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Drei Stunden Würfelkampf
unicum:
--- Zitat von: Weltengeist am 1.09.2020 | 13:49 ---Je länger ich über das Thema nachdenke, desto klarer wird mir, dass ich eigentlich gar nicht grundsätzlich etwas gegen 3-Stunden-Kämpfe habe. Ich habe nur in all den Jahrzehnten als Rollenspieler keinen erlebt, der mich begeistert hätte.
Die meisten langen Kämpfe waren lang aus einem von zwei Gründen:
* Es waren viele Charaktere beteiligt, so dass jeder einzelne Spieler (außer dem Spielleiter) nur sehr selten zum Zug kam. Öde.
* Es wurden Regeln verwendet, bei denen pro Aktion nur mit geringer Wahrscheinlichkeit etwas passierte. So im Sinne von "leider vorbei", "nö, wieder nix", "auch daneben", "bleibt leider in der Rüstung hängen", "der geht durch, aber wir haben da ja noch Gummipunkte, um den Treffer zu annullieren", ...Wenn ein Kampf dagegen - wie es einige oben ja andeuten - einfach deshalb lang ist, weil so viel passiert, dann hätte ich damit sicherlich kein Problem.
--- Ende Zitat ---
Ja da ist viel wahres dran.
Bei dem was ich oben erwähnt habe war es eben auch so das eigentlich jeder neben seiner eigenen Figur noch ein paar andere zu managen hatte (etwa verbündete und freunde in der zu verteidigenden Stadt und man auch zum teil die Gegner der anderen spielte, also jene welche die andere Stadtseite verteidigten. Da es in dem Spiel eh auch etwas konflikte innerhalb der Spielergruppe gab (was gewollt war) war es recht spassig. Also eigentlich hatte man recht wenig leerlauf. Die Regeln waren eingedampft auf eine Menge die sehr überschaubar war - will sagen wir haben alles nach Warhammer Fantasy Battle konvertiert und nur die Echten regeln verwendet wenn die Mainchars in den Kampf zogen (was viele tunlichst vermieden haben).
HEXer:
--- Zitat von: HEXer am 1.09.2020 | 12:13 ---Auch. Entweder das System gibt mir da was (wobei ich da für spannende Ideen, die ich ausschmücken kann, dankbarer bin, als für minutiöse Details und klein-klein). Oder aber das System lässt mir Platz, um das was das Genre vorgibt/erfordert, einzubauen. Es muss einfach was passieren im Kampf. Punkte runter kloppen find ich sauöde.
--- Ende Zitat ---
--- Zitat von: flaschengeist am 1.09.2020 | 13:13 ---Ich würde mich freuen, wenn du ein paar Systeme nennst, die das aus deiner Sicht gut unterstützen.
--- Ende Zitat ---
--- Zitat von: KhornedBeef am 1.09.2020 | 13:30 ---Beispiel für Typ 1 wären Honor&Intrigue, oder Warhammer 3rd. Letzteres hat ja ein geradezu ausuferndes System für Effekte, die die Lebenspunkte geradezu nebenbsächlich aussehen lassen.
Typ 2 wäre sicherlich so etwas wie Fate (Konsequenzen) und Blades in the Dark (Harm), wo man aus der Fiktion heraus konkrete Effekte entwickelt (bei BitD deutlich mehr durch die SL bestimmt), die aber über die Fiktion immer ein paar generelle mechanische Effekte haben (Konsequenzen ergeben frei Einsätze gegen den Charakter, Harm hat je nach Stufe konkrete Mali)
--- Ende Zitat ---
Ein paar Gedanken dazu: Interessanterweise komme ich (und viele meiner Spieler)nicht so gut damit zu recht, wenn die Systeme zu abstrakt oder meta werden. Das reisst uns häufig aus dem Flow. Dazu zählen für mich eben genau Fate und PbtA. Zündet nicht. Stattdessen klappt es besser mit "konventionelleren" Systemen und mit der impliziten Absprache, damit halt freier umzugehen. Idealerweise sind dann noch die Kampfregen deckungsgleich mit den regulären Fertigkeitesregeln, und dann kann man schnell und frei improvisieren.
Und da kommen eben die Mitspieler und die Spielkultur dazu: Mit den richtigen Spielern und der richtigen Einstellung geht auch ein langweiliges System gut und andersrum rettet auch ein spannendes System nichts, wenn die Spieler passiv oder defensiv sind.
Wichtig ist m. E., dass es im Kampf erstens um etwas geht und dass die Regeln dann unterstützen, dass Spieler verrückte, ausgefallene Aktionen ausprobieren (es also honorieren oder gar prämieren, anstatt es zu sanktionieren). Dazu müssen sie z. B. entweder flexibel genug sein, oder über einen Punktemechanismus etc. verfügen. Alternativ kann das Kampfsystem "gritty" und gefährlich sein, um Spannung zu erzeugen, das birgt aber die Gefahr, dass die Spieler zu vorsichtig / passiv werden, was die Kämpfe in die länge zieht und langweilig macht. Meiner Meinung nach ist das häufiger der Fall.
Darüber hinaus finde ich helfen Systeme, in denen allen Beteiligten in einem Kampf alle (oder die meisten) Möglichkeiten offen stehen. Systeme mit besonderen, binären Combat-Feats (also du hast das Feat oder du kannst die Aktion nicht) erreichen meiner Erfahrung nach eben nicht, dass Kämpfe spannender werden, weil einige Charaktere was besonderes können, sondern dass sie langweiliger werden, weil die für alle verfügbaren Kampfoptionen meist reduziert sind, und damit Charaktere, die sich nicht auf Kampf fokussieren in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt und Spieler in ihrer Kreativität ausgebremst werden. Wohlgemerkt beziehe ich mich auf binäre Feats, nicht auf Modifikatoren oder Erschwernisse für besondere Dinge. Zu sagen "Das wird wahrscheinlich nicht klappen, weil du den Skill nicht hast, aber versuch's mal, wird schon was spektakuläres passieren" ist eben etwas völlig anderes als "das geht nicht, du hast das Feat nicht".
Überraschenderweise ( ;) ) finde ich, dass das Ubiquity ganz gut hinbekommt. Schlichte Regeln für Gummipunkte, um sich zu boosten, wenn man etwas will, das nicht so Kernkompetenz ist, Kampfoptionen, die allen zur Verfügung stehen usw.
Ein System, dass es ganz nett schafft, besondere Aktionen mit Regeln abzudecken und proaktive Kämpfe zu fördern ist Conan 2d20 (obwohl es ja schon arg talentbasiert ist). Aber auch hier machen die Gummipunkte, die man sich gegenseitig für einen Würfelboost zuschieben kann, den Unterschied.
Konkrete Auswirkungen abseits der reinen Lebenspunkte bietet auch HârnMaster, dass ein wunderbares grafisches Wundsystem mit spielrelevanten Wunden hat und auch allen Spielern alle Kampfoptionen offen lässt.
Verbotene Lande hat einen spannenden Mechanismus, weil man "Würfe strapazieren" und sich dadurch selbst schaden kann. Außerdem sind die kritischen Wunden da abwechslungsreich und ebenfalls spielrelevant.
Aber abgesehen von den Systemen liegt eben viel am Set-up des Kampfes, um den sich meiner Meinung nach oft viel zu wenig Gedanken gemacht wird. Insgesamt müssen als Situation, Charaktere, Spielende und Regeln ineinandergreifen.
Antariuk:
--- Zitat von: flaschengeist am 1.09.2020 | 13:13 ---Ich würde mich freuen, wenn du ein paar Systeme nennst, die das aus deiner Sicht gut unterstützen.
--- Ende Zitat ---
Ich bin nicht HEXer, kann aber gerne auch was beisteiern.
Numenera unterstützt Wendungen und unerwartete Kampfabläufe einerseits durch Eingriffe, die die Spielleitung machen kann (und den betroffenen Spielern dafür XP gibt) - das kann eine zweite Welle von Gegnern sein, die unerwartete Fehlfunktion eines eingesetzten Artefakts oder auch etwas Positives; sowie durch Cypher, einmalig benutzbare magitechnische Gegenstände, die in dem Setting ohne Schwierigkeiten zu finden sind und den SCs erlauben, teils sehr skurrile Fähigkeiten zu benutzen (aber eben nur einmal). Das gilt mehr oder weniger aber für alle Titel, die auf dem Cypher System basieren, nicht ausschließlich Numenera.
Conan 2d20 (und sicherlich andere 2d20 Titel auch) unterstützt dynamische Kämpfe durch das sog. "Momentum", das durch Würfelglück aufgebaut wird und in einem Gruppenpool für Spezialeffekte zur Verfügung steht, dessen Punktestand aber degeneriert - man muss es zeitnah einsetzen, horten ist nicht drin. Man ist dadurch automatisch interessiert, was die anderen so würfeln und wie die aktuelle Szene gerade aussieht, weil es jederzeit (im positiven Sinne) eskalieren kann. Dass die Spielleitung mit "Doom" ein passendes Gegenstück zum Momentum aufbaut, macht die Sache dann noch interessanter.
flaschengeist:
@KhornedBeef, Hexer und Antariuk
Danke euch für den Inpupt :d. Mir geht es wie Hexer: Fate und PtbA stehe ich skeptisch gegenüber, weil ein zu hoher Abstraktionsgrad leicht entweder zu Redundanz (wenn immer nur die gleichen Dinge einfallen, die man dann ebensogut auch konkret verregeln könnte) oder zu Verzögerungen im Spielfluss führt (weil man immer wieder neue Dinge finden muss; Kreative Prozesse brauchen eben oft auch Zeit).
Harn und Warhammer kenne ich, allerdings mag ich keine permanenten Verletzungen, die Charaktere verkrüppeln oder man monatelang ausheilen muss. Harn ist mir auch zu langsam, da sind recht viele Würfe nötig, bevor die Auswirkung des Angriffs bestimmt sind.
In Conan 2d20 und Ubiquity werde ich aber bei Gelegenheit mal reinschnuppern :).
ArneBab:
--- Zitat von: Antariuk am 1.09.2020 | 14:55 ---Conan 2d20 (und sicherlich andere 2d20 Titel auch) unterstützt dynamische Kämpfe durch das sog. "Momentum", das durch Würfelglück aufgebaut wird und in einem Gruppenpool für Spezialeffekte zur Verfügung steht, dessen Punktestand aber degeneriert
--- Ende Zitat ---
Das klingt spannend … muss ich mal für meine eigenen Systeme ausprobieren :-)
Danke!
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