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Talwyn liest "How To Write Adventure Modules That Don't Suck"

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Talwyn:
Players Make Your World Go Round

Wer hat's geschrieben?
Autor dieses Textes ist ein ziemliches Schwergewicht: Mike Breault, bekannt unter anderem als Co-Designer der Dragonlance-Module für AD&D 1st Edition, aber insgesamt hat er einen sehr ansehnlichen Track Record an Rollenspielpublikationen, und auch in der Videospielindustrie hat er durchaus einen gewissen Fußabdruck hinterlassen.

Worum geht's?
Breault führt in seinem Essay aus, dass unterschiedliche Spieler unterschiedliche Erwartungen an das Rollenspiel mit an den Spieltisch bringen. Er schlägt dabei eine Kategorisierung vor, die ursprünglich aus dem Videospiel-Design stammt und zwischen den Spielertypen der "Achievers", "Explorers", "Socializers" und "Killers" unterscheidet. Achievers wollen die Quest abschließen, ihren Charakter verbessern und mächtige magische Items einheimsen. Explorers wollen eine spannende fiktionale Welt erkunden. Socializers wollen ihren Charakter als fiktive Persönlichkeit ausspielen und mit interessanten NSC interagieren. Und Killers schließlich sind eine etwas merkwürdige Kategorie, in der alle Spieler zusammengefasst werden, die entweder Konflikte innerhalb der Gruppe provozieren, andere (weniger erfahrene Spieler) an das Spiel heranführen wollen, sowie solche, die nur hier sind um Monster und NSC zu erschlagen. Die Erklärung, was diese Dinge miteinander zu tun haben um so eine Kategorie zu rechtfertigen bleibt Breault leider auch im weiteren Verlauf schuldig.
Breault schlägt dann vor, man solle beim Design eines Abenteuers darauf achten, dass für alle Spielertypen was dabei - bzw. dass man herausfinden sollte, welchem Typus die eigenen Spieler entsprechen, um dann das Abenteuer auf sie maßschneidern zu können. Er erwähnt auch eher beiläufig, dass er im Rahmen seiner beruflichen Laufbahn diese Kategorisierung auch schon als Teil des kreativen Prozesses angewandt hat, in dem man sich nach dem Schreiben das Abenteuer Abschnitt für Abschnitt vorknöpft, um systematisch zu fragen, wie dieser wohl bei jedem der einzelnen Spielertypen ankommen wird. Anschließend führt er in einem weiteren Abschnitt aus, dass man die Spieler abholen sollte, indem man ihnen spannende Konflikte präsentiert und ihnen interessante Entscheidungen abverlangt.

Meine Meinung
Insgesamt sind hier schon ein paar gute Ratschläge enthalten. Die Kategorisierung von Spielertypen zum Beispiel - auch wenn ich mich den konkreten Kategorien nur teilweise anschließen kann bzw. den "Killer" einfach nicht verstanden habe. Anhand des Titels des Essays hätte ich persönlich hier ehrlich gesagt etwas mehr Fleisch am Knochen erwartet: Wie findet man denn heraus welchen Typus die eignen Spieler haben? Und wie bringt man es unter einen Hut, wenn die eigene Gruppe total bunt gemischt ist, was die Erwartungshaltung an das Spiel angeht? Kann man nicht auch mal ein Abenteuer speziell nur für Killer schreiben oder ist das eine schlechte Idee? Breault erwähnt, dass diese Kategorien sich Mitte der 90er Jahre in der Videospielindustrie durchgesetzt haben - hat sich seither nichts getan? (Hat es!) Und gibt es nicht auch Kategorien die spezifischer auf Pen and Paper Rollenspieler gemünzt sind? (Gibt es!*) Stattdessen biegt Breault dann ab und erläutert wie wichtig es ist interessante Entscheidungen und spannende Konflikte in seine Abenteuer einzubauen und die Erfahrung interaktiv zu gestalten - maßgeschneidert nach den Wünschen der eigenen Gruppe. Aber auch da kratzt der Essay nur an der Oberfläche und hantiert mit Beispielen wie "lass die Abenteurer in einen Hinterhalt laufen, dann entsteht automatisch Chaos und Spannung". Was mich ebenfalls irritiert ist die Idee des maßgeschneiderten Abenteuers, aber vielleicht lese ich das Buch insgesamt mit der falschen Perspektive bzw. Erwartungshaltung, ich dachte nämlich die Essays sollen in erster Linie dabei helfen publikationsfähige Module zu verfassen, und nicht solche speziell für den heimischen Spieltisch.

*Ich denke z.B. an die Kategorien von Robin Laws

Jiba:

--- Zitat von: Talwyn am 19.05.2021 | 10:07 ---*Ich denke z.B. an die Kategorien von Robin Laws

--- Ende Zitat ---
Die aber, das sollte man hier nicht unerwähnt lassen, zum Teil augenzwinkernd sind und deren sozialwissenschaftliche Genauigkeit und Beschreibungsfähigkeit stark in Zweifel gezogen werden könnte.

Btw. als Alternativbegriff für Killer hat sich der Begriff "Dominator" verbreitet, den ich gelungener finde. Und da Rollenspiel ein soziales Hobby ist, ist vielleicht Kim's Social Action Matrix ergiebiger.

nobody@home:

--- Zitat von: Dread Pirate Rooooobert am 19.05.2021 | 10:20 ---Die aber, das sollte man hier nicht unerwähnt lassen, zum Teil augenzwinkernd sind und deren sozialwissenschaftliche Genauigkeit und Beschreibungsfähigkeit stark in Zweifel gezogen werden könnte.

--- Ende Zitat ---

Von einem relativ dünnen Büchlein, das schon mit einem Wortspiel mit dem Namen seines Verfassers im Titel anfängt, erwartet ja hoffentlich auch niemand eine todernste sozialwissenschaftliche Abhandlung. ;)

Persönlich geht's mir mit der Laws'schen Spielertaxonomie wie mit beispielsweise der von Aaron Allston (meines Wissens zuerst erschienen in der Urversion von Strike Force und dann leicht gekürzt im dicken blauen Champions-4th-Edition-Buch enthalten) auch -- auch, wenn sie nicht hochakademischen Fachansprüchen genügen mögen, helfen sie mir allemal dabei, im Hinterkopf zu behalten, wie vielfältig die Motivationen und Interessen von Spielern potentiell sein können (mit ihnen verglichen wirken Versuche wie der im gerade besprochenen Text, alle Rollenspieler überall in gerade nur drei oder vier verschiedene Schubladen zu stecken, sogar schon fast ein wenig hilflos), und geben mir ein paar Begriffe mit, mit denen sich die dann bei Bedarf einigermaßen ausdrücken lassen. Und viel mehr verlange ich ja gar nicht -- mit den konkreten einzelnen Leuten am Tisch muß ich mich ja so oder so immer noch individuell zusammenraufen.

Ach ja, und Abo. :)

Huhn:
Tolle Idee, dieser Thread! Vielleicht motiviert er mich ja, ein paar der Essays nochmal gezielt zu lesen!

Arkam:
Hallo zusammen,

ich habe die Originaltexte nicht gelesen kann mich also nur auf die Vorstellung beziehen.
Was den Hintergrund angeht bin ich nicht ganz beim Autor. Absolut recht hat er wenn es darum geht was unbedingt in ein Abenteuer gehört. Da sollte auch der Schwerpunkt sein.
Aber was vom Hintergrund für meine Spieler relevant ist kann ja sehr unterschiedlich sein. Optimalerweise reißt das Abenteuer den Hintergrund, uraltes untergegangenes Reich, nur an und wenn die Spieler Details anfordern oder eine entsprechende Zeitreise ansteht kann ich auf das entsprechende Quellenbuch zurück greifen. Das wiederum mit dem Schwerpunkt auf den Hintergrund und nicht auf neuen Regeln. Mir ist bewusst das das ein frommer Wunsch ist weil Regeln und neue Charakteroptionen sich eben besser verkaufen.

Die Spielertypen finde ich gut nachvollziehbar. Der Killer ist für mich ein Spieler der eine Herausforderung lösen möchte. Im Computerspiel kann man ja sauber zwischen Umgebung, realen Spielern und deren Charakteren, NPCs und Teamspiel unterscheiden.
Solche Spieler im Rollenspiel kennen sich häufig auch gut mit den Regeln aus. Auf Wunsch sind sie meistens gerne bereit auch beim Erstellen des Charakters eines Mitspielers zu helfen.
Ich würde sagen das man im Rollenspiel durchaus Schwerpunkte setzen kann aber auch immer ein paar Nischen für alle Typen einbauen sollte. Denn schließlich soll möglichst kein Spieler eine komplette Spielsitzung als langweilig bis nervig abschreiben.

Gruß Jochen

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