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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Allgemein => Thema gestartet von: Jiba am 8.03.2014 | 07:41

Titel: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Jiba am 8.03.2014 | 07:41
Hallo Freunde,

seit dem letzten GROSSEN (und eigentlich schon davor) treibt mich eine Frage um, die ich hier gerne diskutieren würde. Sind vor allem Beobachtungen über meine persönlichen Spielvorlieben, aber auch Dinge, die ich in theoretischen Texten (z.B. Blake Snyders "Save the Cat") wieder finde. Zur Sache:

Ich habe festgestellt das mir persönlich die Geschichten und auch Spielrunden am meisten geben und Spaß machen, die von "normalen" Leuten handeln. Mit "normal" meine ich hierbei Leute wie du und ich, deren Konflikte nicht aus einem wie auch immer gearteten Superhelden-, Fantasy- oder Science-Ficition-Einfluss herrühren, sondern die persönliche Konflikte aus ihnen selbst sind. Diese Leute leben nicht in magischen Welten und bekämpfen keine Monster. Sie leben im hier und jetzt, sie könnten die Straße runter wohnen. Auch historische Epochen sind möglich, solange die Protagonisten mit den Problemen ihrer Zeit und ihren inneren Umtrieben zu kämpfen haben. Diese können auch ins Extreme ausschlagen (Drogen, Gewalt, Unterdrückung, etc.), aber es sind Probleme, die nicht durch phantastische Elemente zusätzlich aufgeladen werden müssen, um zu wirken. Es sind normale Leute mit menschlichen Problemen.

Wenn ich meine besten Runden Revue passieren lasse, dann stelle ich fest, dass sie sämtlich diese Elemente enthalten haben: Das Familienbegräbnis, bei dem einander entfremdete Angehörige wieder an einen Tisch kommen. Der neunzigste Geburtstag einer reichen Erbtante, bei der die Protagonisten beschließen, Tantchen um die Ecke zu bringen und so hinter ihre finsteren Machenschaften kommen. Ja, selbst in Runden die phantastische Elemente haben, waren die Nicht-Phantastischen das Reizvollste für mich: Der von meinem SL realistisch gehaltene Krieg in Ussura bei 7te See, der vier gestandene Montaigner an ihre physischen und psychischen Grenzen bringt. Das Beziehungschaos und der Umgang mit den neuen Kräften und Pflichten in unseren Teenage-Werwolf-Runden. Das kalte Hassliebe-Verhältnis zwischen einem jungen Drachenblütigen und seinem Vater bei "Exalted". Das alles hätte auch ohne phantastische Elemente genau so gut funktioniert...

Und wer mir jetzt mit Eskapismus kommt: Mir fällt vor allem auf, dass diese "Geschichten über normale Menschen" ein riesiges Genre sind, dass auf der Welt ständig und von allen konsumiert wird. Unzählige Romane erzählen solche Geschichten; und wenn man in die Aufstellung der diesjährigen Oscar-Nominierungen guckt, dann gibt es eigentlich nur einen Film mit phantastischen Elementen, der in der engeren Auswahl ist. Alles andere sind, um es mit "Philomena" zu sagen, "Human Interest Stories".

Jetzt könnte man natürlich sagen: "Joah, so normale Leute sind ja für einen One-Shot ganz nett, aber für längerfristige Runden tragen sie nicht." Da halte ich dagegen, dass das TV voll von seriellen, sich über die Länge entwickelnden Geschichten ist, die sich im Kern um normale Leute drehen: Breaking Bad, Mad Men, Broadwalk Empire, The Tudors, Sons of Anarchy, Prison Break, Grey's Anatomy... die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Und es scheint auch nicht so zu sein, dass diese Serien sich schlechter zum von Rollenspielern viel geschätzten Eskapismus eignen: Leute konsumieren sie tagtäglich zur Entspannung und da sind auch Rollenspieler darunter. Eine Menge Rollenspieler.

Ich will hier wirklich keinen Spielstil über den anderen erheben: Jeder soll das spielen, was ihm Spaß macht. Ich habe eben nur gelernt, dass die ganzen phantastischen Spezialeffekte als Selbstzweck nicht für mich funktionieren - oder besser, nicht mehr. Das sind bunte Girlanden, hinter denen man die echten Probleme, die uns auch was angehen, versteckt. Abenteuer sind langweilig, wenn sie nicht Entwicklungen auf einer persönlichen Ebene widerspiegeln. Fantasywelten sind langweilig, wenn sie nicht zur Behandlung von Alltagserfahrungen taugen. Zumindest erkenne ich das jetzt langsam für mich...

Nun zu euch: Habt ihr längerfristige Runden ganz ohne phantastische, Superhelden-, Horror- oder SciFi-Elemente gehabt? Haben sie funktioniert? Woran liegt für euch der Reiz solcher Spiele? Und warum stoßen sie euch ab? Warum werden sie im Rollenspielbereich nicht mehr gespielt?
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: La Cipolla am 8.03.2014 | 07:52
Ich mache da tatsächlich keinen Unterschied. Solange die Charakter "normale Leute" sind (also irgendwo lebendige Charaktere mit "menschlichen" Problemen), können sie ruhig mit Feuerbällen werfen oder spitze Ohren haben. ^^ Das heißt aber auch, dass in D&D ruhig mal ein Familienbegräbnis und in Shadowrun eine Depressionsphase geben darf.

Dann wiederum mag ich auch die "Extreme", die durch unrealistische Settings kommen. Bestes Beispiel sind hier wohl immer die X-men-artigen Sachen, die die ganze Aufwachsen-Thematik wunderbar organisch durch den Metaphorik-Fleischwolf drehen. Man sollte es mit "Interpretationen" aber auch nicht übertreiben. Ist meistens einfach nicht notwendig, um Spaß dran zu haben.

Ich denke, mit Eskapismus (und den entsprechenden Zielgruppen) hast du schon einen wichtigen Grund genannt, warum sowas so selten ist: Warum sollte man? Wenn man alles sein kann, warum dann "normal"? Übernatürliches hindert einen ja nicht daran, realistische Konflikte zu bespielen.

Und falls es falsch rübergekommen ist, ich hab an "realem" Kram auch meinen Spaß. Ist für mich nur nicht sowas aufregend "Anderes".
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Slayn am 8.03.2014 | 08:07
Also kurz und knapp gesagt: Drama.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Jiba am 8.03.2014 | 08:07
Ich denke, mit Eskapismus (und den entsprechenden Zielgruppen) hast du schon einen wichtigen Grund genannt, warum sowas so selten ist: Warum sollte man? Wenn man alles sein kann, warum dann "normal"? Übernatürliches hindert einen ja nicht daran, realistische Konflikte zu bespielen.

Aber es verleitet einen auch dazu, es nicht zu tun: Wenn ich Feuerbälle werfen kann, warum sollte ich Probleme auf der Arbeit ausspielen. Wenn ich unverwundbar bin, warum sollten mich um Probleme wie Rassismus scheren. Wenn ich ein Werwolf bin, der für Mutter Erde kämpft, warum sollte mich um Dinge wie meinen Schuldenberg bei meinem Vermieter kümmern.

Was ich sagen will: Phantastische Elemente neigen dazu, die eigentlich (für mich) interessanten Konflikte zu überschatten und auszubremsen. Die mythologische Überhöhung dieser Dinge funktioniert manchmal natürlich (Watchmen, The Dark Knight, Game of Thrones...), aber in den meisten Fällen eher nicht. Das Spezialeffektgewitter übertönt einfach das Geräusch leise weinender Menschen.
 
Und weißt du, ich bezweifle auch, dass ein Waldläufer-Elf oder Menschenmagier jetzt so viel interessanter und faszinierender ist, als ein FBI-Agent, ein alkoholkranker Vietnamveteran, ein Kunsträuber, ein krebskranker Stuntman, eine humanitäre Ärztin in Afrika, ein Lehrer in einem sozialen Brennpunkt, ein schwarzer Sklave zur Bürgerkriegszeit oder ein von den Nazis verfolgter Schriftsteller. Das sind auch alles Dinge, die ich nicht bin, und vom Reiz her macht es für mich keinen Unterschied, ob ich diesen Leuten jetzt spitze Ohren anklebe oder nicht. Lenkt wahrscheinlich eher vom inneren Potenzial ab.

@Slayn: Naja... nein. Mir geht es ja darum, dass ich Drama, ohne phantastischen Nebenballast habe.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Samael am 8.03.2014 | 08:44
Ich kann mir das nicht vorstellen. Rollenspiel ist für mich Urlaub von den ganzen ätzenden Sachen mit denen man sich im Alltag so rumschlägt.

Ich habe schon ein paarmal mit Normalos begonnen, aber nur um dann das Yübernatürliche in den Alltag hereinbrechen zu lassen (nWoD, CoC).
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Xemides am 8.03.2014 | 09:03
Ich sehe das wie Samuel. Ich will auch keinen Alltag im Rollenspiel haben. Wenn die Basis ist, eine normale Person zu spielen, dann muss es trotzdem um etwas gehen, das sich von der Realität abgrenzt wie z.B. Cthulhu.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Slayn am 8.03.2014 | 09:12
@Slayn: Naja... nein. Mir geht es ja darum, dass ich Drama, ohne phantastischen Nebenballast habe.

Du gibst dir doch einen Teil der Antworten bisher selbst. das was du beschreibst sind keine "Normalen Leute" sondern nur Ansammlungen von Drama-Potential von dem halt nichts ablenken lassen soll. Wenn du deine Einleitung nochmal betrachtest, dann kannst du auch noch Genre-Konventionen und massive Meta-Hintergründe auf deine Liste setzen, die störend wirken werden sofern sie nicht als Katalysator für das Drama herhalten.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: kalgani am 8.03.2014 | 09:20
normalo drama? nein danke, das hab ich schon 24/7 im realen leben.
rollenspiel soll mir etwas phantasische bieten, dass ich so nicht im realen leben erleben könnte.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Jiba am 8.03.2014 | 09:32
rollenspiel soll mir etwas phantasische bieten, dass ich so nicht im realen leben erleben könnte.

Bist du im normalen Leben denn ein Filmregisseur in Hollywood, ein Massenpsychologe bei der CIA, ein chinesischer Industriespion, ein militanter Umweltaktivist, ein Extrembergsteiger oder eine alleinerziehende Mutter mit zwei Jobs und einer Teenager-Tochter mit Schwellenangst?
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Rhylthar am 8.03.2014 | 09:37
Bist du im normalen Leben denn ein Filmregisseur in Hollywood, ein Massenpsychologe bei der CIA, ein chinesischer Industriespion, ein militanter Umweltaktivist, ein Extrembergsteiger oder eine alleinerziehende Mutter mit zwei Jobs und einer Teenager-Tochter mit Schwellenangst?
Nein, und es hat auch einen Grund, warum ich es nicht bin oder sein will.

"Normale" Leute zu spielen, wie sie in der Auflistung da stehen, hat mich für mich keinen/kaum Reiz, höchstens vielleicht der Industriespion, weil es eventuell auf ein "Crime"-Szenario hinausläuft. Und das ist auch das einzige, wo ich es mir vorstellen kann. Wenn wir bei den Serien bleiben: Criminal Minds, CSI, Breaking Bad, Sons of Anarchy...alles Beispiele dafür.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Orlock am 8.03.2014 | 09:39
Ich bin da voll auf Eskapismus. Das wahre Leben ist schon bescheiden genug.
Ich will Held sein und Action erleben!
Drama finde ich schon in Film und Fernsehen langweilig.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Pyromancer am 8.03.2014 | 09:41
Nun zu euch: Habt ihr längerfristige Runden ganz ohne phantastische, Superhelden-, Horror- oder SciFi-Elemente gehabt? Haben sie funktioniert? Woran liegt für euch der Reiz solcher Spiele?

Das näheste, was ich hatte, war eine kurze "Dogs in the Vineyard"-Kampagne mit dem Übernatürlich-Drehregler auf null. Das hat funktioniert. Aber Teenager-Mormonen-Paladin-Revolverhelden sind jetzt auch nichts, was ich als "normal" bezeichnen würde.

Über den mir wichtigen Teil hab ich mich mal an anderer Stelle (http://www.tanelorn.net/index.php?topic=78740.0) ausgelassen, der Reiz bei "normalen" Charakteren liegt wahrscheinlich darin, dass man "näher" an ihnen dran ist und somit auch leichter eine emotionale Bindung aufbauen kann - wobei mir persönlich dabei Elfenohren oder ein Raumschiff im Hintergrund nicht im Weg stehen.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Jiba am 8.03.2014 | 10:04
Breaking Bad

Na, also für mich ist Breaking Bad eindeutig keine Crime-Story. Eher eine Human Interest Story mit Crime-Elementen.

@Pyromancer:
Alles sehr gut auf den Punkt gebracht, in dem anderen Thread. Und das könnte eine fundierte Analyse der Situation sein.

Woran es sich aufzuhängen scheint, ist unser aller Verständnis von Eskapismus. Ich empfinde das Spielen eines ganz normalen Passagiers auf einem von Piraten vor der Küste Somalias gekaperten Kreuzfahrtschiff schon als Eskapismus. Oder das Spielen eines alten Mannes, der aus dem Altersheim ausbricht und es nochmal wissen will, bevor die Altzheimer ihn ganz auffrisst. Oder das Spielen eines Self-made-man, der mit seiner Frozen-Yoghurt-Kette wirtschaftlich durch die Decke schießt, aber sich von seiner Familie entfremdet. Ich bin diese Leute nicht. Aber sie sind Menschen, die interessant sind für mich, weil sie Menschen sind. Nicht weil sie Feuerbälle schmeißen oder mit Laserwaffen schießen. Weil sie eben keine überhöhten Helden sind, sondern... menschlich eben. Das ist mein Eskapismus: In Leute reingucken, Leute sein, die ich nicht sein kann, weil ich sie nicht bin. Und eine Geschichte zu erzählen, über diese Leute. Alles andere ist für mich nicht so interessant. Das was Pyromancer "emotionaler Anspruch" nennt, trifft es ganz gut.

Andererseits bin ich aber auch jemand, der sich sowieso darüber wundert, warum im SEHEN-Thread immer nur über so Sachen wie "Thor", "Star Trek" oder "Der Hobbit", aber nie über so Sachen wie "Babel", "Oldboy" oder "Broken Flowers"...
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Keuner am 8.03.2014 | 10:08
Ich kann mich an keine Normalos erinnern. Aber ich mag auch vor allem Fantasy.
Ich bin der Meinung, dass zusätzliche Phantasie-Elemente immer bereichernd sein können.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Nocturama am 8.03.2014 | 10:10
Ich spiele "normales Drama" auch sehr gerne, aber ich finde es nicht per se besser als Drama mit fantastischem Einschlag  ;) Ich wollte schon behaupten, dass ich normales Drama primär in One-Shots gut finde, aber dann ist mir unsere PTA-Runde mit der britischen Insel eingefallen.

Das war noch vor Breaking Bad (in der seligen Zeit von "Weeds"), hatte aber eine ähnliche Thematik: Eine idyllische Ortschaft auf einer britischen Insel ist im Niedergang, nachdem sich die wirtschaftlichen Umstände geändert haben. Der lokale Lord fängt aus einem Gefühl der Verantwortung heraus an, alles durch Drogenhandel instand zu halten. Die Mitschriebe sind in diesem (http://www.drachenzwinge.de/forum/index.php?topic=32300.0) Thread verteilt (man muss vmtl. bei der DZ registriert sein).

Aber war das emotionaler oder dramatischer als, sagen wir mal, die Supernatural-Runde? Die New Orleans-Runde, in der der Teufel vorkam? Die PTA-Runde mit den Ärzten im Weltraum? Meine Silent Hill-Runden?

Nein, war es nicht.

Ich sehe gerade, dass es Pyromancer schon geschrieben hat: Mir stehen fantastische Elemente bei der emotionalen Verbindung zum Charakter nicht im Wege. Im Gegenteil, oft werden die Konflikte überhöht und dadurch noch einen Tacken dramatischer. Aber das ist ja bei den normalo-Dramarunden auch oft der Fall. Ehrlich, das Setup der PTA-Runde war auch schon überhöht.

Bei "normalen" Runden liegt für mich eher der Reiz darin, mich in die Lebenssituation einer anderen Person einzudenken - was wieder bei zu schrägen Alltagssituationen nicht funktioniert. Prison Break? Really?

Der Vor- und Nachteil bei wirklichen Alltags-Setups liegt für mich eben darin, mich mit realen Lebenssituationen zu beschäftigen. Das kann einem einerseits das Gefühl geben, bestimmte Umstände besser zu verstehen, aber ich kann mich dabei auch des Gefühls nicht erwehren, dass es irgendwie unpassend ist, sowas zur Unterhaltung im Spiel zu verarbeiten (beispiel wäre da die junge türkische Ehefrau in der unglücklichen Ehe, die ich mal gespielt habe).
Das gleiche würde dann auch für die harten historischen Settings gelten - wir haben ja schon mal über einen Hack für Montsegur gesprochen, wo es um den zweiten Weltkrieg geht. Dazu kommt noch, dass manche Themen einfach sehr, sehr arg sind. Wenn ich beim Rollenspiel recht empathisch spiele, könnte mir das einfach zu viel werden. Ich weiß nicht, wie genau ich mir vorstellen will, wie es Kindersoldaten in unserer Welt geht oder der Zwangsprostituierten aus dem Ostblock - und ob ich das passendes Material für ein Rollenspiel finde.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Mamenchi am 8.03.2014 | 10:13
Also ich bin im RL schon ein Mensch mit keinen Powers/Millionen aufm Konto/...

Dann will ich sowas auch nicht auch noch in meiner Freizeit spielen :(

ich will toll sein, Abenteuer erleben, Sachen können, die ich im RL nicht kann

Wenn ich jetzt Humans Live spielen müsste, würde ich sofort aussteigen, ist ja schließlich meine Freizeit in der ich entspannen will und nicht seelische Dramen und Dillemmas erleben

Um auf deine Frage zu Antworten: NEIN ich will keinen normalen Menschen spielen und nein ich würde bei einer solchen Session auch keinen Spaß haben, außer es wäre jetzt ein Detektiv Spiel (Private Eye)

@Topic Starter
laß mich raten, du spielst schon seit mindestens 20 Jahren P&P und hast in deiner Zeit schon 1001 Rollenspielsysteme erlebt

Nichts gegen deine Art der Altspieler, die alles schon gesehen haben, aber das ist ein Virus der in euch Steckt, euch reizt nichts mehr. Warum den Drachen töten? Wenn man ihn schon 5x gekillt hat, sogar jedesmal mit anderen Kräften/Chars? Einmal als Krieger, einmal als Dieb, einmal als bla bla

Entweder alle 3 Wochen das System hinschmeissen weil der Hype/Thrill wieder erledigt ist oder halt wieder was noch extremeres.

Dann kommt man auf schmutzig und dreckig, also Rollenspiele mit so low Power wie möglich und tödlich wie es nur geht :(

Aber es verleitet einen auch dazu, es nicht zu tun: Wenn ich Feuerbälle werfen kann, warum sollte ich Probleme auf der Arbeit ausspielen. Wenn ich unverwundbar bin, warum sollten mich um Probleme wie Rassismus scheren. Wenn ich ein Werwolf bin, der für Mutter Erde kämpft, warum sollte mich um Dinge wie meinen Schuldenberg bei meinem Vermieter kümmern.

seit wann löst Unverwundbarkeit Probleme auf der Arbeit oder Rassismus? ^^
Warum ist Spiderman so erfolgreich? Weil er auch menschliche Probleme wie nen miesen Chef, Geldnöte hat, er könnte ruck zuck Geld machen, aber er ist Superheld UND ein Mensch mit Liebesproblemen, schlechten Klausuren weil er wieder mal die Welt gerettet hat....
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Text am 8.03.2014 | 10:22
Ich persönlich mag am liebsten Geschichten von Leuten die in einer phantastischen Welt ganz normale Alltagsprobleme haben.

Also:
"Heldenreise und die Welt retten, in einer abgedrehten Fantasy-Welt" - berührt mich emotional nicht, zu viel Pathos, zu abgedroschen
"Beziehungsdrama und Angst seien Job zu verlieren, in der realen Welt" - *gähn*, langweilig (Ausnahmen bestätigen die Regel)
"Beziehungsdrama und Angst seinen Job zu verlieren, in einer abgedrehten Fantasy-Welt" - das ist genau mein Ding!
"Heldenreise und die Welt retten, in der realen Welt" - Hollywood? Reizt mich überhaupt nicht
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Luxferre am 8.03.2014 | 10:42
Normale Leute? Hmmm ... ich mag dann eher das normale Setting mit scheinbar normalen Leuten, die aber "besonders" sind. Siehe Unknown Armies. Oder Werewolf, Mage, Vampire ... Das stelle ich mir sehr cool vor. Auch gernen einen halbwegs normalen Typen in einem solchen Setting. Das Drama bei so einer Geschichte stelle ich mir etwas drastischer vor, als Not-OP-Docs bei der Arbeit, wo ich mich in medizinischen Seminaren plagen muss, um den überhaupt darstellen zu können.

Ich mag die pure Realität (die in den genannten Serien übrigens auch nicht dargestellt wird!) nicht für ein Rollenspiel. Harvey Specter ist ein cooler Typ, der alle anderen Anwälte mit links einpackt. Die Serie ist nice to see, aber nachspielen? Da fehlöt es mir an Spezialwissen. Genau das gleiche mit irgendwelchen Methlabors, OP-Sälen, etc. Da ist der Abstrahierungsgrad nachher doch genauso groß, wie Magie wirken oder Götter anrufen und Hilfe bekommen.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Jiba am 8.03.2014 | 10:46
Zitat
@Topic Starter
laß mich raten, du spielst schon seit mindestens 20 Jahren P&P und hast in deiner Zeit schon 1001 Rollenspielsysteme erlebt

Nichts gegen deine Art der Altspieler, die alles schon gesehen haben, aber das ist ein Virus der in euch Steckt, euch reizt nichts mehr. Warum den Drachen töten? Wenn man ihn schon 5x gekillt hat, sogar jedesmal mit anderen Kräften/Chars? Einmal als Krieger, einmal als Dieb, einmal als bla bla

Entweder alle 3 Wochen das System hinschmeissen weil der Hype/Thrill wieder erledigt ist oder halt wieder was noch extremeres.

Dann kommt man auf schmutzig und dreckig, also Rollenspiele mit so low Power wie möglich und tödlich wie es nur geht :(

Wow, da kennt mich einer aber ziemlich gut!  ::)

Zur deiner Information: Ich spiele seit rund 13 Jahren aktiv Rollenspiel, habe einen kleinen feinen Kreis an Rollenspielsystemen bespielt mit dem Blick über den Tellerrand hin und wieder auf Conventions. Ich fing in meiner, glaube ich, dritten Rollenspielrunde an, aktiv auf Drama hin zu spielen (das war in meinem 2. Jahr als Rollenspieler). Einen Drachen habe ich in diesen 13 Jahren noch überhaupt nie getötet (mal abgesehen davon, dass ich dem Dungeon-Crawling rollenspielerisch nicht viel abgewinnen kann; ich habe nie Buch geführt, wieviele Monster meine Charaktere töten). Ich habe auch noch lange nicht alle Konzepte ausgereizt und alle Figuren gespielt, die ich spielen möchte (ein Priesterkonzept steht beispielsweise noch aus).

Meine Lieblingsrollenspiele sind übrigens "Exalted" (phantastischer geht es kaum, fliegende Städte, Lichteffekte und Schwerter wie Surfbretter), "7te See" (Mantel-und-Degen und Zauberei mit richtig HAHA!), "Engel" (Postapokalyptisches, abrahamitisch aufgeladenes Heldenrollenspiel), "Scion" (Superhelden mit Mythologie), sowie "Golden Sky Stories" und das alte "Werwolf"... du siehst, alles extrem phantastisch und zum Teil Over-the-Top... und diese Sachen reichere ich alle immer schon mit Drama, Drama, Drama an. Das ist mein Ding. Seit ich Rollenspiel spiele. Und keine Ermüdungserscheinungen, weil echte Menschen einfach zu komplex und interessant sind um jemals langweilig zu werden.

Also, schlecht geraten.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Mamenchi am 8.03.2014 | 10:51
tja war einen Versuch wert, kenne soviele Altspieler, auf die dein Problem voll gepasst hätte =)

und soviel um ist 20 auf 13 auch nicht, wenn deine 13 Jahre ohne Unterbrechung waren :P

und zu meinen anderen Punkten hast nichts zu sagen? Also wie Unverwundbarkeit den Weltfrieden bringt und so? Feuerbälle lösen auch keine sozialen Probleme =)

edit: wenn du schon alles auf die Goldwaage legst ^^
Der Drache stand für die Befreiung eines Opfers oder Lösung eines Problemes und ich glaube in 13 Jahren, haben deine Chars einige Probleme gesehen. In 13 Jahren hast auch einige Sessions gehabt, alle nur in 2-3 Settings? Respekt, davon träume ich schon seit 20 Jahren

edit2: was verstehst du unter "ich reichere es mit Drama an"?

Du spielst einen Werwolf und wenn der Wyrm etwas verseucht, dann kämpfst du primär nicht dagegen, sondern suchst ingame erstmal nach Opfern, betrauerst ihren Tot, weinst mit den Hinterbliebenen? Besuchst die alte kranke Oma und bringst ihr ne warme Mahlzeit, weil ihre Rente nicht ausreicht? Und deine Gruppe steigt da voll drauf ein oder bist du dann eher der "Sonderling"

Wenn es Gruppenkonsens ist, dann macht das sicherlich viel Spaß. Unter Gleichgesonnen rockt jedes Setting und jede Spielweise
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Luxferre am 8.03.2014 | 10:56
@Drama:

viele reden ja von Drama, können das aber gar nicht (spielen oder definieren).
Ein Drama teilt sich ja bekanntlich in mehrere Akte auf: die Handlung steigert sich, eskaliert und dann BÄM. So der Dreiakter.
Leider wird hier im T der Begriff "Drama" irgendwie anders gebraucht, als es die alten Griechen taten. Es wird eher ein Bruchteil dessen gemeint, die Tragödie. Und ehrlich? Dafür brauche ich kein reales Setting mit realen Leuten. Das, also die Tragödie, geht schön phantastisch überspitzt viel besser. Siehe Hamlet oder auch Faust. Großartig, dem Teufel eine zentrale Rolle zukommen zu lassen. Oder die Befähigung mit den toten zu reden (sinnbildlich und dann plötzlich wirklich). Hui, was für ein Potential für Tragödien.
Aber das ist noch ziemlich nah an unserer Realität dran. Wenn ich jetzt Märchenbilder einbaue: Hexenzirkel, Schwarzmagier in einer Scheune (Krabat ftw), verfluchte Prinzessinen ... Dann wirds für mich richtig schön intensiv.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Ursus Piscis am 8.03.2014 | 10:59
@ topic: Für mich - wie für einige andere auch - ist die Idee "Drama mit Normalos" völlig reizlos. Wenn ich spiele, leite oder schreibe, will ich raus aus dieser Welt. Das ist für mich der eigentliche Sinn daran.  :d
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Praion am 8.03.2014 | 11:06
Jap finde ich auch super. Dinge wie Säulen der Erde lassen sich mit inigen RPGs prima spielen und das wird viel zu selten getan finde ich.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Gunnar am 8.03.2014 | 11:08
Ich finde, dass Alltagsprobleme ein interessanter Spielgegenstand sein können. Dabei schränkt man mittels Genre-Konventionen recht stark ein, was theoretisch beim Rollenspiel alles möglich wäre (nämlich ne ganze Menge).

(Solche setting-bedingte Einschränkung nimmt man natürlich - bewusst oder intuitiv - immer vor, wenn man rollenspielt: durch die Wahl des Settings, den Spielstil und die Wahl der Charaktere. Auch bei Fantasy/ Sci-Fi.)

Einschränkungen sind wichtig und nötig. Viele Mainstream-Fantasy-Sachen lassen, so glaube ich, insgesamt einfach mehr zu, was die Wahrscheinlichkeit erhöhen kann, dass alle Leute am Spieltisch im großen Ganzen Aspekte finden, die sie gerne bespielen wollen. Neben einer gewissen Tradition im RPG-Bereich könnte das ein Grund sein, wieso sich bei Mainstream-Fantasy/SciFi leichter ein gemeinsamer Nenner finden lässt.

(Mainstream-Fantasy Geschichten lassen sich, glaube ich, oft leichter konstruieren, weil komplizierte realweltliche Faktoren gegebenfalls einfach Fantasy-Elemente ersetzt werden (können). Bei Letzteren ist die tatsächliche Plausibilität halt weniger nachprüfbar, weil wir eben in einer normalen und nicht in einer Fantasy-Welt leben. Dann geht es eher nach Gefühl.)

Normalos in einer normalen Welt zu spielen (und dabei trotzdem cinematisch zu bleiben und nicht ins Kaffekränzchenspiel abzugleiten) ist mMn manchmal gar nicht so einfach, wie man glaubt - oft weniger einfach als in einer eh schon überzeichneten Mainstream-Fantasy-Welt. 

Wenn es aber funktioniert und man mit dieser relativ starken Selbstbeschränkung ein "sich-normal-anfühlendes" Genre definiert hat und alle Beteiligten genau auf das Bock haben, dann kann es mMn ganz großartig werden! Genau wie in jedem anderen sehr speziellem Setting mit engem Fokus (= starken Einschränkungen). 

Ich hoffe, man kapiert einigermaßen, was ich da so zu daherschwurbeln versuche...  ;D
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Ich selbst habe bei so Normalo-Drama-Sachen nur immer in One Shots gespielt. Meistens hat es mir sehr gut gefallen. Jederzeit wieder.

Eine Kampagne auf diese Art zu leiten könnte ich mir nicht vorstellen. Die Begrenzungen würden mich nach ner Zeit stören und es wär mir wahrscheinlich zu anstrengend glaubhafte Normalo-Drama-Abenteuer bzw. -Sandboxen zu konzipieren. Da tu ich mich mit Fantasy einfach viel leichter. Wenn's ein anderer leitet, wär ich aber in den vielen Fällen gerne mit dabei.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: 1of3 am 8.03.2014 | 11:23
Als Grund, warum phantastische Genres beliebter sind, dürfte auch beitragen, dass man sie besser zu einem (Brett-)Spiel entwickeln kann. Man kann ein Brettspiel über Helden machen, die Monster erschlagen. Wenn man eines über eine Kleingarten-Anlage macht, so wird die enthaltene Handlung notwendig eine Komödie.

Drama führt zudem dazu, dass sich die Beteiligten verändern. Dass bedeutet, dass sie nach absehbarer Zeit verbraucht sind oder die Handlung unglaubwürdig wird. Wer also eine ausgiebig lange Kampagne spielen  möchte oder am eigenen Charakter als Ideal hängt, wird mit sehr drama-lastigen Runden nicht so zufrieden sein.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Jiba am 8.03.2014 | 11:31
edit: wenn du schon alles auf die Goldwaage legst ^^
Der Drache stand für die Befreiung eines Opfers oder Lösung eines Problemes und ich glaube in 13 Jahren, haben deine Chars einige Probleme gesehen. In 13 Jahren hast auch einige Sessions gehabt, alle nur in 2-3 Settings? Respekt, davon träume ich schon seit 20 Jahren
Naja, in 4-5 Settings, wenn man die WoD als ein Setting zählt. Und du hast in der Tat Recht: Feuerbälle bezahlen meine Rechnungen nicht. Mir geht's mehr darum, dass ich es nicht mag, wenn Feuerbälle zu schmeißen, der quasi Hauptspielinhalt wird, oder der Selbstzweck an sich. Damit mir eine Runde Spaß macht, muss es um eine emotionale Komponente gehen.


Zitat
edit2: was verstehst du unter "ich reichere es mit Drama an"?

Du spielst einen Werwolf und wenn der Wyrm etwas verseucht, dann kämpfst du primär nicht dagegen, sondern suchst ingame erstmal nach Opfern, betrauerst ihren Tot, weinst mit den Hinterbliebenen? Besuchst die alte kranke Oma und bringst ihr ne warme Mahlzeit, weil ihre Rente nicht ausreicht? Und deine Gruppe steigt da voll drauf ein oder bist du dann eher der "Sonderling"

Zu deinem Beispiel: Ich würde hauptsächlich die psychologischen und gesellschaftlichen (sowie gesundheitlichen) Folgen thematisieren, die diese Verseuchung hat. Wie gehen die Leute damit um, was bedeutet das konkret für die SCs. In der Regel packe ich sie dann über NSCs die sie kennen oder persönliche Ängste und Charakterzüge bei den Eiern. Ich setze sie harten Entscheidungen aus, bei denen es den richtigen und falschen Weg nicht gibt. Die Verseuchung könnte zum Beispiel auch Leuten zugute kommen, die nicht aus egoistischen Motiven heraus arbeiten (beispielsweise eine Fabrik, die die ganzen Arbeitslosen der Elendsviertel von der Straße holt, aber auch die Umwelt verschmutzt). Außerdem ist der Wyrm für mich sowieso keine Monsterbedrohung, die alles mit grünem Schleim überzieht, sondern eine außer Kontrolle geratene Naturgewalt, die notwendig ist, verführt, manipuliert und nur in den seltensten Fällen ihre Mutantenkreaturen gegen die SCs schickt. Der Wyrm ist primär in den Köpfen der Leute aktiv. Das macht ihn so gefährlich.

Um es allgemeiner zu fassen: In meinen Runden haben die Probleme stets Gesichter, sind also nicht auf unpersönlicher und abstrakter Ebene. Sie erfordern, dass Leute miteinander interagieren. Darüber, dass sie die SCs direkt in ihrem persönlichen Umfeld, ihrer Persönlichkeit und ihrer Lebenswelt attackieren schaffe ich Situationen, die sie nicht ignorieren können. Alltagssituationen (wobei ich hier von relevanten Alltagssituationen und deren Problemen spreche, nicht von Einkaufen gehen oder sich mit Freunden zum Kino treffen) erhalten Relevanz, indem sie mit zwischenmenschlichen Konflikten aufgeladen werden. Dadurch, dass sich die Lebenswelt des Charakters (seine Familie, Freunde, Kollegen, etc.) mit den äußeren Bedrohungen verzwirbeln und durchaus auch mal Feinde Teile dieser Lebenswelt zum Seitenwechsel bewegen, erhalten sie für Charaktere eine persönliche Relevanz. Am Besten ist es natürlich, wenn es mir und den Spielern gelingt, den übergeordneten Konflikt nur als Kommentar oder Spiegelbild des Inneren Konfliktes zu sehen. Das ist im Übrigen was, was man gut in Ärzteserien sehen kann: Die OPs und Patienten sind niemals das eigentliche Problem einer Episode: Es geht nicht darum, eine Krankheit zu bekämpfen, sondern eher über die Bekämpfung der Krankheit ein eigenes, inneres und zwischenmenschliches Problem zu lösen.

Ich habe Mitspieler, die das, wenn auch nicht alle in der Konzentration, auch mögen. Ich war auch nie der Sonderling: In der Tat haben wir gemeinsam vor Jahren sogar mal unseren Shadowrun-SL abgesägt, weil er kein Drama mit uns spielte.

Zu deinem letzten Satz kann ich aber nur sagen: Amen, Bruder.

@Luxferre

Lass den ollen Aristoteles mal aus dem Spiel: Der Begriff Drama wird hier im :T: insofern richtig verwendet, dass er nicht die literarische Gattung meint, sondern das, was man in der Fernsehzeitung unter dem Label Drama oder Melodram ausgezeichnet findet. Also alles, was kein Action oder Thriller oder Comedy ist.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Mamenchi am 8.03.2014 | 11:39
du bist dann aber der SL? Dann hab ich dich falsch Verstanden, ich dachte du bist Spieler

@ontopic

kommt drauf an in welcher Stimmung ich bin, natürlich sind Gegner mit Gesichern und auch realistische Probleme, die jetzt nicht gleich immer episch oder magisch sein müssen, interessant

aber oft bin ich einfach nicht in der Stimmung mich auf sowas einzulassen, ich will Aktion. Manchmal auch einfach nur direkt das Problem angehen und mir keine Gedanken über die Folgen machen

Jedoch auch nicht 100% sondern ich will da auch Abwechslung, da kommt dann dein Part, der macht natürlich auch Spaß, aber mir nicht als Fulltime Job
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Archoangel am 8.03.2014 | 11:46
Spiel "Die Sims" ... das sollte Dich glücklich machen...

zur Frage: ja hatten wir schon. Hat nicht lange gefunzt ... wenn man das eigene Leben realistisch betrachtet und die Herausforderungen im Rollenspiel einem dann wie eine Blümchenwelt vorkommen, dann ... ist das nicht unbedingt so. Witzigerweiße hatten wir in der Gruppe eine Mitspielerin mit folgendem Hintergrund: alleinerziehende Mutter zweier Töchter, die Große akut selbstmordgefährdet, die zwei Jobs machen musste (weshalb sie seltener Zeit hatte, nämlich nur, wenn ihre Kinder bei ihren Eltern waren und sie samsatgs dienstfrei hatte). Die anderen Mitspieler konnten vielleicht nicht ganz so krasse Lebensgeschichten mit an den Tisch bringen, hatten aber dennoch eigene Pakete durchs Leben zu schleppen. Die Minikampagne stellte "Normalos" dar, die ein verbrechen mitbekamen und dann - nachdem Presse und Polizei den Fall als "tragisches Ereigniss ohne Fremdeinwirkung" darstellten - auf eigene Faust ermittelten ... war ... mäßig, da die Charaktere eben völlig normal waren und die Probleme jenseits des Plots, also die, wie sie ihren Alltag mit ihrer "Mission" vereinbarten, keine echte Herausforderung darstellte: jeder Spieler verfügte über genügend lebenserfahrung und realistischen Vorstellungen was möglich ist, dass das recht schnell gelöst werden konnte.

Von daher die Frage: kann es nicht eher sein, dass du und deine Gruppe allerhöchstens um die 30 sind und jenseits von Schule-Studium-eventuell Doktorand noch wenig echte Probleme im echten Leben erlebt haben, ergo in der Summe der Scheiße, die das echte Leben eben so als Rattenschwanz hinter sich her zieht bei euch noch relativ niedrig bis nonexistent ist?
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Jiba am 8.03.2014 | 11:54
Spiel "Die Sims" ... das sollte Dich glücklich machen...

Die Sims hat kein Drama. Die Sims hat nur Konsum.

@Archoangel: Ähhhhhhhhmmmm. Sorry Leute, aber ich gehe ja auch nicht zu den Dungeonslayers-Spielern und sage "Hey, kann es sein, dass ihr nur deshalb so gerne Monster tötet und Schätze raubt, weil ihr latente Killer und Diebe seid?" Und ich werfe auch keinem SciFi-Spieler vor, dass er gerne ein Wissenschaftler wäre und einfach nicht das Zeug dazu hat. Wird jetzt gerade die Empathie, die ich und alle anderen Drama-Spieler an den Tag legen, wenn wir unsere Dramarunden spielen, etwa mit "Ihr wisst ja gar nicht, wie schlecht es anderen geht, deswegen müsst ihr das Leben von denen bespielen" abgestempelt wird... dass wir also quasi sensationsgierig nach menschlichem Leid sind... Also die Richtung, in die sich diese Diskussion entwickelt, gefällt mir nicht.

Die Spekulationen darüber, was ich für ein Mensch bin... was also dazu führt, dass ich etwas so Abwegiges wie Dramaspiel auch noch toll finde... die verbitte ich mir langsam.

Und nochwas, Archoangel: Ich spekuliere jetzt auch einfach mal: Wahrscheinlich habt ihr bei den Alltagsproblemen in eurer besagten Runde einfach nicht hart genug auf die Tube gedrückt. Oder die Probleme haben die Spieler einfach nicht in "es gibt keine richtige Entscheidung... nur zwei falsche"-Situationen gebracht. Darum geht es mir nämlich. Nicht um "Berlin bei Nacht", das Rollenspiel.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Archoangel am 8.03.2014 | 12:11
Wie ging nochmal dieses Sprichwort mit dem getretenen Hund ... habs vergessen ;).

Ich will dir nichts unterstellen, ich habe versucht dein "Problem" zu hinterfragen. Ich will dich auch (siehe meine Sig) nicht beleidigen, war einfach nur eine Frage, ob es damit in Zusammenahng stehen könnte. So ziemlich jeder Spieler den ich kenne, spielt Rollenspiele, um mal so richtig jemand anderes sein zu könne, eine Rolle, die mit ihm/ihr und dem eigenen Leben möglichst wenige Überschneidungen hat und dem Ziel Abenteuer und nicht Alltag zu erleben. Dein Ansatz ist also so ziemlich genau 180° von alldem entfernt, also frage ich mich schon, weshalb jemand es als erstrebenswert ansieht das zu spielen, was andere als ihr normales Leben betrachten. Und diesen Ansatz kenne ich ja durchaus, nur kam er in meiner Vergangenheit eben oftmals von einer bestimmten Schublade Menschen, nämlich jungen Akademikern Ende 20, Anfang 30, die mit 16-19 erst zum Hobby kamen und außer Schule-Studium noch recht wenig von den realen Lebenswelten gesehen haben ; klassischerweiße wäre das Elternhaus wohlhabend genug, dass man noch nicht einam einen Studentenjob nötig hat, eventuell ist man HiWi oder bedient in der Kneipe, die man eh gerne besucht. Unverheiratet, keine Kinder, keine Sorgen um Rechnungen, kein Haus das es abzubezahlen gilt und die größte Sorge liegt darin jemanden zu finden, der die Katze füttert, weil man mal eben spontan einen Kumpel in Oslo besuchen möchte ... das ist KEINE Abwertung ... da war ich ja irgendwann selbst mal recht nahe drann - nur eben die Frage: warum will man das normale Leben von normalen leuten, mit normalen Problemen spielen? Wenn man einen Überfluss dergleichen aus dem 24/7 Geschäft kennt, dann will man das eigentlich nicht.

Ich schick`dir ne PM.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Grey am 8.03.2014 | 12:15
@Topic ganz allgemein:

Ich glaube, für mich persönlich besteht der Unterschied, den ich zwischen RPG und RL erleben möchte, weniger darin, "wer ich sein kann", sondern mehr darin, "was ich erleben kann". Rollenspiel ist für mich in erster Linie ein: "Was wäre, wenn ich in Situation XY gerate? Wie würde ich es verkraften? Was würde ich tun?"

Und da habe ich eher ein Faible für den bunten Fantasy-Erlebnispark oder die Wunder des weiten Weltalls als für Dinge, die ich mir in den Nachrichten, im Urlaub oder im Freitagabend-"Tatort" anschauen kann. Wobei ich auch in der Fantasy ganz klar "low magic" bevorzuge -- im Übermaß geboten, verlieren phantastische Elemente für mich schnell an Reiz. (Tatsächlich sind deswegen Fantasy- und SF-Filme für mich in letzter Zeit eher uninteressant geworden, weil zu viele zu grelle Trickeffekte zu leicht möglich geworden sind.)

Es spielen noch verschiedene andere Aspekte eine Rolle. Natürlich mag ich es, davon zu träumen, Zauberkräfte zu haben; sofern es wirklich Zauberkräfte sind, also etwas (auch im Rahmen der Spielwelt) Besonderes, das die Leute zum Staunen bringt, und nicht bloß ein standardmäßig erlernbares Handwerk XY+ in einem Universum mit abweichenden Naturgesetzen. Und gerade an Fantasy und Science Fiction reizt mich, daß innere Konflikte, die in Realitas ein bis zwei Abstraktionslevel erfordern, greifbar gemacht werden können und ich meine inneren Dämonen handfest mit Feuer und Schwert bekämpfen kann. Ich hatte mal einen SL, der es meisterhaft verstand, seine Spieler auf diese Weise in den Encounters zu "spiegeln". (Hach ja, die alten Zeiten ...!)

Fazit: Ich will lieber ich selbst in exotischer, anregender Kulisse sein als ein noch so dramatisch leidender Alzheimer-Patient in bedrückend-depressiven, kalten Klinikkorridoren.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Heinzelgaenger am 8.03.2014 | 12:16
Superthema.
Hab eigentlic keine Zeit, muss aber dazuquaken.

Ich würde vorschlagen, dass man genau unterscheiden sollte zwischen "normale Leute" und "normale Probleme".

Tyrion Lannister [Game of Thrones] ist beispielsweise gewiss kein "Normalo", dennoch sind seine Hauptproblemchen profanster Allerweltsnatur:
Konflikte und Konkurrenz mit dem Vater (beruflicher und sogar sexueller Art).
Vorenthaltene Mutterliebe ist ewiges, schuldbehaftetes Rätsel.
Geschwisterkonflikte. Behinderung etc.

Die militärischen Abeneuer, das Gottesurteil und der politischer Wirrwarr sind dagegen um einige Grössenordnungen gewaltiger - aber sie sind auch abstrakter.

Im RPG gibt es zudem einen Unterschied zwischen den hart erspielten persönlichen Inhalten und den mitgelieferten Hintergrund eines Settings/Welt.
Der Krieger hat alle Oger getötet und somit die Stadt gerettet ist vielleicht nur ein Vorlesesatz aus dem Finale-Teil eines Fertigabenteuers.

"hmm, scheint, als hätte Alrik die Stadt gerettet." *Schulterzuck*

War ein selbst erstellter kleiner Bauernhof ein immer wiederkehrender Fixpunkt einer Kampagne, dann fühlt sich die Rettung der kleinen Familie, sei es auch nur vor einem Wolfsrudel, wesentlich echter an.
Voraussetzung ist allerdings, würde ich sagen, eine gewisse spielästhetische Freiheit. Schienenencounter fühlen sich immer unbefriedigend an.

Meisterräuspern: "Eure Charaktere sind jetzt depressiv, weil mutierte Wölfe in eurer Abwesenheit die Bauernfamilie zerissen haben. Ihr fühlt euch sehr schlecht - minus vier auf 'Gute Laune'- und ihr beschliesst, die hl Spassquellen von Ketaminia aufzusuchen.

Drittens sind Supermänner, die nach dem Frühstück Superdinge tun, per Definition schon mal doppelt entrückt. Ist das Setting total abgefahren und fremd, gibt es noch eine zusätzliche Immersionsbarriere.
Kürzliche Feldstudie: Letztens bei Exalted mitgemacht. Der Hintergrund wurde in wenigen Sätzen in meine Hirn gestopft wie der Mastgans der Schmalz.
"ihr seid Götter, und ausserdem habt ihr Gedächtnisschwund, weil, ihr ward tot, also reinkarniert, ferner seid ihr Unterwasser, aber egal, und es gibt eine Schlacht, aber das ist egal weil ihr gleich zum Endkampf kommt, und es ist Weihnachten und Aids had noch kein Geschenk. Also ran an die Würfel"
Es wär nicht absurder gewesen  wäre mein Heldengott-Charakter von Mainzelmännchen missbraucht worden.
Der Abstraktionsgrad war nahezu deckungsgleich mit einem Brettspiel.

Das mehr an potentiellem Drama -nach Äonen werden uralte Konflikte von geradezu kosmischer Natur neu aufgewärmt- war nicht effektiv, weil es komprimiert vor die Füsse gewürgt wurde. Kontext gab es nur, weil es in irgendeinem Buch stand.

-Muss jetzt weg, bis später
E.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Archoangel am 8.03.2014 | 12:26
Ich sag`ja nichts gegen "normale Probleme". Nur ist ein gescheitertes Ritual mit einem Amok-laufenden Dämon für meinen Magier eben ein völlig normales Problem - aus seiner Rolle und Spielwelt heraus. Ebenso ein tyrannischer Drache der einen Landstrich ausbluten lässt. Oder die Bedrohung durch Besatzungskräfte durch das Imperium. Und da kann auch unglaubliches Drama entstehen, passiert immer wieder am Spieltisch. Nur hat das eben nichts mit 08/15 Standardbewohner einer postindustriellen Mediengesellschaft zu tun. Darauf kann ich gerne verzichten. Den Charakter spiel`ich bereits viel zu oft.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Grey am 8.03.2014 | 12:41
Nachtrag zu meinem obigen Posting (http://www.tanelorn.net/index.php?topic=88802.msg1819490#msg1819490):

Eine Spielrunde ist mir gerade eingefallen, die komplett auf phantastische Elemente verzichtete und mir einen Mordsspaß gemacht hat: Die "Everest"-Runde meines Bruders, ein Oneshot über einige Bergsteiger auf dem Mount Everest. Das war hinreichend weit weg von meinem Alltag und meinem alltäglichen Medienkonsum, um als "mentaler Urlaub" zu gelten. Ich fand es spannend, dabei einiges über den Himalaya, den dortigen Bergsteiger-Rummel und die Grenzen dessen, was Geld und Technologie einem schenken können, zu lernen. Dieser Teil der Realität war mir "phantastisch" genug.

An weiteren Phantastik-freien Runden, die ich bislang gespielt habe, fallen mir vor allem die Private-Eye-Detektivabenteuer der letzten Zeit ein. Ganz unterhaltsam, aber vom Hocker gerissen hat es mich nicht.

Wenn ich's recht bedenke, bevorzuge ich ohnehin ganz klar Wildnisabenteuer gegenüber sozialen Abenteuern. Sprich, das Drama der kleinen Leute, die in den Hintergassen von London mit einem Hungerlohn auskommen müssen, reizt mich deutlich weniger als das Drama derer, die in Sturm und Eis ihren Weg an einer Felswand empor suchen.

So gesehen kann ich also durchaus auch ein Fan von Real-Life-Szenarien sein, wenn sie nur weit genug weg von der Zivilisation spielen. Less talking, more action!

EDIT: Kann natürlich sein, daß ich in ein paar Jahren schon wieder ganz anders denke. Ich erinnere mich auch an manche hochdramatische Fantasy-Runde, in der nicht gezaubert, sondern "nur" geredet wurde...
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: La Cipolla am 8.03.2014 | 12:49
Hat schon mal jemand angesprochen, aber Mount Everest, Agentenkram oder Charaktere mit tödlichen Krankheiten gehen für mich persönlich nicht mehr als "ganz normale Leute" durch. Das ist genau so viel Eskapismus, genau so viel Ablenkung vom "echten" Drama. Ob der Agent nun Feuerbälle oder Granaten wirft, macht für mich keinen Unterschied.

Zumal das Fantastische nicht nur ablenken, sondern auch hervorragend unterstützen kann. Ist ja auch gemeinhin bekannt, wie gesagt, X-Men etc.

Für mich persönlich hat das Alltägliche tatsächlich auch einen Reiz. Aber es ist potentiell ein ganz anderer als "übliches" Rollenspiel, und dessen sollten sich alle am Tisch bewusst sein.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: kalgani am 8.03.2014 | 14:45
Bist du im normalen Leben denn ein Filmregisseur in Hollywood, ein Massenpsychologe bei der CIA, ein chinesischer Industriespion, ein militanter Umweltaktivist, ein Extrembergsteiger oder eine alleinerziehende Mutter mit zwei Jobs und einer Teenager-Tochter mit Schwellenangst?

das wichtige an meinem posting ist das wörtchen "könnte".
wenn ich wirklich fokussiert und fleißig genug wäre könnte ich wohl irgendwas davon werden.

im realen leben kann ich kein abgesandtner einer real existieredend gottheit sein und die feinde meines gottes mit göttlicher magie büßen lassen oder als magier per teleportation einfach in sekundenbruchteilen hunderte kilometer weit reisen oder einen dämon im glanze meines heiligen schwures in die flucht schlagen.

ich benötige "lager than life" / "over the top" um spaß zu haben. wahrscheinlich hänge ich deshalb so an DnD ab 3 und derivaten. sawo oder coc können mir dieses für mich wichtige spielgefühl nicht geben.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Auribiel am 8.03.2014 | 14:58
Zitat
Habt ihr längerfristige Runden ganz ohne phantastische, Superhelden-, Horror- oder SciFi-Elemente gehabt? Haben sie funktioniert? Woran liegt für euch der Reiz solcher Spiele? Und warum stoßen sie euch ab? Warum werden sie im Rollenspielbereich nicht mehr gespielt?

Nein, solche Runden habe ich nie gehabt, will ich auch nicht, finde ich öde, so in etwa auf dem Niveau von "Verklag mich doch", "Lindenstraße" oder "GZSZ". Also wenn ich schon so etwas profanes (Tschuldigung, so seh ich das halt) spiele, dann bitte mit Vampirfamilien, die sich gegenseitig verklagen, mit Zombies in Lindenstraßennachbarwohnung oder mit bösen Kultisten, die das GZ aus dem GZSZ klauen wollen.

Kurz habe ich mal versucht, so etwas "Normalos stolpern in ungewöhnliche Geschichte" zu machen - was dazu führte, dass die Spieler ihre Normalos aber lieber an der Story vorbei auf Normalo spielten und sich dann hinterher beschwerten, dass ja gar nichts besonderes passiert sei (man hat zuvor aber auch brav alle Zaunpfähle umgangen, die in Richtung "Mystery" gezeigt haben...). Ergo: Ich spiel nur noch Mystery.

Leider reizen mich solche Spiele überhaupt nicht. Das liegt aber u.a. auch daran, dass ich wie gesagt auch solchen "Normalo-Stories" im Fernsehen/der Literatur wenig abgewinnen kann (und sorry, aber da zählen für mich die von dir genannten Beispiel auch nicht dazu, insoweit sie mir bekannt sind:


Dazu gehören eher (auch wenn völlig überzogen) eher GZSZ, Lindenstraße und diverse als "Hartz-IV-TV-Sendungen" bezeichnete Formate rein. Schon CSI wäre für mich etwas, das deutlich über "Normalo" rausgeht. ;) ).

Ich denke, das richtige Normalo-Zeugs (Kleingärtnerverein Heidekraut, Problemfamilie Wissops, etc.pp) wird deswegen nicht gespielt, weil es einfach langweilig ist. So etwas kann ich mir als One-Shot oder für eine Runde Fiasko vorstellen, aber das war's auch. Warum sollte ich sowas spielen wollen? Alltag hab ich neben dem Rollenspiel auch genug. Das ist so ein bisschen wie "Ich setz mich auch nicht virtuell in eine Bar und trink da Bier und mach sonst nix - das kann ich im RL auch haben - nur schmeckt das Bier da nach was und die Grafikauflösung ist auch besser." ;)

Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Grey am 8.03.2014 | 15:04
Hier stellt sich jetzt auch die Frage @Jiba: Geht es dir mit der Forderung der "Normalität" nur um das Setting (also Phantastik-frei) oder auch um die Plots? Sprich, wäre mit Mt. Everest deine Anforderung an "normale Leute" abgedeckt, oder müßte es inhaltlich eher in Richtung Lindenstraße oder Faßbinder-Filme gehen?
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Nocturama am 8.03.2014 | 15:18
Ich habe Jiba jetzt nicht so verstanden, dass es um totale Alltagsgeschichten geht, die jeder kennt. Es geht um menschlichte Geschichten ohne übernatürlichen/fantastischen Einschlag.

Und das kann eben die Flucht einer Familie aus einem von Krieg zerissenen afrikanischen Land sein (inklusive dem Versuch, in einem anderen Staat unterzukommen), alte Leute, die sich mit dem immer näher kommenden Tod auseinandersetzen müssen, oder - von uns gespielt - eine Gruppe von "Erfindern", die sich nur aus einem Forum kennen und jetzt quer durch Europa zu einer Erfindermesse nach Italien tingeln. Mit dabei: Eine alte Dame und der sozial gehemmte Pfleger aus dem Altenheim (der auch gleich den Altenheim-Bus gemopst hat), ein Punkmädel aus Berlin, eine gläubige Türkin und ein Computerfreak mit Realitätsverlust. Das war cool und ich hätte zweimal fast geheult.

"Normal" heißt ja nicht: Challenge! Kaufe eine Tüte Milch im Supermarkt! Challenge! Streite dich mit Leuten im Internet! Das ist natürlich öde.

Also eher "Little Miss Sunshine", "Broken Flowers" oder "Zusammen ist man weniger allein" und nicht so sehr "Lindenstraße".
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Jiba am 8.03.2014 | 15:50
Danke Nocturama, exakt das.

Deswegen schreibe ich zwar von "normalen" Leuten, aber der eigentliche Begriff, um den es mir geht ist "Human Interest Story". Und da brauche ich eben keine phantastischen Elemente, bzw. der Mount Everest, die Küsten von Somalia oder eine Absinth-Bar im Paris der Belle Époque sind für mich "phantastisch" genug.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: La Cipolla am 8.03.2014 | 15:59
Ich seh da wiederum keinen Unterschied zur Phantastik. Das "behindert" das Drama doch genau so sehr (wenn man es so sehen will).
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Jiba am 8.03.2014 | 16:08
Finde ich nicht, denn phantastische Welten tragen immer noch den Hauch des Irrealen, das die anderen nicht tragen. Aber wahrscheinlich wäre der Mt. Everest vielleicht doch nicht die bevorzugte Szenerie für eine Human Interest Story.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Grimtooth's Little Sister am 8.03.2014 | 16:09
Ich mag es eigentlich nicht, wenn zuviel Drama um die SCs rum passiert. Realistisch geht schon, aber dann muss es eben Private Eye, eine Agentenstory oder ähnliches sein. Das ganze persönliche Dramazeugs nervt mich schon tierisch wenn ich Grey's Anatomy oder CSI gucke. Mich interessieren da nur die Vergleiche zur echten Medizin bzw echten Forensik, die ganzen Beziehungskisten sind überwiegend störender Balast und nur insofern mal interessant wenn sie die Arbeit der Chars direct beeinflussen. Mich stört sowas schon bei Sachen wie Supernatural, was ich einfach nur noch furchtbar finde wegen zuviel persönlichem Drama. "Breaking Bad" werde ich mir sicher nicht antun.

Nee, das echte Leben nervt mich im echten Leben schinm das brauch ich garantiert nicht in meinem RPG.  :q
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: WitzeClown am 8.03.2014 | 16:17
Deswegen schreibe ich zwar von "normalen" Leuten, aber der eigentliche Begriff, um den es mir geht ist "Human Interest Story". Und da brauche ich eben keine phantastischen Elemente, bzw. der Mount Everest, die Küsten von Somalia oder eine Absinth-Bar im Paris der Belle Époque sind für mich "phantastisch" genug.

Da muss ich grade mal nachhaken:

Ziehst du da für dich persönlich eine Trennline zwischen  zwar realexistierenden, aber für dich exotischen Orten/Personen/Situationen die du noch nie persönlich gesehen bzw. erlebt hast und klar fiktiven Orten/Personen/Situationen? Also besteht da für dich ein klarer qualitativer Unterschied?

Ich kann dir zwar in deinen Ausführungen recht gut folgen, aber dieser Punkt ist mir jetzt nicht ganz klar.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Nocturama am 8.03.2014 | 16:25
Finde ich nicht, denn phantastische Welten tragen immer noch den Hauch des Irrealen, das die anderen nicht tragen. Aber wahrscheinlich wäre der Mt. Everest vielleicht doch nicht die bevorzugte Szenerie für eine Human Interest Story.

Hmmm... würde ich so nicht unterschreiben. Für mich ist entscheidender, ob das Abenteuer auf "Problemlösen" ausgerichtet ist oder an den Charakteren. Wenn die Mt. Everest-Geschichte als Kern hat: "Bezwingen sie den Berg?", dann finde ich das genauso wenig Human Interest wie die Frage "Kommen sie durch den Dungeon?"

Deshalb finde ich "Prison Break" auch ein schlechtes Beispiel. Da geht fast ausschließlich darum, wie der Protagonist besonders smart den Ausbruch organisiert. Da hatte die Game of Thrones-Runde vom Darius auf dem letzten Treffen trotz Schwerter und Duell am Ende mehr Human Interest  ;)

Drama hat für mich als Kern "Wie verändern diese Ereignisse den Charakter? Wie verändern sie seine Beziehungen zu anderen?" - und das kann ich mit Fantasy ebenso wie mit Alltagsgeschichten haben. (Vs. die "Problemlöse-Fragen": "Mit welchen Mitteln überwinde ich diese Situation?")

Aber allgemein: Ich finde auch, dass man mit Rollenspiel unglaublich viel bespielen kann, nicht nur immer die Fantasy-Actionstreifen. Und mir persönlich macht es auch Spaß, diese Bandbreite auszutesten  :)
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Sashael am 8.03.2014 | 16:46
Ich versteh nicht so ganz, was den Spaß bringt, wenn ich einen Menschen spiele, der die gleichen Probleme hat wie ich, nur halt woanders.  wtf?
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Slayn am 8.03.2014 | 16:47
Jo, Hartz4, das Spiel, wird sich als Drama auch ganz gut machen, realistisch genug ist es ja.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: La Cipolla am 8.03.2014 | 16:58
Zitat
Ich versteh nicht so ganz, was den Spaß bringt, wenn ich einen Menschen spiele, der die gleichen Probleme hat wie ich, nur halt woanders.  wtf?

Perspektivwechsel. Der Mensch, den du spielst, geht vielleicht ganz anders an die Probleme ran. Und GENAU die gleichen müssen es natürlich auch nicht unbedingt sein, bzw. das ist ja nicht alles. Gibt andere Spieler etc.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Glühbirne am 8.03.2014 | 17:03
Ich versteh nicht so ganz, was den Spaß bringt, wenn ich einen Menschen spiele, der die gleichen Probleme hat wie ich, nur halt woanders.  wtf?

Mache ich den was anderes in Fantasy Welten. Auch dort Spiele ich Menschen (Oder übersteigerte Aspekte von Menschen aka Demihumans) mit den gleichen Problemen wie zuhause. Nur eben im Aventurien und nicht Niedersachsen.

Ausserdem gehen die Menschen woanders an die Selben Probleme anders ran. Von daher. Dazu kommt, das andere Menschen oft auch andere Probleme haben.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Sashael am 8.03.2014 | 17:11
Ja, ich mach was Anderes. Der Unterschied zwischen einem Raumschiffcaptain, der immer knapp seine Schulden bezahlen kann indem er dubiose Aufträge annimmt und einem deutschen Fernkraftfahrer, der verzweifelt versucht seine Kredite abzubezahlen und über seine schlechte Bezahlung jammert, ist halt ein Unterschied zwischen Macht-Spaß und Macht-keinen-Spaß.  :D
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Jiba am 8.03.2014 | 17:13
Jo, mir geht's aber um den deutschen Fernfahrer, der verzweifelt seine Kredite abbezahlt, indem er dubiose Aufträge annimmt.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Grimtooth's Little Sister am 8.03.2014 | 17:13
Mache ich den was anderes in Fantasy Welten. Auch dort Spiele ich Menschen (Oder übersteigerte Aspekte von Menschen aka Demihumans) mit den gleichen Problemen wie zuhause. Nur eben im Aventurien und nicht Niedersachsen.

Ausserdem gehen die Menschen woanders an die Selben Probleme anders ran. Von daher. Dazu kommt, das andere Menschen oft auch andere Probleme haben.

Meine Chars haben nie meine Probleme, hätten sie die wären sie unspielbar.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Glühbirne am 8.03.2014 | 17:21
Naja, nicht eins zu eins...

aber was für Themen gibt es denn:

Soziales Mit und Gegeneinander + das fehlen davon/Ängste davor
Krankheit, Tod + Angst davor
Geld + kein Geld
Diverse andere Ängste und Verlangen
ect...

Solange man nicht nur Abenteur-Erkundungs-Personage hat, sondern den "in eine Rolle Schlüpfen Aspekt" von Rollenspiel auch nur anschneidet, kommt das Meiste bei den meisten SC irgendwie vor. Wie gesagt, nicht eins zu eins, aber doch hauptsächlich Dinge, mit denen man sich, oder jemand in der eigenen Umgebung schon mal irgendwie Kontakt zu hatte.

Edit: Ortho
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Grimtooth's Little Sister am 8.03.2014 | 17:56
Ich versuche mit meinen SCs möglichst zu vermeiden, sie meinen RL-Problemen in irgendeiner Form ähnlich zu machen. Es gibt Ausnahmen, klar, aber das sind wirklich seltene Ausnahmen.

Geld ist bei der Mehrzahl der RPGs irgendwie ein Thema. Das gehört schon irgendwie zum Setting. Zählt also nicht wirklich, aber ich renne in meinem echten Leben ja auch nicht rum und suche Schätze. Irgendwelches zwischencharactere Gedöns ist nur im Zusammenhang mit dem Setting interessant - wenn also der Paladin-Sohn eines Sonnenpriesters in der Gruppe herausbekommt, dass er nicht nur adoptiert ist sondern auch noch der Sohn eines Schwarzmagiers und er grade seinen echten Vater erledigen muss. Und er dann noch Probleme mit seinen Schwiegereltern bekommt weil seine Frau laut Prophezeihung nur einen Mann mit "lichter Abstammung" als Partner haben darf. Ja, das ist witzig.

Im echten Leben wäre das irgendwie... lahm. Polizist erschiesst Mafia-Boss und findet dann raus dass das sein echter Vater war? Vielleicht grade noch, aber das wäre noch lange kein Grund für ne Scheidung. Und schon ziemlich "hatten wir schon mal irgendwo." Im Fantasy-Rahmen ist das alles viel bedeutender, weil Mystik und Magie dahinterstecken und die SCs eben episch wichtig sind - jedenfalls im benannten Fall. Das persönliche Drama irgendeines Bullen juckt doch die Welt nicht. Höchstens noch ein paar gelangweilte Paparazzi.

Krankheit und Tod in einem realen Setting - meine Güte, nein. Ich bin real bereits krank, danke, ich muss das bestimmt nicht noch im Spiel haben oder auch nur durch andere SCs dran erinnert werden. Fantasy mit seinen Göttern und Geisterwelten macht da vielleicht mehr was her, aber auch da brauche ich das nur als Plotelement. Der könig ist krank, wir brauchen das Heilmittel - oder so ähnlich,

So ist das eigentlich mit allem. Langweilig bin ich schon selber, meine SCs müssen es nicht auch noch sein.  ;)
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Bad Horse am 8.03.2014 | 18:20
Mich interessiert reines Plotlösen auch nicht. Ich will auch eine dramatische,  menschliche Geschichte dabei haben  - aber ob das jetzt Phi, das Punkermädel mit dem todkranken Bruder ist, oder Silanus, der langsam erwachsen wird und lernt, Verantwortung zu übernehmen,  ist mir dann eigentlich egal.

Ich brauche nicht unbedingt phantastische Elemente, aber sie stören auch nicht. So richtig normale Situationen will ich nämlich auch nicht - die müssen schon dramatisch überhöht und zugespitzt sein. Wenn sich bei der Beerdigung alle brav zusammen reißen und nur hinter den Rücken herum lästern,  dann ist das nicht interessant.  Wenn aber alle Lebenslügen aufs Tablett kommen und verschiedene Lebensentwürfe kollidieren, dann finde ich das interessant.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Jiba am 8.03.2014 | 18:37
Zitat
Und schon ziemlich "hatten wir schon mal irgendwo."

Und das meint Glühbirne. Ich hatte dasselbe Gefühl von "hatten wir schon mal irgendwo", als du die Fantasy-Variante beschrieben hast. Ich will nicht sagen, dass die Mafiosi-Polizist-Story da irgendwie origineller ist (ist sie nämlich nicht, ist genau dasselbe Motiv, wie wir es schon über Jahrtausende in Geschichten hatten). Und ich glaube auch, dass sowas durchaus ein Scheidungsgrund sein kann, indem ein entsprechender Anreiz in der Fiktion geschaffen wird (die Frau ist Pazifistin und fühlt sich nach der Tat von ihrem Mann entfremdet; die Schwiegereltern hatten Geschäfte mit dem Mafiosi und sie torpedieren jetzt die Ehe; der Polizist fragt sich selbst, ob er hätte anders an die Sache ran gehen sollen und findet in seiner Ehe keine Zuflucht mehr... gibt eine Menge Möglichkeiten).

Was ich nicht nachvollziehen kann, ist, inwiefern die persönliche Verfassung eines epischen Charakters auf der Ebene des Spiels relevanter sein sollte, als die eines nicht-epischen. Ich meine, okay, im Setting vielleicht, aber auch da nicht wirklich (werdet ihr in Rollenspielrunden ständig mit den persönlichen Wehwehchen der wichtigen Setting-NSCs zugbombt? Ich glaube nicht). Auf der Ebene der Fiktion sin die SCs die Protagonisten einer Geschichte und stehen damit automatisch im Fokus: Egal ob die jetzt Karl Müller oder Rondarjol von Lichtschrein heißen. Ihre Befindlichkeiten sind relevant, weil wir das Spiel durch sie erleben. Und auch in unserer Welt interessiert sich die Öffentlichkeit für einfache Leute, tagtäglich, in Film, TV, Zeitung und Doku; und dann natürlich auch in unserem persönlichen Umfeld. Wenn meinen Vater oder Kumpel etwas umtreibt, dann interessiert mich das. Das Interesse an meinem Charakter ist ein ganz Ähnliches.

Eure Einwände haben mich aber zum Nachdenken gebracht. Dass das Setting nur eine untergeordnete Rolle für Drama spielt, da könnte was dran sein.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: ArneBab am 8.03.2014 | 20:48
Ja, selbst in Runden die phantastische Elemente haben, waren die Nicht-Phantastischen das Reizvollste für mich: Der von meinem SL realistisch gehaltene Krieg in Ussura bei 7te See, der vier gestandene Montaigner an ihre physischen und psychischen Grenzen bringt. Das Beziehungschaos und der Umgang mit den neuen Kräften und Pflichten in unseren Teenage-Werwolf-Runden. Das kalte Hassliebe-Verhältnis zwischen einem jungen Drachenblütigen und seinem Vater bei "Exalted". Das alles hätte auch ohne phantastische Elemente genau so gut funktioniert...

Hast du das ausprobiert?

Meine rein theoretische Sicht zu den phantastischen Elementen im Spiel ist, dass sie bestimmte Konflikte überhöhen und so leichter verständlich machen, dass sie Konflikte leichter akzeptierbar machen, und dass sie eine Abwechslung bieten, die es ermöglicht, mit den realen Konflikten umzugehen.

Wenn du den Typen im Büro spielst, der täglich in der Mittagspause von seinen Kollegen gedisst wird und mit niemandem darüber reden kann, dann ist die Gefahr groß, dass dich das als Spieler schnell an deine eigenen Leistungsgrenzen bringt (es sei denn das Thema „von Kollegen gedisst werden“ wäre für dich unbedeutend - dann wäre das Spiel nur langweilig). Wenn du jetzt Dämonen und Superkräfte einwirfst und das an einer Schule spielen lässt, hast du die Geschichte jedes zweiten Animes. Die Dämonen machen auch nichts anderes als den Charakter zu dissen, und statt zu Antworten und dann deine Superkräfte zu nutzen, könntest du auch einfach antworten. Aber indem du sie zu Dämonen machst, werden ihre Motivationen leichter verständlich - und das Spiel muss nichtmal schwarz-weiß werden: Auch die Dämonen haben Gründe, eine Vergangenheit, usw. Aber es wird leichter zu erfassen. Echtes Sozialleben ist verdammt kompliziert - es ist Arbeit. Rollenspiel-Sozialleben zwischen Elfen, Zwergen und Dämonen ist abstrahierter und so leichter zu verstehen. Auch bei den Werwölfen ist das deutlich: Hier werden bestimmte Konflikte durch ein Übernatürliches Element verstärkt. Diese Elemente sind Analogien - und du kannst deine eigenen Konflikte einfließen lassen, ohne dich bloßzustellen.

Und das ist der zweite Punkt: Wenn ich mit Fremden rede, die ich nie wieder sehen werde, kann ich viel freier sprechen, als wenn ich mit Leuten rede, deren Meinung über mich für meine Zukunft wichtig sein könnte (und sei es, weil ich sie als Freunde behalten will). Wenn ich nicht in die Rolle einer realen Person schlüpfe, sondern in einer phantastischen Welt spiele, ist es plausibler, dass ich als meine Maske spreche und nicht als ich selbst. Entsprechend muss ich nicht fürchten, dass meine moralisch fragwürdigen Handlungen als Schwarzmagier meine Freunde verschrecken - und es daher wagen, diese Handlungen auszuspielen (egal, wie ich selbst zu ihnen stehe). Stell dir vor, du würdest stattdessen den Angestellten spielen, der über Wochen hinweg intrigiert und dann seinen Kollegen beim Management anschwärzt, um eine Beförderung zu bekommen - und damit wissentlich dessen Zukunft ruiniert. Wird das die Sicht deiner Freunde auf dich verändern? Masken geben Freiheit.

Und drittens gibt das Fantasy-Element eine Möglichkeit, durch emotional einfachere Konflikte Kraft zu schöpfen. Ich habe mal eine Runde zu Motivation geleitet. Ein England der heutigen Zeit, das vor 100 Jahren von einer Demotivations-Kirche übernommen wurde, die das Land so umgestaltete, dass die dort Arbeitenden alle Motivation verlieren. Das lief ein paar Runden lang gut, aber die Stimmung wurde immer gedrückter - verständlicherweise. Dann habe ich ein zweites Element eingebaut: Zwischenszenen, in denen die Charaktere 5 Jahre später den letzten Sturm auf die Kirche durcchführten. Jetzt nicht mehr schwach und auf der Flucht, sondern mächtig. Und damit konnten sich die Spieler auch wieder viel mehr auf die heftigen Demotivationsszenen einlassen, in denen sie darum kämpften, einige Dörfler aus der Apathie zu reißen und ihre eigene Motivation zu erhalten.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Glühbirne am 8.03.2014 | 20:57

Meine rein theoretische Sicht zu den phantastischen Elementen im Spiel ist, dass sie bestimmte Konflikte überhöhen und so leichter verständlich machen, dass sie Konflikte leichter akzeptierbar machen, und dass sie eine Abwechslung bieten, die es ermöglicht, mit den realen Konflikten umzugehen.

Toller Beitrag.
Ich habe eine Weile überlegt, warum ich Fantasy und SiFi oder andere, klar als Fiktion erstellte Settings, als RSP Hintergrund bevorzuge ohne das benennen zu können, aber du bringst es auf den Punkt. Wobei ab und an auch die ganz reale Erde ihren Reiz hat.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: ArneBab am 8.03.2014 | 21:37
Ich habe eine Weile überlegt, warum ich Fantasy und SiFi oder andere, klar als Fiktion erstellte Settings, als RSP Hintergrund bevorzuge ohne das benennen zu können, aber du bringst es auf den Punkt. Wobei ab und an auch die ganz reale Erde ihren Reiz hat.
Freut mich, dass er dir was gibt ☺

Ich bin zum Einen durch bewussten Entwurf von Rollenspielwelten dazu gekommen: Was ist eigentlich der Nutzen von verschiedenen Charaktertypen und Sonderfähigkeiten? Jede zusätzlich beschriebene Klasse, Rasse, Magieform, usw. macht den Hintergrund schwerer erfassbar, muss also einen Nutzen für die gespielten Geschichten haben.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: 1of3 am 8.03.2014 | 21:48
Ja, ne. Zusätzlicher Crunch macht vor allem das (mechanische) Spiel komplexer und dadurch u.U. spielenswerter. Wenn du nach einer Lösung in der Fiktion suchst, kann ich mir vorstellen, dass du keine Antwort findest.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Heinzelgaenger am 9.03.2014 | 13:19
Zum besseren Verständnis sein hier mal die Kombinationen der Spielarten aufgeschlüsselt

Archetyp
A - Normalo - Fernfahrer
B - Normalo mit Heldeneinschlag - hat Fernfahrerskill und nutzt ihn vielleicht sogar, interagiert aktiv mit Fernfahrerszene etc
C - Held ohne Normalitätsdimension - hat nur heroische Fähigkeiten aber System/Kampagne verlangt gewisse Backgroundkenntnisse
D - Superheld - hat nur heroische Fähigkeiten, hat bestenfalls marginale Berührung mit Normalos

Themen
1 - Fernfahrerkampagne; es geht ums pünktliche Abliefern der Fracht; Feinde sind korrupte Zollbeamte und plötzliche Durchfallattacken
2 - ungewöhnliche, leicht heroische Begebenheiten; Spedition und Autobahn kommen handlungstechnisch nur am Rande vor, sind aber strukturgebend; Cthulhu auf dem Rastplatz,
3 - typische heroische Themen; Fernfahreraspekt ist Teil des Figuren-Hintergrundes
4 - purer Heroismus; Fernfahreraspekt allerhöchstens skurrile Idee, sonst komplett irrelevant


A1 ist eher Randerscheinung; selbst Horror RPGs setzen eher auf B1/2
D4 ist typisch für Superhelden RPG (Heroes Unlimited)

Geht die Schere zu weit auf (A4/ D1) gibts Probleme:
A3-4 wird von einigen als Problenspielertum verstanden; D1-2 ist entweder ein hoch dysfunktionales System oder Bauerngaming


Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Slayn am 9.03.2014 | 13:37
@Einzelgaenger:

So wie ich Jiba bisher verstanden habe, hat sein "Normal" wenig mit deinen Kombinationen zu tun. Er beschreibt menschliche Extreme die man so in freier Wildbahn kaum findet und will die vor einem "normalen" Hintergrund mit anderen menschlichen Extremen agieren sehen um Drama zu haben. Da hat z.B. ein "Hancock" keinen Platz.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Glühbirne am 9.03.2014 | 13:42
Z.B. ein Fernfahrer(SC1) dessen Frau schwer krank ist und der das Geld für die Heilung nur durch den Schmuggel von Menschen nach Deutschland bekommen kann, was seine Beziehung zu seinem besten Freund vom Sicherheitsdienst am Hafen in Hamburg (SC2) auf eine harte Probe stellt. ect PP.

Das gleiche könnte man z.B. auch in Traveller bespielen.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Sashael am 9.03.2014 | 13:51
Und wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, dann kickt Jiba am meisten A1 und B1.
Und das entzieht sich halt meinem Verständnis.  Das sind Probleme auf exakt dem gleichen Niveau wie meine eigenen.  Und mit denen habe ich bereits genug zu tun.
Ich glaube auch nicht, dass man den Erfolg von Fernsehserien mit solchen Themen als Maßstab nehmen kann. Ich mochte die deutsche Serie Auf Achse mit Manfred Krug sehr gern, würde das aber im Rollenspiel einfach totlangweilig finden. Es sei denn, es würde sich in eine 2er Kampagne mit Kultisten und alten Gőttern entwickeln.  ;D

@Glühbirne
Und genau das reizt mich in der Realwelt nicht. In Traveller schon. Ich glaube, das hat etwas damit zu tun, dass ich hier genau über die Beschränkungen Bescheid weiß, denen ich hier unterliege. In Traveller denke ich, ich hätte mehr Möglichkeiten.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Glühbirne am 9.03.2014 | 13:55
Für mich wäre beides Ok, auf Dauer aber Traveller interessanter.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Pyromancer am 9.03.2014 | 14:00
Ich hab meine diversen "Auf Achse"-Abenteuer nur bespielt bekommen, weil ich als System Atomic Highway genommen und die PKK im türkisch-irakischen Grenzgebiet durch Mutanten ersetzt habe.

Keiner will Manfred Krug spielen, es sei denn, er kriegt ein schweres MG auf's Führerhaus...
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Benjamin am 9.03.2014 | 14:23
Och. Mein SW-SL hat das Talent, aus jeder Situation eine Scheißewasjetztogott-Situation zu machen. Ich glaube gar nicht, dass es auf MGs und Aliens/Elfen ankommt, sondern darauf, dass der SL es versteht, Abenteuer anzubieten.

Das Innenleben meines SC ist mir eher egal, wenn er in Südafrika vor der Polizei fliehen muss, weil er gerade "in Notwehr" einen Ermittler getötet hat. Da reicht mir mein eigener Stresslevel schon total aus. Wir haben einen simplen Einbruch in ein Leichenschauhaus durchgezogen, der war so aufregend wie die letzte große Raumschlacht in Traveller oder der Kampf gegen drei Gargoyles in RIFTS. Jeder relevante Fertigkeitswurf kann das.

Mir ist egal, welches System oder Setting gespielt wird, wenn etwas ernsthaft auf dem Spiel steht und die Konsequenzen konsequent sind. Innenleben ist für mich da eher ein Sahnehäubchen als die Torte: Geht wunderbar auch ohne.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Auribiel am 9.03.2014 | 16:01
Ich hab meine diversen "Auf Achse"-Abenteuer nur bespielt bekommen, weil ich als System Atomic Highway genommen und die PKK im türkisch-irakischen Grenzgebiet durch Mutanten ersetzt habe.

Keiner will Manfred Krug spielen, es sei denn, er kriegt ein schweres MG auf's Führerhaus...

Genau das!


Mir wäre "Überhöhte Alltagsprobleme im ungewöhnlichen Alltagssituationen" immer noch zu lahm. Gut, das wäre dann keine Lindenstraße mehr, sondern eher Tatort/Soko 13, aber ich mag auch beide Filmformate nicht, da mir das zu "lame" ist.
Bei CSI wäre das was anderes, zugegebenermaßen ist mir schon Amiland mit frei erhältlichen Waffen, riesigen Landstrichen, Native Cultures und CIA/NSA-Geklüngel exotisch genug um nicht mehr unter Normalo zu laufen. Wirklich reizen tut's mich dann allerdings mehr, wenn zu dem ganzen dann noch ein bisschen Spukschloss im Spessart oder (noch lieber) Voodoo in NewOrleans dazu kommt.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Archoangel am 9.03.2014 | 17:46
Zum besseren Verständnis sein hier mal die Kombinationen der Spielarten aufgeschlüsselt

Archetyp
A - Normalo - Fernfahrer
B - Normalo mit Heldeneinschlag - hat Fernfahrerskill und nutzt ihn vielleicht sogar, interagiert aktiv mit Fernfahrerszene etc
C - Held ohne Normalitätsdimension - hat nur heroische Fähigkeiten aber System/Kampagne verlangt gewisse Backgroundkenntnisse
D - Superheld - hat nur heroische Fähigkeiten, hat bestenfalls marginale Berührung mit Normalos


Gib mir mal bitte fünf Systeme, die deiner Meinung nach "C" sind ... mir fällt nämlich gar keines ein. Auch für "D" gibt es an namhaften Spielen ... ja was eigentlich?
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Praion am 9.03.2014 | 18:13
C:

Marvel Heroic RPG
3:16 (?)
Exalted/Scion
Weapons of the Gods
Apotheosis Drive X
Tenra Bansho Zero
Polaris (?)
Psi*Run
Dungeon World
DnD!

D:
Nobilis
Pantheon
Exalted (kann C oder D sein)
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Archoangel am 9.03.2014 | 18:28
C:

Marvel Heroic RPG
3:16 (?)
Exalted/Scion
Weapons of the Gods
Apotheosis Drive X
Tenra Bansho Zero
Polaris (?)
Psi*Run
Dungeon World
DnD!

D:
Nobilis
Pantheon
Exalted (kann C oder D sein)

Um mal für die Systeme zu sprechen, die ich ausreichend kenne ... ich kann mich nicht erinnern, dass Marvel, Exalted und D&D ausschließlich heroische Fähigkeiten hätte, es sei denn Dinge wie "Heimlichkeit", "Schlösser öffnen", oder "Sportlichkeit" sind heroisch.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: 6 am 9.03.2014 | 18:30
In C oder D würde auch Amber passen.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Slayn am 9.03.2014 | 18:30
Naja, komm, Exalted ist schon....hm....
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Archoangel am 9.03.2014 | 19:30
Mir ist schon klar, dass Exalted so ziemlich das Gegenteil dessen ist, was hier gefragt wurde; aber die Def oben ist schlichtweg falsch. Auch Exalted kommt nicht ohne relativ normale Fertigkeiten aus. Amber ist ein schönes Beispiel.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Praion am 9.03.2014 | 19:52
Um mal für die Systeme zu sprechen, die ich ausreichend kenne ... ich kann mich nicht erinnern, dass Marvel, Exalted und D&D ausschließlich heroische Fähigkeiten hätte, es sei denn Dinge wie "Heimlichkeit", "Schlösser öffnen", oder "Sportlichkeit" sind heroisch.

Okay, jetzt versteh ich wie das gemeint ist.
Von der Liste würden trotzdem noch bleiben

C:

3:16
Tenra Bansho Zero
Polaris (?)
Psi*Run
Dungeon World

D:
Nobilis
Pantheon
Exalted (kann C oder D sein)

Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Bombshell am 9.03.2014 | 20:12
Ich finde es lustig wie einige hier mit ikonischen Helden in deren Spielen und Spielen, die sowas gut unterstüzen, argumentieren, wenn der OP doch viel lieber über dramatische Helden sprechen würde.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Molcho am 10.03.2014 | 03:18
Zwei Dinge:

1. Ich finde Heimlichkeit und Schlösser öffnen sind keine alltäglichen Fähigkeiten und kommen "fast" nur in Fiktion vor.

2. Mir ist ungefähr das gleiche Licht aufgegangen wie Jiba, jedoch outgame: Beim Schauen von "The Guilt Trip". Kein besonders guter Film, übrigens. Und wer den Film oder die Szene, die ich meine nicht kennt, dem sei nur kurz gesagt: Hauptcharakter geht mit Mutter auf Reisen, Mutter will mit Sohn auf der Reise seine Ex besuchen, Hauptcharakter ist komplett dagegen (ohne guten Grund), Autopanne zwingt beide dazu die Ex zu besuchen, die nun glücklich verheiratete Ex erwähnt beiläufig dass Hauptcharakter ihr einen Heiratsantrag gemacht hat (und sie ihn ablehnte).

Dieser kurze Moment, die unerwartete vergangene Niederlage des Hauptcharakters und das Mitleid der Mutter darüber, würde ich mir auch im Rollenspiel wünschen. Am Liebsten so, dass keiner es vorher wusste.

Diese Szene hat mich mehr beeindruckt als die meisten Superheldenfilme der letzten Zeit, deren Probleme mich nicht sonderlich berühren. (Ja, ich habe kurz davor Superman geguckt und war davon noch immer enttäuscht.)
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Grimtooth's Little Sister am 10.03.2014 | 09:43

Was ich nicht nachvollziehen kann, ist, inwiefern die persönliche Verfassung eines epischen Charakters auf der Ebene des Spiels relevanter sein sollte, als die eines nicht-epischen. Ich meine, okay, im Setting vielleicht, aber auch da nicht wirklich (werdet ihr in Rollenspielrunden ständig mit den persönlichen Wehwehchen der wichtigen Setting-NSCs zugbombt? Ich glaube nicht).


Zugebombt vielleicht nicht, aber relevant sind die persönichen Probleme der NPCs durchaus, auch wenn sie mal nicht direkt zur epischen Story gehören. Ausserdem ist besagte Frau des Paladins ein PC, und sie müssen aufgrund einer anderen Situation unbedingt verheiratet bleiben.

Wir können in jeder erfundenen Welt selbige retten bis zum Abwinken, alles verändern was möglich ist etc. Das geht in einem realen Szenario nicht, was noch ein Faktor ist, der es in den meisten Fällen todlangweilig macht.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Teylen am 10.03.2014 | 10:57
Vielleicht zunächst ein Eindruck zu den Serien.
Es ist korrekt das Drama-Serien ohne oder nur mit sehr dezenten phantastische Elementen den größten Anteil der TV-Unterhaltung ausmachen. Gerade in Deutschland wo sich Serien, außer in Ausnahmefällen, mit phantastischen Thema recht schnell auf den Rücken drehen.
Letztes Opfer: Sleepy Hollow.

Meines Erachtens kann man allerdings auch beobachten das Serien ohne den Anteil gerade in Rollenspielkreisen ein eher schlechteres ansehen geniessen. Unabhängig davon ob bei Greys Anatomy aufkommt das es unrealistische Beziehungsschmonzetten sei oder eingeworfen wird, wenn man offenüberlegt wie man Desperate Housewives in einem Rollenspiel umsetzen könnte, das man weder das Genre noch unbedingt die Zielgruppe - respektive das was man dort unterstellt - im RPG wünscht.

Ansonsten habe ich vor kurzem einmal meinen aktuellen Serienkonsum gezählt und bin auf 29 laufende Serien gekommen bei denen ich keine Folge verpasse. Hierbei stehen 6 Serien die ich unter Umständen als "normal" bezeichnen würde:
Hannibal, Boardwalk Empire, Devious Maids, Elementary, The Big Bang Theory, The Americans
Insgesamt 23 Serien gegenüber bei dem die Bezeichnung nicht hinkommt. Sortiert ist es nach Gefallen.
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Wieso unter Umständen? Weil ich von den angeführten Serien nur zwei auf einer mit Greys Anatomy vergleichbaren Ebene der Normalität sehe. Devious Housewives sowie Elementary. The Big Bang Theory ist einfach eine Comedy-Serie. Boardwalk Empire sowie The Americans spielen beide in der Vergangenheit, fokussiert auf einen Lebensbereich den eher die wenigsten Menschen zu der Zeit ausfüllten. In einem, aus europäischer Sicht, fremden Land.
Bei Boardwalk Empire kommt hinzu das die Figuren zwar interessant sind, jedoch nicht "normal" wirken und die zeitliche Distanz eine größere ist. Hinsichtlich Hannibal fordert einerseits der "abartige Serienmörder" mitunter etwas die Vorstellungskraft heraus, demhinzukommt das die Charaktere weniger normal sind als, jeder auf seine Weise, überaus gestört.
Die Konflikte mit denen sich die Figuren bei Boardwalk Empire, The Americans, Hannibal [oder auch das häufig genannte Breaking Bad] auseinandersetzen sind nicht normal. Klar, sie ziehen nicht aus um Drachen zu erschlagen, aber sie stehen vor der Herausforderung ihre Existenz im kriminellen Umfeld zu organisieren, ihrer Tätigkeit als KGB Agenten nachzugehen oder als Serienmörder ein Interesse an einem Profiler entwickelt zu haben.

Bringt man allzu alltägliche Konflikte und Probleme in phantastische Serien ein, kann das schnell dazu führen das die Serie genau dafür Prügel bezieht. Man werfe nur einen Blick in den Thread zu Arrow. Nun und auch bei Breaking Bad hatte sich während der Ausstrahlung eine gewisse Abneigung gegenüber Figuren wie Skylar oder Marie kultiviert, die im Grunde dazu dienten die alltäglichen Konflikte - neben Drogen kochen und aweso...böse sein - zu adressieren.

Woran liegt für euch der Reiz solcher Spiele? Und warum stoßen sie euch ab? Warum werden sie im Rollenspielbereich nicht mehr gespielt?[/b]
Direkt abstossen tut es mich nicht.
Ich finde es von der Grundkonzeption oftmals einfach langweilig. Das heißt insbesondere in der Serienform, sofern die Serie nicht einen gewissen Humor oder einen netten Twist besitzt.
Daneben kann es passieren das das Grundkonzept etwas sehr, prätentiös rüber kommt. Manchmal ist ein Lars von Trier Film interessant, spannend und lädt zum nachdenken an, manchmal kann ich bei sowas wie "Kalt wie der Abendhauch" richtig mitheulen. Manchmal finde ich aber das ganze auch gewollt oder mal "emo-scheiße".
Letztlich kann es auch zu anstregend werden. Nachdem mich "Die letzten Glühwürmchen" für eine Woche so richtig heftig runtergezogen hatte, brauche ich mir den Film erstmal nicht mehr anzusehen.

Dann kommt das Problem das Rollenspiele entweder auf der langweiligen Schiene fahren, das heißt man hat quasi "Lindenstrasse" oder es aber in die artsy-fartsy-emo-Ecke geht. Die dann auch mechanisch nahe am Monster kloppen bzw. der WoD ist nur das am Ende alle (Charaktere) heulen.

Wenn ich jedoch Greys Anatomy schaue, oder damals, als das geniale Desperate Housewives noch lief, dann gucke ich das nicht weil ich danach heulen mag.
Ich gucke das wegen der coolen Stimme am Anfang und am Ende, weil die mir so etwas sehr den Bauch pinselt.
Ich gucke das weil ich bei GA sehen will wie Christina Yeng rockt oder bei DA welche absurden Situationen durch Bree's konservative Haltung, Gabbys Model-Attitüde oder Susans Verplantheit entstehen.
Klar, es gibt da todtraurige Folgen. Die machen auch Spaß. Aber die sind nicht der Fokus der Serien, nicht der Kern. Weil am Ende am Seasonfinale, so nachdem Unglück zur Midseasonpause sind es keine Serien über Leute die an Gräbern heulen, sondern von Leuten die den Hintern wieder hochkriegen und dennoch coole (GA) oder humorvolle (DH) Dinge durchmachen und erleben.

Kürzer:
Die durchschnittliche Serie mit "Normalen" Inhalt ist ein Feel Good-Erlebnis
Die durchschnittliche RPG-Runde mit "Normalen" Inhalt ist ein Tränendrücker.


Letztlich ist da der Aspekt das man phantastische Elemente haben kann und die der charaktergeschichte nicht im Weg stehen.
Klar kann man Games of Thrones auch ohne Drachen, Ritter, Walker etc. pp. haben. Aber schaden tun sie auch nicht.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Grimtooth's Little Sister am 10.03.2014 | 11:11

Und das ist der zweite Punkt: Wenn ich mit Fremden rede, die ich nie wieder sehen werde, kann ich viel freier sprechen, als wenn ich mit Leuten rede, deren Meinung über mich für meine Zukunft wichtig sein könnte (und sei es, weil ich sie als Freunde behalten will). Wenn ich nicht in die Rolle einer realen Person schlüpfe, sondern in einer phantastischen Welt spiele, ist es plausibler, dass ich als meine Maske spreche und nicht als ich selbst. Entsprechend muss ich nicht fürchten, dass meine moralisch fragwürdigen Handlungen als Schwarzmagier meine Freunde verschrecken - und es daher wagen, diese Handlungen auszuspielen (egal, wie ich selbst zu ihnen stehe). Stell dir vor, du würdest stattdessen den Angestellten spielen, der über Wochen hinweg intrigiert und dann seinen Kollegen beim Management anschwärzt, um eine Beförderung zu bekommen - und damit wissentlich dessen Zukunft ruiniert. Wird das die Sicht deiner Freunde auf dich verändern? Masken geben Freiheit.


Ich kann zwar icht gut mit Fremden reden, ausser sie teilen meine Interessen, aber ich finde diese Theorie interessant.

Ich habe selbst keine Probleme mit der Darstellung von fragwürdigen realen Chars. Ich wäre gar nicht auf die Idee gekommen dass jemand denken könnte, dass das Verhalen eines PCs was mit dem Spieler zu tun hat, ausser dass selbiger diesen Char spielt. Deshalb hab ich auch mit diesen "Rollenspielen" die bei Psychologen oder Unternehmensberatern sogerne genutzt werden ein Problem. Wenn ich etwas spiele, bin das nunmal nicht ich.

Wenn einer meiner PCs was mit mir gemeinsam hat erwähne ich das meistens.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Mamenchi am 10.03.2014 | 11:52
Wenn ich etwas spiele, bin das nunmal nicht ich.

Wenn einer meiner PCs was mit mir gemeinsam hat erwähne ich das meistens.

hier würde ich dir gern widersprechen!!!

kein Mensch kann sich so gut verstellen

wenn du voll im Spiel aufgehst, dann bist du DU und nichtmehr irgendetwas verstelltes

selbiges gilt für stresssituationen oder verkaufsgespräche

wenn du also mit einem OT grinsen auf dem Gesicht nen zombie verbrennst oder pläne für einen Mobbing Angriff ausheckst, dann bist das du
wenn du den zombie kurz und schmerzvoll erlöst oder ingame minuten daran rummwerkelst, dann bist entweder ein soziopath oder das läßt gewisse rückschlüsse auf deine persönlichkeit zu

siehe big brother oder jungel camp, ich glaub nicht dass man sich da dauerhaft verstellen kann, nicht mal vor wildfremden
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Praion am 10.03.2014 | 11:53
Je nach soziologischer Theorie kann dies stark angezweifelt werden.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Mamenchi am 10.03.2014 | 12:01
keine ahnung

ich habe es beruflich so erfahren und gelernt

und ich kenne um den bezug wieder aufs rpg zu kommen, genug leute, die immer ähnliche chars spielen. die typischen barden/magier/sozialen

einfach weil sie das mögen oder sein würden und wenn sie doch mal was anderes machen, mit dem char nicht warm werden
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Grimtooth's Little Sister am 10.03.2014 | 12:12
Ich halte das für totalen Blödsinn.

Ich musste mich im Alltagsleben den größten Teil meines Lebens verstellen, von Kleinkind an immer jemand sein, der ich nicht bin und auch definitiv nicht sein will. Das klappte natürlich nur bedingt, weil ich nun mal eben vieles nicht kann, was normale Leute anscheinend problemlos hinbekommen. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob sich normale Leute nicht auch den größten Teil ihres Lebens verstellen müssen.

Wenn ich voll im Spiel aufgehe, spiele ich jemand anders - ich bin nicht dieser Char, und er/sie/es ist nicht ich. Ich kann das dann sogar besser als mit den erzwungenen Anpassern an die normalo Welt.

Ich bin weder eine terroristisch veranlagte Kampflesbe (einer meiner lange verflossenen SR-Chars), noch ein frauenhassender Halbelf mit Hang zum Saufen; ich bin keine Halborkbabarin, die den Sinn von Lesen und Schreiben nicht schnallt oder ein Teenagerhobbit, der denkt, seine große Liebe ist von einem Drachen entführt worden. Ich bin auch keine Schwarzhexe die aus Aberglauben immer möglichst alle Wörter in einem Satz mit gleichem Anfangsbuchstaben haben will. Und ich bin auch keine hundehassende Strassenkatze, die Cthulhu's Schergen bekämpft (und dabei nebenher Hunde abschlachtet und es auf die Schergen schiebt). Es wäre mir auch befremdlich, würde man mir unterstellen, ich wäre ein kleptomanischer Priester... und ich bin schon gar keine kleine Prinzessin mit Hang zur Magersucht, die sich vor allen möglichen Dingen ekelt und deshalb keine Alchemie lernen will.

Es mag sein, dass sich manche Spieler schlecht in ihre Chars versetzen können, oder auch nicht etwas spielen wollen was sie so ganz und gar nicht sind und dann dauernd Kopien von sich bauen die halt ein paar tolle Fähigkeiten haben. Aber darin liegt doch grade der Reiz - mal so zu tun als wäre man was ganz anderes. 


Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Archoangel am 10.03.2014 | 12:28
Was bin ich dann als SL? Schizophren? Nach dieser Theorie müssten ja auch alle NSC ein Teil von mir sein ...
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Mamenchi am 10.03.2014 | 12:32
Was bin ich dann als SL? Schizophren? Nach dieser Theorie müssten ja auch alle NSC ein Teil von mir sein ...

dazu müsstest jeden char den du richtig ausspielst, also so richtig mit herzensblut, einzeln betrachten ^^
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Archoangel am 10.03.2014 | 12:42
Ich spiele IMMER mit Herzblut, da kannst du gerne meine Spieler fragen ... O.K. ... dann bin ich wohl "voll schizzo ey".
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Slayn am 10.03.2014 | 12:44
Naja, es gibt auch Leute die verdammt gute Schauspieler sind und sich zeitweise in eine Rolle verrennen können, also tatsächlich eine leichte Form von selbst-induzierter Psychose.
Ein Kollege von mir ist da so ein Fall, eigentlich ein sehr schüchterner Mensch, hat aber das Präsentieren mittlerweile so inhaliert das man ihn faktisch nicht mehr erkennt wenn er mit PowerPoint bewaffnet vor einer Menge steht.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: First Orko am 10.03.2014 | 12:47
Nun zu euch: Habt ihr längerfristige Runden ganz ohne phantastische, Superhelden-, Horror- oder SciFi-Elemente gehabt? Haben sie funktioniert? Woran liegt für euch der Reiz solcher Spiele? Und warum stoßen sie euch ab? Warum werden sie im Rollenspielbereich nicht mehr gespielt?

Nicht ganz - aber fast. Unsere wöchenliche "Extraordinary Gentleman"-Runde ging über...ich glaub 1-2 Jahre jetzt. Zwar war die Runde zum einen geprägt durch pseudowissentschaftliche Entdeckungen, Äther-Science und jeder unserer Charaktere hatte faktisch eine Superkraft - diese waren aber alle so in die Welt eingebettet, dass es zumindest eine dem Geist des 19. Jhd. entsprechende pseudowissentschaftliche Erklärung dafür gab.
Trotz dieser Beigaben war die Runde dominiert von den Problemen, sich in der gehobenen Gesellschaft der Belle Époque ergeben, wenn man dort als Außenseiter auffällt. Es geht um Ansehen, Macht, Kontrolle - alles Aspekte, die jeder aus seinem Leben kennt.
Das Versetzen der Probleme in eine andere Epoche hat aber in unserem Fall sicher dazu beigetragen, dass man sich dem Eskapismus gerne hergibt, auch wenn die Probleme zuvorderst "alltäglicH" sind - nur eben alltäglich für jemanden in der damaligen Zeit.

Braucht es diese Verfremdung aber, um zu funktionieren? Ich denke nicht. Für mich spielt es letztlich keine Rolle, ob ein Setting abgehoben oder bodenständig ist - wichtig ist mir nur, dass es mir ermöglicht einen Charakter mit einer gewissen Tiefe zu spielen, was automatisch bedeutet, dass sich die Geschichte um den/die Charaktere drehen muss (siehe einen der Nachbarthreads). Drama kann vor jedem Hintergrund erzeugt werden und spannend dargestellt - wie gut das funktioniert, hängt von althergebrachten Rezepten ab auf denen gute Geschichten schon seit der griechischen Tragödie funktionieren.

Wie hier schon oft geschildert: Es geht nicht darum, den Briefträger beim Austragen der Briefe zu spielen. Aber der Briefträger, der ein Verhältnis mit einer Kundin hat und durch Zufall heraufindet, dass ihr Mann ein Unterweltboss ist und dann in eine abstruse Geschichte aus Leidenschaft, Eifersucht, Mord, Verrat, Erpressung rutscht und am Ende seine Familie retten muss - zum einen vor dem inneren Zerfall, zum anderen vor der Mafia - so ein Charakter kann durchaus Spass machen. Wie lange hängt vom Potential der Figur ab. Jemand wie Walter White aus Breaking Bad ist ja auch nicht einfach nur Lehrer, sondern eben ein Lehrer, der beinahe einen Nobelpreis bekommen hätte - der also ein gewissen Potential zu Höhrem hat von Anfang an.

Ich habe in meiner Stammrunde neulich ein Konzept vorgestellt, dass ich eventuell mal testen würde (in ca. 3-5 Spielsitzungen dann) und das sich um so ne Art "Ökoterroristen" in den 90er Jahren dreht inklusive politischer Verstrickungen, Menschenschmuggel, Waffenhandel, Medienmanupulation und so.
Mehr habe ich dazu nicht gesagt, aber die Idee kam bei allen Spielern gut an, obwohl klar ist, dass man keine Mutanten, Elitekämpfer oder sowas spielen wird sondern weitestgehende Normalos - mit extremen Prinzipien und unter extremen Bedingungen. Ohne Letzeres wäre es ja auch langweilig.

Ich würde allerdings ganz vehement der verbreiteten Meinung entgegentreten, dass Dramaserien abseits von Soaps (wie bspw. Breaking Bad) so unglaublich unrealistisch und überdreht sind. Das Gegenteil ist der Fall - die Realität schreibt meiner Erfahrung nach immer noch viel unglaublichere Geschichten! Wenn ich mal so die letzten Jahre bei mir Revue passieren lasse und raffe - das wäre schon ne verdammt gute Basis für ne Serie. Und mein Leben ist ziemlich durchschnittlich würd ich mal sagen...
Irgendwo habe ich mal eine Aussage zu einem Film/Serie/spiel (ich weiß echt nicht mehr, was das genau war!) nach einer realen Vorlage gelesen, in dem der Drehbuchautor sinngemäß meinte "Wir mussten da ein paar Dinge abändern, wenn wir die Story so erzählt hätten, wie es passiert ist hätte uns das keiner abgenommen". Das ist auch meine Erfahrung, Leute verhalten sich manchmal so extrem komisch dass ich tatsächlich innerlich schonmal die Rollenspielpolizei im Ohr hab: "Das macht gar keinen Sinn, sowas würde dein Charakter niemals tun!!" - und sie tun es doch ;)
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Archoangel am 10.03.2014 | 12:47
"6" ist definitiv ein Spieler der sich sehr gut in Rollen versetzen kann, ohne dass diese seine Persönlichkeit widerspiegeln, ich erinnere mich noch sehr gut an ein 8-jähriges Mädchen ...
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: 6 am 10.03.2014 | 12:57
Irgendwo habe ich mal eine Aussage zu einem Film/Serie/spiel (ich weiß echt nicht mehr, was das genau war!) nach einer realen Vorlage gelesen, in dem der Drehbuchautor sinngemäß meinte "Wir mussten da ein paar Dinge abändern, wenn wir die Story so erzählt hätten, wie es passiert ist hätte uns das keiner abgenommen".
Das könnte der Drehbuchautor des Filmes "Rush" gewesen sein. Der sagte genau das über den Film. Sie mussten laut eigenen Angaben sehr viele Annekdoten aus dem Leben von Lauda und Hunt weglassen, weil die selbst für einen Hollywoodfilm zu unrealistisch erschienen.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Boba Fett am 10.03.2014 | 13:07
Keiner will Manfred Krug spielen, ...

Word! :d
Und niemand will einen Emo Manfred Krug spielen...!
Und schon gar nicht mit einem.

Ich hab die Harry Potter im Band 2 zu lesen aufgehört, weil mir sein ewiges Emo-Gejammere auf die Nerven ging. Und ich möchte keinen Emo-Charakter in der Runde haben, der mir mit ewigen Geseufzer und lebensleidigen Blick quasi aufzwingt, mich für die Ursachen seines Herzleids zu interessieren und mir dann seine dreistündige Lebensleid-Zwiespalt-Klage entgegenzuschmettern.
Das ist genauso nervig, wie die dreissig Seiten Lebenslauf, die manche Spieler (oder Spielleiter) in den 90ern als notwendig empfanden.

Ich mag Charaktere mit Background, plausiblen Emotionen, Motivationen und Zwiespälte. Aber nichts davon muß zwangsweise und zum Selbstzweck zum Spielinhalt gemacht werden.
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)


Mal ehrlich: Befindlichkeiten sind eine Motivation etwas zu tun oder eben nicht zu tun, aber nichts, in das man sich Drama-Queen mäßig herumwälzen muß.
Der Trucker, der Kohle für die Medikamente seiner kranken Tochter braucht, hat eine gute Motivation, sich spektakulären Situationen zu stellen. Aber es bleibt die Motivation und nicht der zentrale Spielinhalt.

Elvis hat es mal gut formuliert:
"A little less conversation, a little more action please."

Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Luxferre am 10.03.2014 | 13:20
"A little less conversation, a little more action please."

Ein Abgesang auf dieses Forum  :d >;D
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: ArneBab am 10.03.2014 | 13:27
dazu müsstest jeden char den du richtig ausspielst, also so richtig mit herzensblut, einzeln betrachten ^^
Für wichtige NSCs ist das für mich die normale Vorgehensweise. Die muss ich fühlen, um sie spielen zu können.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: ArneBab am 10.03.2014 | 13:31
Ich habe selbst keine Probleme mit der Darstellung von fragwürdigen realen Chars. Ich wäre gar nicht auf die Idee gekommen dass jemand denken könnte, dass das Verhalen eines PCs was mit dem Spieler zu tun hat, ausser dass selbiger diesen Char spielt.

Ich hatte das schonmal (als SL): Ich weiß, dass meine Persönlichkeit düstere Aspekte hat. Normalerweise halte ich die im Zaum (ähnlich wie ich andere Autofahrer nicht gleich stoppe und verprügele, nur weil sie mich schneiden). In einer Runde habe ich die düsteren Aspekte aber aktiv genutzt und verstärkt, um für die Charaktere richtig üble soziale Situationen darzustellen. Ich brauchte danach einige Tage, bis ich wieder ganz "bei mir" war, trotz Auflösen der Stimmung durch Ausblasen der Kerze und normales Gespräch danach. Und es war für alle Beteiligten eine unglaublich intensive Stimmung, die uns viel Spaß gebracht hat - war es also definitiv wert. Die NSCs die ich dabei gespielt habe, wollte ich nicht als SCs spielen.

Als Spieler habe ich einmal einen Verräter gespielt. Das war die für mich glaube ich dei übelste Runde, die ich je erlebt habe - und ich habe nicht vor, das nochmal zu machen.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: 6 am 10.03.2014 | 13:41
Ihr redet da von verschiedenen Möglichkeiten. Entweder man schauspielert eine Rolle oder man ist diese Rolle. Beides hat seine Vor- und Nachteile. Aber beides wird mit Herzblut gespielt. Aber bei einem wird nur eine Rolle vorgegaukelt und beim anderen ist die Rolle Teil von einem selbst.

Aber ganz ehrlich: Das hat doch jetzt mit dem eigentlichen Thema hier nichts zu tun, oder?

EDIT: Dazu vielleicht noch ein Zitat von Lars von Trier zum Film Dancer in the Dark, bei dem Björk die Hauptrolle eben nicht gespielt hat, sondern mit ihr verschmolzen ist. Ich denke da kann man diese Unterscheidung sehr gut erkennen:

SPIEGEL ONLINE: Sie hatten dann ja auch eher Probleme mit Ihrer Hauptdarstellerin Björk...
von Trier: ...die allerdings zum Teil in der Presse sehr aufgebauscht wurden. Ich meine, bei jedem kreativen Prozess gibt es Auseinandersetzungen und Meinungsverschiedenheiten...
SPIEGEL ONLINE: ...die sich im Fall Björk allerdings bis zum zeitweiligen Boykott gegen Sie ausweiteten. Um welche "künstlerischen Differenzen" handelte es sich denn?
von Trier: Björk wollte nicht erhängt werden.
SPIEGEL ONLINE: Wie bitte?
von Trier: Sie wollte, dass Selma, die sie im Film spielt, am Leben bleibt. Das hätte allerdings den ganzen Film auf den Kopf gestellt. Es hat mich sehr viel Energie gekostet, sie dann doch noch dazu zu bringen, die Todesstrafe, die über Selma nun einmal verhängt wurde, anzunehmen. Es hing alles an einem seidenen Faden.
SPIEGEL ONLINE: Haben Sie Ihr denn nicht vor Drehbeginn das Skript zu lesen gegeben?
von Trier: Doch, aber ich kann schon verstehen, dass es etwas anderes ist, auf dem Papier zu "sterben" oder dann sozusagen "in Wirklichkeit". Björk war mit ihrer Rolle wie verschmolzen. Und dazu kam, dass das Drehbuch einige Parallelen zu ihrem privaten Leben aufwies. Sie hat, zum Beispiel, auch einen Sohn, der etwa so alt wie ihr Filmsohn ist. Es war alles sehr, sehr schwierig. Ich habe mir geschworen, dass in meinem nächsten Film nur Männer vorkommen.

Aber wie geschrieben: Eigentlich vollkommen OT.
Titel: Re: Endlich normale Leute!
Beitrag von: Teylen am 10.03.2014 | 13:52
Ich würde allerdings ganz vehement der verbreiteten Meinung entgegentreten, dass Dramaserien abseits von Soaps (wie bspw. Breaking Bad) so unglaublich unrealistisch und überdreht sind.
Die Behauptung ist nicht das Dramaserien wie Breaking Bad unglaublich unrealistisch oder überdreht sind sondern das sie keine "Normalität" beschreiben.
Wie man das bei Serien die sich mit dem Zusammenleben in einer Strasse, dem Handeln von Freunden, dem Leben in einer Arztpraxis, einer Rechtsanwaltskanzlei oder ähnlichen Serien zuschreiben kann.
Wobei ich noch angefügt habe das Elemente, in Serien wie Breaking Bad, die Versuchen etwas Normalität -einzufügen, wie in dem Fall die Figur Skylar, oftmals als  störend empfunden werden.

Vielleicht ist auch das Wort Normalität falsch und es wäre passender von "Lebensnähe" bzw. der "Nähe zum eigenem Erfahrungshorizont" zu schreiben.
Im Bezug auf die Dramatik bzw. die Zeichnung der Charaktere.