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"Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten

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Philipp.Baas:
Also die historischen Zahlen, die hier bedenkenlos als Referenz genommen werden, entspringen historischen Traditionen von Schätzungen, denn Volkszählungen und solche Verwaltungsvorgänge waren mitnichten standardisiert oder sonderlich effektiv und viele haben die Zeiten auch gar nicht überdauert. In der Wissenschaft gibt es die beiden Strömungen des "High-Count" und des "Low-Count". Die hier genannten Zahlen gehören ALLE zum "High-Count". Ohne valide statistische Daten ist das Schätzen von Bevölkerungszahlen nahe an Kaffeesatzleserei.

Ein witziges Beispiel, das zeigt wie schwer das ganze ist, ist die Idee gewesen, die Lebenserwartung wenigstens der wohlhabenden Menschen anhand von Inschriften und Grabsteinen abzuschätzen. Da kamen lustige Zahlen raus, bis ein kluger Althistoriker anhand wirklich vieler Stichproben von Friedhöfen und Gräberfeldern von der röm. Kaiserzeit bis ins Spätmittelalter zeigte, dass eine krasse Häufung von Altersangaben beim Todeszeitpunkt, die durch 5 und 10 teilbar sind, auftritt. Viele Leute wussten nicht, wie alt ihre Angehörigen wirklich waren, und haben das geschätzt und da kamen gehäuft oft Zahlen, die durch 5 und 10 teilbar sind raus. "Wie alt war denn Fredrike?" - "55...60...schreib 60!"

Nazir ibn Stonewall:
@Aedin: Naja, anscheinend sind deine Zahlen etwas daneben. Das mittelalterliche Deutschland (um 350.000 km²) käme dann lediglich auf 1-5 Mio Einwohner, aber das waren doch etwas mehr. Naja.
Selbst wenn, käme man bei Selenia (Lorakis) entsprechend seiner Fläche (Deutschland + Frankreich, ca. 1 Mio. km²), zumindest dein Mediano, auf ca. 20 Mio. Dort hat das Reich, in dem nicht an jeder Ecke ein Monster lauert und vor allem Alltagsmagie massiv verbreitet ist, nur 4,5 Mio. Einwohner.

All das ändert aber nichts am Kern dieser Diskussion, denn die üblichen Settings liegen eben nicht bei der Hälfte, sondern drastisch unter historischen Werten. Und zwar auch dann, wenn sie explizit vergleichbar sein müsste. Das Mittelreich bei DSA ist zwar in großen Teilen Deutschland, also viel Wildnis, aber andererseits sind die zentralen / südlichen Teile als sehr viel angenehmer, kulitivierter und stärker bevölkert beschrieben. Vom Lieblichen Feld mal ganz abgesehen, das das ja als Markenzeichen hat. Hier liegt also ein direkter Widerspruch vor, der sicherlich nicht dadurch aufgelöst wird, dass der Boden nur soundso viel hergibt. ;)

Ich gehe auch stark davon aus, dass es eine Angst vor großen Zahlen ist. Vielleicht auch einfach dahingehend, dass man sich scheut, in einem Fäntelaler-Setting etwas von Einwohnern in Millionen zu schreiben. Und dabei vergisst, dass 1 Mio. auf ein ganzes Land gerechnet (das gerne dann auch mal riesig ausfällt, wie Mittelreich oder Lorakis) halt gar nicht viel ist.

In Aventurien ist ja bekanntlich immer mindestens eine 0 zuwenig, sei es bei Städten oder bei "Armeen".


--- Zitat von: Chaos am 18.07.2024 | 21:33 ---Die Kataklysmen können ruhig lange her sein. Ohne moderne Medizin (oder Magie, die ähnliche Effekte hat) geht Bevölkerungswachstum ziemlich langsam vonstatten; bis sich ein verwüsteter Landstrich erholt und wieder so bevölkert ist wie vorher, kann es mitunter Jahrhunderte dauern (dem Vernehmen nach hat sich der Iran erst im 19. Jahrhundert wirklich von den Verwüstungen durch die Mongolen unter Timur im späten Mittelalter erholt).

--- Ende Zitat ---
Bestimmte Bereiche erholen sich möglicherweise auch nie. Magdeburg etwa hat sich eigentlich niemals davon erholt, dass die Kaiserlichen (*hüstel* natürlich die!) die Stadt einmal dem Erdboden gleich gemacht haben. Noch heute ist es eigentlich ein Provinzkaff. Das lag aber trotz allgemeiner Verwüstung im 30jährigen Krieg eher daran, dass dann entsprechend andere Städte aufgestiegen sind.

Große Katastrophen können auch insgesamt nachwirken, eben dieser Krieg zB. Müssen sie andererseits aber auch nicht,und gerade in Settings mit viel Magie o.ä. müsste man sich das schon genau überlegen. Aber auch hier gilt: Das kann in vielen Settings nicht der Grund sein, weil eine solche Katastrophe eben schlichweg nicht passiert ist.

Beispiel DSA: Das Mittelreich hatte vor der bespielten Zeit nur den Orkensturm, der aber keine ernsthaften Auswirkungen auf Süden, Osten und Westen des Reiches hatte. Die Dämonenschlachten sind ewig her und waren eher singuläre Ereignisse. Das Liebliche Feld war seit Bosparans Fall vor ca. 1000 Jahren von keiner ernsthaften Katastrophe mehr betroffen. Was bleibt, sind Adelsfehden, Grenzprobleme und Thorwalerüberfälle.

Matz:
Sehr interessantes Thema. Ich finde hier zum ersten mal eine halbwegs brauchbare Antwort auf meine Frage "WIEVIEL Land brauche Ich um eine Stadt wie Tiefwasser (1.5MIO EW) zu ernähren? Antwort: VERDAMMT viel! Die Schwertküste und die Heartlands müssten eigentlich mit Feldern überzogen sein.

ghoul:
[nerd] Magdeburg: Das waren aber Tillys kaiserliche Truppen! [/nerd]

unicum:

--- Zitat von: Philipp.Baas am 19.07.2024 | 09:58 ---Die hier genannten Zahlen gehören ALLE zum "High-Count". Ohne valide statistische Daten ist das Schätzen von Bevölkerungszahlen nahe an Kaffeesatzleserei.

--- Ende Zitat ---

Naja wenn man den Low Count nimmt wird es ja mit der entvölkerung noch schlimmer.

Zugestanden, einen Fehlerbalken um die Zahlen herum machen historiker dann doch recht selten. Ich komm aus der Ingenieurswissenschaft und da ist ein Wert ohne eine Fehlerabschätzung/Varianz auch argwöhnisch zu betrachten. Aber Kaffeesatzleserei, was für ein sigma nimmst du an um es so zu bezeichnen?

Und ja sicher, es sind in der Vergangenheit viele Daten verloren gegangen aber es ist jezt auch nicht so das man ganz ohne alles dasteht. Es gibt hier und da noch Kirchenbücher in denen so einiges verzeichnet wurde.

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