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Systembedingte Spaßgrenzen

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duderino:

--- Zitat von: Aedin Madasohn am  3.07.2022 | 13:38 ---These eins
- bei genügend gutem Willen und Verständigkeit in der Party lassen sich auch aus schlechten/einengenden Systemen per Hausregel noch viel
  Spielspaß und Optionen für gute Abende herausholen

These zwei
- bei genügend Boshaftigkeit kriegt noch jede(r) Querulant(in) auch das beste TM Spielsystem zum Kollaps

These drei
- spielen mit Freunden erhöht den Willen zur gutwilligen/gemeinwohlwilligen Interpretation
  von Regeln/Setting/Handlungen/Konzepten/Szenen/potentiellen Triggern

Beispiel
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)du willst eine verstandsgesteuerte DSA Hexe spielen, die als regeltechnische (und kompetente) Bannerin sich gegen die dämonische Perversion der Natur durch Agrimoth stellen will.
Wahre Namen, inverte Invocatio Maior, Bannkreise/Schutzkreise mit entsprechenden
unterstützenden Materialien und so fort

Quasi das ganze hauptsächlich nur in gildenmagischer Repräsentation vorliegende antidämonsche Arsenal mit den Probenboosternkleinklein

jetzt halt als Hexe 

klaut das jemanden etwas von seinem Spielspaß, wenn das Dämonenbannen mit allen Steigerungsformen von dem Non-Magischeakademie-Elfenbein-Turm-Char abgedeckt wird?

die einen nehmen sich die Freiheit für eine solche Option und können mit dem Spiel anfangen, die anderen zerhackstücken sich jetzt im RAW vs RAI vs Lore vs headcanon Gemetzel.

--- Ende Zitat ---

Schön, schreibe doch einen eigenen Thread dazu, weil das alles Dinge zum allgemeinen Spielspaß sind, die nichts mit Systembedingtheit zu tun haben, oder?

Haukrinn:
Finde ich schwierig. Ich glaube, dass deine beiden Punkte (3.1, 3.2) so in dieser Form auf eine Vielzahl von Systemen gar nicht anwendbar ist sondern eher ein Merkmal stark simulationistischer Spiele mit "Realitätsanspruch" sind, also Kandidaten wie DSA, GURPS usw. Ich fände es zudem interessant einige Beispiele zu sehen, was du mit den Punkten genau meinst, insbesondere unter 3.1 kann ich mir jetzt nichts vorstellen. Ist das sowas wie "Zauberer dürfen keine Rüstung tragen" oder "Elfen dürfen als Kleriker maximal bis Stufe 6 aufsteigen"? Wenn ja, dann sehe ich nicht, was das Spiel da machen könnte außer die entsprechenden Regeln zu ignorieren. Aber ich sehe sowas auch nicht als Spaßeinschränkung - diese Grenzen sind klar gezeichnet, und wenn man die im Spiel nicht sehen will, dann sollte man einfach das Spiel nicht spielen (oder verhausregeln). Ich beschwere mich bei Monopoly ja auch nicht, dass ich keine Rasenparzellen kaufen kann...  ;D

Für 3.2 gibt es tatsächliche Spiele, die genau das aufzulösen versuchen: Fate hat zum Beispiel das Fatefraktal, dass es erlaubt, die Regelmechanismen auf beliebige Bereiche und Detailtiefen auszudehnen (bis hin zur Option, damit im Grunde neue "Minigames" zu generieren, wie das Beispiesweise Diaspora macht), um dort den Spielern entgegen zu kommen.

duderino:

--- Zitat von: Haukrinn am  3.07.2022 | 14:00 ---Finde ich schwierig. Ich glaube, dass deine beiden Punkte (3.1, 3.2) so in dieser Form auf eine Vielzahl von Systemen gar nicht anwendbar ist sondern eher ein Merkmal stark simulationistischer Spiele mit "Realitätsanspruch" sind, also Kandidaten wie DSA, GURPS usw.
--- Ende Zitat ---
Das kann natürlich sein, aber wenn These 1 (Rollenspiel macht grundsätzlich Spaß) korrekt ist, dann wären Sim-Spiele, die meine sonstigen Bedingungen erfüllen würden ja trotzdem spaßbringend und nicht enttäuschend, was meiner Meinung nach für ein Rollenspiel schon ein ziemliches Qualitätsmerkmal ist. Weil wer würde denn ernsthaft behaupten, dass ein Spiel, das (in den aller-aller-aller-meisten-Fällen) Spaß macht, ein schlechtes Spiel ist?
Natürlich kann man dann lieber narrative Spaßbringer-Regeln haben, oder mit dazudichten, oder wie auch immer. Aber ich finde ein spaßiges Grundsystem wäre eine gute Baseline.


--- Zitat --- Ich fände es zudem interessant einige Beispiele zu sehen, was du mit den Punkten genau meinst, insbesondere unter 3.1 kann ich mir jetzt nichts vorstellen. Ist das sowas wie "Zauberer dürfen keine Rüstung tragen" oder "Elfen dürfen als Kleriker maximal bis Stufe 6 aufsteigen"? Wenn ja, dann sehe ich nicht, was das Spiel da machen könnte außer die entsprechenden Regeln zu ignorieren.
--- Ende Zitat ---

Erkläre ich sehr gerne, ist mir offensichtlich im ersten Anlauf nicht gelungen, sorry dafür. Primär sehe ich an der Stelle eine Vielfalt möglicher "Grundrichtungen", die ein Charakter einschlagen kann. Hier disqualifizieren sich meiner Meinung nach oft Systeme mit sehr knappen Stat-(Talent/Attribut/...)-Listen. Denn diese erlauben zwar ggf. einen Schleicher oder Okkultisten oder Haudrauf zu spielen. Aber auch in Systemen, in denen der Spion oder Zuckerbäcker erstmal nicht zum Fokus des Spiels gehört, kann ein Spieler mit einer guten Idee ja durchaus einen Charakter "außerhalb der üblichen 3-5 vom System unterstützten Archetypen" spielen wollen. Vielleicht einfach, weil es in seine Charakter-Narrative passt. Und sich hier und da dann doch mal regel-&plot-technisch was damit machen lassen würde. Das Kriterium besagt also sowas wie: Biete möglichst breite/vielfältige/flächendeckende Kompetenzen, die ein Spieler für seinen Charakter wählen kann.

Als konkrete Beispiele (und für mich selbst frustrierende Erlebnisse) gehört an der Stelle z.b., dass man in fast keinem System (vor allem erstaunlich schlecht in DnD, DSA etc) einen echten "Strategen", "Motivierende Führungsperson" oder ähnliches Spielen kann, ohne mit sowas wie "Überzeugungs-Experte" oder "Bardic Inspiration" in den gleichen unpassenden und viel zu weit gefassten Topf geworfen zu werden.

Es geht also nicht um die spielweltlich (oder balancing-technische) kohärente Einschränkung von bedingten Maximalwerten oder ähnlichem. Und auch nicht um das Hijacken des Spiel-Fokuses, sondern um das "tolerante Öffnen" einer Spielwelt für vielfältige Ansätze, und die Würdigung von Spieler-Spezialisierungs-Entscheidugen (inkl Ownership-Gefühl etc).



--- Zitat ---Für 3.2 gibt es tatsächliche Spiele, die genau das aufzulösen versuchen: Fate hat zum Beispiel das Fatefraktal, dass es erlaubt, die Regelmechanismen auf beliebige Bereiche und Detailtiefen auszudehnen (bis hin zur Option, damit im Grunde neue "Minigames" zu generieren, wie das Beispiesweise Diaspora macht), um dort den Spielern entgegen zu kommen.

--- Ende Zitat ---

Das klingt interessant und war mir - als rießigem Fate-Fan  ~;D tatsächlich noch nicht bewusst. Wenn ich dazu ein paar Fragen stellen dürfte:
Beim Ausweiten von Regelmechanismen auf beliebige Bereiche und Detailtiefe: Ist damit soetwas wie "Schwerter haben Aspekte" gemeint? Falls ja, dann sehe ich an der Stelle zwar eine grundsätzliche Stärke von Fate, aber gleichzeitig kollidiert das Prinzip dann schnell mit den These2-Kriterien: Balancing und Diskussionsumfang wachsen enorm, wenn man sich quasi sein eigenes kohärentes Framework aus "recht freier" Aspektanwendung heraus zusammenschustert, oder?

Bzgl der Minigames: Haben diese dann tatsächlich auch repräsentierenden Charakter für verschiedene Nuancen von Konsequenzen und Nebeneffekten einer HAndlung, oder funktionieren sie mehr wie Spaßbringer, die die Probe einfach nur "spielmechanisch interessanter" machen?

Haukrinn:

--- Zitat von: duderino am  3.07.2022 | 14:17 ---Das kann natürlich sein, aber wenn These 1 (Rollenspiel macht grundsätzlich Spaß) korrekt ist, dann wären Sim-Spiele, die meine sonstigen Bedingungen erfüllen würden ja trotzdem spaßbringend und nicht enttäuschend, was meiner Meinung nach für ein Rollenspiel schon ein ziemliches Qualitätsmerkmal ist. Weil wer würde denn ernsthaft behaupten, dass ein Spiel, das (in den aller-aller-aller-meisten-Fällen) Spaß macht, ein schlechtes Spiel ist?
Natürlich kann man dann lieber narrative Spaßbringer-Regeln haben, oder mit dazudichten, oder wie auch immer. Aber ich finde ein spaßiges Grundsystem wäre eine gute Baseline.

--- Ende Zitat ---

Genau da würden unsere Auffassungen von Spaß schon gewaltig divergieren. Ich empfinde SIMs ungefähr so spaßbringend wie ne Steuererklärung. Insofern ist das bestimmt ein Qualitätsmerkmal, was du da ansprichst, aber halt ein rein subjektives.  ;)

Damit sind wir auch schon bei der Krux des Ganzen. Ich glaube, dir schwebt ein sehr freies Spiel vor, in dem Spieler ihre kreativen Ideen von vorne bis hinten verwirklichen können. Es gibt Spiele die das können. Aber nicht alle Spiele müssen das unterstützen. Denn nicht alle Spieler wollen so etwas spielen. Ich zum Beispiel hätte absolutes Nullinteresse dran und will Spiele haben, die mit einer gewissen Grundprämisse ins Feld ziehen - und genau die unterstützen und im Umkehrschluss auch sauber abgrenzen.  :)


--- Zitat von: duderino am  3.07.2022 | 14:17 ---Erkläre ich sehr gerne, ist mir offensichtlich im ersten Anlauf nicht gelungen, sorry dafür. Primär sehe ich an der Stelle eine Vielfalt möglicher "Grundrichtungen", die ein Charakter einschlagen kann. Hier disqualifizieren sich meiner Meinung nach oft Systeme mit sehr knappen Stat-(Talent/Attribut/...)-Listen. Denn diese erlauben zwar ggf. einen Schleicher oder Okkultisten oder Haudrauf zu spielen. Aber auch in Systemen, in denen der Spion oder Zuckerbäcker erstmal nicht zum Fokus des Spiels gehört, kann ein Spieler mit einer guten Idee ja durchaus einen Charakter "außerhalb der üblichen 3-5 vom System unterstützten Archetypen" spielen wollen. Vielleicht einfach, weil es in seine Charakter-Narrative passt. Und sich hier und da dann doch mal regel-&plot-technisch was damit machen lassen würde. Das Kriterium besagt also sowas wie: Biete möglichst breite/vielfältige/flächendeckende Kompetenzen, die ein Spieler für seinen Charakter wählen kann.

Als konkrete Beispiele (und für mich selbst frustrierende Erlebnisse) gehört an der Stelle z.b., dass man in fast keinem System (vor allem erstaunlich schlecht in DnD, DSA etc) einen echten "Strategen", "Motivierende Führungsperson" oder ähnliches Spielen kann, ohne mit sowas wie "Überzeugungs-Experte" oder "Bardic Inspiration" in den gleichen unpassenden und viel zu weit gefassten Topf geworfen zu werden.

Es geht also nicht um die spielweltlich (oder balancing-technische) kohärente Einschränkung von bedingten Maximalwerten oder ähnlichem. Und auch nicht um das Hijacken des Spiel-Fokuses, sondern um das "tolerante Öffnen" einer Spielwelt für vielfältige Ansätze, und die Würdigung von Spieler-Spezialisierungs-Entscheidugen (inkl Ownership-Gefühl etc).

--- Ende Zitat ---

Okay, danke für die Erläuterung. Ich glaube aber nicht, dass das in den Spielen, die du auch als Beispiel für den Strategen nennst, wirklich gewollt ist (okay, sans DSA, da werde ich nie verstehen, was da die kohärente Spielprämisse sein soll). Solche Charaktere gehören zu diesen Spielen nicht dazu. Weil die Spiele nicht dafür gemacht sind, Szenarien zu spielen, in denen so ein Charakter eine Rolle spielt. "Wir ziehen gemeinsam auf Abenteuer aus, besiegen Monster und finden Schätze" ist halt keine Prämisse, in der jemand seinen Platz findet, der weiß, wo er auf dem Schlachtfeld am besten seine leichte Kavallerie zu platzieren hat. Bei einem Spiel mit einer Prämisse, die so etwas unterstützt, würde ich deine Erwartungshaltung aber definitiv teilen.


--- Zitat von: duderino am  3.07.2022 | 14:17 ---Beim Ausweiten von Regelmechanismen auf beliebige Bereiche und Detailtiefe: Ist damit soetwas wie "Schwerter haben Aspekte" gemeint? Falls ja, dann sehe ich an der Stelle zwar eine grundsätzliche Stärke von Fate, aber gleichzeitig kollidiert das Prinzip dann schnell mit den These2-Kriterien: Balancing und Diskussionsumfang wachsen enorm, wenn man sich quasi sein eigenes kohärentes Framework aus "recht freier" Aspektanwendung heraus zusammenschustert, oder?

--- Ende Zitat ---

Ja, "Schwerter haben Aspekte" wäre eine sehr minimalistische Form davon. greift aber zu kurz. Wenn ich zum Beispiel ein Spiel mit Fate spielen möchte, dass von einer gewissen Form von Equipment-Porn lebt (hallo Shadowrun), dann sollten Ausrüstungsgegenstände Fertigkeiten, Stunts und von mir aus auch Aspekte haben. Gilt so auch für Mechas in einer Mechakampagne. Oder für Reiche im Baroniespiel und Schlachtenreihen für strategischen Kampf (um den Strategen von oben mal abzuholen).

Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass es hier auch nicht um "Rulings" handelt, die man eben mal schnell improvisiert (Das gibt es auch, das meine ich hier aber nicht). Sondern viel eher um Regelmodule, die man gezielt vorbereitet, um bestimmte Spielelemente hervor zu heben und mit mehr Mechanik zu unterstützen. PbtA hat mit den "Custom moves" (Ausgang einer bestimmten Situation durch einen Move beschreiben, auf den ein Spieler in aller Regel würfeln muss) ein ähnliches Konzept.


--- Zitat von: duderino am  3.07.2022 | 14:17 ---Bzgl der Minigames: Haben diese dann tatsächlich auch repräsentierenden Charakter für verschiedene Nuancen von Konsequenzen und Nebeneffekten einer HAndlung, oder funktionieren sie mehr wie Spaßbringer, die die Probe einfach nur "spielmechanisch interessanter" machen?

--- Ende Zitat ---

Nein, die Minigames sind konkrete Lösungsansätze für bestimmte Spielsituationen, die sich der Fate-Regeln bedienen, aber die Mechanismen auf bestimmte Art und Weise anwenden. Beispiele wären:
1. Gruppencharaktere bei Legends of Anglerre. Um bei Wildnisreisen nicht zu kleinteilig zu werden, baut man einen Gruppencharakter, der die Stärken der SC-Gruppe repräsentiert und spielt den.
2. Diplomatie/Political combat bei Diaspora: Hier werden die Fate-Mechanismen verwendet, um diplomatische Situationen aufzulösen oder zum Beispiel den Ausgang einer Wahl (mit all dem Dreck der im Hintergrund läuft) zu bestimmen
3. Auflösung wissenschaftlicher Rätsel bei Atomic Robo: Wenn die Charaktere herausfinden wollen, was an einem Ort passiert ist, können Sie gezielt über ihre Fähigkeiten eine Theorie konstruieren, die den Vorfall erklärt

duderino:

--- Zitat von: Haukrinn am  3.07.2022 | 16:13 ---Genau da würden unsere Auffassungen von Spaß schon gewaltig divergieren. Ich empfinde SIMs ungefähr so spaßbringend wie ne Steuererklärung. Insofern ist das bestimmt ein Qualitätsmerkmal, was du da ansprichst, aber halt ein rein subjektives.  ;)
--- Ende Zitat ---
Sorry, vielleicht hätte ich klarstellen sollen: "freies" Rollenspiel macht grundsätzlich erstmal Spaß. Also Rollenspiel, das stattfindet, während Regeln gerade garkeine Rolle spielen. Und solchen freien Spielverlauf gibt es ja in eigentlich allen Rollenspiel-Genres. Aber falls du im speziellen nur an narrativem Rollenspiel Spaß hast, will ich dich hier garnicht vom Gegenteil überzeugen. Ich will nur sagen, dass es auch außerhalb der reinen Sim-Welt eine große Rollenspielszene gibt, die Spaß an essentiellen Rollenspiel-Phasen hat, in denen die Regeln das Spiel nicht, oder nur ganz marginal beeinflussen.


--- Zitat ---Damit sind wir auch schon bei der Krux des Ganzen. Ich glaube, dir schwebt ein sehr freies Spiel vor, in dem Spieler ihre kreativen Ideen von vorne bis hinten verwirklichen können.
--- Ende Zitat ---
Ich denke, das kann man so sagen, ja.


--- Zitat ---Es gibt Spiele die das können.
--- Ende Zitat ---
Ja, aber ich kenne nur jene, die die anderen Bedingungen nicht erfüllen tbh.
--- Zitat ---Aber nicht alle Spiele müssen das unterstützen.
--- Ende Zitat ---
Ich stimme voll und ganz zu. Nicht jedes Rollenspiel muss das tun. Man kann beliebige Einschränkungen bei allen möglichen Sachen vornehmen, und Zusatzregeln a la "Jeder Spieler darf in jeder Szene nur 5 Wörter sagen" einführen. Das kann ein gutes Spiel sein. Aber im speziellen geht es mir hier ja um "Spaßgrenzen". Stellen an denen die meisten Rollenspielsysteme dann doch einen bitter-enttäuschenden Beigeschmack hinterlassen, wenn man merkt, dass das Rollenspiel etwas, das man gerne hätte, nicht leistet. Und das muss es nicht zu einem schlechten Spiel machen. Spaßgrenzen schließen nicht Spaß aus, sie begrenzen ihn nur. Und wenn man nie über diese grenze hinausspielen WILL, als Spieler, dann bemerkt man sie nichtmal. Aber für einige Spieler, und innerhalb der Systeme, sind sie eben grundsätzlich erstmal da.


--- Zitat ---Denn nicht alle Spieler wollen so etwas spielen.
--- Ende Zitat ---
Ja, aber wie gehabt: Es gibt viele, die erstmal die freien Spielpassagen der meisten Rollenspiele mögen.


--- Zitat --- Ich zum Beispiel hätte absolutes Nullinteresse dran und will Spiele haben, die mit einer gewissen Grundprämisse ins Feld ziehen - und genau die unterstützen und im Umkehrschluss auch sauber abgrenzen.  :)
--- Ende Zitat ---
Ich weiß nicht, ob das eine das andere ausschließt. Shadowrun z.b. gehört zu den Spielen, bei denen ich die Spaßgrenzen durch Spezialisierungsineschränkung als sehr sehr sehr weit weg beschreiben würde. Und trotzdem ist Shadowrun eins der Spiele, die auch mir positiv durch einen sehr interessanten Fokus auffallen.

Oder in abstrakt formuliert: Man muss ein Spiel nicht auf 5 Werte reduzieren, wenn man in einer düsteren Steam-Magic-Stadt okkulte Intrigen aufdecken will. Auch ein "Töpfern" Talent zerstört diesen Fokus nicht notwendig. (Was NICHT heißt, dass jedes Spiel, das diesen Spielstil verfolgt auch ein Töpfern-Attribut haben muss. Wir reden hier von Freiheiten, die den Fokus nicht notwendig einschränken. Und NICHT von Notwendigen Bedingungen für Spaß)


--- Zitat ---Okay, danke für die Erläuterung. Ich glaube aber nicht, dass das in den Spielen, die du auch als Beispiel für den Strategen nennst, wirklich gewollt ist (okay, sans DSA, da werde ich nie verstehen, was da die kohärente Spielprämisse sein soll).
--- Ende Zitat ---
Mag ja sein, dass es nicht gewollt ist. Aber ich empfinde das als Spaßgrenze.


--- Zitat ---Solche Charaktere gehören zu diesen Spielen nicht dazu. Weil die Spiele nicht dafür gemacht sind, Szenarien zu spielen, in denen so ein Charakter eine Rolle spielt.
--- Ende Zitat ---
Naja, also so kann man das ja jetzt auch nicht gerade sagen. Schließlich gibt es in beiden Systemen Regeln für Massenkämpfe, große Schlachten und Belagerungswaffen.


--- Zitat --- "Wir ziehen gemeinsam auf Abenteuer aus, besiegen Monster und finden Schätze" ist halt keine Prämisse, in der jemand seinen Platz findet, der weiß, wo er auf dem Schlachtfeld am besten seine leichte Kavallerie zu platzieren hat. Bei einem Spiel mit einer Prämisse, die so etwas unterstützt, würde ich deine Erwartungshaltung aber definitiv teilen.
--- Ende Zitat ---
Ja, wie gehabt. Es ist okay, wenn Spiele ganz generell einen Fokus setzen. Aber ich sehe nicht, wo DSA oder DnD unter einem Strategen "leiden" würden. Mal abgesehen davon, dass es den Entwicklungsaufwand hinsichtlich balancing etc intensivieren würde. Und ja, da beide Systeme durchaus am Spaßgrenzen-Symptom leiden, habe ich auch garkein PRoblem damit zu gestehen: Die Spiele haben einen Fokus, den sie wahrscheinlich gut setzen, aber den ich für spaßbegrenzend halte, und mir daher ein anderes System wünschen würde.


--- Zitat ---Ja, "Schwerter haben Aspekte" wäre eine sehr minimalistische Form davon. greift aber zu kurz. Wenn ich zum Beispiel ein Spiel mit Fate spielen möchte, dass von einer gewissen Form von Equipment-Porn lebt (hallo Shadowrun), dann sollten Ausrüstungsgegenstände Fertigkeiten, Stunts und von mir aus auch Aspekte haben. Gilt so auch für Mechas in einer Mechakampagne. Oder für Reiche im Baroniespiel und Schlachtenreihen für strategischen Kampf (um den Strategen von oben mal abzuholen).
--- Ende Zitat ---
Das finde ich grundsätzlich ja mega cool. Aber das bedeutet, dass Fate sagt: Ja, wir bieten diesen Grundmechanismus. Aber die ganzen einzelnen Aspekte und wie und wann sie relevant sind, das müsst ihr entscheiden liebe Spieler.
Das kann man mögen, und es kann gut funktionieren, wenn man enthusiastische und informierte Spieler hat. Aber im Endeffekt bedeutet es für viele Runden, dass man sich das Aventurische Arsenal aus den Fingern saugen muss, oder? Also es bietet erstmal genau das nicht: Viele Richtungen, in die ich meinen Charakter spielen kann. Sondern es bietet nur jene, für die ich mir die Mühe mache ein sehr umfangreiches Aspekte-Set auszudenken, für das ich mir Interaktions-Schemata aneigne.


--- Zitat ---Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass es hier auch nicht um "Rulings" handelt, die man eben mal schnell improvisiert (Das gibt es auch, das meine ich hier aber nicht). Sondern viel eher um Regelmodule, die man gezielt vorbereitet, um bestimmte Spielelemente hervor zu heben und mit mehr Mechanik zu unterstützen. PbtA hat mit den "Custom moves" (Ausgang einer bestimmten Situation durch einen Move beschreiben, auf den ein Spieler in aller Regel würfeln muss) ein ähnliches Konzept.
--- Ende Zitat ---
Ah okay. Danke! Das löst natürlich das Problem des "aus den Fingern saugens", aber nicht das des Outsourcings sämtlicher Content-Erstellung an die Spielgruppe.


Also ich gestehe zu: Fate und PbtA eröffnen einige Möglichkeiten, mit viel eigenständiger Arbeit an den Spaßgrenzen zu rütteln. Aber ich bin nicht davon überzeugt, dass damit eine "gute" Lösung (also eine bessere als bspw. DSA, DnD, Sawo etc) für das Spaßgrenzen-Problem gefunden ist. Ich würde nach wie vor behaupten, dass ein System, das explizit versucht die Spaßgrenzen möglichst weitläufig aus dem Weg zu räumen, für Menschen die "relativ freies, regel-unterstütztes, nicht-unbedingt-narrativen-prämissen-folgendes" Rollenspiel mögen, ein erfüllenderes Spielerlebnis bietet. Weil das Problem mit dem Vorhandensein von Spaß eigentlich garnicht erst gegeben ist (außer man will unbedingt genau diesen einen Spielstil, wie bspw. Meta-Regeln), die Frustrationsfallen aber aus dem Weg geräumt sind.

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