08.2022 | 23:05
Diese Idee rumort schon länger in mir.

Würde man zu seinen Spielern sagen: "Vergebt euch eure XP halt einfach im eigenen Ermessen selber, wann immer ihr das für richtig haltet und in einem Umfang, der euch möglichst gut amüsiert, ihr Vögel. Denn ich bin weder euer Buchhaltungsprüfer, noch euer Rollenspielpädagoge oder euer Vater. Und ehrlich gesagt interessiert es mich auch nicht", dann hätte das in meinen Augen sehr substanzielle Vorteile.

- Die Powergamer können ihrem Magier direkt zehn Zaubersprüche und 100 Mana geben, dann zaubert er halt wie der leibhaftige Gandalf und sie sind glücklich.
- Die Simus steigern acht Spieleabende hintereinander jeweils einmal Seefahrt, weil die Kampagne auf einem Schiff stattfindet und fühlen sich damit gut.
- Der kindliche Diener des Magiers steigert gar nicht, weil er gerne den Underdog spielt (sonst hätte er eh eine andere Rolle genommen) und weil er seinen Spaß daraus zieht, dass er ohne wertetechnische Skills, aber dafür mit spielerischer List und Witz seine Herausforderungen bewältigt.
- Ich steigere meinen Barbaren schön langsam auf Stufe drei, weil das ein Sweet-Spot ist, wo ich mir noch keine Gedanken über komplexe Regeln machen muss, wo ich aber immer noch das aufregende Risiko habe, dass er mir einfach so abnippelt, wenns blöd läuft.

Die Gleichwertigkeit von Figuren ist ohnehin nie gegeben, das ist ein Hirngespinst. Wer das nicht glaubt, der balance bitte versuchshalber mal den Fighter, den Verwandlungsmagier und das Face. Und weil das nicht geht, kann man den vorliegenden Mangel auch akzeptieren und produktiv nutzen.

Was sagt ihr denn dazu?
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Pyromancer am 31.08.2022 | 23:09
Ich hab das im Laufe der Jahre immer mal wieder verschiedenen Gruppen angeboten und es gab genau NULL Spieler, die das gut fanden. Viele hätten da wohl widerwillig mitgemacht, wenn ich darauf bestanden hätte, aber gegen Widerstand durchsetzen wollte ich es dann auch nie.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Zed am 31.08.2022 | 23:41
Hallo Megavolt!

Lieber als über die Umsetzung möchte ich auf die dahinterliegende Überlegung anworten, denn das angemessene Verhältnis zwischen Spielleitung und Spielenden und die Frage, wer bestimmt, was für alle Spielspaß ist, halte ich für zuwenig geführt.

Zitat
Denn ich bin weder euer Buchhaltungsprüfer, noch euer Rollenspielpädagoge oder euer Vater. Und ehrlich gesagt interessiert es mich auch nicht"

Das ist exakt meine Auffassung für die Spielleitung. Was habe ich "XP für Gold" gehasst. Was habe ich alles ausprobiert, um Leute aus der Gruppe nett und ein wenig für "gutes Rollenspiel" zu belohnen (oder zu bestrafen).

Irgendwann habe ich der Gruppe einen XP-Pool gegeben, den sie untereinander verteilen sollten: Ein richtiger Schritt, weil ich als SL die "Beurteilungsposition" damit aufgegeben habe, ein katastrophaler Schritt, weil sich in der Gruppe die Animositäten zu Monströsitäten auswuchsen.

So einfach und friedvoll kann das Leveln sein:
Seit Jahrzehnten steigen die Charaktere meiner Gruppe schlicht nach 7 anwesenden Spieltagen auf. Was in den 7 Spieltagen geschieht - das bestimmt die Gruppe bei mir ganz stark mit. Wenn sie mein Abenteuerangebot ausschlagen, um sich ein eigenes Ziel zu suchen, dann machen sie das. Wenn sie den Tyrannen beschwatzen und bekehren wollen, anstatt sich in seine Behausung einzuschleichen und ihn zu ermeucheln, dann können sie das. Egal wofür sie sich entscheiden: Es hat in Bezug auf das Leveln keinerlei Einfluss.

Das sorgt dafür, dass die Gruppe sich ganz auf ihr selbstgewähltes Ziel und ihre selbstgewählten Mittel konzentrieren. Dadurch nehmen sie das Ganze sehr enst. Kein Schielen nach "Was hilft uns am ehesten beim Leveln?" funkt dazwischen. Sie müssen nicht zu mir als Spielleiter schielen, um herauszufinden, was  i c h  vielleicht erwarten oder sogar belohnen könnte.

Dein Vorschlag scheint mir z u v i e l  Verantwortung in den Händen der Einzelnen zu sein. Das sie sich da auf eine gemeinsame Richtung einigen, scheint mir zuviel verlangt. Dann lieber die schlichte, bestechende 7-Spieltage-ein-Aufstieg-Methode.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: AlucartDante am 1.09.2022 | 00:03
Dann kann man doch mit dem gleichen Argument auch die SL komplett abschaffen?

Ich will doch gerade drei Dinge von der SL:
- Begrenzung und Beurteilung meiner Ressourcen inkl Steigern
- Beurteilung und Reaktion der Außenwelt
- Einbringen von neuem Input

Gerade die ersten beiden Punkte sind nicht von einander zu trennen, denn die Werte der NSCs stehen in Bezug zu den Werten der SCs und ihre Reaktion soll ja auch dazu passen.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Zed am 1.09.2022 | 00:15
Dann kann man doch mit dem gleichen Argument auch die SL komplett abschaffen?

Ich will doch gerade drei Dinge von der SL:
- Begrenzung und Beurteilung meiner Ressourcen inkl Steigern
- Beurteilung und Reaktion der Außenwelt
- Einbringen von neuem Input

Gerade die ersten beiden Punkte sind nicht von einander zu trennen, denn die Werte der NSCs stehen in Bezug zu den Werten der SCs und ihre Reaktion soll ja auch dazu passen.

Das verstehe ich nicht: Ich als SL bin doch noch immer in einer asymmetrischen Position, immerhin spiele ich den gesamten Rest der Welt. Das ist keine Basisdemokratie.

Aber nicht ich beurteile (mehr), was gutes oder schlechtes Spiel ist - die Gruppe muss sich letztlich überhaupt nicht mehr darum kümmern, was ich für gutes oder schlechtes Spiel halte. Richtiger: Was ich für belohnenswertes oder bestrafenswertes Spiel halte. Sie kann sich völlig darauf konzentrieren, welcher Weg/welches Ziel  i h n e n  am besten gefällt.

Ich als Spielleiter bin auf der Sandbox-Perlenschnur-Achse* (sagt man so?) schön flexibel in der Mitte, darum zählen die Entscheidungen der Gruppe auch etwas.

Sollten sie "etwas Dummes", zB einen groben taktischen Fehler, machen, so wird die Umwelt darauf entsprechend reagieren. Aber ihren Aufstieg beeinträchtigt es nicht. Schließlich ist auch Fehlermachen ein Sich-Weiter-Entwickeln, und der Fokus bleibt beim Spielen und nicht beim Aufsteigen-Wollen.

*Im Kleinen bin ich tendenziell sandboxig, im Großen tendenziell perlenschnürig. Im Mittleren mal so, mal so.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: ArneBab am 1.09.2022 | 00:34
Ich vergebe XP einfach nach Spielzeit (wer nicht da sein konnte oder einen neuen Charakte macht erhält sie üblicherweise nachträglich). Also das gleiche Konzept wie nach 7 Tagen aufzusteigen, nur eben in einem Punktesystem und mit dadurch möglichen kleineren Schritten.

Allerdings würde ich sie nicht ganz freigeben, weil das Stärkerwerden aus meiner Sicht Teil der Spielregeln ist: Du kannst deinen SC jederzeit Schwächen, aber stärker wirst du nur den Regeln gemäß.

Der Grund dafür ist, dass die Regeln eine verlässliche Grundlage für alle liefern. Wenn ich verregelte Werte steigern will, geht das über das Regelwerk. Im EWS habe ich das auch explizit in einer Fußnote festgehalten, weil mir die Erklärung dafür, warum Steigern überhaupt Teil der Regeln ist, bisher gefehlt hatte.

Dass die SL Punkte für Erwartungen Erfüllendes Spiel vergibt gehört da für mich allerdings nicht mehr rein.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Arldwulf am 1.09.2022 | 00:39

Die Gleichwertigkeit von Figuren ist ohnehin nie gegeben, das ist ein Hirngespinst. Wer das nicht glaubt, der balance bitte versuchshalber mal den Fighter, den Verwandlungsmagier und das Face. Und weil das nicht geht, kann man den vorliegenden Mangel auch akzeptieren und produktiv nutzen.

Was sagt ihr denn dazu?

Das es problemlos geht diese drei Archetypen zu balancen. Die Illusion ist nicht ob man dies kann, sondern zu glauben nachdem man dies gemacht hat gäbe es keine Unterschiede mehr.

Nimm mal dein Beispiel vom Lehrling des Meisters. Du schreibst er habe diese Rolle schließlich selbst gewählt, das sein Charakter also schwächer als ein anderer ist ist gewünscht.

Nun ist es aber so: dies gilt nur in einem ausbalanciertem System. In einem nicht ausbalancierten System dagegen wird man immer wieder Charaktere haben welche eigentlich gleichwertige Charaktere spielen wollen. Aber später auf Grund der fehlenden Balance im Spiel merken: Mist, das ist nicht der Fall.

Ich bin ein großer Fan von "welche Rolle in der Spielwelt wollt ihr spielen" und halte Stufenunterschiede von Charakteren innerhalb einer Gruppe für ungemein bereichernd für die Gruppendynamik. Aber die Grundvoraussetzung dafür ist eben das die von den Spielern gewählten Rollen mit der Spielmechanik auch so umsetzbar sind. Und das was an ihrem Charakter dran steht auch drin steckt. Wenn ich möchte das Charakter A mächtiger als Charakter B ist sollte dies offen kommuniziert werden und nicht implizit durch die Wahl eines Charakterkonzeptes festgelegt werden.

Also ja: damit man dies machen kann müssen der Verwandlungsmagier, das Face und der Fighter gleich mächtig sein können und die Spieler müssen wissen können ob sie es sind.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: YY am 1.09.2022 | 01:18
Die Gleichwertigkeit von Figuren ist ohnehin nie gegeben, das ist ein Hirngespinst. Wer das nicht glaubt, der balance bitte versuchshalber mal den Fighter, den Verwandlungsmagier und das Face. Und weil das nicht geht, kann man den vorliegenden Mangel auch akzeptieren und produktiv nutzen.

Das ist ein ähnlicher, für mich nicht nachvollziehbarer Gedankengang wie beim Großthema Simulationismus.
Nur weil eine perfekte Gleichwertigkeit nicht gegeben ist, heißt das nicht, dass ich deswegen direkt auf jedweden Versuch, eine grobe Gleichwertigkeit zu erreichen bzw. zu halten, verzichten kann oder sollte.
Auch dann nicht, wenn es einzelne Systeme gibt, die das ab Werk über die normalen Verwerfungen hinaus besonders schlecht hinbekommen.


Wenn meine Gruppe mit massiven Machtunterschieden klar kommt oder sogar Spaß daran hat, ist das ok.
Wo das aber nicht der Fall ist, zerschieße ich mir mit einer kompletten Freigabe ziemlich flott die Kampagne oder zumindest die Gruppe.


Und weil die Nebenbaustelle schon so deutlich offen ist:
Dass man vom "Nasenfaktor" individueller XP-Vergabe wegkommen will, ist erst einmal nicht verkehrt.
Pauschale und konstante XP-Vergabe bzw. Meilenstein-Steigerung funktioniert meiner Erfahrung nach aber nur da gut, wo die Steigerung ohnehin eher gemütlich vor sich hin tröpfelt.

In den meisten Konstellationen bin ich spürbar besser damit gefahren, XP z.T. individuell, aber vor allem nach einem halbwegs objektiven und bekannten Standard zu vergeben.
Irgendwas sollte das Spiel von den Spielern schon erwarten und in dem Moment gibt es auch erfolgreiches und weniger erfolgreiches Agieren losgelöst von der Frage nach gutem Rollenspiel und Bewertung/Erziehung durch den Oberlehrer-SL.


Ganz zuletzt zwei frei schwebende Informationsbrocken.
- Auch perfekte Gleichwertigkeit habe ich schon erreicht, indem ich für einen One-Shot vier Klone hingelegt habe :P ;D

- "Schreibt euch auf, was ihr für angemessen haltet" hat schon mal super funktioniert, wo eh klar war, dass die Runde nur einen Abend lang geht und dass am Ende wohl alle tot sind. Da hat dann aber auch der Underdog-Stimmungsspieler ausnahmsweise mal auf die Kacke gehauen...wieder: ich muss vermitteln, was wir wie spielen wollen und dann die Spieler halbwegs unter diesen Hut kriegen.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: CK am 1.09.2022 | 01:21
Eine sehr idealistische Herangehensweise, welche die Steigerungen, das "besser werden" und "reifen durch Erfahrung" durch die Freigabe aber entwertet und die Motivation, regeltechnische Beschränkungen mit der Zeit zu überwinden, völlig abschaltet. Der Gedanke dahinter ist lobenswert, aber das ist imho die falsche Baustelle dafür.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: YY am 1.09.2022 | 01:27
Stimmt, das kommt noch dazu. Als Spaßquelle wird die Steigerei regelmäßig nur taugen, wenn man nicht die Kontrolle darüber hat.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: ArneBab am 1.09.2022 | 02:20
Stimmt, das kommt noch dazu. Als Spaßquelle wird die Steigerei regelmäßig nur taugen, wenn man nicht die Kontrolle darüber hat.
Stimmt. Das Träumen „da kann ich noch hinkommen“ fällt weg, wenn es keinen Weg dahin gibt.

Es besteht außerdem das Risiko, dass jedes Problem einfach durch neue Fähigkeiten gelöst wird. Aber (grob nach Brandon Sandersons Regeln der Magie) wo es keine Begrenzung gibt, kann kein Problem gelöst werden. Die Werte werden also für das Spiel entwertet. Das kann gewollt sein, nimmt aber einen Aspekt des Rollenspielens aus dem Spiel.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: flaschengeist am 1.09.2022 | 04:33
Das ist ein ähnlicher, für mich nicht nachvollziehbarer Gedankengang wie beim Großthema Simulationismus.
Nur weil eine perfekte Gleichwertigkeit nicht gegeben ist, heißt das nicht, dass ich deswegen direkt auf jedweden Versuch, eine grobe Gleichwertigkeit zu erreichen bzw. zu halten, verzichten kann oder sollte.

+1. Dass perfektes balancing unmöglich ist, heißt nicht, dass besseres balancing kein erstrebenswertes Ziel ist. Ein schönes Fallbeispiel findet sich hier: https://www.tanelorn.net/index.php?topic=123562.msg135097017;topicseen#new (https://www.tanelorn.net/index.php?topic=123562.msg135097017;topicseen#new)

So einfach und friedvoll kann das Leveln sein:
Seit Jahrzehnten steigen die Charaktere meiner Gruppe schlicht nach 7 anwesenden Spieltagen auf. Was in den 7 Spieltagen geschieht - das bestimmt die Gruppe bei mir ganz stark mit. Wenn sie mein Abenteuerangebot ausschlagen, um sich ein eigenes Ziel zu suchen, dann machen sie das. Wenn sie den Tyrannen beschwatzen und bekehren wollen, anstatt sich in seine Behausung einzuschleichen und ihn zu ermeucheln, dann können sie das. Egal wofür sie sich entscheiden: Es hat in Bezug auf das Leveln keinerlei Einfluss.

Das sorgt dafür, dass die Gruppe sich ganz auf ihr selbstgewähltes Ziel und ihre selbstgewählten Mittel konzentrieren. Dadurch nehmen sie das Ganze sehr enst. Kein Schielen nach "Was hilft uns am ehesten beim Leveln?" funkt dazwischen. Sie müssen nicht zu mir als Spielleiter schielen, um herauszufinden, was  i c h  vielleicht erwarten oder sogar belohnen könnte.

:d, das halten wir ganz ähnlich.

Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: aikar am 1.09.2022 | 06:58
Nur weil eine perfekte Gleichwertigkeit nicht gegeben ist, heißt das nicht, dass ich deswegen direkt auf jedweden Versuch, eine grobe Gleichwertigkeit zu erreichen bzw. zu halten, verzichten kann oder sollte.
Auch dann nicht, wenn es einzelne Systeme gibt, die das ab Werk über die normalen Verwerfungen hinaus besonders schlecht hinbekommen.


Wenn meine Gruppe mit massiven Machtunterschieden klar kommt oder sogar Spaß daran hat, ist das ok.
Wo das aber nicht der Fall ist, zerschieße ich mir mit einer kompletten Freigabe ziemlich flott die Kampagne oder zumindest die Gruppe.
Das. Es mag je nach System leicht gefühlte Unterschiede in der tatsächlichen Macht verschiedener Charakterkonzepte auf dem selben Machtlevel (XP-Menge, Stufe,...) geben. Ich denke aber, dass das oft völlig übertrieben bemängelt wird und meist nur für Massiv-Optimierer wirklich ein Problem ist. Charaktere beliebiger Machtlevel in der selben Gruppe zu mischen ist aber nochmal eine ganz andere Nummer und ich glaube, dass selbst Hardcore-Simulationisten/Erzähler spätestens nach einer Weile die Nase voll haben wird, wenn die Powergamer alles besser können.
https://www.youtube.com/results?search_query=angel+summoner+and+bmx+bandit

Das Träumen „da kann ich noch hinkommen“ fällt weg, wenn es keinen Weg dahin gibt.
Und das.
Völlig freie Charakterentwicklung nimmt den Spieler:innen das Erfolgsgefühl, sich die Steigerung verdient zu haben. Und für sehr viele Spieler:innen ist das ein wichtiger Teil des Rollenspiels.
Wenn man das nicht braucht, rate ich zu Systemen mit hoher Anfangskompetenz und geringer Weiterentwicklung, auch solche gibt es ja.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Boba Fett am 1.09.2022 | 08:07
Was sagt ihr denn dazu?

Meh!

Das sage ich dazu!
Der ewigen "Belohnungszwang und muß besser werden, sonst unglücklich" Politik den Rücken kehren finde ich prinzipiell gut. Propagiere ich schon seit langem!

Aber statt dessen, dass man dann einen Gandalf, einen Sauron, einen Balrog und Sam, Merry und Pippin in der Landschaft rumtoben sieht, würde ich mir eher ein System suchen (oder schaffen), mit dem man Charaktere auf halbwegs ähnlichem Nivea(u) erstellen kann, vorzugsweise über einen Lifepathgenerator. Und noch vorzugsweiserer mit einem System, bei dem man regulieren kann, wie hoch die Kompetenz ist, mit der die Charaktere aus dem Generator purzeln.
Und danach verzichtet man einfach auf weitere Werteverbesserungen, die das System nur imba machen und dem Spielleiter das Ausarbeiten von Abenteuern erschweren.
Warum sollte Han Solo auch plötzlich besser fliegen können, nur weil er die XP für "bei Beseitigung des Todessterns geholfen" bekommen hat?
Oder hat Indiana Johannes plötzlich Laufen gesteigert, nach dem er erst der Steinkugel und danach den Djungle-Bewohnern davon laufen musste? Oder hat er seine Punkte in Schwimmen investiert und war es ihm deswegen erst möglich zum Propellerflugzeug zu schwimmen?
Ich glaube nicht, Tim.

Also: Ja zu einem: Lass uns überlegen, in welchem Level wir spielen wollen und ein System nehmen, dass uns das erlaubt. Dann sind wir der "muss besser werden" Zwänge beraubt. Aber lass uns dann auch so konsequent sein und das quatschige Belohnungssystem über Bord werfen. Denn so funktioniert Lernen sowieso nicht.
Und da wir auch nicht mehr in den 80ern und 90ern sind, macht man Charaktere eh gemeinsam in einer Session 0 (oder wie dieser neumodische Kram heutzutage genannt werden will), insofern nein zu einem: Mach es Dir selbst und so gut wie Du eben willst. Und deswegen mein "Meh!" von oben.

Kenne ich Systeme, die das erlauben?
Hmmm Traveller wahrscheinlich, GURPS womöglich, Artesia vielleicht, Conan (bzw alle 2d20 Systeme mit Lifepath) müsste man vielleicht etwas pimpen (um den Powerlevel variieren zu können), Genesys könnte man auch dazu bekommen.
Also sprich: Bei einigen Spielen müsste man einen "Lebenslauf und Werte bekomm" Generator bauen und bei einigen, die das schon haben, müsste man den anpassen um den Exit-Powerlevel variieren zu können. Hinterher die Charaktere fix zu behalten, ist ja kein Ding.

PS: Ach so, wer sich beschwert, dass Charaktere dann fix sind: Nein sind sie nicht. Erst mal gewinnen sie an Charakter und Geschichte. Und ggf. an Besitz (den man aber auch wieder verlieren kann ["Pardon mein Graf, aber das nennt man französische Revolution. Entweder flüchten Sie jetzt mittellos oder sie steigen auf dieses Schafott..."].
Und wegen meiner darf man auch gerne ein Werte-Tausch System erfinden. So nach "In der Volkshochschule hab ich jetzt Schlösser knacken gelernt. Dabei hab ich aber das Musizieren vernachlässigen müssen. Mit der Gitarre bin ich jetzt etwas eingerostet." Motto...
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Lord Verminaard am 1.09.2022 | 08:19
In D&D ist die Stufe halt irgendwo auch ein Pacing-Mechanismus für die Kampagne, die sagt dir, welche Art von Abenteuern, Monstern und NSCs jetzt gerade dran sind. Jaja ich weiß, die Kirche des heiligen Gary lässt neue Spieler auch mit Stufe-1-Charakteren in ihre 1E-Kampagne einsteigen, egal welches Level die anderen haben. Ist jetzt nicht meine persönliche Definition von Spaß, aber ich bin ja auch Milestone-Ketzer. ;)

In anderen (stufenlosen) Systemen habe ich durchaus mal die Spielwerte von Figuren komplett freigegeben. Also nicht nur beim Steigern, sondern auch schon bei der Charaktererschaffung. In Story-orientierten Runden und immersiven Method-Acting-Runden funktioniert das super, in heldigen System kommen dabei meistens eher schwächere als stärkere Charaktere raus. Für Powergamer ist das aber gerade genau falsch. Der Powergamer will doch gewinnen, und ein geschenkter Sieg ist wertlos.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Samael am 1.09.2022 | 08:48
Frage an den Ersteller des Fadens: Gibt es bei euch Charaktertode?


(Und ich meine jetzt nicht die, die vom Spieler oder in Einvernehmen mit diesem initiiert werden.)
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Lasercleric am 1.09.2022 | 08:50
Ich halte die Idee für gut, und habe sie an meinem Tisch auch umgesetzt. Nach meiner Erfahrung besteht kein merklicher Unterschied zwischen meiner Vergabe und der der Spieler, allenfalls sind die Spieler weniger großzügig als ich.

Aktuell könnte das am verwendeten System (DCC/MCC) liegen, dass je Szene 0 bis 4 XP je Figur vorsieht. Maßstab hierfür ist der tatsächliche Herausforderungsgrad wobei 0 für belanglos und 4 die Nahtoderfahrung abbildet. Die Spieler vergeben recht artig immer etwas zwischen 1 und 3.

Jedenfalls bei mir wollte niemand zum vorgegebenen Rahmen (0 bis 4 XP je Szene) abweichen.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: nobody@home am 1.09.2022 | 08:53
So einfach und friedvoll kann das Leveln sein:
Seit Jahrzehnten steigen die Charaktere meiner Gruppe schlicht nach 7 anwesenden Spieltagen auf. Was in den 7 Spieltagen geschieht - das bestimmt die Gruppe bei mir ganz stark mit. Wenn sie mein Abenteuerangebot ausschlagen, um sich ein eigenes Ziel zu suchen, dann machen sie das. Wenn sie den Tyrannen beschwatzen und bekehren wollen, anstatt sich in seine Behausung einzuschleichen und ihn zu ermeucheln, dann können sie das. Egal wofür sie sich entscheiden: Es hat in Bezug auf das Leveln keinerlei Einfluss.

So ähnlich macht's ja auch z.B. Fate schon ganz offiziell: die Meilensteine gibt's im regelmäßigen Takt für alle (ein kleiner am Ende einer Sitzung, ein bedeutender am Ende eines Szenarios...) unabhängig von Dingen wie der Zahl der geplätteten Monster, erreichten oder verpeilten vorgegebenen Missionszielen, oder gar "gutem Rollenspiel" (:P). Die Veränderungs- und Steigerungsmöglichkeiten sind dabei in Abwesenheit von Charakterklassen auch einfach für jeden genau gleich, und gut ist's.

Warum nochmal habe ich mich früher überhaupt mit komplizierten Erfahrungspunktsystemen herumgeschlagen? ;)
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Metamorphose am 1.09.2022 | 09:00
Ich vergebe nach jeder Spielsession 1 Erfahrungspunkt an jeden. Weil...
-Die Gruppe sowieso Erfahrungen sammeln konnte
-Sie somit stetig das Gefühl hat, sich weiterzuentwickeln
-Ganz subjektiv das auch alle ein bisschen belohnt ;)
Dabei erachte ich für mich als SL die Aufgabe, dass in jeder Spielesession was passiert, was spannend ist und auch soweit abgeschlossen, dass dieser Erfahrungspunkt gerechtfertigt ist.

Erreichen die Spieler*innen Meilensteine, bekommen sie dann mehr Erfahrungspunkte. Dass kann mit einem vorgegebenen Abenteuer sein, muss aber nicht. Dabei gehe ich ein bisschen vom psychologischen aus: du überwindest was - du erhältst neue fähig/fertigkeiten.

Die EP von den Spieler*innen frei verteilen lassen würde ich nicht komplett. Eine Zwischenlösung für mich wäre, dass die Spieler*innen auf mich zukommen, wenn sie denken dass ihr SC eine Entwicklung durchgemacht hat. Dann können wir darüber diskutieren, eventuell auch gleich in der Gruppe. Scheint es gerechtfertigt, dann würd ichs zulassen. Das würde die Spieler*innen mehr empowern ohne gleich komplett ihnen die ganze Entwicklung zu übergeben.

Warum würde ich ihnen denn nicht die entwicklung übergeben? Ich denke in meinen Gruppen sind alle sehr verantwortungsvoll, es wäre kaum ein Problem. Erkennt man, dass es sich von einer Logik und nicht von einer Willkür ableiten lassen muss, hat man ja auch durch die Logik eine Begrenzung. Die grundlegende Entwicklung ist ja schon spannend, aber kurz vor einer Schwelle zu stehen erzeugt eine enorme Spannung. Spannung treibt an, weil wir sie loswerden wollen, wir quasi in der überspannung sind ;) Somit sehe ich die Spannung - die Entwicklung der SC - als Motivationselement in Rollenspielen.

Es kommt halt drauf an, was die Gruppe motiviert zu spielen. Sind es die guten Geschichten, das beisammensein, die entwicklung, das abgedrehte, freie snacks, das ausleben von fantasien usw... Vermutlich eine Mischung. Ich habe Spielgruppen erlebt, die wollten einfach spielen und denen war die entwicklung total egal... andere MinMaxten ihren SC zusammen und waren erbost, wenn sie die Regellücke nicht als Gamebreaker ausnutzen durften. Ich will damit sagen: Ob man Steigern von Figuren freigibt, ist extrem dem Leitunsstil und dem erleben der Runde unterworfen. Grundsätzlich würde ich sie freier gestalten als in manchen Rollenspielen (wie bspw. Zed oder der flaschengeist).

Noch als kleine Gedankenspielerei:
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Megavolt am 1.09.2022 | 09:10
Wenn ein Spieler die klassische Progression seiner Figur schätzt, dann bleibt es ihm unbenommen, sie auf klassische Weise zu steigern. Am Ende jedes Spieleabends, am Ende des Abenteuers, nach bestandenen Kämpfen oder wenn vom Goblinwald in den Orkwald gewechselt wird.


Zum Balancing:
Wenn man versucht, Messerwerfen, Hamsterbeschwörung und Schlafzimmerblick zu balancen, dann kommt eine komplexe Modellierug von folgenden Gedanken heraus:

Messerwurf
- Staffelung nach Reichweiten, Trefferzonen, Schadensmodellierungen
- Einflüsse durch Wind, Wetter, Licht, Wunden, Müdigkeit, Suff
- Verfügbarkeit von Messern in gestaffelten Markttypen
- Messerqualität (Schärfe, Ausgewuchtetheit)
- Wurfmessertraglastregeln
- differenzierte Gesetze, wo das Tragen von Wurfmessern erlaubt ist

Hamsterbeschwörung
- Art, Alter, Gewicht der Hamster (Traglast)
- Beschränkungen zu Häufigkeit der Hamsterbeschwörung
- sozialer Impact von süßen Hamstern je nach Situation (Hamsterallergiker, Hamsterrelativisten, Hamsterliebhaber)
- Hamsterhaltungskosten in Abhängigkeit der umgebenden Natur (Wüste, Tundra in Frühling/Sommer/Herbst, Haselnussplantage)
- finanzieller Gegenwert gestaffelt nach Märkten (Hamstermangel, Hamsterüberschuss, Hamsterhandel ist verboten und das Verbot wird durchgesetzt / nicht durchgesetzt / lax durchgesetzt / magisch überwacht)
- Staffelung nach Reichweiten, Trefferzonen, Schadensmodellierungen

Schlafzimmerblick
- Einsatzmöglichkeit des Schlafzimmerblicks je nach sozialer Situation (weinseliges Dorffest, Mittagspause in der Lohnbuchhaltung, Palliativstation)
- Einsatzmöglichkeit des Schlafzimmerblicks je nach Gegenüber (alte Jugendliebe, Strafzettel-Politesse, Gargoyle (bewegt sich / ist versteinert), ausgewachsene Birke)
- Einsatzmöglichkeit des Schlafzimmerblicks je nach Umstand (geschminkt und frisch gebadet auf dem legendären Maskenball am Hof von Lord Brausewein, beim Waldspaziergang im November (Nieselregen, Windstärke 2, Windrichtung Nordnordwest), besudelt mit Blut und Kot mitten im Kampf gegen menschenfressende Oger)

So, und jetzt sagt ihr mir bitte mal, wie viele Messerwürfe einen Schlafzimmerblick wert sind.

Diese ganzen Sachen sind nicht balancebar. Und meine Darstellungen sind nur so halb humorvoll gemeint. Was ich beschreibe, hat ziemlich offensichtliche Parallelen zum DSA-Regelwerk. Ihr Balancer seid für diese 300(0)seitigen Regelwerke verantwortlich, die am Ende nichts balancen. Vielen Dank euch!

Beim Balancing handelt es sich um eine gut eingeübte gesellschaftliche Konvention, bei der sich alle gegenseitig freundlich anlügen.

Ich kann das als drollige Tradition akzeptieren, aber werde mich hier und jetzt an keinen diesbezüglichen Debatten beteiligen, ich bitte das zu akzeptieren.  :) Euch muss das ja nicht aufhalten.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Kaskantor am 1.09.2022 | 09:14
Da ich meistens PF2 leite und Kauabenteuer leite, mache ich es mir ganz einfach.
Da gibt es seit Jahren in den APˋs eine Aufstiegsübersicht, wann die Gruppe welche Stufe haben soll.
Daran halte ich mich und fertig.

In meiner SR Fate-Runde gibt es alle paar Abende nach Abschluss eines Kampagnenabschnitts einen kleinen oder großen Aufstieg. Da diskutier ich auch gerne mit den Mitspielenden wie sie das sehen (find ich für Fate passend).

In meiner zukünftigen Cthulhu MdN-Kampagne übernimmt das Spielen das alleine (Häkchen bei erfolgreicher Nutzung einer Fertigkeit.

Und tadaa, da bin ich fein raus wie ich finde.

P.S. hab ich seinerzeit auch mit DnD5 so gemacht. Also eher Meilenstein-Aufstieg statt XP-Vergabe. Würde ich bei einer Nicht-Kaufkampagne auch so regeln.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: tartex am 1.09.2022 | 09:20
Irgendwann habe ich der Gruppe einen XP-Pool gegeben, den sie untereinander verteilen sollten: [...] ein katastrophaler Schritt, weil sich in der Gruppe die Animositäten zu Monströsitäten auswuchsen.

Klingt interessant. So ein soziales Experiment sollte ich auch mal wagen, allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass nicht einfach durch Anzahl der Spieler gesplittet wird.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: JollyOrc am 1.09.2022 | 09:27
Da ich meistens PF2 leite und Kauabenteuer leite, mache ich es mir ganz einfach.
Da gibt es seit Jahren in den APˋs eine Aufstiegsübersicht, wann die Gruppe welche Stufe haben soll.
Daran halte ich mich und fertig.

Ich habe vor meinem geistigem Auge jetzt folgende Szene vor Augen: Die Gruppe setzt sich an den Tisch und Kaskantor holt ein Abenteuer aus der Tasche: "In den Fängen der Winterhexe - da steht vorne drauf, dass das für Stufe 14 ist. Wer also drunter ist, jetzt bitte dahinleveln! Wer drüber ist, begegnet vorab diesem Level-Drainer..."

 ~;D

Nein, ganz im Ernst: Ich halte das für gar nicht mal verkehrt. Meinereiner leitet in der Regel nach einer Variante von "Du steigst für x anwesende Spielabende auf." Das kann mit der Levelhöhe skalieren (also: "Du musst current-level-plus-1 mal dabei sein um aufzusteigen") oder eben linear.

Mail Order Apocalypse vergibt Level nach bestimmten Meilensteinen ("War auf einem Raubzug dabei.", "war dabei und hat Beute gemacht", "hat einen Raubzug geleitet", etc.), wobei man keine Meilensteine überspringen darf.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Aedin Madasohn am 1.09.2022 | 09:31
Ich hab das im Laufe der Jahre immer mal wieder verschiedenen Gruppen angeboten und es gab genau NULL Spieler, die das gut fanden. Viele hätten da wohl widerwillig mitgemacht, wenn ich darauf bestanden hätte, aber gegen Widerstand durchsetzen wollte ich es dann auch nie.

ich stelle bei mir in der Runde 0 immer die Frage, was meine Mitspieler überhaupt wünschen - auch an Powerlevel

und wenn bei SR gleich Top-Runner mit drei mal A Prio und rest B gewünscht ist (weil die Kampagne so fordernd wird)
bzw. bei DSA 4.1 der Heldenanspruch ausgefüllt werden will mit 160GP (statt 120)

dann lasse ich mich da gerne drauf ein.

es haben ja alle so viele Punkte in ihrer Wundertüte und können die nun ausgeben nach Belieben.

wir haben schließlich nicht mehr genügend Zeit über, um erstmal 10 Sitzungen mit blanken Überleben von Opfercharaketern zu verschwenden, bevor es überhaupt losgehen kann mit den eigentlich gewünschten "Herausforderungen"
das ist was für kasernierte Internatsschüler in einem Funkloch und ohne Internet, also tiefste 80er Jahre



Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: ArneBab am 1.09.2022 | 09:40
Und wegen meiner darf man auch gerne ein Werte-Tausch System erfinden. So nach "In der Volkshochschule hab ich jetzt Schlösser knacken gelernt. Dabei hab ich aber das Musizieren vernachlässigen müssen. Mit der Gitarre bin ich jetzt etwas eingerostet." Motto...
Das hat sich spätestens mit Fate sogar etabliert, oder? Und ich habe es zumindest im EWS 3 explizit drin: Du bekommst nicht nur Steigerungs-Striche, sondern auch Striche zum Verschieben, die du nutzen darfst, aber nicht musst ⇒ vernachlässigen und einrosten zum Steigern anderer.

Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: ArneBab am 1.09.2022 | 09:42
Warum nochmal habe ich mich früher überhaupt mit komplizierten Erfahrungspunktsystemen herumgeschlagen? ;)
So stark wie sich der reale Core Game-Loop in Runden oft an dem orientiert, für das man XP bekommt, vermute ich: weil es das Spiel prägt. Willst du einen ganz neuen Spielstil etablieren, eignet sich "XP für Erfüllung dieser Erwartung".
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: HarbinWester am 1.09.2022 | 09:48
Das Problem was dem klassischem System von XP zugrunde liegt ist einfach kaputt.

Und alle Systeme, die es in der klassichen Form weitertradieren, cargo-culten das Problem und versuchen mit Duckt-Tape zu retten, was irgendwo zu retten ist.
Entsprechend ist die Idee, dass der SL sich da raushält nichts anderes als die Verschiebung des Problems an die Spieler.

Die Frage ist: Was bedeutet generell "Erfahrung" im Rollenspiel und was hat das mit "Steigerung von Werten" zu tun?
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: ulis-phone am 1.09.2022 | 09:48
ich preferiere das Mutant Jahr 0 System sehr.
Die Spieler beantworten jeder für sich 7 Fragen am beginn der Session. (bzw. ändern ihre bestehenden Antworten)

Am ende der Session / des Abenteuers stellen alle ihre Antworten vor und diskutieren ob sie die Fragen mit "ja" benatworten können.

Für jedes "JA" gibt es ein XP (max also 7), für alle 5 XP kann man einen Wert steigern oder ein Talent erhalten. der Rest wird gespaart.

In meinen Gruppen war das immer super da die Spieler teils selber gesagt haben dass sie aus ihrer Sicht bei der ein oder anderen Frage eher nein nehmen da sie selbst keinen Fortschritt bei sich sähen. Dann haben sie lieber nur 4 XP genommen und gespaart.

Fragen sind z.B. Was ist dein großer Traum und bist du ihm näher gekommen?, HAst du deinem persömlichen Feind geschadet?, deinem Vertrauten xy beigestanden etc.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: unicum am 1.09.2022 | 09:57
Was sagt ihr denn dazu?

Das Problem ist bekannt,...

Eine Lösung ist nicht in Sicht.

Das sage ich als jemand der früher bei Rolemaster alle Ausgeteilten Hits und eingesteckten Hits mitschreib weil das ja EP gab,... als jemand der durchaus Charaktere mal optimierte und den Mitspielern Tips gab das auch zu tun und ungläubig schaute wenn sie etwas anderes machten,...

Lange ist es vorbei, ich wurd älter und hoffentlich auch weiser ;)

Auch stimme ich dir zu das es sowas wie Spielbalance oft nicht gibt (gestern war ja ein Strang zu D&D 3.x in der richtung aufgemacht worden) und vieleicht sogar gar nicht geben kann - das heist doch aber auf der anderen Seite nicht unbedingt das es nicht das Ziel sein sollte? oder könnte?

Bezüglich der Vergabe von Erfahrungspunkte finde ich derzeit eigentlich nur noch das Midgard System gut (das mag es an anderer Stelle auch so geben) - man bekommt EP nach zusammen verbrachter Spielzeit, aber ich würde da den Kopf schütteln wenn ein SL eine Schachuhr auf den Tisch stellen würde und jede offtopicdiskussion zeitlich "rausschneiden". Da muss man nicht Monster Hetzen um möglichst viel EP/Stunde rauszuholen sondern kann sich auch mal einen Spieleabend nur mit einem Gullydecken beschäftigen (da ist man einen Spieleabend nicht da und frägt nach was beim lezten war "Wir haben uns einen Gullydeckel angesehen")
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: nobody@home am 1.09.2022 | 10:00
So stark wie sich der reale Core Game-Loop in Runden oft an dem orientiert, für das man XP bekommt, vermute ich: weil es das Spiel prägt. Willst du einen ganz neuen Spielstil etablieren, eignet sich "XP für Erfüllung dieser Erwartung".

Ganz im Ernst: ich denke, ich hab's so gemacht, weil es halt so in den Regeln stand und ich es noch nicht anders (ob nun besser oder nicht) wußte.

Heutzutage dagegen -- und das ist auch nicht mehr wirklich neu, sondern hat sich im Lauf der Jahre so ergeben -- ist die Entwicklung von Charakteren im Spiel (ob nun rein Schneller-Höher-Weiter oder mit noch ein paar mehr Möglichkeiten), wenn auch immer noch allemal ein interessantes Spielelement, so doch schlicht nicht mehr wirklich etwas, was ich als einfache pavlovsche Belohnung für "richtiges Spielen" einsetzen wollen würde. Diese konkrete Praxis ist mir mittlerweile, um mal das griffige Schlagwort mancher Leute zu verwenden, die ich in Diskussionen meist eher auf der Gegenseite wiederfinde, einfach zu "meta". ;)
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Megavolt am 1.09.2022 | 10:04
cargo-culten das Problem

Nice!  ~;D

ich preferiere das Mutant Jahr 0 System sehr.
Die Spieler beantworten jeder für sich 7 Fragen am beginn der Session. (bzw. ändern ihre bestehenden Antworten)

[...]

Fragen sind z.B. Was ist dein großer Traum und bist du ihm näher gekommen?, HAst du deinem persömlichen Feind geschadet?, deinem Vertrauten xy beigestanden etc.

Das klingt super interessant, kannst du mir mal die vollständige Fragenliste verlinken o.ä.?
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Feuersänger am 1.09.2022 | 10:07
Hm, wäre nichts für mich als Spieler.

Ich habe ja schon mit Milestone-Leveling oder Aufstieg nach Zeit eher schlechte Erfahrungen gemacht und lehne diese Methoden in den meisten Fällen ab. Denn konkret für bestandene Herausforderungen verteilte XP sind eben auch ein Gradmesser für die erlebte Action bzw spielergetriebenen Handlungsfortschritt. Wenn ein paar Sitzungen lang kaum XP ankommen, ist das nicht schön, aber man kann damit wenigstens beim SL argumentieren, dass das Spiel nur so gedümpelt ist und jetzt bitte mal wieder was passieren soll. Ich hab es leider schon erlebt, dass eine zeitlang tote Hose war, und der SL darauf angesprochen meinte "Was wollt ihr denn, ihr steigt doch trotzdem auf". That's not the point!

Bei freier Steigerung in Eigenverantwortung wäre es ja quasi das gleiche. Der SL kann die Spieler im Leeren herumtappen lassen, und auf Kritik dann einfach sagen "wenn du XP haben willst, gib sie dir doch einfach". That's not the point!

Milestones funktionieren für mich quasi nur dann einigermaßen, wenn die XP sowieso schon im Hintergrund berechnet worden sind. Wenn das Abenteuer in Kapitel aufgeteilt ist, und beim Erstellen bereits darauf geachtet wurde, dass die in den Kapiteln enthaltenen XP jeweils für einen Aufstieg reichen. Dann muss man meinetwegen nicht jeden Goblin einzeln abrechnen. Aber auch das funktioniert wieder nur für eine vordefinierte Gruppengröße -- wenn wir nur 3 SCs haben und das AB auf 4 SC ausgelegt ist, müssen wir auch 1/3 schneller aufsteigen, schon um durch den höheren Level den Nachteil der geringeren Gruppengröße ausgleichen zu können. Darum auch hier wieder: Milestones keine gute Lösung.

Mal davon abgesehen, dass ich RPG sowieso als kooperatives Spiel betrachte und da dann im Regelfall auch alle Spieler ungefähr gleichviel zum Erfolg beitragen sollen. Da passt es genauso wenig, dass der selbsternannte Erzmagier sich auf eine Stufe bringt, auf der alles im Alleingang wegschnippen kann, wie dass sein Sidekick nur als Comic Relief dient.

Und wie Vermi schon sagte: die Motivation des Powergamers sortierst du sowieso komplett falsch ein. Der wird keinen Spaß daran haben, sich einfach auf Maxlevel zu setzen; der will das Gefühl haben, sich seine Power durch sein spielerisches Können verdient zu haben. Wenn in der eingangs beschriebenen Gruppe ein Powergamer dabei wäre, würde der sich vermutlich nach jeder Sitzung hinsetzen und versuchen auszurechnen, wieviel XP er nach den Regeln verdient hat. Wenn er nicht sowieso durch das Verhalten der beschriebenen Mitspieler frustriert wäre und das Handtuch wirft.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: ArneBab am 1.09.2022 | 10:28
Die Frage ist: Was bedeutet generell "Erfahrung" im Rollenspiel und was hat das mit "Steigerung von Werten" zu tun?
Meiner Meinung nach hat Steigerung von Werten nur insofern mit Erfahrung zu tun, dass damit entschieden wird, was gesteigert wird, aber nicht, wieviel. Es ist deine Bewegung im Rahmen deiner Grenzen.

Die Stärke der Steigerung ist dagegen ein Regelelement: Die Regeln legen fest, was das Maximum deines Könnens ist (etwas schlecht machen oder nicht versuchen kannst du immer, besser als dein Können musst du würfeln). Konsequenterweise muss die Veränderung dieses Maximums auch über die Regeln laufen (sonst würde diese Obergrenze unterlaufen). Und das ist die Steigerung der Werte.

Beliebig viel zu verschieben geht auch nicht, weil dadurch indirekt die Grenzen unterlaufen werden könnten: Du könntest dir für jede Herausforderung das Optimale Werteprofil wählen. Und wenn du das kannst, dann könnten die Figuren auch einfach nur ihre Stufe haben und auf ihre Stufe würfeln, ohne ausdifferenzierte Werte, und es würde für die praktischen Regeln unter min-maxing keinen Unterschied machen.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Megavolt am 1.09.2022 | 10:37
Und wie Vermi schon sagte: die Motivation des Powergamers sortierst du sowieso komplett falsch ein. Der wird keinen Spaß daran haben, sich einfach auf Maxlevel zu setzen; der will das Gefühl haben, sich seine Power durch sein spielerisches Können verdient zu haben.

Es spricht doch nichts dagegen, dass du dich selbst nach dem Spieleabend hinsetzt und selbst feststellst: "7 Orks umgenagelt ergeben 7 XP, die Sache mit dem vergifteten Frosch im Weinfass habe ich als Erster durchschaut, macht nochmal 2 XP für mich, und für das Ausspielen meines Nachteils blutrünstig, obwohl er uns sehr in die Bredouille gebracht hat, habe ich noch einmal 2 XP verdient."

Und dann gibst du sie dir halt?

Du kannst deine eigenen XP-Bedürfnisse messerscharf und viel besser bedienen, als ich als unrasierter Spielleiter im chipsfettbeschmierten Feinrippunterhemd das je könnte. Auch wenn ich mir alle redliche Mühe gäbe! Ich bin da doch letztlich nur eine Störvariable.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: JollyOrc am 1.09.2022 | 10:42
Ich denke, es gibt durchaus genügend Menschen, die vorgegebene Regeln oder "unabhängige Aufsicht" haben wollen, weil sich sonst das selbst zugewiesene als nicht korrekt erworben anfühlt. Oder schlimmer: Man fühlt sich betrogen, wenn man selbst "nach Regeln" steigert, und die Figur neben Dir einfach mal so zwei Levels dazulegt.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: RackNar am 1.09.2022 | 10:42
Ich übertreibe mal bewußt

Warum überhaupt Spielwerte? Warum überhaupt Regeln? Ist es nicht besser, wenn jeder Spieler selbst entscheidet was sein Charakter kann und was er schafft? Der Simu nimmt einfach Harnmaster, der Drama Fate, der Buttkicker SW usw.   
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Weltengeist am 1.09.2022 | 10:49
Also: Ja zu einem: Lass uns überlegen, in welchem Level wir spielen wollen und ein System nehmen, dass uns das erlaubt. Dann sind wir der "muss besser werden" Zwänge beraubt. Aber lass uns dann auch so konsequent sein und das quatschige Belohnungssystem über Bord werfen. Denn so funktioniert Lernen sowieso nicht.
Und da wir auch nicht mehr in den 80ern und 90ern sind, macht man Charaktere eh gemeinsam in einer Session 0 (oder wie dieser neumodische Kram heutzutage genannt werden will), insofern nein zu einem: Mach es Dir selbst und so gut wie Du eben willst. Und deswegen mein "Meh!" von oben.

Kenne ich Systeme, die das erlauben?
Hmmm Traveller wahrscheinlich, GURPS womöglich, Artesia vielleicht, Conan (bzw alle 2d20 Systeme mit Lifepath) müsste man vielleicht etwas pimpen (um den Powerlevel variieren zu können), Genesys könnte man auch dazu bekommen.
Also sprich: Bei einigen Spielen müsste man einen "Lebenslauf und Werte bekomm" Generator bauen und bei einigen, die das schon haben, müsste man den anpassen um den Exit-Powerlevel variieren zu können. Hinterher die Charaktere fix zu behalten, ist ja kein Ding.

PS: Ach so, wer sich beschwert, dass Charaktere dann fix sind: Nein sind sie nicht. Erst mal gewinnen sie an Charakter und Geschichte. Und ggf. an Besitz (den man aber auch wieder verlieren kann ["Pardon mein Graf, aber das nennt man französische Revolution. Entweder flüchten Sie jetzt mittellos oder sie steigen auf dieses Schafott..."].
Und wegen meiner darf man auch gerne ein Werte-Tausch System erfinden. So nach "In der Volkshochschule hab ich jetzt Schlösser knacken gelernt. Dabei hab ich aber das Musizieren vernachlässigen müssen. Mit der Gitarre bin ich jetzt etwas eingerostet." Motto...

Hier kann ich fast allem zustimmen. Nur dass ich persönlich kein Problem damit habe, wenn die Spieler zu Beginn auch unterschiedliche Level wählen. Wenn der eine eben lieber Gandalf spielt und der andere lieber Pippin, ist das für mich okay (wobei der Vergleich natürlich unfair ist, weil Gandalf ein Götterbote ist und im Grunde gar nicht nach den gleichen Regeln "erstellt" wurde wie seine Begleiter).

Interessant ist aber, dass manche Personen (IRL und IG) eben doch besser werden - typischerweise nämlich diejenigen, die unterdurchschnittlich angefangen haben (Bilbo, Luke Skywalker, der Dicke im Fitness-Studio...). Man bräuchte also ein System, das für noch nicht ausgereizte Charaktere Steigerungen zulässt, bereits ausgereizte Charaktere dagegen durch den von dir vorgeschlagenen Umbau verändert. Wobei man das im Grunde auch so modellieren könnte, dass die unterdurchschnittlichen am Anfang eben jede Menge (fürs Abenteuer) nutzloses Zeug können (Zuckerbäcker, QM, Diamond Painting, Ortskenntnis (Auenland)...), das sie dann mit der Zeit in abenteuerrelavante Skills umwandeln müssten.

Reizvoll finde ich hier auch die Unterscheidung zwischen temporären und potentiellen Werten, wie ihn beispielsweise Rolemaster bei seinen Attributen verwendete. Man konnte besser werden, aber jeder hat andere individuelle Limits. Das kommt der Wirklichkeit in meiner Erfahrung schon ziemlich nahe.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Weltengeist am 1.09.2022 | 10:53
Ich übertreibe mal bewußt

Warum überhaupt Spielwerte? Warum überhaupt Regeln? Ist es nicht besser, wenn jeder Spieler selbst entscheidet was sein Charakter kann und was er schafft? Der Simu nimmt einfach Harnmaster, der Drama Fate, der Buttkicker SW usw.   

Einen ähnlichen Gedanken hatte ich auch schon. Wenn sich jeder völlig frei raussuchen kann, was er kann, kann sich doch auch gleich jeder raussuchen, was ihm gelingt? Denn letztlich läuft das ja auf das Gleiche raus. Außer es gibt eben doch irgendwelche Limits dafür, was man maximal können darf. Meine Erfahrung mit Systemen, die dem nahekommen (PDQ# etwa) sind jetzt aber nicht die besten - da degeneriert das Spiel dann doch schnell zu einer Abfolge von "und jetzt gelingt mir dies, und dann gelingt mir das, und besonders schön gelingt mir jetzt jenes...".
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Megavolt am 1.09.2022 | 11:10
Man fühlt sich [ ... ]

Ich kann den Gedanken sehr gut nachvollziehen. Eine persönliche Gefühligkeit kann trotzdem kein zulässiges Argument sein, weil sie beliebig ist.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: felixs am 1.09.2022 | 11:12
Denke, das sowas für manche Spieler sogar funktionieren könnte. Die brauchen dann allerdings vermutlich ohnehin keine Regeln, bzw. wären mit einem ultraleichten Regelsystem und viel Improvisation gut bedient.

Für Simulationisten, Strategen, Gamisten etc. kann das natürlich nicht funktionieren, weil die eben harte Setzungen brauchen, an denen man sich abarbeiten kann. (Zyniker könnten anmerken, dass jede "harte" Setzung letzlich auch zu einem bestimmten Grad Illusionismus ist. Dann kommt man aber schnell in sehr nihilistische Gefilde und hat dann vermutlich zwar recht, aber eben auch kein Spiel mehr.)

Die konkret beschriebene Situation scheint mir der typische Fall zu sein, in dem Leute mit inkompatiblen Vorstellungen am Tisch sitzen. Das kann man vielleicht mit gutem Willen überbrücken, wenn alle die Ziele und Spaßfaktoren der anderen verstehen und beachten. In der Praxis habe ich aber noch nie gesehen, dass sowas gut geht. Am ehesten hilfreich fand ich es bisher immer, darüber zu sprechen, einen Kompromiss in Sachen Regelwerk und Spielweise zu finden und Metadiskussion explizit zu fördern. Soll der Gamist den anderen halt ruhig Hinweise geben, wie deren Figuren effektiver agieren können. Und der Laienschauspieler darf gern Ideen zur Gestaltung von Spielwelt und Handlungsvorschläge für andere Figuren geben. Der Stratege und/oder der Kampflustige dürfen in Konflikten gern die Führung übernehmen etc. etc. Funktioniert am besten, wenn die Leute dann jeweils auch Figuren spielen, die sich für ihre Ziele eignen.

Oder um eine (möglicherweise anstößige) Metapher zu nutzen:
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Boba Fett am 1.09.2022 | 11:19
Hier kann ich fast allem zustimmen. Nur dass ich persönlich kein Problem damit habe, wenn die Spieler zu Beginn auch unterschiedliche Level wählen.

Wenn das für alle okay ist, sollte es auch kein Problem sein, das umzusetzen. Insofern hab ich mich da vielleicht falsch formuliert.
Mir ging es nicht um "alle müssen das gleiche Powerlevel haben", sondern "alle müssen das Powerlevel haben, auf das man sich geeinigt hat - das können auch unterschiedliche in der gleichen Runde sein".

Mir geht es da um die Probleme, die ein fehlender Maßstab mit sich bringt...:
Nehmen wir (um es einfach zu sehen) die Herr der Ringe Trilogie als Perspektive. Der SpL sagt: Macht euch Charaktere, schreibt die Werte auf, von denen ihr meint dass sie euch passen. Okay, der eine will einen Bogenschützen spielen, schreibt Werte auf, und stellt dann fest, dass sein Kumpel als Waldläufer im Verhältnis 100x besser schießt als der eigene darauf spezialisierte Charakter. Da kommt schnell Frust auf, insbesondere, weil das erst beim Spiel wahrgenommen wird und da ist die emotionale Hürde, die Werte zu ändern gleich höher. Insbesondere, wenn man eigentlich möchte, dass der andere seine Werte doch lieber senken sollte - der das aber nicht einsieht...
Oder alle machen ihre Charaktere und der Spielleiter merkt schnell, dass die gefährlichen Orks als Lachnummer verkommen und zu Dutzenden gemessert werden. Klar kann er jetzt Trolle oder Balrogs auffahren - aber vielleicht wollte er bodenständiges Zeug leiten.

Insofern hätte ich gern Skalierbarkeit und einen Maßstab, an dem man sich im Vorfeld einigen kann. Und da müssen nicht alle auf dem gleichen Level starten.
Und hypothetisch kann man auch den "okay, ich fang erst mal meinen Gärtner Sam mit schlechteren Werten an, aber wenn er erstmal unterwegs seinen 'Ranzen' straff gewandert und von Boromir den Schwertkampf gezeigt bekommen hat, werte ich noch mal auf. Er wird aber nie ein Krieger werden..." Weg gehen. Dazu braucht es dann keine XP, sondern nur innerweltlicher Anlässe.

Mich nervt nur das "man muss aber immer besser werden" maßlos an. Insbesondere, wenn es bedeutet, dass man erst gezwungen wird, als Noob zu starten. Und noch viel mehr, wenn man irgendwann die Powerlevel erreicht, wo das mehr an Kompetenz ein "weniger" an Spielspaß implementiert.
Und ich finde es extrem schade, dass es so gut wie kein System gibt, dass sich das mal zu Herzen nimmt.

Denn wenn man (um mal beim Beispiel zu bleiben) Faramir spielen möchte, der seine Erfahrung als Kämpfer in "Veteranenqualität" hat, warum muss man erst darauf warten und steigert ihn dann irgendwann zwangsweise über dieses Level hinaus, einfach nur, weil das System das so vorsieht.
Letztendlich ist das ja auch eine große Lüge im Rollenspiel bei der Rekrutierung neuer Mitspieler...
"Stell Dir mal vor, Du kannst beim Rollenspiel jeder und alles sein, was Du möchtest. Äh nee, halt nein, erst musst du voll der Noob sein, der von der Katze totgebissen werden kann und dann, wenn du bist, wer du sein wolltest, wirst du automatisch zwangsweise besser, bis du irgendwann Reiche regieren kannst. Wie lange Du genau das spielst, was Du vorher im Kopf hattest? Also, so 2-3 Stufen lang, das ist in etwa ein Abenteuer? Was? Ja, Kampagnen gehen manchmal über Jahre... Toll, oder?"
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Megavolt am 1.09.2022 | 11:25
Frage an den Ersteller des Fadens: Gibt es bei euch Charaktertode?


(Und ich meine jetzt nicht die, die vom Spieler oder in Einvernehmen mit diesem initiiert werden.)

Sorry, die Frage hatte ich übersehen.

Ich kann das nicht einheitlich beantworten.

In lieben Runden, die z.B. touristisches Rollenspiel spielen, nein. Bei Skirmisher-DnD gibt es sie (oft), aber es wird hardcore um ihre Vermeidung gerungen und insgesamt sehr akkurat gespielt. Bei DCC hingegen amüsiert man sich prächtig, wenn die eigene Figur auf grässliche Weise über elf Dimensionen verschmiert wird, weil sie die falsche Tür aufgemacht hat.

Meine eigenen Runden haben aber normalerweise ziemlich klar definierte Ziele: Socializing, "Erfreue dich am Setting", "Wir probieren heute mal was aus", Bier und Bretzel, taktische Würfelorgie oder Symposium oder sowas, diesen Zielen folgt dann entsprechend das Rollenspiel.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: ArneBab am 1.09.2022 | 11:38
Ich kann den Gedanken sehr gut nachvollziehen. Eine persönliche Gefühligkeit kann trotzdem kein zulässiges Argument sein, weil sie beliebig ist.
Sind die persönliche Gefühligkeiten in der Gruppe nicht eigentlich alles, was zählt?

Sie mag nicht messbar oder vergleichbar sein, aber wenn sie stimmt, ist alles andere egal. Wenn sie nicht stimmt, kommt die schwierigere Problemsuche.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Weltengeist am 1.09.2022 | 11:40
Mich nervt nur das "man muss aber immer besser werden" maßlos an. Insbesondere, wenn es bedeutet, dass man erst gezwungen wird, als Noob zu starten. Und noch viel mehr, wenn man irgendwann die Powerlevel erreicht, wo das mehr an Kompetenz ein "weniger" an Spielspaß implementiert.

Bin völlig bei dir, und würde gerne noch ergänzen um: "Ach ja, und der Aufstieg vom Vollnoob zum Superhelden erfolgt innerhalb eines einzigen Abenteuerpfads, also sagen wir - sechs bis acht Wochen?"
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Feuersänger am 1.09.2022 | 11:46
Es spricht doch nichts dagegen, dass du dich selbst nach dem Spieleabend hinsetzt und selbst feststellst: <snip>

Und dann gibst du sie dir halt?

Wie oben schon gesagt: das funktioniert nicht, wenn schon meine Powergamer-Spielbedürfnisse dadurch ausgehebelt oder unterlaufen werden, dass ein Mitspieler seinen Mordenkainen mal eben ein paar Level höher setzt und mit diesem nicht erspielten Powervorteil den ganzen Teich schon leergefischt hat, bis ich mit meinem John McLane drankomme.

Nebenbei bemerkt gehen auch meine Erfahrungen mit Bauergamern in die Richtung, dass diese meist (!) nicht nur selbst einen möglichst schwachen und unfähigen Charakter spielen wollen, sondern auch ihren Mitspielern jegliche Kompetenz missgönnen.

Letzten Endes tritt das Problem dann auf, wenn die Spielertypen von vornherein inkompatibel miteinander sind und eine dysfunktionale Gruppe bilden. Wären die Spieler auf der gleichen Welle, würde sich die ganze Frage nicht stellen. Letzten Endes ist es da vermutlich sogar relativ wurscht, ob man die XP "klassisch" vergibt oder wie von dir vorgeschlagen in Eigenregie -- die Gruppe wird so oder so nicht funktionieren.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Megavolt am 1.09.2022 | 11:47
Bin völlig bei dir, und würde gerne noch ergänzen um: "Ach ja, und der Aufstieg vom Vollnoob zum Superhelden erfolgt innerhalb eines einzigen Abenteuerpfads, also sagen wir - sechs bis acht Wochen?"

Schlimmer ist ja noch, dass die Welt bei den DnD-Iterationen immer mit den Figuren mitlevelt, d.h. dieser erzwungene Aufstieg bringt den Spielern noch nicht mal was. Das ist letztlich totaler Leerlauf.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Boba Fett am 1.09.2022 | 11:48
Schlimmer ist ja noch, dass die Welt bei den DnD-Iterationen immer mit den Figuren mitlevelt, d.h. dieser erzwungene Aufstieg bringt den Spielern noch nicht mal was. Das ist letztlich totaler Leerlauf.
Widerspruch!

Es bringt durchaus was. Nur nichts positives.
Was das bringt, ist ein erheblicher Mehraufwand in der Ausarbeitung / Vorbereitung der Abenteuer höherer Stufen. Und massive Balancing-Probleme, weil die Spielregeln eben doch nicht so toll durchgetestet sind, dass sie das Verhältnis gleich halten können. Da wird der eine Gegner zum TPK, und der nächste mit gleichem angegebenen Schwierigkeitslevel zur Lachnummer. "Ach Ihr habt gar keinen Spellcaster in der Runde?"

Und wenn man mal einen Level 12 Magier bei D&D5 seine Spruchkarten sortieren sieht, was er denn jetzt, das, nee, oder das, nee? Was Kampf schon vorbei? He, Momentmal, warum war ich nicht dran? Jede Kampfrunde 6 Sekunden? Nee, das ist mir echt zu viel Stress. Nächstes Mal doch wieder nen Fighter...
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: JollyOrc am 1.09.2022 | 11:51
Ich kann den Gedanken sehr gut nachvollziehen. Eine persönliche Gefühligkeit kann trotzdem kein zulässiges Argument sein, weil sie beliebig ist.

das ist halt das Argument, das innerhalb einer bestimmten Tischrunde zieht. "Mir macht das so kein Spaß" ist schon etwas, auf das man hören sollte. Aber die Geschmäcker sind halt auch verschieden, insofern ist das kein Argument im Sinne von "das darf man nicht machen!", sondern eher eine Frage, die man sich stellen sollte ("macht das allen am Tisch Spaß?"). Wenn die Antwort ja ist: Legt los!
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: nobody@home am 1.09.2022 | 11:54
Mich nervt nur das "man muss aber immer besser werden" maßlos an. Insbesondere, wenn es bedeutet, dass man erst gezwungen wird, als Noob zu starten. Und noch viel mehr, wenn man irgendwann die Powerlevel erreicht, wo das mehr an Kompetenz ein "weniger" an Spielspaß implementiert.

Geht mir ansatzweise ähnlich. Ich habe grundsätzlich nichts dagegen, daß Charaktere auch im Spiel noch mal hier und da was dazulernen, aber zumindest zwangsweises Zero-to-Hero ist auch nicht meine Sache (wenn einer das dagegen freiwillig spielen will, meinetwegen).

Allerdings ist das für mich mittlerweile mehr ein klassisches Klassen-und-Stufen-Systemproblem. Schließlich sind es gerade diese, die schon rein vom Designansatz her die Charakterentwicklung in bestimmte vorgegebene Richtungen und nach ebensolchem Tempo praktisch erzwingen wollen, und ohne diese bewußten Elemente kann man sie gleich entsprechend flexibler angehen...
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Weltengeist am 1.09.2022 | 12:10
Schlimmer ist ja noch, dass die Welt bei den DnD-Iterationen immer mit den Figuren mitlevelt, d.h. dieser erzwungene Aufstieg bringt den Spielern noch nicht mal was. Das ist letztlich totaler Leerlauf.

Japp. Oder anders gesagt: Wenn einem ein bestimmtes Powerlevel für eine Kampagne vorschwebt, dann kann man gar keine Steigerungen by the book vergeben, weil die SC sonst so schnell besser werden, dass - sagen wir mal - die typischen Gegner in einer Stadt gar keine Herausforderungen mehr darstellen. Außer man macht sich eben lächerlich und führt plötzlich Level-5-Rausschmeißer, Level-7-Stadtgardisten, Level-9-Taschendiebe usw. ein.

Kurz: Ich hab gar nichts gegen Steigerungen, solange sie sich (1) halbwegs realistisch anfühlen und (2) zum intendierten Powerlevel der Kampagne passen. Nicht jede Kampagne zielt darauf ab, am Ende Erz-Liches oder uralte Drachen zu bekämpfen. Was natürlich in vielen Systemen grundsätzlich geht, aber oft eine Hausregel erfordert, die man den Spielern vorher erklären sollte, damit es keinen Frust gibt.

In dem Zusammenhang mag ich es übrigens, wenn hohe Stufen schwerer zu erreichen sind als niedrige. Beispielsweise 100 XP für Stufe 1, 300 XP für Stude 2, 600 XP für Stufe 3 usw. Das hat den (für mich) positiven Effekt, dass schwache Charaktere schneller besser werden als gute. Was ja im wirklichen Leben auch so ist. Nur erfordert das natürlich, dass die vergebenen XP nicht im gleichen Maß steigen. Was sie aber in den meisten Rollenspielen tun, die ich kenne...
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: felixs am 1.09.2022 | 12:16
Außer man macht sich eben lächerlich und führt plötzlich Level-5-Rausschmeißer, Level-7-Stadtgardisten, Level-9-Taschendiebe usw. ein.

Ohne das Thema entgleisen zu wollen: Wenn Spielerfiguren "kompetent" sind, dann sollten/könnten eigentlich auch klassische Gegner solche Kompetenzen haben, oder?
Oder ist das Konzept tatsächlich eine Spielerfigur auf Level 10, eine Ratte auf Leven 1, ein Ork auf Level 3? Kompetente Spielerfiguren verlangen nach kompetenten Gegnern - es gleicht sich also irgendwie aus. Ist der Punkt, dass man dadurch die Häufigkeit slapstick-artiger Situationen verringert?
Oder, anders gefragt: Hatten wir schon eine Diskussion zum Thema der gewünschten relativen Macht/Kompetenz von Spielerfiguren? Ich finde das recht interessant.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Megavolt am 1.09.2022 | 12:23
Kompetente Spielerfiguren verlangen nach kompetenten Gegnern

Ich lehne das ab. Wenn es nach mir geht: Die Welt wächst nicht mit den Figuren der Spieler mit, die Welt ist einfach die Welt.

Es ist erhellend, bei SaWo einfach mal das Bestiarium aufzuschlagen und den Minotaurus hinzulegen.

Der Minotaurus ist der Minotaurus. Schwache Helden werden sich mit ihm schwer tun, starke Helden werden ihn einstampfen - und so soll es auch sein.

Schlagartig ist der Kompetenzgewinn auch kein Leerlauf mehr.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: ArneBab am 1.09.2022 | 12:25
Ohne das Thema entgleisen zu wollen: Wenn Spielerfiguren "kompetent" sind, dann sollten/könnten eigentlich auch klassische Gegner solche Kompetenzen haben, oder?
Das kommt auf das Konzept an. Wenn das Konzept ist, dass eure Figuren besonders sind (Splitterträger, geborene Helden, gesegnete des Narrativums, …), dann müssen Gegner auch in einer selbst-Konsistenten Welt solche Kompetenzen nicht haben.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Raven Nash am 1.09.2022 | 12:29
Ich lehne das ab. Wenn es nach mir geht: Die Welt wächst nicht mit den Figuren der Spieler mit, die Welt ist einfach die Welt.
+1
Stadtwachen können durchaus unterschiedlich kompetent sein. Offiziere werden z.B. eher Level 5 sein, die Nachtwächter vielleicht nur Level 2. Es mag auch einen herausragenden Gardisten geben, der seit Jahren das alljährliche Turnier gewinnt und daher Level 9 ist.

Können die SCs irgendwann mit einer Abteilung Gardisten den Boden wischen? Ja, sicher. Warum auch nicht - sie sind Veteranen. Andererseits greift die Garde dann vielleicht auch zu härteren Mitteln und holt sich Magier oder Söldner, wenn es gar schlimm wird...
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: felixs am 1.09.2022 | 12:29
Ich lehne das ab. Wenn es nach mir geht: Die Welt wächst nicht mit den Figuren der Spieler mit, die Welt ist einfach die Welt.

Es ist erhellend, bei SaWo einfach mal das Bestiarium aufzuschlagen und den Minotaurus hinzulegen. Der Minotaurus ist der Minotaurus. Schwache Helden werden sich mit ihm schwer tun, starke Helden werden ihn einstampfen - und so soll es auch sein.

Schlagartig ist der Kompetenzgewinn auch kein Leerlauf mehr.

Ich bin damit ganz einverstanden. Die Frage wäre eher, wie Gegner dann halt sind. Und ob und wo sie auftauchen.

Mir kommt es aber so vor, als ob das starke Gefälle bei Gegnern nur dann Sinn ergibt, wenn es eine Entwicklung bei den Figuren gibt. Zumindest im Bereich "normal-tödlicher" Gegner.

Vielleicht so: Soll ein Ork für eine "kompetente" Figur gefährlich sein, oder nicht? Ab welcher Anzahl Orks wird es für "kompetente" Figuren potentiell brenzlig?

Vielleicht sollten wir das hier beenden. Ich habe jetzt doch das Thema entgleist. Tut mir leid.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Feuersänger am 1.09.2022 | 12:43
Nun, einerseits bin ich zwar auch absolut kein Freund von exakt mitlevelnden Gegnern à la Mass Effect oder Skyrim. Wenn also die Zahlen größer werden aber der Rest mehr oder weniger gleich bleibt, dann kann man es sich in der Tat sparen. Aber ganz so plump ist es bei P&P ja meistens nicht. Die Stadtwache bleibt Level 2 (oder so), aber dafür hat man es halt jetzt im Abenteuer mit teleportierenden Dämonenfeen zu tun oder so. --> das Spiel selbst ändert sich grundlegend, weil sowohl Spieler als auch Gegenseite andere Werkzeuge zur Verfügung haben. Also, jdf bei einigermaßen komplexen Systemen.

Zitat
In dem Zusammenhang mag ich es übrigens, wenn hohe Stufen schwerer zu erreichen sind als niedrige.

Dazu fallen mir spontan die Aufstiegstabellen von AD&D ein. Da erreicht man so etwa um Level 12 rum ein Plateau, und ab da levelt es sich erheblich langsamer, auch wenn es insgesamt theoretisch bis Level 20 geht.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Zanji123 am 1.09.2022 | 12:53
ich bin irgendwie froh das ich im Moment ein System leite das keine XP vergibt sondern einfach davon ausgeht das man am Ende eines Abenteuers aufsteigt bzw. halt ab einem bestimmten Punkt (SdDF)

Das man "Angst" haben muss das einige Charaktere dann zu mächtig sind kommt imho auch irgendwie nur in Systemen vor die es dir sehr frei ermöglichen dich zu verbessern (Ich werf mal DSA 4.1 in den Raum wo der Unterschied zwischen kriegern je nach "ich kenn die Regeln" schon übelst krass sind)

Ich habe zum Testen wirklich in der ersten Dämonenfürsten Kampagne meinen Spielern gesagt: nehmt das GRW mir ist egal welche Pfade ihr nehmt oder Zauber ihr lernt und entweder sind meine Spieler sehr vorsichtig gewesen, wir kannten das System nicht oder (was ich nicht glaube) es ist sehr gut gebalanced den auch auf höheren Levels war keiner wirklich "besser" als der andere.

Die Sache mit "mitlevelden" Gegnern... steh ich so zwiespältig gegenüber. Einerseits machts irgendwie keinen Sinn das eine Gruppe Orks NIE über Stufe X rauskommen DARF weil... is halt so oder ein Minotaurus NIE einmal "besonders" sein darf, andererseits machts halt keinen Sinn das die alle auf einmal max level sind. Daher ist da mein Ansatz immer das es garantiert einige Orks gibt die mit den Spielern auf gleichem Kompetenzlevel sind.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: ArneBab am 1.09.2022 | 12:57
Können die SCs irgendwann mit einer Abteilung Gardisten den Boden wischen? Ja, sicher. Warum auch nicht - sie sind Veteranen. Andererseits greift die Garde dann vielleicht auch zu härteren Mitteln und holt sich Magier oder Söldner, wenn es gar schlimm wird...
Oder es gibt mitlevelnde Antagonisten, die genauso Helden sind wie die Helden. Solange sie die nicht umbringen, werden auch die nach den gleichen Regeln stärker.
(und wenn die Helden "besonders" sind, sind es die Antagonisten vielleicht auch — dann sind wir schnell bei einem X-Men Origins Setting).
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Sequenzer am 1.09.2022 | 13:00
Hab ich schon gemacht mehrfach, der eine Teil feiert es weil sich gleich ihre Figuren so bauen wie man sie auch spielen will. Mach ich tatsächlich gerne auch so, ich brauch keine Heldenreise oder sonst ich hab schon immer lieber erfahrene Figuren gespielt.
Klar die Powergamer und übelsten MinMaxer die werden es Anfangs immer meiner Erfahrung nach Maßlos übertreiben. Aber denen fällt auch nach einiger Zeit dann auf das es so witzlos ist.
Aber ein anderer Teil wollen halt gern immer die fühlbare Steigerung ihrer Charaktere haben. Ist halt schon etwas Geschmacksache.

Mitskalierende Gegner sind dann halt für die SL schwerer, aber so spielt man dann auch nicht so Spiele alla DnD ;)
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Turgon am 1.09.2022 | 13:02
Aber statt dessen, dass man dann einen Gandalf, einen Sauron, einen Balrog und Sam, Merry und Pippin in der Landschaft rumtoben sieht, würde ich mir eher ein System suchen (oder schaffen), mit dem man Charaktere auf halbwegs ähnlichem Nivea(u) erstellen kann, vorzugsweise über einen Lifepathgenerator. Und noch vorzugsweiserer mit einem System, bei dem man regulieren kann, wie hoch die Kompetenz ist, mit der die Charaktere aus dem Generator purzeln.
Und danach verzichtet man einfach auf weitere Werteverbesserungen, die das System nur imba machen und dem Spielleiter das Ausarbeiten von Abenteuern erschweren.

Inzwischen ist das auch meine Lieblingsvariante, sowohl als Spieler als auch als SL.
Mich nervt es inzwischen immer mehr, wenn ich kurz vor Beginn der Session merke, oh, da hätte ich noch XP zum Steigern auszugeben.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: felixs am 1.09.2022 | 13:12
Klar die Powergamer und übelsten MinMaxer die werden es Anfangs immer meiner Erfahrung nach Maßlos übertreiben. Aber denen fällt auch nach einiger Zeit dann auf das es so witzlos ist.

Aber ist das nicht gerade der Punkt? Nämlich, dass es für die "Powergamer und übelsten MinMaxer" witzlos ist? Das spricht doch eigentlich dagegen, es so zu machen.
Außer natürlich, man will die "Powergamer und übelsten MinMaxer" ärgern oder erziehen. Das fände ich dann ethisch bedenklich.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: unicum am 1.09.2022 | 13:34
Außer natürlich, man will die "Powergamer und übelsten MinMaxer" ärgern oder erziehen. Das fände ich dann ethisch bedenklich.

Ich will die nicht in meinen Gruppen haben, wenn das ethisch bedenklich ist - stichwort "Ausgrenzung" - dann ist das eben so. Gegebenenfalls muss man die Ethik dann mal überdenken, hab ich im Studium lange gemacht.

Und ja es gab schon mal den Fall das es Leute gibt zu denen ich sagte "Ich werde nie wieder mit dir zusammen spielen oder etwas für dich Leiten",...
Das sind jezt in den langen Jahren nicht viele gewesen aber es gab sie. (und ja ich gehe auf Cons und spiele auch mal mit "wildfremden" zusammen).
Und nein das betrifft nicht generell Powergamer und MinMaxer nur war es für mich sehr auffällig das die Leute die es betrifft eben auch nur aus dieser Gruppe kommen (und nicht etwa "causal gamer").
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Weltengeist am 1.09.2022 | 13:39
Gegebenenfalls muss man die Ethik dann mal überdenken, hab ich im Studium lange gemacht.

Also wenn ich eines in Ethik gelernt habe, dann dass es DIE Ethik gar nicht gibt und dass es für jedes, wirklich jedes Verhalten auch irgendwelche Ethiker gibt, die es für ethisch vertretbar halten. Auch wenn es immer mal wieder Leute gibt, die glauben, im Besitz der einzig wahren Ethik zu sein - die Suche nach dem wahren "richtig oder falsch" ist auch nach fast 3000 Jahren nicht annähernd abgeschlossen... ;)

scnr >;D
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: nobody@home am 1.09.2022 | 13:42
Also wenn ich eines in Ethik gelernt habe, dann dass es DIE Ethik gar nicht gibt und dass es für jedes, wirklich jedes Verhalten auch irgendwelche Ethiker gibt, die es für ethisch vertretbar halten. Auch wenn es immer mal wieder Leute gibt, die glauben, im Besitz der einzig wahren Ethik zu sein - die Suche nach dem wahren "richtig oder falsch" ist auch nach fast 3000 Jahren nicht annähernd abgeschlossen... ;)

scnr >;D

Fang jetzt nicht auch noch eine Gesinnungsdiskussion an, der Faden ist schon D&D-lastig genug... 8]
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: unicum am 1.09.2022 | 13:43
Kompetente Spielerfiguren verlangen nach kompetenten Gegnern - es gleicht sich also irgendwie aus.

Ja, aber ...

Ich lehne das ab. Wenn es nach mir geht: Die Welt wächst nicht mit den Figuren der Spieler mit, die Welt ist einfach die Welt.

stimmt eben auch.

Wenn die LV10+ sich mal wieder mit den Ratten im Keller des Gasthauses LV0,5 herumschlangen wollen - warum nicht?
Und umgekehrt wenn die Gruppe, statt in den Keller des Gaszhauses zu gehen den Wirt danach frägt "Da hinten sind die Drachenberge, gibts da echte drachen, so mit schätzen" sich aufmacht in die Berge - dann ist das eben auch so,... Charactererschaffung kann auch lustig sein  >;D

Schwer ist es ggf abzuschätzen was man sich als Gruppe zutrauen kann - und was nicht.

Aber Stadtwachen LV10 nur weil die Spielfiguren LV10 sind - das ist lahm aber Stadtwachen LV10 weil die Stadt 2x im Jahr von Orkbanden angegriffen wird - meinetwegen,...

das mit dem abschätzen muss man natürlich als SL den Spielern auch kommunizieren,... "Die Stadtwache hat wettergegerbte Haut, einige Narben und die Rüstung ist zwar oft geflickt und ausgebessert aber ansonsten tadellos. Auf dem Schild siehst du 3 Kreuze bei Trollen und 37 bei Orks"
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Kurna am 1.09.2022 | 13:53

[...]

das mit dem abschätzen muss man natürlich als SL den Spielern auch kommunizieren,... "Die Stadtwache hat wettergegerbte Haut, einige Narben und die Rüstung ist zwar oft geflickt und ausgebessert aber ansonsten tadellos. Auf dem Schild siehst du 3 Kreuze bei Trollen und 37 bei Orks"

"Und sieben Kreuze bei freche Helden."  >;D
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Jenseher am 1.09.2022 | 14:03
Diese Idee rumort schon länger in mir.

Würde man zu seinen Spielern sagen: "Vergebt euch eure XP halt einfach im eigenen Ermessen selber, wann immer ihr das für richtig haltet und in einem Umfang, der euch möglichst gut amüsiert, ihr Vögel. Denn ich bin weder euer Buchhaltungsprüfer, noch euer Rollenspielpädagoge oder euer Vater. Und ehrlich gesagt interessiert es mich auch nicht", dann hätte das in meinen Augen sehr substanzielle Vorteile.

- Die Powergamer können ihrem Magier direkt zehn Zaubersprüche und 100 Mana geben, dann zaubert er halt wie der leibhaftige Gandalf und sie sind glücklich.
- Die Simus steigern acht Spieleabende hintereinander jeweils einmal Seefahrt, weil die Kampagne auf einem Schiff stattfindet und fühlen sich damit gut.
- Der kindliche Diener des Magiers steigert gar nicht, weil er gerne den Underdog spielt (sonst hätte er eh eine andere Rolle genommen) und weil er seinen Spaß daraus zieht, dass er ohne wertetechnische Skills, aber dafür mit spielerischer List und Witz seine Herausforderungen bewältigt.
- Ich steigere meinen Barbaren schön langsam auf Stufe drei, weil das ein Sweet-Spot ist, wo ich mir noch keine Gedanken über komplexe Regeln machen muss, wo ich aber immer noch das aufregende Risiko habe, dass er mir einfach so abnippelt, wenns blöd läuft.

Die Gleichwertigkeit von Figuren ist ohnehin nie gegeben, das ist ein Hirngespinst. Wer das nicht glaubt, der balance bitte versuchshalber mal den Fighter, den Verwandlungsmagier und das Face. Und weil das nicht geht, kann man den vorliegenden Mangel auch akzeptieren und produktiv nutzen.

Was sagt ihr denn dazu?

Männlein, Männlein, Timpe Te, Buttje, Buttje in der See, Meine Frau, die Ilsebill, Will nicht so, wie ich wohl will.

Bitte einmal auf die Diskussion anwenden. Ein bisschen Erziehung wünsche ich mir als Spieler gerne. Es muss eben gut "gemacht" sein. Auch eine Erziehung des Spielleiters wäre doch mal was (neben normaler Rückmeldung nach der Sitzung)!
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Boba Fett am 1.09.2022 | 14:19
Alles, was ich dazu schreiben könnte, würde das Thema entgleisen lassen.
Da ich es aber auch nicht unkommentiert stehen lassen möchte:

Ein bisschen Erziehung wünsche ich mir als Spieler gerne.

ich nicht
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: unicum am 1.09.2022 | 14:21
Ich glaube das es (Das Steigern von Figuren komplett freigeben) bei einer homogenen Gruppe vieleicht klappen könnte aber so eine hatte ich eigentlich noch nie. (also etwa komplett nur Storyteller,... so in der art)

Würde ich es selbst so wollen?
Nein.

Edith:
Ach und erziehen werden will ich auch nicht mehr,...
Wenn der SL mir erzählt wie sein Setting ist, was er vorstellt zu leiten bin ich schon "erwachsen" genug um zu sagen "Geil bin dabei" oder "schaun wir mal" oder "Nee das ist nicht mein Ding"



pps:
Ich erinner mich gerade daran das mir mal ein SL "Punkte" abgezogen habe weil ich bei einem einfürhungsabenteuer für "Legends of the 5 Rings" Irgendwie meinen Daimion "angelogen" habe das fand ich schon etwas "erzieherisch" und hab mir dann auch gesagt "naja das brauch ich nicht wirklich", wäre vieleicht an der Stelle besser gewesen das schon während der Szene zu thematisieren und nicht so etwas "schnippisch eingeschnappt"(*) kurz danach bei der Punkte vergabe."
(*) so ist es jedenfalls bei mir angekommen
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: felixs am 1.09.2022 | 14:53
Ich will die nicht in meinen Gruppen haben, wenn das ethisch bedenklich ist - stichwort "Ausgrenzung" - dann ist das eben so.

Was ich meinte, war folgendes: Ich finde es ethisch falsch, Leute im Spiel erziehen zu wollen. Dann doch bitte eine offene Diskussion darüber, was man machen will und wie. Aber die Spielzeit von Leuten zu verschwenden, um Dinge mit ihnen zu machen, die so nicht verabredet waren - das finde ich auf schlechte Weise manipulativ.

Es ist voll OK, jemandem zu sagen, dass man so nicht mit ihm spielen möchte. Dann kann man darüber sprechen, ob es eine für beide Seiten gute Alternative gibt, wie oder was man zusammen spielen kann.
Es ist nicht OK, jemanden unter falschen Annahmen in ein Spiel zu locken, um ihm irgendeinen Punkt zu beweisen. Wenn ich weiß, dass jemand gern Powergaming treibt und dass das für ihn ein wesentlicher Spaßfaktor ist, dann mache ich ihm das nicht kaputt.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Megavolt am 1.09.2022 | 14:57
Fairerweise muss man sagen, dass "erziehungsbefreites Spiel" auch eher was für klinisch sterile Rollenspielforen-Theorie ist.

In der dreckigen Praxis lernt man sehr schnell, ob der Spielleiter einen auf Wahrnehmung würfeln lässt, wenn eine Falle im Gang ist, oder ob der Trigger, der sie auslöst, das Fehlen meiner Aussage "Ich suche den Gang nach Fallen ab" ist.

Ein kleines bisschen Erziehung, ganz ohne böse Absichten oder auch indirekt, wird sich nicht ganz vermeiden lassen.

[/i]Wenn der SL mir erzählt wie sein Setting ist, was er vorstellt zu leiten bin ich schon "erwachsen" genug um zu sagen "Geil bin dabei" oder "schaun wir mal" oder "Nee das ist nicht mein Ding"[/i]

Wenn du diesen Level an Rollenspielmündigkeit hast, dann würde ich dir ohne Weiteres zutrauen, deine XP selbst zu managen. Leute, die diesen Level hingegen nicht haben, sind beim Rollenspiel vermutlich grundsätzlich fehl am Platz.

Aber seis drum -  ich nehme jetzt mal aus diesem Thread mit, dass die XP-Selbstverwaltung weitestgehend unerwünscht ist. Sehr interessant.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Auribiel am 1.09.2022 | 15:03
Ich lehne das ab. Wenn es nach mir geht: Die Welt wächst nicht mit den Figuren der Spieler mit, die Welt ist einfach die Welt.

Es ist erhellend, bei SaWo einfach mal das Bestiarium aufzuschlagen und den Minotaurus hinzulegen.

Der Minotaurus ist der Minotaurus. Schwache Helden werden sich mit ihm schwer tun, starke Helden werden ihn einstampfen - und so soll es auch sein.

Schlagartig ist der Kompetenzgewinn auch kein Leerlauf mehr.

Ich finde "der Minotaurus" aber auch mäh! Auch innerhalb einer Gegnerklasse sollte es Kompetenzunterschiede geben (können).

Genauso sollten aber auch unerfahrene Helden an überlegenen Gegnern scheitern dürfen und mit unterlegenen Gegnern den Boden aufwischen können.

Im ersten Fall sollte man halt auch eine nicht-tödliche Option ermöglichen, um den TPK zu verhindern.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: felixs am 1.09.2022 | 15:05
Aber seis drum -  ich nehme jetzt mal aus disem Thread mit, dass die XP-Selbstverwaltung weitestgehend unerwünscht ist. Sehr interessant.

Ich glaube, das ist zu einfach.

Wenn es klare Regeln dafür gibt, wie die XP verwaltet werden sollen, würden sich vermutlich mehr Fürsprecher finden lassen.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Boba Fett am 1.09.2022 | 15:08
Wenn es klare Regeln dafür gibt, wie die XP verwaltet werden sollen, würden sich vermutlich mehr Fürsprecher finden lassen.

Richtig!
Wenn man sich auf "wir spielen D&D, Charaktere irgendwo zwischen 3. und 7. Stufe erschaffen" oder "wir spielen DR4 und erschaffen Charaktere zwischen 250 und 650 Punkte", dann hast Du einen Rahmen und klare Regelungen.
Wenn dann "und überlegt Euch, warum ihr in diesem Kompetenzbereich seid" hinzukommt, dann denkt sich jeder sogar einen passenden Hintergrund aus.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Stahlfaust am 1.09.2022 | 15:09
Aber seis drum -  ich nehme jetzt mal aus disem Thread mit, dass die XP-Selbstverwaltung weitestgehend unerwünscht ist. Sehr interessant.
Bei One- oder Fewshots finde ich das cool und habe ich in meinen Gruppen auch schon mit großem Erfolg gemacht.
Bei längerlaufenden Kampagnen würde ich das nicht wollen. Wobei das Konzept mit den 7 Fragen schon reizvoll klingt.
Kommt also drauf an.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: unicum am 1.09.2022 | 15:12
Fairerweise muss man sagen, dass "erziehungsbefreites Spiel" auch eher was für klinisch sterile Rollenspielforen-Theorie ist.

In der dreckigen Praxis lernt man sehr schnell, ob der Spielleiter einen auf Wahrnehmung würfeln lässt, wenn eine Falle im Gang ist, oder ob der Trigger, der sie auslöst, das Fehlen meiner Aussage "Ich suche den Gang nach Fallen ab" ist.

Ein kleines bisschen Erziehung, ganz ohne böse Absichten oder auch indirekt, wird sich nicht ganz vermeiden lassen.

Ich glaub an der Stelle dass das was du meinst bei mir noch keine "Erziehung" ist sonderen das abwägen von kommunikation und gegebenenfalls auch das kennenlernen von Menschen untereinander, das hat sicher auch einen gewissen "Lehreffekt" aber eben nicht das was ich unter Erziehung verstehe. (*)

Ich hab gerade oben mein Posting dahingehend editiert wo mir sowas das lezte mal passiert ist.

Was mir übel aufstößt ist wenn jemand meint "Das ist die falsche Art das zu spielen, so und so spielt man es richtig".
Wichtig ist aber eben auch ggf wie man so etwas kommuniziert.

Bevor ich jezt wieder in die Kommunikationstheorie abgleite (mein Philosophie/Ethik Dozent war aus der Schiene),...


Wenn du diesen Level an Rollenspielmündigkeit hast, dann würde ich dir ohne Weiteres zutrauen, deine XP selbst zu managen.

Danke, ich erinnere mich das ich meiner Configur die EP von den lezten 3 Cons noch nicht zugeschrieben habe,... könnt ich ja auch mal machen, aber ich glaub ich lass es lieber die ist eh schon zu gut.

(*) im obigen fall kann ich auch den SL erziehen in dem ich jeden Gang den Satz "Ich suche nach Fallen" bringe.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Jenseher am 1.09.2022 | 15:19
Männlein, Männlein, Timpe Te, Buttje, Buttje in der See, Meine Frau, die Ilsebill, Will nicht so, wie ich wohl will.

Bitte einmal auf die Diskussion anwenden. Ein bisschen Erziehung wünsche ich mir als Spieler gerne. Es muss eben gut "gemacht" sein. Auch eine Erziehung des Spielleiters wäre doch mal was (neben normaler Rückmeldung nach der Sitzung)!

Wo fängt Erziehung an und wo hört Erziehung auf? XP Vergabe ist für mich schon eine Mechanik, die unter Erziehung zu verorten ist. Du passt Dein Spielverhalten an, um dieser Mechanik zu genügen (vielleicht passiert das auch nur unterbewusst). Wie von mir erwähnt, muss Erziehung eben gut gemacht sein. Hier zwei Beispiele:

XP Vergabe genügt dem Rollenspiel der Gruppe (wie auch immer ausgeprägt) und alle sind mit dieser Mechanik zufrieden. Jeder Spieler kann das Spiel in seinen Grenzen machen => Gute Implementierung.
XP Vergabe durch Schätze (1 XP / GP) => Gut, wenn alle Spieler + Spielleitung das toll finden, aber schlechteste Regel aller Zeiten, wenn es Rollenspiel und Charakterentwicklung behindert bei dementsprechender Ausrichtung der Gruppe (und... oh ja, das tut es, wenn Du einen Charakter spielst, der keine Schätze haben will).
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Boba Fett am 1.09.2022 | 15:25
Wo fängt Erziehung an und wo hört Erziehung auf? XP Vergabe ist für mich schon eine Mechanik, die unter Erziehung zu verorten ist.

Bei uns gibt es für jeden Mitspielenden für jeden Abend, an dem Rollenspiel stattfand die gleiche Menge XP, unabhängig davon, was sie/er während des Spiels gemacht hat und auch unabhängig davon, ob sie/er überhaupt teilgenommen hat.
Es gibt weder XP für Schätze, noch für überwundene Gegner oder gutes oder schlechtes oder rollengerechtes Spiel oder was auch immer.
Wir haben keine individuellen XP.
Stirbt eine Spielfigur oder scheidet anderweitig aus - egal aus welchen Gründen - erhält die darauf folgende gespielte Figur den selben XP Stand, den alle haben und auch die selbe Menge an Ausrüstung. Steigt jemand nachträglich in die Spielrunde ein, gilt das gleiche.
Ist diese Mechanik für Dich unter Erziehung zu verorten?
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Hotzenplot am 1.09.2022 | 15:32
Was sagt ihr denn dazu?

Revolution! Wo sind die Gewehre?  :fecht:

Kann man machen, aber dann kann man gleich vollkommen frei und ohne Werte etc. spielen. Ich würde behaupten, in den meisten klassischen Rollenspielgruppen, die klassische Systeme bespielen, funktioniert dieser Ansatz nicht.

Außerdem bringst du ja gleich einen weiteren Aspekt hinein: Nämlich, dass jeder nach seinem Stil (Powergamer etc.) spielen soll/darf. Auch das funktioniert m. E. in den allermeisten Runden nicht.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Zed am 1.09.2022 | 15:46
Hm, wäre nichts für mich als Spieler.

Ich habe ja schon mit Milestone-Leveling oder Aufstieg nach Zeit eher schlechte Erfahrungen gemacht und lehne diese Methoden in den meisten Fällen ab. Denn konkret für bestandene Herausforderungen verteilte XP sind eben auch ein Gradmesser für die erlebte Action bzw spielergetriebenen Handlungsfortschritt. Wenn ein paar Sitzungen lang kaum XP ankommen, ist das nicht schön, aber man kann damit wenigstens beim SL argumentieren, dass das Spiel nur so gedümpelt ist und jetzt bitte mal wieder was passieren soll. Ich hab es leider schon erlebt, dass eine zeitlang tote Hose war, und der SL darauf angesprochen meinte "Was wollt ihr denn, ihr steigt doch trotzdem auf". That's not the point!
Hier bin ich mal anderer Meinung als Du, oder:

Warum ich Milesstones für schlechter halte als inhaltsunabhängigen Aufstieg nach Zeit.

Wie ich hier schrieb, geht es für mich beim Leveln darum, es von dem zu entkoppeln, was jemand für gutes oder erfolgreiches Rollenspiel hält. Was gutes oder erfolgreiches Rollenspiel ist, soll die Gruppe ausmachen.

Halten alle "erlebte Action bzw spielergetriebenen Handlungsfortschritt" für erstrebenswert, dann liegt die Belohnung darin, dass sie genau das in den Spielsessions erleben, oder noch besser ausgedrückt: Dass  s i e  dafür sorgen, dass das Spiel diese von ihnen erwünschte Richtung nimmt.

Diese Grundhaltung, dass die Spielgruppe für ihren Spielspaß ein großes Stück selbst verantwortlich ist, bildet sich für mich konsequenterweise nur dann ab, wenn das Leveln keine Belohnung darstellt, auch nicht als Milestone am Ende des Abenteuers.

Dadurch, dass wir eine jahrzehnte lange Kampagne spielen, sind beispielsweise bei uns die Abenteuer nicht immer dann zuende, wenn sie zuende sind: So kann meine Gruppe Freude daran haben, dem Dorf beim Wiederaufbau und bei der juristischen Aufarbeitung der Kollaborateure zu helfen, nachdem sie es vom Drachen(tribut) befreit haben. Wenn sie sich dafür ein bis zwei Sitzungen Zeit nehmen möchten, weil sie Freude daran haben - bitteschön. Ich als SL kann die Gruppe zudem emotional tiefer mit dem Ort und seinen Menschen verankern, und niemand sagt: "Können wir nicht bitte ("zum nächsten Milestone") weiterziehen, ich möchte hier nicht "rumgammeln"." Und wenn sich eine Spielerin oder ein Spieler zu langweilen beginnt, dann macht die Gruppe das in-Game aus - auch gut.

Zitat
Ich hab es leider schon erlebt, dass eine zeitlang tote Hose war, und der SL darauf angesprochen
Da hat die Spielgruppe für mich nicht verstanden, dass  s i e  in sandboxartigen Situationen mehr Verantwortung für ihren Spielspaß trägt als in anderen Situationen, wo sie sich mehr zurücklehnen können und den SL machen lassen.

Andererseits habe ich als SL auch bei meiner Gruppe natürlich immer schon das nächste Abenteuer (oder zwei oder drei) im Angebot, und wenn ich merke, dass sie einige aus der Gruppe sich langweilen, dann winke ich mit dem nächsten Abenteuer schonmal. Manchmal eilt es, manchmal können sie aber auch ihr aktuelles Ding in Ruhe zuende bringen.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Jenseher am 1.09.2022 | 15:53
Bei uns gibt es für jeden Mitspielenden für jeden Abend, an dem Rollenspiel stattfand die gleiche Menge XP, unabhängig davon, was sie/er während des Spiels gemacht hat und auch unabhängig davon, ob sie/er überhaupt teilgenommen hat.
Es gibt weder XP für Schätze, noch für überwundene Gegner oder gutes oder schlechtes oder rollengerechtes Spiel oder was auch immer.
Wir haben keine individuellen XP.
Stirbt eine Spielfigur oder scheidet anderweitig aus - egal aus welchen Gründen - erhält die darauf folgende gespielte Figur den selben XP Stand, den alle haben und auch die selbe Menge an Ausrüstung. Steigt jemand nachträglich in die Spielrunde ein, gilt das gleiche.
Ist diese Mechanik für Dich unter Erziehung zu verorten?

Meinst Du das ernst?

 :Ironie:
Wenn ja, hört es sich für mich eher nach einer Art Hartz 4 Modell für Abenteurer an, statt Erziehung. Aber ist Hartz 4 nicht auch schon Erziehung? Mindestvoraussetzung für den XP Beitrag pro Sitzung => Man muss einmal ein Formular (Heldenbogen) beim Amt (Spielleitung) einreichen.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Megavolt am 1.09.2022 | 15:59
Keine Freiheit für die Spieler, keine Eigenverantwortung, kein ehrlicher Lohn, einfach die XP mit der Gießkanne drauf, Einheitsgröße für alle. Ausscheren gibts nicht.

Jetzt haben wir ihn, den Boba.  ~;D

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Ein bisschen ernsthafter noch: Ich kenne aus dem persönlichen Umfeld die Klage (nicht meine Runde), dass zu oft und zu viele Einheits-XP verteilt werden, und das nerve extrem, alle seien schlimm übersteigert. Die Spielleiterin will wohl allen etwas Gutes tun, erreicht aber das Gegenteil.

Auch hier könnte man sagen: Wenn jeder steigert wie er Bock hat, wäre das Problem gelöst.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Weltengeist am 1.09.2022 | 16:06
Bei uns gibt es für jeden Mitspielenden für jeden Abend, an dem Rollenspiel stattfand die gleiche Menge XP, unabhängig davon, was sie/er während des Spiels gemacht hat und auch unabhängig davon, ob sie/er überhaupt teilgenommen hat.
Es gibt weder XP für Schätze, noch für überwundene Gegner oder gutes oder schlechtes oder rollengerechtes Spiel oder was auch immer.
Wir haben keine individuellen XP.
Stirbt eine Spielfigur oder scheidet anderweitig aus - egal aus welchen Gründen - erhält die darauf folgende gespielte Figur den selben XP Stand, den alle haben und auch die selbe Menge an Ausrüstung. Steigt jemand nachträglich in die Spielrunde ein, gilt das gleiche.

Tja - und wenn wir hier mit Träumen fertig sind, ist es vermutlich das, was bei sehr vielen Gruppen tatsächlich passiert. Jedesmal ist es das, was in den letzten Jahren immer herausgekommen ist, wenn ich die Spieler gefragt habe, wie wir die XP-Vergabe machen wollen. Alle kriegen das gleiche, wir sind doch nicht in der Schule mit XP statt Noten, und überhaupt will keiner unterschiedlich starke Figuren. Außer mir, aber was weiß ich schon? ;D
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Boba Fett am 1.09.2022 | 16:10
@Weltengeist: ich versteh deine Bemerkung "träumen" nicht. Was meintest du damit? Wer träumt worüber?
Bei will auch das Spielerrudel diese Form der XP Verteilung.
wenn es nach mir ginge, gäbe es keine XP (siehe oben).
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Feuersänger am 1.09.2022 | 16:22
Puh soviel Traffic. Kann jetzt nur ein paar Sachen rauspicken:

Einmal zum Thema Erziehung ein kleiner Nitpick:

Zitat
Ich erinner mich gerade daran das mir mal ein SL "Punkte" abgezogen habe weil ich bei einem einfürhungsabenteuer für "Legends of the 5 Rings" Irgendwie meinen Daimion "angelogen" habe das fand ich schon etwas "erzieherisch" und hab mir dann auch gesagt "naja das brauch ich nicht wirklich", wäre vieleicht an der Stelle besser gewesen das schon während der Szene zu thematisieren und nicht so etwas "schnippisch eingeschnappt"(*) kurz danach bei der Punkte vergabe."

Ich meine, mir hat mal jmd erzählt, dass es bei Lot5R tatsächlich so ein Honour-System gibt, das den Spielern diverse Do's und Don'ts angelehnt an japanische Samurai-Ehrencodices auferlegt, und wenn man gegen diesen Codex verstößt bekommt man eben Abzüge. Zu einem gewissen Grad kann man das sozusagen als Ressource sehen -- "wieviele Verstöße kann ich mir noch leisten, ehe der Popo Kirmes hat?". Allerdings sollte es selbstverständlich sein, die Spieler _vorher_ über diese Auflagen zu informieren und nicht irgendwann bei der Abrechnung.

--

Zitat
Da hat die Spielgruppe für mich nicht verstanden, dass  s i e  in sandboxartigen Situationen mehr Verantwortung für ihren Spielspaß trägt als in anderen Situationen, wo sie sich mehr zurücklehnen können und den SL machen lassen.

Wusste gar nicht dass du dabei warst und die Situation kennst. :p
In allen derartigen Situationen, an die ich mich erinnern kann, traf die Gruppe keine Schuld an der Flaute. (es waren jw verschiedene Gruppen mit verschiedenen SLs) Da wurden zB ereignislose Reisen unnötig lange aussgespielt statt zur nächsten Szene zu springen. Oder die Gruppe war mit der Verfolgung von Spuren ausgelastet, aber es gab halt keine Action. Oder der SL ließ die Gruppe nur gegen Wände laufen. Da war es also sogar das exakte Gegenteil von dem was du unterstellst: die Spieler unternahmen alle Anstrengungen, das Spiel interessant zu machen, und der SL blockte das ab. In einem Fall, bis laut seinem Kaufabenteuer das nächste gescriptete Event stattfinden durfte. In einem anderen, bis die Gruppe mehr oder weniger meuterte und den SL zur Rede stellte was das sollte, und er jetzt nach ca 3 Sitzungen mit der Sprache rausrückte, dass er nicht _wollte_ dass wir diese Spur weiter verfolgten.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: ArneBab am 1.09.2022 | 16:23
Zu Erziehung:

Ich will nicht, dass mich jemand anders erzieht.

Ich will aber, dass wir Mechaniken nutzen, mit denen wir unser Spiel in eine Richtung schieben, für die wir uns gemeinsam entschieden haben.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Boba Fett am 1.09.2022 | 16:27
Meinst Du das ernst?
ja, natürlich meine ich das Ernst, wieso?
Wer bin ich denn, das ich entscheide und bewerte, ob ein Spieler besser oder schlechter seine Rolle gespielt hat und das dann auch noch in irgendwelche Verhältnisse zueinander setze?
Woher weiss ich denn genau, wie der Spieler seine Figur exakt charakterisiert hat und ob irgendwas an der Performance jetzt nicht vielleicht ganz genau in seinem Hinterstübchen zu begründen ist.
Und warum sollte ich irgendwelche Tagesformen belohnen und bestrafen? Wer "belohnt/bestraft" denn mich als Spielleiter? Krieg ich da irgendwelche SLPs, mit denen ich demnächst meine NSCs steigern kann?

Der Begriff "Hartz 4 Modell für Abenteurer" finde ich im übrigen reichlich daneben.
Die XP, die die Spieler für ihre Figuren bekommen, sind ja nicht im unteren Limit, sondern entsprechend dem Durchschnitt der Verteilung (es sei denn, die Runde entscheidet, dass sie lieber schneller oder langsamer die Kompetenzsteigerung durchmachen möchte. Das geschieht aber gemeinsam im Konsens und nicht vom Spielleiter diktiert). Und sie sind auch keine Existenzsicherung. Und wenn man schon irgendwelche Vergleiche ziehen möchte, dann entspricht es eher einem allgemeinen Grundeinkommen (und keinem Minimalen) im Kommunismus. Sozusagen: alle bekommen das gleiche, den Bedürfnissen entsprechend, im Konsens beschlossen. Immerhin sind wir Eskapisten, da muss ich in meiner Freizeit nicht auch noch eine Leistungsgesellschaft etablieren.

Es gibt bei mir keine Mindestanforderungen, ausser dem "ich spiele in dieser Runde mit".
Eine Spielerin in der Runde ist aktuell im Studium an einer Fernuni und hat eben ab und zu keine Zeit. Muss ich sie deswegen jetzt bestrafen? Und wie züchtige ich sie ordentlich?
Ein anderer Rollenspieler ist sehr still und introvertiert. Muss ich dem jetzt Nippelklemmen ansetzen, bis der schreit und aus sich herauskommt?
Oder reicht es, ihm einfach XP vorzuenthalten? Das ist doch vollkommen albern.
 :Ironie:
(bevor das noch jemand ernst nimmt)
-scnr-

Keine Freiheit für die Spieler, keine Eigenverantwortung, kein ehrlicher Lohn, einfach die XP mit der Gießkanne drauf, Einheitsgröße für alle. Ausscheren gibts nicht.
Was soll an "Lohn" denn bitte ehrlich sein?

Und XP mit der Gießkanne drauf - das hattest Du oben doch propagiert. Bei mir würden die Pflänzchen verdorren, weils keine XP gibt.
Mach deinen Charakter, wie er sein soll und spiel ihn dann so. Und einigt euch in welchen Leveln das "machen" okay ist...
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Zed am 1.09.2022 | 16:28
Da war es also sogar das exakte Gegenteil von dem was du unterstellst: die Spieler unternahmen alle Anstrengungen, das Spiel interessant zu machen, und der SL blockte das ab. In einem Fall, bis laut seinem Kaufabenteuer das nächste gescriptete Event stattfinden durfte. In einem anderen, bis die Gruppe mehr oder weniger meuterte und den SL zur Rede stellte was das sollte, und er jetzt nach ca 3 Sitzungen mit der Sprache rausrückte, dass er nicht _wollte_ dass wir diese Spur weiter verfolgten.
Schlechte Spielleitung macht natürlich jedes gute Grundverständnis kaputt.  ;D

Edit: Im Grunde bin ich auch Team "Boba Fett", insbesondere wenn es um Grundverständnis der Aufgaben der SL geht. Ich meine auch, dass die Gruppe als Ganzes zwar zusammenwachsen soll, aber nicht, dass die SL die Spielgruppe zu erziehen hat.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: aikar am 1.09.2022 | 16:45
Wer bin ich denn, das ich entscheide und bewerte, ob ein Spieler besser oder schlechter seine Rolle gespielt hat und das dann auch noch in irgendwelche Verhältnisse zueinander setze?
Woher weiss ich denn genau, wie der Spieler seine Figur exakt charakterisiert hat und ob irgendwas an der Performance jetzt nicht vielleicht ganz genau in seinem Hinterstübchen zu begründen ist.
Und warum sollte ich irgendwelche Tagesformen belohnen und bestrafen? Wer "belohnt/bestraft" denn mich als Spielleiter? Krieg ich da irgendwelche SLPs, mit denen ich demnächst meine NSCs steigern kann?

Der Begriff "Hartz 4 Modell für Abenteurer" finde ich im übrigen reichlich daneben.
Die XP, die die Spieler für ihre Figuren bekommen, sind ja nicht im unteren Limit, sondern entsprechend dem Durchschnitt der Verteilung (es sei denn, die Runde entscheidet, dass sie lieber schneller oder langsamer die Kompetenzsteigerung durchmachen möchte. Das geschieht aber gemeinsam im Konsens und nicht vom Spielleiter diktiert).
Es gibt bei mir keine Mindestanforderungen, ausser dem "ich spiele in dieser Runde mit". Eine Spielerin in der Runde ist aktuell im Studium an einer Fernuni und hat eben ab und zu keine Zeit. Muss ich sie deswegen jetzt bestrafen? Und wie züchtige ich sie ordentlich? Das ist doch vollkommen albern.
Ein anderer Rollenspieler ist sehr still und introvertiert. Muss ich dem jetzt Nippelklemmen ansetzen, bis der schreit und aus sich herauskommt?
Oder reicht es, ihm einfach XP vorzuenthalten?

Ich sehe das genau wie Boba. XP (mal abgesehen, dass ich XP generell kaum mehr verwende, sondern mit Meilensteinen spiele wenn möglich) für "gutes Rollenspiel" (nach Meinung des SL) finde ich bescheuert. Für tolle Ideen, wo die ganze (!) Gruppe jubelt, gibt es je nach System temporäre Gummipunkte (Inspiration, Bennies, etc.). Aber die Spieler zu belohnen oder (durch vorenthalten von Charakterentwicklung) zu bestrafen, nur weil sie meiner Vorstellung entsprechend handeln (oder eben nicht), davon halte ich gar nichts.

Ich will aber, dass wir Mechaniken nutzen, mit denen wir unser Spiel in eine Richtung schieben, für die wir uns gemeinsam entschieden haben.
Für sowas gibt es bessere Mechaniken als XP-Vergabe. z.B. die Genre-spezifischen Anpassung der PbtA-Systeme. Oder einfach nach der Runde miteinander zu reden.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Feuersänger am 1.09.2022 | 16:58
Zum Thema XP-Verteilung allgemein:

Als Spieler möchte ich solche Kniefieseligkeiten mit Boni und Abzügen für Einzelne am besten gar nicht haben. Wie zuvor schon geschrieben: kooperatives Spiel. XP sollen gleichmäßig verteilt werden und gut. Selbst wenn jemand mal an einer Sitzung nicht teilnehmen kann, nehmen wir an dass sein SC derweil etwas anderes Sinnvolles macht und in der Zeit die gleichen XP erwirbt wie der Rest.

Anekdote: manchmal lassen sich Abweichungen freilich schlecht vermeiden. Einmal in PF wurden wir nachts genau während der Nachtwache meines Paladins überfallen, aber bis die anderen SC endlich in die Puschen gekommen waren, hatte der Pala die Bösewichter schon alle weggemacht. Also habe ich auch die kompletten XP bekommen. In der Folge ist dann mein SC meist eine Sitzung vor den anderen aufgestiegen. War also jetzt kein großes Ding, aber ich bin ganz froh dass es sich nicht weiter aufspreizte.

Und wenn man jetzt einen Spieler dabei hat, der absichtlich sagen wir mal ineffizient ist, um nicht zu sagen sich nur vom Rest der Gruppe carry'en lässt und dabei XP leecht..? Ja, ich gebe zu, da werde ich als Mitspieler grätig, da kann ich mir nicht helfen. Natürlich mache ich da erstmal Hilfsangebote, den SC etwas nützlicher zu machen, aber wenn diese ausgeschlagen bzw nicht umgesetzt werden...

Eine mögliche Lösung, wenn man den Spieler quasi als Maskottchen trotzdem in der Runde dabei haben will: der SL berücksichtigt den ergebnisneutralen SC einfach nicht bei der Ausbalancierung der Encounter und Berechnung der XP-Anteile -- er levelt einfach gratis mit. Muss man ihm ja nicht auf die Nase binden.  ;D
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Weltengeist am 1.09.2022 | 17:09
@Weltengeist: ich versteh deine Bemerkung "träumen" nicht. Was meintest du damit? Wer träumt worüber?
Bei will auch das Spielerrudel diese Form der XP Verteilung.
wenn es nach mir ginge, gäbe es keine XP (siehe oben).

Was ich mit "träumen" meine? Genau das. Du und ich und einige andere hier träumen von unkonventionellen Lösungen. In der Praxis haben wir aber Spieler, die von ihrem Spielleiter mit XP belohnt werden wollen. Und deshalb bleibt es beim Traum.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: aikar am 1.09.2022 | 17:20
In der Praxis haben wir aber Spieler, die von ihrem Spielleiter mit XP belohnt werden wollen. Und deshalb bleibt es beim Traum.
Ich möchte das etwas verallgemeinern: Spieler:innen wollen in den meisten Fällen mit mechanisch spürbarer Weiterentwicklung und Machtgewinn belohnt werden und das Gefühl, sich diese Verdient zu haben. XP sind da nur eine Methode, um das auszudrücken.

Das war tatsächlich der primäre/einzige wirkliche Kritikpunkt, den meine Spieler:innen an FATE als Kampagnensystem vorgebracht haben. Die spürbare mechanische Entwicklung war ihnen zu gering.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: nobody@home am 1.09.2022 | 17:25
Ich finde "der Minotaurus" aber auch mäh! Auch innerhalb einer Gegnerklasse sollte es Kompetenzunterschiede geben (können).

Prinzipiell bin ich da derselben Meinung, allerdings würde ich nicht unbedingt grundsätzlich für alle Spielwelten und Kampagnen überall davon ausgehen, daß es so eine "Klasse" überhaupt immer gibt. Zwischen einem Minotaurus und dem Minotaurus besteht da rein vom Ansatz her mMn schon noch ein gewisser Unterschied. ;)
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Zed am 1.09.2022 | 17:28
XP ist ja ein sehr abstraktes System, das mal erfunden wurde, um das Fortkommen von SCs zu regeln. Die Verknüpfung mit erzieherischen - belohnenden und bestrafenden - Aspekten wurde irgendwann mal gesetzt, sie ist aber weiß Gott nicht notwendig oder naturgegeben.

Abseits von der Idee, dass der Spaß am Spiel selbst Belohnung genug sein sollte, gibt es ja noch Regelungen wie beim guten alten Runequest, bei dem die Charaktere schlicht durchs Machen aufsteigen (vereinfacht gesagt). Da steckt dann eine Variante des Leistungsgedankens von Dir, Feuersänger, drin: Wer in RQ nichts macht, steigt auch nicht auf - und das ohne dass die SL bei diesem Aspekt eine bewertende Rolle spielt.

Zitat
In der Praxis haben wir aber Spieler, die von ihrem Spielleiter mit XP belohnt werden wollen. Und deshalb bleibt es beim Traum.

Es scheint Gruppen zu geben (zB bei mir, aikar und Boba), bei denen die Spielgruppen nicht von ihrer SL mit XP belohnt werden wollen. Dort ist der Traum Realität.

Underperformer in der Gruppe: Klar, die meisten Gruppen sind heterogen in dem, wer was zum Spiel beiträgt. In meiner Gruppe ist es das Spotlight, das sich die Einzelnen nehmen oder das ihnen von anderen in der Gruppe zugewiesen wird, an dem sich das festmacht: Manche fühlen sich mal in diesen Situationen im Mittelpunkt wohl, manche in anderen Situationen, einer fühlt sich immer "in zweiter Reihe" wohl. Ihn könnte man als Underperformer sehen, aber das ist, was in meiner Gruppe allen Spaß macht. Diese Heterogenität muss sich nicht auch noch in den Leveln ausdrücken. Die einen haben so mehr Spotlight, die anderen haben so weniger - das ist für die einzelne Person Belohnung genug.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: nobody@home am 1.09.2022 | 17:39
Das hat sich spätestens mit Fate sogar etabliert, oder? Und ich habe es zumindest im EWS 3 explizit drin: Du bekommst nicht nur Steigerungs-Striche, sondern auch Striche zum Verschieben, die du nutzen darfst, aber nicht musst ⇒ vernachlässigen und einrosten zum Steigern anderer.

Yep -- und ist meiner unbescheidenen Meinung nach sogar ein möglicher Ansatz, so etwas wie Zero-to-Hero auch bei Fate rein mit Bordmitteln und ohne irgendwelche Umbauten am System zu haben. Allerdings muß man sich dazu durchringen können, nicht tatsächlich mit einer kompletten Null anfangen zu wollen, sondern auch mit einem bereits einigermaßen kompetenten Charakter zufrieden zu sein, der am Anfang eigentlich für das, was er später mal werden soll, nur "falsch spezialisiert" ist. Dann kann man durch reines Austauschen passender Elemente (was bei Fate ja prinzipiell schneller getaktet ist als Netto-Verbesserungen) auch einen rebellischen Feuchtfarmer relativ einfach und natürlich zum Jedi-Anwärter umkrempeln, ohne daß er sich dazu erst durch X zusätzliche "Stufen" grinden muß.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: schneeland am 1.09.2022 | 17:40
Ich möchte das etwas verallgemeinern: Spieler:innen wollen in den meisten Fällen mit mechanisch spürbarer Weiterentwicklung und Machtgewinn belohnt werden und das Gefühl, sich diese Verdient zu haben. XP sind da nur eine Methode, um das auszudrücken.

Zumindest fürs Kampagnenspiel würde ich das so unterschreiben - da unterscheidet sich dann höchstens noch die Präferenz, ob es eher gemütlich aufwärts geht, oder in der Vom-Tellerwäscher-zum-Millionär-in-21-Tagen-Variante, und ob das ein SL entscheidet, die Regeln fest vorgeben, wann XP erlangt werden, oder das ganze per Fragerunde in der Gruppe erledigt wird. Bei One/Few-Shots kümmert es wahrscheinlich deutlich weniger Spieler, aber das scheint mir auch nicht die Richtung zu sein, in die der Ausgangsbeitrag geht.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: ArneBab am 1.09.2022 | 17:44
Eine mögliche Lösung, wenn man den Spieler quasi als Maskottchen trotzdem in der Runde dabei haben will: der SL berücksichtigt den ergebnisneutralen SC einfach nicht bei der Ausbalancierung der Encounter und Berechnung der XP-Anteile -- er levelt einfach gratis mit. Muss man ihm ja nicht auf die Nase binden.  ;D
Logisch — dass eine SL das macht, nehme ich eh an, sonst sind die Encounter ja zu schwer. Geht auch umgekeht: Manchmal gibt es einen einzelnen Spieler, für den, wenn er dabei ist, die Encounter schwerer gemacht werden müssen, weil er einfach verdammt effizient ist. Das ist dann so und auch OK, da muss die SL nur vorher wissen, wer kommt.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Jenseher am 1.09.2022 | 17:52
Puh soviel Traffic. Kann jetzt nur ein paar Sachen rauspicken:

Einmal zum Thema Erziehung ein kleiner Nitpick:

Ich erinner mich gerade daran das mir mal ein SL "Punkte" abgezogen habe weil ich bei einem einfürhungsabenteuer für "Legends of the 5 Rings" Irgendwie meinen Daimion "angelogen" habe das fand ich schon etwas "erzieherisch" und hab mir dann auch gesagt "naja das brauch ich nicht wirklich", wäre vieleicht an der Stelle besser gewesen das schon während der Szene zu thematisieren und nicht so etwas "schnippisch eingeschnappt"(*) kurz danach bei der Punkte vergabe."


Ich vermute mal jeder hat eine andere Vorstellung von "Erziehung" und ich möchte nicht mutmaßen, wieso das Wort so kontroverse Reaktionen hervorruft. Erziehung ist vom Begriff auch schon sehr unscharf und vielleicht daher hier ungeeignet. Wie schon zuvor angedeutet, wäre Belohnung und Bestrafung vielleicht passender (aber sind die Hebel im Bereich Pädagogik, Bildung, Erziehung und Sozialisation wirklich darauf beschränkt?).

Ich finde Beispiele für eine technische Diskussion sehr angenehm. Siehe z.B. Zitat von @Feuersänger. Mich würden daher persönliche Erfahrungen mit positiven und negativen Beispielen aus der RPG-Vergangenheit in Bezug auf XP/Aufstiegsmechaniken/Charakterentwicklung/Gruppenmechanik interessieren.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Antariuk am 1.09.2022 | 18:37
Zu den vielen schon genannten Gründen gegen das vollständige Freigeben von Steigern kommt speziell auch bei klassischen, "großen" stufenbasierten Systemen das Problem, das willkürlich unterschiedlich gebaute Charaktere viele Abenteuerideen komplett untauglich für die Gruppe machen. Nur nur, weil Herausforderungen/Kämpfe kippen - und zwar so stark, wie der am heftigsten gesteigerte Charakter überkompetent ist -, sodern auch, weil gewisse Plots sich direkt erledigen, wenn einzelne Charaktere die Zeit anhalten oder sich teleportieren oder ein ganzes Haus anheben können. Etwas anderes als eine totale Bier-und-Bretzel-Runde kann ich mit sowas gar nicht vorstellen...
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: unicum am 1.09.2022 | 18:44
Einmal zum Thema Erziehung ein kleiner Nitpick:

Ich meine, mir hat mal jmd erzählt, dass es bei Lot5R tatsächlich so ein Honour-System gibt, das den Spielern diverse Do's und Don'ts angelehnt an japanische Samurai-Ehrencodices auferlegt, und wenn man gegen diesen Codex verstößt bekommt man eben Abzüge. Zu einem gewissen Grad kann man das sozusagen als Ressource sehen -- "wieviele Verstöße kann ich mir noch leisten, ehe der Popo Kirmes hat?". Allerdings sollte es selbstverständlich sein, die Spieler _vorher_ über diese Auflagen zu informieren und nicht irgendwann bei der Abrechnung.

Hätte es irgendwann mal eine Info dazu gegeben wäre alles kein problem gewesen aber,...
Ich hab mich echt etwas "Geschulmeistert" gefühlt. Hätte nicht sein müssen, hätte man auch anderst lösen können ohne das sich - eigentlich alle mitspieler - etwas verdummbeutelt gefühlt hätten.
Kommunikationsdefizit bei der SL.
War lustigerweise das Jahr in welchem ich im Studium Japanisch lernte, und meine japanische Dozentin hat an den "Ehrenwerten" Samurai kein gutes Blatt gelassen "Raubritter! Allesamt! Elendiges Dreckspack! Ehre haben die nur wenn es ihnen gerade passt"
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: aikar am 1.09.2022 | 19:04
Es scheint Gruppen zu geben (zB bei mir, aikar und Boba), bei denen die Spielgruppen nicht von ihrer SL mit XP belohnt werden wollen. Dort ist der Traum Realität.
Bitte meine Aussage nicht verdrehen/aus dem Kontext reisen. Ich habe mehrfach klar gesagt, dass meine Gruppen Belohnung und Fortschritt haben wollen und kriegen.
Aber sie wollen sich den Fortschritt verdienen und ich behandle Charakterentwicklung nicht basierend auf willkürlichen Entscheidungen und Vorlieben der SL (also von mir) für einzelne Spieler:innen und ihre Handlungen, sondern als Belohnung für das erfolgreiche gemeinsame (!) Lösen des Abenteuers. Üblicherweise gibt es z.B. alle 2-3 Abenteuer in der D&D-Kampagne einen Stufenaufstieg. Zeitgleich für alle Charaktere um den ungefähren relativen Machtlevel zu erhalten.

Wenn der Spielstil von Spieler:innen mit meinem nicht kompatibel ist, dann rede ich mit ihnen darüber und wenn wir keinen Kompromiss finden, müssen sie die Gruppe verlassen (kommt zum Glück nur extrem selten vor). Aber ich nutze keine spieltechnischen Maßnahmen, schon gar keine mit langfristigen Folgen wie Aufstiegs-"Währung" um sie "auf den rechten Pfad zu führen".


Eine andere Variante, die mir gut gefällt, ist die von Dungeon World. Vergeigte Würfe führen da zu XP (=> Aus Fehlern lernt man). Dadurch steigen Charaktere von Spielern mit Würfelpech schneller auf, was zu verringerter Wahrscheinlichkeit für misslungene Würfe führt, was das System ausbalanciert. Damit kann ich gut leben.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: YY am 1.09.2022 | 21:14
Nur in unsortierter Auswahl, weil hier gestern noch eine Seite war und jetzt 5... ;D

Ich kann den Gedanken sehr gut nachvollziehen. Eine persönliche Gefühligkeit kann trotzdem kein zulässiges Argument sein, weil sie beliebig ist.

Aber sie ist nicht beliebig veränder- oder wählbar und damit etwas, das man zu einem großen Teil als gesetzt akzeptieren muss.
"Macht doch alle, wie ihr es wollt" funktioniert eben da nicht mehr, wo einige - aber nicht alle - wollen, dass es alle ähnlich machen ;)

Das kann in einigen Gruppen funktionieren, wird aber in den meisten kleine überbrückbare Differenzen auf ein unbeherrschbares Ausmaß aufblasen.


Aber lass uns dann auch so konsequent sein und das quatschige Belohnungssystem über Bord werfen. Denn so funktioniert Lernen sowieso nicht.

Das soll ja auch in der Regel so gar nicht Lernen simulieren - höchstens mal den Steigerungskram mit einem dünnen Hauch Glaubwürdigkeit überziehen.
Ein paar Systeme haben ja beides im Angebot, klassische XP zum selbst verteilen und parallel dazu learning by doing.
Die kann man dann ein Stück weit zu einem halbwegs plausiblen "Lernsimulator" machen, indem man den XP-Part abschaltet und ein bisschen am Lern-Teil schraubt. Meist lohnt sich das aber nicht, weil man dann einen Haufen Buchhaltung für sehr wenig Effekt hat und umgekehrt die Simulation direkt wieder zum Teufel geht, wenn man den Hahn weiter aufdreht.


Und da wir auch nicht mehr in den 80ern und 90ern sind, macht man Charaktere eh gemeinsam in einer Session 0 (oder wie dieser neumodische Kram heutzutage genannt werden will), insofern nein zu einem: Mach es Dir selbst und so gut wie Du eben willst.

Alternativ gab es damals schon Systeme, die einfach deutlich gesagt haben, was sie von den Spielern und deren Charakteren erwarten. Das ist aber mit dem Aufkommen von Session 0 u.Ä. ein Stück weit verlorene Kunst auf Autorenseite geworden.

Und wegen meiner darf man auch gerne ein Werte-Tausch System erfinden. So nach "In der Volkshochschule hab ich jetzt Schlösser knacken gelernt. Dabei hab ich aber das Musizieren vernachlässigen müssen. Mit der Gitarre bin ich jetzt etwas eingerostet." Motto...

Ja, so ist das ja bei Traveller in recht einfacher Weise angelegt. Da muss man nur schauen, wie man die Gesamtsumme haben will und welche Zeiträume für eine Umstellung passen.

So, und jetzt sagt ihr mir bitte mal, wie viele Messerwürfe einen Schlafzimmerblick wert sind.

Diese ganzen Sachen sind nicht balancebar. Und meine Darstellungen sind nur so halb humorvoll gemeint. Was ich beschreibe, hat ziemlich offensichtliche Parallelen zum DSA-Regelwerk. Ihr Balancer seid für diese 300(0)seitigen Regelwerke verantwortlich, die am Ende nichts balancen. Vielen Dank euch!

Dafür musst du mir erst mal sagen, was man in dem Spiel denn so tut - sind Messerwürfe und Schlafzimmerblick überhaupt grundsätzlich auf Augenhöhe in ihrer Bedeutung für das Spiel?

Ansonsten sei dir mein Mitgefühl gewiss, dass du bei dem spielmechanischen Autounfall DSA nicht weggucken kannst, aber als irgendeinen Beleg für allgemeine Balancing-Aussagen kann das beim besten Willen nicht herhalten.

Da gucken wir doch lieber mal am anderen Ende des spielmechanischen Umfangs und stellen fest: dort gehts. Wenn ich also balancen will, fange ich unten an und schaufele dann Komplexität drauf, wenn ich die für irgendwas zu brauchen meine. Und ich höre auf, wenn ich merke, dass ich es nicht mehr sauber sortiert bekomme (und bleibe dann nicht auf diesem Level, sondern gehe ein oder zwei Schritte zurück ;)).

Deswegen funktioniert auch das Beispiel nicht, das gedanklich bei einem schon zu weit gewucherten Detailgrad einsteigt, ohne einen rund laufenden Unterbau zu haben. So hängt das im luftleeren Raum. 


Mich nervt nur das "man muss aber immer besser werden" maßlos an. Insbesondere, wenn es bedeutet, dass man erst gezwungen wird, als Noob zu starten. Und noch viel mehr, wenn man irgendwann die Powerlevel erreicht, wo das mehr an Kompetenz ein "weniger" an Spielspaß implementiert.
Und ich finde es extrem schade, dass es so gut wie kein System gibt, dass sich das mal zu Herzen nimmt.

Da dürfte ein Problem auch sein, dass man als Autor noch so oft von sweet spots und zugehöriger Gestaltungsfreiheit schreiben kann - wenn das System parallel dazu auch klassischen Steigerungskram hat, wird der tendentiell auch genutzt.
Das ist mMn aber deutlich ein Anwenderfehler und kein Mangel des Regelwerks.

Wer bin ich denn, das ich entscheide und bewerte, ob ein Spieler besser oder schlechter seine Rolle gespielt hat und das dann auch noch in irgendwelche Verhältnisse zueinander setze?

Es gibt ja auch noch andere Aspekte, die objektiv bewertbar und vorher bekannt sind.

Da ist ArneBab schon auf einer heißen Spur mit dem Gedanken, dass so was ein System in genau die gewollte Richtung bewegt. Und das ist viel weniger Erziehen oder gar Bestrafen als das Setzen von Anreizen.
Wie sehr das gerne mal übersehen wird, sieht man z.B. daran, wie heute recht flächendeckend über "XP für Gold" gedacht wird. Ich sage: über die konkrete Ausprägung kann man sich unterhalten, aber der Grundgedanke dahinter war goldrichtig (pun intended).

Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Alteisen am 1.09.2022 | 21:45
Als Spieler ist mir nicht wichtig, ob ich meine Figur steigern kann, solange sie ungefähr das abbildet, was ich mir vorstelle. Als Spielleiter finde ich es oft anstrengend, Steigerungsregeln etc. parat haben zu müssen.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Sequenzer am 1.09.2022 | 23:16
Aber ist das nicht gerade der Punkt? Nämlich, dass es für die "Powergamer und übelsten MinMaxer" witzlos ist? Das spricht doch eigentlich dagegen, es so zu machen.
Außer natürlich, man will die "Powergamer und übelsten MinMaxer" ärgern oder erziehen. Das fände ich dann ethisch bedenklich.

Nö meiner Erfahrung nach bauen die sich ihre SCs auf ein gut spielbares Level. Ich erzieh niemanden am Spieltisch, es bleibt ja jeden seine Wahl in wie fern man sich den potenziellen Spielspaß beschneidet, auch der Super Duper Extrem Schwertkämpfer kann nicht alle seine Situationen mit der Klinge lösen. Das ist der Punkt wo Endgame Figuren interessant werden. Die Kompetenz hat man ja nicht überall haben. Deswegen sind auch mitskalierende Gegner witzlos. Es wird immer jemanden der besser wie man selbst ist, oder auch nur Glück hat.
Das ist eher so ein Mindset Ding wie man sich da verennt bzw sozialisiert wurde.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Feuersänger am 2.09.2022 | 10:47
Noch ein Nachtrag zum Thema "Aufstieg nach Spieltagen":

So in fixen Intervallen habe ich das iirc noch nie probiert. Kann so vom Lesen akut nicht einschätzen, ob ich es besser oder noch schlechter fände als Milestones. 
Kommt aber sicherlich auch auf das Intervall an. Zumindest die unteren Level sollten eher zügig durchschritten werden; ich habe keine Lust ein halbes Jahr Ratten im Keller zu jagen. So alle 2-3 Sitzungen ein Aufstieg sollte schon drin sein, so wie beim XP-System auch. Auf höheren Stufen darf es dann etwas länger dauern.

Hat auch mit der Laufzeit der Kampagne zu tun -- wie im Kampagnen-Thread beschrieben, bin ich es eher nicht gewöhnt, dass eine Kampagne wesentlich über 40 Sitzungen dauert, selbst wenn sie _gut_ läuft, und damit ist man dann schon mindestens 1 Jahr beschäftigt. Jetzt schreibt zB Zed, wenn ich das richtig gelesen habe, von 7 Sitzungen zwischen den Aufstiegen -- das klingt für mich richtiggehend glazial; da ist man ja nach einem halben Jahr (bei wöchentlichem Termin) noch auf Stufe 3. So viel Geduld habe ich nicht, zumal wie gesagt meine Erfahrung lehrt, dass die Echtzeit-Lebensspanne von Kampagnen begrenzt ist. Und ich möchte das ganze Spiel erleben und nicht immer nur die Lowlevel.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Antariuk am 2.09.2022 | 10:55
Hat auch mit der Laufzeit der Kampagne zu tun -- wie im Kampagnen-Thread beschrieben, bin ich es eher nicht gewöhnt, dass eine Kampagne wesentlich über 40 Sitzungen dauert, selbst wenn sie _gut_ läuft, und damit ist man dann schon mindestens 1 Jahr beschäftigt. Jetzt schreibt zB Zed, wenn ich das richtig gelesen habe, von 7 Sitzungen zwischen den Aufstiegen -- das klingt für mich richtiggehend glazial; da ist man ja nach einem halben Jahr (bei wöchentlichem Termin) noch auf Stufe 3. So viel Geduld habe ich nicht, zumal wie gesagt meine Erfahrung lehrt, dass die Echtzeit-Lebensspanne von Kampagnen begrenzt ist. Und ich möchte das ganze Spiel erleben und nicht immer nur die Lowlevel.

Bedenke dass nicht alle Systeme so krasse Unterschiede zwischen Low- und Highlevel haben wie D&D 3.X  ;)

Grundsätzlich stimme ich aber zu, dass ein fester Steigerungsrhythmus von Anfang bis Ende nicht besonders spannend klingt, wenn es Level oder Stufen gibt. Da würde ich dann gern am Anfang etwas zügiger steigern und später dann gern entspannter, wenn man das Gefühl hat, die Kernkompetenzen des eigenen SCs sind gut abgebildet und ab jetzt kann man entspannt auf Ereignisse im Abenteuer reagieren.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: nobody@home am 2.09.2022 | 10:59
Noch ein Nachtrag zum Thema "Aufstieg nach Spieltagen":

So in fixen Intervallen habe ich das iirc noch nie probiert. Kann so vom Lesen akut nicht einschätzen, ob ich es besser oder noch schlechter fände als Milestones. 
Kommt aber sicherlich auch auf das Intervall an. Zumindest die unteren Level sollten eher zügig durchschritten werden; ich habe keine Lust ein halbes Jahr Ratten im Keller zu jagen. So alle 2-3 Sitzungen ein Aufstieg sollte schon drin sein, so wie beim XP-System auch. Auf höheren Stufen darf es dann etwas länger dauern.

Hat auch mit der Laufzeit der Kampagne zu tun -- wie im Kampagnen-Thread beschrieben, bin ich es eher nicht gewöhnt, dass eine Kampagne wesentlich über 40 Sitzungen dauert, selbst wenn sie _gut_ läuft, und damit ist man dann schon mindestens 1 Jahr beschäftigt. Jetzt schreibt zB Zed, wenn ich das richtig gelesen habe, von 7 Sitzungen zwischen den Aufstiegen -- das klingt für mich richtiggehend glazial; da ist man ja nach einem halben Jahr (bei wöchentlichem Termin) noch auf Stufe 3. So viel Geduld habe ich nicht, zumal wie gesagt meine Erfahrung lehrt, dass die Echtzeit-Lebensspanne von Kampagnen begrenzt ist. Und ich möchte das ganze Spiel erleben und nicht immer nur die Lowlevel.

Zu langsamer (oder umgekehrt auch mal "zu schneller") Aufstieg ist aber ein Problem, das man prinzipiell mit jeder Methode haben kann, das ist also keine spezielle Eigenschaft des Aufstiegs nach Zeit. Nimm halt eine Stufe alle zwei Sitzungen (oder so), und plötzlich geht das Ganze schon viel schneller...ich würde sogar sagen, daß sich Korrekturen da wesentlich leichter vornehmen lassen als im vergleichbaren Fall von Maulen über zu langsamen Aufstieg bei konventioneller XP-Vergabe. ;)
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: felixs am 2.09.2022 | 11:02
Ich finde die Lösung in einigen OSR-Regelwerken ganz gut: Die Gruppe steigt auf, wenn der Spielleiter sagt, dass die Gruppe aufsteigt. Unkompliziert, passt immer, kein Problem mit auseinandergehenden Stufen innerhalb der Gruppe. Man kann das etwas willkürlich finden, aber (meine Behauptung) SL-Willkür gibt es eh immer und wenn die Beziehungen innerhalb der Spielgruppe schlecht sind, dann rettet einen eh nichts.

Die Kompetenz hat man ja nicht überall haben. Deswegen sind auch mitskalierende Gegner witzlos. Es wird immer jemanden der besser wie man selbst ist, oder auch nur Glück hat.

Naja; wenn man sich die Figuren quasi beliebig bauen kann, dann kann man durchaus überall gute Kompetenzen haben.

Und mitskalierende Gegner sind überhaupt nicht witzlos, sondern Voraussetzung dafür, dass es irgendeine Art von Herausforderung gibt. Entweder werden die Gegner auch stärker, steigen also in ähnlicher Geschwindigkeit auf wie die Spielerfiguren; oder auf höheren Stufen kommen halt andere Gegner (Drachen statt Orks). Mit einer gewissen Abstraktion ist das immer gleich: Höheres Machtniveau bei den Figuren und höheres Machtniveau bei den Gegnern.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Zed am 2.09.2022 | 11:18
@Feuersänger

seit der etwa 7. Stufe handhaben wir es mit unserer 3.5 Kampagne so. Da wir mittlerweile nur noch drei Termine pro Jahr schaffen, steigen wir bei der Spielfrequenz langsam auf.

Für TAITO plane ich es so:

Alle starten in Stufe 2. Zur 3. Stufe sind es drei Spieltage, zur 4. vier usw. bis zur 7. Stufe, ab dann bleibt es bei sieben Spieltagen. Das ist für uns genügend  Verweildauer, um sich in der neuen Stufe einmal einzuleben, bevor es zur nächsten Stufe geht.

Gerade mit erfahrenen Spielgruppen würde ich aber aushandeln, ab wann die Zahl der Spieltage einfriert. Das könnten auch 6 oder 5 sein, warum nicht?
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Weltengeist am 2.09.2022 | 11:21
Ich muss gerade mal loswerden, dass mir dieser Thread bisher unheimlich hilft, meine eigenen Präferenzen zu dem Thema klarer zu kriegen. Da kommen eigentlich fast alle Vorlieben, Lösungsmöglichkeiten etc. auf den Tisch - auch solche, an die man selbst im ersten Moment gar nicht gedacht hat oder die man nicht kannte.

:d
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Zed am 2.09.2022 | 11:35
Nachtrag: Ich hatte zu ADnD-Zeiten mal eine Gruppe mit sehr unterschiedlichen Stufen. Das war nicht so schlimm, dachte ich damals, weil durch die exponentielle Erfahrungspunktevergabe sich die Level schnell anpassen würden. Das war aber insgesamt keine gute Idee.

Darum haben wir in unserer 3.5-Kampagne eingeführt, dass kein Charakter mehr als sieben Spieltage hinterherhinkt. Das werde ich auch für TAITO vorschlagen.

Höhere Wiederbelebungen würden - analog zu früheren XP Kosten - ein paar zusätzliche Spieltage kosten.

Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Feuersänger am 2.09.2022 | 11:40
Für TAITO plane ich es so:

Alle starten in Stufe 2. Zur 3. Stufe sind es drei Spieltage, zur 4. vier usw. bis zur 7. Stufe, ab dann bleibt es bei sieben Spieltagen. Das ist für uns genügend  Verweildauer, um sich in der neuen Stufe einmal einzuleben, bevor es zur nächsten Stufe geht.

Gerade mit erfahrenen Spielgruppen würde ich aber aushandeln, ab wann die Zahl der Spieltage einfriert. Das könnten auch 6 oder 5 sein, warum nicht?

Okay, das klingt brauchbar. ^^ Ich war auch gerade schon dabei, einen Vorschlag auszuformulieren der dem hier sehr nahe kommt.

Außerdem ist mir gerade eingefallen, dass ich doch schonmal mit Intervall-Aufstiegen gespielt habe. Ist aber inzwischen 14 Jahre her oder so.  ;D Das war in Conan D20, wo nach Standardregeln zwar nominell nach XP-Tabelle aufgestiegen wird, es aber keinerlei Regeln für die XP-Vergabe gibt, sodass letztendlich eh einfach der GM bestimmt, wann es soweit ist.
Bei uns haben wir es so gemacht, da der SL auch möglichst schnell aus den unteren Stufen rauskommen wollte: von Stufe 1-6 jede Sitzung (ca 5h) ein Aufstieg. Dann alle 2 oder 3 Sitzungen, weiß nicht mehr genau, aber ab Stufe 13 ging es dann gar nicht mehr vorwärts, da hier für den SL das Ende der Komfortzone erreicht war.

Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: nobody@home am 2.09.2022 | 11:42
Und mitskalierende Gegner sind überhaupt nicht witzlos, sondern Voraussetzung dafür, dass es irgendeine Art von Herausforderung gibt. Entweder werden die Gegner auch stärker, steigen also in ähnlicher Geschwindigkeit auf wie die Spielerfiguren; oder auf höheren Stufen kommen halt andere Gegner (Drachen statt Orks). Mit einer gewissen Abstraktion ist das immer gleich: Höheres Machtniveau bei den Figuren und höheres Machtniveau bei den Gegnern.

Sehe ich prinzipiell ähnlich, wodurch sich natürlich die Idee vom "Machtniveau" insgesamt etwas relativiert. Das besonders natürlich beim reinen Anwachsen von Zahlen- oder ähnlichen direkt anwendbaren Vergleichswerten auf allen Seiten, aber auch das Hinzugewinnen "völlig neuer" Möglichkeiten, die man früher vielleicht aus welchem handgewedelten Grund auch immer so noch nicht hatte, stößt irgendwann an seine praktischen Spielbarkeitsgrenzen.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: tartex am 2.09.2022 | 11:47
Ich finde die Lösung in einigen OSR-Regelwerken ganz gut: Die Gruppe steigt auf, wenn der Spielleiter sagt, dass die Gruppe aufsteigt.

Das nennt sich heutzutage einfach "Milestones".

Und mitskalierende Gegner sind überhaupt nicht witzlos, sondern Voraussetzung dafür, dass es irgendeine Art von Herausforderung gibt.

Das Problem ist wenn die gesamte Welt gleichschnell mitskaliert. In der Hauptstadt sind die Stadtwachen immer auf dem selben Level wie die Helden, damit die auch ja nix kaputt machen können. Usw.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Zed am 2.09.2022 | 12:07
Mitskalierende Gegner sind ja eigentlich nochmal n anderes Thema.

Analog der Unterscheidung des „Großen“ und des „Kleinen“ handhabe ich es so:

Unabhängig ihrer Stufe kann sich die Gruppe jeden Gegner vornehmen, also auch eine Erststufengruppe einen Uraltdrachen. Dass sie ihn nicht würden töten können, sollte klar sein. Aber nehmen wir an, sie wollen ihm ein bestimmtes Juwel stehlen.

In diesem Fall würde ich ein Abenteuer basteln, dass Erststufencharakteren angemessen ist, dessen Ausgang aber ungewiss bleibt. So würde ich dem Drachen einen Hofstaat andichten, Lakaien, die sich um die profanen Bedürfnisse des Drachen kümmern. Und in diesen Hofstaat könnten sich die Heldinnen und Helden einschleichen, und so vielleicht eine Möglichkeit finden, an das Juwel zu kommen. Die Hauptantagonisten wären also nicht der Drache selbst (aber er würde natürlich einen Ehrenauftritt bekommen, bei dem er ungeschickte Lakaien röstet), sondern die hierarchisch organisierten Hofstaatler.

Und irgendwann, ein Dutzend oder mehr Stufen später, werden sie diesen Drachen dann wiedersehen, um sich wegen der Hinrichtung des Lakaien (einem Freund von ihnen) am Drachen direkt zu rächen. 😈
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: unicum am 2.09.2022 | 12:17
Als Spieler ist mir nicht wichtig, ob ich meine Figur steigern kann, solange sie ungefähr das abbildet, was ich mir vorstelle. Als Spielleiter finde ich es oft anstrengend, Steigerungsregeln etc. parat haben zu müssen.

Manchmal (eher selten), also nach einem Längeren Abenteuer, hab ich als SL einen kleinen durchhänger, ich weis nicht was ich als nächstes bringen soll, will auch abwarten ob die Spieler was bringen - so in der art. Dann war es bisher immer eine gute Möglichkeit für mich einfach XP zu verteilen und die Spieler sollen selbst schauen wie sie steigern (ja ich spiele etwas komplexere Spiele, aber nicht SO komplex dass das steigern eine Wissenschaft ist).

Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: nobody@home am 2.09.2022 | 12:29
Das Problem ist wenn die gesamte Welt gleichschnell mitskaliert. In der Hauptstadt sind die Stadtwachen immer auf dem selben Level wie die Helden, damit die auch ja nix kaputt machen können. Usw.

Das ist dann eben das andere Extrem zu "In der Spielwelt gibt's nur Probleme, die schon Erststüfler bequem stemmen können, und das wird sich auch nie ändern". Plausibel sind natürlich beide Szenarien gleich wenig... ;)
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: felixs am 2.09.2022 | 12:40
Man muss bei "mitskalieren" unterscheiden zwischen:
1) Dieselben Figuren/Monster/Probleme steigen in ähnlicher Geschwindigkeit auf wie die Spielerfiguren.
2) Die Figuren/Monster/Probleme, denen die Figuren gegenüberstehen, werden gegen stärkere/kompliziertere andere Figuren/Monster/Probleme gewechselt.

Und natürlich gibt es diverse Varianten und Abstufungen davon.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Sequenzer am 2.09.2022 | 13:41
Und mitskalierende Gegner sind überhaupt nicht witzlos, sondern Voraussetzung dafür, dass es irgendeine Art von Herausforderung gibt. Entweder werden die Gegner auch stärker, steigen also in ähnlicher Geschwindigkeit auf wie die Spielerfiguren; oder auf höheren Stufen kommen halt andere Gegner (Drachen statt Orks). Mit einer gewissen Abstraktion ist das immer gleich: Höheres Machtniveau bei den Figuren und höheres Machtniveau bei den Gegnern.

Nur bedingt wenn ich das so spielen will spiel ich ein x beliebenes MMORPG da werd ich bedient was das angeht. Herausforderungen kommen von interessanten Gegenspielern nicht nur von Stats. Wenn man moderne Systeme spielt hast du sowieso die Unterscheidung von Minions/Rivalen/Nemesis klar definiert. Da brauchst du keine Anpassung vom Welten Niveau, das ist was das für mich Spiele alla DnD immer so unglaubhaft macht. Abstraktionsgrad hin oder her...
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 2.09.2022 | 14:24
Das Problem ist wenn die gesamte Welt gleichschnell mitskaliert. In der Hauptstadt sind die Stadtwachen immer auf dem selben Level wie die Helden, damit die auch ja nix kaputt machen können. Usw.

Das kenn ich eigentlich nur von Videospielen, nicht vom Tabletop. Mag sein, dass manche SL das tun, aber ich bezweifle,  dass das der Standard ist.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Feuersänger am 2.09.2022 | 14:31
Das kenn ich eigentlich nur von Videospielen, nicht vom Tabletop. Mag sein, dass manche SL das tun, aber ich bezweifle,  dass das der Standard ist.

Meine Vermutung ist, dass es das schon gibt, allerdings eher bei juvenilen Gruppen, in denen die halbstarken Spieler gerne mal die Sau rauslassen mögen und der SL versucht, sie zu erziehen.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: tartex am 2.09.2022 | 15:13
Das ist dann eben das andere Extrem zu "In der Spielwelt gibt's nur Probleme, die schon Erststüfler bequem stemmen können, und das wird sich auch nie ändern". Plausibel sind natürlich beide Szenarien gleich wenig... ;)

Das ist mir noch nie begegnet. Nichtmals in Erzählungen. Irgendwelche Quellen?  :think:

Das einzige was mir bekannt ist: in Eberron für 3.x waren die NSCs auf relativ niedrigen Levels.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: nobody@home am 2.09.2022 | 15:38
Das ist mir noch nie begegnet. Nichtmals in Erzählungen. Irgendwelche Quellen?  :think:

Das einzige was mir bekannt ist: in Eberron für 3.x waren die NSCs auf relativ niedrigen Levels.

Reine Überlegung: wenn ich absolut und notfalls auch krampfhaft um jeden Preis den Eindruck vermeiden wollte, die Spielwelt könnte auch nur ein winziges Bißchen "mitleveln"...dann bliebe ja nicht viel anderes übrig, als sie durchgehend anfängercharakterfreundlich aufzuziehen und auch auf Dauer so zu lassen. Denn sonst könnten die SC schon allein aus reinem Zufall den größeren Herausforderungen, die für Anfänger noch zuviel sind, erst später im Lauf der Kampagne begegnen und sich darauf ihren Reim machen -- und da es genau das ja zu verhindern gelten würde, dürfte es besagte Herausforderungen also auch entsprechend gar nicht erst geben. Und hey, auf die Weise könnten die Spieler den Machtzuwachs ihrer Figuren auch voll auskosten, nicht wahr? ;)
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 2.09.2022 | 15:55
Reine Überlegung: wenn ich absolut und notfalls auch krampfhaft um jeden Preis den Eindruck vermeiden wollte, die Spielwelt könnte auch nur ein winziges Bißchen "mitleveln"...dann bliebe ja nicht viel anderes übrig, als sie durchgehend anfängercharakterfreundlich aufzuziehen und auch auf Dauer so zu lassen.

Nein, es braucht einfach nur verschiedene Herausforderungen, die nicht größer werden, nur weil die SC hochleveln.  Ist eigentlich ja auch der D&D Standard, wo man sich von Ratten und Goblins über Trolle zu Beholdern und Drachen (wahlweise auch bis zu Göttern) hocharbeitet.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: nobody@home am 2.09.2022 | 16:22
Nein, es braucht einfach nur verschiedene Herausforderungen, die nicht größer werden, nur weil die SC hochleveln.  Ist eigentlich ja auch der D&D Standard, wo man sich von Ratten und Goblins über Trolle zu Beholdern und Drachen (wahlweise auch bis zu Göttern) hocharbeitet.

Und damit sind wir dann wieder bei "mächtigere Charaktere brauchen eben größere Herausforderungen", wenigstens ein Teil der Welt levelt also effektiv doch mit. Der Unterschied zwischen "Wachmann Arsch hat inzwischen sieben zusätzliche Stufen und ein magisches Schwert, weil <räusper> fragt nicht, ist halt so!" einer- und "Wachmann Arsch ist inzwischen durch seinen entfernten Cousin Meisterwachmann Oberarsch abgelöst worden, der ein ganz anderes Kaliber ist und laut meinen hochmeisterlichoffiziellen Kampagnennotizen einfach nur die ganze Zeit woanders im Einsatz war, weswegen ihr ihm auch nie begegnet seid" ist ja hauptsächlich kosmetischer Natur -- der zweite Ansatz verkleidet ein und dieselbe Tatsache (da steht jetzt ein deutlich härterer Wachmann als früher, als die SC selbst noch schwächer waren) einfach nur hübscher.

Ansonsten sehe ich ein "Mitlevelproblem" ohnehin nur bei Systemen mit einer ausdrücklich steilen und auch einigermaßen schnell entlanglaufbaren Machtkurve. Es gibt ja zum Glück genug Alternativen (auch wenn auf denen dann halt nicht das große Doppel-D draufsteht), die das Ganze etwas gemächlicher als gleich mit "Vom Tellerwäscher zum Titanen in nur einem Jahr Kampagne!" angehen...
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 2.09.2022 | 16:48
Das habe ich nicht geschrieben. Unterschiedliche Herausforderungsgrade hast du ja im Reallife auch, selbst bei einer Person, die sich weiterentwickelt (z.B. Sportler). Ich habe aber explizit von unterschiedlichen Kreaturen etc. geschrieben, die eben nicht leveln. Der alte Rote Drache ist halt eine Level 17 Herausforderung, sein kleiner Bruder halt nur Level 15. Aber das sind sie eben unabhängig vom Level der SC.

edit: oder um bei der Stadtwache zu bleiben: die ist halt in Stadt XY durchschnittlich Level 3, in Stadt Z vielleicht Level 4, weil besser ausgebildet. Und trotzdem hast du innerhalb der Statdwache auch Schwankungen. Es geht ja aber darum, dass der Level der Standard-Wache nicht mit dem SC-Level ansteigt.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: tartex am 2.09.2022 | 17:05
Reine Überlegung: wenn ich absolut und notfalls auch krampfhaft um jeden Preis den Eindruck vermeiden wollte, die Spielwelt könnte auch nur ein winziges Bißchen "mitleveln"...dann bliebe ja nicht viel anderes übrig

Das ist aber eher ein reiner Strohmann - so mein Eindruck.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: nobody@home am 2.09.2022 | 17:09
Das habe ich nicht geschrieben. Unterschiedliche Herausforderungsgrade hast du ja im Reallife auch, selbst bei einer Person, die sich weiterentwickelt (z.B. Sportler). Ich habe aber explizit von unterschiedlichen Kreaturen etc. geschrieben, die eben nicht leveln. Der alte Rote Drache ist halt eine Level 17 Herausforderung, sein kleiner Bruder halt nur Level 15. Aber das sind sie eben unabhängig vom Level der SC.

edit: oder um bei der Stadtwache zu bleiben: die ist halt in Stadt XY durchschnittlich Level 3, in Stadt Z vielleicht Level 4, weil besser ausgebildet. Und trotzdem hast du innerhalb der Statdwache auch Schwankungen. Es geht ja aber darum, dass der Level der Standard-Wache nicht mit dem SC-Level ansteigt.

Nicht innerhalb derselben Stadt. Aber hochstufige D&D-SC treiben sich halt seltener noch in Kleinkleckersdorf mit seinen niedrigstufigeren Wachen von damals in ihren Stufe-2-Zeiten herum und dafür mehr in Hauptstädten aller möglichen Völker oder gleich auf anderen Existenzebenen, wo dann "natürlich" entsprechend fähigere Leute und sonstige Wesen die im wesentlichen selben Aufgaben wahrnehmen...also bleibt das auf die Standardkampagne gerechnet gehupft wie gesprungen.

Wenn ich spekulieren müßte, könnte ich mir das sogar direkt als einen der Antriebe dafür vorstellen, daß die meisten D&D-Kampagnen sich um entwurzelte Wandervögel als SC drehen. Je mehr man in der Gegend umherzieht und immer neue Orte erkundet, ohne an die alten später großartig zurückzukehren, um so weniger kann man ohne Zugriff auf privilegiertes SL-Geheimwissen natürlich noch beurteilen, wann sich da zuletzt was in dessen Spielweltakten verändert haben soll...
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: nobody@home am 2.09.2022 | 17:12
Das ist aber eher ein reiner Strohmann - so mein Eindruck.

Das ist das "die ganze Welt levelt mit!" meiner Erfahrung außerhalb von gelegentlichen Computerspielen nach auch, insofern gleicht sich das aus. (Und selbst bei den Computerspielen merkt man das oft eigentlich nur, wenn man praktisch dasselbe Szenario in der gleichen Gegend auf unterschiedlichen Stufen wieder und wieder durchspielt und die Details dann miteinander vergleicht -- die Situation wird man aber am Tisch eher selten haben.)
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Feuersänger am 2.09.2022 | 17:21
Jo. Außerhalb von Computerspielen kann ich mich an keine "normale" Stadt (d.h. Sonderfälle wie City of (Br)ass ausgenommen) erinnern, in der die Stadtwachen stärker als (in D&D) max level 6 gewesen wären. Und selbst diese lvl 6 Typis stellten dann schon eine Art Elite dar.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: tartex am 2.09.2022 | 17:52
Jo. Außerhalb von Computerspielen kann ich mich an keine "normale" Stadt (d.h. Sonderfälle wie City of (Br)ass ausgenommen), in der die Stadtwachen stärker als (in D&D) max level 6 gewesen wären. Und selbst diese lvl 6 Typis stellten dann schon eine Art Elite dar.

Freut mich, dass du dich nie mit sowas rumschlagen musstest. In meinen internationalen D&D-Gruppen der letzten 15 Jahre mit Spielleitern, die geschätzt zwischen 1970 und 1990 geboren wurden, gab es das mehrmals im Dutzend billiger.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Feuersänger am 2.09.2022 | 18:18
Nachtrag: ich sollte hinzufügen: im Erwachsenenalter. Wie oben angesprochen assoziiere ich "level 20 Stadtwachen" eher mit den Spielrunden pubertierender Jugendlicher. Da erinnere ich mich in der Tat an mindestens 1 SL, der das durchgezogen hat.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: YY am 2.09.2022 | 19:07
Nein, es braucht einfach nur verschiedene Herausforderungen, die nicht größer werden, nur weil die SC hochleveln. 

Oder die andersrum klein sind, weil die SC (noch) klein sind ;)

Es ist ja schon machbar, ein halbwegs stimmiges Gesamtbild zu zeichnen - muss man aber wollen.
Ich meine Lion&Dragon hält es so, dass Level und alles, was da dran hängt, explizit nur Kampfstärke und -erfahrung abbilden und dort dann der König nicht automatisch Stufe achthunderthaumichblau hat, sondern ggf. auch mal im niedrigen einstelligen Bereich rumeiert. Seine Leibgarde ist dann aber ein anderes Thema.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Kaskantor am 2.09.2022 | 19:20
Hm, in Ogrimar war das immer normal, dass die Wachen Stufe 60 waren  ~;D
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Jenseher am 2.09.2022 | 19:56
Viele der hier genannten Punkte sind mir glücklicherweise fremd:

- Skalierung der Welt nach den Stufen der Spielercharaktere. Hatten wir in meiner Hauptgruppe noch nie, bei jetzt sechs verschiedenen Spielleitern über die Jahre. Es waren immer sehr realistische Welten. Allerdings: Bist Du einfach zum falschen Ort gegangen, ohne zu überlegen, bist Du vielleicht gestorben.
- Probleme mit nicht ausbalancierter Gruppe. Habe ich als SL und Spieler mit individueller XP Vergabe nie erlebt. Aber es war in der Hauptgruppe auch immer AD&D 2.5E (Player’s Option). Die Spieler waren teilweise 10 Stufen auseinander, aber kein Problem. Von etwa 20-30 Spielern über die Jahre hat sich nie einer beschwert (Heldentode waren da schon eine andere Geschichte, da gab es Spieler, die sind nicht mehr wiedergekommen, weil es zu hart war und z.B. ihr geliebter Waldläufer gestorben ist).

Fazit: Ich kann die ewige Gleichmacherei nicht leiden. Schon bei der Einführung von einer vereinheitlichten XP Aufstiegstabelle für alle Klassen hat sich mir der Magen umgedreht. Aber der Schuss konnte ja nur nach hinten losgehen. Und wo sind wir jetzt? Meilensteine? Aufstiege nach Sitzungsteilnahme (Oberseminar mit Teilnahmebescheinigung)? XP für jede Sitzung, egal ob man teilnimmt oder nicht (bedingungsloses Grundeinkommen oder Hartz 4)? XP ganz abschaffen und jeder denkt sich fürs nächste Mal einfach aus, was er dann mehr kann und wie viele Stufen man aufgestiegen ist?

Dann würde ich lieber zu XP für Gold zurückgehen. So schlecht ich diese Regel auch finde.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Gunthar am 2.09.2022 | 20:07
Für was braucht man eigentlich noch XP, wenn eh alle gleich schnell aufsteigen? Dann spart man sich den Ärger mit der Buchhaltung und nimmt gleich Meilensteine.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: nobody@home am 2.09.2022 | 20:24
Für was braucht man eigentlich noch XP, wenn eh alle gleich schnell aufsteigen? Dann spart man sich den Ärger mit der Buchhaltung und nimmt gleich Meilensteine.

Ich denke, die Sache mag zu D&D-Urzeiten vielleicht sogar andersherum angefangen haben: erst gab's die Punkte, ein konkreter Verwendungszweck für sie kam aber erst später dazu.

Das ist natürlich reine Spekulation meinerseits, denn an den konkreten Tischen von Gary & Co., als es selbst das Original-D&D so noch nicht gab, wie's später veröffentlicht wurde, habe ich logischerweise nicht mit gesessen. Aber es ergäbe aus meiner Sicht Sinn: angefangen hat die Sache ja unter anderem quasi als eine Art Wettbewerb darum, möglichst viel an Schätzen aus einem damals womöglich noch tatsächlich unter einer Burg befindlichen "Dungeon" herauszuholen, und da ergibt ein Punktsystem, das sich an dem Gegenwert in "befreiten" Goldstücken orientiert, absolut Sinn, um einen Sieger oder auch eine Siegergruppe zu küren. Zu den späteren Erfahrungspunkten hätten sich diese ersten Quasi-High-Scores dann mit der Idee weiterentwickelt, die "Beförderung" individueller Spielsteine belohnungshalber direkt an sie zu koppeln...
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Weltengeist am 2.09.2022 | 20:39
Zu den späteren Erfahrungspunkten hätten sich diese ersten Quasi-High-Scores dann mit der Idee weiterentwickelt, die "Beförderung" individueller Spielsteine belohnungshalber direkt an sie zu koppeln...

Und dann hat sich rausgestellt, dass dieser Bug in Wirklichkeit ein Feature war, weil viele Leute lieber um der Belohnungen als um des Spiels selbst willen spielen, und man ist aus der Nummer nicht mehr rausgekommen ~;D
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: unicum am 2.09.2022 | 20:49
Für was braucht man eigentlich noch XP, wenn eh alle gleich schnell aufsteigen? Dann spart man sich den Ärger mit der Buchhaltung und nimmt gleich Meilensteine.

Naja es gibt ja auch Systeme in denen man mit den XP direkt lernt, DSA glaub ich, Midgard, Deadlands Classic, Vampire 1sted, sowas in der Art eben.

Bei D&D - gab es nicht Monster die XP drainen? oder waren das immer gleich ganze Level?
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Gunthar am 2.09.2022 | 20:57
Das waren Levels und es gab zum Teil nicht mal Rettungswürfe dagegen.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: nobody@home am 2.09.2022 | 20:58
Und dann hat sich rausgestellt, dass dieser Bug in Wirklichkeit ein Feature war, weil viele Leute lieber um der Belohnungen als um des Spiels selbst willen spielen, und man ist aus der Nummer nicht mehr rausgekommen ~;D

Irgendwas muß die ganzen Powergamer ja zu D&D ziehen. ;D

Naja es gibt ja auch Systeme in denen man mit den XP direkt lernt, DSA glaub ich, Midgard, Deadlands Classic, Vampire 1sted, sowas in der Art eben.

Bei D&D - gab es nicht Monster die XP drainen? oder waren das immer gleich ganze Level?

Bei D&D waren's, meine ich, immer ganze Stufen, Monster mit "Punktentzug" kenne ich eher von DSA her. In der 3. D&D-Edition gehörte aber das Wiederausgeben erlangter Erfahrungspunkte zum grundsätzlichen Preis für das Herstellen magischer Gegenstände (und, wenn ich mich noch recht entsinne, auch für den Einsatz des einen oder anderen hinreichend mächtigen Zauberspruchs).
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Lord Verminaard am 2.09.2022 | 21:10
Hm, in Ogrimar war das immer normal, dass die Wachen Stufe 60 waren  ~;D

Ja, wegen der PvP Bossraids. ;)
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Feuersänger am 2.09.2022 | 21:13
Für was braucht man eigentlich noch XP, wenn eh alle gleich schnell aufsteigen? Dann spart man sich den Ärger mit der Buchhaltung und nimmt gleich Meilensteine.

Die Frage ist für mich weniger, wie die XP aufgeteilt werden, sondern wofür man sie erhält.

Weiter oben habe ich ja schon über das Problem geschrieben, dass manchmal die Sitzungen sehr langweilig sein können, und der SL trotzdem nen Milestone ansagt und damit ist es seiner Meinung nach okay.
Weiter: wenn ich mich (mit meinen lieben Kameraden natürlich) gerade stundenlang in einer heftigen Schlacht durch Unmengen Gegner gefräst habe, will ich auch die XP dafür haben -- 2000, 3200, 12800, wieviele es eben auch sind. Die habe ich mir verdient. Oder anders gesagt: ich mag nicht, dass mir ein SL Wellen um Wellen an Gegnern entgegenschmeissen kann, die nach XP-Berechnung alleine 3 Level wert wären (und an denen mein SC locker verrecken könnte), um dann vielleicht mal irgendwann gnädigst einen einzigen Milestone anzusagen.

In Quintessenz: XP sind die Ressource des SL, mit denen er die Schwierigkeiten bezahlt, die er der Gruppe in den Weg schmeisst.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Blizzard am 2.09.2022 | 21:57

Würde man zu seinen Spielern sagen: "Vergebt euch eure XP halt einfach im eigenen Ermessen selber, wann immer ihr das für richtig haltet und in einem Umfang, der euch möglichst gut amüsiert, ihr Vögel. Denn ich bin weder euer Buchhaltungsprüfer, noch euer Rollenspielpädagoge oder euer Vater.
Letzteres wäre in der Tat sehr befremdlich, und nicht nur deswegen, weil wir dann ja alle StarWars ( :gasmaskerly:) spielen müssten...  ;)

Zitat
Was sagt ihr denn dazu?
Da halte ich in der Tat wenig bis gar nix davon. Denn die Erfahrung hat- zumindest (bei) mir- gezeigt, dass die Spieler mit einer solchen (Verteilungs)Macht nicht verantwortungsvoll umgehen können. Die meisten der Spieler sind oder wären in der Hinsicht leider keine Spidermen. Und nicht wenige wären damit schlichtweg überfordert. Wenn das Gang-und Gebe wäre in den Regelwerken, dann hätten wir vermutlich nur noch (ausschließlich) Superhelden-Rollenspiele. ::)
Von daher halte ich eine Maßregelung/Vorgabe seitens des Regelwerks und aber auch des SL für sinnvoll. Als SL will ich schließlich nicht, dass die Charaktere nach 1 Abenteuer von Lvl. 1 auf Lvl. 10 aufsteigen, nur weil ich den Spielern freie Verfügungsgewalt über die Anzahl und Anwendungsmöglichkeiten hinsichtlich XP gebe. Zumindest im Normalfall nicht - es sei denn, ich will es ausdrücklich so (haben). Das dürfte aber eher die Ausnahme sein.

Zitat
Die Gleichwertigkeit von Figuren ist ohnehin nie gegeben, das ist ein Hirngespinst. Wer das nicht glaubt, der balance bitte versuchshalber mal den Fighter, den Verwandlungsmagier und das Face. Und weil das nicht geht, kann man den vorliegenden Mangel auch akzeptieren und produktiv nutzen.
Unter dem Gesichtspunkt kann ich den Gedankengang, der dem Ganzen zugrunde liegt, sogar nachvollziehen. Aber: Ein zu 100% gebalanctes Regelwerk wird es nie geben. Genau so wenig, wie es eine 100%ige Sicherheit (im Sinne von Schutz) gibt.
(Ausnahme:
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
). Und natürlich gibt es Rollenspiele, die mehr oder weniger auf eine Balance hinsichtlich der Spielwelt und der Regeln achten. Aber: Es gibt da eine Balance oder zumindest den Versuch einer Balance im Sinne der Plausibilität. Und als SL hat man, finde ich, auch die Aufgabe für eine gewisse Balance zu sorgen bzw. darauf zu achten, dass diese zumindest in ihren Grundsätzen gewahrt wird. Wenn Spieler nun derart "frei" über Anzahl und Verwendungsmöglichkeiten der XP ihrer Charaktere verfügen können, führt das imho dazu, dass grade bei Systemen, die auf Balance eher wenig(er) Wert legen, auch noch das letzte Quentlein Balance verloren geht und noch pures Chaos herrscht. Wer das haben will - bitteschön. Ich will das definitiv nicht.

Ich denke bei Vergabe der XP ist es einfach wichtig, dass man sie angemessen & fair verteilt. Und den Spielern die Freiheit lässt, diese nach ihren Vorstellungen auszugeben,  Natürlich sollten die Steigerungen plausibel sein- ein Charakter der "Judo" plötzlich auf 5 hat, obwohl er noch nie einen Judo-Kurs besucht hat, mutet einfach seltsam an. Und mehr als diese Freiheit, dass sie die XP nach ihren Überlegungen & Vorstellungen ausgeben dürfen (es gibt da ja Systeme wie z.B. Cthulhu, die einem ja vorschreiben, was man am Ende steigern darf) wollen & brauchen die meisten Spieler nicht. Und sind glücklich damit.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: nobody@home am 2.09.2022 | 22:17
Die Frage ist für mich weniger, wie die XP aufgeteilt werden, sondern wofür man sie erhält.

Weiter oben habe ich ja schon über das Problem geschrieben, dass manchmal die Sitzungen sehr langweilig sein können, und der SL trotzdem nen Milestone ansagt und damit ist es seiner Meinung nach okay.
Weiter: wenn ich mich (mit meinen lieben Kameraden natürlich) gerade stundenlang in einer heftigen Schlacht durch Unmengen Gegner gefräst habe, will ich auch die XP dafür haben -- 2000, 3200, 12800, wieviele es eben auch sind. Die habe ich mir verdient. Oder anders gesagt: ich mag nicht, dass mir ein SL Wellen um Wellen an Gegnern entgegenschmeissen kann, die nach XP-Berechnung alleine 3 Level wert wären (und an denen mein SC locker verrecken könnte), um dann vielleicht mal irgendwann gnädigst einen einzigen Milestone anzusagen.

In Quintessenz: XP sind die Ressource des SL, mit denen er die Schwierigkeiten bezahlt, die er der Gruppe in den Weg schmeisst.

Umgedreht ist das natürlich dann auch wieder die Art Logik, die zu "Erschlagt die Koboldkinder gleich mit, lebend sind sie keine XP wert!" führt -- wohlgemerkt nicht zwingend, weil XP überhaupt verwendet werden, sondern weil man sie sich halt gerade über das Erledigen von Gegnern "verdient". Vergleiche XP für Gold, die ja traditionell eher dazu geführt haben sollen, daß die Spieler "unnötigen", weil in Sachen Schätze unergiebigen, Kämpfen bewußt aus dem Weg gegangen sind...

Da wäre dann also vielleicht die tieferliegende Frage zu stellen, warum du und deine Kameraden sich gerade durch dieses Meer von Gegnern gefräst haben. Nur der XP wegen? Dann siehe oben. Weil euch Kämpfen an sich eh schon Spaß macht? Dann braucht's dazu nicht noch eine Extrabelohnung, ihr habt ja schon im Spiel gekriegt, was ihr wolltet. Oder weil's aus innerspielweltlichen Gründen einfach nötig war, obwohl ihr euch den ganzen Ärger lieber gespart hättet? Dann könnte es sich eventuell eher lohnen, sich mit der SL einfach über einen weniger kampflastigen Leitstil zu unterhalten -- denn ohne das dreht sich das Hamsterrad doch recht wahrscheinlich mit oder ohne "ehrlich verdiente" XP schlicht weiter wie bisher.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Zed am 2.09.2022 | 22:56
Zitat
Weiter oben habe ich ja schon über das Problem geschrieben, dass manchmal die Sitzungen sehr langweilig sein können, und der SL trotzdem nen Milestone ansagt und damit ist es seiner Meinung nach okay.
- Aber sollte schlechte Spielleitung ("sehr langweilig") ein Grund sein, langsamer aufzusteigen? Das eigentliche Problem liegt bei dem Beispiel doch zwischen SL und der Spielgruppe. Die SL sollte Euch was cooleres anbieten, meine ich.

Zitat
Weiter: wenn ich mich (mit meinen lieben Kameraden natürlich) gerade stundenlang in einer heftigen Schlacht durch Unmengen Gegner gefräst habe, will ich auch die XP dafür haben -- 2000, 3200, 12800, wieviele es eben auch sind. Die habe ich mir verdient.
Ist die Freude, sich erfolgreich als Gruppe durch die gegnerischen Horden geschnetzelt zu haben, nicht Belohnung genug? Warum muss die Freude am "erfolgreichen Spiel" zusätzlich noch mit XP ausgedrückt werden?

Zitat
Oder anders gesagt: ich mag nicht, dass mir ein SL Wellen um Wellen an Gegnern entgegenschmeissen kann, die nach XP-Berechnung alleine 3 Level wert wären (und an denen mein SC locker verrecken könnte), um dann vielleicht mal irgendwann gnädigst einen einzigen Milestone anzusagen.
Ja, diese SL-Gnade sollte nicht sein! Der SL sollte überhaupt nicht beurteilen, wie wertvoll der Einsatz Eurer Figuren war. Darum plädiere ich auch für das 7-Spieltagemodell und nicht für Milestones.

Zitat
In Quintessenz: XP sind die Ressource des SL, mit denen er die Schwierigkeiten bezahlt, die er der Gruppe in den Weg schmeisst.
Er kann Euch auch einfach ein schönes Spielangebot machen, und Ihr als Gruppe entscheidet, ob Ihr Euch rausredet, durchschnetzelt, verkriecht oder den Plot links liegen lasst - Euren Aufstieg behindert Ihr mit Eurer Entscheidung, was Euch am meisten Spaß macht, nicht.  :)
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Feuersänger am 2.09.2022 | 23:08
Das mit den Koboldkindern ist bestenfalls ein Non Sequitur. Du schreibst ja selbst: besiegte Gegner geben XP.

Warum kämpft man? Können verschiedenste Gründe sein. Weil die Gegner eine Bedrohung für etwas darstellen, das den SCs wichtig ist zum Beispiel. Oder weil die Gegner die SCs looten wollen.

Mal ein paar anekdotische Beispiele (aus völlig verschiedenen Runden):
- Party ist in einer Ruinenstadt (fängt mit M an) falsch abgebogen und wurde in die Schattenebene versetzt. Diese ist bevölkert von Phantomen, Schattendämonen und anderen unangenehmen Zeitgenossen, die auf Sicht angreifen.
- Party erkundet ein verlassenes Dorf, sucht nach Hinweisen auf den Verbleib der Dorfbewohner. Doch in dem Dorf hat sich ein Clan Spriggans breit gemacht und greift aus dem Hinterhalt an. Gleichzeitig trifft ein auf die SC angesetzter Trupp Ork-Kopfgeldjäger ein, und ein... Schwarm?... Chuuls fühlt sich gestört und steigt aus dem Fluss.
- Party hat sich in den Kopf gesetzt, eine alte Zwergenbinge, die von Monstern besetzt ist, "zurück" zu erobern (obwohl sie keinerlei legitimen Anspruch darauf hat). Die "Monster" entpuppen sich als Kossuth-Kult und wehren sich.
 
Nur in einem dieser Fälle hat die Gruppe selbst den Kampf (aus)gesucht - und das in einem sandboxigen Spielstil, der ja gerade von den Spielern verlangt, sich ihre Ziele selbst zu suchen. Sie hätten auch daheim bleiben und Barbie spielen können. In den anderen beiden Fällen ist die Gruppe in die Situation reingerutscht und muss sich wieder rauskämpfen.

Und du hast komplett überlesen, worum es mir dabei eigentlich geht: ich habe nichts gegen die Kämpfe an sich; diese sind für mich als Spaßfaktor ganz oben dabei. Aber es muss auch fair sein, daher die Betrachtung von XP als SL-Ressource.
Und außerdem habe ich auch nichts dagegen, neben der intrinsischen Belohnung des spannenden Kampfes bzw meines rockenden Helden auch noch eine extrinsische Belohnung in Form von XP und Schätzen zu bekommen. Wieso auch nicht? Sportler sporteln ja oft auch nicht nur aus Spaß an der Freude, sondern um Medaillen und Pokale zu gewinnen. Ist das so schwer zu verstehen?
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: nobody@home am 3.09.2022 | 00:27
Und du hast komplett überlesen, worum es mir dabei eigentlich geht: ich habe nichts gegen die Kämpfe an sich; diese sind für mich als Spaßfaktor ganz oben dabei. Aber es muss auch fair sein, daher die Betrachtung von XP als SL-Ressource.

Fairneß hat mit XP so gar nichts zu tun. Eine SL kann auch ohne XP so fair oder umgekehrt mit ihnen so unfair sein, wie's ihr beliebt -- für verlorene Kämpfe gibt's ja schließlich selbst dann, wenn sie nicht im TPK enden sollten, eh nicht die volle Belohnung, nicht wahr?

Zitat
Und außerdem habe ich auch nichts dagegen, neben der intrinsischen Belohnung des spannenden Kampfes bzw meines rockenden Helden auch noch eine extrinsische Belohnung in Form von XP und Schätzen zu bekommen. Wieso auch nicht? Sportler sporteln ja oft auch nicht nur aus Spaß an der Freude, sondern um Medaillen und Pokale zu gewinnen. Ist das so schwer zu verstehen?

Diese Sportler machen das dann allerdings in den meisten Fällen auch mehr oder weniger beruflich und kriegen also obendrein auch noch (zumindest ein Preis-) Geld dafür. Ich glaube nicht, daß besonders viele Rollenspieler eine ähnliche Ebene tatsächlich schon erreicht haben, und ob wir da wirklich alle hinwollen würden...? :think:

Und natürlich ist der Haken an "Kämpfe werden von der SL zusätzlich belohnt" zuallererst mal der, daß man dadurch als Spieler auch extrinsich motiviert wird, Kämpfe eben zu suchen und andere Ideen und Alternativansätze, für die's dann keine Punkte gibt, entsprechend bis hin zur vorauseilenden geistigen Ausblendung möglichst zu vermeiden. Auch eine Art -- möglicherweise sogar eine der primären, weil sie ja einen ausdrücklich "positiven" Anreiz zum entsprechenden Verhalten liefert, anstatt wie z.B. eine übertrieben feindselige Spielwelt einfach nur Druck zu machen --, sich die nächste Generation von Mörderhobospielern heranzuzüchten. Und damit landen wir dann irgendwann doch wieder bei den Koboldkindern (und wahrscheinlich mindestens einem Spieler am Tisch, der sich spontan über SL-Willkür beschwert, wenn die nicht als Gegner zählen sollen; ist doch schließlich ein Kampfspiel, oder?)...
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Feuersänger am 3.09.2022 | 00:39
Fairneß hat mit XP so gar nichts zu tun. Eine SL kann auch ohne XP so fair oder umgekehrt mit ihnen so unfair sein, wie's ihr beliebt -- für verlorene Kämpfe gibt's ja schließlich selbst dann, wenn sie nicht im TPK enden sollten, eh nicht die volle Belohnung, nicht wahr?

Genauso wie man umgekehrt die Belohnung auch bekommt, wenn man die Gegner gar nicht vernichtet, sondern irgendwie an ihnen vorbeitrickst. Sofern das halt eben eine Möglichkeit ist.

Zitat
Diese Sportler machen das dann allerdings in den meisten Fällen auch mehr oder weniger beruflich und kriegen also obendrein auch noch (zumindest ein Preis-) Geld dafür.

Na komm, you're reaching. Das sind mitnichten die meisten, sondern eher die wenigsten Fälle, dass die Sportler damit wirklich ihren Lebensunterhalt verdienen. Und trotzdem gibt es ab Dorfliga aufwärts alle möglichen Turniere.

Zitat
Und natürlich ist der Haken an "Kämpfe werden von der SL zusätzlich belohnt" zuallererst mal der, daß man dadurch als Spieler auch extrinsich motiviert wird, Kämpfe eben zu suchen und andere Ideen und Alternativansätze, für die's dann keine Punkte gibt, entsprechend bis hin zur vorauseilenden geistigen Ausblendung möglichst zu vermeiden. Auch eine Art -- möglicherweise sogar eine der primären, weil sie ja einen ausdrücklich "positiven" Anreiz zum entsprechenden Verhalten liefert, anstatt wie z.B. eine übertrieben feindselige Spielwelt einfach nur Druck zu machen --, sich die nächste Generation von Mörderhobospielern heranzuzüchten. Und damit landen wir dann irgendwann doch wieder bei den Koboldkindern (und wahrscheinlich mindestens einem Spieler am Tisch, der sich spontan über SL-Willkür beschwert, wenn die nicht als Gegner zählen sollen; ist doch schließlich ein Kampfspiel, oder?)...

Wieder non sequitur. Das eine folgt NULL aus dem anderen. Das grenzt ja schon an nen Strohmann!
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Gunthar am 3.09.2022 | 10:31
Ein in unserer Gruppe genannter Grund gegen XP war das sinnlose Suchen und Abmurksen von Gegnern. Und triviale Encounter sollen ausser dem Loot, keine Belohnung geben. Auch ich bin für Milestones. Ausnahmen sind Spielsysteme, die XP zum Steigern von Fertigkeiten, Attribute, Sprüche, Talente, Feats usw. brauchen.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Feuersänger am 3.09.2022 | 10:52
Nachtrag: ich kann mich auch nicht erinnern, wann ich es zuletzt erlebt habe, dass irgendwelche Kreaturen/NSCs von den Spielern niedergemetzelt wurden, weil das mehr XP gab. Die skrupelloseste Murderhobo-Runde, die ich in den letzten 10 Jahren erlebt habe, lief mit Milestones -- da haben die Spieler schlicht alles getan, was dem Erreichen des Endziels zuträglich war, und sich nicht mit moralischen Dilemmata um Gefangene o.ä. aufgehalten.

In meinen " konventionellen" Runden spielten XP schlicht nie eine Rolle in unseren Überlegungen, ob man jetzt jemanden killen sollte oder nicht.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Gunthar am 3.09.2022 | 21:13
Mein Gruppe hingegen verschont viele Gegner, weil es bei uns nur Milestones gibt.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Feuersänger am 3.09.2022 | 21:31
Es mag vom System abhängen, ob für Kills XP vorgesehen sind oder nicht. Frühes DSA vielleicht, AP = Monsterklasse?
In Shadowrun zB kann davon keine Rede sein, da gibt es Karma fürs erfüllen der Missionsziele etc.
In D&D (3+) sind XP zwar zum Großteil an das Überwinden von Gegnern gebunden - aber ob man die dazu nun austrickst, umgeht, besticht, ausknockt, gefangennimmt oder absticht, macht RAW keinen Unterschied.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: YY am 3.09.2022 | 21:46
Frühes DSA vielleicht, AP = Monsterklasse?

Ja, aber da lohnt sich jenseits der ersten paar Stufen das Aufschreiben kaum noch - die größten Anteile kommen aus den willkürlich festgelegten Teilerfolgen des Abenteuers.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Gruftengel am 3.09.2022 | 22:04
Bei uns hat sich mittlerweile etabliert:

Stufe 1 bis 5 mit einer Frequenz von 1 Stufe pro Spielabend, 6 bis 10 mit einer Stufe pro 2 Spielabende, 11 bis 15 mit einer Stufe alle 3 Spielabende und 16+ dann eine Stufe alle 4 Spielabende.

Geht sicher am Anfang für einige hier zu schnell, aber so haben die Spieler auch Erfolgselebnisse, wenn mal mehr Rollenspiel betrieben wurde und weniger gewürfelt wird.

Nichtanwesende Spieler werden nicht berücksichtigt, außer deren Stufe ist beim nächsten mitspielen mehr als 2 unter dem Gruppendurchschnitt.

Funktioniert für uns ganz gut. Wir spielen in der Regel alle 3 Wochen, meist von 19 Uhr bis 2 mitunter bis 4 Uhr  je nach Abenteuer und Motivation.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 3.09.2022 | 23:58
Ich finde, so langsam müssten wir mal betrachten, was eigentlich Sinn und Zweck von XP ist / sein soll und ob das in der Praxis auch so erreicht wird.


Ich versuche mal:

Zum Einen sind XP offenbar eine direkte Belohnung der Spieler*innen für ingame Aktionen ihrer Spielfiguren (XP Vergabe).

Zum Anderen sind sie die entscheidende Ressource, um die Figur mechanisch zu verbessern, entweder direkt durch Kauf von Verbesserungen oder indirekt durch Anhäufung und Stufenaufstieg.

Welche Aktionen zu XP führen und wieviel es da jeweils gibt, ist je nach System, Edition und Runde sehr unterschiedlich. Es kann sehr kleinteilig und individuell vergeben werden oder pauschal. Die pauschalste Vergabe von XP sind Milestones, wo es für alle ein großes für alle gleiches Paket an XP gibt.

Der TE stellt u. a. in den Raum, dass die Vergabe weder durch die SL erfolgen muss, noch dass sie für alle gleich sein muss. Sie könnte auch durch die Spieler*innen in Eigenverantwortung erfolgen. Dies solle zu mehr Zufriedenheit führen.

Ich postuliere, dass XP als Belohnung einen psychologischen Effekt erzeugen, der Zufriedenheit bei den Spieler*innen erzeugen soll.

Zusätzlich erzeugt auch das Verbessern der Spielfigur Befriedigung und zeigt eine positive Entwicklung des Spielgeschehens auf.

Beides scheinen mir allgemein wesentliche  Motivationen und prägende Eigenschaften des Rollenspiels zu sein, die auch in anderen Spielen als "Rollenspielelemente" einzug finden.

Für einige hier scheinen sie allerdings auch durchaus verzichtbar, da eine mechanische Verbesserung der Figur wohl nicht interessiert.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: YY am 4.09.2022 | 00:07
Für einige hier scheinen sie allerdings auch durchaus verzichtbar, da eine mechanische Verbesserung der Figur wohl nicht interessiert.

Das ist mir zu schwach formuliert.
Die Steigerung ist bisweilen nicht nur verzichtbar, sondern sogar spielschädigend in dem Sinne, dass mittels Steigerung eine sehr breite Machtspanne bedient wird, von der aber nur ein Teil als für den eigenen Spielstil/für die eigenen Interessen passend empfunden wird.
D.h. man muss sich dann erst mal zum angepeilten Bereich hinsteigern und wird irgendwann von der Steigerung aus diesem Bereich hinaus katapultiert.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Gruftengel am 4.09.2022 | 00:19
Hmm, also nach unserer Methode nimmt es dem SL sämtliche Rechenarbeit ab, da XP nicht existent sind. Dennoch wird ja nicht beliebig darauf los gesteigert. Die Spieler wissen sogar, wann sie mit einer Stufe rechnen können. Auch das kann natürlich Nachteile haben, dass will ich ja garnicht abstreiten, aber das in meinem letztem Post genannte System ist ja mehr eine Richtlinie. Wenn einen Spielabend mal so garnix passiert ist muss er ja nicht als solcher zählen. Als SL kann ich von der Richtlinie auch abweichen, indem ich zum Beispiel für einen Abentererabschluss eine extra Stufe vergebe, wenn nicht so oder so eine Erhöhung ansteht. Zwei Stufen mit einmal bekommen geht nicht, magische Gegenstände wie Schicksalskarten haben wir angepasst (welche XP geben).

Der psychologische Effekt der Zufriedenheit ist bei uns absolut gegeben.

Ich muss dazu sagen, wir spielen eine Mischung aus AD&D 2nd und D&D 3.5/Pathfinder. Ergo steigen entgegen dem reinen AD&D 2nd alle Klassen gleich schnell auf, egal ob Dieb oder Paladin, es sind aber alle Klassen angepasst.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 4.09.2022 | 08:21
Hmm, also nach unserer Methode nimmt es dem SL sämtliche Rechenarbeit ab, da XP nicht existent sind.

Meine Runde spielt auch ohne konkrete XP. Aber so wie ich es verstehe, könnte man die vergebenen XP für das Levelup bei euch ja gemäß der Tabelle berechnen. Die entsprechen halt genau dem Betrag für die nächste Stufe.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 4.09.2022 | 08:23
Das ist mir zu schwach formuliert.
Die Steigerung ist bisweilen nicht nur verzichtbar, sondern sogar spielschädigend in dem Sinne, dass mittels Steigerung eine sehr breite Machtspanne bedient wird, von der aber nur ein Teil als für den eigenen Spielstil/für die eigenen Interessen passend empfunden wird.
D.h. man muss sich dann erst mal zum angepeilten Bereich hinsteigern und wird irgendwann von der Steigerung aus diesem Bereich hinaus katapultiert.

Das ist ein sehr guter Punkt. Stellt sich dann die Frage, warum man so spielt. Da scheinen die XP ja ihrem Zweck genau nicht gerecht zu werden...?
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: YY am 4.09.2022 | 08:30
Meiner Erfahrung nach wird das gemacht, weil es so im Buch steht - gerne auch mal mit einer expliziten Argumentation in die Richtung:
Die Autoren haben sich da bestimmt was dabei gedacht, das ich kleiner doofer Spieler jetzt gar nicht überblicke und wenn ich daran rumschraube, könnte ich mir ja den Spielspaß verderben, den ich grad sowieso nicht habe :P


Da fehlt einfach oft das Selbstvertrauen, sich über "offizielle" Setzungen zu erheben, selbst wenn das Regelwerk eine allgemeine Erlaubnis dazu gibt.

Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 4.09.2022 | 08:42
Das ist ein sehr guter Punkt. Stellt sich dann die Frage, warum man so spielt. Da scheinen die XP ja ihrem Zweck genau nicht gerecht zu werden...?

Bei genauerer Betrachtung sollte man nicht die XP Vergabe für den Fehler verantwortlich machen. Es ist nicht die Schuld des Werkzeugs, wenn der Bauplan falsch ist. Die Entwicklung der Figur ist in dem Fall ja gewünscht. Die Skalierung ist falsch. Es spricht ja nichts dagegen  z B. D&D nur mit drn Stufen von 4-12 zu bespielen. Allerdings wären da eventuell eine weitere Unterteilung sinnvoll  z B  durch halbe Stufen. 13th Age hat z B. incremental Advances, die so etwas in der Art machen. Die Edition der Zukunft könnte dahingehend eine Skalierbarkeit der Level anbieten.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: YY am 4.09.2022 | 08:52
Ja, wie man das dann konkret macht, ist letztlich egal - entweder kurz vor Verlassen des angepeilten Bereichs den XP-Hahn zudrehen oder über die absehbare Laufzeit der Kampagne die XP so vergeben, dass man im richtigen Bereich bleibt.

Das hängt dann u.A. davon ab, ob man "nur" die hohen Stufen vermeiden will oder ob einen die Veränderung im Spiel zwischen - um den genannten Bereich aufzugreifen - Stufe 4 und 12 schon ankekst.

Die Edition der Zukunft könnte dahingehend eine Skalierbarkeit der Level anbieten.

Das wäre mMn eine eher symbolische Maßnahme.

Einige OSR-Spiele machen z.B. ihr eigenes Ding in Sachen bespielbarer Bereich und da sieht dann auch die Steigerung (im Sinne von: was passiert bei einem Stufenaufstieg) an sich anders aus. Einfach nur auf die Bremse treten würde mir da nicht reichen und eine runde Umsetzung für mehrere Bereiche könnte wohl eine entsprechend ausgerichtete Erweiterung füllen (das fände ich wiederum gar nicht mal so doof und hätte ich mir auch für andere Systeme schon mal gewünscht).

Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Feuersänger am 4.09.2022 | 09:24
Also teilweise denke ich in diesem Thread, ich bin in einem Paralleluniversum gelandet.  :o Müssen wir jetzt echt diskutieren, warum Spieler gerne leveln?

Zum einen:
Mit "verdienten" XP ein Levelup zu bekommen, durch das sich die eigenen Fähigkeiten verbessern, ist ein Achievement und triggert die Belohnungsmechanismen im Gehirn.

Man denke nur an die Achievement-Sammelei in Videospielen und wie sehr da viele Spieler drauf abfahren. Dass sie da etliche Stunden investieren, nur damit da in der Übersicht ein graues Kästchen grün wird, obwohl sie das im Spiel selber _null_ weiterbringt. _Das_ wiederum kann _ich_ überhaupt nicht nachvollziehen -- wenn ich ein Videospiel zocke, interessiert mich diese Plakettensammelei überhaupt nicht. Dennoch müssen wir nicht darüber debattieren, dass das auf _viele_ Spieler anziehend und motivierend wirkt; unzählige Youtubekanäle sprechen davon Zeugnis.

Und wenn man jetzt die gleiche "Arbeit" nicht nur mit einer Plakette belohnt, sondern mit harten Benefits im Spiel -- was ist daran schwer zu verstehen, warum das für viele attraktiv ist?

--

Zweitens:
Auch, dass man wie von YY postuliert einen bevorzugten Bereich hat, den man möglichst nicht verlassen will, und das Spiel doof ist wenn man sich erstmal dort reinarbeiten muss und später wieder rausgetragen wird -- das ist eben genau _eine_ mögliche Vorliebe, die man als Spieler haben kann.
Ich zum Beispiel bin genau deshalb bei D&D (speziell 3E) als Leib- und Magensystem hängengeblieben, _weil_ es diesen permanenten Verjüngungseffekt eingebaut hat. Da mache ich eben _nicht_ 100 Sitzungen lang genau das gleiche, und das ist für mich exakt das Richtige, weil mir sonst schnell langweilig wird und ich das Interesse verliere.
(Lediglich die schlammkriechenden, würmerfressenden Lowlevels, auf die könnte ich in der Tat gerne verzichten.)
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: Zed am 4.09.2022 | 10:24
DnD wird ja oft nachgesagt, dass es außer hack n slash nichts zu bieten hat. Das erleben andere und ich immer wieder anders, darüber haben wir im Flow-Thread gesprochen (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,122632.0.html). Für mich muss Rollenspiel aus nichts anderem bestehen als aus epischen, mal lustigen, mal dramatischen a) taktischen Herausforderungen und b) Flows, zumeist diplomatischen Momenten, in denen wir eins mit SCs, NSCs und der Welt sind, und c) aus dem sich Weiterentwickeln.

Nur dass diese Flow-Momente wünschenswerte Spielphasen sind, die häufig extrinsisch nicht belohnenswert sind, weil sie Konflikte nicht immer lösen. Flows müssen keinen übergeordneten Zweck haben. Darum sind sie nicht immer XP noch Milestones wert.

Flows entstehen am ehesten in einem freiheitlichen Rahmen, der nicht akut die Frage stellt: Wie bringt uns das jetzt weiter? Ob diese Flows mit füßescharrenden Weiterkommwollen-Leuten alle so entstanden wären? Das ist zumindest fraglich. Eine Gruppe, die weiß, dass sie sicher in X Tagen aufsteigt, lässt solche schönen Momente eher zu.

Im Aufstieg-nach-Tagen-Modell ist das irrelevant, weil dieses Modell keinen Spielinhalt über den anderen stellt: Wenn Ihr Flow zulassen wollt, dann verlangsamt es das Aufsteigen nicht, wenn Ihr Kampf wollt, natürlich auch nicht. Das Weiterkommen ist garantiert, egal was der Gruppe heute Spaß zu spielen macht.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: ArneBab am 4.09.2022 | 10:50
Das hängt dann u.A. davon ab, ob man "nur" die hohen Stufen vermeiden will oder ob einen die Veränderung im Spiel zwischen - um den genannten Bereich aufzugreifen - Stufe 4 und 12 schon ankekst.
Das ist ein guter Punkt: Ich habe noch kein „Wenn ihr nicht stärker werden wollt, nutzt einfach nur verschieben“ im Heft.  Das muss sich ändern. :d
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: ArneBab am 4.09.2022 | 11:12
Dass sie da etliche Stunden investieren, nur damit da in der Übersicht ein graues Kästchen grün wird, obwohl sie das im Spiel selber _null_ weiterbringt. _Das_ wiederum kann _ich_ überhaupt nicht nachvollziehen
Sammeln von wertlosen Plaketten ist eine der wenigen Methoden, intrinsische Motivation durch extrinsische Motivation nicht zu zerstören.

Deswegen funktioniert es auch bei Vereinen, Orden zu verleihen.
Titel: Re: Das Steigern von Figuren komplett freigeben?
Beitrag von: nobody@home am 4.09.2022 | 12:39
Ich finde, so langsam müssten wir mal betrachten, was eigentlich Sinn und Zweck von XP ist / sein soll und ob das in der Praxis auch so erreicht wird.

Wenn ich's etwas drastisch ausdrücken darf: XP sind -- oder sind zumindest auch, was dann genau der Teil ist, der mich an ihnen stört -- eine Erziehungs-, um nicht zu sagen Dressurmethode. "Spiel so, wie Herrchen Systemdesigner/SL dir sagt, und es gibt Leckerli...äääh, Punkte natürlich."

Muß ich gerade im Rollenspiel nicht mehr wirklich haben; über Brett- und Computerspiele können wir ggf. reden. :)