Das Tanelorn spielt > [Vaesen] Mittsommerzwielicht

[MSZL] Prolog - Blauer Himmel, weißer Schnee -

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Outsider:
Auf der Straße nach Stockholm
Klackernd und rumpelnd fuhr die Kutsche aus Uppsala hinaus in die Dämmerung des kommenden Tages. Hinter der Stadt lagen weite weiße Flächen in denen immer wieder kleine Gehöfte am Wegesrand auftauchten deren Felder sich zwischen die Wälder schmiegten.

Erst wurde der Himmel im Osten rot, dann mit einem goldenen Feuer ging die große runde Scheibe der Sonne auf. Die Schatten der Bäume die eben noch auf Schnee gefallen waren dessen Farbe das Rot des Sonnenaufgangs wederspiegelte wurden kürzer und bald glitt die Kutsche unter einem stahlblauen Himmel dahin. Es war ein Glück das es dieses Jahr noch nicht so viel geschneit hatte so kam die Kutsche zügig voran.

Im Inneren war es warm genug das man nicht fror, aber die immer wiederkehrenden harten Stöße wenn das Gefährt über einen Eisklumpen oder Stein holperte der unter der Schneedecke verborgen lag fuhren durch eure Körper. Die Sitze waren gepolstert, aber richtig angenehm wollte es trotzdem nicht werden. Von draußen drang das rhythmische  Stampfen der Pferde hinein und die anfänglichen Gespräche verebbten je länger die Reise dauerte. Eine ältere Frau mit ihrer Tochter, welche Verwandte in Stockholm besuchte, eine Dienstmagd die ihre Arbeit in einem der hohen Häuser von Stockholm antrat und ein Bankier der geschäftlich in Stockholm zu tun hatte waren eure Reisebegleiter.

Die Alte versuchte die ganze Zeit zu schlafen, mit jedem Stoß viel ihr aber der Kopf auf die Brust und sie schreckte aus dem Dämmerzustand auf in den sie gerade gefallen war. Ihre Tochter, ein Mädchen von vielleicht siebzehn Jahren hatte ihr Stickzeug ausgepackt und arbeitete an einem kleinen Deckchen, blickte aber immer wieder nach draußen um die Landschaft zu genießen. Die Dienstmagd sagte wenig und starrte vor sich hin, man merkte ihr an dass es nur eine weitere Arbeitsreise für sie war, von einem Dienstherren zum Nächsten. Obwohl sie nicht viel älter sein konnte als die Tochter der alten Frau, wirkte sie vorzeitig gealtert und hatte schwielige Hände von der schweren Arbeit.

Der Bankier paffte hin und wieder an einer Pfeife während er umständlich die Tageszeitung umblätterte und jedes mal seinen Ellenbogen am Holz der Kutsche stieß. Eine kleine runde Brille saß auf seiner spitzen Nase und drohte bei jedem Geholper von der selbigen zu rutschen.

Gegen Mittag kamt ihr in Märsta an, die Hälfte der Strecke lag hinter euch und hier würde die Kutsche eine Stunde Pause machen. Die Pferde mussten versorgt werden und die Fahrgäste hatten Zeit in dem kleinen Ort eine Gaststätte aufzusuchen um etwas zu essen oder um sich einfach nur die Beine zu vertreten.

Das Wetter war königlich, die Luft bitterkalt aber klar, so dass man weit über das Land schauen konnte und keine Wolke trübte den Himmel.

Kaum hatte die Kutsche gehalten war es Zeit die geschundenen Knochen zu bewegen und etwas frische Luft zu schnappen.

Katharina:
Helena - Kutsche Richtung Stockholm

Während der Vater liest Helena immer wieder in dem Buch über die Insel oder schreibt ein paar Sätze in ihr Notizbuch. Die meiste Zeit blickt sie jedoch einfach aus dem Fenster und betrachtet nachdenklich die winterliche Landschaft. "Waren Sie denn schon einmal in Stockholm?", erkundigt sie sich irgendwann im Laufe des Vormittags bei den Mitreisenden. "Mein letzter Besuch ist schon lange her und Stockholm ist so lebendig, dass sich gewiss schon wieder alles verändert hat. Ich hoffe, ich finde mich noch zurecht." Gespannt lauscht Helena dann allfälligen Neuigkeiten über die Hauptstadt zu.

Als die Kutsche schließlich hält, lässt Helena den anderen Reisenden den Vortritt, bevor sie auch selbst die Kutsche verlässt und erst einmal ihre Knochen durchstreckt. "Hast du Hunger?", erkundigt sie sich bei Aleksander, "oder wollen wir uns lieber die Beine vertreten?"

Don D. Kanalie:
Aleksander von Bäcklund - Kutsche Richtung Stockholm

Aleksander hat geschlafen, oder es zumindest versucht. Die holprige Fahrt und das ständige Hochzucken der alten Frau rissen ihn immer wieder aus seinem Dämmerzustand. Dann wanderte sein finsterer Blick in der Kutsche umher und traf seine Mitreisenden. An den Gesprächen beteiligte er sich, wenn überhaupt, recht einsilbig und versuchte ansonsten es sich etwas bequemer in ihrem schwankenden Gefährt zu machen. Als die Kutsche nun zum Halten gekommen war, sind die Ränder unter seinen Augen nur noch tiefer und dunkler geworden.

Aleksander hilft Helena beim Austeigen und schaut sich dann fröstelnd um. "Ich denke ein Spaziergang würde mir gut tun." und fügt dann noch murmelnd hinzu: "Bevor wir wieder in diesem Teufelskasten eingepfercht werden." Er bietet Helena den Arm an. "Ich glaube dort hinten, wenn wir ein Stück diesen Weg hinunter gehen, gibt es einen schönen Aussichtspunkt auf das umliegende Land" Wenn sich die beiden in Bewegung setzen, fragt Aleksander müde: "Was schreibst du eigentlich die ganze Zeit in dein Notizbuch? Hat es etwas mit unserer Reise zu tun?"

Katharina:
Helena - Spaziergang durch Märsta

"Gute Idee", antwortet Helena lächelnd und streckt sich dadurch. Während sie losgeht, denkt sie ein paar Augenblicke über Aleksanders Frage nach, bevor sie zu einer Antwort ansetzt: "Nein, es hat nichts mit unserer Reise zu tun, zumindest nicht direkt. Ich versuche meine Eindrücke festzuhalten und das Land zu beschreiben, das ich wahrnehme. Ich habe das Gefühl, dass sich derzeit vieles ändert. Wir Menschen dringen immer weiter in die Natur vor, machen uns die Landschaft zu eigen und unterwerfen das Land. Das bringt viele Vorteile und ich finde es etwa beeindruckend, wie schnell man heutzutage nach Stockholm reisen kann." Helena unterbricht ihren Redefluss kurz um ihren Blick in die Ferne schweifen zu lassen: "Aber manchmal bin ich mir nicht sicher, ob wir überhaupt verstehen, wie groß die Veränderungen sind, die wir Menschen in Gang gesetzt haben. Ich versuche das zu fassen und meine Beobachtungen festzuhalten, bevor sich alles geändert hat." Noch einmal zögert Helena und für einen Moment überzieht ein Schatten ihr Gesicht: "Und ich hoffe, dadurch besser zu verstehen, wie wir Menschen friedlich neben all den anderen Lebewesen leben können."

Schließlich blickt Helena Aleksander an, wobei nun wieder ein freundliches Lächeln auf ihrem Gesicht zu sehen ist: "Aber nun habe ich wirklich genug über mich gesprochen. Sag, was hat dein Interesse am Okkulten und unserer Gesellschaft geweckt?"

Don D. Kanalie:
Aleksander von Bäcklund - Spaziergang durch Märsta

"Nun... Eine sehr direkte Frage..." Aleksanders Augen blicken an Helena vorbei und er kratzt sich geistesabwesend am Hinterkopf, als er langsam und nachdenklich zu sprechen beginnt. "Ich denke, ich war schon immer fasziniert von Geheimnissen. Auf den Geburtstagsfeiern meiner Kindheit waren oft Zauberer, die ihre Kunststückchen vorführten." Er macht eine kurze Pause um dann mit etwas Bitterkeit in der Stimme fortzufahren, "Ich weiß noch wie begeistert ich damals war... Jedenfalls begann ich erst während meiner Studienzeit in Stockholm mich mit dem Okkulten zu beschäftigen. Denn was für ein größeres Geheimnis gäbe es, als das Geheimnis des Lebens und des Todes? Es faszinierte mich irgendwie. Es dauerte nicht lang und ich traf auf Gleichgesinnte. Wir machten uns einen Spaß daraus uns mysteriös und geheimnisvoll zu geben, einmal gingen wir sogar eine ganze Woche in Mantel und Umhang gekleidet zu den Vorlesungen", berichtet er schmunzelnd "Und natürlich besorgten wir uns Literatur über Geister und Dämonen und dergleichen. Ich denke zu diesem Zeitpunkt glaubte keiner von uns wirklich an diese Dinge."
Aleksanders ernster Blick wandert zurück zu Helena und trifft dort auf ihr freundliches Lächeln. Vielleicht ist es dies, was ihn veranlasst weiter zu reden und vielleicht trägt auch dieser Ort, an dem der Himmel grenzenlos erscheint und der massive Fels unter den Füßen ein Gefühl von Beständigkeit und Ruhe ausstrahlt, zu seiner Entscheidung bei. "Etwas später sprach mich ein Professor der Universität an und nach einigen Hürden waren meine damaligen Freunde und ich tatsächlich Mitglieder einer Art Geheimgesellschaft. Diese Zeit war wie ein Rausch aus Farben, Eindrücken und Gefühlen!" Aleksanders Augen weiten sich bei diesen Erinnerungen und seine Stimme wird lauter und fahriger als er davon spricht. Er redet jetzt sehr schnell: "Es gab Séancen, Feste, Gelage und Abstürze. Geld spielte damals keine Rolle, die Mitglieder gehörten zur gut betuchten Gesellschaft, auch wenn Identitäten möglichst geheim gehalten wurden. Eine Maske verleiht unglaubliche Freiheit!..." Jetzt stockt Aleksander, als erinnere er sich wo er ist und mit wem er redet.
"Entschuldige Helena, ich habe mich etwas gehen lassen." Die Hände, die er während seine Redeschwalls erhoben hatte, lässt er jetzt wieder sinken. Mit gefestigter Stimme und leiser, fast flüsternd fährt er fort. "Du musst wissen, ich verbinde diese Zeit nicht nur mit angenehmen Dingen und die Erinnerung daran wühlt mich etwas auf. Was mich damals wirklich von der Existenz von andersartigen Wesen überzeugt und mich schließlich zur Gesellschaft gebracht hat, war die Begegnung mit einem echten Geist. Während einer der Séancen, die ich mittlerweile leitete, erschien wirklich der Geist einer Frau. Und es war keines Falls ein Erlebnis, wie wir es uns in unseren romantischen Vorstellungen ausgemalt hatten. Ich erinnere mich an nicht mehr viel aus dieser Nacht..." bei diesen Worten reibt er sich die behandschuhte linke Hand "... aber kurz danach brach ich mein Studium ab und kehrte nach Hause zurück. Ich glaube diese Nacht machte mich in gewisser Weise empfänglich für etwas. Es brach etwas in mir wie ein Damm, denn seitdem kann ich diese Wesen sehen und sie wollen nicht mehr aus meinem Kopf." Fest blickt Aleksander Helena in die Augen, seine Gesichtszüge haben etwas trauriges. "Du bist die Erste der ich davon erzähle und ich kann gar nicht genau sagen warum... So lange kennen wir uns nicht. Bitte behalte es für dich und lass uns jetzt von etwas Anderem reden. Wann warst du das letzte Mal in Stockholm und warum?"

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