Medien & Phantastik > Lesen
Reading Challenge 2024
Chronist:
#7 Hilary Mantel: „Spiegel und Licht“ 5/5
Ich bin endlich dazu gekommen, den 3. Band ihrer Reihe über Thomas Cromwell zu lesen. Cromwell, aus einfachen Verhältnissen stammend, ist auf dem Höhepunkt seiner Macht angelangt: Schatzkanzler und königlicher Sekretär Heinrich VIII., zum Baron und schliesslich Earl ernannt. Europäische Politik und Intrigen, der Kampf um ein modernes England (aus damaliger Sicht), die Reformation, Kirchenpolitik und noch mehr Frauen für seinen König - eine spannende Karriere.
Dieser Band hat mehr Krisen als früher zum Thema, ist aber ebenso spannend und weiterhin brillant geschrieben. Der letzte Satz aus dem Klappentext trifft es ganz gut: „Was wird Cromwell tun, wenn sich der König gegen ihn wendet, so wie er sich unweigerlich gegen jeden seiner Vertrauten wendet?“
Niniane:
8. Alexander Hartung – Gehe mit den Toten
Nach Jan Tommen, Nik Pohl und Alina Grimm schickt Alexander Hartung mit Lara Plank eine weitere Ermittlerin ins Feld. Lara ist Kommissarin bei der Kripo in Frankfurt und gerät bei den Ermittlungen nach der Ermordung des Industriellen Döring zwischen die Fronten, als eine Zeugin sie beschuldigt. Natürlich ermittelt Lara auf eigene Faust weiter, unterstützt von ihrem ehemaligen Kollegen Simon sowie ihrem Ex-Freund Daniel, einem Zeitungsjournalisten (und der blasseste Charakter in der Geschichte, mir hätten Lara und Simon gereicht).
Der Fall selbst ist an manchen Stellen harter Tobak, aber wie auch bei anderen Büchern sind die Beschreibungen der Taten nicht ausufernd, statt sich in blutige Beschreibungen zu ergehen, wird hier nur kurz angerissen, was passiert ist, und dann gecuttet. Der eigentliche Täter hat mich echt überrascht, und das gehört ja mit zum Krimi, das Raten, wer es denn letztlich war.
Ein spannender Krimi, der mir wieder mal die morgendliche Dienstreise im ICE verkürzt hat dank E-Book-Vorbestellung :)
9. Kerstin Gier – Vergissmeinnicht: Was bisher verloren war (Band 2)
Ich meide ja solche „Unnahbarer Typ trifft toughes Mädchen“-Bücher normalerweise wie der Teufel das Weihwasser. Aber der erste Band war bei Kindle Unlimited und las sich sehr witzig, weil das toughe Mädchen auch tough bleibt und der unnahbare Typ sehr schnell sehr nahbar wird. Das Prinziep „Den ersten Band umsonst rausgeben“ hat hier wunderbar funktioniert, den zweiten habe ich gleich nach Abschluss hinterher gekauft.
Die Geschichte von Mathilda und Quinn geht erstmal mit einem Downer los, aber das Tempo bleibt hoch, es gibt eine Menge sehr lustige Stellen, liebevoll ausgearbeitete diverse Nebencharaktere und einen Cliffhanger, bei dem Netflix vor Neid erblassen würde.
10. Kerstin Gier – Die Mütter-Mafia (Teil 1)
Constanze wird von ihrem untreuen Ehemann mit ihren beiden Kindern in das alte Haus seiner verstorbenen Großtante abgeschoben und findet sich plötzlich in einer Villengegend voller Frauen, die vom Geld ihrer Männer leben und spießigen Nachbarn wieder. Damit sie nicht auffällt, tut sie so, als wäre sie ebenfalls eine dieser erfolgreichen Frauen, was ihr aber so gar nicht gelingen will. Dafür lässt sie dann mit ihren neugewonnenen Freundinnen die Super-Mamis gehörig auflaufen.
Das Buch ist keine hohe Kunst und strotzt an manchen Stellen nur so vor Klischees, aber es ist unterhaltsam geschrieben und Constanze wächst einem mit jeder Seite mehr ans Herz (während man ihren Ex-Mann gerne zum Teufel jagen möchte).
11. Kerstin Gier – Silber. Das erste Buch der Träume
Ja, die Bücher von Frau Gier gibt es größtenteils als Teaser bei Kindle Unlimited, aber mir gefällt auch ihr Schreibstil so grundsätzlich.
Vom Aufbau her ist „Silber“ recht ähnlich zu „Vergissmeinnicht“, auch Liv Silber ist ein toughes Mädchen, das sich in einen coolen Typen verguckt, nämlich Henry, den Freund ihres Demnächst-Stiefbruders Grayson.
Während Quinn einem gleich sympathisch ist (was vermutlich auch daran liegt, dass er ein PoV-Charakter ist), wird Henry aber kein Sympathieträger, ich hatte längere Strecken das Gefühl, dass er eigentlich ein falsches Spiel mit Liv treibt und damit wieder diesen furchtbaren Trope bedient. Aber zumindest in Band 1 ist er nicht der Bösewicht, der entpuppt sich nach einem gekonnten Twist als eine gänzlich andere Person.
Auch wenn „Silber. Das erste Buch der Träume“ durchaus spannend ist, im Gegensatz zu „Vergissmeinnicht“ wollte ich hier nicht unbedingt weiterlesen, irgendetwas hat mir gefehlt.
„Silber“ wurde übrigens von Amazon Prime verfilmt, ich habe es mir aber noch nicht angesehen.
12. V. E. Schwab – Das unsichtbare Leben der Addie LaRue
Ich mag Bücher, die im Präsens geschrieben sind, so gar nicht. Aber nachdem ich letztes Jahr positiv überrascht wurde, lese ich sie zumindest mal an, und gerade bei diesem Buch ist die Zeitform meiner Meinung nach das Tüpfelchen auf dem I. Empfohlen wurde es in einem Podcast, den ich sehr mag, „2old2dieyoung“, ein Podcast, in dem es um queere Medien und Medienschaffende geht.
Aber worum geht es? Die junge Französin Adeline – genannt Addie – hat mit einer dunklen Wesenheit (er wird nie Teufel genannt, es ist aber recht offensichtlich, dass es sich um einen solchen handelt, allerdings ohne den christlich-mythologischen Unterbau) einen Pakt geschlossen, weil sie ihrer Zwangsverheiratung und dem daraus resultierenden Dorfleben ohne Höhen entgehen will. Der Preis für ihre Freiheit ist hart: Niemand erinnert sich in Zukunft an sie, sie kann nichts behalten oder erschaffen. So lebt sie durch die Jahrhunderte und dient immer wieder Künstler:innen und Schrifsteller:innen als Muse, ist aber auch entsetzlich einsam.
Dann trifft sie eines Tages Henry, und wie durch ein Wunder weiß er am nächsten Tag noch, wer sie ist und sie schöpft zum ersten Mal Hoffnung, bis sie erfährt, warum Henry sich an sie erinnern kann.
Ich gestehe, ich gehöre zu den Menschen, die bei Büchern gerne mal ans Ende blättern (dieses Jahr musste ich das öfter tun, dazu später mehr), aber bei E-Books ist das schwer. Dieses Buch war das erste E-Book, wo ich nachgucken musste, ob es Anzeichen auf ein Happy End gibt, weil das Buch einen auf eine dermaßen krasse emotionale Achterbahnfahrt mitnimmt, dass man am Ende erstmal tief durchatmet. Nichtsdestotrotz eine Leseempfehlung meinerseits und eine generelle Empfehlung für die Autorin.
Chronist:
#8 Thomas D. Lee: „Die alte Garde“ 4/5
Seit Jahrhunderten ruhen die Ritter der Tafelrunde unter den Hügeln des alten Britannien und erwachen immer wieder, um das Land aus großer Gefahr zu retten. So war es jedenfalls mal gedacht. Also kämpfen und sterben sie in Konflikten aller Art, mal mehr und mal weniger ehrenhaft. Als Kay diesmal erwacht, ist der Klimawandel Realität, sind die Flüsse vergiftet, die Wälder abgeholzt und die Regierung und das Militär privatisiert. Politische Splittergruppen bekämpfen lieber einander als die Probleme anzugehen (durchaus realistisch dargestellt und witzig zugleich!) und natürlich ist die eigene Überzeugung die einzig richtige. Verdammt, was tun? Diesmal Artus aus Avalon zurückholen?
Schönes Spiel mit dem Artus-Mythos, britischen Legenden und uralten Göttern vor dem Hintergrund des von Menschen verursachten Untergangs - in vielleicht gar nicht mehr so ferner Zukunft. Ich war skeptisch, aber die Mischung funktioniert.
Weltengeist:
--- Zitat von: Sard am 20.04.2024 | 12:17 ---#13 Teufelsgold von Andreas Eschbach
Was soll ich sagen? Ich kenne viele gute Bücher von Eschbach, aber hier hat es sich gezogen und war, höflich formuliert, "wirr und weird". Für mich in weiten Teilen an der Grenze des noch Erträglichen: entweder belanglos oder völlig überzogen und unglaubwürdig. Nur wenige Teile der Schilderungen waren gut lesbar. Da ich allerdings schon bis zur Hälfte durch war, als es "nur noch genervt hat", habe ich es (unter Mühen) durchgezogen.
EDIT: War der Wechsel von der Hier-Zeit ins Mittelalter anfangs noch interessant, so wurden die einzelen Sequenzen zunehmend unglaubwürdiger und "angestrengt mystisch".
Vernichtete Zeit.
03 von 15 Punkte.
--- Ende Zitat ---
Zwischenstand: Bin jetzt auf Seite 180, es geht eher zäh voran. Was mich am meisten wundert: Auf der Titelseite steht "Thriller" - sollte dann nicht auf 180 Seiten mal irgendwas, einfach irgendwas passiert sein, was auch mal spannend ist? Bisher ist es eine seltsam behäbige Entwicklungsgeschichte mit einem für mich nicht sonderlich überzeugend gezeichneten Protagonisten und einigen mythischen Andeutungen, aber "Thriller"? Nö.
Weltengeist:
Hier ist meine Ausbeute vom April. Es gilt mal wieder: Kurze Bücher sind hilfreich, wenn die Lesebilanz am Ende gut aussehen soll, aber in Wahrheit ist das natürlich geschummelt (und auch nicht der Sinn der Sache).
* Gil Ribeiro - Lost in Fuseta. Ein Krimi mit einem autistischen Kommissar in der Hauptrolle, den es nach Portugal verschlagen hat und der jetzt mit seinen sehr südeuropäisch tickenden Kollegen klarkommen muss. Leseempfehlung eines Kollegen. Für meinen Geschmack fing es zu langsam und vor allem zu klischeebeladen an, wurde dann aber gegen Ende deutlich besser, so dass ich nicht ausschließen würde, den nächsten Band auch irgendwann zu lesen.
3,5 von 5 Sternen
* Benjamin Ho - Why Trust Matters. Das Buch passt einfach perfekt zu meinem derzeitigen Arbeitsschwerpunkt und ist außerdem noch sehr unterhaltsam geschrieben. Was will man mehr?
5 von 5 Sternen
* Felix Heidenreich - Der Diener des Philosophen. Das Buch über Immanuel Kants langjährigen Diener Martin Lampe (und letztlich natürlich auch über Kant selbst) war ja in letzter Zeit der Liebling des Feuilletons. Für mich selbst hat es so mittel funktioniert - zum einen, weil ich fand, dass die interessante Idee nicht wirklich zu Ende umgesetzt wurde (aber vielleicht bin ich auch nur nicht so helle wie andere Leser?), zum anderen weil es mich irgendwie immer nervös macht, wenn jemand fiktive Geschichten über reale Personen schreibt und ich nicht weiß, was jetzt real und was Fiktion ist.
3 von 5 Sternen
* Alan Burt Akers - Transit nach Scorpio (Dray Prescott 1). Daran ist natürlich der Sard mit seinem Beitrag von Anfang April Schuld - er hat mich neugierig gemacht, und ich dachte, ich schließe mal eine Bildungslücke. Mein Eindruck: Furchtbar schlecht geschrieben, mit schlechter Charakterzeichnung, schlechtem Spannungsbogen, schlechten szenischen Beschreibungen. Dass die Bücher so erfolgreich wurden, kann ich mir eigentlich nur über das Worldbuilding erklären, das wirklich cool ist. Wenn nur die dämlichen ständigen Rücksprünge auf die Erde nicht wären, die haben mich wirklich hardcore genervt.
2 von 5 Sternen
Ach ja, ein Buch habe ich auch abgebrochen diesen Monat:
* Nicholas Christakis, James Fowler - Connected. Ein Buch über die sozialen Netzwerke, die uns verbinden, und somit eigentlich sehr passend für meinen derzeitigen Arbeitsschwerpunkt. Aber irgendwie gibt es ja zwei Arten von Sachbüchern: Die, die einen Gedanken aus einfachen Anfängen immer weiterentwickeln und den Leser dabei mitnehmen. Und die, die den gleichen Gedanken immer und immer wiederholen und mit immer neuen Anekdoten und Studien unterfüttern. Dieses Buch gehört zu letzterer Kategorie, und irgendwann habe ich es dann nicht mehr ausgehalten. Was jetzt nicht heißt, dass ich es nicht vielleicht irgendwann weiterlese, aber jetzt war erstmal gut.
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