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Wie meta darf's denn sein? - Oder: Ist Fate ein Theorie-Schwafel-Spiel?

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nobody@home:

--- Zitat von: Vasant am 15.06.2019 | 22:13 ---Hmmm, finde ich schwierig.

Superkonventionelles Nicht-Fate:
Ich spiele einen mürrischen Zwergenkrieger.
Zwerg: +1 Stärke, +1 Robustheit, -1 Größe
Zwergenkrieger: +2 auf Kämpfen mit Zwergenäxten
Mürrisch: -2 Charisma
Heißt: Immer, wenn ich mit meiner Zwergenaxt kämpfe, stehe ich besser da. Immer, wenn ich was sozial lösen will, stehe ich schlechter da.

Fades Fate ohne Fatepunkte:
Ich habe im Kampf keinen Vorteil, den ich direkt aktivieren kann, sondern muss mir einen mit einer Fertigkeit verdienen. Das kann jeder andere auch, wenn er genügend schwafelt das überzeugend rüberbringt, das muss auch nichts mit Kämpfen zu tun haben (siehe: Das Bierfass).
In sozialen Situationen kann ich mich nicht gegen das Reizen von mürrisch wehren.
Wenn der SL nett ist und es sich anbietet, erhalte ich als mürrischer Zwergenkrieger einen Vorteil (z.B. wenn es darum geht, andere mürrische Zwergenkrieger zu kennen, die in der selben Schlacht waren, eine Zwergenwaffe einzuschätzen, etc.)

Flashiges Fate mit Fatepunkten:
In Kämpfen gehe ich voll ab, in sozialen Situationen kann ich entscheiden, ob ich mich reizen lassen möchte, und wenn der SL nett ist, bekomme ich sogar abseits der Fatepunkte noch Vorteile.  :headbang:

Also ich bekomme da Fall 1 und 2 nicht so ganz vereint. Pauschalisiere ich da zu sehr?

--- Ende Zitat ---

Hmmm...ich denke schon. Denn überlegen wir uns doch mal:

Ich will einen mürrischen Zwergenkrieger spielen. Also ergäbe es (mal die Fate Core-Beispielfertigkeiten angenommen) vom Charakterkonzept her von vornherein keinen Sinn, wenn ich nicht Kämpfen und Kraft praktisch an der Spitze meiner Fertigkeitspyramide und Charisma ganz weit unten oder gleich gar nicht auf meinem Charakterbogen (wo die Pyramide ja normalerweise nur bis Durchschnittlich (+1) abwärts reicht) hätte. Damit bin ich auch völlig aspektfrei schon toll im Kämpfen und Muskeln und Einstecken, aber sozial nicht besonders gut gestellt. (Okay, ich könnte einen etwas höheren Wert in Provozieren haben, weil das schon eher zum Charakter paßt. Wie er dann in sozialen Situationen "verhandelt", können wir uns vorstellen...zumal der höhere Fertigkeitsbonus unter passenden Umständen auch dafür sorgen wird, daß das tatsächlich besser funktioniert als die freundliche Nummer. :)) Ich will einen zuverlässigen Situationsbonus im Kampf mit Zwergenäxten? Okay, das riecht verdächtig nach einem Stunt (analog zu beispielsweise einem entsprechenden "Feat" in D&D-Neudeutsch).

Wie unterscheidet sich dieser Charakter bisher prinzipiell von dem Nicht-Fate-Charakter? Aus meiner Sicht gar nicht mal so besonders. Okay, er kriegt keine expliziten Rassenboni oder -mali einfach mal so, weil Fate per Voreinstellung halt keine Rassensonderregeln vorsieht. Klassischerweise sind die aber auch in den Systemen, die sie verwenden, im Vergleich zu der relativen Grobkörnigkeit der Fate-Skala gar nicht mal besonders relevant -- was bei einem W20-System ein aus einem einmalig durch die Rasse angehobenen Attribut resultierender +1-Nettobonus (also fünf ganze Prozentpunkte) auf diverse Würfe ist, geht bei Fate in der Regel noch im Würfelrauschen selbst unter. Und ob ich grundlegende einfache Informationen zu meinem Charakter ("Er ist Zwerg, also ist er entsprechend kurz...ach ja, und sein Haar und sein Bart sind rotbraun.") nun separat notiere oder in einen Aspekt packe, ist so lange Jacke wie Hose, wie wir die Aspektregeln selbst bei der Betrachtung außen vor lassen. Erst da, wo die zusätzlich zu allem anderen auch noch greifen sollen, weil mir die entsprechenden Details wichtig genug sind, um sie regelmäßig im Guten wie im Schlechten über "ist im Hintergrund irgendwie auch noch da" hinaus anspielen zu wollen, macht der Aspektstatus wirklich einen Unterschied.

(Und ja, ich kann mir im Prinzip einen Charakter mit einem Aspekt wie "Die größten Füße beidseits des Rio Pecos" bauen. Normalerweise stehen die Chancen ja gut, daß die Schuhgröße eines Spielercharakters im Rahmen seiner Karriere nie eine Rolle spielen wird, aber wenn's mir bei diesem einen unbedingt so darauf ankommt... :))

nobody@home:

--- Zitat von: ArneBab am 15.06.2019 | 22:32 ---Ja, genau. Aber die anderen Charaktere in der Runde haben noch Fate-Punkte, und Herausforderungen sind wahrscheinlich so entworfen, dass Fähigkeiten ohne Fate-Punkte nicht ausreichen, um sie gut zu meistern.

Das ist so ähnlich, wie dass es ja gar nicht weh tut, keinen Navi mit interaktiver Karte zu haben, bis überall die Straßenschilder abgebaut werden, weil ja eh alle einen Navi haben. Dann braucht man den Navi/die Fate-Punkte plötzlich, um etwas zu erreichen.

--- Ende Zitat ---

Wie die Herausforderungen im konkreten Spiel entworfen sind, entscheidet wie bei jedem anderen System auch schlicht die SL. Es gibt da keine versteckte Fate-Vorschrift, die besagt, daß die Schwierigkeitsgrade grundsätzlich hoch anzusetzen wären, damit die Spieler auch ja ihre Punkte brav regelmäßig verbrauchen -- eher im Gegenteil, der Abschnitt "Schwierigkeiten festlegen" für SL (Fate Core [de] S.  199-200) stellt ausdrücklich klar, daß vergleichsweise niedrige Schwierigkeitsgrade für viele Situationen absolut passend sind und die SC gerne auch mit ihren Grundkompetenzen mal entsprechend glänzen können sollen. Interessanterweise gehört dazu auch der Ratschlag, die Schwierigkeiten im Zweifelsfall ruhig etwas niedriger anzusetzen, wenn die Spieler gerade knapp an Fate-Punkten sind und die Situation eh nicht danach ist, als ob viel auf dem Spiel stünde; ob man das einfach für fair halten oder "SL-Willkür!" schreien will, ist vermutlich wieder mal Geschmackssache...

Und natürlich können sich Spielercharaktere in derselben Szene (wie in verschiedenen anderen Systemen auch mal mehr und mal weniger gut umgesetzt) auch immer noch gegenseitig unterstützen. "Ich sorge für einen Vorteil, den du dann ausnutzt" ist ja beispielsweise eine der grundlegendsten Fate-Taktiken überhaupt; einen Fate-Punkt zu bezahlen, um über einen passenden Aspekteinsatz jemand anderem statt sich selbst einen Bonus zukommen zu lassen, ist eine andere Möglichkeit, und dann gibt's noch die einfache "wir legen unsere Fertigkeiten kurz zusammen"-Teamworkregel. Ich stehe also auch ohne persönliche Fate-Punkte nicht automatisch völlig allein da...okay, es sei denn, ich bin in der Szene wirklich allein, aber dann ergibt's auch irgendwie schon Sinn, daß ich ganz allein auf mich gestellt vielleicht tatsächlich mal nicht ganz so stark sein könnte wie zusammen mit meinen Kumpels. :)

1of3:

--- Zitat von: nobody@home am 15.06.2019 | 23:48 ---Wie die Herausforderungen im konkreten Spiel entworfen sind, entscheidet wie bei jedem anderen System auch schlicht die SL.

--- Ende Zitat ---

Glücklicher Weise gibt es Spiele, die das anders machen. Zumal wenn das noch in Budenzauber ausartet. Ich hab als SL wirklich anderes zu tun, als darauf zu achten, wie viele Gummipunkte die Leute noch haben.

Ich glaube aber nach der ganzen Diskussion hier, dass Fate nicht zu meta ist. Jedes Argument dahingehend zog nicht, denn niemand konnte begründen, was jetzt mehr meta sein soll als HP oder Kampfrunden.

Nein. Fate ist schlicht zu unbestimmt. Das kam bei jedem Aspekt der Regeln, die hier diskutiert wurden. Was ist wert ein Szenenaspekt zu sein? Was ist ein Detail, das ich mir kaufen kann? Was bedeuten die Werte auf der Leiter?

Das sind alles keine konzeptionellen Dinge. Das hat nichts mit großen Worten wie Author Stance zu tun. Das ist schlicht Design. Und das hat auch nichts mit dem Schreibstil des Regelwerks zu tun. Gute Regeln müssten mit minimaler Erklärung verständlich sein.

Ich mache mal ein Beispiel. Ich will, dass mein Char ein guter Shuttlepilot ist. Ist das ein Aspekt oder ein Talent? Kann man so oder so sehen. Fate ist voll von solchen Unbestimmtheiten.

Vasant:
(Interessiert die Diskussion über Zwergenaspekte noch wen außer mir und nobody@home? Ich weiß grad nämlich nicht, ob es noch zur Diskussion beiträgt. Überzeugen muss ich hier nämlich niemanden  ^-^)

Sorry im Voraus für's Zerpflücken, falls es stört.


--- Zitat von: nobody@home am 15.06.2019 | 23:14 ---Ich will einen mürrischen Zwergenkrieger spielen. Also ergäbe es (mal die Fate Core-Beispielfertigkeiten angenommen) vom Charakterkonzept her von vornherein keinen Sinn, wenn ich nicht Kämpfen und Kraft praktisch an der Spitze meiner Fertigkeitspyramide und Charisma ganz weit unten oder gleich gar nicht auf meinem Charakterbogen (wo die Pyramide ja normalerweise nur bis Durchschnittlich (+1) abwärts reicht) hätte. Damit bin ich auch völlig aspektfrei schon toll im Kämpfen und Muskeln und Einstecken, aber sozial nicht besonders gut gestellt.

--- Ende Zitat ---
Soweit stimmen wir überein.
Wenn dann alle ohne Fate-Punkte spielen, sehe ich das Problem diesbezüglich auch gar nicht. Aber wenn ich der einzige ohne Punkte bin, sind die anderen – egal ob die nun mit mir oder gegen mich sind – ja krasser. Das hast du in nem Spiel, das grundsätzlich keine Gummipunkte hast, ja nicht.
In anderen Rollenspielen mit Gummipunkten hast du diese Kompetenzunterschiede aufgrund von Meta-Währungen zwar teilweise auch, aber da sind die Dinge, die in Fate Aspekte sind, nicht mechanisch (so grundlegend) an diese Punkte gebunden. Und an dem Punkt, dass ich mit Meta-Währung, die ich in einer ganz anderen Situation verdient habe, mehr Zwergenkrieger bin als ohne, rüttelt das ja auch nichts. Beides finde ich übrigens keineswegs an sich schlecht oder falsch.


--- Zitat von: nobody@home am 15.06.2019 | 23:48 ---Wie die Herausforderungen im konkreten Spiel entworfen sind, entscheidet wie bei jedem anderen System auch schlicht die SL. Es gibt da keine versteckte Fate-Vorschrift, die besagt, daß die Schwierigkeitsgrade grundsätzlich hoch anzusetzen wären, damit die Spieler auch ja ihre Punkte brav regelmäßig verbrauchen -- eher im Gegenteil, der Abschnitt "Schwierigkeiten festlegen" für SL (Fate Core [de] S.  199-200) stellt ausdrücklich klar, daß vergleichsweise niedrige Schwierigkeitsgrade für viele Situationen absolut passend sind und die SC gerne auch mit ihren Grundkompetenzen mal entsprechend glänzen können sollen. Interessanterweise gehört dazu auch der Ratschlag, die Schwierigkeiten im Zweifelsfall ruhig etwas niedriger anzusetzen, wenn die Spieler gerade knapp an Fate-Punkten sind und die Situation eh nicht danach ist, als ob viel auf dem Spiel stünde; ob man das einfach für fair halten oder "SL-Willkür!" schreien will, ist vermutlich wieder mal Geschmackssache...

--- Ende Zitat ---
...und wenn viel auf dem Spiel steht, hat man an der Stelle dann aber Pech?


--- Zitat von: nobody@home am 15.06.2019 | 23:48 ---Und natürlich können sich Spielercharaktere in derselben Szene (wie in verschiedenen anderen Systemen auch mal mehr und mal weniger gut umgesetzt) auch immer noch gegenseitig unterstützen. "Ich sorge für einen Vorteil, den du dann ausnutzt" ist ja beispielsweise eine der grundlegendsten Fate-Taktiken überhaupt; einen Fate-Punkt zu bezahlen, um über einen passenden Aspekteinsatz jemand anderem statt sich selbst einen Bonus zukommen zu lassen, ist eine andere Möglichkeit, und dann gibt's noch die einfache "wir legen unsere Fertigkeiten kurz zusammen"-Teamworkregel. Ich stehe also auch ohne persönliche Fate-Punkte nicht automatisch völlig allein da...okay, es sei denn, ich bin in der Szene wirklich allein, aber dann ergibt's auch irgendwie schon Sinn, daß ich ganz allein auf mich gestellt vielleicht tatsächlich mal nicht ganz so stark sein könnte wie zusammen mit meinen Kumpels. :)

--- Ende Zitat ---
Alles schöne Lösungen, die ich auch gar nicht schlechtreden will. Ich will ja auch selbst nicht mit Egomanen und Supermunchkins spielen  :)
Aber es ist doch weiterhin so, dass ich ohne Fate-Punkte entweder mehr Aktionen oder Hilfe von außerhalb für das gleiche Ergebnis brauche, ohne, dass das innerweltlich Sinn ergibt, warum ich "plötzlich" weniger kompetent bin. Es sei denn, ich erkläre das dann wieder rückwärts in die Spielwelt (Puste ausgegangen, keinen Kaffee getrunken), was dann aber dem Fiction First-Paradigma widerspricht.
Hätte ich einen Fate-Punkt, muss niemand eine Aktion darauf verwenden, mir einen Vorteil erschaffen, das kann ich mit dem Punkt ja selbst.

Nebenschauplätze:

--- Zitat von: nobody@home am 15.06.2019 | 23:14 --- Ich will einen zuverlässigen Situationsbonus im Kampf mit Zwergenäxten? Okay, das riecht verdächtig nach einem Stunt (analog zu beispielsweise einem entsprechenden "Feat" in D&D-Neudeutsch).

--- Ende Zitat ---
Jo, aber D&D-Feats sind doch dann Dinge, die der betreffende SC total toll kann und deshalb gefühlt dauernd macht, oder?
Wenn ich als Zwerg immer mit irgendeiner (nicht mal einer bestimmten!) Zwergenaxt kämpfe und dann immer einen Bonus bekomme, rät das Fate-Regelwerk doch, genau so einen Stunt Fate-Punkte kosten zu lassen oder ganz zu ändern.


--- Zitat von: nobody@home am 15.06.2019 | 23:14 ---Wie unterscheidet sich dieser Charakter bisher prinzipiell von dem Nicht-Fate-Charakter? Aus meiner Sicht gar nicht mal so besonders. Okay, er kriegt keine expliziten Rassenboni oder -mali einfach mal so, weil Fate per Voreinstellung halt keine Rassensonderregeln vorsieht. Klassischerweise sind die aber auch in den Systemen, die sie verwenden, im Vergleich zu der relativen Grobkörnigkeit der Fate-Skala gar nicht mal besonders relevant -- was bei einem W20-System ein aus einem einmalig durch die Rasse angehobenen Attribut resultierender +1-Nettobonus (also fünf ganze Prozentpunkte) auf diverse Würfe ist, geht bei Fate in der Regel noch im Würfelrauschen selbst unter.

--- Ende Zitat ---
Die von mir gewählten Boni waren in ihrer Skala analog zu Fate-Boni gedacht. Ignorier aber meinetwegen gern geringe Boni durch Rassen in anderen Regelwerken.


--- Zitat von: nobody@home am 15.06.2019 | 23:14 ---Und ob ich grundlegende einfache Informationen zu meinem Charakter ("Er ist Zwerg, also ist er entsprechend kurz...ach ja, und sein Haar und sein Bart sind rotbraun.") nun separat notiere oder in einen Aspekt packe, ist so lange Jacke wie Hose, wie wir die Aspektregeln selbst bei der Betrachtung außen vor lassen. Erst da, wo die zusätzlich zu allem anderen auch noch greifen sollen, weil mir die entsprechenden Details wichtig genug sind, um sie regelmäßig im Guten wie im Schlechten über "ist im Hintergrund irgendwie auch noch da" hinaus anspielen zu wollen, macht der Aspektstatus wirklich einen Unterschied.

--- Ende Zitat ---
Jo, das fand ich jetzt auch gar nicht so relevant. Vielleicht hab ich dich da aber auch grad falsch verstanden.

Maarzan:

--- Zitat von: 1of3 am 16.06.2019 | 00:29 ---
Ich glaube aber nach der ganzen Diskussion hier, dass Fate nicht zu meta ist. Jedes Argument dahingehend zog nicht, denn niemand konnte begründen, was jetzt mehr meta sein soll als HP oder Kampfrunden.


--- Ende Zitat ---

Dann ignorierst du meines Erachtens den wesentlichen Inhalt von "meta", nämlcih den notwenidgen und von manchen unerwünschten Perspektivenwechsel, wenn Entscheidungen und Verwaltungsakte auf der Autorenebene erfolgen müssen.

HP und Kampfrunden sind nur die Spielweltrealität zur besseren Zugänglichkeit als gemeinsames Spiel eingeführte abstrakte Repräsentationen von innerweltlichen Zuständen und damit gerade nicht meta.

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