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[Hard SF] Weltraum-Habitate und Nahrungsproduktion
Chaos:
--- Zitat von: Feuersänger am 23.06.2025 | 19:03 ---Witzig, ich habe auch schonmal über so eine Linse am Mars nachgedacht, allerdings hier als Sammellinse, um im fraglichen Äquatorialbereich die Sonneneinstrahlung zu erhöhen. Vielleicht könnte das dann Double Duty als Strahlenschutz fahren. Um aber hier genügend Sonnenlicht einzusammeln, bräuchte man meiner Rechnung nach eine Linse mit ca 7000km Durchmesser. Ich habe das Projekt erstmal hintan gestellt.
--- Ende Zitat ---
Man dürfte das Projekt innerhalb des Settings aber auf dem Schirm haben - und sei es nur als eines dieser Dinger, das schon seit Jahrzehnten irgendwann in den nächsten 10-15 Jahren in Angriff genommen wird. Da könnte es zumindest in irgendeiner Form als Abenteuer-Aufhänger dienen.
Feuersänger:
--- Zitat von: Chaos am 23.06.2025 | 19:09 ---Man dürfte das Projekt innerhalb des Settings aber auf dem Schirm haben - und sei es nur als eines dieser Dinger, das schon seit Jahrzehnten irgendwann in den nächsten 10-15 Jahren in Angriff genommen wird. Da könnte es zumindest in irgendeiner Form als Abenteuer-Aufhänger dienen.
--- Ende Zitat ---
Ja, das wäre vorstellbar. Besonders ironisch da es natürlich am sinnvollsten wäre, die Linse als allererstes zu bauen.
Generell gilt für solche Lagrange-Linsen freilich, dass die benötigte Masse von Durchmesser, Dicke und Material bestimmt wird, und gerade bei der Dicke gehen die Schätzungen und Potentiale halt ganz gewaltig auseinander.
Für die Erd-Linse (zur Reduktion der Sonneneinstrahlung) habe ich ja iirc im anderen Thread ca 1 Mio t veranschlagt. Das mag aber etwas zu optimistisch sein, bzw zumindest würde dies eine Dicke von nur ca 50-60µm bedingen (bei einer Dichte von ca 1,3g/cm³). Das entspricht von der Dicke her immerhin 4-6 Lagen Haushalts-Alufolie. Mit modernen Metamaterialien mag das erreichbar sein. Wenn man stattdessen viel konservativer von zB ø1cm Linsendicke ausginge, wäre man ruck-zuck bei 200 Millionen Tonnen.
Will damit nur sagen: es gibt hier einen sehr großen Spielraum.
Bei der Erdlinse haben wir wie gesagt den Vorteil, dass wir das Licht nicht um 100% konzentrieren, sondern um rechnerisch ca 2-3% streuen wollen, das dürfte technisch viel einfacher zu erreichen sein. Außerdem ist der Bau dieser Linse im Interesse der ganzen Erdbevölkerung, damit dürfte die Finanzierung auch gut zu stemmen sein.
Bei einer Marslinse wäre es also genau umgekehrt: die Linse muss einen viel größeren Durchmesser haben, dann ist die Bündelung _vermutlich_ aufwendiger als Streuung und mag eine größere Dicke bedingen (aber da habe ich wohlgemerkt keine wirkliche Ahnung), und das ganze Projekt interessiert nur den einen Block, der den Mars wirtschaftlich nutzen will, und der müsste sich das erstmal leisten können. Oder aber diese Leute sagen pfeif drauf, bauen wir halt einfach doppelt so viele Gewächshäuser, das ist viel billiger.
Wie gesagt, da ist von Terraforming noch keine Rede. Soweit ich mich da einigermaßen dran erinnere, wäre das ein Projekt das eher so Jahrtausende dauern würde. Habe da keine konkreten Zahlen im Kopf, aber das könnten wir ja gerne mal durchrechnen. Die Kernprobleme dabei sind:
- Magnetfeld erzeugen, zB so wie von alexandro vorgeschlagen über Manipulation des Kerns,
- atembare Atmosphäre erzeugen, und zwar so dass sie auch bleibt wo sie hingehört und sich nicht ins All verflüchtigt
- ausreichend Wasser heranschaffen.
Das sind schon drei ziemlich gewaltige Wünsche auf einmal. Die Linse wäre da relativ gesehen pipifax.
Chaos:
--- Zitat von: Feuersänger am 23.06.2025 | 21:21 ---Ja, das wäre vorstellbar. Besonders ironisch da es natürlich am sinnvollsten wäre, die Linse als allererstes zu bauen.
Generell gilt für solche Lagrange-Linsen freilich, dass die benötigte Masse von Durchmesser, Dicke und Material bestimmt wird, und gerade bei der Dicke gehen die Schätzungen und Potentiale halt ganz gewaltig auseinander.
Für die Erd-Linse (zur Reduktion der Sonneneinstrahlung) habe ich ja iirc im anderen Thread ca 1 Mio t veranschlagt. Das mag aber etwas zu optimistisch sein, bzw zumindest würde dies eine Dicke von nur ca 50-60µm bedingen (bei einer Dichte von ca 1,3g/cm³). Das entspricht von der Dicke her immerhin 4-6 Lagen Haushalts-Alufolie. Mit modernen Metamaterialien mag das erreichbar sein. Wenn man stattdessen viel konservativer von zB ø1cm Linsendicke ausginge, wäre man ruck-zuck bei 200 Millionen Tonnen.
Will damit nur sagen: es gibt hier einen sehr großen Spielraum.
--- Ende Zitat ---
Wir auch immer die Dicke aussieht, sie dürfte für beide Projekte ungefähr gleich sein, oder vorhersehbar für die Marslinse das X-fache der Erdlinse; man müsste also sagen können, je nachdem wie ambitioniert das Projekt Marslinse sein soll, kostest es etwa das Y-fache bis Z-fache der Erdlinse.
--- Zitat ---Bei der Erdlinse haben wir wie gesagt den Vorteil, dass wir das Licht nicht um 100% konzentrieren, sondern um rechnerisch ca 2-3% streuen wollen, das dürfte technisch viel einfacher zu erreichen sein. Außerdem ist der Bau dieser Linse im Interesse der ganzen Erdbevölkerung, damit dürfte die Finanzierung auch gut zu stemmen sein.
Bei einer Marslinse wäre es also genau umgekehrt: die Linse muss einen viel größeren Durchmesser haben, dann ist die Bündelung _vermutlich_ aufwendiger als Streuung und mag eine größere Dicke bedingen (aber da habe ich wohlgemerkt keine wirkliche Ahnung), und das ganze Projekt interessiert nur den einen Block, der den Mars wirtschaftlich nutzen will, und der müsste sich das erstmal leisten können. Oder aber diese Leute sagen pfeif drauf, bauen wir halt einfach doppelt so viele Gewächshäuser, das ist viel billiger.
Wie gesagt, da ist von Terraforming noch keine Rede. Soweit ich mich da einigermaßen dran erinnere, wäre das ein Projekt das eher so Jahrtausende dauern würde. Habe da keine konkreten Zahlen im Kopf, aber das könnten wir ja gerne mal durchrechnen. Die Kernprobleme dabei sind:
- Magnetfeld erzeugen, zB so wie von alexandro vorgeschlagen über Manipulation des Kerns,
- atembare Atmosphäre erzeugen, und zwar so dass sie auch bleibt wo sie hingehört und sich nicht ins All verflüchtigt
- ausreichend Wasser heranschaffen.
Das sind schon drei ziemlich gewaltige Wünsche auf einmal. Die Linse wäre da relativ gesehen pipifax.
--- Ende Zitat ---
Wie schnell schwindet die Atmosphäre eigentlich - insbesondere wenn man wirklich einen Schild baut, um die Sonnenwinde abzuhalten? Wenn es Jahrhunderte bis Jahrtausende dauert, bis der Luftdruck am Boden von "mehr oder weniger Erdniveau" auf "unbewohnbar" sinkt, könnte man auf den Gedanken kommen, sich die Sache mit dem Magnetfeld erstmal zu sparen und das Problem den Leuten in ein paar hundert Jahren zu überlassen.
Nebenbei kam mir gerade der Gedanke, dass Projekte wie die Marslinse, oder generell Terraforming, nicht nur als ernst gemeintes Vorhaben im Setting vorkommen könnte, sondern auch als Betrugsmasche (in Form einer todsicher extrem lukrativen Investitionsmöglichkeit) oder als Luftschloss, mit dem Politiker auf Stimmenfang gehen. Auch im 23. Jahrhundert versteht sicher nicht jeder genug von Wissenschaft und Ingenieurwesen, um das direkt zu durchschauen.
Feuersänger:
Ich gehe das gerade mal systematisch durch. Es gibt da auch ein Kurzgesagt-Video in dem sie ein Mars-Terraforming _sehr_ optimistisch für innerhalb von 1-200 Jahren für machbar halten. Da bin ich mir aber ziemlich sicher dass das nicht sauber durchgerechnet ist.
Der Magnetring und Lupe an L1 ist an dem ganzen Projekt dabei noch so ungefähr das handzahmste. Wie gesagt, das könnten sie in Redshift bereits umsetzen, wenn sie wollten; Technologie und Logistik sind vorhanden.
Aber dann kommt als nächster Schritt die Atmosphäre, und da kracht es dann schon ganz gewaltig im Gebälk:
Ein ganz fieser Punkt ist, dass wir auf dem Mars, obwohl er so viel kleiner ist, aufgrund seiner geringen Gravitation wesentlich MEHR Gas brauchen als die ganze Erdatmosphäre umfasst.
Selbst wenn wir uns auf der Oberfläche mit einem Sauerstoffpartialdruck von 0,1 bar zufrieden geben - das entspricht so etwa 5000m Höhe auf der Erde - und dann noch ca 0,1 bar Stickstoff hinzufügen wollen, würde sich diese Atmosphäre so weit nach oben ausdehnen, dass wir insgesamt jeweils ca 5,3 Billionen Tonnen Sauerstoff und Stickstoff (nochmal: jeweils!) benötigen. Das ist insgesamt doppelt soviel Masse wie die ganze Erdatmosphäre.
Bei dieser Berechnung ist schon einkalkuliert, dass wir eine Durchschnittstemperatur von 10°C statt -60° anstreben.
Nur den Sauerstoff können wir theoretisch in situ herstellen, den Stickstoff müssen wir so oder so importieren.
Aber damit fangen die schlechten Nachrichten erst so richtig an.
Um diesen Sauerstoff aus dem Eisenoxid auf dem Mars zu erzeugen, brauchen wir per Thermolyse 17,2MJ/kg O2. Das macht auf den Gesamtbedarf hochgerechnet: ca 9e25J, das ist wohl etwa der 150,000fache aktuelle (IRL) Jahresenergieverbrauch der Menschheit.
Um dieses Projekt innerhalb von 300 Jahren durchzuziehen, bräuchte man eine Dauerleistung von 10 Petawatt (10e15W).
Selbst mit Fusionsenergie hätten wir da einen Jahresbedarf von knapp 600.000 Tonnen Helium-3. Wiederum auf meinen aktuellen Redshift-Settingstand bezogen, entspricht das ungefähr dem 200fachen der Gesamt-Jahresausbeute von dem Stoff.
Alternativ könnte man überlegen, mit Solarenergie zu arbeiten. Träumen wir mal von PV-Modulen mit ~50% Wirkungsgrad (aktuell krabbeln wir allmählich auf 25% zu, aber man hat schon fast 50% im Labor geschafft). Da auf dem Marsorbit wie gesagt nur ca 590W/m² ankommen, brauchen wir dann ca 2m²/kWp; also insgesamt 20 Millionen Quadratkilometer an Solarzellen. Im Orbit aufgehängt wäre das ein Kreis mit 5000km Durchmesser; auf der Marsoberfläche quasi ein mehrere tausend km breiter Ring um den Äquator. Massenbedarf spare ich mir mal.
(Es ist übrigens genau diese Stelle, die in dem kurzgesagt-Video gehandwedelt wurde.)
Aufgrund der immensen Dimensionen wird das auch nicht wesentlich besser, wenn man sich ein, zwei Jahrhunderte länger Zeit lässt. Erst wenn man das Ganze über mehrere Jahrtausende ausdehnt, fangen die Zahlen an, plausibler auszusehen.
Ich hatte auch die Idee, statt per Thermolyse eher auf genmanipulierte Mikroorganismen zu gehen, die Eisenoxid fressen und Sauerstoff furzen, aber das hat erstens seine eigenen Probleme, zweitens hilft es uns zwar ganz enorm bei der Energie-Infrastruktur, würde aber dann wohl eher noch länger dauern.
Schwierig!
--> Momentan sieht es in der Tat eher so aus, dass solche Pläne eher wie von Chaos vorgeschlagen höchstens als Betrugsmaschen ihren Platz im Setting haben könnten.
Alexandro:
Ja, eine solche Linse müsste schon ordentlich groß sein, und wahrscheinlich auch näher am Mars dran, um die Sonnenwinde wirklich sinnvoll umzulenken. Das ist schon eine ziemliche Hausnummer (wobei auch eine "nur" L1-Linse vom Driften abzuhalten nicht trivial ist).
--- Zitat von: Feuersänger am 23.06.2025 | 19:03 ---Zum einen: mir war tatsächlich neu, dass der Mars einen flüssigen Kern hat. Ich dachte, der Planet wäre komplett erstarrt, was auch der Grund wäre warum es keine aktiven Vulkane mehr gibt. Aber dem ist wohl tatsächlich nicht so.
--- Ende Zitat ---
Ja, diese Erkenntnis ist relativ neu (in Folge der 2018 durch die INSIGHT-Mission gewonnenen Daten), und einige Wissenschaftler sind sich auch nicht 100% sicher, ob im Flüssigkern nicht doch noch irgendetwas festes ist. Da hat man also (noch) etwas Spielraum.
--- Zitat ---Kurz, auf dem Mars baut man Kuppeln oder Hallen, aus in-situ hergestellten Werkstoffen, v.a. Stahl und Glas (Eisen und Silikat liegt ja überall rum). Vielleicht hat man auch den einen oder anderen kleineren Asteroiden auf den Mars crashen lassen, um die Verfügbarkeit von zB Wasser und Stickstoff zu erhöhen. Befüllt werden die Bauwerke mit einer Atmosphäre aus CO2, Stickstoff, ein wenig Sauerstoff und Wasserdampf.
--- Ende Zitat ---
Oberirdische Gebäude sind, wie weiter oben schon ausgeführt, keine besonders gute Idee. Strahlung, Mikrometeoriten, da kann einfach zuviel schiefgehen (und ein relativ kleines Loch kann schon massive Probleme bereiten). Unterirdische Komplexe ("Mars-Vaults") mögen nicht so "sexy" auf Planungsunterlagen aussehen, sind aber auf Dauer deutlich lebensfähiger.
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