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Wieso wurde D&D 4e eigentlich so schnell aufgegeben?
Arldwulf:
--- Zitat von: YY am 13.07.2021 | 09:13 ---Da schaut man doch aber auf der falschen Seite des Filters :think:
Wichtig wäre ja die Frage, warum Leute gar nicht erst mit 4e angefangen haben bzw. nicht dabei geblieben sind.
--- Ende Zitat ---
Letztlich kann man dort natürlich nicht verallgemeinern. Rollenspieler sind ja nicht alle gleich.
Aber die Aussage bezog sich durchaus auf die von dir angesprochene Seite des Filters, auf die Frage warum der Schritt von "es gibt sinnvolle Regeln" nicht hin zu "es spielen viele Leute damit" geschah - obwohl die konkreten Regeln auch 13 Jahre später noch recht wenig Kritik erhalten und gut als Hausregeln für andere Editionen übernehmbar sind. Wenn wir z.B. über "schlechtes Marketing" sprechen ist durchaus interessant ins Detail zu gehen und sich zu fragen wie eigentlich gutes Marketing ausgesehen hätte. Wie oben schon beschrieben wurde seinerzeit sehr viel Aufwand in die 4E reingesteckt. Mit in der Folge einem riesigem Werkzeugset für Spieler und Spielleiter und einem Spiel welches sehr extrem auf Spielbarkeit, auf "wie können die Regeln helfen das Spiel besser zu machen" getrimmt wurde. Da kamen dann Sachen raus wie improvisierte Aktionen, Regeln für die Einbindung von Nichtkampfsituationen, das wohl beste Balancing innerhalb von D&D Editionen oder auch Problemlösungen für bekannte Probleme früherer (und leider teils auch der jetzigen) Edition wie den 15 Minuten-Tag und die Frage wie man dafür sorgen kann das ein System nicht eine bestimmte Anzahl Kämpfe pro Tag braucht um zu funktionieren.
Nur: Sobald man sagt "hey, wir haben eine tolle Idee wie man an das Problem des 15 Minutentags heran gehen kann" muss man zum einen extrem viele Details erwähnen (viel mehr als dies in Werbung möglich ist) und hat gleichzeitig die Gefahr jede Menge Altspieler mit der Aussage "in früheren Editionen war das ein Problem, jetzt machen wir es besser" vor den Kopf zu stoßen. Wie dies damals im 4E Marketing geschah.
Die meisten Gruppen - und das muss man sich bei all den Problemen die gern mal in Foren rumgeistern immer klar machen - leben mit Problemen einfach. Um ein Beispiel zu nennen: Es gibt etliche Spieler welche zustimmen würden wenn man sagt "3.5 hat einen Sweet Spot, einen Levelbereich in dem das Spiel gut funktioniert". Und natürlich ist man sich dann bewusst: Eigentlich sollte dies nicht so sein, natürlich sollten auch höhere Stufen weiterhin spielbar bleiben.
Aber bedeutet dies: Es gibt dieses Problem, also spielt dort niemand in diesen Bereichen? Wohl kaum. Probleme sind erst einmal nur kleine Piekser, die Steine im Schuh mit denen man noch immer weiterlaufen kann. Oder grob gesagt: Sie sind vielen Spielern gar nicht so wichtig - will man damit punkten Lösungen für Probleme anzubieten ist Überzeugungsarbeit nötig.
Die 4E hat sehr stark daran gearbeitet die Probleme zu beheben und wenn man einzelne Lösungen vorstellt war dies auch ziemlich erfolgreich - aber keinen Weg gefunden diese Arbeit zu präsentieren. Nimm mal das Beispiel des 15 Minuten Tags. Wir könnten problemlos die Lösungen der einzelnen Editionen für dieses Problem in einem Thread vorstellen und die Chance ist gut das bei einer Abstimmung über die durchdachteste Lösung die 4e Lösung eine Menge Stimmen bekommen würde. Warum auch nicht? Es sind letztlich Überlegungen welche nachvollziehbar sind und konkrete Effekte haben. Aber genauso muss man sagen: Wenn ich 10 Rollenspieler frage welche der vorgestellten Lösungen eigentlich zu welcher Edition gehört werden die meisten es nicht wissen.
Mit solchen Dingen zu punkten ist einfach sehr viel schwerer. Und das würde sich (um deinen Satz zur 6e aufzugreifen) natürlich auch nicht unbedingt in einer 6e mit ähnlichen Konzepten ändern, jedenfalls nicht ohne einen besseren Ansatz das was man tut auch den Spielern zu verkaufen.
YY:
--- Zitat von: Arldwulf am 13.07.2021 | 09:43 ---Aber bedeutet dies: Es gibt dieses Problem, also spielt dort niemand in diesen Bereichen? Wohl kaum.
--- Ende Zitat ---
So weit ich weiß, bedeutet es genau das. Nur ein verschwindend geringer Teil der D&D-Spieler spielt über längere Zeit auf hohen Stufen.
Ansonsten stellt sich mir das dar wie oben angerissen: Viele wollten punktuelle Lösungen für einzelne Probleme, aber das Gesamtpaket aus den konkreten Lösungen von D&D4 wollten zu viele nicht. Da hat man wohl wirklich nicht auf dem Schirm gehabt, wie abweichend von der "Aktenlage", d.h. den RAW D&D3 und 3.5 gespielt wurden. Mit denen ging das auch viel leichter als mit D&D4, weil die Spielmechanik dort so stark ineinander greift. Das ist einerseits gutes, stringentes Design, aber wenn die Spieler gerade dieses leicht Verzettelte wollen bzw. für ihren Spielstil (oder vielmehr: Ihren Stil, wie sie die Regeln am Tisch tatsächlich nutzen) brauchen, ist das deutlich am Bedarf der Zielgruppe vorbei.
Und D&D4 liefert nur "abstrakte" Highpower-Fantasy. Also hohes Powerlevel und Regeln, die von der Welt einen großen Schritt getrennt sind.
Freilich sind gerade D&D3 und 3.5 auch nichts, was sich sonderlich gut für simulatives, bodenständiges Spiel eignet. Aber genutzt wurde es dafür trotzdem (man hatte ja als Ami sonst nichts :P) - und D&D4 hat die Hürde dafür noch mal deutlich erhöht.
Arldwulf:
--- Zitat von: YY am 13.07.2021 | 10:00 ---Ansonsten stellt sich mir das dar wie oben angerissen: Viele wollten punktuelle Lösungen für einzelne Probleme, aber das Gesamtpaket aus den konkreten Lösungen von D&D4 wollten zu viele nicht.
--- Ende Zitat ---
Ist halt schwer zu sagen, da wie oben beschrieben die meisten der konkreten Regelansätze praktisch keine Relevanz in den Diskussionen hatten.
Man kann jetzt auch nicht gerade sagen, dass Leute welche Balancing zwischen den Klassen wollen automatisch mit besseren Regeln fürs Schleichen Probleme haben oder sich dagegen sträuben würden wenn es ein System für das Spiel ohne magische Gegenstände gibt - oder umgedreht ein System um Zauber mittels Zauberkomponenten zu verändern.
Klar wird es immer Leute geben welche nur Hausregeln - oder auch überhaupt nichts - davon benutzen wollen. Aber damit man wirklich sagen könnte: "es waren nur einzelne punktuelle interessante Lösungen, der Rest wurde nicht gewollt" müsste man eine Abgrenzung machen können zu ungewollten konkreten Lösungen.
Aber wie oben schon gesagt: konkrete Regeln kamen kaum in der Diskussion vor, weder gewollt noch ungewollt.
tartex:
--- Zitat von: caranfang am 13.07.2021 | 09:17 ---Was der Grund ist, weshalb WotC seit etwa 2009 zur jeweils aktuellen Edition keine PDFs der Bücher mehr anbietet.
--- Ende Zitat ---
Was nichts an der Tatsache ändert, dass die Bücher sehr leicht als PDFs zu haben sind. Man kann WotC für aktuelle PDFs halt nicht mal mehr zahlen, wenn man will.
PS: mein D&D5-Zusatzmaterial erwerbe ich über Micro-Transactions auf D&D-Beyond, wenn ich was brauche.
nobody@home:
--- Zitat von: Arldwulf am 13.07.2021 | 10:34 ---Aber wie oben schon gesagt: konkrete Regeln kamen kaum in der Diskussion vor, weder gewollt noch ungewollt.
--- Ende Zitat ---
Das hat man dann ja auch später in den WotC-Umfragen zur 5. Edition gemerkt, in denen es weniger um konkrete Regelideen an sich ging und primär um die Frage "Was fühlt sich für euch am meisten nach 'D&D' an?"...anscheinend ist da die Botschaft, daß der Kundschaft Regeldetails weniger wichtig sind als einfach nur ein passendes diffuses Wohlgefühl im Bauch, durchaus angekommen.
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