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Feuersängers Ansprüche
nobody@home:
In Sachen Nischen muß man meiner unbescheidenen Meinung nach zwischen Grundkompetenzen einer- und darüber hinausgehenden persönlichen Tricks und Eigenheiten andererseits unterscheiden -- jedenfalls dann, wenn man nicht ausdrücklich "bunt zusammengewürfelte Zivilisten, die ohne Warnung oder Vorbereitung ins Abenteuer geschmissen werden" spielen will. Wenn von vornherein klar ist, daß wir alle Soldaten, Feuerwehrmänner, halbprofessionelle "Abenteurer" oder sonst ein regelrechtes Team mit zumindest theoretisch gemeinsamen Zielen spielen wollen, dann müssen eben auch alle Charaktere wenigstens gewisse Mindestanforderungen erfüllen, damit sie den anderen nicht einfach nur ein Klotz am Bein sind. Heißt, dann sollte (beispielsweise) auch der Zauberer wenigstens halbwegs überzeugend klettern, der Paladin nicht ständig wie eine lose Sammlung Blechdosen klappern, und der mürrische Zwerg sich auch schon mal mit Fremden unterhalten können, ohne dadurch gleich eine diplomatische Krise auszulösen; können sie das nicht, dann sind sie in einer Gruppe, die sich gemeinsam in Abenteuer stürzen will, in denen man auch schon mal umkommen kann, schnell fehl am Platz. (Okay, ausgesprochenes Comedy-Spiel, das dann vielleicht gerade auf den diversen Unfähigkeiten mit aufbaut, sei dabei mal außen vor gelassen... ;))
Andererseits braucht's auch in einer noch so professionell einheitlichen Gruppe ("Okay, wir sind alle Westmänner im klassischen Karl-May-Stil und können also alle recht gut schleichen, schießen, Spuren lesen, und Indianer belauschen...") genügend Spielraum für individuell unterschiedliche Persönlichkeiten, und für die von uns, denen "rollenspielt eure Charaktere einfach und gut ist" dabei nicht reicht, schließt das die mechanischen Aspekte zwangsläufig mit ein. ("Sind wir uns also einig: ich mache den großen Starken in der Gruppe, Kalle spielt den Zwerg mit dem merkwürdigen Kichern, der aber auf zweihundert Schritt noch einer Fliege einen sauberen Kugelscheitel ziehen kann, und Hannos Charakter beherrscht drei Dutzend Indianerdialekte mehr oder weniger gebrochen und hat hier und da auch noch seine Kontakte aus der Zeit, als er die gelernt hat...") Von daher sind die beiden Gebiete aus meiner Sicht schon zwei etwas unterschiedliche Paar Schuhe, auch wenn das ein Ansatz zu sein scheint, den bestenfalls wenige Systeme aktiv unterstützen und den zumindest einige sogar regelrecht sabotieren.
YY:
+1
--- Zitat von: Feuersänger am 17.04.2019 | 00:48 ---"Alle spielen Ritter". Letzteres dürfte wohl zum Beispiel in Pendragon der Fall sein, nehme ich an.
Oder wie ist das meinetwegen in Military-Runden (nicht dass das jetzt mein bevorzugtes Setting wäre) -- ist da jeder "Soldat", oder teilt sich der Squad nicht auch auf in z.B. Sarge, Marksman, Heavy Weapons, Radio Operator, Medic?
--- Ende Zitat ---
Ja, bei Pendragon spielt man so gesehen eigentlich lauter Leute, die alle in die selbe Nische drängen. Dann muss man sich eben anders differenzieren als ausgerechnet über Kampfrollen, was i.d.R. ziemlich gut klappt.
In Militärsettings kommt es schwer aufs System an. Manche können da nicht anders und müssen dann doch recht strenge Klassentrennung und Nischenschutz etablieren, aber "normal" ist es eher, dass jeder die gleichen Grundlagen beherrscht und sich die Gruppe dann eher schwach bis mittelmäßig über Bewaffnung, Ausrüstung und Fähigkeiten ausdifferenziert.
Da kommt es dann auf Magie u.Ä. an, ob es überhaupt irgendeine "richtige" Nischentrennung gibt.
Übermässig hart getrennte oder zu fein ausdifferenzierte Gruppenrollen sagen mir i.d.R. rein spielmechanisch schon nicht zu, daher passt mir so was schon eher und da hat sich dann mein Eindruck verfestigt, dass man Nischenschutz nicht braucht - wohl aber alle Gruppenrollen, die das System ggf. so vorsieht, was oft genug auf das Selbe hinaus läuft.
Edit: Da ist es dann ganz schön, wenn das Spiel auch hinsichtlich der Gruppenrollen einigermaßen flexibel ist; vielleicht ein bisschen vergleichbar mit SR, wo man nicht immer alles braucht, aber umgekehrt die tatsächliche Gruppenzusammensetzung eben das Vorgehen prägt.
Feuersänger:
--- Zitat --- Heißt, dann sollte (beispielsweise) auch der Zauberer wenigstens halbwegs überzeugend klettern, der Paladin nicht ständig wie eine lose Sammlung Blechdosen klappern, und der mürrische Zwerg sich auch schon mal mit Fremden unterhalten können, ohne dadurch gleich eine diplomatische Krise auszulösen
--- Ende Zitat ---
Hast du schön gesagt. ;D
Das sind aber auch klassische Baustellen. Wir haben in der Tat bei uns auch schon festgestellt, dass es oft sinnlos ist, Schleicher und Plattenfuzzis nebeneinander in der Gruppe zu haben: damit die Schleicher ihren Job machen können, müssen die Heavies sich so weit hinten halten, dass sie nicht mehr rechtzeitig eingreifen können wenn die Schleicher doch auffliegen sollten. Oder halt es halt immer die halbe Gruppe Sendepause und darf nur zugucken. Beides doof. Ich habe schon gute Erfahrungen damit gemacht, wenn wirklich alle stealthy sind; das war teilweise so effektiv dass der SL frustriert war, weil seine NSCs nie über die Überraschungsrunde hinaus existiert haben. >;D In den letzten Jahren hingegen war es hingegen in quasi allen Gruppen so, dass wir eben auf die Schleicher verzichtet haben.
Weiterhin sind für den Zauberer halt Punkte in Klettern oft verschwendet, weil er den Skill nie wieder braucht sobald er fliegen kann. Darum würde ich auch bei niedrigstufigem Spielbeginn nicht darauf bestehen, dass der Zauberer gefälligst diese Punkte investiert. Dann wird er eben an einem Seil hochgezogen. Mal davon abgesehen, dass auch der Blechdosen-Paladin sich beim Klettern nicht mit Ruhm bekleckern wird. xD
Wenn ich so drüber nachdenke, wäre eine ernsthafte Kletterpartie für unsere PF-Runde auf den niedrigen Stufen ein extremer Showstopper gewesen. :think:
Anyway, weiter im Text:
Andererseits ist halt "Zwerg mit dem merkwürdigen Kichern, der aber auf zweihundert Schritt noch einer Fliege einen sauberen Kugelscheitel ziehen kann" eine ziemlich klobige Umschreibung. Für die Abstimmung untereinander, wer was spielt (und welche Kompetenzen abdeckt) vereinfacht es die Sache doch enorm, wenn man z.B. einfach mit "Ranged Striker" einen Spezialisierungs-Code nennen kann, oder evtl auch einfach einen Klassennamen wie "Strongman", "Marksman" und "Scholar", um jetzt mal was aus den Fingern zu saugen.
So als Zwischending zwischen Klassen- und klassenloser Erschaffung kann ich mir z.B. noch "Bundles" vorstellen; also Pakete die z.B. sinnvolle Skill- und Talentpakete schnüren. Also beispielsweise: um zu jagen, muss man sich in der Wildnis auskennen, Spuren lesen, schleichen und sich tarnen bzw verstecken können. Es gibt also das Bundle "Jäger", das all diese Fertigkeiten abdeckt. Es mag auch ein Bundle "Dieb" geben, das ebenfalls schleichen und verstecken enthält, aber dazu eben noch Schlösser knacken und Fallen entschärfen. Und vielleicht auch noch klettern dazu, könnte aber auch Teil eines Athletikpakets sein. Wie grob- oder feinkörnig diese Pakete sein sollen, wäre noch zu diskutieren.
In der Planungssitzung kommen also alle in Frage kommenden Jobs auf Indexkarten, und dann dürfen die Spieler diese verteilen oder drum schachern wie sie wollen und bis hoffentlich jeder zufrieden ist. So sieht man auch gleich, welche Jobs liegenbleiben, also woran keiner Interesse hat, dass es Spielbestandteil wird -- auch ein wertvolles Signal für den SL.
Dann darf das Erschaffungssystem gern noch gut Platz für Individualisierung bereithalten. Nachdem alle Jobs verteilt sind, darf dann jeder noch ein paar weitere einzelne Fertigkeiten dazupacken - etwa wenn die Spieler sich einig sind, dass sie eine All-Stealth Party haben wollen. Oder sie im Zivilstand Musikanten sein wollen und jeder noch ein Instrument oder singen lernt. Oder oder.
Ähnlich könnte die Aufteilung der Rollen im Kampf aussehen. Ein Enabler, ein Striker, ein Controller - oder was immer noch dazu passt. Wobei ich, wenn "tanken" eine Option sein soll, mir da auch eine handfeste Mechanik für wünsche; Aggro oder sowas. Im Endeffekt ist es ja Control, egal ob man den Gegner jetzt mit einer Hellebarde festnagelt oder mit einem Rankenzauber.
--- Zitat ---Da kommt es dann auf Magie u.Ä. an, ob es überhaupt irgendeine "richtige" Nischentrennung gibt.
--- Ende Zitat ---
Right, I see. Brauchen tut man sowas wie einen Tank ja eigentlich auch nur, wenn es Weichziele gibt, die beschützt werden müssen. Also klassischerweise die robentragenden, rachitischen Magier. Wenn eh alle Ritter (oder Soldaten...) spielen, mag das überflüssig sein. Es ist aber z.B. auch ganz cool, wenn sich z.B. einer auf einzelne, harte Gegner spezialisiert und der andere die Horden von Minions dezimiert.
Allerdings find ich flashige Magie schon auch ziemlich cool, und damit wiederum der schwertschwingende Krieger neben dem blitzeschleudernden Magier noch eine Daseinsberechtigung hat, braucht letzterer ja auch wieder ein paar Schwachstellen. Mithin tendiere ich schon dazu, spezialisierte Rollen im Kampf zu wollen.
--
Anekdote zu Shadowrun: da hatte ich eine meiner besten Runden mit einer Gruppe, in der niemand einen hochgetunten Kämpfer gespielt hat. Wir waren Fahrzeugrigger, Covert Ops Agentin und Hexer, und die schwerste Waffe in der Party war eine MP. Das hatte den Vorteil, dass unsere Stealth-Infiltrationen auch einfach mal _klappen_ durften, weil der SL sich nicht gezwungen sah, jetzt auch noch dem Gorilla sein Spotlight zu besorgen.
YY:
--- Zitat von: Feuersänger am 17.04.2019 | 03:30 ---Es ist aber z.B. auch ganz cool, wenn sich z.B. einer auf einzelne, harte Gegner spezialisiert und der andere die Horden von Minions dezimiert.
--- Ende Zitat ---
Joah, das würde ich je nach Grad der Spezialisierung noch als eher schwache Nischentrennung sehen. Wenn die Spielmechanik das entsprechend extrem umsetzt, kann es aber auch zu einer zentralen Trennlinie werden - je nachdem, ob die zugehörigen Waffen/Fähigkeiten nur besser in ihrem Gebiet sind oder sonst gar nichts können.
--- Zitat von: Feuersänger am 17.04.2019 | 03:30 ---Das hatte den Vorteil, dass unsere Stealth-Infiltrationen auch einfach mal _klappen_ durften, weil der SL sich nicht gezwungen sah, jetzt auch noch dem Gorilla sein Spotlight zu besorgen.
--- Ende Zitat ---
Ja, da musste ich auch dem einen oder anderen SL schon klar machen, dass ich als Samurai-Spieler nicht zwingend darauf bestehe, in jeder Sitzung kämpfen zu müssen.
Richtig angekommen ist das freilich nur, wenn der Samurai noch das eine oder andere zusätzliche Standbein hatte und sich darüber Spotlight holen konnte.
Aber grundsätzlich ist speziell der Samurai nicht unbedingt eine Kampf-Flag, sondern einfach aus der Notwendigkeit heraus gewählt, im Fall der Fälle noch etwas in der Hinterhand zu haben.
Und wenn es gut aufgezogen ist, ist auch ein Ersticken einer physischen Konfrontation schon im Ansatz durch "show of force" u.Ä. genug Spotlight für einen Streetsam.
Ansonsten verweise ich da auf die im Netz umherwabernde Anekdote mit der Spielerin, die einen abartig powergamigen Moscher gespielt hat und nach Monaten dann auf einer Party mal nebenher fallen ließ, dass sie Kämpfe im Rollenspiel voll nervig findet.
Der ebenfalls anwesende SL meinte dann natürlich "WTF? Du spielst doch voll den Überkämpfer, das ist eine Riesen-Flag für Kämpfe und ich liefere immer brav."
Und sie so: "Ne, den spiel ich nur, damit ich mich mit den ganzen fuddeligen Kampfregeln nicht ständig befassen muss, weil ich weiß, dass der einfach in kürzester Zeit alles platt schlägt und ich mich dann wieder auf das konzentrieren kann, was mir Spaß macht." ;D
Luxferre:
Wenn ich Deine Posts so lese, Feuersänger, dann komme ich nicht umhin zwei Dinge zu bemerken:
a) wenn man Magie in D&D3e abschwächen würde, wäre Deine Maßgabe erfüllt ... und auch wieder nicht, weil Magier schon irgendwie auch vieles mit ihren Zaubern abdecken sollen, bzw. high-Magic gesetzt sei
und
b) dass D&D4e vielleicht einen Blick für Dich wert sein könnte. Du bist ja sehr schnell sowohl breit, als auch tief in einem System "drinnen" und wirst wahrscheinlich auch Deine eigenen Anpassungen ad hoc durchführen können. Die 4e erscheint mir für Deine Belange ehrlich gesagt ein (und ich wage es kaum, diesen Tipp wirklich zu geben) guter Spielkasten zu sein. Denn jetzt mal ab von der 4e-Paladin-sie-kann-alles-Argumentation, ist das System mit der Ausgewogenheit der Klassen untereinander schon relativ weit vorn. Hattest Du ihrerzeit mal einen intensiveren Blick hineingeworfen?
Sollte "a" für Dich infrage kommen, dann wäre es doch eine Wochenendaufgabe, alle Zauber durchzuschauen und regelseitig plausibel zu begrenzen. Eben kein +40 auf stealth bei Unsichtbarkeit, womit man jeden Schurken in den Schatten stellt. Kein unlimitiertes fly oder gestapelte Zauber: invisi + fly + lightning bolt
Da könnte man sich gut bei der 5e mit concentration bedienen. Ein Zauber zur Zeit. Endegelände.
Nur mal so aus der Hüfte geschossen.
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