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Alte Kampagne nach 20 Jahren Rollenspielpause fortführen

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klatschi:
Sehr schön, die letzten beiden Posts zu lesen.

Erstens: vorbereiten macht Spaß. Manchmal. Immer wieder, manchmal öfter. 20 Stunden in eine 6 Stunden Session zu stecken mag jetzt erst mal übertrieben wirken, aber da wurden auch Minis gemalt, coole Stories erfunden und kreative Energie freigesetzt. Ich sehe die Vorbereitung eines Spielabends nicht nur als Arbeit für den Spielabend, sondern auch einfach als Teil des Hobbys, den Spielende in dieser Form nie erfahren können. Ist doch geil, das ist etwas ganz speziell an der GM Rolle, zumindest beim klassischen  Rollenspiel wie ich es halt präferiere. Ich mag das sehr gern und so kann ich einfach nochmal mehr Zeit mit meinem Hobby verbringen.

Sehr spannend auch zu sehen, wie es dir ging, und dass dich das Rollenspiel aus den alltäglichen Sorgen und Problemen auch eine Weile rausreißen konnte. Auch wenn die Stimmung sicherlich eine andere ist, wenn man gestresst in den Spielraum geht.

Auch schön zu sehen, wie unterschiedlich die Spieltypen sind und was sie wollen. Ich habe ebenfalls einen Spieler, der will das einfach nicht, dass er im Mittelpunkt steht. Er spielt immer einen Kämpfer, er spielt immer jemanden, der nicht sozial aktiv ist (er traut sich den rollenspielerischen Aspekt bei sozialen Szenen nur wenig zu), und er hat auch sehr viel Freude daran, einfach mal einen Abend lang viel zuzuhören. Sprich: Rollenspiel gibt allen Tilnehmenden was unterschiedliches und es vollkommen okay, wenn diese verschiedenen Typen in einer Gruppe gemischt sind (vielleicht ist es sogar manchmal besser…). Von daher bin ich der Meinung: es gibt gar nicht den goldenen Weg, wie auch irgendwelche Möchtegern Wissenden das gerne dann taufen, sondern es muss einfach eine Mischung sein, aus der sich jeder das rausziehen kann, was er gerne hätte.

Am coolsten aber finde ich diese Erkenntnis: der Abend war spannend, obwohl oder weil der TPK drohte. Wenn ich als Spieler sicher bin, dass mir nichts passieren kann, wird sich ein Spiel immer anders anfühlen. Besonders spannend ist es, wenn ich merke, dass meine eigenen dummen Entscheidungen sind, die dafür sorgen, dass gerade alles den Bach runtergeht. Den diese Ebene und Freiheit zu scheitern, wenn man kompletten Mist baut, hat man nicht in vielen Spielformen, zumindest nicht in dieser Ergebnisoffenheit, beim Rollenspiel.
Ich habe da bei meiner Gruppe schon alle Phasen der Trauer erlebt (gerne wird dann die Schuld erst einmal dem GM zugeschoben), ich bin aber immer wieder glücklich, dass ich ein paar Spieler hab, die so reflektiert sind und feststellen: das haben wir einfach Scheiße gespielt und alle Warnungen ignoriert.
Ich bin also ein Freund davon, wenn es dann auch mal ein bisschen den Bach runtergeht, das erinnert mich an eine Szene bei uns, in der die Helden die Mission vollkommen ignoriert haben, um Schätze zu sammeln. Sie sind in ihren Untergang gelaufen, und ein Spieler meinte dann: irgendwie weiß ich jetzt, wie sich die Conquistadoren im Dschungel gefühlt haben müssen, wenn sie nach Eldorado gesucht haben. Und so ist es sicherlich auch viel realistischer: ein Großteil der Helden landet tot auf irgendeinem Speer einer Rot Kappe, die gerade einen Crit gewürfelt hat.
Spannung im Rollenspiel heißt für mich persönlich auch, das Charaktere sterblich sind. Nicht nur NPCs, dass wird ja immer mal wieder gerne gemacht, sondern dass jedes Mal, wenn ein Spielercharakter auf die Matte tritt, es sein kann, dass er die Fresse poliert bekommt. Das hat aber auch eine Gefahr bei epischen Kampagnen: wie gehen wir dann damit um, wenn story arcs so eng mit einzelnen Charakteren verwoben sind? Bei meiner vsD Gruppe beispielsweise ist es so: wenn zwei der drei SC sterben, brauchen wir die Kampagne eigentlich nicht weitermachen, das würde nicht zur bisherigen story passen.

Namo:
Schöne Ausführungen, die meine Empfindungen gut reflektieren und auch die Thematik weiter vertiefen. Du beschreibst da einige Themen, denen ich mich bisher nicht wirklich konfrontiert sah. Und die kamen dann doch recht plötzlich auf den Tisch. Als hätte man sich bildlich gesprochen auch einfach mal an eine andere Position am Tisch gesetzt. Ein Spieler hat in der Folge auch geschrieben, dass er bei dem Kampf den Tod seines Charakters in Kauf genommen hätte, auch wenn er das sehr schade gefunden hätte. Aber das auch sehr, sehr schade gefunden hätte. Das Stimmungsbild war also auch auf Spielerseite ähnlich. Und vermutlich hat diese Nahtoderfahrung aber letztlich auch zu diesem "das war ein toller Abend" Gefühl geführt. Ich finde es schon schwer so eine Kulisse aufzubauen, aus der die Spieler nur deswegen glücklich heraus kommen weil sie einfach nur überlebt haben. Dieses Gefühl generiert sich imho nicht so oft.

Zu dem Punkt Vorbereitung hast du selbstverständlich absolut recht. Die ganze Vorbereitung ist ja als SL ein teil des Spaßes. Das ist der eigentliche Hauptteil des kreativen Prozesses. Und wenn das ganze Gebilde dann am Abend auch wirklich zum Leben erwacht und sich authentisch anfühlt ist das toll. Schade ist es aber dennoch, wenn man diese Zeit eben kaum hat oder das Gefühl hat, hierfür andere quality time zu opfern. Das jonglieren ist nach wie vor ein großes Problem für mich. Das ist ja fast schon wie eine zweite Arbeitsstelle  :think: Solche Gedanken kommen dann schon manchmal. Da ist dann schon der Vergleich zur Jugend, als das noch recht schwerelos und Hobby war. Ansonsten hätte man ja nichts besseres gemacht. Jetzt schneide ich dadurch immer Zeit ab. Vielleicht Zeit für die Kinder, Zeit für Freunde, Zeit für den Ehepartner oder einfach Zeit für mich. Aber da es so viel Spaß macht und auch inzwischen wieder mein Nummer 1 Hobby ist und mir auch sehr viel zurück gibt, ist es einfach die Aufgabe die rote Linie zu finden. Wann ist es zu viel. Und bei dem Abenteuer ist es echt etwas eskaliert, da bei dem ganzen Schöpfungsprozess immer neue Details und Ideen hinzu gekommen sind. Von daher war das aber wirklich wieder eine wertvolle Erfahrung. So habe ich wirklich mal einen bestehenden Dungeon für meine Zwecke ausgeschlachtet und weiter entwickelt. Jetzt weiß ich für die Zukunft ein wenig besser damit umzugehen.

Umgekehrt sorgen die Einflüsse (ich meine hier fremdes Material übernehmen und einarbeiten) aber auch immer dafür, dass zu meiner gewohnten SL Art eben Dinge hinzu kommen, die ich selbst so nicht eingebracht hätte. Dadurch werden meine Abenteuer um Facetten ergänzt die ich nicht habe und das kommt dann auch wieder der Abwechslung und den Spielern zu Gute. Ich habe seit unserem Relaunch zumindest nicht das Gefühl, dass wir nach jetzt 18 Abenden schon irgendwie in einer 0815 Standardroutine gelandet wären.

klatschi:

--- Zitat von: Namo am 25.08.2025 | 12:37 ---Zu dem Punkt Vorbereitung hast du selbstverständlich absolut recht. Die ganze Vorbereitung ist ja als SL ein teil des Spaßes. Das ist der eigentliche Hauptteil des kreativen Prozesses. Und wenn das ganze Gebilde dann am Abend auch wirklich zum Leben erwacht und sich authentisch anfühlt ist das toll. Schade ist es aber dennoch, wenn man diese Zeit eben kaum hat oder das Gefühl hat, hierfür andere quality time zu opfern. Das jonglieren ist nach wie vor ein großes Problem für mich. Das ist ja fast schon wie eine zweite Arbeitsstelle  :think: Solche Gedanken kommen dann schon manchmal. Da ist dann schon der Vergleich zur Jugend, als das noch recht schwerelos und Hobby war. Ansonsten hätte man ja nichts besseres gemacht. Jetzt schneide ich dadurch immer Zeit ab. Vielleicht Zeit für die Kinder, Zeit für Freunde, Zeit für den Ehepartner oder einfach Zeit für mich. Aber da es so viel Spaß macht und auch inzwischen wieder mein Nummer 1 Hobby ist und mir auch sehr viel zurück gibt, ist es einfach die Aufgabe die rote Linie zu finden. Wann ist es zu viel. Und bei dem Abenteuer ist es echt etwas eskaliert, da bei dem ganzen Schöpfungsprozess immer neue Details und Ideen hinzu gekommen sind. Von daher war das aber wirklich wieder eine wertvolle Erfahrung. So habe ich wirklich mal einen bestehenden Dungeon für meine Zwecke ausgeschlachtet und weiter entwickelt. Jetzt weiß ich für die Zukunft ein wenig besser damit umzugehen.

--- Ende Zitat ---

Vollkommen richtig, es ist immer eine Abwägung.
ich gehe meist so vor: Ich bereite alles vor, damit ich für den nächsten Story Arc ein Least Viable Product habe: Karten sind in der Foundry, ich hab in etwa stichpunktartig aufgeschrieben, was ich machen will, NPCs und Factions etc pp
Das dauert dann meist länger. Da stecken dann einige Abende am Stück drin, aber ähnlich wie du nutze und fülle ich Pendelstrecken und Sport mit den Gedanken. Für die einzelnen Sessions nehme ich mir dann maximal nur noch einen Abend, manchmal braucht es auch weniger, weil wir nicht so schnell vorangekommen sind und die Vorbereitung reicht für zwei Spielsbende.

Was ich dann nicht fix hab, wird improvisiert.

Matz:
Wenn Ich sehe was bei meinen Spielern so nach drei MONATEN alles an Erinnerung weg erodiert ist (Und wenn Ich mir deren Notizen anguck  könntsch heule...), würde Mich ein "Was wisst ihr denn noch?" nach 20 Jahren schon sehr interessieren! :D

Namo:
In unserem Falle ist da nicht mehr so viel. Das war ja auch die Ursprungsidee zur laufenden Kampagne. (Siehe Seite 1  ;D) Da sind tatsächlich ein paar Highlight Momente und NSC zwar tatsächlich haften geblieben. Aber viele viele Dinge sind in Vergessenheit geraten. Ich meine - fast ein halbes Leben haben wir dazwischen nicht mehr gespielt. Dafür bin ich stellenweise schon immer mal überrascht, was sie dann doch noch wissen. Mir ist logischerweise viel mehr bewusst. Aber wenn ich die alten Chroniken lese die ich damals immer zur Erinnerung geschrieben habe, bin ich schon auch immer wieder überrascht. Und auch ein wenig begeistert.

So funktioniert der Ansatz einer Hangover Kampagne bisher ganz gut. Eine frische Kampagne mit neuer Handlung und neuen Charakteren. Aber auch eine Kampagne in der immer wieder Elemente aus der alten Kampagne eingeführt werden um die Spieler sachte zurück zu ihren Erinnerungen zu führen. Und natürlich auch ein wenig das Hollywood Prinzip des Fanservices zu nutzen. Wenn da Berührungen aus der alten Kampagne sind, ist immer Alarm und Freude angesagt. Aber absolut wichtig - nie so, dass die aktuelle Kampagne weniger wertgeschätzt wird. Im Gegenteil. Im besten Fall ergänzen sich beide. Aber es sind alle mit ihren neuen Charakteren absolut zufrieden und ich würde momentan denken, dass sie auch keinerlei Probleme und eher Freude daran hätten, mit diesen alles zu Ende zu spielen. Eben weil sie jetzt schon so viel mehr Background und "Charakter" haben als die alten Helden zu diesem Zeitpunkt. Aber das ist auch schwerlich vergleichbar.

Von daher ist es auch immer ein fröhliches gemeinsames Erinnerungen zusammentragen wenn solche Momente entstehen. Das Ziel ist, dass sie am Ende der Kampagne den großen Handlungsrahmen und deren NSC wieder präsent haben. Das Spielsystem ist ohnehin wieder in Fleisch und Blut übergegangen.

Für das nächste Abenteuer steckt mir auch eine Flashback Szene in der Nase. Die größte Schlacht der alten Kampagne hatten wir gegen Ende gespielt. Der Versuch der Rückeroberung von Minas Tirith. In der so unfassbar viel passiert ist und eigentlich alle wichtigen NSC der Welt aufeinander geprallt sind. Und dahin möchte ich sie kurz zurück versetzen und auch ihren alten Alter Egos begegnen. Ich bin gespannt was sie dazu sagen werden. Wie ihre Erinnerung auch aussieht. Zugegebener Maßen möchte ich aber auch die niederen Instinkte etwas ansprechen und ihnen nach so langem spielen auch endlich mal wieder Orks vor die Klinge setzen. Und ich möchte ihnen zeigen, wie gut befreundet Harlak Aldarion und Harumor Vardamir eigentlich einst waren.

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