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"Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Feuersänger:
Ich habs bestimmt schonmal geschrieben, aber der Thread lag ja jetzt ne Weile brach.
Also: natürlich ist nirgends in Stein gemeißelt, dass im Fäntelland alles genauso funktionieren muss wie im spätmittelalterlichen Europa. Natürlich darf Fäntelland auch ganz anders funktionieren.
Aber dann bitte ich auch darum, dass dieses "ganz anders" Hand und Fuß hat und bereits in der offiziellen Weltbeschreibung erfasst ist. Wenn das so ist, alles tutti. Ist es aber meistens nicht. In den üblichen Weltbeschreibungen steht keine Silbe von "vor allem sandige Böden mit wenigen fruchtbaren Inseln", und wenn solche Erklärungen nachträglich von der Community ausgedacht werden müssen, um irgendeine Logik und Stringenz ins Worldbuilding zu bekommen, gibt es dafür ein Wort: Apologetik. :p
Insofern, großer Respekt an alle Demiurgen, die ihre Welt intern logisch durchdeklinieren und auf Inkonsistenzen abklopfen, statt einfach mit dem lapidaren Hinweis "Ist doch Fantasy" irgendeinen unplausiblen Rotz rauszuballern.
dwian:
--- Zitat von: Feuersänger am 20.09.2024 | 13:06 ---[...]
Insofern, großer Respekt an alle Demiurgen, die ihre Welt intern logisch durchdeklinieren und auf Inkonsistenzen abklopfen, statt einfach mit dem lapidaren Hinweis "Ist doch Fantasy" irgendeinen unplausiblen Rotz rauszuballern.
--- Ende Zitat ---
Wenn ich mir viele Spiele so ansehe, dann sind die Spielwelten nur Vorschläge. Die Entwickler haben in aller Regel viel Zeit auf die Balance der Spielmechaniken verwendet; andererseits floppen die Systeme. Die Welt und die Abenteuer liegen dann in der Verantwortung der SL.
Alte Systeme haben auch mal so angefangen, dann aber AddOns als Markt entdeckt. Die Grundanlage der Welt war da aber schon versaut.
nobody@home:
Apropos Zufälle in der Spielwelt: beim Noch-mal-Durchblättern des Fadens beschleicht mich so ein wenig der Eindruck, daß wir möglicherweise in etwas zu großen räumlichen und zeitlichen Dimensionen denken. Ich meine, Entwicklungen über Jahrhunderte und mindestens einen halben Kontinent hinweg? Schön und gut als Zusammenfassung für Geschichtskundler, aber wie oft werden die konkret bespielt oder anderweitig (gerne auch in ganz anderen Medien) für die "eigentliche" Handlung relevant?
Für ein fiktives Setting brauche ich vor allem eins, nämlich einen anständigen aktuellen Ist-Zustand, in und auf den ich meine Protagonisten dann loslassen kann. Erklärungen, warum die Teile der Welt, in die sie kommen, gerade jetzt so sind, wie sie sind, kann ich mir dann immer noch aus der Nase ziehen (Ostkaff am Biberweiher steht deswegen teilweise leer, weil das halbe Mannsvolk aus dem letzten Feldzug des Herzogs vor zwei Jahren nicht lebend zurückgekommen ist und einige Familien es im Ort danach nicht mehr ausgehalten haben...das wird sich im Lauf der Zeit wieder ändern, aber gerade hier und jetzt ist es so und nicht anders), und auch für die muß ich mir keine tausend Jahre Simulation antun -- Hauptsache ist doch, daß meine Ausreden auch dann noch einigermaßen standhalten, wenn doch mal so ein Skeptiker daherkommt und das Zeigefingerchen hebt, und das sollte auch ohne drei Professorentitel und mindestens zwei Supercomputer allemal machbar sein. ;)
Nazir ibn Stonewall:
Ja, das ist schon sinnvoll und auch gut machbar, und es reicht für das eigene Spiel wahrscheinlich sehr lange aus.
Allerdings ging es hier eher um Welten, weil Rollenspiele dazu neigen, komplette Welten oder Kontinente als Setting anzubieten. Entsprechend war das Thema dann auch nicht, dass eine kleine Gegend unterbevölkert wäre, sondern, dass die Gesamtzahl auf eine entsprechende Fläche nicht passt.
Auch die Frage, ob etwas unrealistisch ist, ist wahrscheinlich nicht die richtige. Tudor hat zwar recht, wenn ein Setting sagt, dass die Bevölkerung so und so ist, kann das nicht "unrealistisch" sein, weil es eben die Setzung eines Fantasy-Settings ist. Ungeschickt und laienhaft kann es aber sehr wohl sein, und die Welt dadurch "entvölkert" wie in diesem Thread behauptet. Denn diese Setzungen passieren ja selten in ingame-Texten, sondern werden als OT-Beschreibung (etwa des Horasreiches bei DSA, "der dicht besiedelte Kern des...") aufgestellt. Ein Aventurier wird das Horasreich als dicht besiedelt ansehen, weil es das im Vergleich zum Rest ist, das wäre ok. Aber ein Mensch des realen 21 Jahrhunderts wird sich fragen, ob diese Beschreibung nicht quatsch ist, weil das Setting ideale Bedingungen definiert und dann eine objektiv für eine vergleichbare historische Epoche nicht nur etwas niedrige, sondern eine absurd kleine Zahl nennt. ;)
Raven Nash:
--- Zitat von: nobody@home am 20.09.2024 | 16:48 ---Apropos Zufälle in der Spielwelt: beim Noch-mal-Durchblättern des Fadens beschleicht mich so ein wenig der Eindruck, daß wir möglicherweise in etwas zu großen räumlichen und zeitlichen Dimensionen denken. Ich meine, Entwicklungen über Jahrhunderte und mindestens einen halben Kontinent hinweg? Schön und gut als Zusammenfassung für Geschichtskundler, aber wie oft werden die konkret bespielt oder anderweitig (gerne auch in ganz anderen Medien) für die "eigentliche" Handlung relevant?
--- Ende Zitat ---
Kommt drauf an, worum sich deine Abenteuer drehen, oder?
Wenn ich z.B. gern mal ein Dungeon habe, sind versunkene Zivilisationen ein deutlich besserer Grund für deren Existenz als der drölfzigste verrückte Magier.
Ebenso sind "Geheimnisse der Vergangenheit" auch immer sehr gute Mittel, die SCs in der Welt selbst zu verankern. Sie stoßen z.B. auf Dinge, die Fakten, die sie seit ihrer Kindheit zu wissen glaubten, plötzlich in einem ganz anderen Licht erscheinen lassen. Oder sie kommen einer Sache auf die Spur, die zwar weit zurück liegt, deren Auswirkungen aber immer noch spürbar sind.
Ich bin ja ein großer Freund von Konsequenzen und Kausalketten. Weit zurückliegende Ereignisse sind für mich tolle Aufhänger für Dinge, die in der aktuellen Zeit zu Abenteuern führen, eben weil sie nicht einfach an Punkt X aufhören, sich auszuwirken. Allerdings darf das alles dann nicht zu detailliert festgeschrieben sein. Lücken sind wichtig, weil sie Ansatzpunkte bieten und andererseits das Ganze auch glaubhafter machen (man betrachte die Lücken in unserer Geschichtsschreibung).
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