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War D&D 3.5 das bisher beste D&D aller Zeiten?
YY:
Aus simulationistischer Perspektive ist der Haken an der Gelegenheitsattacke das fehlende Zeit- und Aufmerksamkeitsmanagement.
Das funktioniert mit verzögerten Aktionen besser. Sprich: Wenn ich z.B. als Kämpfer "meinen" Magier oder Fernkämpfer schützen will, muss ich mich darauf konzentrieren und meine Aktion(en) dafür aufwenden.
Bedeutet im Umkehrschluss, dass ich niemanden stoppen kann, wenn ich a) von Anfang an etwas anderes mache oder b) meine verfügbaren Aktionen schon durchgeführt habe.
Man muss ja nicht lange suchen, um mit RAW-Gelegenheitsangriffen (fairerweise: oder Kontrollzonen - die kommen ja aus der Simulation ganzer Einheiten im Wargame) auch wieder recht wirre Situationen konstruieren zu können.
Speziell in D&D haben sich die Gelegenheitsangriffe dann auch noch irgendwann verselbständigt und es ist quasi ein ganzes Ökosystem an Feats und Sonderregeln drumherum entstanden - wenn das eher ins Abstrakte und Brettspielige geht, ist mir das sogar eher recht als eine schlanke AoO-Regelung. Dann kann man nämlich spielerisch auch was damit anfangen, nur mit weniger "Simulationsleistung". Wo es um Simulation geht, schmeiße ich Gelegenheitsangriffe i.d.R. bewusst raus und nutze wie angesprochen verzögerte Aktionen, die leicht zu implementieren sind, wenn es sie nicht eh schon gibt.
Ganz zuletzt kommt es mir oft so vor, als würden Gelegenheitsangriffe nur das tun, was sie sollen, weil die Spieler sich quasi darauf konditioniert haben, bloss keine AoO fressen zu müssen. Oft genug steht der Verlust von ein paar HP in keinem Verhältnis zu dem, was man durch das Inkaufnehmen erreichen kann (Zauber unterbrechen u.Ä.). So richtig zieht der Gelegenheitsangriff nur in Systemen bzw. Situationen, wo ein einzelner Treffer signifikanten Schaden machen kann oder noch andere Regeln dranhängen, die den AoO-Betroffenen über den Schaden und die laufende Runde hinaus einschränken.
flaschengeist:
--- Zitat von: YY am 26.11.2024 | 23:28 ---Aus simulationistischer Perspektive ist der Haken an der Gelegenheitsattacke das fehlende Zeit- und Aufmerksamkeitsmanagement.
Das funktioniert mit verzögerten Aktionen besser. Sprich: Wenn ich z.B. als Kämpfer "meinen" Magier oder Fernkämpfer schützen will, muss ich mich darauf konzentrieren und meine Aktion(en) dafür aufwenden.
--- Ende Zitat ---
Das schränkt mir den Kämpfer zu stark ein, denn wenn der Gegner sich dann anders entscheidet, kann es je nach konkreter Ausgestaltung in einem System passieren, dass der Kämpfer seinen Zug mit einer Abwarteaktion schlicht verschwendet. Dieses Problem hast du beim Gelegenheitsangriff nicht.
Zudem schützt der Kämpfer seine Kameraden natürlich noch besser, wenn er die Option hat, Abwarteaktion und Gelegenheitsangriff zu kombinieren - hier sehe ich gar kein entweder oder.
--- Zitat von: YY am 26.11.2024 | 23:28 ---Ganz zuletzt kommt es mir oft so vor, als würden Gelegenheitsangriffe nur das tun, was sie sollen, weil die Spieler sich quasi darauf konditioniert haben, bloss keine AoO fressen zu müssen. Oft genug steht der Verlust von ein paar HP in keinem Verhältnis zu dem, was man durch das Inkaufnehmen erreichen kann (Zauber unterbrechen u.Ä.). So richtig zieht der Gelegenheitsangriff nur in Systemen bzw. Situationen, wo ein einzelner Treffer signifikanten Schaden machen kann oder noch andere Regeln dranhängen, die den AoO-Betroffenen über den Schaden und die laufende Runde hinaus einschränken.
--- Ende Zitat ---
Da stimme ich zu: Wenn ein Gelegenheitsangriff dir im schlimmsten Fall 10% deiner HP nimmt, ist er nicht viel mehr als Kosmetik. Ist halt wieder eine Frage der konkreten Ausgestaltung in einem Regelsystem.
YY:
Klar haben die meisten Spieler intuitiv erst mal keinen Bock darauf, ihre Aktion zu "verschenken" - in Anführungszeichen deswegen, weil sie aus taktischer Warte eben nicht verschwendet ist, wenn der Gegner sich aufgrund des wartenden Kämpfers anders entscheidet. Dann ist der angepeilte Erfolg schließlich eingetreten. Hier fehlt die Teamperspektive, dass man den folgenden Zauber o.Ä. überhaupt erst ermöglicht hat.
Aber selbst wenn ursprünglich schon gar kein Angriff beabsichtigt war und man sich nur sicherheitshalber für den Schutz des Magiers entschieden hat, weil es taktisch sinnvoll war: ja, dann macht man natürlich nichts anderes. Das ist ja gerade der Simulationsaspekt, den ich aufgeworfen habe.
Also: es macht den Spielern mehr Spaß, wenn sie das Gefühl haben, sich effektiv zu beteiligen* und natürlich ist ein Kämpfer besser dran, wenn er den Gelegenheitsangriff weiter als geschenkte Aktion bekommt (was andererseits oft ein Nullsummenspiel ist, weil es für die Gegenseite auch gilt).
Das muss man aber vom Simulationsargument pro Gelegenheitsangriff scharf trennen. Aus Simulationsperspektive ist der Gelegenheitsangriff lediglich besser als nichts.
*auch wenn das Gefühl nicht unbedingt mit den Fakten zusammenfällt. Seinen Zug verschwendet zu haben bezieht sich ja oft genug darauf, in der Runde keinen Angriff gewürfelt zu haben. Dass der immer noch schiefgehen oder jenseits vom Verlust einer Handvoll HP nichts anrichten kann - egal. Man hat gefühlt immer noch mehr gemacht als wenn man etwa den Magier für einen möglicherweise hoch effektiven Zauber schützt, aber dafür noch nicht mal würfelt.
Feuersänger:
--- Zitat von: YY am 26.11.2024 | 23:28 ---Das funktioniert mit verzögerten Aktionen besser. Sprich: Wenn ich z.B. als Kämpfer "meinen" Magier oder Fernkämpfer schützen will, muss ich mich darauf konzentrieren und meine Aktion(en) dafür aufwenden.
--- Ende Zitat ---
Na mal echt jetzt: wer hat denn Bock sowas zu spielen? Wenn ich als Tank Runde um Runde nichts machen kann, außer meine Aktionen zum "aufpassen" aufzuheben, und dann passiert nichts und wieder nichts was mich betrifft, während das Leben da draußen mit Vollgas an mir vorbeirauscht. Jedem Designer der mir so eine Regel verkaufen wollte, würde ich einen derartigen Vogel zeigen, dass mein Zeigefinger an der Stirn brechen würde.
Wenn es sowas im Wargame gibt, dann kann das da nur funktionieren weil der Spieler eben X Einheiten zu verwalten hat und es ihm daher nicht weh tut, wenn er ein paar davon zum Wacheschieben einteilt. Im P&P absolut indiskutabel.
Immerhin: mein zuletzt gespielter PF-Char war genau so ein Sentinel. Aber da konnte ich mich entscheiden, ob ich _entweder_ ganz normal handle und nebenbei meine ~4 AoOs verwende wie sie halt gerade anfallen, _oder_ ich als Full Round Action eine Todeszone mit erheblich vergrößertem Radius aufbaue und dazu noch Boni für AoO-Kampfmanöver bekomme. ZB ab Level 10 hatte mein Bedrohter Bereich 20 Fuß Radius und galt für den Gegner als Schwieriges Gelände - viel Spaß beim durchlaufen. Das war schon ziemlich... ja. xD
--- Zitat --- So richtig zieht der Gelegenheitsangriff nur in Systemen bzw. Situationen, wo ein einzelner Treffer signifikanten Schaden machen kann oder noch andere Regeln dranhängen, die den AoO-Betroffenen über den Schaden und die laufende Runde hinaus einschränken.
--- Ende Zitat ---
Deswegen ist ja 3.5 (inkl PF) das beste D&D aller Zeiten: hier hast du genau die Möglichkeiten, deine AoOs derart signifikant zu machen. Du kannst zB den Gegner zu Fall bringen oder anderweitig in seiner Bewegung unterbrechen, oder du bist halt so optimiert dass du ihn mit deiner einen AoO oneshottest.
Das war ja auch der ganz ganz schlimme Rückschritt in der Dünnbrettbohreredition 5E, dass das da nicht mehr geht, und da haben wir exakt die beunkte "dann verlier ich halt 10% HP, ist mir doch wurscht" Situation.
YY:
--- Zitat von: Feuersänger am 27.11.2024 | 00:43 ---Na mal echt jetzt: wer hat denn Bock sowas zu spielen? Wenn ich als Tank Runde um Runde nichts machen kann, außer meine Aktionen zum "aufpassen" aufzuheben, und dann passiert nichts und wieder nichts was mich betrifft, während das Leben da draußen mit Vollgas an mir vorbeirauscht. Jedem Designer der mir so eine Regel verkaufen wollte, würde ich einen derartigen Vogel zeigen, dass mein Zeigefinger an der Stirn brechen würde.
--- Ende Zitat ---
Mit dem Begriff Tank rührst du schon am Kern: Klar, wenn sich andere 30, 60, 90 Minuten lang mit dem SL Spielmechanik um die Ohren hauen, will ich nicht alle 10 oder 20 Minuten lediglich sagen: ich bleib hier stehen und hau zu, falls einer in meine Nähe kommt. Ach, kommt wieder keiner...ok...
Das sieht da anders aus, wo Kämpfe oder zumindest die Phasen heißen Schlagabtausches aufgrund der grundsätzlich hohen Verwundbarkeit aller Beteiligten zum einen viel schneller vorbei sind und sich zum anderen wesentlich stärker darum drehen, dass man als Gruppe keine überraschenden oder anderweitig unverteidigten Angriffe kassiert.
Spätestens wenn man in solchen Systemen mal gesehen hat, wie schnell das Ganze kippen kann, kommen hinterher keine Sprüche mehr in Richtung "du hast ja gar nichts gemacht!", wenn der vierte oder fünfte Mann im "Stack" sich nach dem Betreten eines Raumes direkt wieder umdreht und den Annäherungsweg dicht macht - egal ob dann tatsächlich einer kommt oder nicht.
Etwa in der OSR-Ecke gibt es diese Situation gerne mal auch bei den D&D-artigen; dass das also ein pauschaler und massiver Designfehler sein soll - da gehe ich selbst auf den D&D-Baum beschränkt nicht mit.
Wenn natürlich alle anderen viel Spiel in den Händen halten und man selbst mit einer vielleicht zum Tragen kommenden und auch im Eintrittsfalle anämischen AoO rumhantiert - das ist klar unbefriedigend. Dann liegt der Hund aber auch ganz woanders begraben als bei der AoO-Regelung.
--- Zitat von: Feuersänger am 27.11.2024 | 00:43 ---Deswegen ist ja 3.5 (inkl PF) das beste D&D aller Zeiten: hier hast du genau die Möglichkeiten, deine AoOs derart signifikant zu machen. Du kannst zB den Gegner zu Fall bringen oder anderweitig in seiner Bewegung unterbrechen, oder du bist halt so optimiert dass du ihn mit deiner einen AoO oneshottest.
--- Ende Zitat ---
Ja, sag ich ja: als Minispiel und mehr oder weniger zum Selbstzweck soll mir das recht sein. Genau im Bereich AoO war 4e auch nicht schlecht aufgestellt, wenn ich mich recht erinnere.
Aber es komme mir unter diesen Rahmenbedingungen keiner mit Simulation als Pro-Argument. Da muss es reichen, dass das "nur" eine funktionale Spielwiese für den geneigten Charakterbastler und Powergamer ist ;)
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