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[Tag 3] Raumstation Bazaar
Elisabeth Hawkwood:
Nachdenklich blickte sie auf ihr eigenes Briefsiegel. Das verschlungene Hauswappen erinnerte sie unwillkuerlich immer an den Schreibtisch ihres Vaters. nun wuerde ihr Bruder dort sitzen, wenn er ihren Brief bekam.
Wird er tun, worum ich ihn gebeten habe? Tun können, das ist wohl die bessere Frage. Egal wie er sich entscheidet und was er ausrichten kann oder nicht, so werde ich noch mindestens zwei Monate hierbleiben muessen. Wenn die Felizitas in der Zeit schon fertig ist, dann muß ich mir eine gute Ausrede einfallen lassen. Auch fuer meine eigenen Leute. Sophia muß auch nicht unbedingt davon erfahren. Wer weiß wie sich in einem echten Loyalitätskonflikt entscheidet, das möchte ich nicht wirklich ausprobieren, es steht zuviel auf dem Spiel. Und ich hoffe wirklich mein liebes Bruderherz erinnert sich an den Code... . Das Allerschlimmste ist ja eigentlich, daß ich mich selber in diese Situation gebracht habe. aber es ist natuerlich einfacher auf Propaganda zu hören, als selber Nachforschungen anzustellen. Und wer stellt schon die Ziele des Hauses in Frage. noch ein Grund mehr, aus dem mein Entschluß nicht verkehrt ist... .
Schliesslich riß sie sich los, die Nacht war vorbei, im Moment konnte sie nicht mehr tun. sie legte den Brief zur Seite, schrieb eine kurze Einladung an die Baroneß Justinian zum Dinner, dann klingelte sie nach einem Diener, drueckte ihm die beiden Briefe in die Hand, bestellte sich ihr Fruehstueck und ließ Lisa kommen.
Azzu:
(Monn)
Quartier der Picketts
Die sehnigen Arme vor der narbigen Brust verschränkt, wunderte sich Mwerron, was Denize gemeint haben mochte. Mehr auf Lager? Dürstendes Ego? Nicht die Reaktion, die auf ein Kompliment erwartet hätte. Hatte er sie beleidigt? Schon wieder! Oder hatte Niz wirklich gemeint, was sie sagte?
Das Zitat aus der Noddavitya jedenfalls war noch nicht zu Ende. Auf den knappen Lobgesang auf Shinistrakus Anblick würde nun eine längere Beschreibung folgen, wie ihr Körper sich dem Tastsinn darstellte. Im Original. Die Übersetzung in die Aerdensprache hatte die Stelle mangels ausreichenden Wortschatzes auf einen einzigen Nebensatz reduziert. Anders als die Ukari gaben die Menschwesen sich mit visuellen Eindrücken zufrieden. Mwerron stutzte für einen Moment. Warum hatte er, der Ukar, sich dann von Denizes bloßem Anblick so beeindrucken lassen? Verließ auch er sich zu sehr auf seine Augen, nach all den Jahren auf der Oberfläche fremder Welten?
Den Gedanken abschüttelnd, folgte er Denize und der Jack-Kreatur in den Küchenbereich des Quartiers. Allmorgendliches Kaffeeritual. Der Sternfahrer erhielt zur Begrüßung nur ein kurzes Nicken. Mwerron hatte für's Erste genug von der Menschensprache. Der kleine Menschling Roger redete ohnehin schon genug. Berichtete dem Jack-Wesen lauthals alles, was er gerade über die Ur Ukar erfahren hatte. Nichts über die Kadani, zum Glück.
Mwerron erstarre, die schwarzen Augen auf die Feuerwaffe des Sternfahrers fixiert. Verfluchte sich innerlich.
Warum war er gerade vom Eingangsschott zurückgewichen? Ein Angreifer mit Schusswaffe hätte Niz und ihn ohne Weiters töten können. Die richtige Position wäre direkt neben dem Schott gewesen. Lauernd. Statt dessen hatte er sich vor Denize gestellt wie eine Raubtiermutter vor ihre Kinder, auf den tödlichen Schuss geradezu wartend. Unverzeihlich. Die Stärke der Ukari beruhte darauf, dass jeder kämpfte, jeder für jeden. Jeder jedem zugestand, Risiken einzugehen.
Mit wachsender Irritation beobachtete er die Bewegungen der dicht gedrängten Menschwesen um sich herum, die schmalen Lippen fest aufeinander grepresst. So sorglos. So unbeholfen. Er war im Begriff, den Instinkt des Kriegers zu verlieren, hatte ihn zu lange verleugnet. Würde werden wie sie.
Nein.
Jack Hawkins:
Jack dankte Jennah und versprach, gegen Abend noch einmal vorbei zu sehen. Sie leerten ihre Kaffeetassen und zogen los Richtung Coffee Garden.
Er musterte Niz und Monn, fuhr sich über die kurzen Haarstoppeln im Nacken und gähnte dann ausgiebig.
"Und, wie war der Rest der Nacht, hm? Gut geschlafen?"
"Ja, auch gut. Eine Couch ist eben doch etwas anders, als eine Pritsche in einem Mannschaftsschlafraum." Er lachte, aber mehr zu sich selbst als zu Niz und Monn. Nein, für's erste hatte er genug vom interstellaren Schrotthandel. Schiffe wie die Hammond würden bis auf weiteres auf Jack Hawkins verzichten müssen – er hatte größeres im Sinn. Co-Pilot auf einem Schiff wie der Azara. Als würde man von einem Tanker auf eine Yacht befördert. L-U-X-U-S.
Er grinste verträumt, und das Grinsen hielt sich den gesamten Weg vom Wohnsektor bis zu den Arkaden.
Jack mied den Engpass der großen Personenaufzüge und wählte gleich den Fußweg durch die Eingeweide der Station. Schließlich erreichten sie das Deck, an das das Coffee Garden angrenzte.
» Ortswechsel zu Sektor A
Jack Hawkins:
Vor dem Coffee Garden
Die Anlage war in der Tat aussergewöhnlich. Sie war eine der Verbingungen zwischen den Arkaden und dem Vergnügungsviertel, aber nicht jeder durfte hier passieren. Auch auf einem Planeten gehörten Parks und Gärten nicht jedermann, aber hier oben, zwischen den Sternen und eingebettet in einen Mantel aus Stahl und Ceraplast, war die grüne Oase erst recht nur den Reichen vorbehalten.
Jack war in seinem gesamten Leben hier auf der Station vielleicht zwei- oder dreimal im Garden gewesen, zu den wenigen ganz besonderen Ereignissen, die es in seinem Leben bisher zu feiern gegeben hatte. Der Brief mit der Zulassung zur Akademie, beispielsweise. Jahre waren seither ins Land gegangen.
Heute war eigentlich kein besonderer Tag, aber Niz hatte darauf bestanden, hier zu frühstücken. Und so lange sie zahlte, würde er sich nicht beschweren. Sie schritten durch ein erleuchtetes Portal, über dem in geschwungenen Neonlettern "Coffee Garden" strahlte, und wurden sogleich von einem spargeldünnen Ober in einem akkurat sitzenden Anzug empfangen.
Hinter ihm öffnete sich in einem grünen Oval die Illusion von Natur – von Menschenhand geformt und in eine gefällige Form gebändigt, aber nichts desto trotz Natur. Büsche, kleine Rasenflächen, Hecken, die die sandgestreuten Wege säumten. Sogar eine kleine Gruppe Bäume im Zentrum des Areals, Blumenbeete, in denen sich bizarre Blüten entfalteten, eine prachtvoller als die andere. Wie Inseln lagen Tischgruppen im Grün, zwischen denen Gäste auf einem wohlüberlegten Wegenetz flanierten. Ab und an, wenn sich ein Gast zu tief zu den Blumen oder über die Sträucher neigte, blitzte für einen Sekundenbruchteil ein Kraftfeld auf, das das kostbare Grün darunter schützte. Schon allein die Energie, die benötigt wurde, die Felder aufrechtzuerhalten, musste den Besitzer des Coffee Gardens Unsummen kosten.
Entsprechend war das Publikum. "Wohlbetucht" war das Stichwort, und die Gäste erweckten den Eindruck, als zögen sie es vor, unter sich zu bleiben. Der Ober schien sich das zu Herzen zu nehmen.
Er musterte die Gruppe vor sich prüfend, unter halb geschlossenen Augenlidern. Seine rechte Augenbraue zuckte leicht, als sein Blick von Niz, an deren Gestalt wohl wenig auszusetzten war, zu Jack und vor allem Monn wanderte.
"Kann ich Ihnen helfen?" fragte er mit blasierter Stimme in die Runde.
Azzu:
(Mwerron, von Sektor B zu Sektor A)
Schweigend schnürte Mwerron seine Stiefel, während sich Niz und die Jack-Kreatur noch mit den Kindern des Suzannah-Wesens unterhielten. Die weiche Galisp-Masse auf der Innenseite des gehärteten Pada-Leders schloss sich schmatzend um seine Füße, absorbierte und neutralisierte den Schweiß der Nacht. Lebende Kleidung. Effizienter, als im All teures Wasser zum Duschen zu verschwenden.
Draußen auf dem Korridor wimmelte es von Menschwesen. Hektisches Treiben in grellem Licht. Abstoßend. Reflexartig holte der Ur Ukar die getönte Brille aus einer Jackentasche. Einer spontanen Eingebung folgend, verstellte er einen Schalter an einem der Bügel, als er sie aufsetzte. Die Brillengläser verdunkelten sich langsam, wurden undurchsichtig. Finsternis umfing ihn. Zeit, lange vernachlässigte Instinkte zu schärfen.
Er konzentrierte sich auf den Rythmus von Denizes Schritten inmitten des klingenden Donnerns dutzender menschlicher Füße, folgte dem Geräusch. Drei Schritte weit. Eine knochige Schulter traf ihn am Brustkorb, begleitet von Flüchen in einen seltsamen Dialekt der Aerdensprache. Noch ein Schritt, ein weiterer Rempler. "Monn?" Denizes Stimme, weiter entfernt jetzt. Mwerrons Gesicht verzerrte sich in einem stillen, resignierenden Fluch. Aussichtslos, inmitten der trampelnden Masse von Menschwesen!
Nein.
Keine einfache Aufgabe. Aber lösbar. Das Talent dazu, er hatte es. Zu lange verleugnet.
Kein Versteckspiel mehr.
Das Vibrieren des Bodens unter seinen Füßen, er konnte es spüren, durch die weichen Sohlen seiner Stiefel hindurch. Er musste nur seine Gedanken öffnen, um es zu fühlen. Die ganze Station um ihn herum bewegte sich, rotierte um sich selbst. Während das Metall der Wände leise seinen Protest gegen den unerbittlichen Zahn der Zeit ächzte, dröhnten die Laufgitter unter den Schritten der Passanten, gemeinsam mit dem Summen abgenutzter Fusionsleuchten und dem Rauschen der Belüftung das ab- und anschwellende Konzet menschlicher Stimmen untermalend. Die gefilterte Luft schal und trocken, in leichter Bewegung durch die Ventilatoren, durchsetzt von Gerüchen nach Seife, Parfums und Ölen, und dem allgegenwärtigen Schweißgeruch derer, die sich die teuren Duschen nicht leisten wollten.
Mwerron spürte einen Windhauch, wich dem herannahenden Menschwesen aus. Seine scharf geschnittene Nase zuckte, als er die Luft einsog, nach bestimmten Gerüchen suchend. Denizes Duft, das Parfum, das sie nur zu Feiertagen verwendete. Die Zigarettenmarke des Sternfahrers. Mit den Fingerspitzen die Wand entlang tastend, bewegte er sich vorwärts, holte auf. Hörte bald wieder ihre Stimmen vor sich. Die Passanten traten nun von sich aus zur Seite, spürten das Raubtier herannahen, wichen zurück. Er konnte ihre Furcht riechen.
Willkommen zurück, schien seine Seele zu flüstern. Er lächelte.
Der Geruch von Kaffee verriet, dass das Ziel fast erreicht war. Dutzende verschiedene Sorten, die sich mit den vielfältigen Gerüchen der Arkaden und ihrer morgendlichen Besucher mischten. Hohe Luftfeuchtigkeit... Wärme... viele Pflanzen. Genug der Spielerei jetzt. Die Sonnenbrille verschwand wieder in ihrer Tasche.
Ein Garten. Wahrhaftig. Mit großen Augen sah er sich um. Beeindruckt von der unermesslichen Verschwendung von Energie, die es kosten musste, die aerdischen Pflanzen hier am Leben zu halten. Farne und Pilze hätten weit weniger Ansprüche an ihre Umgebung gestellt, manche sogar noch Licht gespendet. Trotzdem. Hier, mitten in den Weiten des Alls ein erstaunliches Bild. Das sie zweifellos würden teuer bezahlen müssen. Aber Geld kümmerte ihn derzeit nicht.
Er erwiderte den abschätzigen Blick der menschlichen Bedienung mit einem breiten, verächtlichen Grinsen und zog den Kragen seiner Jacke zurecht, den gut sichtbar das Symbol seiner Gilde zierte.
"Nett hier", murmelte er, zu niemandem im Speziellen.
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