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Gedanken: Die nachlassende Lust, etwas beizutragen
Jens:
--- Zitat von: Rumpel am 20.02.2023 | 23:11 ---Es ist völlig okay, diese Rückmeldungen zu wollen und zu brauchen und ein Gleichgewicht zwischen diesem Bedürfnis und dem, was man gerne machen will, zu suchen. Es ist auch keine Schwäche, sondern einfach eine bestimmte Art, als Mensch ein soziales Tier zu sein.
Wenn ich mir klar mache, dass ich kein schlechtes Gewissen haben muss, wenn ich alle paar Wochen mal die Titel meiner veröffentlichten Abenteuer google, in der Hoffnung, dass irgendwie sie irgendwo kommentiert hat, ist für mich schon mal viel gewonnen ...
--- Ende Zitat ---
Na klar, aber es ist enorm gut, ein Rüstzeug zu haben, damit umgehen zu können, wenn negative Kritik oder auch gar kein Feedback kommt. Denn wenn man sucht, wird einem das eine oder andere davon auf jeden Fall begegnen. Ein positiver Rückhalt hilft dabei sehr, kann aber nicht greifen, wenn man sich irgendwo auf diese negativen Stimmen oder fehlendes / zu geringes Feedback konzentriert. Darunter leiden auch viele Künstler.
Was man dagegen tut? Wenn ich das wüsste...
Jens:
--- Zitat von: Runenstahl am 20.02.2023 | 23:52 ---Ich habe allerdings keine Ahnung wie Aufwendig eine derartige Funktion überhaupt in der Implementierung ist. Und vielleicht gibt es ja auch einen Grund warum wir sowas im Tanelorn nicht haben ?
--- Ende Zitat ---
Mega aufwändig, absolut keine Chance, das irgendwie umzusetzen ;D Nee, es gibt Mods, die das leisten, da müsste wahrscheinlich etwas am Code angepasst werden, weil das Forum dann doch etwas außerhalb der Norm gemoddet wurde, aber das muss von der Redax und den Admins initiiert werden. Dann müsste es auch mal getestet werden. Und dann, wenn das erfolgreich war, könnte es hier eines Tages sein.
Diesem Beitrag kann man leider keinen Daumen nach oben geben ;D
Der Oger (Im Exil):
Ich persönlich sehe es so:
Ich sehe Dinge wie Schreiben und Spielleitung als Handwerk an, für das Talent zwar von Vorteil ist, viel wichtiger ist aber Übung, Erfahrung, Rückmeldung, und ein Ziel, auf das man irgendwie hinarbeitet.
Es kann von daher ein Selbstzweck sein. Ein Zeitvertreib, ein Coping-Mechanismus, ein Training.
Ein Grund, es öffentlich zu tun, ist es, sich negatives oder positives Feedback abzuholen (James N Frey empfiehlt in "Wie man einen verdammt guten Roman schreibt", sich vor allem auch die negative Kritik von anderen Autoren anzuhören und dann Verbesserungen vorzunehmen, während Lob natürlich auch Energie bringt) - aber es wegen des Feedbacks allein zu tun, ist vielleicht dürftig.
Ein anderes Ziel ist es, zu inspirieren und sich selbst inspirieren zu lassen - und so durch gemeinsame, ansteckende Produktivität immer neue Dinge hervorzubringen. Welten zu erweitern, oder neue zu erschaffen.
Exkurs:
Ich glaube, viele oder die meisten Systeme wollen das gar nicht mehr.
Sie wollen, das wir konsumieren.
Keine unbequemen Fragen stellen.
Artwork und Prosa über Handwerk stellen.
Nicht mehr: Jeder SL erschafft seine eigene Welt, sondern alle SL verwenden eine bereits erschaffene Welt.
Oder: Keine Welten mehr erschaffen und diese zu kennen, sondern lineare Pfade, weil dies einfacher und schneller zu meistern ist.
Einfacher zu konsumieren.
Exkurs Ende.
Jiba:
--- Zitat von: Der Oger (Im Exil) am 21.02.2023 | 00:09 ---Exkurs:
Ich glaube, viele oder die meisten Systeme wollen das gar nicht mehr.
Sie wollen, das wir konsumieren.
Keine unbequemen Fragen stellen.
Artwork und Prosa über Handwerk stellen.
Nicht mehr: Jeder SL erschafft seine eigene Welt, sondern alle SL verwenden eine bereits erschaffene Welt.
Oder: Keine Welten mehr erschaffen und diese zu kennen, sondern lineare Pfade, weil dies einfacher und schneller zu meistern ist.
Einfacher zu konsumieren.
Exkurs Ende.
--- Ende Zitat ---
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)Mein Tipp: Schau auf itch.io und auf The Gateway vorbei.
Für die großen Verlage mag das stimmen (wobei selbst die ja den Wert von "User-Generated Content" erkannt haben und Platformen zur Veröffentlichung dafür anbieten.)
Es gibt mehr Regelengines mit expliziter Lizenz und Aufforderung, sie für eigene Setting- und Spielkreationen zu nutzen, als jemals zuvor, würde ich sagen.
Für die OSR-Szene kann ich nicht sprechen, aber die Indieszene ist so fruchtbar wie lange nicht.
Weltengeist:
Ich danke an dieser Stelle mal allen für ihre Beiträge, gerade auch für die aufmunternden (auch die, die mich per PM erreicht haben).
Aber noch einmal: Genau genommen ging es mir hier nicht um Aufmunterung, der Thread soll kein Fishing for Compliments sein. Es ging mir vielmehr darum, dass wenn ich da schon ein Problem habe (ich bin emotional eigentlich einigermaßen robust, ich kriege meine Kicks woanders her, und ich bin auch null darauf angewiesen, ob jemand meinen Kram liest oder nicht), dann haben vermutlich viele andere erst recht eins.
Es ging mir um Überlegungen, wie sie felixs oder Runenstahl angeschnitten haben: Wie müsste sich eine Community, wie müsste sich ein Tanelorn verändern, damit sich die, die im Grunde bereit und in der Lage wären, etwas beizutragen, dazu auch motiviert sehen? Es geht mir um das, was Rumpel schreibt: Was macht das mit den Kreativen, wie beeinflusst es das, was wir überhaupt noch zu sehen kriegen?
Es ging mir um Überlegungen, wie sie zumindest am Rande beim Oger anklingen: Haben wir mit dem immer weiter voranschreitenden Perfektionismus wirklich etwas Inhaltliches gewonnen, oder haben wir einfach nur die Oberfläche auf Hochglanz poliert und dabei ganz viel verloren? Wenn ich mal das Beispiel Filme nehme, dann stammen viele der Ideen, die noch heute begeistert verfilmt werden, aus den 80er Jahren. Warum? Weil Filme damals noch billig waren und sein durften. Man konnte etwas probieren, es durfte auch schiefgehen. Und heute? Ein einziger Blockbuster heutzutage kostet jenseits der 100 Millionen Euro, wenn der floppt, ist das Filmstudio hinüber. Scheitern ausgeschlossen, experimentieren auch. Also wird nur noch die immer gleiche Soße (dafür aber in immer teurerer Aufmachung und mit immer mehr Special Effects) rausgehauen, möglichst als Prequel oder Sequel oder Spin-Off oder Remake von etwas aus den 80ern...
Aufs Rollenspiel übertragen sehen wir gefühlt das gleiche. Bei einem DSA1 oder D&D1 hat keiner von Hardcover-Büchern, Lesebändchen, Vollfarbgrafiken, Stoffkarten oder was auch immer geredet. Das waren billige Pappschachteln mit billigen Heftchen und billigen Würfeln drin. Und ja, die hatten auch (sehr) offensichtliche inhaltiche Mängel. Aber sie waren neu und geil und mutig und wir hatten jede Menge Spaß damit. Haben wir heute mehr Spaß, weil die Sachen viermal so teuer sind, tolle Computergrafiken außen und innen haben und weil alles, was nicht das Niveau der Gareth-Box erreicht, von der Kritik verrissen wird?
Ich denke, diese Punkte - das allgegenwärtige Vergleichen und Benörgeln und der immer weiter voranschreitende Perfektionismus ohne echten inneren Gewinn - hängen zusammen. Wenn jemand heute einen Film wie Disney's Dschungelbuch oder wie Star Wars: A New Hope machen würde, würde er von den Kritikern als Rotz, Dreck, Scheiße, Zeitverschwendung und Frechheit bezeichnet. Ist das wirklich so? Muss das so sein? Muss das im Rollenspiel so sein? Oder ist das ein Hamsterrad, das einfach nur dafür sorgt, dass viele wirklich kreative Leute gar nichts mehr produzieren können, weil sie (1) kein vielköpfiges Team um sich haben, das alle Äußerlichkeiten von Grafik über Lektorat und rechtliche Fragen bis Social Media perfektioniert und weil sie (2) auch nicht die Resilienz haben, sich von den Nörglern auf die Fresse hauen zu lassen, ohne dafür von den Zufriedenen je ein Wort zu hören?
Ich nehme mich da selbst gar nicht aus. Ich bin auch durch coole Grafiken zu triggern oder durch solche, die ich nicht mag, abzuschrecken. Ich mag es auch groß und episch und sprachlich perfekt und und und. Und auch wenn ich mich tatsächlich bemühe, auch regelmäßig zu loben und nicht nur zu meckern, gelingt mir das nicht immer.
Und - auch das macht mich nachdenklich - ich bin genau wie Nico im oben von CAA verlinkten Orkenspalter-Video in einer Sandwich-Position: einerseits produziere ich hier und da mal Content (und ärgere mich dann über fehlende oder unsachliche Reaktionen), andererseits schreibe ich ja auch Rezensionen (und liefere damit Reaktionen, die andere - besonders die Beteiligten - als negativ und unsachlich empfinden mögen). Bisher habe ich das als Dienst an der Community empfunden, aber manchmal kommen mir Zweifel, weil ich damit natürlich auch genau den Perfektionismus zementiere, den ich oben kritisiert habe...
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