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Systembedingte Spaßgrenzen

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Maarzan:
Ich glaube das Problem hier ist, Rollenspiel als etwas einheitliches zu sehen.
(oder die Analyse muss abstrakter werden bezgl. Rollenspielregeln als Kommunikation/Anleitung statt an spezifischen Inhalten/Spielzielen orientiert.

Rollenspiel, welches deine geschmacklich individuellen Vorlieben gekonnt unterstützt macht Spaß.
Ein Spiel, welches dies handwerklich top umsetzt, aber für einen Spielstil, der dir* so gar nicht liegt, macht DIR dann keinen Spaß, einem anderen mit entsprechendem Geschmack dann schon. 

*abstraktes du/dir

duderino:

--- Zitat von: Maarzan am  3.07.2022 | 19:26 ---Ich glaube das Problem hier ist, Rollenspiel als etwas einheitliches zu sehen.
(oder die Analyse muss abstrakter werden bezgl. Rollenspielregeln als Kommunikation/Anleitung statt an spezifischen Inhalten/Spielzielen orientiert.

Rollenspiel, welches deine geschmacklich individuellen Vorlieben gekonnt unterstützt macht Spaß.
Ein Spiel, welches dies handwerklich top umsetzt, aber für einen Spielstil, der dir* so gar nicht liegt, macht DIR dann keinen Spaß, einem anderen mit entsprechendem Geschmack dann schon. 

*abstraktes du/dir

--- Ende Zitat ---

Okay, ich glaube nicht, aber lass uns das gerne mal ausdiskutieren, falls du Lust hast. Vorab: Ich bestreite nicht, dass es Menschen gibt, die Rollenspiel mit sehr engem Fokus mögen. Aber ich bezweifle, dass ich einfach nur der online-Lautstärke der Fate-Fans wegen behaupten muss, dass die obige Aussage nur mein ganz persönliches Qualitäts-Empfinden von Rollenspielen betrifft. Es wäre irrsinn, sämtliche Diskussionen über Qualitäten von Dingen nur noch auf Subjektivismus zu reduzieren, sobald es eine vehemente Gegenmeinung gibt. Aber zum Thema:

Verstehe ich dich richtig, dass du folgendem nicht zustimmen würdest?

(A) Es gibt sehr viele Rollenspieler, die Spaß daran haben, sich gemeinsam zu treffen und einen Abend lang "freie" Rollenspielszenen in einem Setting ihrer Wahl zu spielen. Dabei nehmen wir an, dass sie sich zwar auf ein System geeinigt haben, aber sich sicher sein können, dass es aus "magischen" Gründen keiner Regelanwendung bedarf. Und auch kein Handgewedel auftritt. Der Spielabend ergibt sich einfach so, dass Regeln nicht zur Geltung kommen.

ArneBab:
Hast du schonmal Gurps ausprobiert?


--- Zitat von: duderino am  3.07.2022 | 13:10 ---These 3: Manchmal wird der Einfluss von Regeln auf den Spielspaß als negativ wahrgenommen. Das passiert wenn:
1. Wenn sich die Breite der möglichen Optionen, durch welche ein Spieler seinen Charakter individualisieren kann, künstlich eingeschränkt wirkt.

--- Ende Zitat ---
Hier gibt es von Gurps so gut wie alles, und jede Option mit den anderen kompatibel.

--- Zitat ---2. Regelbereiche keine ausreichende Tiefe bei der Abbildung von Detail-Entscheidungen innerhalb einer Disziplin erlauben.

--- Ende Zitat ---
Das verstehe ich nicht völlig. Meinst du konkrete Herausforderungen, oder meinst du Charakterentwicklung?

Haukrinn:

--- Zitat von: duderino am  3.07.2022 | 19:01 ---Aber falls du im speziellen nur an narrativem Rollenspiel Spaß hast, will ich dich hier gar nicht vom Gegenteil überzeugen. Ich will nur sagen, dass es auch außerhalb der reinen Sim-Welt eine große Rollenspielszene gibt, die Spaß an essentiellen Rollenspiel-Phasen hat, in denen die Regeln das Spiel nicht, oder nur ganz marginal beeinflussen.

--- Ende Zitat ---

Dann verstehe ich das Problem aber nicht. Denn das "freie" Spiel wird ja durch die Regeln nicht beeinflusst. Also sind die Systemgrenzen da irrelevant. Ich habe vielmehr den Eindruck, du möchtest, dass Systeme Dinge zulassen, die nicht vorgesehen waren und ärgerst dich dann, dass sie daran kaputt gehen. Weil ihnen die entsprechende "Biegsamkeit" fehlt. Das zu verhindern ist ein legitimer Wunsch, aber ich sehe da nicht den Autoren in der Pflicht. Zumindest nicht den, der dir sagt, was für ein Spiel er da geschrieben hat und wofür du es verwenden sollst (was leider eher seltener passiert als es sollte, zugegeben).

Im Übrigen mag ich kein SIM, bin aber totaler Regelfan. Ich will Regeln. Ich will das man sich an die Regeln hält und die nicht ignoriert. Ich will nicht, dass man an existierenden geltenden Regeln herumschummelt oder die einfach weghandwedelt. Das ist für meinen Spielspaß immens wichtig.


--- Zitat von: duderino am  3.07.2022 | 19:01 ---Stellen an denen die meisten Rollenspielsysteme dann doch einen bitter-enttäuschenden Beigeschmack hinterlassen, wenn man merkt, dass das Rollenspiel etwas, das man gerne hätte, nicht leistet. Und das muss es nicht zu einem schlechten Spiel machen. Spaßgrenzen schließen nicht Spaß aus, sie begrenzen ihn nur. Und wenn man nie über diese grenze hinausspielen WILL, als Spieler, dann bemerkt man sie nichtmal. Aber für einige Spieler, und innerhalb der Systeme, sind sie eben grundsätzlich erstmal da.

--- Ende Zitat ---

Ja, das kenne ich. Das ist bei mir aber dann meist der Punkt, wo ich mich frage: Wollte ich eigentlich ein ganz anderes Spiel spielen? Dann gehe ich aus der Gruppe raus. Oder wollten vielleicht alle ein ganz anderes Spiel spielen - dann spielen wir wohl das falsche, machen da einen Haken dran und suchen nach etwas, was das "Zielspiel" besser bedient. Ich denke somit, dass das Problem hier eher ein soziales ist. Sei es das verbissene Festhalten einer Gruppe am dysfunktionalen Regelwerk ("wir haben aber immer DSA gespielt, also spielen wir jetzt auch die 30er-Jahre-Noir-Detective Story mit DSA!") oder sei es der Unwille oder die Unfähigkeit, sich selbst am Schlüppi zu packen und zu sagen "Sorry, ich sehe euch macht das hier voll Spaß, aber ich hab mir das anders vorgestellt".


--- Zitat von: duderino am  3.07.2022 | 19:01 ---Ich weiß nicht, ob das eine das andere ausschließt. Shadowrun z.b. gehört zu den Spielen, bei denen ich die Spaßgrenzen durch Spezialisierungsineschränkung als sehr sehr sehr weit weg beschreiben würde. Und trotzdem ist Shadowrun eins der Spiele, die auch mir positiv durch einen sehr interessanten Fokus auffallen.

--- Ende Zitat ---

Das finde ich sehr spannend, weil Shadowrun ja erst einmal davon ausgeht, dass die Spieler Runner spielen. Daran etwas zu drehen erfordert einiges an Aufwand (der sich lohnen kann und der vom Spiel dann abseits des Grundregelwerks auch bedient wird), aber man kann auch Combatbiker-Team spielen. Oder Enthüllungsjournalisten (wobei ich persönlich da schnell an die von dir beschriebene Grenze kommen würde - denn da fehlt dann plötzlich das System und es bleibt nur freies Spiel übrig). Problematisch wird es, wenn 3 Leute Shadowrunner spielen, einer den Trainer der lokalen Combatbikermannschaft und ein weiteres Spieler den Enthüllungsjournalisten. Ein weiterer Punkt, wo Shadowrun ganz klar Spaßgrenzen aufwirft (wenn auch eher am Spieltisch als im Regelwerk) ist, wenn Decker plötzlich keine Rolle mehr spielen, weil "das Matrix-Zeug ja das ganze Spiel bremst und sich der Rest dann langweilt". Dann doch lieber ein Spiel, in dem es eh keinen Decker gibt. Oder halt auch keinen Strategen, weil der dann Massenschlachten ausfechtet, während der Rest der Gruppe saufen geht oder so...


--- Zitat von: duderino am  3.07.2022 | 19:01 ---Mag ja sein, dass es nicht gewollt ist. Aber ich empfinde das als Spaßgrenze.

--- Ende Zitat ---

Mag ja sein, ich find's auch schade dass mein Kühlschrank keinen Kuchenteig rühren kann. Ein System ist ein Werkzeug um ein Ziel zu erreichen. Wenn das eigene Ziel mit diesem Ziel nicht kohärent ist, mag das enttäuschend sein, aber das ist keine Macke des Systems. Das System ist dann einfach nicht das richtige Werkzeug.


--- Zitat von: duderino am  3.07.2022 | 19:01 ---Naja, also so kann man das ja jetzt auch nicht gerade sagen. Schließlich gibt es in beiden Systemen Regeln für Massenkämpfe, große Schlachten und Belagerungswaffen.

--- Ende Zitat ---

Okay, aber wenn Quellenbände und Abenteuer das nicht bedienen, ist das nur die halbe Miete. Ja, politische Intrigen und Reichsverwaltung, das kann auch Pathfinder, es ist nur total kacke darin (da würde ich dir zum Beispiel total recht geben). Das sind bestenfalls Dreingaben, die aber nicht den Kern des Spiels ausmachen. Damit verkommen dann Charaktere, die diese Themen zentral bedienen sollen, automatisch auch zu Dreingaben.


--- Zitat von: duderino am  3.07.2022 | 19:01 ---Das finde ich grundsätzlich ja mega cool. Aber das bedeutet, dass Fate sagt: Ja, wir bieten diesen Grundmechanismus. Aber die ganzen einzelnen Aspekte und wie und wann sie relevant sind, das müsst Ah okay. Danke! Das löst natürlich das Problem des "aus den Fingern saugens", aber nicht das des Outsourcings sämtlicher Content-Erstellung an die Spielgruppe.

--- Ende Zitat ---

Doch. Die Regeln soll nämlich nicht die Gruppe definieren, wie schon gesagt, hier geht's nicht darum sowas "im Spiel" mal eben zu erschaffen. Damit kannst du als SL ganz alleine um die Ecke kommen. Oder das Material macht das auch schon von sich aus. Deswegen kommen ja viele Fate Worlds auch mit Sonderregeln, die du benutzen solltest, um die Besonderheiten des jeweiligen Spiels abzudecken.


--- Zitat von: duderino am  3.07.2022 | 19:01 ---Also ich gestehe zu: Fate und PbtA eröffnen einige Möglichkeiten, mit viel eigenständiger Arbeit an den Spaßgrenzen zu rütteln. Aber ich bin nicht davon überzeugt, dass damit eine "gute" Lösung (also eine bessere als bspw. DSA, DnD, Sawo etc) für das Spaßgrenzen-Problem gefunden ist. Ich würde nach wie vor behaupten, dass ein System, das explizit versucht die Spaßgrenzen möglichst weitläufig aus dem Weg zu räumen, für Menschen die "relativ freies, regel-unterstütztes, nicht-unbedingt-narrativen-prämissen-folgendes" Rollenspiel mögen, ein erfüllenderes Spielerlebnis bietet. Weil das Problem mit dem Vorhandensein von Spaß eigentlich garnicht erst gegeben ist (außer man will unbedingt genau diesen einen Spielstil, wie bspw. Meta-Regeln), die Frustrationsfallen aber aus dem Weg geräumt sind.

--- Ende Zitat ---

Dann wäre da natürlich noch einmal die interessante Frage: Wie sähe dieses Spiel aus? Wäre das ein hochmodularer Baukasten? Welche Hilfsmittel gäbe so ein Spiel an die Hand, um nicht nur die Möglichkeit der Optionalisierung zu enthalten (das kann ja GURPS zum Beispiel super), sondern auch dafür zu sorgen (und das halte ich für viel wichtiger), dass die Spaßgrenze sich nicht einfach ins konkrete Spiel am Spieltisch verlagert, wo dann mangels Inhalten plötzlich der Stratege oder das Face einfach deshalb keine Relevanz (und der Spieler damit keinen Spaß) hat, weil der Rest der Spielgruppe inkl. SL ihm nicht die Möglichkeit bietet, seinen Charakter und die zugehörigen Regeln wirklich zu nutzen.

duderino:

--- Zitat von: ArneBab am  3.07.2022 | 20:06 ---Hast du schonmal Gurps ausprobiert?

--- Ende Zitat ---
Ich habe in einige der Regelwerke mehrmals reingelesen. Es wird mir oft empfohlen, und ich verstehe warum. Die Regeln selbst begeistern mich immer nur so mittel. Aber ich denke mir dann immer: Ich sollte es mal probiespielen. Leider steht mein Freundeskreis so garnicht drauf, weshalb ich nie die Gelegenheit dazu hatte. Vielleicht sollte ich das mal forcieren.


--- Zitat ---Das verstehe ich nicht völlig. Meinst du konkrete Herausforderungen, oder meinst du Charakterentwicklung?

--- Ende Zitat ---
Sowohl alsauch. Also Beispiel DSA: Du kannst 10.000 AP in Nahkampf investieren, und wirst immernoch interessante Herausforderungen finden, Möglichkeiten haben dich anhand deiner Fertigkeiten für bestimmte Risiken zu entscheiden, dich mit anderen Kämpfern sinnvoll koordinieren können etc. Also du kannst deine Kampfkompetenz im Spiel auf eine ausreichend gut repräsentierte Art ausleben, ohne es nur auf "denk dir eine bunte FLAVOR-ONLY-Beschreibung aus" zu reduzieren.
Gleiches gilt für Hacking in Shadowrun, eingeschränkt auch für Magie in Sawo, oder für die Königreich-Verwaltungs-Talente in ASoIaF. Ich denke man kann sogar sagen, dass es in BitD für Schleichen gilt.
Es gilt sehr häufig nicht für Survival oder Entertainment etc. Da ist man eben Entertainer oder nicht, und wenn man entertaint, dann entertaint man mit 1D20+18 und dann schafft man es sowieso und darf in 3 Sätzen erklären, wie schön das Lied ist, und dann wars halt ne gelungene Probe. Next. Dabei könnte man für sowohl Survival alsauch Entertainment, oder auch Wissenstalente theoretisch interaktionsreichere Repräsentationen schaffen. Also keine "Minigames, die man gut spielen können muss. Sondern "Regeln für Dinge, die man lösen muss, während man forscht/survivaled/entertained". Dazu kann z.b. die Stimmung des Publikums analysieren gehören. Für Pathfinder gab es Regeln zum "nach und nach erkunden von Terrain", und es gibt bestimmt auch Systeme, in denen man zwischen Forschungs-Würfen inspirierende Situationen aufsuchen muss, die diesen Gedanken, der zur Lösung des Problems führt entfachen.

Und das muss auch nicht alles immer mega tief verregelt sein. Es muss eben nur dafür sorgen, dass ein Spieler, der sich aufs Barde-Sein spezialisiert, etwas interessantes damit tun kann, das über triviale Probe-Würfe hinausgeht.

Natürlich könnte man die Last dafür auf den Spielleiter verfrachten und sagen "der muss die Proben halt interessanter/relevanter/variationsreicher machen". Aber ich würde dagegenhalten: Warum nicht einfach ein System, das ein bisschen mehr Tiefe bietet, was für viele andere Bereiche (Kampf, Hacking, Heilkunde, Magie) die Lösung des Problems war.

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