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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Allgemein => Thema gestartet von: Fredi der Elch am 3.03.2005 | 12:07

Titel: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Fredi der Elch am 3.03.2005 | 12:07
(ich glaube, dass das eher hierhin gehört als in die Theorie-Channel, aber ich mag mich irren)

Boba hat folgendes geschrieben (folgt dem Link in der Quote):
Mich interessiert das Thema durchaus, aber ich habe Heck noch mal keine Ahnung, davon, was die Leute reden.
Und leider auch nicht die Zeit mich durch the Forge zu wühlen oder die Autoren zu lesen auf die mal eben mit zwei Begriffe verwiesen wird.
[...]
Ein Modell als Mittel um Probleme zu beleuchten ist okay. Ein Modell um Spielmechaniken zu verstehen und vielleicht auch Spielverhalten analysieren zu können ist auch okay. Wenn man dafür aber erstmal Wochenlang lesen muss um überhaupt mitreden (von verstehen ist noch keine Rede) zu können, dann ist es nicht praktikabel.
Für Teilchenphysik ja, denn da ist der Nutzen hoffentlich da. Bei Psychologie sehe ich das auch ein.
Bei einer Freizeitbeschäftigung nicht.
Schade für die ganzen Theaterwissenschaftler. Und die Filmwissenschaftler. Und die Sportwissenschaftler. Und die Regisseure und Drehbuchautoren. Und die Literaturwissenschaftler (Germanisten, Anglisten, Amerikanisten). Die beschäftigen sich nämlich alle auf hohem Niveau mit Freizeitbeschäftigungen (Theater, Fernsehen, Film, Lesen, Sport). Und du hast ihnen allen eben ganz einfach die Daseinsberechtigung abgesprochen. Super!

Ganz ehrlich, für mich zeugt das von Kleingeisterei. Man kann natürlich einfach nur ein Buch lesen und Spaß damit haben. Und die meisten Leute machen das auch. Aber jetzt jedem, der sich ernsthaft mit der Struktur eines Dramas oder Romans befasst, die Berechtigung dafür abzusprechen, ist doch Blödsinn. Vor allem wenn man bedenkt, dass irgendwer die Bücher auch schreiben muss und der evtl. mehr Ahnung haben sollte als derjenige, der sie nur liest.

Und jetzt zur Überraschung: Rollenspiel ist Kunst. Genauso wie Literatur oder Film oder Fernsehen Kunst ist. Sicher gibt es mehr oder weniger komplexe Anteile (genauso wie GZSZ vielleicht nicht so dolle ist wie Der Pate), aber vom Ansatz her ist Rollenspiel Kunst. Und Rollenspiel macht als sehr junge Kunstform gerade den Prozess durch, den alle anderen Kunstformen auch durchgemacht haben: Man befasst sich (auf teilweise komplexer Ebene) mit der Struktur des Mediums. Es wird untersucht was Rollenspiel ist, wie es funktioniert und was es sein könnte. Es werden Anleihen bei anderen Formen genommen und es wird versucht, es abzugrenzen. Das ist genau das, was jede andere Kunstform (von der Novelle bis zum Fernsehen) auch durchgemacht hat (und zum Teil noch macht).

Und jetzt halt dich fest Boba: das ist ein ziemlich komplizierter Prozess. Der Arbeit, Zeit und viele, viele schlaue Köpfe braucht. Der Film von heute basiert auf bald 100 Jahren theoretischer Auseinandersetzung und immer noch werden dicke Wälzer geschrieben und neue Erkenntnisse gemacht. Beim Rollenspielen fangen wir gerade erst an!

Deswegen ist es deine Sache, wenn du es nicht spannend findest. Aber zu behaupten, dass es alles viel zu schwer ist, stimmt einfach nicht. Wenn ich Theaterwissenschaften studieren will, kostet mich das 5 Jahre Vollzeit und dann habe ich gerade erst angefangen. Dagegen ist The Forge ein Wochenend-Schnellkurs.

Ich kann verstehen, dass man die Theorie immer auf das Spiel selber beziehen sollte (in irgendeiner Form). Finde ich selber sehr, sehr gut (die ganze "Bricolage"-Serie auf The Forge hat mich wahnsinnig gemacht). Aber die Forderung, dass es einfach sein sollte, die musst du dir abschminken. Rollenspielen ist ein komplexes Medium und eine komplexe Kunstform. Und einfach mal so Rollenspieltheorie in 5 Minuten geht eben nicht. Genauso wie es nicht geht, dass dir (oder mir) jemand mal in 5 Minuten die gesamte Geschichte, Entwicklung, Struktur, Anspruch, Technik und Möglichkeiten des Films an sich erklären kann. Es geht nicht. Ein Thema in der Tiefe zu verstehen ist anstrengend und kostet Zeit und Arbeit. Und da muss jeder selbst überlegen, ob er die aufbringen will. Aber das ständige Gejammer, dass es Zeit und Arbeit kostet ist Bullshit!

edit: Rechtschreibung
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Ein am 3.03.2005 | 12:19
Schönes Rant. Habe ich nichts zu zufügen.
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Durag am 3.03.2005 | 12:21
Sorry Fredi, aber ich finde es für einen Rollenspieler ein wenig überheblich, sein kreatives Hobby mit der kunstschaffenden Sparte von Theater und Film zu vergleichen - diese beiden Formen der Kunst/ Unterhaltung sind mMn absolut nicht dasselbe wie ein RollenSPIEL. Mein Gott, wie kann man denn über dem Spaß, den wir alle an dieser Sache haben, vergessen, dass es sich nur um ein Spiel handelt und nicht um eine abgehobene Kunstform. Es geht darum, Leute zu treffen, zu quatschen, Spaß zu haben und nicht eine abgehobene Szene zu erschaffen, in der sich Künstler die Klinke in die Hand geben.

Mit einer Rollenspielszene, die sich als Künstlerschule versteht und darüber philosophiert, wie man Kultur schafft, will ich jedenfalls nichts zu tun haben.
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Schwules Lesbenpony am 3.03.2005 | 12:22
Warum lese ich Fredis Beiträge wohl so gerne?  :d
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: 1of3 am 3.03.2005 | 12:22
Dankeschön. Das baut mich als Literaturwissenschaftler doch gleich wieder auf. - Und als Rollenspielautor sowieso.
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Gast am 3.03.2005 | 12:28
Um bei einem Rollenspiel SPASS zu haben benötige Ich diese ganzen Theorieren nicht. Sie mögen ganz interessant sein, aber mich persönlich interessiert mehr der PopCorn-Faktor einer Spielrunde als irgendwelche Pseudoreligiösen....ähm ich mein philosophischen Theorieabhandlungen zu meinem Hobby ::)
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Durag am 3.03.2005 | 12:29
@AXX: Full Ack.
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Ein am 3.03.2005 | 12:31
Das ist halt der Unterschied zwischen Konsument und Künstler.

Analog: Geht ihr ins Kino wegen der Unterhaltung oder weil ihr die Techniken des Direktors begutachten wollt?
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: 1of3 am 3.03.2005 | 12:32
@AXX: Da hast du wohl war. Aber du willst auch keine Rollenspiele entwickeln, oder? Denn wer das möchte, sollte in diesem Theorie-Zeug schon bewandert sein.
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Wawoozle am 3.03.2005 | 12:37
Mit einer Rollenspielszene, die sich als Künstlerschule versteht und darüber philosophiert, wie man Kultur schafft, will ich jedenfalls nichts zu tun haben.

Das bleibt dir ja auch völlig selbst überlassen.
Die wahl mit welchen Leuten du dich abgibst liegt ganz allein bei dir :)

Ich persönlich finde das Thema Rollenspieltheorie ganz interessant und spiele trotzdem einfach auch mal so drauf los.
Letztlich geht es auch bei all der Theorie nur um PopCorn und Fun ;D

Von daher stimme ich sowohl Fredi als auch bspw. Axx zu.
Beides hat seine Daseinsberechtigung.
Niemand verlangt von einem eine Prüfung bevor er das erste mal spielen darf, von daher lasst den Leuten ihren Spass an der Theorie.
Und wenn ihr mittheoretisieren wollt, dann beschäftigt euch auch damit :D
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Gast am 3.03.2005 | 12:37
@AXX: Da hast du wohl war. Aber du willst auch keine Rollenspiele entwickeln, oder? Denn wer das möchte, sollte in diesem Theorie-Zeug schon bewandert sein.

Warum soll Ich das Rad immer wieder neu erfinden wollen? ::)
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Boba Fett am 3.03.2005 | 12:38
Um es kurz zu machen: Du hast GNS nicht verstanden...
Äh NEIN! HALT!!! Stop. ;)
Ich wollte sagen: Du hast mich nicht verstanden!

Ich habe nichts gegen abgehobene Diskussionen, denn ich führe laufend selbst welche.
Und natürlich sollte es auch möglich sein, im GroFaFo welche zu führen.

Was mir in der letzten Zeit nur auffällt, ist, dass es scheinbar keine Diskussionen über einige Themen (z.B. GNS) gibt, die ohne die vielen Jargonbegriffe, Anglizismen oder Verweise auf die Forge bzw. auf irgendwelche Autoren auskommen.

Das ganze erinnert mich an eine Vorlesung in elektromagnetischen Feldern während meines Studiums, wo der Dozent und einige wenige vorne am fachsimpeln war und den Rest geflissentlich ignorierten. Die Fachidioten vorne brauchten die Vorlesung nicht, denn sie wussten alles, und hinten konnten sie nicht gebrauchen. Damals hatte ich den Vorteil, dass ich den Stoff schon kannte. Aber ich hab mir gewünscht, dass die "da vorne" einfach mal den Rest informieren könnten, worüber sie sprechen. Sie dazugewinnen, so dass man im großen Kreis drüber reden könnte.
Vielleicht nicht auf dem hohen Niveau... den könnte man ja in diskretem Kreis anstreben. Aber so wäre allen geholfen.

Das gleiche gilt im Prinzip für GNS@GroFaFo...

Jeder Thread, das in der letzten Zeit in diesem Thema aufgemacht wird, endet in einer Fachsimpelei. Es fehlen mir einfach die Themen, wo man andere Leute damit infizieren kann. Nach dem Motto: Seht her, darüber reden wir, darum gehts und wir reden darüber weil es den folgenden Nutzen hat.
Im Moment liest ein Dutzend (eigene Schätzung, vielleicht sinds mehr) User die Themen mit und ein halbes Dutzend davon redet höchstens mit.
Wenn man das Thema auch noch mal für Laien aufkochen könnte, würden sich bei der Fachsimpelei vielleicht mehr Leute einfinden, weil Interesse geweckt würde.

Ich habe also nichts gegen hochkomplexe Diskussionen. Aber es fehlen die einfachen Diskussionen um das Thema. Um es Leuten zu ermöglichen erstmal die Basis zu erfassen, damit man dann gucken kann, ob es die Mühe, sich auf den Stand zu bringen, dass einen die Fachsimpelei verständlich erscheint, lohnt.

Und ich fordere nicht Rollenspieltheorie in 5 Minuten. Wegen mir können wir gerne hier einen Workshop machen, der einen langsam dahin bringt.
Mir hilft es nur nicht zu hören: "Lies das, dann kannst Du mitreden"
Ich lerne leichter, wenn man es mir erklärt und auch den Nutzen schildert (vielleicht sogar demonstriert).
Klar, das kostet den Lehrenden Mühe. Viel mehr, als auf einen bestehenden text zu verweisen und dann erstmal seine Ruhe zu haben.
Erkär es mir und ich bin gerne bereit mitzureden.
Oder noch besser: hör mir zu und sag mir, wo ich mit meinem "Halbwissen" falsch liege.

Und ich finde es äußerst spannend.
Sonst würde ich mich nicht beschweren, sondern es ignorieren. 8)
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Wawoozle am 3.03.2005 | 12:40
@AXX: Da hast du wohl war. Aber du willst auch keine Rollenspiele entwickeln, oder? Denn wer das möchte, sollte in diesem Theorie-Zeug schon bewandert sein.

Warum soll Ich das Rad immer wieder neu erfinden wollen? ::)

Naja... stell dir einfach vor Du arbeitest bei Dunlop ;)
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Ein am 3.03.2005 | 12:45
Naja, das sehe ich einfach so, dass jeder seines eigenen Glückes Schmied ist. Wenn man kritisch mitreden will, dann muss sich selber mit den Theorien beschäftigen, denn nur so ist man überhaupt in der Lage sich seine eigenen Gedanken zum Thema zu machen.

Wenn Fredi, Woozle oder ich GNS runterbrechen würden, würden wir alle drei unterschiedliche Foki setzen. Die Passagen, die wir für wenig wichtig erachten würden wir streichen, die uns wichtigen hervorheben und das ganze dann noch mit unserer persönlichen Meinung färben. Das Resulat wäre schlicht, dass sich Strömungen (oder sollen wir Schulen nennen) bilden würden, in denen sich Laien um ihren Lieblingsguru scharen und dessen Ideen kaum überdacht übernehmen würden.

Das wäre zwar nett für den Guru (obwohl Ron ja auch nie einen Cult of Ron will), aber es würde die Kunstform Rollenspiel nicht weiterbringen.
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Fredi der Elch am 3.03.2005 | 12:48
Hi Durag und AXX,

kurz vorneweg:
Mit einer Rollenspielszene, die sich als Künstlerschule versteht und darüber philosophiert, wie man Kultur schafft, will ich jedenfalls nichts zu tun haben.

Um bei einem Rollenspiel SPASS zu haben benötige Ich diese ganzen Theorieren nicht. Sie mögen ganz interessant sein, aber mich persönlich interessiert mehr der PopCorn-Faktor einer Spielrunde
Ich würde euch das auch nie absprechen wollen. Genauso wie ich gerne Bücher lese oder fernsehe, ohne darüber nun allzuviel zu wissen. Das ist doch völlig in Ordnung! :)

Es geht mir mehr um den Punkt, dass Rollenspielen eben mehr ist als nur ein Spiel. Oder dass man es wenigstens berechtigterweise so sehen kann (wenn man will, es gibt gute Gründe dafür). Denn schließlich ist Fernsehe auch nur Fernsehen, Kino auch nur Kino und Bücher sind auch nur Bücher. Dennoch befassen sich Leute eingehend damit und IMO haben auch die Konsumenten der Medien etwas davon gehabt, dass die Kreativen sich im Hintergrund mit der Theorie befasst haben. Auch wenn sie selbst keine Ahnung von Theorie haben und das auch nicht brauchen.

Sorry Fredi, aber ich finde es für einen Rollenspieler ein wenig überheblich, sein kreatives Hobby mit der kunstschaffenden Sparte von Theater und Film zu vergleichen - diese beiden Formen der Kunst/ Unterhaltung sind mMn absolut nicht dasselbe wie ein RollenSPIEL.
Sagst du. Und du könntest Recht haben. Oder auch nicht. Denn dasselbe hat jede neue Kunstform in ihren Anfängen zu hören gekriegt. Die Novelle, der Roman, der Impressionismus, der Film, das Fernsehen. Immer heißt es (von den Anhängern von X) "Du kannst Y doch nicht mit X vergleichen, dass ist doch was anderes" (mit X für etablierte Kunstform und Y für neue Form). Das geht dann immer so lange, bis irgendwann was neues kommt und es dann heißt "Du kannst Z doch nicht mit Y vergleichen, dass ist doch was anderes" (mit Y für neue, inzwischen etablierte, Form und Z für noch neuere Form).
Deswegen denke ich, dass sich Rollenspiel zu Recht als Kunst betrachten kann. Wenn es will. Oder eben als simple Freizeitunterhaltung. Was auch völlig in Ordnung ist. Tja. Genauso wie Fernsehen. Oder Film. Oder Literatur.

Ich finde Woozle hats doch getroffen:
Letztlich geht es auch bei all der Theorie nur um PopCorn und Fun ;D

Von daher stimme ich sowohl Fredi als auch bspw. Axx zu.
Beides hat seine Daseinsberechtigung.
Word!


Oops, Sorry Boba, wenn ich dich falsch verstanden habe...
Wenn man das Thema auch noch mal für Laien aufkochen könnte, würden sich bei der Fachsimpelei vielleicht mehr Leute einfinden, weil Interesse geweckt würde.
Ok, kann ich verstehen. Und versuchen kann man es ja mal. Auch wenn es (aus eben geschilderten Gründen) nicht leicht sein wird und trotzdem etwas an Zeit und Arbeit benötigen wird. (und ich sehe ein ähnliches Problem wie Ein - was aber nicht heißt, dass man es nicht trotzdem versuchen sollte)

Zitat
Und ich fordere nicht Rollenspieltheorie in 5 Minuten. Wegen mir können wir gerne hier einen Workshop machen, der einen langsam dahin bringt.
[...]
Oder noch besser: hör mir zu und sag mir, wo ich mit meinem "Halbwissen" falsch liege.
Hm, versuchen können wir es ja mal. Aufm Sommertreffen habe ich schon fest eine Runde "Theorie und Praxis" eingeplant! :)
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: 1of3 am 3.03.2005 | 12:50
Sowas wollte ich grade vorschlagen.

@AXX: Musst du auch nicht. Aber wenn das niemand getan hätte, spielten wir heute immer noch D&D1. Leider verstehen nur viele Leute, die gerne was bauen möchten nicht, dass dabei nicht viel rauskommen wird, wenn sie die Grundlagen nicht kennen.

Ich muss offen gestehen, ich lese viele Sachen schon gar nicht mehr, wenn ich nicht das Gefühl habe, dass betreffende Person sich mit der Theorie nicht grundlegend auskennt. In den allermeisten Fällen gibt das nämlich Müll und dazu ist mir meine Zeit zu Schade.
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Boba Fett am 3.03.2005 | 12:54
Naja, das sehe ich einfach so, dass jeder seines eigenen Glückes Schmied ist. Wenn man kritisch mitreden will, dann muss sich selber mit den Theorien beschäftigen, denn nur so ist man überhaupt in der Lage sich seine eigenen Gedanken zum Thema zu machen.

Das Ganze hat nur zwei Schwächen:
- Wenn man sich alleine damit beschäftigt, weiß man nicht, ob man es verstanden hat.
Man weiß nicht, wie weit man mit der Materie gekommen ist und kann sein Wissen nicht bewerten.
Aus diesem Grunde verkauft unsere Firma auch Schulungen und keine Handbücher. Und das sehr erfolgreich, obwohl Handbücher bedeutend preiswerter als Schulungen sind.

- Wenn sich die "Wissenden" nicht um Nachwuchs kümmern, brauchen sie sich nicht zu wundern, wenn ihre Zunft ausstirbt.

Das Ganze erinnert mich an den Fachausschuss der Tagung der Theaterwissenschaftler, die sich im Theater zusammenfanden und diskutierten, wie man die Nachwuchsförderung der Laienschauspieler initiieren kann. Und als zufällig ein paar Leute vorbeikamen, die sich für das Theater interessierten, bekamen die zu hören: "Hier geht es nicht ums Theaterspielen, hier findet eine Sitzung statt! Verschwindet!" ;)

Zitat
Wenn Fredi, Woozle oder ich GNS runterbrechen würden, würden wir alle drei unterschiedliche Foki setzen. Die Passagen, die wir für wenig wichtig erachten würden wir streichen, die uns wichtigen hervorheben und das ganze dann noch mit unserer persönlichen Meinung färben. Das Resulat wäre schlicht, dass sich Strömungen (oder sollen wir Schulen nennen) bilden würden, in denen sich Laien um ihren Lieblingsguru scharen und dessen Ideen kaum überdacht übernehmen würden.

Dann haltet den Workshop zusammen. Und macht klar, wo die unterschiedlichen Schwerpunkte liegen.
Unterschiedliche Schulen sind doch gar nicht verkehrt. Und mir ist es lieber, ein Thema über einen Schwerpunkt zu erlernen, als gar nichts darüber zu wissen.

Zitat
Das wäre zwar nett für den Guru (obwohl Ron ja auch nie einen Cult of Ron will), aber es würde die Kunstform Rollenspiel nicht weiterbringen.
Ich bin da anderer Meinung. Denn es braucht nur einer der gewonnen Leute daraus etwas gewinnen und es würde auch die Kunstform weiterbringen.
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Ludovico am 3.03.2005 | 12:54
Man muß also diesen ganzen Theorie-Kram begreifen, um ein Rollenspiel zu schreiben?
Ob das auch ein Herr Gygax damals wußte oder ein Ulrich Kiesow?
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Fredi der Elch am 3.03.2005 | 12:59
Und einen hab ich noch zu Rollenspiel und Kunst:
Was Kunst ist, hängst ausschließlich davon ab, wie es in der Gesellschaft gesehen wird. Ob also Rollenspielen Kunst ist, können wir so einfach gar nicht beantworten. In 30 Jahren werden wir vielleicht wissen, ob es bis dahin als Kunstform allgemein anerkannt ist.

Aber der IMO wichtigste Schritt dahin ist, dass sich Rollenspielen selbst als Kunstform begreift. D.h. dass sich einige engagierte Rollenspieler, Rollenspieldesigner, Rollenspieltheoretiker als Künstler begreifen. Und dass dieses Bild dann sowohl nach Innen als auch nach Außen vertreten wird. Denn mit diesem ständigen "es ist doch nur ein Spiel"-Gelaber kommen wir nicht weiter. Wenn jemand sich nicht als Künstler sondern als Konsument begreifen will, ist das völlig ok! Aber ich begreife mich als Künster!

Oh, Mann. Ich bin Artsy-Fartsy-Avantgarde... Verdammt. Mit weisen Worten zitiert: "Ich alte Kunstsau ich..." ;D

Btw: Vielleicht eigene Threads für "Braucht Design denn wirklich Theorie?" und für den Workshop auf dem Treffen. Nur so eine Idee...
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Boba Fett am 3.03.2005 | 12:59
Noch was dazu:
Ein Workshop / eine Schulung mit dem Inhalt "These are the Basics" also wo das Grundwissen behandelt wird, würde ja schon reichen. Mit einem Ausblick, wo es weitergeht...
Danach kann sich jeder selbst überlegen was er machen will. Ob er sich den Guru schnappt, dessen Schwerpunkt ihn am meisten interessiert, ob er danach in der Forge sich selbst weiterbildet, oder ob er Fredi eine weitere Schulung abschwatzt... ;)

Genauso laufen unsere Schulungen auch ab. Um die Produkte komplett zu schulen, bräuchten wir sicherlich 4 Wochen.
Wir haben aber nur 3 Tage. Also werden die Grundlagen erklärt, damit man weiss, worum es geht, danach die Optionen aufgezeigt - Handbuch, weitere Schulung, Try-and-Error...

@Fredi: Finde ich gut...
Meld mich pauschal mal an. 8)
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Ludovico am 3.03.2005 | 13:03
Aber Spieledesigner sind doch auch keine Künstler, oder? Dennoch schaffen sie Spiele, ohne auf der Stelle zu treten.
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Ein am 3.03.2005 | 13:06
@Boba
Die Schulungen sind die Einführungsrunden.
Die Handbücher sind Regelauszüge.

Wie man sowas aber vernünftig produziert (programmiert) lernt man nur durch Beschäftigung mit der Theorie (aka. Analyse) und dem Ausprobieren von Ideen.

@Ludovico
Nein, man muss seine kritischen Lehren aus der Theorie (oder aus seinen empirischen Erfahrungen) gezogen haben, um ein gutes Rollenspiel zu schreiben. Und das trifft IMO weder auf D&D noch auf DSA zu, jedenfalls nicht nach dem heutigen Technologiestand im Rollenspiel.
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Wawoozle am 3.03.2005 | 13:09
Aber Spieledesigner sind doch auch keine Künstler, oder? Dennoch schaffen sie Spiele, ohne auf der Stelle zu treten.
Das kommt darauf an als was sie sich selbst begreifen.
Es gibt durchaus Spieledesigner die sich als Künstler sehen, oder die man als Künstler sehen kann.

Ich möchte mal die oft beanspruchte und sehr strapazierte Linie vom Rollenspiel zum Computerspiel erneut ziehen.
Schaut euch Spieldesigner wie Shigeru Miyamoto an (Nintendo).
Der geniesst in der Szene durchaus schon Kultstatus und ich denke es wäre vermessen ihm einfach das Attribut Künstler abzuerkennen, denn was er macht ist eine Art von Kunst.
Er designed Spiele die wir Spielen und an denen wir unseren Spass haben.

Kunst muss nicht immer selbstgerecht und abgehoben sein, genausowenig wie Künstler das sein müssen, wir können uns auch aktiv an ihr beteiligen.
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Ludovico am 3.03.2005 | 13:09
Aber um kritische Lehren aus dem Rollenspiel zu ziehen, brauch ich doch eher Erfahrung und nicht die Theorie und vor allem nicht diese Fachbegriffe, oder?

Und DSA und D&D haben nicht ihre Lehren gezogen? Aber wozu haben sie denn versucht, in den neuen Editionen neue Ideen einfließen zu lassen und Fehler auszumerzen?

@Wawoozle
Ich weiß nicht mal, wer das ist. Ich dachte mehr so an die Leute, die bei Schmidt Spiele oder Bastei arbeiten und neue Brettspiele rausbringen.
Okay, Computerspiele herzustellen, erfordert auch jede Menge Kreativität, wie uns die Leute von Blizzard und co. ständig beweisen.
Aber muß denn gleich jeder kreative Prozess Kunst sein?
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Wawoozle am 3.03.2005 | 13:16
Ich weiß nicht mal, wer das ist. Ich dachte mehr so an die Leute, die bei Schmidt Spiele oder Bastei arbeiten und neue Brettspiele rausbringen.
Okay, Computerspiele herzustellen, erfordert auch jede Menge Kreativität, wie uns die Leute von Blizzard und co. ständig beweisen.
Aber muß denn gleich jeder kreative Prozess Kunst sein?

Naja.. vielleicht hätte ich einen deutschen nehmen sollen, oder einen Ami.
Nehmen wir mal John Carmack... du hast bestimmt schonmal Doom oder Quake gespielt ? ;)

Ob jeder kreative Prozess Kunst sein muss, die Frage ist vermutlich so alt wie das Wort "Kunst" selbst.
Die Antwort liegt immer zu einem grossen Teil im Auge des Betrachters.
Vor 20000 Jahren wäre, mit angemalten Händen eine Höhlenwand zu verschandeln, vielleicht "Langeweile" genannt worden.
Heute isses "Steinzeit-Kunst"... was davon glaubwürdiger erscheint muss man selbst entscheiden ;)

Dennoch kann man es einem kreativen Prozess nicht per se absprechen, Kunst zu sein.

Nehmen wir doch einfach mal den typischen RPG-Abend.
Ich habe mich schon ab und an sagen hören:
"Mann...sich sonen Plot auszudenken ist echt ne Kunst"...
Und ich denke ich hatte Recht mit der Aussage ;)
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Durag am 3.03.2005 | 13:21
Das ganze läuft auf ein sehr interessantes Thema hinaus: Ist Rollenspiel Kunst und sind Rollenspieldesigner oder gar schon Rollenspieler Künstler? Sicherlich bestehen Rollenspiele aus einem Patchwork verschiedener Kunstformen - die Texte, Illustration/ Artwork, eine gewaltige Spur Theater, aber macht dieses Gemisch das Rollenspiel als solches schon zur Kunstform?

Wer diese Frage für sich selber geklärt hat, kann sicherlich auch für sich selber klären, ob es sich lohnt, sich so ausführlich mit der Theorie zu beschäftigen.
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Ludovico am 3.03.2005 | 13:36
Ich denke mal, daß diese Frage, ob Rollenspiel nun Kunst ist oder nicht, in eine Sackgasse führt.
Sorry, daß ich sie aufgebracht habe.
Sich einen Plot auszudenken, ist für mich selber kaum eine Kunstform. Ich hab eine Eingebung, die ich nur etwas weiter ausbaue, wobei ich da auch gerne auf Filme und Romane zurückgreife. Okay, manchmal sind es auch einfach nur ziemlich kranke Ideen, die ich irgendwann mal hatte und die ich dann bei härteren Spielen realisiere.
Kunst ist das für mich nicht, denn ich stecke da meist nicht so viel Zeit und Arbeit rein, daß ich mir wie ein Pablo Picasso des Rollenspiels vorkomme.
Andere mögen das anders sehen und es scheint mir, daß es sich um ein Thema handelt, bei dem wir uns totquatschen können, ohne voranzukommen.

Ein Punkt, der mich an den Theorien jedenfalls erheblich stört, vor allem, wenn sie in neuen Rollenspielen verwendet werden, die dann ja auch einem größeren Publikum zugänglich gemacht werden (es mag ja Rollenspielauthoren geben, die einfach nur Systeme und Settings für sich und ihre Gruppe ausdenken, aber dennoch gehe ich davon aus, daß die meisten Authoren ihre Werke auch bei anderen Gruppen gespielt sehen wollen, quasi als Anerkennung), daß die Authoren sich so in ihren Theorien und Anglizismen verzetteln, daß sie nachher etwas produzieren, was vollkommen an den Bedürfnissen der meisten Spieler vorbeigeht.
Sprich, ich sehe die Gefahr, daß bei Anwendung der Theorien und Anglizismen zur Herstellung von Rollenspielen, die Resultate nur für ein paar wenige (nämlich den Theoretikern) interessant sind.
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Lord Verminaard am 3.03.2005 | 13:37
Ich notiere: Mehr "Rollenspieltheorie für Anfänger". Andererseits, dann starte ich mal einen einfachen Anfänger-Thread über das Lumpley-Prinzip, und kriege eigentlich nur zu hören: "Das ist ja banal, das soll Rollenspieltheorie sein?" ;D

Solche Threads erzeugen eben keine Diskussion, was aber eigentlich der Sinn eines Forums ist. Sie würden dann nur daraus bestehen, dass einzelne dozieren und andere Fragen stellen oder nörgeln. Nicht dass ich ein Problem damit hätte, wenn das wirklich gewünscht ist.

Was die ganzen Jargon-Begriffe angeht, ist das vermutlich unausweichlich, um nicht immer wieder bei Adam und Eva anfangen zu müssen. Vielleicht sollten wir uns mal an einer verbindlichen Übersetzung der wichtigsten Begriffe versuchen, da die vielen Anglizismen schon Leute abschrecken. Wäre mal ein Anfang.
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Ein am 3.03.2005 | 13:53
Müssen "moderne" Rollenspiele (innovativ - what so ever..) wirklich Jargonbegriffe nutzen?

Ich kann da ein klares NEIN zu geben.

Siehe z.B.
HeroQuest. Jargon? Nein. Moderne Techniken? Klar!
Inspectres? Auch kein Jargon, aber eine ganz neue Form von Rollenspiel!

Ergo, Kunst muss nicht abgehoben sein.

D&D und DSA haben keinesfalls dazugelernt. Eine neue Auflage macht noch keine neue Grundidee. D&D3 spielt sich nicht sonderlich anders als D&D1. D&D und z.B. HeroQuest oder Inspectres sind aber zwei unterschiedliche Welten.

EDIT:
Andererseits ergibt es aber gar keinen Sinn ausländische Theorien ins Deutsche zu übersetzen. Wer sich mit Rollenspieltheorie auseinandersetzen will, kommt um Englisch nicht drum rum.

Vorallem sollte man dabei auch nicht vergessen, dass man das Konzept hinter einem Begriff noch lange nicht besser versteht, nur weil der Begriff in Deutsch ist.

Wer deutsche Begriffe haben will, der soll eine deutsche Rollenspieltheorie entwickeln.
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Lord Verminaard am 3.03.2005 | 13:55
Klar, ich meinte auch nicht, dass die Rollenspiele selber die Begriffe verwenden müssen. Aber wenn man darüber diskutiert, ist eine feste Terminologie ziemlich hilfreich, auch wenn sie den Einstieg zugegebenermaßen erschwert.
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Ludovico am 3.03.2005 | 13:55
Müssen "moderne" Rollenspiele (innovativ - what so ever..) wirklich Jargonbegriffe nutzen?

Ich kann da ein klares NEIN zu geben.

Siehe z.B.
HeroQuest. Jargon? Nein. Moderne Techniken? Klar!
Inspectres? Auch kein Jargon, aber eine ganz neue Form von Rollenspiel!

Ergo, Kunst muss nicht abgehoben sein.

Aber besteht bei der ständigen Verwendung dieser ganzen Jargon-Begriffe nicht die Gefahr, daß diese sich verselbstständigen und dann, wie es meine Befürchtung ist, nur noch für die "Elite" der Theoretiker Spiele geschrieben werden?

Zitat
D&D und DSA haben keinesfalls dazugelernt. Eine neue Auflage macht noch keine neue Grundidee. D&D3 spielt sich nicht sonderlich anders als D&D1. D&D und z.B. HeroQuest oder Inspectres sind aber zwei unterschiedliche Welten.

D&D 3rd ist schon ein Quantensprung zu ADnD und ebenso ist DSA 4 ganz anders als DSA 3.

Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Lord Verminaard am 3.03.2005 | 13:56
Lasst uns bitte nicht über D&D und DSA diskutieren, jedenfalls nicht in diesem Thread.
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Ein am 3.03.2005 | 14:00
@Ludovico
So ist das nun mal halt mit der Theorie, nicht umsonst gibt es Universitäten und ähnliches. Jede Fachrichtung entwickelt ihr eigenes Vokabular, sowohl in der Wissenschaft, als auch bei den Ingenieuren oder selbst im Handwerk. Wenn man nicht immer bei null anfangen will, muss man einen eigenen Sprachraum aufbauen, den man als Grundlage für seine Diskussionen nimmt.
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: 1of3 am 3.03.2005 | 14:03
Ich notiere: Mehr "Rollenspieltheorie für Anfänger". Andererseits, dann starte ich mal einen einfachen Anfänger-Thread über das Lumpley-Prinzip, und kriege eigentlich nur zu hören: "Das ist ja banal, das soll Rollenspieltheorie sein?" ;D

LOL. Wie wahr.
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Ludovico am 3.03.2005 | 14:04
Ich bin selber ja nicht seit gestern hier und unterhalte mich ja auch über Rollenspiele auf diesem Board. Dennoch benötige ich ja auch nicht dieses Vokabular, genausowenig wie die meisten Leute hier.
Ideen für Systeme und Settings kann man doch auch ohne diese Fachbegriffe verarbeiten, oder?
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Boba Fett am 3.03.2005 | 14:06
Müssen "moderne" Rollenspiele (innovativ - what so ever..) wirklich Jargonbegriffe nutzen?
Ich kann da ein klares NEIN zu geben.
Zustimmung.
Müssen Diskussionen um innovative Ideen zwangsläufig Jargonbegriffe benutzen?
Auch da würde ich zum NEIN tendieren.
Ab einer gewissen Tiefe erscheint es einfacher, auf definierte Jargonbegriffe, die komplexe Sachverhalte in einem Wort enthalten, zurückzugreifen. Aber wirklich notwendig ist das nicht.
Da ist wahrscheinlich wieder das goldenen Mittelmaß gefragt, das bei allen individuell gesetzt ist. 8)

Vielleicht etwas abschließendes zu DSA + D&D:
Natürlich haben die Systeme sich weiterentwickelt. Aber dabei keine Innovationen gebracht.
Denn die Weiterentwicklungen waren zwar fortschritte, aber nichts neues.
Alles was in den jeweiligen Versionssprüngen kam, war in anderen Systemen längst Option.
Daher haben sich diese Systeme entwickelt, aber nichts neues gebracht.
Die Innovation entstand woanders.

So und nun genug davon.
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: 1of3 am 3.03.2005 | 14:07
@Ludovico: Ein linguistischer Grundsatz ist: Wichtige Dinge kriegen Namen.
Wenn man sich über Rollenspiele unterhält, ist es ökonomischer ein passendes Vokabular zu haben.

Ich geb mal ein praktisches Beispiel:

http://www.arcane-codex.de/yabbse/index.php?topic=1327.0
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Fredi der Elch am 3.03.2005 | 14:11
Aber besteht bei der ständigen Verwendung dieser ganzen Jargon-Begriffe nicht die Gefahr, daß diese sich verselbstständigen und dann, wie es meine Befürchtung ist, nur noch für die "Elite" der Theoretiker Spiele geschrieben werden?
Gib doch mal ein Beispiel dafür, bitte.
Also ich habe bisher nicht den Eindruck, dass die fertigen Produkte (d.h. Rollenspiele) Jargon-lastig sind. Das ist wie mit Elektrodynamik und Toastern. Die Elektrodynamik hilft den Ingenieuren einen besseren Toaster zu bauen. Und ich verwende den dann ohne den blassesten Schimmer von Elektrodynamik.
Selbes mit der RPG-Theorie. Sie hilft den Designern und denen, die sich damit befassen wollen, "bessere" (vielleicht auch einfach nur "andere") Rollenspiele zu schreiben. Aber in das fertige Spiel muss es ja nicht rein.

Und dass sich die Leute, die sich wirklich tiefgehend mit Rollenspiel befassen wollen, eben mit der Theorie und dem Jargon rumschlagen müssen, dass war ja gerade die Grundaussage meines Rants. Ja, müssen sie! Genau wie jeder andere Mensch, der sich eingehend mit einem Gebiet befasst, sich auch mit dem entsprechenden Vokabular und der Art zu denken befassen muss. Aber wie gesagt: niemand muss sich ja damit befassen.

Ich notiere: Mehr "Rollenspieltheorie für Anfänger". Andererseits, dann starte ich mal einen einfachen Anfänger-Thread über das Lumpley-Prinzip, und kriege eigentlich nur zu hören: "Das ist ja banal, das soll Rollenspieltheorie sein?" ;D
Du bist ein weiser Mann. Und gemein, weil du den Fnger auf die Wunde legst. ;) Aber du hast sowas von Recht und genau das hatte ich bei dem Thread auch gedacht. Da gibt man sich schon mal Mühe und dann interessiert es auch keinen... ::)
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Ludovico am 3.03.2005 | 14:14
@Ludovico: Ein linguistischer Grundsatz ist: Wichtige Dinge kriegen Namen.
Wenn man sich über Rollenspiele unterhält, ist es ökonomischer ein passendes Vokabular zu haben.

Ich geb mal ein praktisches Beispiel:

http://www.arcane-codex.de/yabbse/index.php?topic=1327.0


Gerade bei diesem Beispiel finde ich vor allem zwei Beispiele, wo man ganz einfach verständliche deutsche Begriffe und Sätze, die auch keinen Zweifel daran lassen, worum es geht, einsetzen kann:
Style over Substance - Spielspass vor Regeln
modular - kann ich problemlos was weglassen

Das sind nur einige wenige Wörter mehr, wenn überhaupt und jeder versteht es.
Splats kenne ich ebensowenig wie "gamistisch" (Ein Begriff, der aus meiner Sicht eh keinen Sinn macht. Man spielt ja ein Spiel. Ist ein "gamistisches" Spiel ein "spielerisches" Spiel?).

Zitat von: Fredi
Gib doch mal ein Beispiel dafür, bitte.

Angenommen ein Spiel versucht GNS und den ganzen Kram zu verwenden. Nachher kommt aber etwasd dermaßen Abstraktes heraus, daß die meisten Spieler das vielleicht spielen können, aber die Hintergründe und den Sinn nicht begreifen.
Wenn ich ein System an meine Gruppe anpassen will (was bei fast allen Spielen getan werden muß), dann muß ich es auch begreifen bzw. die Hintergründe verstehen. Ansonsten kann es sein, daß ich Regel A ändere und plötzlich funktioniert die wichtige Regel B nicht mehr.

Zitat
Aber wie gesagt: niemand muss sich ja damit befassen.

Was zu einer Ausgrenzung der meisten Rollenspieler führt, die sich mit der Theorie nicht beschäftigen wollen, aber dennoch gute Ideen haben. Das ist ebenso wie in der Wissenschaft. Das gibt sicher unglaublich viele Leute, die geniale Ideen für Physik und co. haben, ohne sich selber mit den ganzen Fachbegriffen zu beschäftigen. Diese Ideen verkümmern, da sie nicht genutzt werden.
Auf der anderen Seite gibt es dann auch noch diese Leute, die Mathe, Physik, BWL etc. studieren, ohne selber sonderlich kreativ zu sein und nichts zu einem Vorankommen beisteuern.
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Durag am 3.03.2005 | 14:18
Aber kann es sein, dass sich an der ganzen Theorie nur die Spielleiter und Rollenspielentwickler beteiligen und somit nur Spiele entwickelt werden, die von diesen für gut befunden werden?
Kann es nicht sein, dass eine nur auf Theorien basierte Rollenspielentwicklung an den Spielern und ihren Bedürfnissen vorbei entwickelt? Irgendwie scheinen viele Entwickler den Bezug zu den Spielern verloen zu haben.
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Lord Verminaard am 3.03.2005 | 14:25
@ Durag: Spielen die Leute DSA, weil es das beste Rollenspiel ist, oder weil es nun mal da ist und sie es schon immer gespielt haben? Lesen die Leute BILD, weil das genau die perfekte "Zeitung" für sie ist, oder weil alle sie lesen und es sie an jedem Kiosk gibt? Haben die Leute Spaß an DSA, weil das Spiel so gut ist, oder weil sie halt das beste draus machen? Greift die BILD genau die Themen auf, die die Leute bewegen, oder konsumieren die Leute einfach das, was ihnen vorgeworfen wird?

Nenn doch mal ein Beispiel für ein theorielastiges Spiel, das an den Bedürfnissen der Spieler vorbei geht. Ist natürlich immer die Frage, welche Zielgruppe du ansprichst. Der DSA-Fanboy, der gar nichts anderes will als DSA, ist eh keine Zielgruppe für einen Rollenspiel-Designer. Erst recht nicht mit einem Spiel, das genau die gleichen Bedürfnisse anspricht wie DSA. Dann schon eher mit einem Spiel, das ganz andere Bedürfnisse anspricht.
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Fredi der Elch am 3.03.2005 | 14:26
(Mist, Vermi war schneller)

Kann es nicht sein, dass eine nur auf Theorien basierte Rollenspielentwicklung an den Spielern und ihren Bedürfnissen vorbei entwickelt? Irgendwie scheinen viele Entwickler den Bezug zu den Spielern verloen zu haben.
Woher hast du denn diese Auffassung? Ich hab mit Sir Mythos, Leonie und Tina (die allesamt hier nicht durch übermäßiges Theorie-Fachsimpeln aufgefallen sind) prima InSpectres gespielt. Ich denke also, dass diese "Trennung" ein Vorurteil ist, das du nicht wirklich belegen kannst.

Und btw: selbst wenn es so wäre, wäre es nicht so schlimm. Es werden viele Filme am Massenmarkt vorbei produziert. Für ein Nischenpublikum. So what? So lange es denen gefällt. Und ab und zu ist dann doch ein Super Film dabei, der den Massenmarkt erobert. Oder manchmal sind es einfach einige Techniken, die später in anderen Filmen weiterentwickelt werden. Ist doch super! Nicht jedes Rollenspiel muss "Titanic" ähhhh D&D sein.
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Ludovico am 3.03.2005 | 14:27
Mir fällt da gerade ein gutes Beispiel ein:
In der Wirtschaft setzen Unternehmen ja gerne auf IT-Systeme, die sie oftmals auch gerne für sich entwickeln lassen.
Bei der Vergabe dieser Aufträge setzen sich im Unternehmen die Leute zusammen, die Ahnung von den Programmen haben.
Die Leute, die sie nachher anwenden sollen, werden gar nicht erst gefragt.
Dann wird der Chef bequatscht, bis er zustimmt.
Dieser läßt die Sache laufen, während die Computerfreaks schön zu Werke gehen unter Ausschluß der anderen weniger "begabten" Mitarbeiter.

Nach einigen Wochen oder Monaten hat die Firma dann ein ganz tolles, supergeniales neues System... das nicht funktioniert. Die Mitarbeiter können damit nicht umgehen, es sind Software-Fehler drin und das alles, so wie früher per Hand zu machen, war auf alle Fälle auch günstiger und besser als nun mit dem neuen System, daß gewaltige Kosten verursacht, nur weil es nicht richtig für die Angestellten funktioniert.

Noch sehe ich diese Gefahr bei Rollenspielen nicht, da das mit der Theorie ja noch alles recht neu ist. Allerdings sehe ich durchaus das Potential, daß in Zukunft jede Menge Spiele verfügbar sein werden, die allenfalls von den Machern und vielleicht noch von den Theoretikern genutzt werden können.
Glücklicherweise werden diese Spiele niemals für Geld über die Ladentheke gehen.
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Fredi der Elch am 3.03.2005 | 14:30
Tolle Anekdote. Nur leider voll am Thema vorbei. Alle Designer von Rollenspielen sind selber langjährige "Anwender" also Rollenspieler. Was der Post also für einen Sinn hat, ist mir unklar... ::)
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Ludovico am 3.03.2005 | 14:31
@Fredi
Programmierer und IT-Spezis im Allgemeinen sind auch langjährige Anwender von Computersystemen.
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Lord Verminaard am 3.03.2005 | 14:32
Hihi. Da hat er dich, Fredi. ;)

@ Ludo: Wir spielen mal Primetime Adventures zusammen. Mal sehen, wie du es findest. Keine Widerrede! :)
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Ludovico am 3.03.2005 | 14:33
Gerne!
Nordcon?
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Boba Fett am 3.03.2005 | 14:34
Ich möchte noch mal auf eines Hinweisen:
Hier ist immer nur die Rede davon, dass das GNS Modell (nur) etwas für Spieledesigner darstellt.
Dem ist aber ganz und gar nicht (nur) so.

GNS kann als sehr nützliche Grundlage dafür dienen, wenn man in der Spielerrunde über auftretende Probleme und dergleichen diskutieren und deren Ursachen analysieren möchte.
Oder als Grundlage, wenn man die unterschiedlichen Erwartungen ans Rollenspiel beleuchten will.
Es kann also als Basis zur Spielanalyse dienen und das ist etwas, das durchaus sehr viele Spieler betrifft und nicht nur einige wenige Designer.

Und grundsätzlich kann es einfach Denkanstösse geben um Abläufe am Spieltisch zu begreifen. Und teilweise auch, sich selbst im Spiel zu begreifen.

Daher finde ich, sollte es möglich sein, dass man GNS durchaus auch in allgemeinverständlichen Worten erläutert.
Damit eben nicht nur ein paar wenige ihren Nutzen daraus ziehen, sondern auch die, die es täglich nutzen könnten, wenn sie davon wüssten - die Spieler.
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Boba Fett am 3.03.2005 | 14:38
Tolle Anekdote. Nur leider voll am Thema vorbei. Alle Designer von Rollenspielen sind selber langjährige "Anwender" also Rollenspieler. Was der Post also für einen Sinn hat, ist mir unklar... ::)
Mir nicht...
Denn ich sitze oft dan diesen Tischen.
Und dann muss man den Endkunden, dem Vertrieb und der geschäftsleitung jemand erzählen, was der IT Spezialist eigentlich gemeint hat (in einfachen Worten). Und genauso muss jemand dem IT Spezialist jemand (in Fachbegriffen) erläutern, was der Kunde eigentlich möchte.
Es gibt IT Spezialisten, die verschrecken den Kunden, weil man einfach am Thema vorbeiredet. Keiner versteht den anderen. Und es gibt sehr sehr viele Softwareprojekte, wo am Ende etwas anderes rauskommt, als der Kunde bestellt hat. Weil man sich nicht verstand.
Wenn man eine gemeinsame Sprache findet, dann können auch die User mitreden. oder die IT Specs. Und genau das ist hier Topic...
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Ein am 3.03.2005 | 14:48
@Boba
Für sind das zwei paar Schuhe:

Euer Beispiel ist eine klassische Dienstleistungssituation. Auf das Rollenspiel übertragen ist das die Beziehung SL<->Spieler.

Bei Rollenspieltheorie dagegen geht es um wissenschaftliche Überlegungen. Auf die IT-Welt übertragen, ist das IMO also die R&D-Sphäre an den wichtigen IT-Universitäten, wie Berkeley oder MIT, oder die Linux-Entwicklerforen.
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Haukrinn am 3.03.2005 | 15:03
Okay, meine 2 Cent zum Thema. Als Aufhänger nehme ich mal ein Posting von Ein. Nicht, weil es hier an anderen Aufhängern mangelt, sondern weil Ein das sehr schöne Talent besitzt, sich kurz und prägnant auszudrücken und ich deshalb nicht so viel zitieren muß  ;D

Wie man sowas aber vernünftig produziert (programmiert) lernt man nur durch Beschäftigung mit der Theorie (aka. Analyse) und dem Ausprobieren von Ideen.

Und wenn die Analyse zeigt, daß Theorien falsch oder unvollständig sind und die Wirklichkeit nur unzureichend widerspiegeln? Dann muß man zurück an den Schreibtisch und weiterforschen. Viele Rollenspieltheorien haben sich als unzureichende oder unbegründete (und somit gänzlich unwissenschaftliche) Modelle herausgestellt (auch wenn ihr es nicht wahrhaben wollt. Träumt doch weiter, aber verratet 's keinem Wissenschaftstheoriker  ;) ); revidiert werden sie deshalb nicht.

Ergo, wer eine unzureichende Theorie als Grundlage für die Praxis nimmt, kann zu guten Ergebnissen kommen. Aber er muß es nicht. Im Prinzip sind die Chancen eines Theorieunkundigen genau so hoch, zu einem guten Ergebnis zu kommen. Und die Rollenspiele auf dem Markt (auch auf dem Indie-Markt) bestätigen das.

Nein, man muss seine kritischen Lehren aus der Theorie (oder aus seinen empirischen Erfahrungen) gezogen haben, um ein gutes Rollenspiel zu schreiben.

1. Zieht man kritische Lehren aus der Theorie, so entsteht Innovation (ein schönes Schlagwort, daß offenbar zu den dominierenden Wörtern dieses Diskussionsthemas gehört). Aber wenn die Theorie Macken hat, so kann es gut sein, daß sich die Innovation nicht durchsetzt. Viereckige Räder waren auch ausgesprochen innovativ. Haben wollte sie aber niemand. Und warum? Man hat eine Technologie umgesetzt, die auf einer unausgegorenen Theorie basierte.

2. Was ist ein "gutes" Rollenspiel? "Gut" ist nicht gerade ein objektives Wort. Und wenn man hier im wissenschaftlichen Kontext eine Theorie diskutieren will, dann sollte man subjektive Eindrücke vermeiden.
Mein persönliche Meinung: Ein gutes Rollenspiel zeichnet sich dadurch aus, daß die Menschen Spaß daran haben. Ein gutes Rollenspiel zeichnet sich auch durch innovative, für die Praxis taugliche Begriffe aus. Ein gutes Rollenspiel zeichnet sich aber nicht dadurch aus, daß es eine erarbeitete Theorie wiederspiegelt.

Und das trifft IMO weder auf D&D noch auf DSA zu, jedenfalls nicht nach dem heutigen Technologiestand im Rollenspiel.

Wenn Rollenspiel eine Kunst ist, dann hat es keinen "Technologiestand". Technologie ist die praxisgerechte Umsetzung einer gut untermauerten Theorie. Diese ist für den Sektor des Rollenspiels nichtexistent, weil sich niemand die Mühe macht, die erarbeiteten Theorien über sein persönliches Umfeld hinaus zu überprüfen.

Nächster Punkt: DSA und D&D sind IMHO "gute" Rollenspiele, weil sie sehr vielen Menschen Freude bereiten. Andererseits sind sie mir zu anspruchslos (Kurzum: Ich find' beide blöd  ;)). Das macht zwar in meinen Augen wenig innovativ, aber nicht "schlecht".

Meine Meinung zum Thema, um mal endlich zum Kern der Sache vorzustoßen, ist die folgende:
Für die Entwicklung eines anspruchsvollen Spiels brauche ich keine Theorie, sondern ich brauche Erfahrung. Kunsttheorie macht aus mir keinen Künstler. Talent und Übung machen aus mir einen Künstler. Und wenn ihr jetzt sagt, Rollenspiel ist keine Kunst, dann ersetzt doch einfach in den obigen Sätzen Kunst durch Technik oder was auch immer...

Und wenn Rollenspiel Kunst ist, dann sehe ich nicht, wie eine auch immer geartete Theorie die Entwicklung guter Spiele begünstigen soll...
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Ludovico am 3.03.2005 | 15:05
Euer Beispiel ist eine klassische Dienstleistungssituation. Auf das Rollenspiel übertragen ist das die Beziehung SL<->Spieler.

Bei Rollenspieltheorie dagegen geht es um wissenschaftliche Überlegungen. Auf die IT-Welt übertragen, ist das IMO also die R&D-Sphäre an den wichtigen IT-Universitäten, wie Berkeley oder MIT, oder die Linux-Entwicklerforen.

Es ist durchaus ähnlich und vergleichbar, denn auch an den wichtigen IT-Universitäten erforscht man ja Dinge, die später praktisch angewendet werden sollen.
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Boba Fett am 3.03.2005 | 15:08
@Ein:
Ich sehe dass so, dass die Rollenspieltheorien die Belange der klassischen Dienstleistungssituationen beinhalten müssen.
Die Beziehung SpL <-> Spieler ist doch eine der beiden essentiellen Beziehungen (die andere ist Spieler <-> Spieler).
Was nützt mir eine Theorie, wenn sie diese Ebene und diese Beziehungen unberücksichtigt lässt. Und gerade GNS ist doch ein Modell, das man dazu nutzen kann um genau diese Beziehungen auch aufzubohren und zu verstehen.
Creative Agenda übrigens auch. (Du siehst Vermi - ich lese ;) )

Es geht nicht nur um abgehobene Theorie. GNS ist ein Modell, dass man als Werkzeug benutzen kann.
Als Spieler und auch als Spielleiter - aber nur, wenn man es auch versteht.
Deswegen ist es alben zu sagen, dass die Spieler und Spielleiter mit dieser Theorie nichts zu tun haben.
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Catweazle am 3.03.2005 | 15:09
Meine Meinung (ganz allgemein):

1. Die Beschäftigung mit Rollenspieltherorien ist wichtig und sinnvoll. Egal wie dilletantisch oder abgehoben diese Beschäftigung statt findet. Alles, was einen Fortschritt zum Ziel hat, empfinde ich zunächst einmal als positiv. Dazu zähle ich die GNS-Theorie genau so, wie die Frage nach dem richtigen Würfel. Dies gilt ganz unabhängig davon, dass ich die GNS-Theorie für in der Praxis untauglich und für mich persönlich höchst unbefriedigend halte. Allein die Tatsache, dass sich Menschen intensiv mit dem Thema Rollenspiel befassen, finde ich gut. Egal, ob mir das Ergebnis gefällt oder nicht.

2. Man sollte die Beschäftigung mit einem Hobby aber auch nicht überbewerten. Donaldisten mögen sich ernsthaft mit etwas auseinandersetzen, aber es bleibt die ernsthafte Auseinandersetzung mit einem unwichtigen Thema. Genau so sehe ich es mit dem Entwickeln von Rollenspielen. Ich habe Respekt vor der Arbeit, die hinein gesteckt wird, aber ich schüttle auch manchmal den Kopf, wie sehr sich jemand in ein Hobby hineinsteigern kann (siehe auch fanatische Trekkies). Solange dies auch vom Entwickler als persönlicher Eifer verstanden wird ist das okay. Er darf sich aber nicht wundern, wenn andere, die dieses Hobby nicht ganz so ernst nehemen, ihm den "Respekt" schuldig bleiben. Rollenspiel ist und bleibt ein Spiel und die ernsthafte Auseinandersetzung mit einem Spiel ist eben auch nur die ernsthafte Auseinandersetzung mit einem SPIEL.

3. Definitionen! Wer gemeinsam an einem Projekt arbeitet benötigt einen gemeinsamen Konsens. Dieser wird definiert. Wichtig ist jedoch, dass eben jene Definitionen nur und ausschließlich für diese Projektgruppe Gültigkeit haben und nicht von allen akzeptiert werden müssen. Schon gar nicht außerhalb der Gruppe. Bestes Beispiel ist die Mathematik, wo Definitionen z.B. für Primzahlen je nach angestrebtem Beweis variieren. Hier ist aber jede Definition für jeweils diese Gruppen richtig. Keine falsch. Ich bin im Forum oft auf eine gewisse Verbohrtheit gestoßen, wo eine kleine Gruppe glaubte seine Definitionen über alle Mitglieder stülpen zu können, egal ob sie sich zur Definition bekannten oder nicht. Wer mit der Definition nicht einverstanden war wurde als Querulant dargestellt. So geht es natürlich nicht! Nochmal: Definitionen sind für jedes Projekt mit mehreren Teilnehmern unbedingt erforderlich. Eine allgemeine Gültigkeit kann man aber nicht einfach unterstellen.

4. Der Anspruch. Wer sich ernsthaft mit einem Thema beschäftigt hat sicherlich auch eine größere Erfahrung mit dem Thema. Wir kennen das aus der Wissenschaft. Und wir kennen auch aus der Wissenschaft, dass man dennoch falsch liegen kann. Einstein wollte die Quantenmechanik nicht anerkennen ("Gott würfelt nicht"), das heliozentrische Weltbild wurde lange geleugnet und das Schnabeltier hielten "Experten" für eine Fälschung. Bei einem Spiel gibt es nicht "eine Wahrheit", sondern nur viele Meinungen. Manche weniger fundiert als andere, aber dennoch mit dem gleichen Stellenwert. Eine gewisse Arroganz, den "laienhaften" Rollenspiel-Theoretikern gegenüber konnte ich mehr als einmal feststellen. Wer Anerkennung in den Rollenspielkreisen für seine Theorien sucht, sollte vielleicht einmal sein eigenes Verhalten analysieren und von seinem hohen Ross absteigen. Von gleich zu gleich unterhält es sich besser und man ist vielleicht eher gewillt, den Theorien Beachtung zu schenken. Nur mal als Denkanstoß.
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Fredi der Elch am 3.03.2005 | 15:13
Zum ganzen Anwendungsproblem:
Blabla. Die Anwendung hat gezeigt, dass sehr viele gute (im Sinne, dass sie Leuten Spaß machen) Spiele aus den theoretischen Überlegungen entstanden sind. Alles andere hier vorgebrachte ist heiße Luft.
Bestimmte Spiele mögen nur für einen Nischenmarkt sein. Das ist aber fast jedes andere Rollenspiel auch. So what? Und beweisen, dass die Theorie schuld war, dass die Rollenspiele gut sind, können wir auch nicht. So what?

Kunsttheorie macht aus mir keinen Künstler. Talent und Übung machen aus mir einen Künstler.
Ich würde sagen: Talent, Übung und ein theoretisches Verständnis für das Medium machen zusammen einen guten Künstler.

Was für Rollenspiele (und auch RPG-Design) IMO folgendes heist:
1. Viel spielen
2. Viele, viele verschiedene Spiele lesen und spielen
3. Sich auch mit der theoretischen Basis des Mediums Rollenspiel zu befassen.

Aber wie gesagt, das gilt nur für einen Rollenspieler, der sich wenigstens etwas als Künstler begreift. Was, wie gesagt, kein muss ist.
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Arbo am 3.03.2005 | 15:14
Hi!

Meine zwei Cents ...

Theorie ist ganz gut. Sie kann bisweilen auch eine "Lebensaufgabe" bzw. selbst zu einem "Hobby" werden. Gelegentlich sollt man das im Hinterkopf behalten. Darüber hinaus können Theorien auch womögliche (!) Erklärungsansätze (für etwas - was auch immer) liefern.

Das Problem ist aber, dass Theorien auch mit einem Allgemeingültigkeitsanspruch verbunden sein können. Und dann wird es "brenzlig". Es wäre schade, wenn dann nicht mehr das Rollenspiel im Zentrum stünde, sondern ein blödsinniger, dogmatischer Hickhack  >:(

Das gilt insbesondere, weil Theorien nicht zwangsläufig zum Erfolg führen müssen. Oder vielleicht etwas ketzerischer ausgedrückt: Wenn Theorie alles wäre, müssten Buchkritiker die besten Schriftsteller sein ;) ... Der Pfad zur Besserwisserei ist daher m.E. wahrlich sehr schmal.

Was die "Kunst" betrifft ... so hat Rollenspiel sicherlich etwas mit Kunst zu tun. Und wer der Meinung ist, dass Rollenspiel keine Kunst wäre, dem sei der Begriff der Unterhaltungskunst vorgehalten. Denn ja, vielleicht sind wir ja eine Art Unterhaltungskünstler, wie Schriftsteller, Schauspieler usw. auch.

Zur Kunst und Theorie: Kunst versucht ja teilweise Grenzen zu überschreiten. Theorien können in diesem Sinne aber auch als Grenzen angesehen werden. Wenn das in der breiten Masse geschieht (Kunst), verlieren dann Theorien nicht ihre Gültigkeit?

@ DURAG:

Zitat
Mit einer Rollenspielszene, die sich als Künstlerschule versteht und darüber philosophiert, wie man Kultur schafft, will ich jedenfalls nichts zu tun haben.

Kann es nicht sein, dass unser Hobby teilweise diese Tendenzen aufweist beziehungsweise sehr anfällig dafür ist?

@ 1of3@aera:

Zitat
Da hast du wohl war. Aber du willst auch keine Rollenspiele entwickeln, oder? Denn wer das möchte, sollte in diesem Theorie-Zeug schon bewandert sein

Kunstanspruch und Rollenspielentwicklung müssen nicht zwangsläufig miteinander einher gehen.

@ Boba (11):

Dem kann ich nur zustimmen. Letztlich muss es eigentlich auch im Sinne dieser "Theoretiker" sein, denn breite Akzeptanz usw. können diese Dinge nur finden, wenn man sich auch um eben diese Akzeptanz bemüht. Ansonsten entsteht der Eindruck, man möchte nicht verstanden werden. Und damit habe auch ich ein großes Problem, denn dass hat dann etwas mit Ausgrenzung zu tun.

(Dieses Phänomen scheint mir im Grunde auch viel Allgemeiner als man glauben mag.)

-gruß,
Arbo

Nachtrag: Eine (!) Theorie macht noch lange kein Rollenspielsystem. Deshalb dreht sich meiner Meinung nach der "Knatsch" eher darum, dass versucht wird, Rollenspiel "zu erklären". Wenn ich die Beiträge so verfolge, komme ich zum Schluss, dass wohl zwei Grundprobleme damit verbunden sind: (1) WIE (Art und Weise) wird Rollenspiel erklärt (Herangehensweise, Darstellung)? und (2) Unterliegt das Rollenspiel überhaupt allgemeingültigen Gesetzmäßigkeiten, die erklärt werden können?

[EDIT] Dailor durch DURAG ersetzt - habe mal wieder beim Zitieren getrant ;)
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Catweazle am 3.03.2005 | 15:17
[edit]schnipp[/edit]

Nachtrag:
Zitat
Nachtrag: Eine (!) Theorie macht noch lange kein Rollenspielsystem. Deshalb dreht sich meiner Meinung nach der "Knatsch" eher darum, dass versucht wird, Rollenspiel "zu erklären". Wenn ich die Beiträge so verfolge, komme ich zum Schluss, dass wohl zwei Grundprobleme damit verbunden sind: (1) WIE (Art und Weise) wird Rollenspiel erklärt (Herangehensweise, Darstellung)? und (2) Unterliegt das Rollenspiel überhaupt allgemeingültigen Gesetzmäßigkeiten, die erklärt werden können?

Ich habe kein Problem damit, dass jemand versucht das Rollenspiel zu erklären. Ich habe Probleme damit, dass einzelne Personen versuchen Verhalten bei Rollenspielen zu BEWERTEN. Jemand versucht zu sagen, was gut und was schlecht ist. Schlimmer noch. Da behaupteten sogar Leute im Forum zu wissen, wer Gut und Schlecht festlegen DARF! Kraft selbsterklärten überlegenen Wissens "sinnloser" Theorien. Damit habe ich ein echtes Problem.
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Ludovico am 3.03.2005 | 15:27
Zitat
Blabla. Die Anwendung hat gezeigt, dass sehr viele gute (im Sinne, dass sie Leuten Spaß machen) Spiele aus den theoretischen Überlegungen entstanden sind. Alles andere hier vorgebrachte ist heiße Luft.

Ebenso ist sehr viel, was die Theorie erzeugt, heiße Luft. Wie stark wird die Theorie bei der Rollenspielherstellung (vor allem der kommerziellen) angewendet?
Zitat
Bestimmte Spiele mögen nur für einen Nischenmarkt sein. Das ist aber fast jedes andere Rollenspiel auch. So what? Und beweisen, dass die Theorie schuld war, dass die Rollenspiele gut sind, können wir auch nicht. So what?

Wie viele erfolgreiche RPGs, die via Theorien entwickelt werden, gibt es und wie viele von diesen RPGs verschwinden ganz schnell wieder (entweder fliegen sie vom Markt oder verschwinden in den Weiten des Netzes um nie wieder ausgebuddelt zu werden)?
Zudem würde mich sehr interessieren, wie viele erfolgreiche RPGs es gibt, bei denen die Authoren von Theorien keine Ahnung haben und wie viele von solchen RPGs keinen Erfolg haben.

Selbst wenn die Theorie jetzt noch nützlich ist, so konnte bislang leider nicht widerlegt werden, daß die Gefahr der Bildung einer vermeintlichen "Elite", die nur von ihresgleichen verstanden wird und an der Masse der Rollenspieler vorbeientwickelt, durchaus gegeben ist (also wie bei diversen Programmieren).
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Fredi der Elch am 3.03.2005 | 15:35
Oh Mann, Ludo... Worauf willst du hinaus? Wenn dein Argument in dem Stil "BILD ist besser als Goethe, das lesen nämlich viel mehr Leute" / "Esst mehr Scheiße, Millionen Fliegen können sich nicht irren" ist, brauchen wir nicht mehr weiterzudiskutieren, oder?

Selbst wenn die Theorie jetzt noch nützlich ist, so konnte bislang leider nicht widerlegt werden, daß die Gefahr der Bildung einer vermeintlichen "Elite", die nur von ihresgleichen verstanden wird und an der Masse der Rollenspieler vorbeientwickelt, durchaus gegeben ist (also wie bei diversen Programmieren).
Was ist denn daran die Gefahr? Das passiert in jedem Markt. Und manchmal werden einige Ideen der selbsternannten "Avantgarde" vom Mainstream aufgegriffen und meistens nicht. So ist das eben und das ist doch auch gut so, oder?

Du scheinst aber keine Theorie zu mögen und sie auch für unnütz zu halten. Ok, dein Bier. Gibt nicht mehr viel dazu zu sagen. Außer: Viel Spaß weiterhin mit DSA / D&D.
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Arbo am 3.03.2005 | 15:39
@ Dailor:

Ich wollte damit grob umreißen, um welche wesentlichen Punkte hier m.E. eigentlich (herum) gestritten wird.

Zitat
Ich habe Probleme damit, dass einzelne Personen versuchen Verhalten bei Rollenspielen zu BEWERTEN. Jemand versucht zu sagen, was gut und was schlecht ist. Schlimmer noch. Da behaupteten sogar Leute im Forum zu wissen, wer Gut und Schlecht festlegen DARF! Kraft selbsterklärten überlegenen Wissens "sinnloser" Theorien. Damit habe ich ein echtes Problem.

Für problematischer halte ich aber, wenn noch nicht einmal verständlich (!) gesagt wird, WARUM etwas gut oder schlecht ist. Ich möchte das doch zumindestens nachvollziehen können und daraus meine Entscheidung (Ablehung, Nicht-Ablehnung) treffen. *Abschweif* Das ist in etwa so, wie einer dieser Wirtschaftsprofessoren, der da vor dem Publikum das ein oder andere Phänomen erwähnt, dann aber sagt, dass das recht kompliziert sei und das das Problikum deshalb den ganzen Kram erstmal so hin nehmen solle ...
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Ludovico am 3.03.2005 | 15:40
Oh Mann, Ludo... Worauf willst du hinaus? Wenn dein Argument in dem Stil "BILD ist besser als Goethe, das lesen nämlich viel mehr Leute" / "Esst mehr Scheiße, Millionen Fliegen können sich nicht irren" ist, brauchen wir nicht mehr weiterzudiskutieren, oder?

Die Theorie hat die Aufgabe, für eine Verbesserung des Rollenspiels, von Mechanismen und Leitstilen zu sorgen. Sie soll nicht nur weiterentwickeln, sondern dahingehend verbessern, daß auf veränderte Bedürfnisse eingegangen wird. Der Anspruch an ein Rollenspiel von vor 20 Jahren ist sicher ein anderer gewesen als heutzutage.
Allerdings sehe ich schon jetzt die Gefahr, daß die Theorie sich verselbstständigt, total abgehoben wird und einfach diese Aufgabe nicht mehr für die Masse der Rollenspieler erfüllt, sondern nur noch für einige wenige.

Was ist denn daran die Gefahr? Das passiert in jedem Markt. Und manchmal werden einige Ideen der selbsternannten "Avantgarde" vom Mainstream aufgegriffen und meistens nicht. So ist das eben und das ist doch auch gut so, oder?

Warum sollte das gut sein?

Übrigens hab ich kein Problem mit der Theorie. Ich würde mich sogar stärker damit beschäftigen, wenn sie denn für Normalsterbliche verständlich wäre.


Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Catweazle am 3.03.2005 | 15:48
Hmmm ... Fredi, wie er leibt und lebt. Nett, argumentativ und kein bisschen polemisch. Großartig.

@Fredi, der das nie lesen wird:
Selbst wenn die Theorie jetzt noch nützlich ist, so konnte bislang leider nicht widerlegt werden, daß die Gefahr der Bildung einer vermeintlichen "Elite", die nur von ihresgleichen verstanden wird und an der Masse der Rollenspieler vorbeientwickelt, durchaus gegeben ist (also wie bei diversen Programmieren).
Was ist denn daran die Gefahr? Das passiert in jedem Markt. Und manchmal werden einige Ideen der selbsternannten "Avantgarde" vom Mainstream aufgegriffen und meistens nicht. So ist das eben und das ist doch auch gut so, oder?

Die Bildung einer selbsternannten Elite, die anderer Leute Meinungen und Künste abwertet, finde ich nicht positiv. Ich bedauere diese Entwicklung in Literatur, ich bedauere sie in der Filmindustrie und auch in fast jeder anderen Form der Kunst. Nun halte ich den Rollenspielbau nicht für eine Kunst, aber die Entwicklung selbstgefälliger und überheblicher Möchte-Gern-Profis mag ich nicht. Nenn' mich doch einen Laien. Damit kann ich leben. Aber es steht noch der Beweis aus, dass die Spiele der Theoretiker besser sind. Oder versteht man sich dort als "Grundlagenforscher"?
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Ein am 3.03.2005 | 15:56
Zitat
Wie stark wird die Theorie bei der Rollenspielherstellung (vor allem der kommerziellen) angewendet?

Tipp: Les dir mal ein paar Blogs von Rollenspieldesignern durch. Auf lifejournal.com hängen eine Menge Designer ab und nur die wenigsten von ihnen behaupten, dass Theorien nutzlos wären. Vielmehr betonen viele von ihnen, dass Theorien nützlich sein können, um einen klareren Blick für das Design zu entwickeln, der sonst durch den Nebel des Beliebigen verhüllt wird.

Zitat
Allerdings sehe ich schon jetzt die Gefahr, daß die Theorie sich verselbstständigt, total abgehoben wird und einfach diese Aufgabe nicht mehr für die Masse der Rollenspieler erfüllt, sondern nur noch für einige wenige.

Das nennt sich Diversifikation. Gibt es in anderen Medien auch. Da gibt es immer die Alteingesessenen, die innovativen Trendsetter und die, die ihr eigenes Dinge für ihr teils winziges Zielpublikum machen.

Niemand zwingt dich interlektuelle, sozialkritische Kunstfilme zu sehen, aber ist das ein Grund sie zu verbieten?
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Haukrinn am 3.03.2005 | 16:04
Die Theorie hat die Aufgabe, für eine Verbesserung des Rollenspiels, von Mechanismen und Leitstilen zu sorgen. Sie soll nicht nur weiterentwickeln, sondern dahingehend verbessern, daß auf veränderte Bedürfnisse eingegangen wird.

Mist, jetzt muß ich dem Gegner einen Trumpf zuspielen, denn hier muß ich Dir widersprechen  :-\

Die Theorie hat die Aufgabe, das Rollenspiel, insbesondere seine Mechanismen und seine Interaktion mit der Umwelt, zu erklären. Verbesserung ist grundsätzlich keine Aufgabe einer Theorie. Das ist "nur" die Aufgabe ihrer praktischen Umsetzung, die ermöglicht wird, weil man die theoretischen Zusammenhänge dank der Theorie (hoffentlich) klarer sehen und (HOFFENTLICH) besser verstehen kann.

ABER...  ~;D

IMHO erfüllen die meisten hier genannten Theorien schon den obigen Grundanspruch nicht (zumindest konnte mir hier noch niemand ein schlüssiges Argument dafür geben). Wie man darauf dann eine praktische Umsetzung erfolgreich aufpropfen kann, bleibt mir weiterhin verschlossen.
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Ludovico am 3.03.2005 | 16:06
Tipp: Les dir mal ein paar Blogs von Rollenspieldesignern durch. Auf lifejournal.com hängen eine Menge Designer ab und nur die wenigsten von ihnen behaupten, dass Theorien nutzlos wären. Vielmehr betonen viele von ihnen, dass Theorien nützlich sein können, um einen klareren Blick für das Design zu entwickeln, der sonst durch den Nebel des Beliebigen verhüllt wird.

Ich hab ja auch nicht geschrieben, daß Rollenspieltheorien unnütz sind. Vielmehr behaupte ich, daß sie schon jetzt der Allgemeinheit kaum zugänglich sind, da der Jargon so unverständlich ist.

Zitat
Das nennt sich Diversifikation. Gibt es in anderen Medien auch. Da gibt es immer die Alteingesessenen, die innovativen Trendsetter und die, die ihr eigenes Dinge für ihr teils winziges Zielpublikum machen.

Niemand zwingt dich interlektuelle, sozialkritische Kunstfilme zu sehen, aber ist das ein Grund sie zu verbieten?

Allerdings bin ich gezwungen, mich mit Computerprogrammen zu beschäftigen, wenn ich am Computer sitze. Ich bin gezwungen, den Leuten zu vertrauen, die diese Programme herstellen.
Übrigens nervt es mich etwas, daß man scheinbar versucht, mir hier Worte in den Mund zu legen.
Hab ich irgendwo geschrieben, daß abgehobene Rollenspieltheoretiker verboten werden sollten?
Ich bin dafür, daß Rollenspieltheorien der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden und daß RPG-Authoren auch einen Blick auf das Wesentliche haben und nicht in ihrem Theorie-Himmel vollkommen an den Bedürfnissen vorbeiproduzieren.
Wenn das einige machen, ist das ja nicht so wild.
Aber man sehe sich mal die Computersparte wieder mal an. Da hocken mehr als genug Leute, mit denen man sich nicht unterhalten kann, wenn man nicht selber Informatik studiert hat und gerade heutzutage werden auch gerne Programme entworfen, die zwar für die Kunden entwickelt wurden, aber in der Anwendung vollkommen unpraktisch sind bzw. die Bedürfnisse teilweise oder ganz außer Acht lassen, die sie befriedigen sollen.

Zitat von: haukrinn
Die Theorie hat die Aufgabe, das Rollenspiel, insbesondere seine Mechanismen und seine Interaktion mit der Umwelt, zu erklären. Verbesserung ist grundsätzlich keine Aufgabe einer Theorie. Das ist "nur" die Aufgabe ihrer praktischen Umsetzung, die ermöglicht wird, weil man die theoretischen Zusammenhänge dank der Theorie (hoffentlich) klarer sehen und (HOFFENTLICH) besser verstehen kann.

Danke für die Richtigstellung! Das ist einleuchtend.
Darf ich Deinen letzten Absatz so verstehen, daß die Theorien diesen Grundanspruch nicht erfüllen, weil sie selber nicht mehr verständlich sind?
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Ein am 3.03.2005 | 16:11
Okay. Viele tuen hier so, als wäre jede Form von Rollenspieltheorie total abgespacet und würde nur verstanden, wenn man einen Doktor in irgendeiner akademischen Disziplin hätte, was murks ist. :-*

Sicher Big Model, GNS, GENder sind alle sehr komplex und vergeistlich. Aber Robin's Laws oder das alte Three-Fold sind leicht verständlich und trotzdem Theorie. :d

Theorie muss nicht überkompliziert werden (einen Vorwurf den ich selbst immer gegen die Forge erhebe), sie kann auch leichter verständlich sein. ;)

Aber der Knackpunkt ist doch der: Wenn euch all die Theorie in ihrer jetztigen Form nicht in den Kram passt. Setzt euch hin, analysiert, abstrahiert und formuliert selbst. Schreibt eure eigenen Theorien, wenn euch die anderen sprachlich oder technisch nicht zu sagen.

Das ist nämlich auch eine Art und Weise, wie man das Rollenspiel weiterbringen könnte. Und sicherlich konstruktiver als nur den Theoretikern vorzuwerfen, sie wären versnobte Avantgardisten und Möchtegern-Gelehrte. ;)

Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Dash Bannon am 3.03.2005 | 16:12
puh ich trau mich ja eigentlich nicht so richtig, aber ich äussere mich mal dazu..

also ich verstehe vor allem eines nicht.warum man sich darüber aufregt das Theorien aufgestellt werden, echt ich kapiere es nicht. Wenn jemand Theorien zum Rollenspiel entwickeln will, ists doch in Ordnung, wenn ein neues, interessantes System dabei herauskommt freuts mich.
Und auch wenn ich mich dagegen wehre haben diese Theorien (so weit ich sie mir angeschaut habe) dazu geführt, dass ich über meine Art zu spielen (und zu leiten) nachgedacht habe.
Ein kleines Problem hätte ich nur damit, wenn irgendwer kommt und mir irgendetwas 'aufzwingen' will oder mich als 'dumm' bezeichnet, nur weil ich mich eben nicht mit diesen Theorien auseinandersetze (hat ja aber niemand gemacht)

Bin selbst kein Spieleentwickler, aber ich probiere gerne auch mal ein neues System aus und vor allem InSpectres hat mir auch viel Spaß gemacht.

mein kleines, unmassgebliches Fazit:
Theorie ist doch schön, wenn was dabei rumkommt ists noch besser und nur weil es mich nicht interessiert ist es nicht unnütz und ich hätte dann doch tatsächlich mal Interesse an einem Workshop for dummys.
Wenns hilft mir neue Horizonte zu eröffnen ist das was feines und zu einem gewissen Grad hat es das schon getan..
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Haukrinn am 3.03.2005 | 16:17
Danke für die Richtigstellung! Das ist einleuchtend.
Darf ich Deinen letzten Absatz so verstehen, daß die Theorien diesen Grundanspruch nicht erfüllen, weil sie selber nicht mehr verständlich sind?

Nein, diese Theorien erfüllen den Grundanspruch nicht, weil niemand Argumente darlegt, die eine Übereinstimmung der Theorie mit der Wirklichkeit belegen. Elementarteilchenphysik ist auch nicht mehr verständlich. Die Physiologie des Gehirns auch nicht. Aber beide Theorien sind fundiert und alles andere als wertlos.
Aber solange nicht klar ist, daß die Theorie ein gültiges Modell der Wirklichkeit ist, ist ihre Anwendung auf praktische Belange nicht wirklich sinnvoll. Denn im Grunde ist so eine Theorie nichts weiter als ein Zusammenschluß von "Ich habe mal gehört, daß..." und "Jemand, der vorgibt Ahnung zu haben, behauptet...".
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Bitpicker am 3.03.2005 | 16:30
Schade für die ganzen Theaterwissenschaftler. Und die Filmwissenschaftler. Und die Sportwissenschaftler. Und die Regisseure und Drehbuchautoren. Und die Literaturwissenschaftler (Germanisten, Anglisten, Amerikanisten). Die beschäftigen sich nämlich alle auf hohem Niveau mit Freizeitbeschäftigungen (Theater, Fernsehen, Film, Lesen, Sport). Und du hast ihnen allen eben ganz einfach die Daseinsberechtigung abgesprochen. Super!

(...)

Und jetzt zur Überraschung: Rollenspiel ist Kunst.

(...)

"Any artist (including, for the sake of discussion, a roleplayer) who has studied the structure and theory of his medium approaches it in a very different way than does someone who has not undertaken the same study." - TonyLB auf The Forge

So, hier meine Meinung:

Ich bin so ein Anglist, Amerikanist und Germanist. Ich habe sogar meine Magisterarbeit über Rollenspiele als Literaturform geschrieben, bin also auch schuldig am Herumtheoretisieren. Aber, und deshalb habe ich auch das Zitat aus Fredis Sig dazugepackt:

Die Implikation (die ich jetzt nicht Fredi in die Schuhe schieben will), dass Theoriekenntnis automatisch auch einen Künstler gebiert, ist schlichtweg falsch. Ein Studium der Literaturwissenschaft macht einen nicht zu einem guten Autor, so wenig wie ein Studium der Philosophie einen zum Philosophen macht. Ein Studium der Rollenspiel-Theorie ist für 'besseres' oder auch nur 'gutes' Rollenspiel keine Voraussetzung - weder kann ein theoretisch nicht untermauertes Spiel nur schlecht sein, noch ist ein theoretisch untermauertes Spiel automatisch gut. Das ist leider etwas, das in den Theoriediskussionen viel zu oft mitschwingt. Meines Erachtens führt die ganze Beschäftigung mit der Theorie häufig nur dazu, dass man die Praxis aus der Sicht verliert. Genau deshalb spare ich mir die meisten Theoriediskussionen mittlerweile - sie lenken mich vom Spiel selbst ab, denn egal wie viel Theorie ich kenne, ob ich sie auch umsetzen kann, ist eine Talentfrage, keine Frage des Wissens.

Das ist ein fundamentaler Unterschied zwischen Theoriekenntnis in Geisteswissenschaften oder Künsten auf der einen und Naturwissenschaften auf der anderen Seite, denn bei den Naturwissenschaften gibt es objektive Wahrheiten, bei Geisteswissenschaften und Künsten nicht.

Robin
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Monkey McPants am 3.03.2005 | 16:45
@Bitpicker: Als Anglist sollte dir allerdings klar sein das, zumindest in dem Quote das du zitiert hast nirgendwo behauptet wird das Theorie einen Deppen automatisch zum Künstler macht. Alles was es aussagt ist das jemand der sich [Kunst]Theorie beschäftigt anders an Kunst herangeht als jemand der das nicht tut, eine Tatsache die hier wohl keiner bezweifelt.

Das man ob all der Theorie die Praxis aus den Augen verliert ist eine legitime persönliche Angstvorstellung, aber kein Fakt.

M
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Fredi der Elch am 3.03.2005 | 16:52
Die Implikation (die ich jetzt nicht Fredi in die Schuhe schieben will), dass Theoriekenntnis automatisch auch einen Künstler gebiert, ist schlichtweg falsch.
Völlig richtig.

EDIT: Einen muss ich hier noch einschieben: Die Typen, die in einer Kneipe auf der Bühne was vorspielen machen Kleinkunst. Rollenspielen ist also so eine Art Kleinstkunst. :) Und die beteiligten Künstler (sprich "Spieler") sind auch gleichzeitig das Publikum! Schööön. :D

Zitat
Genau deshalb spare ich mir die meisten Theoriediskussionen mittlerweile - sie lenken mich vom Spiel selbst ab, denn egal wie viel Theorie ich kenne, ob ich sie auch umsetzen kann, ist eine Talentfrage, keine Frage des Wissens.
Und genau dem würde ich widersprechen. Umsetzung ist eine Mischung aus Erfahrung (im tatsächlichen Spiel), mehr Erfahrung (viele verschiedene Rollenspiele angesehen und angespielt zu haben) und theoretischem Wissen. Und vielleicht auch ein wenig Talent. Natürlich macht Theorie noch keinen Künstler. Und natürlich muss nicht jeder Künstler zwingend von Theorie profitieren. Aber es kann so sein und es ist IMO sogar sehr oft so. Schließlich hat die Malerei auch davon profitert, dass sich mal wer über die Gesetzmäßigkeiten der Perspektive Gedanken gemacht hat. Also: Theorie muss nicht gut sein, kann aber sehr wohl. Und die Praxis (InSpekters, Primetime Adventures uvm.) zeigt doch, dass sie wirklich einen ganz klaren, praktischen Nutzen hat.

mein kleines, unmassgebliches Fazit:
Theorie ist doch schön, wenn was dabei rumkommt ists noch besser und nur weil es mich nicht interessiert ist es nicht unnütz und ich hätte dann doch tatsächlich mal Interesse an einem Workshop for dummys.
Wenns hilft mir neue Horizonte zu eröffnen ist das was feines und zu einem gewissen Grad hat es das schon getan..
Und das ist IMO ein brilliantes Fazit, das meine Auffassung gut auf den Punkt bringt. Danke Dorin! :)
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: 1of3 am 3.03.2005 | 17:05
Wer sich übrigens einen Überblick über die ganzen merkwürdigen Worte verschaffen möchte, kann mal in den Begriffsdefinitionen schauen.

http://tanelorn.net/index.php?topic=6541.msg115677

@Ludo: Da findet sich auch der Gamist.
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: wjassula am 3.03.2005 | 17:54
Ich erspare dem Thread meine Meinung, die nur auf das Widerkäuen von schon Gesagtem rauslaufen würde. Weil ihr aber vielleicht gerne ein bisschen Resonanz bekommt: Fredi hat grundsätzlich Recht und Bitpicker hat da etwas Richtiges über den Nicht-Zusammenhang von Theorie und Praxis gesagt (was Fredis Position meiner Meinung nach nicht entwertet).

Das wichtigste Argument, das ich als interssierter Leser aus dem Thread mitgenommen habe ist, dass man schliesslich kein Theorieexperte sein muss, um von Spielen, die aufgrund theoretischer Überlegungen entstehen, zu profitieren. An anderer Stelle hier im Forum hat mal jemand sinngemäss geschrieben, nach eine Runde PtA wisse man, was Narr ist, auch wenn man es vielleicht nicht erklären könne. Und damit können doch eigentlich alle zufrieden sein. Minimal bekommt man tolle neue Spiele, über deren Entwicklungsgeschichte man null und nichts wissen muss, um damit grossartige Spielabende zu verbringen.

Zum Thema Jargon: Fachvokabular soll halt grade lange Diskussionsprozesse irgendwann mal eindampfen, in einen Begriff. Damit nicht die immer gleichen Diskussionen noch mal führen muss. Und damit relativ eng umgrenzt ist, wovon man redet, wenn man von etwas redet. Das hat leider zur Folge, dass man sich da einarbeiten muss, wenn man mitreden will. Solange diese Einarbeitung so vielen Leuten wie möglich offen steht, finde ich das auch nicht weiter schlimm.

Theoriediskusionen schaden keinem und nützen vielleicht nicht allen, aber vielen. Damit kann ich ganz gut leben.
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Gast am 3.03.2005 | 20:42
Mal eingeworfen:

Wenn die Früchte dieser Theorie Spiele wie "Primetime Adventures" oder "My Life with Master" sind, dann sollen die Leute verflucht nochmal weiter theoretisieren. Lange hatte ich nicht mehr so das Gefühl etwas spannendes, neues zu spielen und viele der Dinge, der Sachen, die sie machen gefallen mir schlicht besser als die Mechanismen der Klassiker.
Als ganz einfaches Beispiel finde ich ein konfliktbasiertes System wie bei PtA um Welten besser als die handlungsbezogene Würfelei alter Spiele.
Wollt' ich nur mal gesagt haben...
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Bitpicker am 4.03.2005 | 08:07
@Bitpicker: Als Anglist sollte dir allerdings klar sein das, zumindest in dem Quote das du zitiert hast nirgendwo behauptet wird das Theorie einen Deppen automatisch zum Künstler macht. Alles was es aussagt ist das jemand der sich [Kunst]Theorie beschäftigt anders an Kunst herangeht als jemand der das nicht tut, eine Tatsache die hier wohl keiner bezweifelt.

Das man ob all der Theorie die Praxis aus den Augen verliert ist eine legitime persönliche Angstvorstellung, aber kein Fakt.

M

In dem Zitat ist durchaus nur von Künstlern die Rede - die Implikation, die ich hineinlese, lese ich allerdings vor allem deshalb hinein, weil ich weiß, von wem und von wo sie kommt (the Forge). Ich habe jahrelang die Newsgroup (wie hieß sie denn noch gleich) alt.games.advocacy (oder war es rec.games.frp.advocacy?) verfolgt, auf der bereits seit langemTheoriediskussionen liefen, und diese etwas elitäre und schlichtweg falsche Grundaussage schwang da sehr häufig mit. Mit einigen Leuten habe ich damals E-Mails ausgetauscht, und es war dort eine gewisse Tendenz zu erkennen, dass die Leute, die am wildesten theoretisierten, schon ewig nicht mehr gespielt hatten... Natürlich heißt das nicht, dass automatisch ein Kausalzusammenhang besteht, aber ich bemerke bei mir (und das ist keine persönliche Angst, aber eine persönliche Meinung): die Auseinandersetzung mit der Theorie, konkret damit, das Rollenspiel als eine Literaturform zu definieren, hat meine Wertschätzung des Mediums gehoben, aber die Qualität meines Leitens in keiner Weise verbessert.

Robin
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Fredi der Elch am 4.03.2005 | 17:30
Natürlich heißt das nicht, dass automatisch ein Kausalzusammenhang besteht, aber ich bemerke bei mir (und das ist keine persönliche Angst, aber eine persönliche Meinung): die Auseinandersetzung mit der Theorie, konkret damit, das Rollenspiel als eine Literaturform zu definieren, hat meine Wertschätzung des Mediums gehoben, aber die Qualität meines Leitens in keiner Weise verbessert.
Dem kann ich teilweise zustimmen. Dass ich mich mit Theorie beschäftige hat sicher nicht die Qualität meines Leitens verbessert. Aber ich halte die "Qualität" des Leitens (was immer das eigentlich sein mag) auch für einen völlig ungeeigneten Maßstab dafür, ob jemand ein "Künstler" ist oder nicht. Beim Rollenspielen ist IMO jeder Mitspieler ein Künstler, Spielleiter oder nicht.
Und ich kann sagen, dass die Beschäftigung mit der Theorie auf jeden Fall meinen Spielspaß gesteigert hat. Ich weiß jetzt deutlich besser, was mir Spaß macht und was ich will. Ich weiß besser, wie ich das kriegen kann, was ich will. Ich kann das auch besser kommunizieren. Und ich konnte sogar ein paar Leute finden, die ähnliche Vorlieben wie ich haben (Danke IRC-Narren!). Und das Alles hat dazu geführt, dass mir Rollenspielen deutlich mehr Spaß macht als vor ca. 3 Jahren. Und das ist doch das, was zählt!

(Meine Meinung zu "Playing on Purpose" gibt’s irgendwann auch noch)
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Monkey McPants am 4.03.2005 | 17:42
Ich weiß nicht ob mich die Beschäftigung mit der Theorie zu einem besseren SL gemacht hat, aber es hat mich auf jeden Fall zu einem offeneren, freieren SL gemacht. (Eine Entwicklung die ich sehr positiv sehe.)

Außerdem gehts mir wie Fredi: Ich hab besser gelernt was ich möchte und wie ich das ausdrücke.

M
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: NiceGuyEddie am 4.03.2005 | 18:57
Ich weiß nicht ob mich die Beschäftigung mit der Theorie zu einem besseren SL gemacht hat, aber es hat mich auf jeden Fall zu einem offeneren, freieren SL gemacht. (Eine Entwicklung die ich sehr positiv sehe.)

Außerdem gehts mir wie Fredi: Ich hab besser gelernt was ich möchte und wie ich das ausdrücke.

Kann mich dem anschließen. Vor allem hat es mir gezeigt, dass das Spiel, wie ich es früher gespielt habe auch nur eine Art ist Rollenspiel zu machen - und es noch eine Menge Möglichkeiten mehr gibt. Eben offener und freier.
Wisst ihr was? Ich finde Rollenspieltheorie ist besser als ihr Ruf!  ;)
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Boba Fett am 7.03.2005 | 15:35
Ich muss noch was nachliefern...

Ich hatte ja schon klargestellt, dass mir nicht die Diskussion an sich im Wege sind, sondern die Jargonbegriffe und Anglizismen...
Eines ist mir dazu noch eingefallen. Was mich besonders an den aus der Forge stammenden Begriffe (meistens Anglizismen) stört, ist dann noch, dass viele von diesen unglücklich gewählt sind.
Daher sollte man denen ggf. deutsche, bessere weil verständlichere (und eindeutigere) Begriffe zuordnen.

Ein Beispiel war der Begriff "Exploration", der in der Forge eindeutig verwendet wird.
Wenn ein Laie aber den Begriff liest, dann wird er ihn definitiv nicht das darunter verstehen, was die Forge-Eingeweihten darunter versteht. Und von diesen eher "ungenauen" Begriffen, deren Deutung man manchmal auch erstmal suchen muss, finden sich da eine ganze Menge.
Hilfreich wäre also ein "übersetzter Jargon" inklusive Definitionsliste, auf den man sich beziehen kann.
Problem nur: wer macht die Arbeit und wer hält sich dran, immerhin haben sich die Forge-Begriffe ja bei den Forge-Eingeweihten ja eingebürgert...
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Monkey McPants am 7.03.2005 | 15:51
Naja, "exploration" ist auf meiner "Lister zweideutiger/unklarer Jargon-Begriffe" sehr, sehr weit unten. Hat bis jetzt ebenfalls jeder verstanden dem ich davon erzählt hab.

M
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Bad Horse am 7.03.2005 | 16:04
So, hier bin ich auch... besser spät als nie.

1. Ich verstehe mich als Rollenspieler durchaus als Künstler. Wenn ich eine Geschichte schreibe, läuft prinzipiell der selbe Prozeß ab, der auch stattfindet, wenn ich ein Abenteuer schreibe. Anders gewichtet, natürlich, aber eigentlich läuft es darauf hinaus, erstmal verschiedene Szenen zu entwickeln und dann zu überlegen, wie die zusammenhängen könnten, wie ich von a) nach b) komme. Die Resolution der Sache ist natürlich unterschiedlich (ich schreibe meine Abenteuer nicht als Geschichten), aber ich sehe keinen fundamentalen Unterschied. Ich bin jetzt vielleicht nicht Goethe oder Grass - klar - aber wenn ich Geschichten schreibe, benutze ich dasselbe Medium. Damit benutze ich ein Medium, das ziemlich eindeutig als Kunst zu definieren ist. Und der Unterschied zwischen Prosa und Abenteuer liegt - für mich - in der Gewichtung der einzelnen Elemente.
Auch der Vergleich mit dem Theater hinkt nicht unbedingt. Warum gehe ich denn ins Theater? Um in Geschichte einzutauchen und dadurch - im günstigsten Fall - Erkenntnisse und Rückschlüsse für mein eigenes Leben mitzunehmen. Klassisches Theater basiert u.a. darauf, daß sich das Publikum mit dem Helden identifiziert. Und beim Rollenspiel? Im Idealfall tauche ich da auch in eine Geschichte ein und nehme daraus Erkenntnisse für mein eigenes Leben mit. Warum sollte das eine Kunst sein und das andere nicht?

2. Zum Thema Theorie: Nein, ein Künstler braucht vielleicht keine Theorie. Ein Schriftsteller muß nicht wissen, wie eine Geschichte aufgebaut ist, was ein Blickwinkel ist und wie man ihn verwendet. Ich denke, viele Schriftsteller haben ein intuitives Gespür für solche Dinge. Aber schaden tut es nun sicher auch nicht - ganz im Gegenteil, es hilft vielleicht, Fehler zu vermeiden und eine gute Idee durch einen Fehltritt zu entwerten. Genauso bei der Musiktheorie - klar kannst du eine Melodie erfinden, ohne zu wissen,  wie das mit Tonika, Dominante und Subdominante funktioniert. Aber wenn du mal hängst, hilft der das Wissen über die Zusammenhänge vielleicht weiter.
Und so ist es auch im Rollenspiel. Du brauchst die Theorie vielleicht nicht, um gut zu spielen oder zu leiten, aber wenn du hängst oder wenn irgendwas schief läuft, dann hiflt sie dir möglicherweise, einen Lösungsansatz zu finden. Oder zumindest eine Erklärung, mit der du Konflikte das nächste Mal besser bewältigen kannst. Du sieht einfach deutlicher, was du - und was andere - tun, und das ist eigentlich alle Rechtfertigung, die so eine Theorie braucht.

3. Ja, das Problem mit den "Begrifflichkeiten" sehe ich auch. Ich habe GNS am Anfang völlig anders verstanden - aber lustigerweise hat dieser fehlverstandene Ansatz mir in meiner privaten wie-geht-denn-Rollenspiel-Theorie sehr weitergeholfen. Insofern finde ich es wichtig, daß diskutiert wird. Besser, es kommt zu Mißverständnissen (wer weiß, was daraus wird), als es wird überhaupt nicht debattiert.  :)
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: NiceGuyEddie am 7.03.2005 | 16:05
Ich glaube auch, dass die Jargonbegriffe es einem zunächst einfach schwer machen in das ganze hinein zu kommen und vor allem auch abschrecken. Ich meine: Man liest "Narrativismus" und versteht es nicht, also beschäftigt man sich nicht weiter damit. Erst wenn man mal ein bischen mitgelesen hat, merkt man so richtig, dass es ja auch letztendlich nur um Rollenspiel geht - eben etwas, worüber jeder mitreden kann. Ich gehe jede Wette ein, dass so einige von den Begriffen abgeschreckt sind(wie ich auch zunächst). Ist ja auch ungewohnt: So viele komische Namen(auch noch Fremdwörter), für Sachen, für die man früher nie Worte brauchte.
Natürlich liegt das zum Teil auch daran, dass man diese Sachne vorher nicht kannte, aber ein grundlegendes Verständnis für [hier beliebigen theoretischen Begriff einfügen] hat man vielleicht trotzdem - ob man den Namen kennt oder nicht.

Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Bitpicker am 16.03.2005 | 16:38
Noch mal kurz zum Thema Theorie: die aktuelle Beschreibung der PtA-Runde in den Session Diaries hat mir in einer einzigen Nachricht bereits mehr gebracht als alle Theorie-Beiträge und Diskussionen zusammen.

Robin
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Barbara am 16.03.2005 | 16:40
Noch mal kurz zum Thema Theorie: die aktuelle Beschreibung der PtA-Runde in den Session Diaries hat mir in einer einzigen Nachricht bereits mehr gebracht als alle Theorie-Beiträge und Diskussionen zusammen.
Das glaube ich dir gerne. Die Frage ist nur, gäbe es diese Beschreibung ohne Die Diskussionen? Wenn ich das richtig verstanden habe, ist das System doch aus den Theorien heraus entstanden.
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Schwules Lesbenpony am 16.03.2005 | 16:43
Ah, Dr. Sinclair, Sie sind mir mal wieder zuvorgekommen.
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Catweazle am 16.03.2005 | 16:56
Praxis ohne Theorie = "try and error". Kann klappen, muss nicht.

Theorie ohne Praxis = Selbstzweck. Für außenstehende ohne Belang, weil Ergebnisse fehlen, welche die Theorie bestätigen können.

Theorie UND Praxis = die beste Chance auf ein anständiges Ergebnis.

Die Frage nach dem richtigen Verhältnis ist eine individuelle, oder?
Titel: Re: Rant: Zu viel Theorie?!
Beitrag von: Lord Verminaard am 16.03.2005 | 20:18
Schön gesagt. Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen.