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Die Notwendigkeit des Nahkampfes (Fantasy Gun Control)

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Tudor the Traveller:
Hallo zusammen,

ich denke seit einer Weile darüber nach, wie Fantasy funktionieren könnte, wenn man es auf einer fortgeschritteneren Epoche basieren lassen will, z.B. Renaissance. Weniger König Arthus und mehr die drei Musketiere...

Ein Aspekt sind Schusswaffen. Und da bin ich bei tvtropes über verschiedene interessante Tropen gestolpert. Insbesondere "Fantasy Gun Control" adressiert dieses Thema. Kurz: Feuerwaffen werden aus dem Setting ausgeschlossen, mal mit innerweltlicher Begründung, meist jedoch ohne. Erklärungsansätze liefert die Analysis-Seite dazu.

Unter den Erläuterungen ist mir vor allem "Never bring a gun to a sword fight" aufgefallen. Kurz: Nahkampf ist um einiges dramatischer als eine Schießerei.

Und wenn ich so darüber nachdenke, finde ich reihenweise Beispiele, wo sehr viel Nahkampf stattfindet, selbst wenn Handfeuerwaffen fest im Setting etabliert sind. Es ist nämlich gar nicht auf klassische Fantasy reduziert. Ganz prominent: Star Wars mit seinen Lichtschwertern. Mit denen kann man Laserschüsse abwehren...! (was ist da eigentlich mit kinetischen Projektilen?). Shadowrun hat seine Katana-schwingenden Straßensamurai. Selbst Star Trek hat relativ viel Nahkampf (Hallo Klingonen), nicht selten inklusive Phaser im Handgemenge. Warhammer 40k hat reihenweise Einheiten, die auf Nahkampf spezialisert sind. Bei den Avengers wird sich auch primär auf die Birne gehauen. Bei Mass Effekt steckt man auch Ruckzuck im Nahkampf usw.

Diese Beispiele zeigen, dass nicht auf Feuerwaffen verzichtet werden muss. Auch dazu kennt tvtropes eine typische "Lösung": Guns are worthless (sprich: werden direkt oder indirekt generft): Laserpistolen sind gegen Jedi (fast) nutzlos.

Nun ist das Fantasy-Genre voll von Schützen, ob der klassische Waldelf mit Bogen oder der Armbrustscharfschütze, ohne dass es den Krieger in schwerer Rüstung obsolet macht. Aber in einer Welt mit magischen Meisterschmieden muss die Rüstung gar nicht zwingend gegen Feuerwaffen versagen. Elfen und Zwerge haben Jahrzehnte Zeit, um den Umgang mit Bogen und Armbrust zu perfektionieren - der Vorteil der simplen Handhabung der Handfeuerwaffe (Massenausbildung) zieht da auch nicht so sehr. Und dann sind da ja auch noch die Magier...

Es gibt in dieser Hinsicht keinen Grund, in der Fantasy auf Feuerwaffen zu verzichten.

Meine Vermutung ist, dass es nicht an dem Argument liegt, dass Rüstung und Nahkampf dann unplausibel würden. Ich denke eher, dass es durch Genre-Konventionen konserviert ist, dass Feuerwaffen nicht in Fantasy-Settings verwendet werden. Ich vermute da Gründe der Nostalgie, Romantik und Eskapismus. Es ist eben vielleicht heldenhafter, den Drachen im Nahkampf mit dem Schwert zu erschlagen, als ihn aus 200 m zu erschießen. Face-to-Face ist der Kampfmodus des wahren Kriegers. ?

Obwohl es taktisch eigentlich recht effektiv sein müsste, ist mir noch keine Gruppe begegnet, die nur aus Fernkämpfern (inkl. Magiern) bestand. Komischerweise scheint das z.B. im Wild-West-Genre dann aber wieder der Normalmodus.

Eure Meinungen?

Waldviech:
Ich würde auch sagen, es sind Genrekonventionen - und das ist IMHO eine völlig ausreichende und befriedigende Begründung. Wenn man denn auf Feuerwaffen verzichten will. Das Fantasy und Feuerwaffen so ein Gegensatz wären, halte ich mittlerweile im Übrigen für eine Überbleibsel aus früheren Zeiten. Mittlerweile gibt's Fantasy Settings, in denen kein großes Gewese mehr um irgendwelche Vorderlader gemacht wird.

Der Grund, warum ich, wenn es keine Feuerwaffen geben soll, ein schlichtes "Es gibt halt keine" bevorzuge, ist dass es meistens in reichlich abstruse Bereiche abdriftet, wenn man das Fehlen von Feuerwaffen irgendwie zu begründen versucht.

schneeland:
Für klassische Fantasy würde ich auch sagen: das sind eher Konventionen. Finde ich, wie Waldviech, auch völlig akzeptabel. Und wer mag, spielt halt in einer Welt, in der's welche gibt (z.B. Warhammer Fantasy). Wobei hier die Feuerwaffen ja auch meist einfache Vorderlader sind und die feindlichen Truppen nicht unbedingt mit der Gatling Gun niedergemäht werden (kann man sich auch vorstellen, ist aber m.E. seltener).
Für Science Fantasy oder Cyberpunk-Fantasy-Mischungen wie Shadowrun muss man dann m.E. ein bisschen nachhelfen, damit die Schwertfuchtler nicht allzu sehr ins Hintertreffen geraten. Ob das nun Space Magic und Laserschwerter oder Reflexbooster und spezielle Beschichtungen sind, ist dann eigentlich egal - man muss halt nur etwas wählen, was irgendwie zum Rest des (fiktiven) Universums passt.

Quaint:
Och, ich finde man kann auch eine Schießerei dramatisch und spannend umsetzen. Beispiele aus Hollywood gibt es da genug. Es ist mehr eine Frage des Genres und des Geschmacks.
Ich hab schon Fantasy ohne Knarren und mit Knarren gemacht, und ich finde es kann beides sehr schön sein.

Eine gewisse Rolle spielt aber oft auch die Umsetzung. Wenn man mit dem Rapier sieben mal durchbohrt noch weiterkämpft, aber bei der ersten Pistolenkugel umfällt, dann deutet das eben ein gewisses Mißverhältnis an. Und tatsächlich begegnen mir häufiger Leute, die meinen, Schußwaffen wären so wahnsinnig tödlich, sonstige Waffen aber nicht. Und das unter dieser Perspektive dann Schußwaffen unerwünscht sind (weil man sich eigentlich halt gegen eine hohe Tödlichkeit wehren will), naja, das kann dann halt mal sein.
Da wir hier auch im Rollenspiel- und Weltenbau sprechen: Ich empfehle Schußwaffen nicht großartig tödlicher oder weniger tödlich zu machen als andere Waffen auch. Realweltlich kann einem ja auch fast Wurst sein, ob man ein Messer in den Hals gerammt bekommt oder einem jemand in den Kopf schießt, tot ist halt tot.
Je nach genauem System kann es aber natürlich sinnvoll sein, zu einem gewissen Grad auf die eher niedrige Angriffsgeschwindigkeit von frühen Schußwaffen einzugehen, und dann relativ viel Schaden pro Angriff zu geben, aber halt wenige Angriffe.

Tudor the Traveller:

--- Zitat von: Waldviech am 30.10.2021 | 23:38 ---Mittlerweile gibt's Fantasy Settings, in denen kein großes Gewese mehr um irgendwelche Vorderlader gemacht wird.

--- Ende Zitat ---

Hast du Beispiele? Außer Warhammer ist mir kein prominentes Setting bekannt.

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