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Kampfsysteme - Glücksspiel oder Taktik?

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Eadee:
Seit einiger Zeit arbeite ich an einem Rollenspiel und nun ist mir die Frage gekommen wie die Gewichtung zwischen Spielertaktik, Charakterwerten und Würfelglück aussehen sollte.

Bitte schreibt mir ein paar Zeilen wie diese Gewichtung in einem idealen Kampfsystem sein sollte und warum ihr das so seht und was ihr allgemein noch als Ansprüche an ein Kampfsystem habt.







Mehr Details für alle die interessiert wie ich auf diese Fragestellung gekommen bin:

Mein Plan war ursprünglich ein initiativelastiges Kampfsystem zu entwerfen ähnlich zu Splittermond wo jede Aktion unterschiedlich viele Ticks benötigt etc...

In einem Gespräch mit einem Freund stellte ich dann fest dass dies nicht die Art von Kämpfen abbilden würde wie ich sie für glaubhaft halte. In einem (zwei)Kampf führt üblicherweise derjenige der die Initiative hat eine ganze Reihe Schläge aus bevor beide Kämpfer wieder auf Distanz zueinander sind und ein paar Sekunden den Gegner nach einer Deckungslücke absuchen, anschließend kommt es wieder zu einem Schlagabtausch, in dem wieder ein Kämpfer klar in der Offensive und der andere in der Defensive ist. Der beständige Wechsel von Attacke zu Parade und umgekehrt, wie er in DSA üblich ist, stellt eher die absolute Ausnahme dar.

Also kamen wir auf die Idee eine Kampfrunde in 30 Ticks einzuteilen, jeder Spieler plant für diese 30 Ticks verdeckt seine Aktionen und kann sich Ticks aufsparen um besser reagieren zu können wenn er nicht die Initiative gewinnt. Dann würfeln die Kontrahenten wer die Initiative gewinnt und dessen Aktionsliste wird dann abgearbeitet.

Was mir daran nicht gefiel ist, dass der Verlierer der Initiative eine ganze Kampfrunde aufwendig geplant hat und diese dann komplett verworfen wird. Was sich einfach wie unnötigen Aufwand anfühlt.

Als ich dann auf dieses Video gestoßen bin:
https://youtu.be/WCtFkIpOCYs
war ich erstmal begeistert und habe überlegt ob ich mit dem Konzept "Roll and Move" ein besseres System finde.

Das Konzept des verdeckten Ansagens blieb erhalten, aber statt 30 Ticks habe ich das System auf ~3 Aktionen je Kampfrunde reduziert, vor den verdeckten Ansagen machen beide Kämpfer einen verdeckten Wurf und der Sieger erhält eine 4. Aktion für seine Planung.

Die Aktionen beider Spieler werden gleichzeitig ausgeführt, keine verfällt. Stattdessen funktionieren sie grob nach dem Schere-Stein-Papier-Prinzip.
Es gab folgende Aktionen: Offensive, Defensive, Finte, Riposte(nur möglich wenn zuvor eine Verteidigung gelungen ist)

Offensive vs Offensive - Funken fliegen, landet in der nächsten Aktion einer einen Treffer wird der Schaden verdoppelt.
Defensive vs Defensive - Die Kontrahenten starren sich gegenseitig an - kein Treffer
Offensive vs Defensive - Angriff ist abgewehrt, der Verteidiger kann in der nächsten Aktion eine Riposte nutzen.

Finte vs Finte - wildes Gefuchtel - kein Treffer
Offensive vs Finte - der Kämpfer in der Offensive landet einen Treffer
Finte vs Defensive - die Finte lockt den Verteidiger in eine ungünstige Lage, der Angreifer trifft nächste Aktion auch dann wenn Offensive vs Offensive angesagt ist.
Riposte vs Defensive - Angriff ist abgewehrt
Riposte vs alles andere - Treffer

Das habe ich eine weile durchgerechnet und bin zu der Erkenntnis gelangt dass das System dazu führt dass beide Kämpfer Offensive, Defensive, Defensive ansagen, denn so ist das Risiko getroffen zu werden gleich Null. Die vierte Aktion ist damit die einzig relevante, da diese nicht abgewehrt werden kann. So ist am Ende doch wieder nur der erste Würfelwurf relevant und nichts anderes.

Da steh ich nun ich armer Tor, und bin so.... ihr wisst schon.

Jedenfalls habe ich parallel dazu eine  Thread im DSAForum gelesen: https://dsaforum.de/viewtopic.php?f=182&t=48940
in dem von manche einem es sogar bei gesellschaftlichen Proben verteufelt war dass die Spieler genau ansagen was sie tun und abhängig von ihrer Spielerentscheidung dann die Schwierigkeit der Probe abhängt.

Aus diesem (extremen) Standpunkt dürfte ein Spieler auch im Kampf keine taktischen Entscheidungen treffen die den Kampfausgang beeinflussen sondern man müsste den gesamten Kampf auf einen oder eine Reihe von vergleichenden Kampftalentproben reduzieren.

Das wiederum fände ich unheimlich langweilig und daher bin ich nun auf der Suche nach dem richtigen Gleichgewicht zwischen Taktieren, Würfelglück und Talentwerten für mein System und bin über jeden Input dankbar. Nachdem es hier darum geht was "gefällt" dürft/sollt ihr vollkommen subjektiv antworten. Rollenspieltheoretische oder Stochastische Anregungen nehme ich aber auch gerne an :)

Pyromancer:
Ich persönlich würde mich nicht so sehr auf den 1:1-Aspekt konzentrieren. Rollenspiel ist in erster Linie ein Gruppenspiel, daher würde ich die Taktik-Komponente in das Zusammenspiel der Gruppe verlagern: Positionierung, wer steht wo, wer greift wen an, welche Synergie-Effekte ergeben sich, wie kann man sich gegenseitig schützen oder unterstützen usw.

Derjayger:
Mindestens ein bisschen Glück sollte dabei sein. Stellt euch mal eine Runde Mario Kart mit euren Freunden vor, bei der ihr im Mittelfeld herumkrepelt und nur Bananen kriegt. Man erfährt zwar, wer der Geschickteste ist, Spaß macht es aber trotzdem nicht.

Taktik und Charwerte würde ich erstmal nicht trennen wollen. Lieber Charwerte als eines von vielen Mitteln betrachten, die Taktiküberlegungen möglich machen.

Programmierbare Aktionen (das mit den "ticks") gehören für mich übrigens zu den spaßigsten Mechaniken überhaupt (Robo Rally lässt grüßen) :d Die Ansagen sollten halt schnell und übersichtlich sein. Spielkarten, die man in einer Reihenfolge auslegt, können da sehr hilfreich sein. Einfach nur ansagen und der SL schreibt mit hat sich für meine Spieler jedenfalls gar nicht gut angefühlt.

Feuersänger:
Sehr schöne Umfrage! Sage ich, weil mich das Thema in der Tat auch umtreibt, spätestens wieder seit dem PF2 Playtest.

Ich habe gewählt: Taktik und Level.
Oder andersrum, wie ich schon seit vielen Jahren sage: Luck is the Enemy.
Ich will, dass meine strategischen (welche Fähigkeiten gebe ich meinem Charakter) und taktischen (wann und wie setze ich diese Fähigkeiten ein) Entscheidungen wichtiger sind als die Launen eines widerspenstigen Plastikklötzchens. Das ist auch der Grund, warum ich bis jetzt kein System gefunden habe, dass D&D 3E/PF vom Thron gestoßen hätte -- weil ich da viele solche Entscheidungen treffen kann, und indem ich diese Entscheidungen treffe, den Einfluss des Plastikklötzchens a.k.a. Glück minimieren kann.

Man könnte freilich die Drei Faktoren Taktik / Level / Zufall in einem Dreieck gewichten, um Systeme zu klassifizieren. Also z.B. "40% Taktik, 40% Level, 20% Zufall". (Mein Problem mit PF2 beispielsweise ist, dass es vielleicht 15% Taktik, 35% Level und 50% Zufall ist -- alle deine strategischen und taktischen Entscheidungen sind null und nichtig, wenn dein Plastikklötzchen <10 zeigt.)

Außerdem: danke für den Video-Link. Und ich hätte fast nicht draufgeklickt. Dabei fasst der Mann mein Problem mit Gott Zufall besser zusammen, als ich es bisher konnte.

Jetzt müsste man sich halt noch überlegen, wie gut bspw Pathfinder mit Roll&Move laufen würde. ^^ Die erste Frage wäre da beispielsweise, ob der SL seine Monster und NSCs auch so führen darf. Meines Erachtens ist das nicht nötig, da der Sinn der ganzen Mechanik ja ist, dass sich die Spieler nicht aufgrund von verlorenen Zügen langweilen oder frustriert werden (und in Konsequenz anderweitig beschäftigen wollen).

felixs:
Ich kann mich mit verschiedenen Spielstilen anfreunden, in denen das dann alles jeweils unterschiedlich wichtig ist.

Da ich normalerweise nicht vorwiegend taktisch spielen möchte, sind es dann halt die Fähigkeiten der Figur (bei deren Bau ich mir meist keine großen strategischen Herausforderungen wünsche) und Glück, welche den Kampf entscheiden.

Insgesamt würde ich mir für die meisten Spiele wünschen, dass Kampf etwas ist, was man am besten vermeidet. Das erreicht man am besten über Tödlichkeit des Kampfsystems.

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