Das Tanelorn spielt > [Cthulhu] Spawn of Azathoth
[SoA 2. Akt] Königsallee
Joran:
KÖNIGSALLEE 133a
Ich pfeife leise durch die Zähne, als ich den Wagen betrachte. Der Mercedes-Benz W 02 wurde im vergangenen Oktober auf der Berliner Automobil-Ausstellung erstmals vorgestellt und von Ferdinand Porsche konstruiert. Ich habe darüber in der Zeitung gelesen und erinnere mich noch an das Foto. "Der Wagen gehört zwar nicht zur Oberklasse, ist aber brandneu und ein echtes Schmuckstück. Gerade der hohe Preis des Wagens wird in Fachkreisen kritisiert. An Geld scheint es also auch aktuell hier nicht zu mangeln! Von diesem neuen Wagen fahren selbst in Berlin noch nicht viele Exemplare herum. Das ist doch schon mal was und gibt mir einen Ansatzpunkt. Krassimir persönlich kann den Wagen nicht erworben haben, da er sich bereits in der Anstalt befand, bevor das Automobil auf den Markt kam", schlussfolgere ich verwundert. "Fragt sich, wer den Wagen angeschafft hat und wer mittlerweile in diesem Haus lebt. Oder gehört der Wagen etwa garnicht zum Haus, obwohl er auf dem Grundstück und nicht an der Straße geparkt ist?"
Derweil frage ich mich, ob es sich bei den beiden Männern wohl um Polizisten handelt. Das erscheint mir am wahrscheinlichsten. Warum sollte Krassimir sich private Wachleute leisten, zumal er seit Jahren in der Anstalt lebt? Kurzentschlossen entscheide ich mich für die Flucht nach vorn, denn im Augenblick sieht es nicht so aus, als würde es mir hier in absehbarer Zeit gelingen, heimlich einzudrigen, um ein paar Informationen ... oder sonstiges ... zu sammeln. Jedenfalls waren die beiden nicht in der Sternwarte, vergewissere ich mich.
"Hmmm, ein Mercedes-Benz W 02", sage ich mit deutlich vorgetragener Begeisterung zu mir selbst, so dass es auch die beiden Männer am Eingang hören können. Nach einer Weile schlendere ich weiter in deren Richtung, wobei ich die Beine nur ganz leicht unterschiedlich belaste, als würde ich ein klein wenig hinken. Als ich die Männer erreiche, tippe ich mit zwei Fingern an meine Mütze und grüße höflich. "'n verdammt schönen Wajen haben Se da! Ick bin Kraftfahrer von Beruf ... aber ick liebe Automobile seit ick 'n kleener Dötz war. Davon konnt ick nie nich lassen, ooch nich im Kriech ... Ob Se mir wohl jestatten würd'n, 'n jenaueren Blick auf'n Mercedes zu werfen? Dat wär 'ne Wucht! Da würden's mir 'ne Freude machen!"
Ich versuche die Männer einzuschätzen. Ich achte auf die Qualität und Abnutzung ihrer Kleidung. Ich reiche ihnen meine Pranke und versuche einzuschätzen, ob deren Hände an harte Arbeit gewohnt sind oder eher an Federhalter. "August Pawerke, wenn's beliebt", stelle ich mich den beiden vor, wobei mich der Gedanke, dass Augusts Gebeine tatsächlich zur gleichen Zeit die französischen Würmer benagen, erheitert.
Der Läuterer:
Anton
Die beiden Männer unterhalten sich, während sie rauchen. Beide tragen lange, braune Ledermäntel.
Vor ihnen liegen einige Zigaretten-Stummel auf dem Boden.
"... hier noch warten müssen?"
"Weiss nüsch. Dauert manchmal länger."
"Haste noch wat zum Rochen."
"Na klar. Biste schon länger bei die Truppe?"
Als Du in den Wagen linst, fällt Dir auf dem Beifahrersitz eine graue Feldschirmmütze auf.
"He! Du da. Mach Dich von Acker. Hier jibts nüscht zu kieken."
"Und Zigaretten geschnorrt würd nüsch."
Joran:
"Nu mach nich so’n Jewese, Kamerad!1 Behalt deene Qualmtüten un' Sechser2 ma schön für dich! Schnorren is nich meene Art! ... Is ja nich so, als wollt ick jleich mal durch de Jejend jurken. Nur kiek'n wollt ick! ... Jeht man so mit eenem um, der wo für Kaiser und Vaterland jedient un' seene Jesundheit uff'n Feld jelassen hat? Mahn, mahn, dit is ‘n dicker Hund! Und dit von 'nem Kadetten, der wo noch jungsch is ... 'n rechter Hosenmatz! ... Dachte ihr würdet eene Fuffzehn machen.3 Wollt' Euch nich von was wicht'jem abhalten. Jott bewahre!"
Ich schüttle verständnislos den Kopf und schicke mich an, weiterzugehen.
"Also ehrlich! Machen die in Zivil eenen uf Graf Kacke4! Dit macht Lunte!5 Dit hab ick jern!"
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)1 Jewese = Gewese, Getue, Gehabe; "Mach nich so'n Jewese!" = Nun reg dich mal nicht so auf!
2 Der Sechser ist ebenso wie „Groschen“ fest im Sprachschatz der Berliner verankert. Der Sechser bezeichnete zunächst eine Münze im Wert von sechs Pfennigen, im 19. Jahrhundert dann einen halben Groschen. Bis zur Einführung des Euro wurde der Begriff für das 5-Pfennig-Stück benutzt, heute bezeichnet er auch das 5-Cent-Stück. (Insider sollten sich an den "Sixpence" aus einem früheren Abenteuer erinnert fühlen! Die kleine Anspielung fand ich nett ... ;) )
3 Fuffzehn = Fünfzehn für 15 Minuten; "eene Fuffzehn machen" = eine kurze Pause einlegen
4 Graf Kacke = jemand der vornehm tut oder sich benimmt, als wenn er etwas besser gestellt ist oder viel Geld besitzt.
5 Dit macht Lunte! = Das macht Laune!
Der Läuterer:
Du schlenderst am Automobil entlang, während Du versuchst die beiden Wartenden in ein belangloses Gespräch zu verwickeln.
Dabei wirfst Du scheinbar interessierte Blicke auf den Wagen, taxierst währenddessen aber die zwei sehr genau und hältst Augen und Ohren für die Vorgänge im Haus offen.
An einem Fenster im Stockwerk über Dir steht eine schöne, junge Frau am Fenster, die in die Ferne schaut, dann aber von einer anderen Person im Zimmer vom Fenster zurückgezogen wird.
Du hörst zwei Männerstimmen im Eingangsbereich.
"Aber, hören Sie doch..."
"Nein!"
"So bleiben Sie doch bitte. Das in der Warte war..."
"Ein Fehler. Ja, da haben Sie Recht. Der letzte Fehler. Keinerlei Ausflüchte mehr!"
"Ich beschwöre Sie, Ihre Leute werden..."
"... sich der Sache annehmen? Gottverdammt, ja. Das werden sie tun."
"Bitte. Sie werden alles nur noch weiter verschlimmern."
"Nein!"
"Ich bitte Sie."
"Nein! Ich will Resultate! Zu viel ist bereits nach aussen gedrungen. Das Ganze ist Ihnen doch längst völlig aus der Hand geglitten!"
"Aber... Wir können die Situation noch retten."
"SIE können gar nichts, wie sich gezeigt hat. Ausser leere Versprechungen machen."
Dann wird abrupt die Tür aufgerissen. Ein Mann in schlichter Militäruniform tritt heraus.
"Ab jetzt übernehmen wir! Verstanden?"
Als er Dich sieht. "Was? Ist das denn für ein Kerl?"
"Was ist hier los?"
Joran:
Ich richte mich zur vollen Größe auf, 'zeige Front' und grüße militärisch, als folge mein Arm noch immer einem automatischen Reflex. Dann kehre ich doch in eine vermeintliche Schonhaltung zurück, verliere die Körperspannung gerade so weit, als wollte ich es eigentlich vermeiden, und entlaste das eine Bein.
"Wünsche 'n schönen Tag, Herr Leutnant!", grüße ich in einer Mischung aus militärisch-respektvollem Tonfall und informell-kameradschaftlicher Wortwahl. Tatsächlich schießt mir durch den Kopf: "So'n Fannkuchen mit Beene!", aber ich lasse mir meine wenig positive erste Einschätzung des Leutnants nicht anmerken.
"Melde jehorsamst: Hier is nüscht los ... allet paletti! ... nur 'n oller Kamerad mit'm Sinn für schöne Automobile. Dit is' doch nich' verboten, mal kurz nach'm Schmuckstück von Wajen zu kiek'n, der wo noch nach Fabrik riecht, wat?"
"Keene Ahnung, warum die beeden so'n Jewese mach'n, als wär ich nich janz koscher."
Zur Bekräftigung meiner letzten Worte schüttle ich enttäuscht den Kopf und lasse die Schultern noch ein winziges Stück mehr hängen. Eine deutsche Eiche, gebeugt von der Last des Krieges, aber nicht gefällt.
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