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Von der Ingame Kommunikation der Spielercharaktere unter sich

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gilborn:
Hallo zusammen liebes  :t:,

ein kleiner Disclaimer vorab:
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)Wir spielen nicht (primär) herausforderungsorientiert, sondern das Ausspielen der Rollen ist durchaus bei den Spielern gewünscht.
Die Rollenverteilung SL und Spieler ist klassisch (DSA 3), Player Empowerment gibt es nicht.

Ich habe in meinen Spielrunden folgende Beobachtung gemacht:
Die Spieler sprechen eigentlich fast nur mit NPCs; wenn mal keiner Anwesend ist, ist das höchste der Gefühle, sich über Ausrüstung oder den nächsten Ort den man aufsuchen sollte, zu unterhalten, dann meist jedoch Out-of-Charakter.

Was kaum vorkommt, was ich jedoch vermisse, ist, dass sie das Im-Spiel-Geschehene (auch auf emotionaler Ebene) In-Charakter mit ihren Mitspielern reflektieren.
Also dass sie einfach untereinander über das Reden, was die Charaktere im Spiel so erleben.

Ich würde mir davon erhoffen, dass:

* sich die Athmospäre deutlich verdichtet.
* die Charaktere zu einer Gruppe werden, wo man wirklich das Gefühl hat, sie sind Gefährten die durch Dick und Dünn gehen.
* man etwas über das innenleben der Charaktere erfährt, weil sie im Umgang mit Vertrauten anders sprechen, als mit NPCs, die sie meist nicht so gut kennen. Kurz: Die Charaktere mit Leben füllt.
Drei Beispiele wie es bei uns in der Praxis meist läuft:

* Die Helden erhalten einen Reisebericht über eine sehr unwirtliche Gegend als Handout. Die Spieler lesen ihn vor (er ist 2 Seiten lang), es wird Out-Of-Charakter lediglich mitgeschrieben, welche Ausrüstung sie brauchen. Die Charaktere unterhalten sich Ingame nicht über das Gelesene - weder über all die Gefahren, das Merkwürdige, Erschreckende davon - noch über das, was die Charaktere davon halten oder wie es ihnen damit geht. Der "Fluff" abseits der "Hard facts" des Berichts wird schlicht nicht thematisiert.
* Ein mitreisender NPC verhält sich höchst sonderbar, spricht einen seltsamen Satz und antwortet dann nur noch spärlich darauf bevor er weiter reitet. Es findet Ingame im Anschluss keine Unterhaltung über das Geschehene statt. Nach der Runde auf dem Heimweg hat mir ein Spieler gesagt, er wusste nicht wie in dieser Welt (DSA) ein Charakter auf so etwas reagiert - auf die Idee mit seinen Gefährten darüber zu reden, ist er nicht gekommen.
* Ein paar Klassiker (Nicht in der Aktuellen Runde): Die Charaktere töten zum ersten Mal jemanden, ein Gruppenmitglied foltert einen anderen, ein befreundeter NPC stirbt, kurz, es passiert etwas, das in der realen Welt sehr krass wäre - und keiner der Spieler wechselt ein Wort mit einem anderen Spieler darüber wie er dabei empfindet / darüber denkt.
Warum das so ist, weiß ich nicht so recht.
Ich habe ein paar Theorien dazu, bin jedoch nicht ganz überzeugt davon:

* Sie vergessen ihre Mitstreiter schlicht, weil der SL Szenen beschreibt, nicht jedcoh die Charaktere.
* Sie kommen nicht auf die Idee, mit anderen Spielern zu sprechen, da es ein Stück weit Rollenspiel um des Rollenspiels willens ist - man verhofft sich keinen Spielfortschritt dadurch, weil nur der Spielleiter (wir spielen klassisch ohne Player-Empowerment), meist in Form von NSCs, neue Informationen liefern kann.
* Speziell in dieser Runde: Der im Ausspielen der Rolle am meisten aufgehende Spieler spielt leider auch gerne Lone Wolfs; sein jetziger Charakter ist nun zwar nicht explizit einer, aber es steckt einfach in ihm drin. Und man weiß es ja, Lone Wolfs sind problematisch im Rollenspiel weil wortkarg, sie starten keine Unterhaltung, dafür sind sie zu cool, die Unterhaltung kommt wenn dann zu ihnen ;-)
* Über das Innere eine Charakters mit anderen Charakter zu sprechen, ist irgendwo auch eine Form von Schwäche zeigen. Und Schwäche zeigen, bzw. darstellen, ist den meisten Rollenspieler die ich getroffen habe, sehr unangenehm. Man sieht es daran, wie schwierig es den meisten Spielern fällt, z.B. In-Game Furcht zu zeigen.
* Für einige der Spieler könnte ich mir vorstellen, dass sie das Ausspielen der Rolle gar nicht mögen, es aus gruppendynamischen Gründen (o.ä.) nicht so kommuniziert haben.

Was meint ihr dazu?
Beobachtet ihr ähnliches?
Welche Gründe würdet ihr vermuten?
Habt ihr, abgesehen vom offensichtlichen Reden mit den Spielern, Tipps, wie man die Konversation unter den Spielern fördern kann?

Vasant:
Mir scheint das ein Umstand zu sein, der sich in einer Gruppe nach einer Weile irgendwie einspielt und dann so weitergetragen wird. Ich kann dir gar nicht genau sagen, warum, aber in meinen Gruppen spielt sich meist das Gegenteil ein. Das führt dazu, dass coole, einsame Minmaxwölfe nach ner Weile entweder ihr Verhalten anpassen oder gehen.

Ich notiere mir bei der Charaktererstellung Verpflichtungen und Moralvorstellungen und schaue, wo es da Konflikte in der Gruppe geben könnte. Wenn es die gibt: Toll! Dann spiel ich die an. Am liebsten mit versteckten Nachrichten (Zettelchen, private Textnachrichten), um den/die SpielerIn da nicht an den Rollenspielpranger zu stellen. Kann aber auch helfen, das offen zu machen, so können die anderen Spieler drauf einsteigen und jeder weiß, warum der Spieler jetzt Drama macht. Möglicherweise ist der betreffende Spieler irgendwo schüchtern, möchte keinen Stress machen usw. Da kann es hilfreich sein, wenn z.B. die erfahrenere Spielerin mit ihrem moralisch flexibleren SC dann noch mal extra einen drauf macht, um den Priester-SC zu einer Reaktion zu bringen.

Beispiele:
Du hältst dich für eine rechtschaffene Person, aber SC A stiehlt ganz offen. Was macht das mit dir, da untätig zuzusehen?
Du weißt, dass SC B sich einer gütigen Religion verschrieben hat und dein Verhalten ihm arg gegen den Strich gehen muss. Hast du keine Sorge, dass er den gefolterten Gefangenen laufen lässt?

Wenn die Spieler dann nicht deutlich und offen zu verstehen geben, dass ihnen an ihren geäußerten Charakterzügen und Idealen nichts liegt und sie eigentlich keinen Bock auf das Ausspielen der von ihnen gewählten Rolle haben, müssen sie sich dann zwangsweise miteinander beschäftigen. Vielleicht machen sie das trotzdem auf Spielerebene, weil ihnen das besser passt. Da müsste man dann zusammen drüber sprechen, ob das Absicht ist (z.B. um klarzumachen, dass die SCs ein Problem miteinander haben, nicht die Spieler) oder man das noch in die SC-Ebene transportieren kann.

KhornedBeef:

--- Zitat von: gilborn am 20.05.2021 | 09:01 ---[...]

* Sie vergessen ihre Mitstreiter schlicht, weil der SL Szenen beschreibt, nicht jedcoh die Charaktere.
* Sie kommen nicht auf die Idee, mit anderen Spielern zu sprechen, da es ein Stück weit Rollenspiel um des Rollenspiels willens ist - man verhofft sich keinen Spielfortschritt dadurch, weil nur der Spielleiter (wir spielen klassisch ohne Player-Empowerment), meist in Form von NSCs, neue Informationen liefern kann.
* Speziell in dieser Runde: Der im Ausspielen der Rolle am meisten aufgehende Spieler spielt leider auch gerne Lone Wolfs; sein jetziger Charakter ist nun zwar nicht explizit einer, aber es steckt einfach in ihm drin. Und man weiß es ja, Lone Wolfs sind problematisch im Rollenspiel weil wortkarg, sie starten keine Unterhaltung, dafür sind sie zu cool, die Unterhaltung kommt wenn dann zu ihnen ;-)
* Über das Innere eine Charakters mit anderen Charakter zu sprechen, ist irgendwo auch eine Form von Schwäche zeigen. Und Schwäche zeigen, bzw. darstellen, ist den meisten Rollenspieler die ich getroffen habe, sehr unangenehm. Man sieht es daran, wie schwierig es den meisten Spielern fällt, z.B. In-Game Furcht zu zeigen.
* Für einige der Spieler könnte ich mir vorstellen, dass sie das Ausspielen der Rolle gar nicht mögen, es aus gruppendynamischen Gründen (o.ä.) nicht so kommuniziert haben.

Was meint ihr dazu?
Beobachtet ihr ähnliches?
Welche Gründe würdet ihr vermuten?
Habt ihr, abgesehen vom offensichtlichen Reden mit den Spielern, Tipps, wie man die Konversation unter den Spielern fördern kann?

--- Ende Zitat ---

Zur Liste:
1. Ja. Die unmittelbar verfügbare Information nimmt mehr Raum im Kopf ein.
2. Ja. Wenn das Fortkommen der SL-gesteuerten Handlung als Spielziel wahrgenommen wird, dann sind Nebengespräche zumindest unnütz.
3. Ah, der Lone Wolf, Verwandter des Teflon-Toby. Siehe 4.
4. Ja. Man spielt ja vielleicht, um ein paar Stunden ein Held zu sein, der man (vernünftigerweise) im realen Leben nicht sein. Breites Kreuz, wenig Worte, große Taten. Dazu kommt, dass mancher auch wenig Schwäche gegenüber ingame-Elementen zeigen will, um Schwierigkeiten zu vermeiden.
5. Ja. Es gibt viele Spielstile.

Persönlich kann ich das nicht verstehen, das ist für mich das Salz in der Suppe. NUR Monsterklatschen würde irgendwann zu süß und klebrig. Entweder braucht es dieses freie Charakterspiel, oder andere explizite Elemente, die thematisieren, dass die Charaktere fühlen. Aber ich kann auch aus Autorenperspektive spielen und bin da recht flexibel.
DW arbeitet ja bei der Charaktererstellung schon viel mit Bindungen, und leitenden Fragen zu den Beziehungen der Charaktere. Und die Bindungen sind mechanisch verankert, so dass sie immer wieder vorkommen. Das ist eine Art von Framing, und das kann man auch in anderen Spielen nutzen. Frage an den Waldläufer: Wer von den anderen versteht die grausame Schönheit von Mutter Natur am wenigsten, wie bringst du sie ihr/ihm nahe? Das Thema ist irgendwann ausgelutscht, aber bis dahin hast du die Gespräche untereinander vielleicht etabliert. Und nach Absprache mit den Spielern können das natürlich auch direktere Fragen sein, wie du sie oben beschreibst: Arwen, fühlst du dich wohl mit der Reiseroute über die Gräber deiner Vorfahren? Wem teilst du dich mit?

Edit: Es kann auch sein, dass SC-Gespräche für etwas gehalten werden, dass nur implizit passiert, d.h. SpielerIn A und SpielerIn B unterhalten sich über die Reiseroute und dann sagt noch einer "So, Grumnir und Elessar streiten sich ein wenig, werden sich dann aber einig, und es kann los gehen."

Maarzan:
Ich schätze viel davon ist 4.
a) noch wenig Vertrauen zu den Mitspielern
b) oder wenig Vertrauen zu den Mitfiguren

und das ggf. auch berechtigterweise, weil man bereits vorher da sozial abgeprallt ist oder sich andere Inkompatibilitäten gezeigt haben. i.e. Der Paladin und der Nekromancer müssen zusammen die Welt retten sonst sind beide im Arsch, aber sie müssen sich dabei nicht mögen und auch an später denken falls sie erfolg haben sollen. Das Verhältnis bleibt also kalt-geschäftlich.

Hotzenplot:

--- Zitat von: gilborn am 20.05.2021 | 09:01 ---Hallo zusammen liebes  :t:,

--- Ende Zitat ---

Hi,
ich kann absolut mit dir mitfühlen. Ich habe - nicht ganz so stark - ganz ähnliche Gedanken zu meiner Kampagnenrunde. Allerdings ist es dort sehr unterschiedlich, was wiederum verschiedene Gründe hat:

1. Tagesform der Gruppe (inkl. mir): Wollen wir mehr Monsterkloppen, Rätsel/Aufgaben lösen oder haben wir Bock auf Soap Opera?
2. Wie fordernd wird das aktuelle Abenteuer oder die aktuelle Szene wahrgenommen?
3. Wie sehr tritt der Hotze auf´s Gaspedal?

Eigentlich ist Nummer 3 ja etwas, was ich stark selbst in der Hand bzw. am Gasfuß habe. Aber meine SpielerInnen kennen mich inzwischen natürlich und ich glaube, da entsteht immer das Gefühl einer gewissen Hetze. Ich schneide Szenen recht stark und mag kein Tavernenspiel. Gerade meine Abneigung gegen letzteres sorgt glaube ich für das Missverständnis, denn ich will ja, dass sich die Leute auch untereinander beschäftigen, aber bitte mit ein bisschen Soap Drama und nicht "die Zwölfe zum Gruße gelehrte Dame, wo habt ihr denn diese tolle Drôler Spitze klöppeln lassen?" ;)

Also eigentlich kann ich dir nicht helfen, ich sende dir aber viele hugs und Verständnis  >;D

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